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I-I"illlaLkaknd,,,· 1'i'i(! 36 Mit der erzwungenen Selbstallfiösllng der Freimaurerlogen bis 1935 scheint nunmehr auch das Ende der Freimaurerei in Anklarn gckom- men zu sein. Das Logenhaus in der Burgstraße 37 (s. Photo) wurde der Hitlerjugend zur Nutzung übertragen. Noch zwei Jahre später hat die Ablehnung der Freimaurerei durch die Nationalsoeialistcn ganz kon- krete Auswirkungen auf einen angesehenen Anklamer Bürgcr: Dr. Paul Iagusch, Leiter des Jungengymnasiums. wird "wcgcn seiner Mitgliedschaft in einer Freimaurerloge beurlaubt und später in den vorzeitigen Ruhestand geschickt." Nach 1945 blieb die Logentätigkeit im BesaLzungsgebiet der Sowjet- union und in der späteren DDR verboten. Freimaurerische Förderun- gen nach Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität, dic iu Logen als freien Zusammenschhissen vorgelebt werden, lassen sich so eben nur in einer demokratischen Gesellschaftsordnullg erfüllen. Daß dieses Gedankengut auch bei den Bürgern der ehemal igcII DD H. weitergelebt hat, zeigen die vielen Neu- und WicdcrgründullgCl1 VOll Freimaurerlogen, deren Mitglieder nach der Grenzöffnung ci ne geisti- gc Heimat im bruderschaftliehen Männerbund der Freimaurer such- Len und fanden. Aufdem Siegel sind mit Winkelmaß und Zirkel die wohl bekanntesten freimaurerischen Symbole zu scheu. Diesc und andere Werkzeuge wie Kelle, Maßstab, Hammer und Senkblei erinnern daran, daß dic Wurzeln der Freimau- rerei in den Steinmetzzünften des Mittelalters liegen, elic bereits mit einfachen rituellen Formen ihren Mitgliedern ethische und moralische WerLe und VerhaltensregeJn vermittelten. Im Laufe einer langen Entwicklung wurden den \Verkzeugen und bestimmten Bräuchen ci nc symbo- lische Bedeutung unterlegt, die in den heutigen komple- xeren Ritualen dem Bruder Freimaurer helfen, Maßstäbe und Richtschnurfürsein Denken und Handeln zu entwik- keln. Dabei helfen ihm nicht nur diese Symbole, sondern auch der brüderliche Umgang mit Männern, die trotz der untcrschiedlichsten Herkunft und Position in der Gesell- Logensiegel schalt eine "Gemeinschaft der Gleichgesinnten" bilden. Diese Gemeinschaften, die sich örtlich in demokratisch aufgebauten Logen organisieren, leben nicht in einer abgeschlossenen "philoso- phischen Provinz", sondern stellen sich durchaus den Aufgaben, für die im Jetzt und Heute Lösungen gefunden werden müssen. Forderungen nach Gleichheit, Humanität und Verwirklichung von Menschenrechten galten bis in unser Jahrhundert manehern politi- schen System als revolutionär und damit staatsgefährdend. Sie konn- ten deshalb nur im "Geheimen" der geschlossenen Logengemeinschafl. Hei ur atkuluml •. ,,: 1'i'iX 37 entwickelt und gedacht werden, um anschließend Eingang in die allgemeine gesellschaftliche Entwicklung zu finden. In den freien und demokratischen Gesellschaften der Gegenwart und in der Zukunft kann das Selbstverständnis der Frei maurcrci nur dmi 11 liegen, "sich im Rahmen der ihr geborenen Möglichkeil!:11 1111([1'1' Gestaltung menschlichen Daseins auf der gcsunucu 1':1'([1' ;\111H'I('ili- gen. Das schließt eine Fülle von Aufgaben ci n, an d ic d ic I'rei 11I<lIII'('I'('i illl'l' Mitglieder von jeher herangeführt hat: unbeirrbares I~illirciell 1111tl pra kt isoher Ei nsatz für Menschenwürde und Menschenrech Lc. Da hei öffnet sich ein weites Feld, das vom Kampf gegen Intoleranz über das Einl.rel.ell für alte und ueuoKulturwerte bis zu humanitären I-lilfclei- stuugcn reicht." Für d ic Umsctzung d icscr Ziele wi rktjeder einzelne Bruder an seinem Platz i11 Farni Iic, Beruf und Cesollschaft. Die Freimaurerei insgesamt und die Logcn im einzelnen sind keine Ceheirngesellschaft, aber sie bewahren Verschwiegenheit über bestimmte Bräuche und Erkcu- nungszcichen, die als Bestandteile des freimaurerischen Hitua ls dcui Freimaurer helfen, in seinem Bemühen um "Vervollkommnung" nicht nachzulassen. So trägt er dazu bei, "eine Weltbruderkette zu schmieden, nicht nur unter Freimaurerhrüdern, sondern zwischen allen Menschen aller Völker." Der Freimaurer setzt: Taten V eran twortungsbereitschaft Individualität I-I ilfshere itschaft Gclasscnheit persönlichen Einsatz Toleranz gegen leere Worte gegen Gleichgültigkeit, gegen Vermassung, gegen Profitgier. gegen Hektik, gegen Mi tläulerturn, gegen Unduldsamkeit. Quellennachweis 1) Fcslschrif'l zum l;')OjLihrig(-:n Sl.iftungs/i,:sl d(-:r Johannislog<-: "JLlJiIlS zu ck:J\ drei ernpfin: lsumen Herzen" "AltsdlOt:tis(;hc"! Df-:lc-:gution Isi."i im Orient Anklum" Druck: R.i<:h",..1 P',,"lt<:l«-: N,,<:hU, Anklu:» 1926 2) 2:'O.blm·: GroLle·:Na: ional-Mulle·:rlug""Zu rlen cln,i Wdtkugc-:ln" J.740-1990 J3e·:r1in J.990 :1) Heimntkalencler 1997 Lilieruhulstntlt Anklam und Umgehung, 68. Jahrgang, ne-ur- Folge·: 6, S"hihri Verlag, Milow J.996

Freimaurer in Anklam

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Page 1: Freimaurer in Anklam

I-I"illlaLkaknd,,,· 1'i'i(!36

Mit der erzwungenen Selbstallfiösllng der Freimaurerlogen bis 1935scheint nunmehr auch das Ende der Freimaurerei in Anklarn gckom-men zu sein. Das Logenhaus in der Burgstraße 37 (s. Photo) wurde derHitlerjugend zur Nutzung übertragen. Noch zwei Jahre später hat dieAblehnung der Freimaurerei durch die Nationalsoeialistcn ganz kon-krete Auswirkungen auf einen angesehenen Anklamer Bürgcr: Dr.Paul Iagusch, Leiter des Jungengymnasiums. wird "wcgcn seinerMitgliedschaft in einer Freimaurerloge beurlaubt und später in denvorzeitigen Ruhestand geschickt."Nach 1945 blieb die Logentätigkeit im BesaLzungsgebiet der Sowjet-union und in der späteren DDR verboten. Freimaurerische Förderun-gen nach Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität, dic iu Logen alsfreien Zusammenschhissen vorgelebt werden, lassen sich so eben nurin einer demokratischen Gesellschaftsordnullg erfüllen.Daß dieses Gedankengut auch bei den Bürgern der ehemal igcII DDH.weitergelebt hat, zeigen die vielen Neu- und WicdcrgründullgCl1 VOllFreimaurerlogen, deren Mitglieder nach der Grenzöffnung ci ne geisti-gc Heimat im bruderschaftliehen Männerbund der Freimaurer such-Len und fanden.

Aufdem Siegel sind mit Winkelmaß und Zirkel die wohlbekanntesten freimaurerischen Symbole zu scheu. Diescund andere Werkzeuge wie Kelle, Maßstab, Hammer undSenkblei erinnern daran, daß dic Wurzeln der Freimau-rerei in den Steinmetzzünften des Mittelalters liegen, elicbereits mit einfachen rituellen Formen ihren Mitgliedernethische und moralische WerLe und VerhaltensregeJnvermittelten. Im Laufe einer langen Entwicklung wurdenden \Verkzeugen und bestimmten Bräuchen ci nc symbo-lische Bedeutung unterlegt, die in den heutigen komple-xeren Ritualen dem Bruder Freimaurer helfen, Maßstäbeund Richtschnurfürsein Denken und Handeln zu entwik-keln. Dabei helfen ihm nicht nur diese Symbole, sondernauch der brüderliche Umgang mit Männern, die trotz deruntcrschiedlichsten Herkunft und Position in der Gesell-

Logensiegel schalt eine "Gemeinschaft der Gleichgesinnten" bilden.Diese Gemeinschaften, die sich örtlich in demokratisch aufgebautenLogen organisieren, leben nicht in einer abgeschlossenen "philoso-phischen Provinz", sondern stellen sich durchaus den Aufgaben, fürdie im Jetzt und Heute Lösungen gefunden werden müssen.Forderungen nach Gleichheit, Humanität und Verwirklichung vonMenschenrechten galten bis in unser Jahrhundert manehern politi-schen System als revolutionär und damit staatsgefährdend. Sie konn-ten deshalb nur im "Geheimen" der geschlossenen Logengemeinschafl.

Hei ur atkuluml •.,,: 1'i'iX 37

entwickelt und gedacht werden, um anschließend Eingang in dieallgemeine gesellschaftliche Entwicklung zu finden.In den freien und demokratischen Gesellschaften der Gegenwart undin der Zukunft kann das Selbstverständnis der Frei maurcrci nur dmi 11liegen, "sich im Rahmen der ihr geborenen Möglichkeil!:11 1111([1'1'Gestaltung menschlichen Daseins auf der gcsunucu 1':1'([1';\111H'I('ili-gen.Das schließt eine Fülle von Aufgaben ci n, an d ic d ic I'rei 11I<lIII'('I'('iilll'l'Mitglieder von jeher herangeführt hat: unbeirrbares I~illirciell 1111tlpra kt isoher Ei nsatz für Menschenwürde und Menschenrech Lc. Da heiöffnet sich ein weites Feld, das vom Kampf gegen Intoleranz über dasEinl.rel.ell für alte und ueuoKulturwerte bis zu humanitären I-lilfclei-stuugcn reicht."Für d ic Umsctzung d icscr Ziele wi rktjeder einzelne Bruder an seinemPlatz i11Farni Iic, Beruf und Cesollschaft. Die Freimaurerei insgesamtund die Logcn im einzelnen sind keine Ceheirngesellschaft, aber siebewahren Verschwiegenheit über bestimmte Bräuche und Erkcu-nungszcichen, die als Bestandteile des freimaurerischen Hitua ls dcuiFreimaurer helfen, in seinem Bemühen um "Vervollkommnung" nichtnachzulassen.So trägt er dazu bei, "eine Weltbruderkette zu schmieden, nicht nurunter Freimaurerhrüdern, sondern zwischen allen Menschen allerVölker."

Der Freimaurer setzt:TatenV eran twortungsbereitschaftIndividualitätI-Iilfshere itschaftGclasscnheitpersönlichen EinsatzToleranz

gegen leere Wortegegen Gleichgültigkeit,gegen Vermassung,gegen Profitgier.gegen Hektik,gegen Mi tläulerturn,gegen Unduldsamkeit.

Quellennachweis1) Fcslschrif'l zum l;')OjLihrig(-:n Sl.iftungs/i,:sl d(-:r Johannislog<-: "JLlJiIlS zu ck:J\ drei

ernpfin: lsumen Herzen" "AltsdlOt:tis(;hc"! Df-:lc-:gution Isi."i im Orient Anklum" Druck:R.i<:h",..1 P',,"lt<:l«-: N,,<:hU, Anklu:» 1926

2) 2:'O.blm·: GroLle·:Na: ional-Mulle·:rlug""Zu rlen cln,i Wdtkugc-:ln" J.740-1990 J3e·:r1inJ.990

:1) Heimntkalencler 1997 Lilieruhulstntlt Anklam und Umgehung, 68. Jahrgang, ne-ur-

Folge·: 6, S"hihri Verlag, Milow J.996

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34 I-I"imalkal"n'\'-:t- 1YYX

Ehrenmeister, aufzurichten, haben die Brüder Meister beschlosscu,eine Stiftung zu gründen, die Ihren Namen tragen und darin bestehensoll, daß alljährlich die Summe von 30 Mrk, aus Logenmitteln derhiesigen höheren Töchterschule überwiesen wird, um dafür Bücher-prämien für würdige und fleißige Schülerinnen anzukaufen. DieStiftung soll den Namen "von Loesewitz-Stiftung" führen, und billenwir Sie, Ehrwürdigster Ehrenmeister, hierzu Ihre Zustimmunp gebenzu wollen."Wer waren nun diese Männer, die Mitglieder einer Loge wurden? Eswaren "freie Männer von gutem Ruf", die als Freimaurer ei ne weltuni-spannende, geistige Gemeinschaft bildeten. Dabei hallen Nationali-tät, religiöses Bekenntnis und Stand keine Bedeutung.Im Jahre 1926 lösten sich auch die Freimaurer in Anklam, wie diemeisten deutschen Logen, von ihren freimaurerischen Idealen undbetonten den besonderen WerL der- eigenen - Nation: ,,\Venn wir IJUII

zum Schluß um uns blicken, hinausschauen in die profa IIC IVelL 111iIihren dunklen Wolken arn Horizont, die unheilverkündend schwereEntladungen drohen, wenn wir uns umschauen in unserem eigenenVaterlande, das parteizerrissen sich selbst seiner Kraft entäußert undein Spielball der Willkür unserer Feinde ist, dann wird das Herz desFreimaurers von Weh zerrissen. Wohl sind dem Freimaurer alleMenschen Geschöpfe des A.B.A.W. (= AllmächLiger Haumeister AllerWelLen = lreirn. GOlLesbezeichnung, cl. Autor), aber seinc LiebJi'lgesind die, die mit ihm seinen Neunen tragen, die seines Stammes sind.Wohl ist ihm Cottes ganze Erde ei n herrlicher Tempel, aber das innereHeiligtum ist ihm sein Vaterland. Die deutsche Freimaurerei wurzeltin der Heimat, von ihr empfängt sie Weisung, ihr weiht sie ihreheiligste Liebe. Die deutsche Freirnaurerei ist aber kein "Staat imStaate", ihre Bruderkette kennt nur treue deutsche Mitbürger. Sie hältsich gleich weit entfernt von internationaler Schwärmerei, sie trägtkeine ultramontane Schleppe, sie kennt keinen Kommunismus. Eindeutscher Feirnaurer kann nur deutsch denken."Sie weigerten sich standhaft, sich weiterhi n in die internationaleBruderkette ci nzureihen und stellten fest: " ... die preußischen Logendenken deutsch, jene (= ausländischen und jüdischen Logen undBrüder, d. Autor) international, wir stehen fest auf vaterländischemBoden." - Freimaurer waren und sind eben auch immer Kinder ihrerZeit.

In ihrem innigen Bestreben, weiterarbeiten zu können, stellten sietrotz aller zeitgenössischen Anfeindungen optimistisch fest:"Alle diese Angriffe können den festen Bau derpreußischen Croßlogenicht erschüttern, sie werden aber die Brüder daran mahnen, sich festzusammenzuschließen und unter der Großen National-Mutterloge denKampfaufzunehmen und durchzuführen gegen Unkenntnis, Verleurn-

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dung und Gehässigkeit zum Heile der wahren deutschen Freimaure-rei, zum Heile des deutschen Vaterlandes."Trotz aller bis 1934 verstärkten Versuche, die Deutschtümelei auch i11

den freimaurerischen Ritualen auszuformen, bestand ab eben diesemZeitpunkt kein Zweifel mehr daran, daß es den nationalsozialistischenMachthabern darum ging, die Freimaurerei im Deutschen Reich undspä ter in elen besetzten Gebi cteu völli g zu vernich l.cu.

"Cut zweiIahre lang hallen ei nigc Brüder versucht, durch Vorleistun-gen und Anpassung zu retten, was noch zu retten war. Daß sie dabeieine über 190 Jahre währende Trad ition gelebter Human itä; aufs Spiclsetzten, vermochten sie unter dem Druck der Verhältnisse woh Inichtzu erkennen."

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1776 1926

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150 jährig. Stiftungsfestder

Johannisloge Julius zu dendrei empfindsamen Herzen

Rltsc:hottisc:ht Dczltgation Isis im Oricznt Rnklam

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Druck: Rlehard Pcettcke Nachf. Rnklam

H'·';III"ll<all""I.,,·1\1\1H 33

Quellen bekannt, aber wir können davon ausgehen, daß die Gründerdem Brauch der Zeit gefolgt sind, mit der Namensgebung an einenBruder zu erinnern, der eine hohe Stellung in der Freimaurereiinnehatte. Aus dem I-laus Braunsehweig kamen nicht nur der Natio-uul-Croßrneistcr, Prinz Friedrich August, sondern auch der Croßruci-stcr aller deutschen Logen, der preußische Marschall Ferdinand VOllBraunschweig. Freiherr von Sobeck, der als Adjutant des Herzogs VOllBraunschwcig-Bcvern der Braunschwcigischen Familie eng verhun-den war, dürfte als "Taufpate" Iür den Namensteil ".Tulius" stehen.W~ihrend sich bereits im England und Frankreich des 18. Jahrhun-derts der Nationalismus verstärkt entwickelte, der auch das Gcistes-leben stark bccinllußte, konnte dies in Deutschland erst IIlit derReichsgründung 1871 erfolgen. Staudessen kam es zu ci ner stärkerenBetonung anderer Gefühlswerte. So spiegelt der Namensteil "zu dcndrei empfindsamen Herzen" diese Geistesrichtung und damit einStück Zeitgeschichle: die Menschheit war "senlimclltal", d.h. in derLcssingschen Übersetzung "empfindsClIII" geworden. - "I~rnpri ndsamcHerzen" wollen die Umwelt gcfuhlslll~ißig erlassen und sich demuralten Humanitätsgedanken öffnen, der in den Frcirnaurcrlogcuseine Vertiefung und praktische Gestaltung fand und immer [inrlonsoll.

Ganz im Sinne der Stifter und des progranunatischcn Namens ,st<lllei"allgemeine Menschenliebe" im Mittelpunkt. der Vorträge, ohne dal,{die Redner den geistigen Übertreibungen, mystischen Unklarhcitcuund l-Iohlheit:en erlagen, die viele Zeitgenossen erlaßt hatten. DicLogenakten belegen aber auch, daß die Brüder der Loge nicht nur VOllMenschenli ebc gesprochen, sondern auch gehandelt haben, wie d icscBeispiele zeigen: Um das Andenken des verstorbenen Bruders Hel Ii'itzill Ehren zu bewahren, hielten die Anklarner Freimaurer am 15. Juli1848 eine außerordentliche Trauerloge und legten fest: "Alljährlichbis zur Aufhebung dieses Beschlusses dem Vorstande des hiesigenGymnasiums 10 Thlr. aus der Logenkasse mit der Weisung einzu-händigen, Ihr diesen Belauf bei Gelegenheit. der Michaelis-Prüfungden ordentlichsten und fleißigsten Schülern, wobei die Armen elenVorzug haben sollen, Bücher als Prämien unter dem Namen "I-Ielfritz-Prämie" zu erteilen. Zugleich soll dafür gesorgt werden, diese 10Thlr.zur rechten Zeit dem Vorstande des Gymnasiums einzuhändigen."87mal, bis zur Schließung der Loge 1935, erhielten so Schüler zudiesem Prüfungstermin bzw, bei der Iudica-Feier Buchprämien, dieaus dem Stiftungsvermögen beschafft wurden.Als C.F. von Loesewi tz im April 1894 sein 50 jähriges Maurerjubilä urnfeierte, war dieses seltene und besondere Ereignis der Anlaß, ,'illI'weitere Stiftung zu errichten: "Um indes auch ein iillr,ll'l'l',~!'d·i,·III'11unseres Dankes, unserer Liebe und V CI'I·III'IIII/\1'111~il', 1':111\\ 11i d I" :1<'1

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Heimatkulen.ler 1993

V ERWEHTE SPUREN -

FREIMAUER IN

ANKLAM

FESTSCHRIFT

1776-1926

ZUM 150JÄHRIGEN

STIFTUNGSFEST DER

JOHANNISLOGE J ULIUS

ZU DEN DREI EMP-

FINDSAMEN HERZEN

ALTSCHOTTISCHE

DELEGATION ISIS IM

ORIENT ANKLAM

Wal/gang Lau

Besuchern des Anklamer Museums im Steintor ist es sicher schonaufgefallen: zwischen den Petschaften der Tuchmacher, Zimmerleute,Kaufleute und vieler anderer dem Betrachter vertrauter Handwerkerist zu einem der glänzenden Messingstücke nur der knappe Hinweis"Loge" zu finden. Wer hat die Petschaft benutzt, um damit Dokumen-ten das nebenstehende Siegel aufzudrücken?Es 'waren "Freie Männer von gutem Ruf', die als Mitglieder derFreimaurerloge ,,Julius zu den drei empfindsamen Herzen", zwischender Gründung und 1935 nicht nur mit diesem Siegel Spuren in derAnklamer Geschichte hinterlassen haben.Knapp 40 Jahre nachdem das freimaurerische Gedankengut den Wegvon England zum Kontinent und damit auch in verschiedene deutscheKönigreiche, Fürsten- und Herzogtümer gefunden hatte, schlossensich Anklamer Bürger zu einer Freimaurerloge zusammen, um denIdealen dieses Männerbundes nachzustreben.Dazu heißt es in der Festschrift, die zum ISO. Gründungsjubiläumerschien: "Im Jahre 1776 traten edelgesinnte Männer, die gewilltwaren, hohem Menschentum in Anklam eine Stätte zu bereiten, unterFührung des Befehlshabers des in unserer Stadt stehenden Regimentsvon Schoenfeld, des Generalmajors Carl Franz Freiherr von Sobeck,zur Gründung einer Freimaurer-Loge zusammen. Fünf Brüder, dreiOffiziere, ein Arzt und ein Steuerbeamter. sollten den Stamm derneuen Loge bilden."Über ihre Zusammenkünfte drang nichts nach draußen; die Logen-häuser schienen mit einer Aura des Geheimnisvollen umgeben zusein. Auch die Anklamer Loge machte hierbei keine Ausnahme.Dennoch ist uns über das Logenleben in Anklam viel Wissenswertesund Interessantes überliefert worden, ebenso über deren Mitglieder,z.B, Georg Friedrich Hellritz und Carl Friedrich von Loesewitz,Für die erste Zusammenkunft und die weiteren Treffen in den An-fangsjahren stellte GrUndungsmitglied Dr.med. Gottlieb SiegmundBaerensprung Räume in seiner Privatwohnung zur Verfügung. Dorterhielten am 10. April 1776 Freiherr von Sobeck, die OffiziereBernadot und von Stock hausen, derSteuerbeamte von Lilienacker undder Wohnungsinhaber das "Constitutionspatent". Mit dieser Geburts-urkunde verlieh der damalige National-Großmeister von Preußen,Prinz Friedrich August zu Braunschweig und Lüneburg der Loge dasRecht, zu "arbeiten" und Kandidaten aufzunehmen. Vier solcherAufnahmen schlossen sich unmittelbar an die feierliche Einweihungder Logenräume an. Zusätzlich zu diesen neuen Brüdern der erstenStunde - Gloy, Wallmuth, Titius und von Partein - wurden im Laufe desJahres weitere zehn Männer Mitglieder der jungen Bauhütte.

amensgeber der Loge "Julius zu den drei empfindsamen Herzen"war Prinz Maximilian Tulius Leopold von Braunschweig. Zwar sagtweder das Archiv der Loge etwas zur Namenswahl, noch sind andere

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