Geschäfte für Entwicklung – Bewertung des BoP-Ansatzes · PDF fileGESCHÄFTE FÜR ENTWICKLUNG – BEWERTUNG DES BOP-ANSATZES AUS ENTWICKLUNGSPOLITISCHER SICHT 3 Das BoP-Konzept:

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  • B M Z D I S K U R S 0 1 6

    Geschfte fr Entwicklung Bewertung des BoP-Ansatzes aus entwicklungspolitischer Sicht

  • 2 GESCHF TE FR ENT WICKLUNG BE WERTUNG DES BOP-ANSATZES AUS ENT WICKLUNGSPOLITISCHER SICHT

    Inhaltsverzeichnis

    Das BoP-Konzept: Geschfte am unteren Ende der Einkommenspyramide 3

    Relevanz fr Unternehmen 6

    BoP als Schnittstelle von Entwicklungs- und Auenwirtschaftspolitik? 7

    Relevanz und Chancen fr die Entwicklungspolitik 8

    Privatwirtschaftsfrderung 8Frderung von Wertschpfungsketten 9

    BoP als Innovationskonzept 10

    Entwicklungspolitische Kritik und offene Fragen zum BoP-Ansatz 12

    Erfolgsfaktoren fr die Nutzung des BoP- Konzeptes in der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit 14

    Was kann die Entwicklungspolitik konkret tun? 15

    Matching und Moderation 15Entwicklungspartnerschaften (PPP) als Frderinstrument fr BoP-Projekte nutzen 16

    Perspektiven fr die Zukunft Handlungsvorschlge 18

  • GESCHF TE FR ENT WICKLUNG BE WERTUNG DES BOP-ANSATZES AUS ENT WICKLUNGSPOLITISCHER SICHT 3

    Das BoP-Konzept: Geschfte am unteren Ende der Einkommenspyramide

    Die Privatwirtschaft schafft Beschftigung und

    Einkommen und ist damit einer der wichtigsten

    Hebel zu Entwicklung und Armutsminderung.

    Durch breitenwirksames Wachstum entstehen

    Beschftigungsmglichkeiten auch fr arme und

    benachteiligte Bevlkerungsgruppen, die ihnen

    einen Weg aus der Einkommensarmut bieten. Die

    deutsche Entwicklungspolitik misst im Rahmen

    ihrer Privatwirtschaftsfrderung der Verbesse-

    rung der gesetzlichen, regulativen und organisa-

    torischen Rahmenbedingungen fr wirtschaft-

    liches Handeln in ihren Partnerlndern hohe Be-

    deutung zu. In diesem Zusammenhang konzen-

    triert sich der Ansatz der Base of the Pyramid

    (BoP) besonders darauf, die wirtschaftliche Teil-

    habe von Armen zu ermglichen.

    BoP bezeichnet Geschfte am unteren Ende der

    Einkommenspyramide und fokussiert strker die

    unternehmerische Perspektive und die Suche

    nach innovativen Geschftsmodellen als tradi-

    tionelle Anstze der entwicklungspolitischen Zu-

    sammenarbeit. Dabei arbeiten in der Regel gr-

    ere Unternehmen aus der formellen Wirtschaft

    mit im informellen Sektor Ttigen zusammen.

    Zentrale Fragen, die im Rahmen des BoP-Kon-

    zepts diskutiert werden, sind:

    Wie knnen Produkte, Dienstleistungen

    und Geschftsmodelle entwickelt werden,

    die auf die Bedrfnisse und Lebensbedin-

    gungen der Armen abgestimmt und be-

    zahlbar sind und einen Beitrag zu Armuts-

    minderung und Lsung gesellschaftlicher

    Probleme leisten?

    Wie knnen hierbei die unternehmeri-

    schen Potentiale armer Bevlkerungsgrup-

    pen auch trotz zum Teil hinderlicher Rah-

    menbedingungen genutzt und gefrdert

    werden, um neue Geschftsmodelle an der

    Basis der globalen Einkommenspyramide

    zu entwickeln und das Einkommen armer

    Bevlkerungsteile zu erhhen?

    Welche Rolle knnen Geschftsmodelle

    von Unternehmen aus dem formellen Sek-

    tor mit in der informellen konomie tti-

    gen armen Bevlkerungsteilen zur Beseiti-

    gung von Armut leisten, in dem die Armen

    auf der Angebotsseite mit in die Geschfts-

    modelle / in die Wertschpfungsketten ein-

    bezogen werden?

    Unter welchen Voraussetzungen knnen

    BoP-Modelle entstehen und funktionieren?

    Is it the business of business? Erfahrungen

    zeigen, dass gerade Geschfte in den BoP-

    Mrkten durch Unsicherheiten und infor-

    melle Strukturen geprgt sind und daher

    Partnerschaften beispielsweise mit der

    Zivilgesellschaft und entwicklungspoli-

    tischen Akteuren Erfolgsfaktoren sind.

    VODAFONE, zum Beispiel, ermglicht in Kenia, Afghanistan und Tansania mit dem M-Pesa-Geldtransfersystem

    berweisungen geringer Betrge per Handy. Durch ein innovatives Geschftsmodell auf der Basis einer mo-

    dernen, kostengnstigen Technologie knnen Kleinunternehmer und Selbststndige Zugang zu Bankdienst-

    leistungen erhalten und ihre Geschfte so besser abwickeln. Die Produktivitt und die Einkommen dieser Men-

    schen steigen durch sinkende Transaktionskosten.

  • 4 GESCHF TE FR ENT WICKLUNG BE WERTUNG DES BOP-ANSATZES AUS ENT WICKLUNGSPOLITISCHER SICHT

    Angestoen wurde die Debatte ber BoP-Modelle

    von dem aus Indien stammenden, in Michigan

    lehrenden konomen C.K. Prahalad, der das viel-

    beachtete Buch The Fortune at the Bottom of the

    Pyramid: Eradicating Poverty Through Profits1

    1 Fortune at the Bottom of the Pyramid: Eradicating Poverty Through Profi ts, 2004, Wharton School Publishing. Das Werk ist in deutscher Sprache unter dem Titel Der Reichtum der Dritten Welt. Wie wir die Armut mit Gewinnen besiegen knnen 2006 bei Finanzbuch erschienen.

    ver-

    ffentlichte. Seine These ist, dass die typischen

    Bilder von Armut die entscheidenden Tatsachen

    verdecken: dass Arme selbst flexible Unterneh-

    mer und preisbewusste Konsumenten sind.

    Gesucht wird ein Ansatz der auf eine Partner-

    schaft mit den Armen abzielt, um Innovation

    zu frdern und dauerhafte Win-Win-Situatio-

    nen zu erreichen. Eine Lsung, bei der die Armen

    selbst aktiv werden und gleichzeitig die Unter-

    nehmen, die ihnen Produkte und Dienstleistun-

    gen verkaufen, profitabel arbeiten knnen.

    Prahalad sieht den Ausschluss armer Bevlke-

    rungssteile von der Globalisierung und das man-

    gelnde Interesse der Konzerne an ihnen als

    zentrale Ursache fr Armut. Um diese These zu

    belegen, beschreibt er eine Vielzahl von Beispie-

    len, in denen neue Geschftsmodelle zu Verbes-

    serungen der Lebenssituation armer Menschen in

    den Entwicklungslndern fhren.

    Da Prahalad keine klare Definition und auch keine

    umfassende theoretische Begrndung und Analyse

    liefert, sondern eine Vielzahl von positiven Bei-

    spielen beschreibt, ist es hilfreich, den Gegenstand

    BoP einzugrenzen, um ihn handhabbar zu ma-

    chen. Gemeinsames Merkmal dieser Geschfts-

    modelle sind wirtschaftliche Kooperationen

    von Unternehmen aus dem formellen Sektor

    mit im informellen Sektor ttigen Unter-

    nehmen oder einzelnen Menschen. Die Unter-

    nehmen aus dem formellen Sektor bringen inno-

    vative Geschftsmodelle, Produkt- und Verfahrens-

    innovationen ein. Sie ermglichen armen Bevlke-

    rungsgruppen den Zugang zu einem verbesserten

    Produkt- oder Dienstleistungsangebot und/ oder

    ermglichen es ihnen, neue Geschftsmglich-

    keiten als Unternehmer zu entwickeln oder die

    Produktivitt ihrer bisherigen Ttigkeit zu stei-

    gern. BoP Geschftsmodelle betrachten Arme

    daher als Kunden und Konsumenten auf der Nach-

    frageseite und/oder als am Geschftsmodell mit-

    wirkende Produzenten, Angestellte oder Unter-

    nehmer auf der Angebotsseite. Die sogenannte

    Poverty Penalty kann berwunden werden. Sie

    besteht darin, dass Arme hufig wesentlich hhere

    Preise fr Produkte und Dienstleistungen bezahlen

    mssen als wohlhabende Bevlkerungsteile. Grund

    fr die Benachteiligung der Armen sind zum

    Beispiel durch schlechte Infrastruktur bedin gte

    hhere Lieferkosten, hhere Preise aufgrund

    niedriger Stckzahlen oder der fehlende Zugang

    zu gnstigen Krediten im normalen Bankensys-

    tem aufgrund mangelnder Sicher heiten die zur

    Deckung der Kredite dienen knnten.

    Das besondere des BoP-Ansatzes ist, dass auch

    bei schlechten gesamtwirtschaftlichen Rah-

    menbedingungen durch innovative Geschfts-

    modelle Entwicklungsimpulse gegeben wer-

    den knnen. Der BoP-Ansatz bedient sich der Me-

    chanismen des Marktmodells und versucht, sich

    das Renditestreben von Unternehmern und den

    damit verbundenen Anreiz fr Innovation und

    Effizienz zu eigen zu machen , um armutsmin-

    dernde Geschftsmodelle zu entwickeln. Durch

    die Entwicklungsimpulse leisten sie auch bei teil-

    weise widrigen Rahmenbedingungen einen Bei-

    trag zur nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung.

    Unternehmen, die diesen direkten pro-poor Bezug

    in ihren Geschftsmodellen angehen, leisten

    einen besonderen Beitrag zum Aufbau einer sozia-

    leren Marktwirtschaft. hnliches erfllen auch

    Sozialunternehmen, zu denen aber dennoch ein

    wesentlicher Unterschied besteht.

  • GESCHF TE FR ENT WICKLUNG BE WERTUNG DES BOP-ANSATZES AUS ENT WICKLUNGSPOLITISCHER SICHT 5

    Sozialunternehmen:

    Im Kontext von BoP ist auch der von Nobelpreistrger Muhammed Yunus eingefhrte Begriff des Sozial unter-

    nehmens (Social Business) zu nennen2

    2 Muhammed Yunus, Die Armut besiegen, Hanser Verlag, 2008

    . Genau wie BoP-Projekte zielen auch Sozialunternehmen darauf ab,

    profitable Geschftsmodelle zu entwickeln, die einen hohen Nutzen fr arme Menschen haben. Allerdings

    definiert Yunus das Sozialunternehmen als rein philanthropisch: Investoren, die es mit Kapital ausgestattet

    haben, sollen keine Rendite erhalten, sondern lediglich ihre ursprnglichen Investitionen zurckerstattet

    bekommen. Darber hinausgehende Gewinne verbleiben im Unternehmen, um den sozialen Zweck zu meh-

    ren. Bei BoP-Projekten wird hingegen eine hufig nur in relativ langer Frist zu erzielende Rendite nicht

    ausgeschlossen. Im Gegenteil: das Ziel einer Rendite dient den innovativen Unternehmen als Motivation

    (ber die freiwillige bernahme von Verantwortung hinaus) in diesen nicht ganz einfachen Mrkten aktiv

    zu werden. Allerdings sind die Grenz