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Langenbecks Arch. klin. Chir. 299, 516--524 (1962) Aus der II. Chirurgischen Universit~tsklinik in Wien (Vorstand: Prof. Dr. H. Kv~z) Funktionelle Sp~tresultate naeh Pneumonektomien wegen Bronehuseareinom im hohen Alter* Von M. WENZL und F. MUHAR (Eingegangen am 11. November 1961) Die zunehmende Zahl langji~hrig nach Pneumonektomie fiberlebender Patienten hat reges Interesse an den funktionellen Sp/~tresultaten dieser Falle erweckt. Wir wissen, daf~ die Indikation zu einer Pneumonektomie, vom funktionellen Standpunkt aus betrachtet, nicht nur von den pr~- operativ ermittelten Lungenfunktionswerten, sondern aach im gleicheu Ma6e yon den funktionellen Ver~nderungen der Restlunge in der post- operativen Frfih- und Sp/itphase abh~ngig zu machen is~. Es gilt heute als erwiesen, dal3 es naeh Pneumonektomie in der post- opera~iven Periode zu einer Distension der Restlunge komm~ (COV~ANI) u. Mitarb. ; LESTER, GEELEN, HIRDES n. BOSCH und RIE•HOFF U. Mitarb.). Es herrschen allerdings versehiedene Meinungen darfiber, ob diese Disten- sion naehteilige Folgen auf die Funktion der Restlunge hat. W~hrend COVR~A~Du. Mitarb. und BIRATg u. Mit~rb. darin eine Beeintr~chti- gung der ventilatorischen 0konomie mit Verminderung der respiratorischen Leistung erblieken, und auch ROSSlnR und BOHL~A~ der Ansicht sind, da~ einer Distension so gut wie m6glich vorgebeugt werden sollte, betrachten ~IE~OFF u. Mitarb. diese Distension als ein physiologisches Ph~nomen, dessert Entwicklang nicht hintanzuhalten ist. TA~IMELI~GU. LAROS konnten bei 90 Patienten, die wegen Tuberkulose einer Pneumonektomie unterzogen wurden und derea Operation im Durehschnitt 52 Monate zuriicklag, ebenfalls das Auftreten einer Distension feststellen und kamen zu dem Schlul~, dab eine zus~tzliche Thorakoplas~ik keine vorbeugende Mal~nahme gegen das Auftreten einer Distension ist, jaaus ihren Dar- legungen geht sogar hervor, dal~ dureh die Thorakoplastik die Lungenfunktion nachteilig beeinflul~t werden kann. W~ss~cEI~ u. Mitarb. haben kiirzlieh fiber funktionelle Sp/~tfolgen nuch Pneumonektomie wegen Bronehuscareinom beriehtet. Aus dem Untersuehungsmaterial yon 28 Fi~llen, deren Operation im Mitte151/~ Jahre zuriicklag, ist zu entnehmen, dal~ der t~ts~eh]ieh verbliebene Umfung der Lnngen- leistung erst mehrere Jahre nach dem Eingriff festzustellen ist. Ferner konnten die Antoren bei ihren Patienten eine wesentliche Minderung der Leistungsfi~higkeit feststellen und erachten diese gr6i~er als den durch die Operation gesetzten Parenehymverlust entsprieht. Als Ursachen werden Mediastinalverlagerung, Lungeniiberdehnung und verminderte Bewegliehkeit des kn6ehernen Thorax angesehen. Diese Ver/s traten in Form einer gleichzeitigen Zunahme yon * Herrn Prof. Dr. W. DE~ zum 80. Geburtst~g

Funktionelle Spätresultate nach Pneumonektomien wegen Bronchuscarcinom im hohen Alter

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Page 1: Funktionelle Spätresultate nach Pneumonektomien wegen Bronchuscarcinom im hohen Alter

Langenbecks Arch. klin. Chir. 299, 516--524 (1962)

Aus der II. Chirurgischen Universit~tsklinik in Wien (Vorstand: Prof. Dr. H. Kv~z)

Funktionelle Sp~tresultate naeh Pneumonektomien wegen Bronehuseareinom im hohen Alter*

Von

M. WENZL und F. MUHAR

(Eingegangen am 11. November 1961)

Die zunehmende Zahl langji~hrig nach P n e u m o n e k t o m i e f iber lebender Pa t i en t en h a t reges In te resse an den funkt ionel len Sp/~tresultaten dieser Fa l le erweckt . Wi r wissen, daf~ die I n d i k a t i o n zu einer Pneumonek tomie , vom funkt ionel len S t a n d p u n k t aus be t r ach te t , n i ch t nur von den pr~- ope ra t i v e rmi t t e l t en Lungenfunkt ionswer ten , sondern aach im gleicheu Ma6e yon den funkt ionel len Ver~nderungen der Res t lunge in der post - opera t iven Frf ih- und Sp/ i tphase abh~ngig zu machen is~.

Es gi l t heute als erwiesen, dal3 es naeh Pneumonek tomie in der post- opera~iven Per iode zu einer Distension der Restlunge komm~ (COV~ANI) u. Mi tarb . ; LESTER, GEELEN, HIRDES n. BOSCH und RIE•HOFF U. Mitarb.) . Es herrschen al lerdings versehiedene Meinungen darfiber , ob diese Dis ten- sion naehte i l ige Folgen auf die F u n k t i o n der Res t lunge hat .

W~hrend COVR~A~D u. Mitarb. und BIRATg u. Mit~rb. darin eine Beeintr~chti- gung der ventilatorischen 0konomie mit Verminderung der respiratorischen Leistung erblieken, und auch ROSSlnR und BOHL~A~ der Ansicht sind, da~ einer Distension so gut wie m6glich vorgebeugt werden sollte, betrachten ~IE~OFF u. Mitarb. diese Distension als ein physiologisches Ph~nomen, dessert Entwicklang nicht hintanzuhalten ist. TA~IMELI~G U. LAROS konnten bei 90 Patienten, die wegen Tuberkulose einer Pneumonektomie unterzogen wurden und derea Operation im Durehschnitt 52 Monate zuriicklag, ebenfalls das Auftreten einer Distension feststellen und kamen zu dem Schlul~, dab eine zus~tzliche Thorakoplas~ik keine vorbeugende Mal~nahme gegen das Auftreten einer Distension ist, j aaus ihren Dar- legungen geht sogar hervor, dal~ dureh die Thorakoplastik die Lungenfunktion nachteilig beeinflul~t werden kann. W~ss~cEI~ u. Mitarb. haben kiirzlieh fiber funktionelle Sp/~tfolgen nuch Pneumonektomie wegen Bronehuscareinom beriehtet. Aus dem Untersuehungsmaterial yon 28 Fi~llen, deren Operation im Mitte151/~ Jahre zuriicklag, ist zu entnehmen, dal~ der t~ts~eh]ieh verbliebene Umfung der Lnngen- leistung erst mehrere Jahre nach dem Eingriff festzustellen ist. Ferner konnten die Antoren bei ihren Patienten eine wesentliche Minderung der Leistungsfi~higkeit feststellen und erachten diese gr6i~er als den durch die Operation gesetzten Parenehymverlust entsprieht.

Als Ursachen werden Medias t ina lver lagerung, Lungen i ibe rdehnung und ve rminde r t e Bewegl iehkei t des kn6ehernen Thorax angesehen. Diese Ver/s t r a t e n in F o r m einer gleichzeit igen Zunahme yon

* Herrn Prof. Dr. W. D E ~ zum 80. Geburtst~g

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Sp/itresultate naoh Pneumonektomien wegen Bronehuscareinom 517

Residualvolumen und Totraumventilation in Erscheinung. Obwohl emp- fohlen wird, dab Pneumonektomierte nach M6glichkeit wieder in das Berufslebcn eingesehalten werden sollen, ist die Annahme, die Lungen- leistung sei mehr gemindert als den tats~chlichen Substanzverlust ent- spricht, geeignet, ein vielleicht alizu ungiinstiges Leistungsbild des Pneumonektomierten zu entwerfen.

Kv~z, MUKAZ 11. WE~ZL konnten dagegen an Hand eines Kollektivs von 125 Pneumonektomierten, bei denen die Operation zwisehen dem 10. und 70. Lebensjahr ausgefiihrt wurde und 3--12 Jahre zur~cklag, zu einem giinstigeren Eindruek kommen. In iTbereinstimmung mit den bisherigen Ergebnissen wies aueh in diesem Krankengut die Restlunge in allen Altersstufen die Kriterien der Distension auf, wobei der Grad derselben im wesentlichen unabhgngig yon der Seite, auf der die Opera- tion dnrehgefiihrt wurde, blieb. Bemerkenswert war aueh, dab die Distension bei einer Beobachtungszeit yon 3--12 Jahren nach dem Ein- griff keine wesentliche Progression zeigte.

Die Untersuehungen haben aber aueh ergeben, dab dureh zusiitzliche Eingri//e, die eine zwangsweise Hintanhaltung des Mediastinums be- wirkten, wie Thorakoplastik, FremdkSrperplombe und Substitutions- pneumothorax, das Ausmag der Distension nicht wesentlich beeinflugt werden konnte. I)as AusmaB dieser Distension ging, abgesehen yon einzelnen Fs mit schweren obstruktiven Lungenemphysem, dessen Entwicklung sieh schon pr~operativ mehr oder weniger deutlich ab- zeichnete, mit dem Grad der k6rperlichen Leistungsfghigkeit nicht paralM. Bei einer Einteilung dieser Fglle in drei Leistungsstufen konnten 85 F/~lle in die Gruppe 1, 27 in die Gruppe 2 und 13 in die Gruppe 3 ein- geordnet werden, wobei die Gruppeneinteilung auf Grund der kSrper- lichen Leistungsf~higkeit im Berufs- und Privatleben sowie des Ver- hMtens bei der arteriellen Blutgasanalyse in guhe und bei steigender kSrperlieher Belastung auf dem Fahn-adergometer erfolgte.

Aus den bisherigen Darlegungen wird verst/~ndlich, dab die IndiCation zur Pneumone~tomie bei Bronchusearcinomkranken mit beginnendem '/. Lebensdezennium ein besonders sehwieriges Problem darstellt. Aus diesem Fragenkomplex sollen daher im folgenden einige wesentliehe Punkte diskutiert werden.

Es entspricht der allgemeinen Erfahrung, dab die unmittelbare Ope- rationsmortalit~it n:~ch Pneumonektomien, die wegen Bronchuseareinom bei Patienten im 7. Lebensdezennium ausgefiihrt werden, wesentlieh h6her als in den fibrigen Dezennien ist. Der Wert einer gezielten pr/ioperativen Auslese, auf Grund einer entsprechenden Beurteilung des kardio-respira- torischen Systems, geht aus der Tatsaehe hervor, dab an unserer Klinik die unmittelbare postoperative Mortalit/~t nach Pneumonektomien vor dem M/~rz 1954 bis zum 60. Lebensjahr 16% und nach dem 60. Lebens-

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518 M. WETNZL und F. MVHAR:

jahr fiber 30% betrug. Nach routinemal]iger Einffihrung eines aus- gedehnten atemphysiologisehen Untersuehungsprogramm und kardialer Leistungstests konnte nach diesem Zeitpunkt die Mortalitat bei diesen Fallen auf 9,2 bzw. anf 21% gesenk5 werden. Aus diesen Zahlen geht eindeutig die gr61]ere Operationsgefahrdung yon Patienten ira hohen Alter hervor, da bei Pneumonektomien im 7. Lebensdezennium die Mortalitat nach wie vor doppelt so hoch blieb. Als Ursache dieser hohen Mortali~at ist vorwiegend die Zahl der t6dliehen kardio-respiratorisehen Insuffizienzen anzuf/ihren, die vet dem 60. Lebensjahr nur 2,9%, da- gegen ab dem 7. Dezennium 8,2 % betragen.

Ftir die Indikationsstellung zur Operation und die Spatresultate is~ aueh die Grundkrankheit yon Bedeutung. In dieser Hinsieht seheint es gerechtfer~igt die Frage zu erSrtern, ob beim Bronehuscarcinom im hSheren Alter mit einer Anderung, vielleieht sogar einer Minderung des Malignitatsgrades zu rechnen ist. W]sNzL u. WvgzVlG zeigten am Kran- kengut der Klinik an Hand you Absterbekurven bei 312 dekadeweise gruppierten F/illen, die einer Pneumonektomie wegen Bronehuscarcinom unterzogen wurden, dab die im 7. Lebensdezennium operierten Falle, bei Betraehtung tier 1- bis 2-Jahresgrenze, eine am 20% schleehtere Lebenserwartung als die im 5. bzw. 6. Dezennium operierten haben. Die 3-Jahresgrenze erreiehten nur 25 %, wogegen yon denen im 5. Dezennium Operierten 38% diese Grenze /iberlebten. Demnaeh darf man bei im 7. Lebensdezennium operierten Fallen auf keinen Fall mit einer benigne- ren Verlaufsform des Bronchusearcinoms rechnen. DaB aber die Pneu- monektomie aueh im 7. Dezennium, trotz der wesentlieh h6heren Mor- taIitat als in den /ibrigen Dezennien einen eindeutigen lebens- verlangern- den Effekt hat, geht aus dem Vergleieh mit den lediglieh thorakotomier- ten Fallen hervor, von denen in dieser Serie keiner die 3-Jahresgrenze erreicht hat. Auf Grund dieser Beobaeh- tung soUte demnach das Careinomgeschehen als solehes im hohen Alter keine grundsgtzliehe Einschrankung der Operationsindikation darstellen.

Vielfaeh diskutiert wird aueh bei der Anzeigestellung zur Pneumon- ektomie wegen Bronehuseareinom in diesen speziellen Fallen die Frage, ob altersbedingt in erh6htem AusmaB bzw. in rascherer Progression als in den anderen Altersstufen mit dem Auftreten degenerativer Verande- rungen am Lungenparenehym und in der Folge mit einer fortsehreiten- den gerschlechterung get lcardio-respiratorischen Leistungsbreite zu rechnen ist. Immer wieder wird die Ansicht vertreten, dal] derartige Falle infolge pulmonaler Hypertension schon in absehbarer Zeit nach der Operation unweigerlich an kardio-pulmonaler lnsuffizienz zugrunde gehen. Daraus wurde der SchluB gezogen, dab derartige Patienten yon der Operation auszuschlieBen seien.

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Spgtresultate nach Pneumonektomien wegen Bronchuscarcinom 519

Um zur Frage der atemphysiologisehen Vergnderungen und der Lei- stungsfghigkeit dieser Patientengruppe Stellung nehmen zu k6nnen, haben wir aus nnserem Krankengut 18 Pneumonelctomierte herausgegrif- fen, bei denen die Operation zwischen dem 60. uncI 71. Lebens~ahr aus- geffihrt wurde und die 4--11 Jahre nach der Operation in grSl3eren Abst/~nden regelm/~gigen klinischen und atemphysiologisehen Unter- suchungen unterzogen wurden. An Untersuchungen wurden Rdntgen- au/nahmen des Thorax und ein Ruhespirogramm, einschlieglich Residual- volumensbestimmungen durchgeffihrt. Die diesbeziiglichen Sollwerte wurden den sogenannten Almara-Tafeln entnommen, die etwas fiber den yon BALDWIN, RmgARDS und COU~NA~D angegebenen Werten liegen. Ferner wurde die O~-Siittigung des arteriellen Blute8 in Ruhe und w/ihrend kSrperlicher Belastung auf dem Fahrradergometer (Firma Lode, Gronin- gen) mit dem H/imoreflektor nach BRI~KMAN~ bestimmt, wobei ffir jeden Patienten eine eigene Eichlinie erstellt wurde. Der urterielle Kohlensiinredruck wurde naeh der Gleichung yon HASSLSACg U. H ~D n R- SO)r berechnet, wobei das pg mit dem Metrom-pE-Meter 524 und der Blutmegkette 518 im Vollblut bei 370 C gemessen und die Gesamtkohlen- s/~ure naeh der volumetrischen Methode yon VAX SLnCE bestimmt wurde. Welter wurden in guhe und nach Belastung Atem- und Pulsfrequenz sowie der Blutdruek gemessen.

Untersuchungsergebnisse

Durch zahlreiche Arbeiten grit es als erwiesen, dug Vitallcapazitiit (VK), Atemsto[3wert (ASW) und Atemgrenzwert (AGW) nach Pneumonektomien gegen/iber dem Soil1- nnd Ausgangswert wesentlich rednziert sind.

Bei unseren Untersuchten zeigten diese Gr6Ben 4--11 Jahre nach der Operation eine durchschnittliche Verminderung um d0% des Soll- wertes. Bei gruppenweiser Zusammenfassung zeigte sich, dug die Reduk- tion der VK yore Sol]weft bei drei Patienten weniger a]s 30 %, bei ffinf weniger als 40 %, bei acht weniger uls 50 To und nur bei zwei Patienten 54% betrug.

A S W und AGW waren etwa im gleichen Ausmag vermindert. In ubsoluten Zuhlen ausgedrfickt hutten zwei Patienten einen AGW yon 63,0 Litern, einer einen Weft yon 53,0 Litern, sechs zwisehen 40,0 und 50,0 Litern, vier zwischen 30,0 und 40,0 Litern, vier zwischen 20,0 und 30,0 Litern und lediglich ein Patient 19,0 Litern.

Die arterielle O~-S~ittigung betrug im Durchschnitt 96%. In zwSlf F/~llen lag die O~-S~ttigung fiber 96%, in vier zwisehen 90 und 94%, yon zwei F/illen liegen keine Werte vor. Bei der Belastung auf dem Fahrradergometer konnten ffinf Patienten 90 W 10 min lung bew/~ltigen, wobei es zu einem Absinken der arteriellen 0,,- Sgttigung um 2--9 % kam. ZwSlf Patienten bew/~ltigten eine Belastung yon 60 W. Die O2-S/~ttigung

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520 M. ~u und F. Mv~ntr

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sank dabei vom Ausgangswert bis zu 5% ab. Ein Patient, der mit relativ guten spirographischen GrSgen, aber sehr eingesehr/~nkter I-Ierzleistungsf/~hig- keit zur Untersuehung kam, konnte nur mit 30 W belastet werden, wobei die 02-S/~ttigung yon 94 auf 87 % abfiel.

Der durehschnittliche Weft f/Jr pC02 (arteriell) betrug bei 16 Patienten in l~uhe 41,4 mm Hg, wobei in alien F/~llen kliniseh eine Hyperventi lat ion in Er- seheinung getreten war. Bei Belastung mit 30 W betrugen die Werte 36,0 m m Hg, mit 60 W 39,1 m m H g und mit 90 W 39,6 m m Hg.

Die durehschnittliche Pulsfrequenz betrug in l~uhe 80 Schl/tge pro Minute, st ieg bei 3 0 W auf 109, bei 6 0 W auf 114 und bei 90 W auf 135 Sehlgge pro Minute, woraus eine beidieser Belastnngs- hShe entspreehende relative Zunahme des tIerzminutenvolumens zu entneh- men ist.

Bei dem Versuch, die klinische Leis~ungsf~higkeit unserer 18 Pat ienten in da.s bereits angefiihrte Leistungs- schema, das drei Gruppen auf Grund der kSrperlichen Leistungsf/ihigkeit und des VerhalLens bei Belastung am Fahr- radergometer beriieksichtigt, einzuord- hen, zeigte sich, dab neun F~lle in Gruppe I, fiinf F~lle in Gruppe I f und vier F/~lle in Gruppe I I I einzureihen waren.

WAss~E~ u. Mitarb. weisen darauf hin, dab f/ir den Grad der Leistungs- f/~higkeit eine Zunahme der Totraum- ventilation, eine relative Zunahme des Residualvolumens und die Einsehrs kung der Zwerehfellbeweglichkeit ver- antwortlieh zu maehen sind.

In unseren F~llen zeigt es sieh, dab das I~V der Restlunge, gemessen in

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Sp/~tresultate naeh Pneumonektomien wegen Bronchuscarcinom 521

Kubikzentimeter nahezu genau so grog ist wie der Sollwert ftir beide Lungen, also demnach relativ erh6ht ist. Ein Vergleich fiber eventuelle Zusammenhs zwischen RV, Distensionindex (DI), mediastinaler Ver- ziehung und klinischer Leistungsf/~higkeit zeJgte jedoeh, wie aus Tabelle 1 zu entnehmen ist, dug weder die Gr6ge des RV noeh der DI and der Grad der mediastinalen Verziehung mit der klinischen Leistungsfghig- keit konform gehen. In der Tabelle ist das I~V in Prozent zur TK der Restlunge angegeben. Als Gradmesser ffir die mediastinale Verziehung wurde, wie schon in fr/iheren Arbeiten, die winkelige Abweichung der Trachea yon der Medianlinie angenommen. Der DI gibt das Verh/iltnis yon RV zu VK in Pro- zent des Sollwertes wie- der. Seine ErhShung ~iber eins gibt das Aus- mad der Distension wieder.

In den bisherigen Arbeiten wurde der Ein- flug der Distensic, n auf die Leistungsfghigkeit unabMngig vom Alters-

Tabelle 2. Vergleich der VentilationsgrSflen nach Pneumonelctomie~ bei 107 Patienten vor dem 60. Le- bens]ahr mit 18 Patienten nach dem 60. Lebensjahr

Alter zur Zeit Zahl der

der Operat ion Patientm~

Jahre

10--60 107 61--71 18

Vii:, RV u n d AS%V in Prozen t des Sollwertes tier Rest lunge

4- -11 J ah re nach P n e u m o n e k t o m i e

V K

118

118

RV A S W DI

188 105 1,6

181 106 1,53

faktor erSrtert. Im folgenden soll daher im besonderen auf die Frage eingegangen werden, ob naeh Pneumonektomien im hohen Alter die Distension der R,estlunge einer st/irkeren Progression unterliegt und dadurch unter Umst/~nden eher zu einer StSrung der Gesamffunktion und dcr klinischen Leistungsf/thigkeit ffihren kann.

Um einen cntspreehenden Ausgangswert festzulegen, auf Grund des- sen die postoperativen Ver/inderungen interpretiert werden k6nnen, haben wir in den Tabellen 2 4 insofern ein indirektes Verfahren angewendet, als der errechnete Sollwert der einzelnen spirographi- schen Gr6Ben der jeweils verbliebenen Lungenh/ilfte gleieh der Zahl 100 gesetzt wurde. I)cr verbliebenen rechten Lunge wurdcn 55% und der linken Lunge 45% des Gesamtsollwertes zugeteilt. Dazu wurde der jeweils gemessene Istwert in prozentuelle Beziehung gesetzt.

In Tabelle 2 haben wir die Ventilationsgrd/3en und den DI bei 107 Patienten, die zwischen dem 10. und 60. Lebensjahr einer Pneumon- ektomie unterzogen wurden, mit den gleichen Werten yon 18 Patienten, die zur Zeit der Operation im 7. Dezcnnium standcn, verglichen. Daraus geht hervor, dab bei den 107 Fs die VK 118 % des ffir die I~estlunge ermittelten Sollwertes betrs und demnach eindeutig h6her als der Norm entsprieht ]iegt. Das RV ist mit 188% des Sollwertes der l~est- lunge wesentlieh mehr erh6ht. Besonders klar kommt die Diskrepanz zwischen diesen beiden GrSgen im DI zum Ausdruck. Es besteht

Langetlbecks Arch. klin. Chir., Bd. 299 34:

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522 M. WENZL und F. MUHAR:

demnaeh in dieser Gruppe der e indeut ige Befund einer Dis tension der t~estlunge, wobei der A S W in der Nahe des e rmi t t e l t en Sollwertes liegt. Da sieh in der zwei ten Pa t i en t eng ruppe dieselben Veranderungen zeigen, k a n n da raus en tnommen werden, dab 4 - -11 J a h r e naeh im hohen Al te r erfolgter Pneumonek tomie keine s ta rkere Tendenz zur Dis tens ion bes teht .

I n Tabe]le 3 werden dieselben Beziehungsgr6Ben bei Pa t i en ten , die im 7. Dezennium oper ier t warden , berei ts j ahre lang die funkt ionel le Be las tung einer Pneumonek tomie auf sieh nehmen muBten und inzwi- sehen die zweite H a l i t e des 7., bzw. die erste H a l i t e des Lebensdezenninms er lebt haben, wiedergegeben. W e n n aueh der D I bei der Gruppe der im 8. Dezennium s tehenden P a t i e n t e n h6her als in der Oruppe der in der

zweiten Hi, l i fe des 7. De- Tabelle 3. Ventilationsgrd/3en in Beziehung zum der- zeitigen Lebensalter bei 18 Patienten mit Pneumon-

ektomien im 7. Dezennium

Der- Zahl der zeitiges Patienten Alter Jahre

64--70 12

71--76 6

VK, RV and ASW in Prozent des Soolwertes der Restlunge

4--11 Jahre naeh Pneumonektomie

VK RV ASW DI

126 183 128 1,47

109 175 98 1,57

zenniums s tehenden Pa- t i en ten liegt, so is t bei dieser Differenz einer- seits die kleine Zahl der Fa l le zu ber i icksieht igen a n d andererse i t s da rauf hinzuweisen, dab die W e r t e ffir beide Gruppen un te r den in Tabel le 2 f/Jr die an 107 P a t i e n t e n

der j i ingeren Al terss tufen e rmi t t e l t en Wer t e bleiben. Es kann demnaeh in diesen Fa l l en eine Progression der Dis tension n icht festgestel l t werden.

Zur I l lu s t r a t ion zeigt Tabel le 4 gesonder t unseren a l tes ten Pa t i en t en bei dem eine P n e u m o n e k t o m i e ausgef i ihr t wurde. Dieser wurde 1955

Tabelle 4. Patient W. G., geb. 1885, Pneumonektomie im 71. Lebens'jahr

Pr~operativ Postoperativ Istwert

Februar Februar Mai 1961 1957 1959

VK in cm a . . .

RV in % TK . .

ASW in % VK .

AGW in Liter

Sollwert Istwert Juli 1955 August 1955

3300 2700

35 34

70 63

69,0 52,0

1300

50

76

31,0

1400

51

78

34,0

1400

50

85

35,0

im 71. Lebens jah r wegen eines wel t fo r tgesehr i t t enen polymorphzel l igen soliden zent ra len Carcinom im reehten Un te r l appen einer e rwei te r ten Pneumonek tomie m i t Vorhofresekt ion unterzogen. Bei noeh befriedi- genden funkt ionel len Ausgangswer ten zeigt sieh 2 J a h r e naeh der Opera- t ion, wie aus dem W e f t des RV zu en tnehmen ist, die ro l l en twiekel te

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Spgtresultate naeh Pneumonektomien wegen Bronchuscarcinom 523

Distension, die aueh 4 bzw. 6 Jahre naeh der Operation station/ir geblieben ist. ASW und AGW lassen schlieBen, dab wesentliche Bronehialobstruk- tionen nicht vorliegen. Die klinische Leistungsf/~higkeit ist erstaunlich gut.

Schlullfolgerungen Unsere Untersuehungen ergaben, dab nach Pneumonektomie im

hohen Alter die Ventilationsgr6Gen ungef~hr im gleichen AusmaG wic in den anderen Lebensdezennien reduziert werden. Es ist aber ffir diese Patientengruppe fraglos wesentlich schwieriger, diesen Fnnktionsausfall zu kompensieren. Daraus resultiert ja anch die wesentlich h6here Operationsmortalits Sind jedoeh diese Patienten imstande, die kriti- sehe Periode zu fiberwinden, dann ist die weitere Prognose gfinstig zu stellen, weft aus nnseren Beobaehtungen zu entnehmen ist, daG naeh Absehlul3 des Adaptationsvorganges, der in der Regel naeh einigen Monaten abgesehlossen ist, ein station/~res Leistungsniveau anfreeht- erhalten werden kann. Es hat sieh aueh bei einer Beobaehtung fiber Jahre hinaus gezeigt, daG die VentilationsgrSBen und das Ausmal3 der Distension wenig Sehwankungen unterliegen. Es besteht demnaeh kein Grund naeh Lungenresektionen allein wegen der Parenehymverminde- rung einen wesentlieh raseheren Abbau der respiratorisehen Reserven befiirehten zu miissen.

Demnaeh ist atxeh die Leistungsf/~higkeit unserer Pneumonektomier- ten, die vorwiegend naeh klinisehen Kriterien beurteilt wurde, 4 bis 11 Jahre naeh der Operation, trotz des hohen Alters das die Patienten naeh dem Eingriff erreieht haben, erstaunlieh gut. Ein Teil unter- seheidet sieh leistungsmagig nieht yon den niehtoperiertenAltersgenossen.

Auf Grund unserer Untersuehungen ist aber aueh zu entnehmen, dab der endg/iltige Grad der Leistungsf~higkeit nicht unbedingt yon einzel- hen Faktoren wie die Verh/~ltnisse in tier Restlunge, ausgedrfiekt dutch spirographisehe Gr6Ben, AusmaB der Distension oder Grad der media- stinalen Verziehung, abh/~ngig zu maehen ist, sondern naeh unserer Meinnng das Ergebnis eines/~uBerst komplizierten komplexen und sehwer vorauszusagenden Gesehehens darstellt. Naeh unseren Erfahrungen ist unter anderem ftir eine progrediente Leistungsminderung bzw. Leistungs- unf/ihigkeit in der Sp~ttphase naeh der Operation das Auftreten yon Infekten der Luftwege, die zu Bronchialobstruktionen Ifihren, ein weite- rer wesentlicher Faktor.

Zusammenfassung

Spirographische und blutgasanalytische Untersuchungen in Ruhe und bei Belastung sowie klinische Untersuchungen an 18 Patienten die wegen Bronchnscarcinom pneumonektomiert wurden, im 7. Lebens-

34*

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524 M. WENZL und F. MUHA~: Sp~tresultate naeh Pneumonektomien

dezennium s tanden und deren Opera t ion 4- -11 J a h r e zurfickliegt , zeig- ten, dal~ bei gfinstiger funkt ionel ler Ausgangslage die im 7. Dezennium Oper ier ten nach einer en tspreehenden Ada p t a t i onsz e i t ke inen pro- gred ien ten A b b a u der F u n k t i o n der I~estlunge und der k l in ischen Leis tungsf i ihigkei t erleiden. Auf Grund dieser Beobach tungen is t t ro tz der hSheren u n m i t t e l b a r e n pos tope ra t iven Mor ta l i t g t ira hohen Al te r die P n e u m o n e k t o m i e bei Vorl iegen eines Bronchusearc inoms gerecht- fer t igt , um so mehr, als sich ein ger ingerer Mal ign i t~ tsgrad des Carcinoras in dieser Al terss tufe n ich t bes t~t igen lie~.

L i t e r a t u r

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Prof. Dr. M. W]~NZL, D~. 1% IV[UHA~ II. Chirurgisehe Universit~tsklinik, Wien IX, Spitalgasse 23 (0sterreich)