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Aus dem Staatlichen Veterinaxuntersuchungsamt in Krefeld Direktor: Oberregierungsveterinarrat Dr. Holz Granulomatose mykotische Aortenveranderung beim Huhn Von Dr. K. HOLZ Mit 3 Abbildungen Die Klarung granulomatoser Bildungen ist beim Huhn in den letzten Jahren besonders durch HJARRE, HJARRE und WRAMBY, LISSOT, TAUBITZ u. a. gefordert worden. Mit schleimbildenden Colibakterien vom Genus Escherichia konnte experimentell regelmaflig das Krankheitsbild der soge- nannten Coligranulomatose erzeugt werden. Die Organveranderungen sind bei dieser Krankheit histologisch mit einiger Sicherheit von der Tuberkulose und anderen, auflerlich m. 0. w. ubereinstimmenden Prozessen zu unterschei- den (KOHLER). Gleichwohl ist damit zu rechnen, dafl unsere Kenntnisse auf diesem Gebiet noch der Erganzung bedurfen. Auch halte ich die Haufigkeit der Organveranderungen und die Differenzierung gegenuber Krankheits- prozessen anderer ktiologie noch nicht fur abgeschlossen. Im folgenden mochte ich daher uber einen Fall granulomatoser Aortenveranderung von allgemeinem Interesse berichten. Nach einem mir gegebenen Vorbericht sind wahrend des November 1954 in einem im Gebiet des Niederrheins gelegenen Huhnerbestand innerhalb einer Woche drei Hennen verendet. Der Tod sol1 ohne vorausgegangene Krankheitserscheinungen plotzlich eingetreten sein. Die Legeleistung war trotz gleichen Futters wie fruher stark abgesunken. Eine Besichtigung des Be- standes durch den zu Rate gezogenen Tierarzt ergab keine Besonderheiten. Ein verendetes Huhn wurde deshalb zur eingehenden Untersuchung an das Staatliche Veterinaruntersuchungsamt in Krefeld geschickt. Die Zerlegung wurde durch meinen Mitarbeiter, Herrn Dr. Seele, vorgenommen und ergab folgendes: Auflere Besichtigung des Tierkorpers ohne Besonderheiten. An den groflen Korperparenchymen der Leibeshohle sind mit Ausnahme von Stau- ungserscheinungen im Gefagsystem keine charakteristischen Veranderungen festzustellen, insbesondere keine Knotenbildungen. Der Darmkanal laflt lediglich eine leichte katarrhalische Entzundung erkennen. Im Darminhalt haben sich einige Haarwurmer nachweisen lassen. Nach Abtrennung des Herzens von der hinteren Aorta zeigt sich diese stark erweitert. In ihrem Lumen findet sich eine e t w a e r b s e n grofle Neubildung, die mit breiter Basis der Gefaflwandung aufsitzt, eine glatte Oberflache aufzeigt und auf ihrer Schnittflache im Zentrum graugelb, in der Randzone g r a u w e i 13 e r s c h e i n t. Das Aortenlumen ist durch die Neubildung stark

Granulomatöse mykotische Aortenveränderung beim Huhn

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Page 1: Granulomatöse mykotische Aortenveränderung beim Huhn

Aus d e m Staatlichen Veterinaxuntersuchungsamt in Krefeld Direktor: Oberregierungsveterinarrat Dr. Holz

Granulomatose mykotische Aortenveranderung beim Huhn

Von

Dr. K. HOLZ

Mit 3 Abbildungen

Die Klarung granulomatoser Bildungen ist beim Huhn in den letzten Jahren besonders durch HJARRE, HJARRE und WRAMBY, LISSOT, TAUBITZ u. a. gefordert worden. Mit schleimbildenden Colibakterien vom Genus Escherichia konnte experimentell regelmaflig das Krankheitsbild der soge- nannten Coligranulomatose erzeugt werden. Die Organveranderungen sind bei dieser Krankheit histologisch mit einiger Sicherheit von der Tuberkulose und anderen, auflerlich m. 0. w. ubereinstimmenden Prozessen zu unterschei- den (KOHLER). Gleichwohl ist damit zu rechnen, dafl unsere Kenntnisse auf diesem Gebiet noch der Erganzung bedurfen. Auch halte ich die Haufigkeit der Organveranderungen und die Differenzierung gegenuber Krankheits- prozessen anderer ktiologie noch nicht fur abgeschlossen. Im folgenden mochte ich daher uber einen Fall granulomatoser Aortenveranderung von allgemeinem Interesse berichten.

Nach einem mir gegebenen Vorbericht sind wahrend des November 1954 in einem im Gebiet des Niederrheins gelegenen Huhnerbestand innerhalb einer Woche drei Hennen verendet. Der Tod sol1 ohne vorausgegangene Krankheitserscheinungen plotzlich eingetreten sein. Die Legeleistung war trotz gleichen Futters wie fruher stark abgesunken. Eine Besichtigung des Be- standes durch den zu Rate gezogenen Tierarzt ergab keine Besonderheiten. Ein verendetes Huhn wurde deshalb zur eingehenden Untersuchung an das Staatliche Veterinaruntersuchungsamt in Krefeld geschickt. Die Zerlegung wurde durch meinen Mitarbeiter, Herrn Dr. Seele, vorgenommen und ergab folgendes:

Auflere Besichtigung des Tierkorpers ohne Besonderheiten. An den groflen Korperparenchymen der Leibeshohle sind mit Ausnahme von Stau- ungserscheinungen im Gefagsystem keine charakteristischen Veranderungen festzustellen, insbesondere keine Knotenbildungen. Der Darmkanal laflt lediglich eine leichte katarrhalische Entzundung erkennen. Im Darminhalt haben sich einige Haarwurmer nachweisen lassen.

Nach Abtrennung des Herzens von der hinteren Aorta zeigt sich diese stark erweitert. In ihrem Lumen findet sich eine e t w a e r b s e n g r o f l e N e u b i l d u n g , d i e m i t b r e i t e r B a s i s d e r G e f a f l w a n d u n g a u f s i t z t , e i n e g l a t t e O b e r f l a c h e a u f z e i g t u n d a u f i h r e r S c h n i t t f l a c h e i m Z e n t r u m g r a u g e l b , i n d e r R a n d z o n e g r a u w e i 13 e r s c h e i n t. Das Aortenlumen ist durch die Neubildung stark

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eingeengt, so dafi, die Voraussetzungen fur eine erhebliche Behinderung des arteriellen Kreislaufs vorliegen. Indessen fehlen besondere Merkmale fur eine Herzhypertrophie.

Bakteriologische Untersuchung der Organe negativ. Durch serologische Untersuchung des Herzblutauszuges Pullorum-Antikorper nicht nachweisbar. Histologische Untersuchung des Gehirns und des peripheren Nervensystems ohne Besonderhei ten.

Die mikroskopische Untersuchung der Gefaheubildung lafit neben einer einseitigen, hauptsachlich bindegewebigen Verstarkung des Aortenrohres ein der Intima anliegendes zellreiches Granulom erkennen (s. Abb. 1). Dieses besteht aus Fibro blasten, Histiozyten, mononuklearen Zellen, Fremdkorper- riesenzellen und Leukozyten, zwischen denen an verschiedenen Stellen zarte kollagene Fasern liegen. Die Neubildung zeigt in allen Abschnitten, beson- ders in der Marginalzone ein deutlich entwickeltes, stark verzweigtes Myzel (ohne deutliche F ruktifikationsorgane), wie es sonst bei Aspergillose anzu- treffen ist. Stellenweise ist die Intima knotig oder buckelig verstarkt (s. Abb. 1 und 2) und weist am Grund ihrer Erhebungen bis in die Media reichende kleinere Granulome auf (s.Abb. 2 ) , in denen im Gegensatz zu oben nur sparliche, z. T. stark geschrumpfte oder veranderte Pilzfaden nachweisbar sind. Um so groBer ist jedoch der Gehalt an Riesenzellen (Fremdkorper- riesenzellen und 2:ellen vom Langhans-Typ) verschiedener Groi3e und Form, wie sie in Abbildiing 3 dargestellt sind. Gelegentlich konnen in dem groi3en Protoplasma der Langhanszellen Reste eines Myzels nachgewiesen werden. Durch Farbung nach Ziehl-Neelsen lassen sich lediglich saurefeste Schollen und Kugeln unterschiedlicher Grofie, jedoch keine saurefesten Stabchen na&- weisen. Auffallencl ist der Unterschied zwischen der Zahl und auch der Form der Riesenzellen in dem der Intima aufsitzenden Granulom (Hauptteil der Neubildung) und den tieferen, direkt i n der Aortenwandung, zwischen In- timapolstern und Media zur Entwicklung gelangten kleineren Granulomen.

Abb. 1. A o r t a , H u h n. Der Intima aufsitzendes zellreiches Granulom myko- tischen Ursprungs. Verstarkung der Aortenwandung an der Basis der Neubildung. Rechts vom Granulom unregelmaflige Intimapolster (LupenvergroRerung)

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Abb. 2. A o r t a , H u h n. Vergronerte Wiedergabe der in Abbildung 1 erwahnten Intimapolster. Zwischen diesen und der Media liegen kleinere Granulome myko-

cischen Ursprungs (bei x irn Bilde)

Nur letztere zeigen Riesenzellen in starker Anhaufung (s. Abb. 3). Fur be- deutungsvoll wird gehalten, dafl in Schnittfarbungen keine Keime anderer Art (Stabchen, Kokken) nachgewiesen werden konnten, so dafl die unter- schiedliche zellige Reaktion offenbar mit den besonderen Gewebseigenarten der jeweils betroffenen Wandteile der Aorta in engerem Zusammenhang stehen. - D a nur ein einziges Aortengranulom zur Entwicklung gelangt war, ist zwecks Klarung des Falles der histologischen Untersuchung der Vor- zug gegeben worden. Damit entfiel wegen der verhaltnismaflig geringen Groae der Neubildung leider die Moglichkeit einer Ziichtung und weiteren Differenzierung des Erregers.

Nach dem Gesamtbefund ist die Aortenveranderung des Huhnes ein- deutig als G e f a 13 m y k o s e anzusprechen. Auffallend ist das Fehlen gleich- artiger Veranderungen in den Organen des Tieres, vor allem in der Lunge und den Luftsackwandungen. Gleichwohl ist eine vorausgehende aerogene (evtl. kutane oder alimentare) Infektion als Ursache der Gefaflwandinfektion wahrscheinlich. Hinsichtlich der Unterscheidung des Granuloms gegenuber ahnlichen Veranderungen bei Tuberkulose und Coligranulomatose kann der sichere Nachweis eines Myzels als zuverlassiges Merkmal dienen. Gleichwohl entspricht die solitare Erkrankung eines Gefagabschnittes nicht unseren Er- fahrungen bei den Mykosen der Tiere, insbesondere nicht des Huhnes. Bei der makroskopischen Beurteilung granulomatoser Bildungen ist deshalb bis zum Abschlufl der Untersuchung Zuriickhaltung am Platze. Auch fur die mikro- skopische Beurteilung gilt dies im Hinblick auf die Zellbilder, bei denen die Myzelien - wie bereits oben bei den zwischen Intima und Media sich ent- wickelnden Prozessen beschrieben ist - nur sparlich oder auflerst schwach entwickelt und deshalb schwer auffindbar sind. Die Gewebsbilder konnten

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dann u. U. mit der Coligranulomatose, Tuberkulose oder ahnlichen Veran- derungen v e r w t: c h s e 1 t werden.

Die mykotische Gefafierkrankung des Tieres hat zu einem plotzlichen Versagen des Kreislaufs, und damit zum Tode gefuhrt. Die Veranderungen sind wohl sekundiren Ursprungs und nach hiesigem Urteil fur die allgemeine Anfalligkeit dieses Tieres hinreichend charakteristisch.

Zusammenfassung Es wird bei einem Huhn eine solitare, offenbar sekundare granuloma-

tose mykotische Erkrankung der Aorta beschrieben. Der Nachweis eines ein- heitlichen Myzels gelingt in dem Hauptteil des der Intima unmittelbar auf- sitzenden und da!; Gefafilumen einengenden Granuloms leicht. In weiteren, zwischen Intimapolstern und Media zur Entwicklung gelangten kleinsten granulomatosen Bildungen der Aorta gestaltet sich der Nachweis von Pilz- faden schwieriger. Es wird auf die Moglichkeit der Verwechslung mit dem Gewebsbild bei Coligranulomatose und Tuberkulose kurz hingewiesen.

Summary

Granulomatous mycotic changes in the aorta of a hen A solitary granuloma of mycotic nature, presumably secondary, is

described in the a.orta of a hen. The presence of a mycelium was readily

Abb. 3. A o r t a , H u h n. VergroBerte Wiedergabe der Randzone eines kleinen, unter einem Intimapolster zur Entwicklung gelangenden Granuloms mykotischen Ursprungs

Links im Bilde: A4it Fremdkorperriesenzellen untermishtes Granulationsgewebe Rechts im Bilde: GroBe plumpe Riesenzellen. Myzel n i c h t sihtbar

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demonstrated in the main mass of the lesion and with much more difficulty in the small granulomatous foci between the intima and media of the aorta. The possibility of confusion with Coli-granulomatosis and tuberculosis is discussed briefly.

Risumi

Un cas de mycose de I’aorte chez la poule, prisentant des lisions granulomateuses

L’auteur dkcrit chez la poule, une mycose de l’aorte, vraisemblablement secondaire, ayant l’aspect d’un granulome solitaire. La mise en kvidence d’un mycelium est facile dans la partie principale du granulome situke immkdia- tement sur l’intima et obstruant en partie la lumikre. Par contre, dans les petites formations granulomateuses se trouvant entre la couche strike de l’in- tima et la tunique moyenne de l’aorte, le mycelium est trks difficile diceler. L’auteur signale brievement les possibilitks de confusion .avec l’aspect histo- logique des coligranulomes et de la tuberculose.

Resumen

Alteraci6n mic6tica granulomatosa de la aorta en la gallina

En una gallina se describe una enfermedad solitaria secundaria de la aorta, a1 parecer mic6tica granulomatosa. Result6 fdcil la identificacidn de un micelio uniforme en la parte principal del granuloma, colocado inmedia- tamente por encima de la capa intima y que estrechaba la luz vascular. M4s dificil fuk la identificacidn de otros filamentos mic6ticos desarrollados en distintas formaciones granulomatosas minimas de la aorta, alojados entre las almohadillas de la intima y la media. Se hace breve referencia de la posibili- dad de confusi6n de la imagen histica con la coligranulomatosis y la tuberculosis.

Literaturverzeichnis HJARRE, A.: Coligranulom beim Huhn. Gascvorlesung an der Humboldt-Universitat

Berlin, im Dezember 1949. HJARRE, A,, und WRAMBY, G.: Undcrsoking over en med specifica granulom forlopande hons jukdom orsakad av mukoid Kolibakterier (Koli-gra- nulom). Skand. Vet. Bakt. Patol. ek. 1945, 449. KOHLER, H.: Zur histologischen Diffe- renzialdiagnose des Koli-granulorns und der Tuberkulose der Hiihner. DTW. 1951, 177. LISSOT, G.: Le coligranulome des Poules, Maladie de Hjarre. Bull. 1’Acad. Vet. 1949, 22, 93. TAUBITZ, K.: Beobachtungen uber das Vorkommen des Coligranuloms bei Hiihnern. Tierirztl. Umsch. 7, Jg. 1952, 60 bis 61.