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FORTSCHRITTE ZUM THEMA DER MODELLE DER PROTOPLASMAMEMBRAN (ROLLE DES CHOLESTERINS, MITBETEILIGUNG DEFt PHOSPHATID- S~,UREN BZW. EIWEISSE NEBEN PHOSPHATIDEN) yon H. G, BUNGENBERG DE JONG und G, G, P, SAUBERT (Aus dera biochemischen Institut der Universit~t Leiden) Mit 4 Textfiguren Eingegangen am 17. April 1937 Einleitung Auf experimentellen Befunden beziiglich der spezi~ischen Eigensehaften der I~hosphatidkoazervate basierend, wurde in friiheren Mitteilungen eine An- nahme fiber das Bauprinzip gevcisser Filme, die an Tropfen dieser Koazervate wahrnehmbar sind, entwiekelt und die Bedeutung dieser Fiime, die zwei an sieh misehbare w~sserige Fltissigkeiten voneinander trennen, ftir die Biologie erSrtetZ). Angenommen wurde, dal~ die ]?hosphatidmolekiile zu einem bzw. mehreren iibereinander gel~gerten Doppelfilmen vereinigt sind, so wie dies in Fig. 4A schematisch angegeben ist. Die positiv und negativ geladenen ionisierten Gruppen (Phosphat- und Cholin- bzw. Colamingruppe)bilden yore elektrischen Standlounkt aus in den Filmen eine vorteilhafte Anordnung, ~hrend die Kohs des Films in nicht unwiehtigem Mal~ durch geeignete Niehtelektrolytmolekiile (z. B. Cholesterin) gefSrdert wird. Letztere, die im Mechanismus der .Koazervation die I~011e yon Sensibilisatoren erfiillen, greifen, unserer Annahme zufolge, an den lipophilen Teilen des Phosphatidmolektils an, d. h. an den Kohlenwasserstoffketten der veresterten ~etts/~uren. Die im Spiel stehenden Anziehungskr~fte zwisehen diesen Kohlenwasserstoffketten und den Sensibilisatormolekiilen werden van der Waalsche-Kr~fte sein. Wir wollen hier auf zwe] t~unkte dieser Darstellung ns eingehen; so sollen 1. Untersuchungen beschriebenwerden,welche die angenommenenWechsel- wirkungen zwischen den Kohlenwasserstoffketten der Fetts~uren und den Sensi- bilis~tormolekiilen best~tigen, 2. soll anl~l~lich letzter Untersuchungen angegeben werden, inwieweit aus dem urspriingliehen Doppellilmmodell durch stufenweise Umwandlungen eine I~eihe yon abgeleiteten Doppelfflmen entstehen kann, die biologiseh betrachtet, vielleicht wichtiger wie das urspriingliche ist. z) I-I. G. Bungenberg de Jong und J. Bonner, Protoplasma 24, 198 (1935); :Proc. Acad. Sci. Amsterdam 38, 797 (1935).

Fortschritte zum Thema der Modelle der Protoplasmamembran

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FORTSCHRITTE ZUM THEMA DER MODELLE DER PROTOPLASMAMEMBRAN

(ROLLE DES CHOLESTERINS, MITBETEILIGUNG DEFt PHOSPHATID- S~,UREN BZW. EIWEISSE NEBEN PHOSPHATIDEN)

y o n H. G, BUNGENBERG DE JONG und G, G, P, SAUBERT (Aus dera biochemischen Institut der Universit~t Leiden)

Mit 4 Textfiguren

Eingegangen am 17. April 1937

Einleitung Auf experimentellen Befunden beziiglich der spezi~ischen Eigensehaften

der I~hosphatidkoazervate basierend, wurde in friiheren Mitteilungen eine An- nahme fiber das Bauprinzip gevcisser Filme, die an Tropfen dieser Koazervate wahrnehmbar sind, entwiekelt und die Bedeutung dieser Fiime, die zwei an sieh misehbare w~sserige Fltissigkeiten voneinander trennen, ftir die Biologie erSrtetZ). Angenommen wurde, dal~ die ]?hosphatidmolekiile zu einem bzw. mehreren iibereinander gel~gerten Doppelfilmen vereinigt sind, so wie dies in Fig. 4A schematisch angegeben ist.

Die positiv und negativ geladenen ionisierten Gruppen (Phosphat- und Cholin- bzw. Colamingruppe)bilden yore elektrischen Standlounkt aus in den Filmen eine vorteilhafte Anordnung, ~ h r e n d die Kohs des Films in nicht unwiehtigem Mal~ durch geeignete Niehtelektrolytmolekiile (z. B. Cholesterin) gefSrdert wird. Letztere, die im Mechanismus der .Koazervation die I~011e yon Sensibilisatoren erfiillen, greifen, unserer Annahme zufolge, an den lipophilen Teilen des Phosphatidmolektils an, d. h. an den Kohlenwasserstoffketten der veresterten ~etts/~uren. Die im Spiel stehenden Anziehungskr~fte zwisehen diesen Kohlenwasserstoffketten und den Sensibilisatormolekiilen werden van der Waalsche-Kr~fte sein.

Wir wollen hier auf zwe] t~unkte dieser Darstellung ns eingehen; so sollen

1. Untersuchungen beschriebenwerden,welche die angenommenenWechsel- wirkungen zwischen den Kohlenwasserstoffketten der Fetts~uren und den Sensi- bilis~tormolekiilen best~tigen,

2. soll anl~l~lich letzter Untersuchungen angegeben werden, inwieweit aus dem urspriingliehen Doppellilmmodell durch stufenweise Umwandlungen eine I~eihe yon abgeleiteten Doppelfflmen entstehen kann, die biologiseh betrachtet, vielleicht wichtiger wie das urspriingliche ist.

z) I-I. G. Bungenberg de Jong und J. Bonner, Protoplasma 24, 198 (1935); :Proc. Acad. Sci. Amsterdam 38, 797 (1935).

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1. Die Weehselwiikung zwisehen Sensibilisatormolekiilen und Kohlenwasser- stoffketten uvd die verdiehtende Wirkung des Cholesterins

Falls anl/~gfich der verdichtenden Wirkung sensibilisierender Nichtelektro- lyte (z. B. Cholesterin) auf Phosphatidkoazervate erstere in der Tat mit den Kohlenwasserstoffketten der veresterten Fetts/mren des Phosphatidmolekfiles in Fiihlung treten, so ist zu erwarten, da,B eine analoge verdichtende Wirkung gleiehfMls bei Seifenkoazervaten angetroffen wird. Man vergleiche die beiden Schemata A und B yon Fig. 1 miteinander; die Bestandteile der Phosphatid- und Seifenkoazervate sind unter Vernachl/~ssigung der Wasser- und Sensibili- satormolekiile geordnet zusammengestellt. In den beiden Schemata sind die Wechselwirkungen der Kohlenwasserstoffketten untereinander durch gestrichelte Linien symbolisiert. In beiden F/~llen ist also die Voraussetzung, dag die gegenseitige Koh/ision der Kohlenwasserstoffketten dutch dazwisehen geschobene geeignete Sensibilisatormolektile (in Fig. 4 durch schraffierte Reehtecke angegeben) verst/~rkt wird.

Ausgehend yon ,,~morphen" Seifen- koazervaten, d. h. yon Koazervaten, in denen die Ordnung der Seifenmolekfile noch starken Schwankungen unterworfen ist, mug nunmehr ein stufenweises Zufiigen yon Sensibilisatormolektilen

a) den mittleren Abstand der Seifen- molektile in d e m Koazervat abnehmen lassen und

b) einen zunehmend ordnenden Ein- flug austiben.

Als Folge yon a) muff das Koazervat also solvat/~rmer werden, was sich beispiels- weise durch Abscheidung von Vakuolen in

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dem Koazervat/~ugern kann und entsprechend b) wird bei genfigender Ordnung das amorphe Koazervat gut orientierten Systemen Platz machen, was z. B. durch Auftreten einer doppeltbrechenden Phase in Erscheinung treten kann.

Die be den genannten F/ille treten in der Tat ein, falls man Cholesterin- kristallc in ein amorphes Koazervat yon K.Oleat verbringtX), das als oleat- reiche Ftfissigkeitsschieh~ dureh Entmischung von Na-01ea~-L6sungen mi~ kon- zentrierten KCL-L6sungen unter genau festgelegten Bedingungen erhalten wird. Man sieht unter dem Mikroskop, dab fund um die Kristalle in dem Koazervat ein Kranz kleiner Vakuolen entsteht, w/~hrend sieh allm/~hlich an der Berfih-

1) Durch die Empfindlichkeit dieser Koazervate gegen~ Luftkohlens/~ure und be- tritchtlich gering e Temperr mtissen ,~irerschiedene VorsichtsmaBregeln getroffen werden, auf die hier nicht welter eingegangen werden kann. Diese, wie auch die mlt dieseL' Methode erhaltenen ~esultate werden i n einer n~chsten 1gAtteilung in dieser Zeitsehrift ver6ffentlicht werden.

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rungsoberfli~che ; Cholesterin-Koazervat doppeltbrechende kSrnige Massen bilden, aus denen Stark doppeltbrechende Myelinrohre auswachsen (vgl. Fig. 2).

Die beobachteten Erseheinungen stehen in l~bereinstimmung mit der Annahme, daft der sensibilisierende iNichtelektrolyt seine Wirkung nicht als Teilchen, sondern als Molekiil zustande bringt. Von der Kristalloberfl/~che aus gehen Cholesterinmolekfile in das Koazervat in LSsung und bewirken bier d i e - Verdichtung. Diese Wirkung ist jedoch nicht allein auf Cholesterin beschriinkt, sondern wird welter yon einer Anzahl anderer l~ichtelektrolyte ausgeiibt wie

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Fig. 2

yon den verwandten Verbindungen Androsteron und Dehydroandrosteron. Es ist jedoch weder die Sterinstruktur, noch die Anwesenheit einer Alkoholgruppe erforderlieh.

So wirken aromatisehe und hydroaromatische Kohlenwasserstoffe wie Benzol, Toluol, Xylol, Naphthalin, Phenanthren, Cyclohexan, Methylcyclohexan, Decahydronaphthalin und Dihydroanthracen selbst verdichtend auf Oieat- koazervate x). Bei einigen dieser Kohlenwasserstoffe ist mit der beschriebenen qualitativen Methode die verdichtende Wirkung kaura oder nicht feststellbar, obwohl sie beispielsweise yon Anthracen u n d Chrysen erwartet wird. HSehst- wahrscheinlich ist in diesen Fi~llen die LSsungsgeschwindigkeit zu gering.

Weitere Untersuchungen fiber den EinfluB von Nichtelektrolyten auf Oleat- koazervate ffihrten zu dem Resultat, dab eine Hydroxylgruppe des Molekiils der verdichtenden Wirkung entgegenwirkt. So iiben beispielsweise aliphatische normale prim~re Alkohole erst yon dem vierten Glied (n-Butylalkohol) an eine verdichtende Wirkung aus, wi~hrend Methyl-, Athyl- und n-Propylalkohol das Entgegengesetzte bewirken. In anderen homologen l~eihen, z. B. der Ketone und Urethane, l~l~t sich gleichfalls feststellen, dab die ersten Glieder eine Fliissigkeitsaufnahme durch das Koazervat bewirken, w~hrend h6here Homologe verdiebtend wirken. Beides ffihrt zu der SchluBfolgerung, da~ die verdiehtende Wirkung von den Kohlenwasserstoffketten bzw. -ringen des Sensibilisator- molekiiles ausgeht, mit der Anzahl Kohlenstoffatome zunimmt, w/~hrend hydro- phile Gruppen diese Wirkung absehw/~ehen ~). Der MSglichkeit, die verdichtende

1) Bei geniigender Fliichtigkeit (z. B. bei= Benzol) ist die verdiehtende Wirkung der aromatischen und hydroaromatischen Kohlenwasserstoffe, somit die verdichtende oder schwellende Wirkung vieler anderer organischer Verbindungen gleichfalls feststellbar, in- dem man koazervierte Oleatsysteme deren Dampf aussetzt. Mit dieser Methodik ist e s glefchfalls m6gl[ch zu zeigen, dai] die zustande gebrachte Zustands~nderung des Ko- azervates reversibel ist. VgL hierzu: H.G. Bungenberg de Jong und G. G. P. Sauber t , Protoplasma 28, 329 (1937).

2) Das zu dieser Folgerung fiihrende experimentelle Material ist zum Teil bereits ver6ffentlicht: It. G. Bungenberg de Jong und G. G. P. Sauber t , loc. cir.

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Wlrkung h6herer Kohlenwasserstoffe mit der genannten Methodik, die nur innerhalb einer beschr~akten Beobachtungsdauer zuli~ssig ist, festzustellen, wird durch die Abnahme der L6slichkeit und L6sungsgeschwindigkeit eine praktisehe Geenze gesetzt. Die~e ist hei Anthracen utld Chrysen bereit~ erreicht und es ist infolgedessen zu erwar~en,-d~l):4ev, Cho[e~terin en~preclmnde Kohlenwasser~ stofi eh~nsowenig wirksarn ist. Mit unsere~ Methodik untersucht, wurde ffir Cholesterin, aber au~h ffir Androsteron und Dehydroandrosteron Verdichtung konstatiert. Es erweckt nun den Ansehein, als ob durch Einfiihrung hydro- philer Gruppen eine Sensibilisierung m6glich wurde, obwohl wir eben dar- legten, dab eine OH-Gruppe dieser entgegenwirke. Dieser Widerspruch muB nach unserer Meinung allein darauf beruhen, da~ die L6slichkeit und L6sungs- geschwindigkeit h6herer ~romatischer und hydroaromatischer Kohlenwasser- stoffe zu gc~r~g ist, dure~ Eir~ifihren einer hydrol)hilen Gruppe (~. ]3. 0~-[) jedoch ausreichend steigt, urn mit unserer qualitativen ]V[ethode die verdichtende Wirkung feststellen gu kSnnen.

2. Komplexe Ionsysteme vom Typus: Zwitterion-F Kation ~-Anion

Kfirzlich wurd~ durch u n s ein= neuer Typ kondensiexs Ions:~steme gefunden, fiir den charakteristisch ist, dad die Komplexbeziehungen, d. i. die g[eieh2eitige elektrostatische Anziehung uad Repulsion als Folge der Hydrata- tion, zwisehen drei Arten yon Ionen gieiehzeitig auftreten,

Wir kannten bisher nur zwei Typen, in denen a) die Komplexbeziehungen zwischen Zwitterionen untereinander (z. B.

Koazervat isoelektrischer Eiweil]e) und b) die Komplexbeziehungen zwischen Kation und Anion (bei Komplex-

kozzervaten, Autokomplexkoazervaten und ,Ionenkoazervaten") auftreten. In dem neu beschriebenen Typus treten die Komplexbeztehungen nun-

mehr zwisehen Zwit~erion, K~tion and Auion anti Zur Erk[arung geben wir

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Fig, 3

die nachfolgende •usammenstellung und die Schemata yon Fig. 3, wi~hrend bezfiglich ausfiihrlicher Einzelheiten auf die ursprfinglichen Ver6ffentlichungen vcrwiesen werden muB 1).

Wir glauben, dab der neu gefundene Typus : Zwitterion -~ ]~ation -~ Anion von Bedeutung sein kann fiir verschiedene biologische Probleme, ffir die

der gr61~ere, auch quantitative Messungen umfassende Tell soll in einer demn~chst in dieser geitschrift er~chein~nden Arbeit: E[n2[ufl yon Nich~elek~rolyte~t zuf Ole~- und phosphatidekoazerva,te gebracht werden.

1) H: G. Bungenberg de Jong und G. G. P. Saubert, Bioch~ ~. 228, 1, 13, 1936.

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Z u s a m m e n s t e l l u n g de r k o m p l e x e n I o n s y s t e m e

Grundtypus Beispiele

Zwitterion -4- Zwitterion Koazervate isoelektrischer Eiweii3e. (Fig. 3, I)

Komplexkoazervate (beide Ionen sind Kolloidionen). Kation d- Anion AutokomplexkoazervaSe (einesderbeidenIonenistKolloid-

(Fig. 3, I/) ion, das andere Kristalloidion). ,,Ionenkoazervation" (beide Ionen sind Kris~alloidionen).

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Es sind uns Beispiele bekannt, in denen das Zwitterion ein Phosphatid oder auch ein isoelektrisches Eiweil3 ist. Die beiden anderen Ionen kSnnen sowohl beide

Zwitterion + Kar d-AniOn Kristalloidionen sein, oder das eine ein Kolloidion, (Fig. 3, III) das andere ein Kristalloidion. Beispiele, in denen

sowohl das Kation wie auch das Anion durch Kolloid- ionen erse~zt sind, sind uns noch nicht bekannt, werden aber hSchstwahrscheinlich gleichfalls realisiert werden kSnnen.

charakteristisch ist, dab eine Reaktion oder ein ProzeB nur dann zustande kommt, wenn gleiehzeitig drei wesentliehe Komponenten zusammentreffen wie etwa bei der Blutgerinnung und einigen immunbiologisehen Reaktionen.

Wir werden im folgenden Abschnitt ihre Bedeutung fiir den Bau der bereits erw~hnten besonderen Art yon Filmen, die wir an Phosphatidkoazervaten wahrnehmen kSnnen, bespreehen.

3. Doppelfilme des Typus: Zwitterion + Kation + Anion

Bei dem friiher gegebenen Ddppelfilmmodell 1) (vgl. Fig. 4A), das mit dem Typus: Zwitterion-~ Zwitterion der komplexen Ionsysteme korrespondierte, besteht die Schwierigkeit, die verdichtende Wirkung geeigneter bivalenter Kationen (z. B. Ca) einzusehen.

Die der Verdichtung entsprechende ErhShung der effektiven Attraktion der Phosphatidzwitterionen kSnnte beispielsweise dadurch zustande kommen, dub die urspriingliche, nicht vollsti~ndige elektrische Kompensation der negativen Gruppen durch die positiven dutch bestimmte Neutralsalze (z. B. CaCI~) voll- st~ndiger wh.d, wenn deren Kation (Ca) die negative Ladung des Phosphatid- zwitterions besser abschirmt, wie deren Anion (C1) die positive.

Da nun jedoch die Bausteine der Filme selbst Molekfile sind und deren Abstand voneinander gleichfalls nur yon molekularen AusmaBen sein kann, wird die oben gegebene Erkl~rung fiir die verdichtende Wirkung schwierig vorstellbar, derzufolge Neutralsalze (z. B. CaC12, NaC1) als Ionenpaare in diesen Film aufgenommen werden und dann eine derartige Absehirmung zustande bringen:

1) H. G. Bungenberg de Jong und J. Bonner , a. a. O.

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l~ortschri%e zum Thema der Mode]le der Protoplasmamembran 357

In der genannten VerSffentliohung sprachen wir bereits davon, dab die negative Ladung der Phosphatide vielleicht nur zum Teil der Tatsache zu- zuschreiben ist, dab in den von uns untersuchten Objekten nicht nur Lezithine, sondern aueh Kephaline anwesend waren. Die Vermutung wurde ausgesprochen, dab die negative Ladung viel eher durch Beimischung geringerer oder grSBerer iYIengen yon Sguren, z . B . Phosphatids/~uren herriihrt. Wir unterlieBen es damals, uns eine Vorstellung zu bilden, wie diese Phosphatids~uren in den Doppelfilm der Fig. 4A aufgenommen sein konnten, ohne dessen Kontinuitgt zu st6ren. Da wir nun jedoch komplexe Ionsysteme vom Typus: Zwitterion q- Kation q- Anion kennen, erf/ihrt diese Teilnahme nicht mehr li~nger praktisehe Schwierigkeiten und es wird sogar die Permeabilit/~tsregulierung durch Kationen des Milieus leicht verstgndlich.

Stetlen wir uns beispietsweise vor, dab die in der un~eren :Hs des Doppelfilms von Fig, 4 A gelegenen basischen Gruppen (z. B. Cholin) der Phosphatidmolekfile abgespalten und durch geeignete Kationen (z. ]3. Ca) ersetzt sein wiirden, so haben wir damit bereits einen Doppelfilm erhalten, der dem Typus: Zwitterion -k Kation -k Anion (vg}. Fig. 4 B) entsprieht.

Aus friiheren Untersu- ehungen an Phosphatidkoazer- vaten wissen wir, dal] mit der Reiherffolge : Ca Cl~--Na C1--KC1 die maximal erreichbare Verdich- tung stark abnimmt.

Wfirden in dem Film yon Fig. 4B allein Ca-Ionen teil-

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Fig: 4 B

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nehmen, so wiirden wir also mit einem starken Verdiehtungszustand des Filmes zu reehnen haben. Sollten an deren Stelle eine /~quivalente Menge Na-Ionen getreten sein, dann w/~re die Wasserpermeabilit/~t betr/~ehtlieh erh5ht, was in noeh st/~rkerem MaBe der Fall w~re, wenn allein K-Ionen an dem Bau des Films teihaehmen wiirden.

Von einem biologisehen Gesiehtspunkt aus betraehtet ist wiehtig, dab diese Doppelfilmmodelle vom Typus: Zwitgerion q- Kat, i o n + Anion den Cha- rakter permutoider Systeme besitzen.

Von den drei wesentlieh hieran teilnehmenden Ionenarten sind zwei (Phosphatidzwitterion und Phosphatids~ureanion) dureh grol?e Koh/~sionskr/ffte (das sind van der Waalsehe-Kr/~fte zwisehen den Kohlenwasserstoffketten unter- einander bzw. zwisehen diesen und den Sensibilisatormolekiilen) untereinander gebunden, die dritte jedoeh, das Kation, nicht und wird infolgedessen ver- h~ltnism~Big leieht durch andere Kationen des Milieus ersetzbar sein. Ein nur Ca-Ionen enthaltender Doppelfilm wird, in Bertihrung gebraeht mit einer NaC1-L6sung, solange Na-Ionen gegen Ca-Ionen eintauschen, bis ein bestimmtes

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Ca/Na-Verhs in der ursprfinglichen l~aC1-LSsung ents tanden ist, wodurch diese nunmehr mit dem partiell permutierten Doppelfflm im Gleichgewicht steht.

Umgekehrt wird aber auch ein nut Na-Ionen enthaltender Doppelfilm im Kontak t mit einer CaC12-LSsung Ca-Ionen gegen Na-Ionen eintauschen, bis gleichfalls zwischen Film und LSsung ein Gleichgewicht besteht. Es ist ver- st~ndlieh, dab im ersten Fall die Wasserpermeabilit~t zugenommen, im letzten abgenommen haberl wird.

Wo nun die Affinit~t der Ca-Ionen fiir die negative Phosphatgruppe viel bedeutender 1) als fiir die Na-Ionen ist, wird in Mischungen yon CaC12 und NaC1 das Verh~ltnis C a : N a in dem Film stets betrs grSl~er sein miissen als in der hiermit im Gleichgewicht stehenden SalzlSsung. D . h . es wird ein relativ geringffigiger Zusatz yon Ca zu einer gegebenen NaCI-LSsung einen bemerkenswerten Ersatz der 5Ta-Ionen in dem Film durch Ca-Ionen und damit parallel gehend eine Abnahme der Wasserpermeabilit~t zn r Folge haben kSnnen.

Durch die Eigenart der hier betrachteten Doppelfilme als permut0ide Systeme fs infolgedessen die prinzipielle Schwierigkeit weg, die ffir die Permeabilits durch Neutralsalze Ifir allein aus Zwitterionen auf- gebaute Doppelfilme bestand.

Selbstverst~ndlich brauchen Doppelfilme des Typus : Zwitterion ~- Kation ~- Anion nicht allein auI das gegebene Beispiel beschrs bleiben. Man mul~ einerseits die ~r often lassen, dab Filme verwirklicht sein kSnnen, die bezfiglich ihres Baues zwischen den F~llen A und B yon Fig. 4 stehen; andererseits sind aber auch D0ppelfilme denkbar, in denen an Stelle des Phosphatids~ureanions ein anderes geeignetes Anion, beispielsweise ein EiweiB- anion teilnimmt. Eben die letztgenannte Kombination kSnnte biologisch von Bedeutung sein, d~ bei Diskussionen fiber die Art der Protopl~sm~membran immer die MSgliehkeit ihrer Zusammensetzung aus EiweiB und Phosphatid er- wogen wird.

Zusammenfassung 1. Es wird die verdichtende Wirkung yon Cholesterin auf Oleatkoazervate

nachgewiesen Und damit eine frfiher ausgesprochene Vermutung bestgtigt, der- zufolge Cho]esterin als Koh/~sionsvermittler zwischen den Kohlenwasserstoffketten der Phosphatidmolekiile auftreten kann.

2. Es wird kurz fiber einen unl/~ngst aufgefundenen neuen Typ eines kondensierten Ionsystems berichtet, bei dem die Komplexbeziehungen (die gleiehzeitige elektrostatische Attraktion und Repulsion als Folge der t tydratat ion) gleichzeitig zwischen drei Ionentypen: Zwitterion -4- Kation d- Anion auftreten.

3. Das frfiher gegebene Doppelfflmmodell ffir die Protoplasmamembran, an dem lediglich ein Phosphatidzwitterion neben verdichtenden Substanzen

1) Als Mal3stab ffir die Mfiniti~t der Kationen zu der Phosphatgruppe kann die Bestimmung der Umladungskonzentration dienen. Je geringer die letztere, desto grSl3er ist die Affinit~t. Die Umladungskonzentration yon CaCl~, die yon Herkunft und Reinheits- grad des Phosphatidpr~parates abh~ngt, liegt gewShnlich zwischen 1--100 Millii~quiv., die yon NaCI meist in der GrSBenordnung yon 2--2,5 n, w~hrend die yon KC1 noch hSher liegt und gew6hnlich yon einer ges/ittigten KC1-LSsung nicht einmal erreicht wird.

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wie beispielsweise Cholesterin teilnahmen, erf~hrt durch die nunmehr erkannte MSglichkeit einer Mitbeteiligung geeigneter Anionen wie Phosphatids~ure- bzw. Eiwei•anionen eine wesentliche Erweiterung.

4. In dem entstandenen Doppelfilm des Typus: Zwitterion-~ Kation Anion wird Ms wesentlicher Bestandteil ein Kation, beispielsweise Ca ge-

fordert. Von den drei wesentlichen Ionenarten sind zwei (z. B. Phosphatid- zwitterion und Phosphatids~ureanion) durch grol~e Koh~sionskr~fte, d~s sind van der W~alsche-Kr~fte zwischen den Kohlenwasserstoffketten unterein~nder bzw. diesen und beispielsweise Cholesterin unter sich gebunden. Die dritte aber, das anorganische Kation, wird ffir andere K~tionen des Milieus leicht auswec]/selbar sein.

5. Die Rolle, die C~ und ~ndere Kationen des Milieus, z. B. Na bezfiglich der Permeabflit~tsregulierung spielen, wird eben dutch die Natur der betrachteten Doppelfilmsysteme des Typus: Zwitterion -~ Kation -~ Anion Ms permutoide Systeme leicht erkl~rbar.