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Langenbecks Arch Chir (1982) 356: 159-166 Langenbecks Archiv forChirurgie © Springer-Verlag1982 Originalarbeiten / Original Investigations GaHensiiurenreflux nach operativen Eingriffen am Rattenmagen O. Hellerer, H. Rath, E. Falter und F. Holle ChirurgischePoliklinikder UniversitatMtinchen(Direktor: Prof. Dr. F. Holle),PettenkoferstraBe8a, D-8000 Mfinchen2 Bile Acid Reflux Following Stomach Surgery on Rats Summary. Using rats in a standardized animal experiment, the extent of duodenogastric reflux was studied eight months postoperatively following SPV with and without pyloroplasty. The reflux was determined by enzymatically testing the concentration of bile acid secretion withdrawn from the stomach intraoperatively. Serving as comparison were laparotomies, simple pyloroplas- ties, and the obligatory reflux models: resection after BII without entero- anastomosis. After SPV with and without pyloroplasty, the extent of duo- denogastric refux was less than in the control group. Specimens with simple pyloroplasty displayed a significantly greater reflux. The BII group had a fivefold higher reflux than the control group. Since pyloroplasty can be considered a drainage operation, there is no retention of food particles in the stomach of the rat following SPV - an occurrence expected after SPV without pyloroplasty. However, due to the retarded stomach motility, the thickened chyme tends to linger at the opening of the stomach, thus reducing the duodenogastric reflux. According to our investigations, an increased duo- denogastric reflux following SPV with or without pyloroplasty does not induce changes in the mucosa of the stomach. Key words: Bile acid - Reflux - Stomach surgery - Rat. Zusammenfassung. Am standardisierten Tiermodell an der Ratte wurde die H6he des duodenogastrischen Refluxes acht Monate nach SPV mit und ohne Pyloroplastik untersucht. Zur Bestimmung des Refluxes diente die enzymati- sche Messung der Gallens~iurenkonzentration im intraoperativ entnommenen Mageninhalt. Als Vergleichsgruppen dienten Laparotomie, alleinige Pyloropla- stik und als obligates Refluxmodell die Resektion nach BII ohne Enteroanasto- mose. Die H6he des duodenogastrischen Refluxes war nach SPV mit und ohne Pyloroplastik signifikant niedriger als in der Kontrollgruppe. Tiere mit alleiniger Pyloroplastik zeigten einen signifikant erh6hten Reflux. Die BII- 0023-8236/82/0356/0159/$01.60

Gallensäurenreflux nach operativen Eingriffen am Rattenmagen

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Langenbecks Arch Chir (1982) 356: 159-166 Langenbecks Archiv for Chirurgie © Springer-Verlag 1982

Originalarbeiten / Original Investigations

GaHensiiurenreflux nach operativen Eingriffen am Rattenmagen

O. Hellerer, H. Rath, E. Falter und F. Holle

Chirurgische Poliklinik der Universitat Mtinchen (Direktor: Prof. Dr. F. Holle), PettenkoferstraBe 8 a, D-8000 Mfinchen 2

Bile Acid Reflux Following Stomach Surgery on Rats

Summary. Using rats in a standardized animal experiment, the extent of duodenogastric reflux was studied eight months postoperatively following SPV with and without pyloroplasty. The reflux was determined by enzymatically testing the concentration of bile acid secretion withdrawn from the stomach intraoperatively. Serving as comparison were laparotomies, simple pyloroplas- ties, and the obligatory reflux models: resection after BII without entero- anastomosis. After SPV with and without pyloroplasty, the extent of duo- denogastric re fux was less than in the control group. Specimens with simple pyloroplasty displayed a significantly greater reflux. The BII group had a fivefold higher reflux than the control group. Since pyloroplasty can be considered a drainage operation, there is no retention of food particles in the stomach of the rat following SPV - an occurrence expected after SPV without pyloroplasty. However, due to the retarded stomach motility, the thickened chyme tends to linger at the opening of the stomach, thus reducing the duodenogastric reflux. According to our investigations, an increased duo- denogastric reflux following SPV with or without pyloroplasty does not induce changes in the mucosa of the stomach.

Key words: Bile acid - Reflux - Stomach surgery - Rat.

Zusammenfassung. Am standardisierten Tiermodell an der Ratte wurde die H6he des duodenogastrischen Refluxes acht Monate nach SPV mit und ohne Pyloroplastik untersucht. Zur Bestimmung des Refluxes diente die enzymati- sche Messung der Gallens~iurenkonzentration im intraoperativ entnommenen Mageninhalt. Als Vergleichsgruppen dienten Laparotomie, alleinige Pyloropla- stik und als obligates Refluxmodell die Resektion nach BII ohne Enteroanasto- mose. Die H6he des duodenogastrischen Refluxes war nach SPV mit und ohne Pyloroplastik signifikant niedriger als in der Kontrollgruppe. Tiere mit alleiniger Pyloroplastik zeigten einen signifikant erh6hten Reflux. Die BII-

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Gruppe hatte einen fiinffach h6heren Wert als die Kontrollgruppe. Aufgrund der Pyloroplastik als Drainageoperation kommt es am Rattenmagen nach SPV nicht zur Retention von Speiseresten, die man nach SPV ohne Pyloroplastik beobachtet. Aber wegen der verz6gerten Magenmotilitfit legt sich eingedickter Speisebrei vor den Magenausgang und reduziert so den duodenogastrischen Reflux. Nach unseren Ergebnissen kann ein vermehrter duodenogastrischer Reflux nach SPV mit und ohne Pyloroplastik keine morphologischen Verfinde- rungen der Magenmucosa verursachen.

Problemstellung

Seit den Untersuchungen von Davenport (1968, 1970) [8] ist die schfidigende Wirkung exogen zugefiihrter Substanzen wie z.B. Acetylsalicyls/iure [2, 7, 8, 10] und endogen zur Wirkung kommender Gallens/iuren und Lysolecithin bekannt [3, 18, 27, 31-33]. Hierbei wurde die Sch/idigung der Mucosabarriere und der damit verbundene Einstrom von H+-Ionen in die Zelle als Korrelat der histologiseh faBbaren Ver/inderungen gefunden [1, 10, 29]. Der vermehrte und ungehinderte Ioneneinstrom in die Mueosazelle bedingt einen zunehmenden Plasmaaustritt mit Cytolyse der Deekepithelien und Leistenspitzennekrosen [28]. Definitive Folgen dieser Noxen sind eine chronisch atrophische Gastritis mit konsekutiver Bindege- websnekrose [24]. Eine Korrelation zwischen der Schwere der Gastritis und erhShtem pH-Wert, bzw. intragastraler Bilirubinkonzentration konnte naehgewie- sen werden [11]. Auf einen erhShten duodenogastrischen Reflux beim Ulcus- ventriculi-Patienten wurde mehrfach hingewiesen [10, 45]. Beim Ulcus-ventriculi- Trfiger findet man zwei- bis dreimal hShere Refluxe als bei einem gesunden Kontrollkollektiv oder bei Patienten mit einem Ulcus duodeni [11, 45]. Die Ursachen des vermehrten Gallerefluxes sind im Gegensatz zu seinen Folgen jedoch grSBtenteils unbekannt [19, 24, 30].

Operative Eingriffe in der anatomisch komplizierten Antrum-Pylorus-Region ffihren klinisch wie experimentell zu Verfinderungen der gastroduodenalen Pas- sagefunktion [4, 42, 43]. Wurde friiher die Einleitung der Duodenalsfifte als wfinschenswert und kurativ betrachtet [38], so erkannte man sp~ter die atrophische Gastritis als Folge des obligaten Gallerefluxes bei resezierenden Verfahren ohne Enteroanastomose. Aufgrund dieser Erkenntnisse wird heute mSglichst der Einstrom von Duodenalsaft in den Magenrest auch als Carcinomprophylaxe vermieden [21, 26, 34]. Ob eine Pyloroplastik in Kombination mit einer SPV den duodenogastrischen Reflux erh6ht, ist heute in der Diskussion [15- 17, 19]. DaB die Pyloroplastik einen negativen EinfluB von vorbestehenden Ver/inderungen des intramuralen Neuronensystems, die ihrerseits einen Reflux induzieren k6nnen, kompensieren sollte, wurde von uns bereits mehrfach gefordert [14, 44].

Im Rattenversuch konnten wir feststellen, dab alle Tiere nach einer SPV ohne Pyloroplastik eine erhebliche EntleerungsverzSgerung des Magens zeigten, und ein hoher Prozentsatz (45 ~) nach einem lfingeren Beobachtungszeitraum Staseulcera aufwies. Die Kombination mit einer Pyloroplastik konnte die Staseulcusrate auf 5,5 ~o senken. Die EntleerungsverzSgerung war jetzt wesentlich geringer als ohne Pyloroplastik [12, 13, 17].

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Ziel dieser Untersuchung war es, festzustellen, ob die Pyloroplastik den duodenogastrischen Reflux am Rattenmagen erh6ht und ob sich Unterschiede zur SPV ohne Pyloroplastik und zu BII-Operationen mit obligatem duodenogastri- schen Reflux ergeben.

Material und Methode

Zur Untersuchung wurden 100 m/innliche Sprague-Dawley-Ratten verwendet (3 Monate alt, 350 g). Alle Tiere wurden einen Tag vor der Operation unter freier Wasseraufnahme und unter Nahrungskarenz auf Gitterroste gesetzt. Die Narkose wurde mit Ather eingeleitet und die Operation nach Abdomener6ff- hung mit Nembutal (15 mg/kg i.p.) fortgeffihrt. Die Tiere wurden in ffinf Gruppen zu je 20 eingeteilt.

1. Scheinoperation als Kontrolle

Durch eine mediane Laparotomie wurde unter sterilen Kautelen das Abdomen er6ffnet. Der Magen wurde anschlieBend ca. 15 min lang entsprechend einer SPV manipuliert und kurzfristig, ohne die Gebilde des kleinen Netzes zu verletzen, um 180 ° gedreht, was bei der Ratte leicht gelingt. AnschlieBend wurde das Abdomen zweischichtig mit Dexon und monofilem Kunststoffaden verschlossen.

2. Pyloroplastik (n. Heineke-v. Mikulicz)

Nach Abdomener6ffnung wurden durch eine ca. 0,5 cm lange Langsincision der Pyloruswand alle Schichten bis auf das Lumen durchtrennt. Der Pylorus wurde dann einschichtig quer vern/iht (Seide 5 - 0). Zur Sicherung der Naht wurde ein Teil des Omentum majus auf die Nahtstelle aufgesteppt. Das Abdomen wurde wie oben beschrieben verschlossen.

3. SPV

An der kleinen Kurvatur des Magens wurden der linke Vagusstamm und seine ,~ste mit Hilfe eines Pr/ipariermikroskops aufgesucht. AnschlieBend wurden unter Schonung der antralen Innervation die Gebilde des kleinen Netzes zwischen Einzelligaturen (Seide 5 - 0 ) durchtrennt und somit die kleine Kurvatur skeletiert. Nach Durchtrennung des Lig. gastrolienale wurde der Magen um 180 ° gedreht und die Dorsalfl/iche dargestellt. An der Hinterwand des Magens wurde ebenfalls unter Schonung der antralen Innervation nach Aufsuchen des rechten Vagusstammes die kleine Kurvatur skletiert. Feine Vagus~tste der Kardia, die zum Vormagen ziehen, wurden anschlieBend noch durchtrennt.

4. SPV mit Pyloroplastik (n. Heineke-v. Mikulicz)

Bei dieser Gruppe wurde nach Beendigung der SPV eine Pyloroplastik wie unter 2. beschrieben durchgefiihrt.

5. BII, antecolisch ohne Enteroanastomose

Zur Erzeugung eines obligaten duodenogastrischen Refluxes in Kombination mit einem resezierenden Verfahren wurde die Methode nach Billroth II antecolisch ohne Braunsche Enteroanastomose gew~hlt.

Zun~chst wurde unter Einzelligaturen das groBe Netz ab (3bergang Vor- zum Hauptmagen yon der groBen Magenkurvatur abgel6st und somit die groBe Kurvatur bis zum Pylorus skeletiert. AnschlieBend wurde das kleine Netz ebenfalls zwischen Einzelligaturen (Seide 5 - 0 ) durchtrennt. Die A. gastrica sinistra wurde nur im Bereich ihrer distalen Aste ligiert. Der Versorgungsbereich zum Fundusrest und zum Vormagen wurde geschont. Nach Anklemmen des Antrums wurde das Duodenum unmittelbar hinter dem Pylorus abgetrennt. Der VerscbluB des Duodenallumens erfolgte mit vier Seroserosaeinzel- knopfn/ihten (Seide 5 - 0). AnschlieBend erfolgte die schr/ige Resektion 0,5 cm parallel zur Trennungs- linie zwischen Vor- und Hauptmagen. Durch ffinf Seroserosaeinzelknopfn~ihte, minorseitig beginnend,

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wurde eine Einengung des Lumens auf ca. 0,3 cm Lumen6ffnung erreicht. Dann wurde die erste Jejunumschlinge nach der Flexura duodenojejunalis aufgesucht und antimesenteriell auf ca. 0,3 cm er6ffnet. Die Anastomosennaht erfolgte einreihig allschichtig mit ffinf dorsalen und f/inf ventralen Einzelknopfn~ihten (Seide 5 - 0).

Nach dem Eingriff wurden die Tiere drei Tage lang zur Vermeidung einer Koprophagie auf Gitterrosten gehalten. W~ihrend der ersten drei Tage erhielten sie tgglich 10 ml NaC1, die Tiere der BII- Gruppe zusgtzlich 10 ml Glucose 5 ~ subcutan injiziert. Ab dem vierten postoperativen Tag hatten die Tiere wieder freien Zugang zu Wasser und Futter (Altromin). Die Ratten wurden anschliel3end acht Monate unter normalen Laborbedingungen gehalten.

Am Ende der Versuchszeit wurden die Ratten einen Tag auf Gitterroste unter freiem Zugang zu Futter und Wasser gesetzt.

Der Magen bzw. der Magenstumpf wurde in )~thernarkose an der Kardia und direkt am Pylorus, bzw. an der zu- und abfiihrenden Schlinge ligiert (Seide 3 - 0), entnommen und an der groBen Kurvatur bzw. am D/inndarm er6ffnet. Der Mageninhalt wurde in toto in einem Glasgef'ag aufgefangen und anschlieBend bei 110°C 24 Stunden in einem W~rmeofen getrocknet. Die Konzentration der nativen Gallens~uren als Mal3 f~r den duodenogastrischen Reflux wurde nach der Methode von DeWael et al. [9] f/ir Gallens~iurenkonzentration in Faeces quantitativ enzymatisch bestimmt (Sterognost 30, Nyegaard & Co., Oslo) [20]. Die Messung erfolgte in einem Spektralphotometer der Marke Beckmann D-B bei 340 nm. Die Messungen wurden mit Eichkurven, die mit bekannten Gallens~iurenkonzentratio- nen erstellt waren, fiberpriift. Die statistische Auswertung erfolgte mit dem t-Test (Student-Verteilung) f~r unverbundene Stichproben.

Ergebnisse

V o n d e n 100 T i e r e n l e b t e n a m E n d e des V e r s u c h e s n o c h 86 Tiere . D ie 14 T ie re

w a r e n al le in d e n e r s t e n b e i d e n W o c h e n n a c h d e m E i n g r i f f v e r s t o r b e n . Bei e i n e m

T ie r d e r B I I - G r u p p e f a n d e n wi r be i de r S e k t i o n m u l t i p l e i n t r a a b d o m i n e l l e

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K

o: gegen K p< 0.05

. : gegen SPV+Pypt. p<0.05

*+SEM

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Pypl. SPV SPV+PypL BII

Abb. 1. Gallens~turenkonzentration im Mageninhalt von Ratten nach Laparotomie (K), Pyloroplastik (Pypl.), SPV ohne Pyloroplastik (SPV), SPV mit Pyloroplastik (SPV+Pypl.) und nach BII ohne Enteroanastomose (BI1) (2 + SEM)

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Abscesse. Sonst zeigten sich bei den 86 auBerlich gesunden Tieren geringe Adhfisionen zwischen Leberunterfl~iche und Magenvorderwand. Die Tiere mit alleiniger SPV zeigten eine deutliche Stase von Mageninhalt. Bei den Tieren SPV mit Pyloroplastik waren die Mfigen etwas dilatiert, aber zeigten wie die der Kontrollgruppe keine Retention von Speiseresten. Tiere mit alleiniger Pyloropla- stik und die Tiere mit BII hatten keine Speisereste im Mageninhalt.

Bei den Kontrolltieren wurde eine mittlere Gallensfiurenkonzentration yon 1,42 _+ 0,24 mmol/1 gemessen. Tiere mit alleiniger Pyloroplastik zeigten eine Gallensfiu- renkonzentration von 2,90 + 0.87 mmol/1. Die Gruppe mit einer SPV ohne Pyloroplastik hatte einen Wert von 0,32 +_ 0,14 mmol/1. Bei der Gruppe SPV mit Pyloroplastik zeigte sich dagegen ein Wert von 0,57 + 0,17 mmol/1. Tiere, die einen BH ohne Enteroanastomose erhalten hatten und bei denen somit ein obligater Gallereflux vorhanden war, hatten einen Wert von 7,23 _+ 0,63 mmol/1. Hierbei unterscheiden sich die Gruppen Pyloroplastik, SPV, SPV mit Pyloroplastik und BII vonder Kontrollgruppe signifikant (p < 0.05). Pyloroplastik- und BII-operierte Tiere unterscheiden sich auch von SPV-Tieren signifikant (p < 0,05) (Abb. 1).

Diskussion

Eine operative Verfinderung der Pylorusregion in Form einer alleinigen Pyloropla- stik nach Heineke-v. Mikulicz fiihrt im Tierversuch an der Ratte zu einem signifikanten Anstieg der intragastralen Gallensfiurenkonzentration. Diese mor- phologisehe und funktionelle St6rung tier Antrum-Pylorus-Region f/ihrt zu einem vermehrten Reflux von Duodenalinhalt in den Magen, der aber weniger als die H/~lfte des Refluxes nach einem BII ohne Enteroanastomose erreicht [5, 11, 19, 35]. Auf die Vermeidung der refluxinduzierenden Operationen wurde sowohl im Zusammenhang mit nichtresezierenden als auch mit resezierenden Operationsver- fahren vielfach hingewiesen [17, 25]. Bei diesen Verfahren sollte eine hintere Gastroenterostomie mit kurzer zufiihrender Schlinge nicht mehr durchgefiihrt werden. Refluxverhindernde Anastomosen sind hier die antecolische Gastrojejuno- stomie mit Braunscher FuBpunktanastomose oder die duodenojejunale Y-Anasto- mose nach Roux mit tier aboral eingeleitetem Schenkel [4]. Ein duodenogastriseher Reflux sollte nieht nur wegen der subjektiven Beschwerden, sondern auch wegen des erh6hten Stumpfcarcinomrisikos im resezierten Magen vermieden werden [4, 26]. Die Carcinomincidenz ist im resezierten Magen doppelt so hoch wie beim Normalkollektiv [4, 6].

Die SPV alleine fiihrt, wie die Versuche zeigen, zu keiner Erh6hung des Refluxes. Bei alleiniger SPV kommt es aufgrund der vermehrten Stase zu einem nieht nur antegrad, sondern auch retrograd wirksamen relativen VerschluB des Pylorus, der deutlich gegen den Reflux wirkt. Die SPV allein senkt sogar den Reflux im Vergleich zum Kontrollkollektiv. Ftigt man zur SPV eine Pyloroplastik hinzu, kommt es am Rattenmagen zu keiner Erh6hung des duodenogastrischen Refluxes aufgrund der Drainageoperation. Die aber dennoch bestehende relative Entlee- rungsverz6gerung ist am Rattenmagen immer noch ein Sehutz vor retrogradem Obertreten von Duodenalinhalt in das Magenlumen. Aufgrund der Pyloroplastik als Drainageoperation ffihrt der Speisebrei zwar nicht zu einer Magendilatation, da aber die Austreibungskraft des Antrums stark verringert ist, wird der Inhalt nicht

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gentigend transportiert und legt sich bolusartig, unter Umst/ inden occludierend, vor den Magenausgang. Ein duodenogastra ler Reflux wird somit reduziert. Schumpelick fand beim Menschen nach SPV ebenfalls eine Verminderung des duodenogastr ischen Refluxes [40]. Schmidt et al. berichteten fiber eine Normalisie- rung deutlich erh6hter Refluxwerte durch SPV mit form- und funktionsgerechter Pyloroplast ik [37]. Der Mageninhal t bei den Messungen am Menschen wurde entweder intraoperat iv oder mittels einer Gas t roduodenalsonde en tnommen [36, 41]. Die bei Tierversuchen gewonnenen Werte s tammen entweder aus Aspiraten fiber eine Gas t roduodena lsonde oder aus Hauptmagenfis te ln [35, 37].

Die Ergebnisse sind mit Einschr/inkung zu bewerten, dajeder Fremdk6rper , der fiber die Kardia eingefiihrt wird, den normalen Funkt ionsab lauf am Pylorus alteriert, wie es bei einer durch die Magenwand eingefiihrten Hauptmagenflstel selbstverst/indlich zu Ver/inderungen der Magenmotor ik kommt. Sieht man vom NarkosestreB ab, so wurden unsere Proben intraoperativ ohne St6rung der Kardia en tnommen [39, 41]. Eine .Anderung der Magenmotor ik durch intralumin/ire Sonden kam hierbei nicht zustande.

Das Ergebnis an der Ratte ist natfirlich wegen der unterschiedlichen Ern/ih- rungsweise nur bedingt auf den Menschen fibertragbar. N a c h unseren tierexperi- mentellen Untersuchungen lassen sich die schwerwiegenden Nachteile einer SPV ohne Pyloroplast ik wie Retention, Staseulcera, evtl. erh6htes Carcinomrisiko durch die Kombina t ion der SPV mit einer Pyloroplast ik vermeiden, ohne dab dieses Operat ionsverfahren im Vergleich zur Kontrol lgruppe und zur alleinigen Pyloroplast ik zu einem erh6hten Gallens/iurenreflux ffihrt, der wiederum als ulcero- und cancerogen angesehen werden muB [2, 6, 2 1 - 2 3 , 26, 35].

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