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Graubünden Magazin Ausgabe 16

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Magazin über die schönen Seiten des Kantons Graubünden

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Page 1: Graubünden Magazin Ausgabe 16

e v e n t k u n s t h a n d w e r k s p o r t a b e n t e u e r p o r t r ä t d e s i g n a r c h i t e k t u r t r a d i t i o n

Page 2: Graubünden Magazin Ausgabe 16

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Page 3: Graubünden Magazin Ausgabe 16

E D I T O R I A LGRAUBÜNDEN ERLEBT DIE ZEIT DER BLÜTE UND DER REIFE

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A B E N T E U E RFELSEN UND FLUTEN

08

H A N D W E R KPRÄZISIONSARBEIT ZWISCHEN TASTEN UND TÖNEN

17

BLUE NOTES FÜR ST. MORITZ

M U S I K 23

S P O R TFITNESSTEST FÜR TRETMASCHINISTEN

30

B A N K I N GNICHTS LÄUFT OHNE ROHSTOFFE

37

T R A D I T I O NDAS SANFTE TICKEN DES ENGADINS

42

I N H A L T S V E R Z E I C H N I S

3

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50

N A T U RKARDERN – SPINNEN UND NETZWERKEN

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Page 4: Graubünden Magazin Ausgabe 16

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Page 5: Graubünden Magazin Ausgabe 16

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Page 6: Graubünden Magazin Ausgabe 16

R U B R I K

6

E D I T O R I A L

Liebe Leserin, lieber Leser

Der Bergsommer hat gerade begonnen. Graubünden erlebt die Zeit der Blüte und

der Reife. Und obwohl doch Sommer ist, schwimmen in vielen der über 700 Seen

unseres Kantons noch die Eisschollen. Wenn Sie das nicht glauben, schauen Sie im

Buch «Graubünden – Das Blaue Wunder» nach.

Mir selber wäre ein Bad in den meisten Bergseen zu kalt. Ich geniesse lieber Chur,

das sich ja die älteste Stadt der Schweiz nennen darf. Hier gibt es – neben vielen

Bars und Musik-Clubs – dieses Jahr mit «Niki and Friends» eine Ausstellung, die

sich dem Nouveau Realisme um Niki de Saint Phalle, Jean Tinguely und Daniel

Spoerri widmet. Gleich hinter den Kantonsgrenzen – in Bad Ragaz – präsentiert die

Ausstellung «Bad Ragartz» ebenfalls plastische Kunstwerke.

Auch in vielen anderen Orten in Graubünden geht in diesem Sommer die Post ab,

zum Beispiel vom 16.7. bis 16.8. am «Festival da Jazz St. Moritz», im berühmten

«Dracula’s Club», oder an unzähligen Open-Air-Festivals, Opernaufführungen und

Kulturveranstaltungen.

Doch Graubünden wäre nicht Graubünden, wenn es nicht mit traditionellem

Handwerk – etwa der Engadiner Holzuhr und der Wollkarderei – und archaischer

Baukunst, etwa dem Rundholzbau, aufwarten könnte. Eine spannende Kombination

der Kulturen erwartet Sie im Artikel über Teppiche aus dem Zadrosgebirge, die auf

dem Heinzenberg fotografiert wurden. Zur Gratwanderung zwischen modernen

und traditionellen Bautechniken wird die Sanierung der RhB-Brücken, die auf der

Albulalinie inzwischen zum Unesco-Weltkulturerbe gehören.

Wie nirgends sonst treffen in Graubünden Kulturen aufeinander, hier – wo der

Himmel schon südlich ist, die Luft aber noch klar und kühl – entdecken Sie auch

beim zweiten und dritten Blick immer wieder Neues. Lassen Sie sich verführen von

dieser grossartigen Vielfalt, und wenn Sie etwas Spannendes finden, berichten Sie

mir davon. Vielleicht berichten wir schon im nächsten «Graubünden Magazin» über

Ihr Lieblingsthema.

Herzlich, Ihr

Marc Gantenbein, Herausgeber

Page 7: Graubünden Magazin Ausgabe 16

GROSSE KLAPPEViel dahinter

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Page 8: Graubünden Magazin Ausgabe 16

Klein, ausgesetzt und vollkommen entrückt finde ich mich wieder in einer Welt der Extreme. Die Wasser tosen,

wüten und stampfen, sie rollen Zentnersteine wie Gebetsmühlen und pulverisieren sie zu kristallinem Staub.

Wo das Wasser eine Oberfläche hat, verleiht ihm der Quarzstaub einen metallenen Glanz. Doch eigentlich kehrt

hier selbst das Wasser permanent sein Inneres nach aussen, sehe ich hier direkt in einen offenen reissenden

Schlund.

TEXT ANDREA ZUFFELLATO | FOTOS HULDI HUG

FELSEN UND FLUTEN

8

Page 9: Graubünden Magazin Ausgabe 16

99

Das Wasser brüllt und verschlägt mir beinahe den Atem. Ein kurzer Spaziergang über

eine ach so liebliche Blumenwiese, ein einfaches Seil um einen Baumstrunk, ein kurzer Lift dem Seil entlang in die Tiefe

und schon befinde ich mich in den offenen Vehnen Graubündens, hier pulsiert das Schmelzwasser im Rhythmus des

Sonnenscheins. Gischt stiebt mir ins Gesicht, und vor meinen Füssen gräbt sich ein reissender Strom geradewegs in

den glatten Fels. Die Wucht dieser Naturgewalten gräbt sich tief in mein Bewusstsein und gibt meinem Verständnis

von Fels und Wasser eine neue Prägung. Wasserfälle sind Symbol für Tod und Wiedergeburt, für die Reinigung des

Lebensflusses, jeder Wassertropfen löst sich von der Masse, zerstiebt und formt sich neu. Ich spüre förmlich, wie dies

Wasserrauschen auf meinen inneren Plusschlag übergreift, und ich höre nun auch mein Blut rauschen. Wie gebannt

verweile ich lange Minuten vor diesem flüssigen Urknall und sauge das Schauspiel in mich auf. Belebt und gleichsam

aufgewühlt wende ich mich schliesslich mit dem Lauf des Wasser talwärts und steige ein in eine tiefe Schlucht und eine

Odyssee in Fels und Fluten.

Page 10: Graubünden Magazin Ausgabe 16
Page 11: Graubünden Magazin Ausgabe 16

Gemeinsam mit einer kleinen Gruppe

guter Freunde folge ich dem Flusslauf, und mit beinahe

jedem Meter eröffnet sich uns ein neues Bild und nicht

selten ein gänzlich neues Szenario aus Geröll, Steinen und

Schluchtenmalereien. Mal wird die tiefe Schlucht zur engen

Klamm, und ich kann mit den Händen die Wände berühren.

Und wenn auch die letzte Ecke Himmel verschwindet und

die überhängenden Felswände sich zu einem monumentalen

Gewölbe verbinden, wird mein Sehnen wieder lauter. Wo

sind die Sonnenstrahlen geblieben, die das nun gurgelnde

Wässerchen unter unseren Füssen dem ewigen Schnee

abgerungen haben? Schwemmholz knirscht unter meinen

Bergschuhen, bisweilen türmen sich meterhohe Geflechte

daraus vor uns auf, versperren als Dämme den Wasserfluss

oder kreisen als Adlerhorste in einem Kehrwasser. Ganze

Bäume treffen wir an, entwurzelt und geschält, von den

Wassermassen abgeschliffen und sandgestrahlt. Sie bilden

Brücken und dienen als Rutschbahnen oder zum Befestigen

der Seile. Wir folgen dem Spiel von Licht und Schatten, er-

freuen uns an den verirrten Sonnenstrahlen, die eine moos-

bewachsene Stufe über uns in ein grünes Leuchtfeuer ver-

wandeln. Wir entdecken Pioniere, wie Blumen und Flechten,

und sogar ein Jungtännchen, das sich besonders waghalsig

an die wenigen Ritzen klammert und dem Licht entgegen-

strebt. Unser Weg führt uns durch all die Windungen dieses

Canyons, Abkürzungen gibt es keine, aber Umwege, jede

Menge davon und wunderschöne noch dazu. Wir finden mas-

senhaft Steine, die zum Klettern einladen, ganze Findlinge,

unter denen wir hindurchkriechen können, Wegstücke, wo

sich die Schlucht weitet und grasbewachsene Böschungen

A B E N T E U E R

Page 12: Graubünden Magazin Ausgabe 16

bis fast zum Wasser reichen und uns endlich wieder die

Sonne entgegenlacht. Es locken trügerische Schieferhalden

aus brüchigem Geröll, und bei genauem Fährtenlesen entde-

cken wir hie und da die Spuren eines Hirsches. Spielerische

Kindergefühle steigen in mir hoch, ich will etwas wagen

und das nächste Becken kletternd der Felswand entlang

meistern. Dann gibt es da die Sprünge in die besonders

tiefen Becken, je höher, desto aufregender. Im nächsten

Schwimmstück finden wir einen Syphon, der zwei Teiche

miteinander verbindet, ein türkisfarbenes Auge setzt sich

von der dunklen Felsmulde ab. Wir vergewissern uns, dass

der Durchgang frei liegt, atmen nochmals ganz ruhig durch,

tauchen dann ab und lassen uns erfasst von einer leichten

Strömung durch das Auge gleiten. Angekommen im unteren

Teich blicken wir uns und die Welt mit grossen und strah-

lenden Augen an und ziehen langsam weiter. Es folgen einige

Naturrutschbahnen und verschiedene Stufen, die wir mit

Hilfe der mitgebrachten Seile überwinden.

Und wieder ändert sich das Bild vor meinen Augen. Diesmal

ist es der Stein, der meine Aufmerksamkeit auf sich zieht.

Vom Wasser höre ich nur ein weit entferntes Summen,

hier und dort tropft es klatschend auf die Steine, und die

stampfenden Wasserfälle weiter oben untermalen die

Szene lediglich mit einem synkopen Basslauf. Vor mir er-

hebt sich ein Felsen wie ein Schiffsbauch aus dem Ozean.

Majestätisch ragt er über ein Feld mit runden Kieseln. Die

Erdgeschichte hat ihn kunstvoll gezeichnet, Farben und

Linien, Einschlüsse und Feinschliff verleihen ihm eine ein-

malige Ästhetik. Wiedergeben diese feinen geschwungenen

Linien die Symphonie des Wasserorchesters, oder ist es

die Handschrift des Schöpfers dieses Werkes? Ich bleibe

stehen und staune, die geschwungenen Linien, die weichen,

runden Formen stehen im krassen Gegensatz zu dem kalten

und harten Material, aus dem das Werk geformt wurde.

Selbst die härtesten Kanten werden mit der Zeit rund und

weich geschliffen. Auch dieses Bild präge ich mir ein.

Page 13: Graubünden Magazin Ausgabe 16

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Page 14: Graubünden Magazin Ausgabe 16

Kurze Zeit später durchschwimmen wir nochmals ein Becken und überwinden eine letzte

Stufe mit dem Seil. Danach kraxeln wir über eine kleine Uferböschung und finden uns unweit unseres Ausgangspunkts

wieder. Erstaunlich, dass man in dieser anderen Welt für einige hundert Meter Luftliniendistanz so viele Stunden braucht.

Erstaunlich, aber schön.

Die Schluchten und Canyons Graubündens fesseln mich immer wieder und ziehen mich in ihren Bann. Es sind die

Schönheit, die Unberührtheit und die Schlichtheit, die mich faszinieren. Es sind das spielerische Tollen und das abenteu-

erliche Forschen, das Staunen und die Ehrfurcht. Es sind die tausend Facetten, Formen und Farben die Eindrücke, die

beeindrucken. Es ist dieses monumentale Aufeinandertreffen elementarer Urgewalten, es ist die Ästhetik der Natur und

die Wirkung auf meine innere Natur, die Berührtheit meiner Seele.

1 4

Page 15: Graubünden Magazin Ausgabe 16

1 5

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Page 17: Graubünden Magazin Ausgabe 16

1 7

Das Akkordeon – besser bekannt unter dem Namen «Handorgel» – ist ein traditionelles Schweizer Instrument.

Trotzdem gibt es schweizweit erstaunlicherweise nur noch zwei Akkordeon-Produktionsstätten. Eine davon

betreibt Theodor von Weissenfluh im Industriegebiet von Maienfeld.

TEXT BIGNA BUCHLI | FOTOS STEFAN SCHLUMPF

PRÄZISIONSARBEIT ZWISCHEN TASTEN UND TÖNEN

Page 18: Graubünden Magazin Ausgabe 16

R U B R I K

Ein goldener Teddybär lächelt dem Besucher des Ausstellungsraums von Theodor

von Weissenfluh entgegen. Es ist das Markenzeichen der Thedi-Akkordeons, von welchen es zurzeit vier unterschied-

liche Modelle gibt. Sie alle werden ausschliesslich auf Bestellung produziert und auf die individuellen Kundenwünsche

abgestimmt. Die sichtbaren Unterschiede wie Farbe, Design und Tastenanordnung sind auch für den Laien ersichtlich,

doch die Instrumente unterscheiden sich auch betreffend Toncharakter und Qualität. «Die Thedi Classic besitzt einen

Resonanzkasten (Kassotto) und zeichnet sich durch einen warmen Toncharakter aus. Sie ist daher für Akkordeonisten

geeignet, die auch klassische Musik spielen, und ist mit einem ungefähren Preis von Fr. 23 000.– unser teuerstes

Modell», erklärt der passionierte Akkordeonbauer.

Seit seiner Kindheit ist von Weissenfluh begeistert von diesem Instrument. Bevor er vor 17 Jahren den Grundstein

für seinen heutigen Betrieb legte, begann er, von der Volksmusik fasziniert, selbst mit dem Spielen des Akkordeons.

Während der Lehre als Apparateschlosser und seiner beruflichen Umorientierung als Spengler und Reparateur in der

Autobranche widmete sich der heute 61-Jährige in seiner Freizeit immer seinem zweiten Hobby – dem Akkordeonspiel.

Langjähriges Musizieren und sein technisches Interesse führten dazu, dass von Weissenfluh eines Tages ein Akkordeon

1 8

Page 19: Graubünden Magazin Ausgabe 16

in seine Einzelteile zerlegte. Die Finessen und Details des Instruments faszinierten ihn, und so begann er bald darauf

mit dem Reparieren und Restaurieren von Akkordeons. Aufgrund der wenigen Restaurateure in der Schweiz und seiner

genauen Arbeitsweise verbreitete sich sein Name schnell in der Volksmusikszene, und das Geschäft begann zu florieren.

«Durch das Reparieren begann ich, die Bauweise sowie die verwendeten Materialien zu studieren und erkannte, dass

ich einiges optimieren könnte. So wagte ich mich daran, ein Instrument von Grund auf nachzubauen, entwickelte eine

neue Tastatur und verwendete anderes Material», erzählt der unermüdliche Tüftler. Beispielsweise ersetzte er die

feuchtigkeitsanfälligen Holzverschleissteile durch Metall. Trotz der Verbesserungen an Material und Mechanik, müs-

sen die verkauften Modelle alle vier bis fünf Jahre einem Stimmservice unterzogen werden, welcher einen Aufwand

von 15 bis 22 Stunden in Anspruch nimmt. Nebenbei läuft der Instrumentenbau auf Bestellung – im Durchschnitt ein

Akkordeon pro Monat – wofür der Erbauer zwischen 140 und 200 Stunden benötigt. Trotz der Unterstützung durch

drei Teilzeitangestellte beträgt die Wartezeit für ein Thedi-Akkordeon zurzeit ein Jahr. Der Bau eines Akkordeons ver-

langt ausserordentliche Präzision und Sorgfalt. Alles beginnt mit dem Gehäuse, für welches ausschliesslich erlesenes,

einheimisches Holz verwendet wird. Erle eignet sich dafür besonders gut, da sich diese Holzart nach der Verarbeitung

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Page 20: Graubünden Magazin Ausgabe 16

nur gering verändert. Für das Ausfräsen der komplizierten

Tastaturmetallteile verwendet von Weissenfluh einen

Prototyp einer Maschine, die extra für seine Bedürfnisse

entworfen wurde und ihm die Arbeit erleichtert. Das äus-

sere Erscheinungsbild des Akkordeons ist sehr unter-

schiedlich. Je nach Kundenwunsch variiert die Farbe zwi-

schen Schwarz, Weiss, Blau, Braun oder Rot. Möglich

wird dies durch eine farbige PVC-Folie, welche in einer Was-

ser-Aceton-Lösung eingelegt und somit für die Bearbeitung

geschmeidig gemacht wird. Anschliessend lässt sie sich be-

quem an die Rundungen des Instruments anpassen, wobei

genauestens darauf geachtet werden muss, dass keine Luft

eingeschlossen wird, da dies nach der Aushärtung zu Blasen

auf der Oberfläche führen würde. Für den typischen Glanz

wird die Folie geschliffen und poliert. Je nach Kundenwunsch

erhält das Instrument Muster und Beschriftung bis hin zur

Vergoldung. Nebst des Erscheinungsbildes und des per -

fekt verarbeiteten Innenmaterials ist das Gewicht des

Instruments entscheidend. «Für mich ist es wichtig, dass

meine Folklore-Instrumente unter zehn Kilogramm wie-

gen. Eine Ausnahme bildet die Classic Cristall mit einem

Gewicht von 11,6 Kilo.» Stellt man sich einen Volksmusiker

einen Abend lang spielend vor, ist es leicht nachvollziehbar,

dass das Gewicht einen entscheidenden Faktor darstellt.

Momentan tüftelt der Akkordeonbauer in seiner Werkstatt

in Maienfeld gerade an einem noch leichteren kleineren

Modell. Sein Ziel ist ein «Reise-Instrument» unter acht Kilo

zu kreieren, welches im Flugzeug als Handgepäck zugelas-

sen ist. Falls sein Plan aufgeht, wird seine neueste Kreation

im September an der diesjährigen Bündner Herbstmesse

(Gehla) in Chur an der Sonderschau «Musik für alle» zu

bestaunen sein.

H A N D W E R K

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Page 22: Graubünden Magazin Ausgabe 16

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Page 23: Graubünden Magazin Ausgabe 16

TEXT BERNHARD SUTTER | FOTOS MATTHIAS HEYDE/PEWEE WINDMÜLLER/DIVERSE

BLUE NOTES FÜR ST. MORITZ

Mit dem «Festival da Jazz – live at ‘Dracula Club’» erhält der Nobelkurort einen innovativen Musikanlass der

Superlative. Weltstars an 25 Konzerten im familiären Rahmen, das sprengt alles im Engadin bisher Dagewesene.

Programmiert wird die Reihe vom charismatischen Christian Jott Jenny, Operntenor und Amtsvorsteher aus

Zürich.

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Page 24: Graubünden Magazin Ausgabe 16

Angefangen hat es im Jahr 2005 in Pontresina. Im «Grand Hotel Kronenhof» legten

der damalige Direktor Henry Hunold und Christian Jott Jenny die kleine, aber hochkarätige Konzertreihe «Jazz & Wine»

auf. Dann kam die Totalrenovierung des Hotels. Wegen des Erfolgs wollte Jenny – er steht der Kulturagentur «Amt

für Ideen» in Zürich vor und ist selbst Operntenor – weitere Konzerte im Oberengadin veranstalten. So kam es zum

«Asylantrag». Jenny ging den Präsident des legendären «Dracula Ghost Rider Club» an. Jenny: «Die Chemie zwischen

Rolf und mir stimmte vom ersten Mail an.» Und Sachs: «Eine Art Seelenverwandtschaft lag auf der Hand – Christian

liefert die Software, ich die Hardware.» Ab 2007 gewährte Familie Sachs der jungen Jazz-Reihe Gastfreundschaft im

sagenumwobenen Starthäuschen des Olympic Bob Run. Dieses aussergewöhnliche Erlebnis im mystischen «Dracula

Club» liessen für Jenny, der bereits in jungen Jahren über 150 Jazzkonzerte programmiert hatte, nur einen Schluss zu:

Der Jazz muss zurück an seinen Ursprung – in den Club.

Die fast private Stimmung im Club der Vampire und die hochkarätigen Klänge aus der Welt des Jazz ergeben die

Atmosphäre einer einzigartigen Momentaufnahme: klein, konkret, persönlich und exklusiv. Der Mix zwischen der einma-

ligen Natur des Oberengadins, dem Staraufgebot, den Geheimnissen des sagenumwobenen Clubs ist es, was dieses

Festival 2009 in die Europaliga der Kleinfestivals katapultieren wird. Als «Festival da Jazz St.Moritz» hat sich die Reihe

bereits 2008 weiterentwickelt – der Krise zum Trotz. Und sie will sich in Zukunft zum wichtigsten Club-Jazz-Festival in

Europa und zum wirkungsvollsten, aber auch kulturell nachhaltigsten musikalischen Sommer-Event im Engadin entwickeln.

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Page 25: Graubünden Magazin Ausgabe 16

Kulturrevolution im Kurort

Das war eines der Ziele und sicher mit ein Grund, weshalb sich das 5-Sterne-Flagschiff «Kulm», unter der Leitung von

Dominique Godat, 2008 zur Zusammenarbeit entschlossen hat. Der «Dracula Club» steht auf Kulm-Land und ist quasi zu

Fuss über den Golfplatz in Minuten zu erreichen. Und so war denn das erste Sommerjazzfestival in St. Moritz geboren.

Die Konzerte fanden in der familiären Club-Atmosphäre grossen Anklang (90 Prozent Auslastung), und sogar Starjazzer

Franco Ambrosetti, einst selbst Mitglied des «Dracula», befand, dass in St. Moritz nicht einfach ein weiteres Festival

veranstaltet wurde: «Dies ist eine echte Kulturrevolution!», begeisterte sich der Tompentenvirtuose. «Wo sonst kann

man in einem Kurort Weltgrössen wie Fred Wesley, Monty Alexander, Richard Galliano, George Gruntz, Billy Cobham

neben kommenden Stars wie Sophie Hunger oder dem Rusconi-Trio in einem solch intimen Rahmen hören? That’s Jazz!»

Auch Rolf Sachs, Künstler mit Wohnsitz in St. Moritz und London, liess sich von der Idee begeistern, Jazz nach

St. Moritz zu bringen – nicht im hergebrachten Stil als Special Act, sondern als durchkonzipiertes Festival im Club, wo

die Nähe zum Publikum sprichwörtlich ist. Also hoch stehender Jazz zum Anfassen. «Diese Idee hat mich begeistert,

umso mehr als das Festival für Juli und August terminiert wurde, wo der Club bis anhin geschlossen war», sagt Sachs

weiter. Die Aufwertung der Sommersaison liegen Sachs als auch Jenny sehr am Herzen: «Alle – vor allem Einheimische –

sollen an unserem ‘Festival da Jazz’ Platz haben.» Jenny spricht damit an, nicht einen weitern Cüpli-Anlass veranstalten

zu wollen.

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Page 26: Graubünden Magazin Ausgabe 16

Beginn einer Tradition

Nun geht es also in die Vollen für das «Festival da Jazz» 2009. Bereits jetzt steht für alle Beteiligten fest, dass dies der

Grundstein für eine lange Tradition werden wird. Und Jenny strahlt weiterhin positive Vibes aus und ist voller Zuversicht,

für nächstes Jahr weitere Stars und Rising-Stars verpflichten zu können. Aber vor allem hofft er nun auf einen verläss-

lichen Presenting-Partner: Denn ohne diesen wird das «Festival da Jazz» nicht überleben können. «Wir sind dieses Jahr

dank der Grosszügigkeit und des Vertrauens der Kulturförderung Graubünden und weiteren privaten Partnern da, wo

wir sind», sagt Jenny, «das ist ein grosser Auftrag, eine Verantwortung, die wir mit aller Kraft und viel Enthusiasmus

erfüllen möchten.»

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Page 27: Graubünden Magazin Ausgabe 16

INSERAT

www.gyselroth.com

PartnersMain Partners

Monty Alexander

Billy Cobham

Barbara Dennerlein

Rigmor Gustaffson Jan Lundgren

50th anniversary of Miles Davis’ «Kind of Blue»

Richard Galliano

Sophie Hunger

The Benny Goodman Story

Franco Ambrosetti

Dracula All Star Explosion

Rusconi

James Taylor

Thierry Lang

Joey de Francesco

Heidi Happy

Lyambiko

Othella Dallas

www.festivaldajazz.ch*starticket CallCenter: 0900 325 325 (CHF 1.19/Min)

Page 28: Graubünden Magazin Ausgabe 16

Christian Jott Jenny

Letztes Jahr während des «Festival da Jazz» 30 Jahre jung,

ist Jenny bei den Zürcher Sängerknaben gross geworden.

Er gründete mit zwölf Jahren die renommierte Konzert-

reihe «Jazz-Reihe Witikon», welcher er als künstlerischer

Leiter vorstand. Der Schweizer Jazzpapst George Gruntz

nahm ihn damals unter seine Fittiche. 1999 gründete Jenny

das «Amt für Ideen», welches heute zu den innovativsten

und kreativsten Produzenten-Teams im Lande zählt. Als

Student wurde er im Jahr 2000 an der renommierten

Hochschule für Musik «Hanns Eisler» in Berlin aufge-

nommen und studierte bei Heldentenor Reiner Goldberg

Gesang. 2007 schloss er mit dem Operndiplom ab und ist

als gefragter Sänger/Darsteller und Tenor auf der Opern-

und -Konzertbühne zu hören. Jenny verlor dabei nie sei-

nen – wie er betont – britischen Humor. Als Alter Ego und

Gesellschaftstenor «Leo Wundergut» tourt er dieses Jahr

durch die Lande und verbindet klassische E-Musik mit ge-

hobener Unterhaltung und Satire. Jenny gilt als scharfer

Weltbeobachter, der sein Handwerk auf der Bühne, aber

auch hinter der Bühne von A bis Z bis ins letzte Detail be-

herrscht. So war er dieses Jahr Gast im Petersdom, wo er zur

Vereidigung der Schweizergarde mit seinen «SwissTenors»

sang, aber auch an der VIP-Eröffnungsgala der Euro Pride in

Zürich. Er liebt das Engadin, wo er Skifahren lernte, und er

ist mit einer Bündnerin «noch nicht» verheiratet.

>>> Infos: www.festivaldajazz.ch und www.chjj.ch

M U S I K

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TEXT KARIN HETT INGER | FOTOS ESV CHUR

FITNESSTEST FÜR TRETMASCHINISTEN

Wer kennt es nicht – das Schienenvelo, mit dem der Eisenbahner über die Schienen flitzen kann. In Graubünden

werden die Kultstrecken der RhB nach wie vor von der Kleinen Roten befahren. Deshalb fahren die Mitglieder

des Churer Eisenbahnersportvereins Mountainbike abseits der Schienen. Und haben einen Volksanlass der

Traditionen geschaffen.

3 0

Page 31: Graubünden Magazin Ausgabe 16

www.

passu

gger.

ch

Ein echtes Stück

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Page 33: Graubünden Magazin Ausgabe 16

440 Höhenmeter auf einer

Strecke von fünf Kilometern, das schafft selbst die steilste

Metro nicht. Wohl aber die Bikerinnen und Biker und die

Läuferinnen und Läufer am Bergrennen auf den Mittenberg

bei Chur. Die kleine Alp oberhalb der Alpenstadt ist das

liebliche Ziel eines Wettkampfes, der heuer ins 19. Jahr

geht und der zweimal jährlich, jeweils am ersten Donnerstag

im Juni und am letzten Donnerstag im August, bei jedem

Wetter ausgetragen wird. Dabei sein können alle – meist

geht eine bunte Mischung aus Prominenten, Feierabend-

und Hobbysportlern an den Start. Unter ihnen waren schon

Hockey-Torhüter Renato Tosio oder die Ski-Asse Daniel

Mahrer und Heini Hemmi. Richtige Stammgäste sind u.a.

der Ex-Fussballprofi Paul Friberg, der Biker Silvio Bundi (er

hält mit 16.48 Minuten auch den Streckenrekord) sowie der

Churer Stadtpräsident Christian Boner. Doch unter den bis

zu 220 Teilenehmenden sind auch Lizenz- und Profisportler,

vor allem natürlich die Shooting-Stars aus der Region Chur

selbst. Der Plauschanlass hat also durchaus eine ernst zu

nehmende und kompetitive Note und zeigt jedem und jeder

Einzelnen, wie sich die Fitness in der Haupttrainingszeit vom

Juni den Sommer über verbessert hat. Denn in dieser Zeit

unternehmen bergverrückte Churer ihre Trainingstouren,

die – wie könnte es in einer Alpenstadt anders sein – meist

auf einen Berg oder Pass hinaufführen.

Tatsächlich ist der Mittenberg Bike & Lauf aber auch eine

intensive Gelegenheit, einen der schönsten Aussichtspunkte

über Chur zu entdecken. Der Anfang der Strecke liegt

beim Waldhausstall, den in Chur jedes Kind kennt. Von

hier beginnen von frühester Kindheit an ausgedehnte

Abenteuer-Touren durch den Fürstenwald, hinüber bis nach

Trimmis in die Weiten und bis hinein ins geheimnisumwit-

terte Scaläratobel. Das Mittenbergrennen allerdings folgt

einer Naturstrasse, die unter der Roten Platte hinein ins

Kaltbachtobel führt und dann weit über dem Lürlibad schräg

zum Mittenberg ansteigt. Hier endet die Strasse und damit

auch das Rennen auf einer kleinen Alpwiese. Wer weiter will,

muss schon den Wanderweg benutzen.

S P O R T

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3 43 4

Organisiert wird der Anlass vom Churer Eisenbahnersportverein, der

zuerst vor allem die Angestellten der SBB vereinigte, wo heute aber auch Sportler von der Rhätischen Bahn dabei sind.

Einer von ihnen ist Lokomotivführer Armin Rogentin, ein Mittenberg-Bike-&-Lauf-Urgestein. Für ihn war die 5-Kilometer-

Tour der Beginn einer Hobby-Sportlaufbahn, die ihresgleichen sucht. Er begann 1995 mit einer Zeit von 31 Minuten und

37 Sekunden, mit einer Turnhose und mit einem gewöhnlichen Mountainbike. Dann aber ergriff ihn das Mittenbergvirus,

und Rogentin steigerte die Anzahl Fahrten und auch sein Tempo kontinuierlich. Jahr für Jahr ist er dabei – selbst jetzt,

wo er wegen eines Unfalls eine Platte und Schrauben im Oberschenkel hat, lässt er sich seine Bergfahrt nicht nehmen.

Seine schnellste Zeit ist 23 Minuten und 49 Sekunden und sein bisher stärkstes Trainingsjahr war 2005 – unglaubliche

193 Mal fuhr er in diesem Jahr auf den Mittenberg, bei Schnee, Regen, Eis, Hagel oder glühender Sonne. Natürlich

hat sich seither auch Rogentins Ausrüstung geändert. Heute fährt er ein vollgefedertes Carbon-Rad mit Klickpedalen

und trägt professionelle Radfahrerkleidung. Einzig seinen – Wind stoppenden – Vollbart trägt er nach wie vor mit Stolz,

schliesslich gehts ja bergauf und nicht bergab.

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Was Rogentin und mit ihm die regelmässigen Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Rennens am Mittenberg schätzen:

Es ist eine Abendveranstaltung, welche individuell gestartet wird und wo Mitmachen so wichtig ist wie Gewinnen. Wenn

man dann, nach dem Rennen beim Waldhausstall im grossen Festzelt sitzt, kann man seine Erlebnisse austauschen und

bei der Verlosung der Preise dabei sein. Jeder und jede hat dieselbe Chance auf den Hauptgewinn, da die Preise anhand

der Startnummern ausgelost werden.

Der Mittenberg freilich ist für die meisten Belohnung genug, die Aussicht auf das abendliche Chur entschädigt für die

Mühen, und da man – seit 2005 – auch als Läuferin oder Läufer teilnehmen kann, ist der Anlass heute wirklich jedem

und jeder offen.

>>> Infos zur Veranstaltung unter www.esvchur.ch

3 5

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Gold, Eisenerz, Erdöl: Ohne Rohstoffe geht es in den Industrienationen und Schwellenländern wie China oder

Indien nicht. Rohstoffe sind aber auch eine attraktive Anlageklasse. Investoren steht dabei eine Vielzahl an

unterschiedlichen Anlageformen zur Verfügung.

TEXT UND FOTOS GRAUBÜNDNER KANTONALBANK

NICHTS LÄUFT OHNE ROHSTOFFE

3 7

Rohstoffe sind gefragt – vor allem durch den wirtschaftlichen Aufschwung in

China und Indien. Für deren fortschreitende Industrialisierung sind Rohstoffe als Werk- und Baustoffe unverzichtbar.

Auch Industrienationen haben trotz aller Bemühungen um Umwelt- und Klimaschutz noch immer grossen Energiedurst,

der vor allem durch Öl und Gas gestillt wird. Zudem entwickeln sich Agrarprodukte und der Lebensrohstoff Wasser zu

immer kostbareren Gütern.

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Der Rohstoffzyklus wird weitergehen

Nach den Preiskorrekturen der Rohstoffmärkte (Ausnahme:

Edelmetalle) ist eine Abflachung des negativen Trends zu

beobachten. Zahlreiche Faktoren deuten darauf hin, dass

der Rohstoffzyklus keineswegs vorüber ist. Bekanntlich

unterliegen Rohstoffe einer besonderen Nachfrage- und

Angebotsdynamik. Die entsprechenden Zyklen dauern meist

mehrere Jahre. Portfolioallokationen in Rohstoffe werden

vorzugsweise dann aufgebaut, wenn die Rohstoffpreise

unter den marginalen Produktionskosten liegen und somit

Investitionen in neue Produktions- und Transportanlagen

für die Marktteilnehmer unwirtschaftlich sind. Zum jetzigen

Zeitpunkt befinden sich zahlreiche wichtige Rohstoffmärkte

genau in dieser Phase.

Die mittel- bis langfristigen Trends, welche für einen funda-

mentalen Wandel in Angebot und Nachfrage zahlreicher

Rohstoffe sprechen, sind intakt. Zahlreiche Rohstoff-

experten prognostizieren eine deutliche Erholung der

Rohstoffpreise.

Rohstoffe bieten interessante Anlagemöglichkeiten

«Langfristig eröffnen Rohstoffe Ertragschancen, die sich

weitgehend unabhängig von Aktien- und Obligationenrenditen

entwickeln. Oft sind schwache Aktienjahre deshalb gu-

te Rohstoffjahre. Dank dieser Eigenschaft lässt sich ein

Depot mit Rohstoffen zusätzlich diversifizieren», erklärt

Robert Bianchi, Leiter Investment Center der Graubündner

Kantonalbank. Die Graubündner Kantonalbank setzt inner-

halb ihrer Anlagestrategie einen Mix aus Rohstoff-Fonds und

Rohstoffaktien ein.

Nebst den erwähnten Rohstoff-Fonds beinhaltet die

Anlagestrategie der Bank zudem ein Investment in phy-

sischem Gold. Obwohl der Goldpreis bereits seit der

Jahrtausendwende nach oben tendiert, sieht die Bank wei-

teres Steigerungspotenzial. Aktuelle Risiken wie die wach-

sende Inflation, starke Währungsschwankungen sowie die

Zahlungsunfähigkeit einzelner Staaten treiben den Preis.

B A N K I N G

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«Rohstoffe bilden die Grundlage der modernen Wirtschaft. Der

Bedarf nimmt stetig zu. Deshalb sollten diversifizierte Rohstoffanlagen immer ein fester Bestandteil des Anlageportfolios

sein», so Robert Bianchi. Zusätzlich bieten Rohstoffe einen gewissen Schutz vor der Geldentwertung: Steigt die Inflation,

ziehen in der Regel die Preise für Erdöl, Gold und Metalle ebenfalls an. In Kombination mit der stabilisierenden Auswirkung

auf ein Portfolio stellen Rohstoffe somit eine interessante Depotbeimischung dar.

4 0

Gastfreundlich und weltoffen

Die Graubündner Kantonalbank bietet umfassendes Private Banking – von Anlage-

beratung über Vermögensverwaltung bis hin zu Finanzplanung und Services, die über

die reinen Finanzdienstleistungen hinausgehen. Berücksichtigt werden dabei die un-

terschied lichen Anlageziele der Kunden, die sich im Laufe des Lebens naturgemäss

verändern können.

Das Private Banking der Graubündner Kantonalbank ist von bewährter Tradition

ebenso geprägt wie von fortwährender Innovation. So ist sichergestellt, dass die Bedürfnisse der Kunden nach

Sicherheit, Kontinuität, Mitbestimmung und Best Service rundum erfüllt werden.

Die Graubündner Kantonalbank ist mit drei Private-Banking-Zentren in Chur, St. Moritz und Davos sowie über

30 Private-Banking-Beratern in den Regionen Graubündens stark verankert und pflegt ein weit verwzeigtes

Netzwerk, das über die Kantonsgrenzen hinausreicht. Offene Fragen lassen sich auf diese Weise schnell, un-

bürokratisch und direkt beantworten.

Apropos direkt: Chancen und Probleme offen anzusprechen, gehört zum Wesenszug des Bündners. Dies ist wohl

mit ein Grund, wieso immer mehr ausländische Kunden die Dienste der Graubündner Kantonalbank in Anspruch

nehmen.

Wollen Sie mehr über die Anlagemöglichkeiten in Rohstoffe erfahren? Ihr Private Banker der Graubündner

Kantonalbank berät Sie gerne. Rico Willi, Leiter Private Banking, [email protected], Telefon +41 (0)81 256 94 40,

www.gkb.ch/privatebanking

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i nnenar ch i tek turküche bad möbe l l i ch t

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Ein aussergewöhnliches Hotel im alten Engadinerhaus, eine Waagbalkenuhr und eine Holzmanufaktur haben

– auf den ersten Blick – wenig Gemeinsames. Wie die Unternehmerfamilie Cadonau in Zuoz, S-chanf und Brail

nachhaltig und Schritt für Schritt in die Zukunft geht.

TEXT FRIDOLIN JAKOBER | FOTOS ANDREA BADRUTT

DAS SANFTE TICKEN DES ENGADINS

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Die Worte Tick und Tack sind eindeutig zu grob, wenn man das beruhigende

Geräusch beschreiben will, welches das Hin und Her des Foliots erzeugt. Dieses Holzstück – auch «Löffel- oder

Balkenwaag» genannt – mit den beiden mit Blei gefüllten Holzgewichten ist der früheste Gangregler mit Spindelhemmung

für Uhren, bereits im 14. Jahrhundert wurde es eingesetzt, und es blieb – bei den Holzuhren der einfachen Leute – bis

ins 17. Jahrhundert in Schwung.

Da Räderuhren teuer waren und Holz billiger als Metalle, entstanden – vorwiegend im Winter – Holzuhren in Heimarbeit.

Die Zahnräder aus Nussbaum wurden mit einem Zirkel auf Holzbretter aufgezeichnet und exakt mit einer Säge ausge-

schnitten. Ein Stein- oder Eisengewicht hält das Uhrwerk bis zu zwölf Stunden in Gang, dann muss das Werk wieder

aufgezogen werden. Zweimal täglich, eine Erinnerung an das Ablaufen der Zeit. Gerade mal 30 Teile sind nötig, um so

eine Uhr herzustellen, und mit ihrer grosszügigen Einzeigeranzeige misst sie die Viertelstunden in gemächlicher Un-

Genauigkeit. Vor allem im Jura, im Schwarzwald, aber auch in der Landschaft Davos oder im Engadin entwickelten sich

solche einfachen Uhrenmodelle, welche handwerklich begabte Schreiner nachbauen konnten.

Diese Wunderwerke aus einer Epoche, wo die Menschen noch nicht durch die Zeit getrieben waren, faszinierten auch

den Engadiner Uhrmacher Giosuel Bott, und so baute dieser begabte Tüftler, von den 1950er- bis in die 1980er-Jahre,

die Engadiner Holzräderuhr als liebevolle Reminiszenz an eine vergangene Zeit. Dann starb er und hinterliess in einer

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4 5

zur Werkstatt umfunktionierten Wohnung Tausende von Holzteilen und einige halb fertige Uhren. Dieses Vermächtnis

wurde von seiner Tochter an Johann Bernhard Cadonau weitergegeben, der in S-chanf zusammen mit seiner Frau

Brigitta und seinem Sohn Marco eine Holzmanufaktur führt.

Auf einer unterlegten Holzwerkbank setzt er jetzt die Wunderwerke der frühen Technik zusammen und versendet sie –

zusammen mit den geschmiedeten Gewichten und der Schnur für den Aufzug ins halbe Europa. Immer wieder sind auch

Reparaturen an den lieb gewonnenen Stücken auszuführen oder Teile zu ersetzen. Jede Reparatur wird auf der Uhr

verzeichnet, sodass die Liebhaberstücke von Jahr zu Jahr wertvoller werden.

Dass Vater Johann Bernhard Cadonau diesem Steckenpferd nachgehen und so eine alte Tradition fortführen kann,

verdankt er unter anderem seiner Frau Brigitta, die in Zuoz eine Wohnboutique mit Inneneinrichtungsgegenständen

betreibt. Hier können die Holzuhren – zusammen mit den kunstvoll gearbeiteten Möbeln der IN-LAIN-Holzmanufaktur

Cadonau – bewundert werden. Ob schlicht oder mit original Engadiner Schnitzereien verziert – sie atmen die Geschichte

der Landschaft. Die Holzmanufaktur hat sich neben der Anfertigung von Einzelstücken in der überlieferten Engadiner

Formensprache auch auf den Innenausbau mit Massivholz spezialisiert und bietet dem Kunden die Möglichkeit, selbst

ausgefallene Wünsche zu realisieren, von der Idee bis zum letzten Schliff inklusive Projektierung und professioneller

Wohnberatung.

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4 6

Das vielleicht spannendste Ausbauprojekt stammt derzeit übrigens eben-

falls aus der Familie, es ist das IN-LAIN-Hotel «Cadonau», welches Sohn Dario Cadonau zusammen mit seiner Frau

Tamara in Brail bei Zernez aufbaut. Hier – wo einst die Grosseltern in einem Engadinerhaus aus dem 17. Jahrhundert ein

kleines Hotel Garni führten – entsteht ein Hotel der ganz anderen Art, wo die Gäste das ursprüngliche Engadin hautnah

erleben sollen. Für den Ausbau verwendet die Holzmanufaktur von Bruder Marco und Vater 400-jährige Stall-Lärche.

Bereits im kommenden Winter soll dann das Restaurant «Vivanda» für exklusive Anlässe eröffnet werden. Hier empfängt

der gelernte Sternekoch Dario seine Gäste unter anderem in einem alten Gewölbekeller und mit einer Schaukäserei.

Neben dem Engadinerhaus entsteht der elegante Neubau des IN-LAIN-Hotels «Cadonau». An unverbaubarer Lage mit

Blick in die grandiose Landschaft Richtung Nationalpark mit Suiten und einem gehobenen Restaurant.

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4 8

Vor dieser Landschaft und vor der unablässig voranschreitenden Zeit erscheinen

wir Menschen alle klein und unser Leben vergänglich. Doch es sind die einheimischen Familien mit ihrem Zusammenhalt

und ihren Traditionen, welche das Engadin zu dem machen, was es ist: zum grossartigsten Hochtal der Schweiz, das mit

seinem kulturellen Reichtum auch künftige Generationen von Gästen und Einheimischen bezaubern wird. Davon erzählt

die Holzräderuhr mit ihrem ins Sonnenlicht geflüsterten «Tick» und «Tack».

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CH-7078 LenzerheideTelefon +41 81 384 26 00 • Fax +41 81 384 26 22

[email protected] • www.la-riva.ch

Page 50: Graubünden Magazin Ausgabe 16

5 0

Ihre drei gemauerten Bogen haben der Witterung hundert Jahre Stand gehalten. Sie ist eine von 591 Brücken

auf dem Schienennetz der Rhätischen Bahn (RhB). Jetzt wird sie – gemäss den Spielregeln der Unesco –

saniert. Über eine konzertierte Nachtaktion an einem kulturellen Erbe, das Graubünden seine Zukunft sichert.

TEXT FRIDOLIN JAKOBER | FOTOS ANDREA BADRUTT

UNESCO-WEGUNTERFÜHRUNG KM 61.606

Page 51: Graubünden Magazin Ausgabe 16

Ihr Name ist längst vergessen. Vergessen ihre Pläne. Vergessen der

Steinbruch, aus dem die Kalksteine kamen. Vergessen auch der Schweiss und die Namen der Männer, die sie gebaut

haben. Die kleine Brücke bei Kilometer 61.606 führt über einen bäuerlichen Fahrweg, kurz bevor das Schienengleis

der Rhätischen Bahn die wohl berühmtesten Monumente der Albulastrecke erreicht: den Schmittenertobel-Viadukt und

den Landwasser-Viadukt.

Doch in dieser Nacht steht diese Kleinbrücke im Fokus von drei Teams mit insgesamt 20 Mann. Kaum ist der letzte

Zug von Tiefencastel nach St. Moritz um 21.10 Uhr vorbei, wird die Strecke gesperrt. Scheinwerfer erleuchten die

Nacht, Sirenen ertönen. Wie eine Gottesanbeterin hat sich ein Bauarbeiter der Firma Berther in einem Menzi-Muck-

Bagger auf die Brücke gesetzt und trägt mit der Schaufel den obersten Meter der Brückenkrone ab. Die Schaufel saust

Zentimeter an den Köpfen der anderen Bauarbeiter vorbei, die ersten grossen Kalksteinbrocken krachen in die Senke

hinter dem Gleis. Wie Dominosteine schubst die Schaufel sie in die Mitte, wo eben noch ein Schotterbett die Gleise

befestigte. Jetzt klafft dort ein Loch. Schon kratzt die Gottesanbeterin weiteres Material zusammen, und wieder ist ein

halber Meter Brückenkrone weggefressen.

5 1

Page 52: Graubünden Magazin Ausgabe 16

B A N K I N G

Page 53: Graubünden Magazin Ausgabe 16

Gleichzeitig führt ein anderer

Trupp die Betonelemente vom Bahnhof Alvaneu heran. Der

mit Diesel betriebene Schienenkran – ein 92-t-Prototyp, der

eigens für die RhB angepasst wurde – legt sie eins ums ande-

re ins Gras. 22.30 Uhr: Inzwischen sind vielleicht 15 Meter

der Brückenkrone abgebrochen. Knapp über den tragenden

Bogen liegt ein Splittplanum, das die Betonelemente tragen

soll. Schon fährt der Kran mit dem ersten Element heran.

Es hatte keinen Platz mehr neben den Gleisen. Zum Ende

der Schienen fehlt den Rädern kaum mehr als ein Meter.

Doch der mächtige hydraulische Arm schafft es locker, bis

zu 25 Tonnen bis zu zehn Meter weit eine geraume Zeit

lang zu halten. Die Betonelemente der Wegunterführung

sind da schon fast Leichtgewichte mit ihren neun Tonnen.

Trotzdem gilt es, sie millimetergenau zu positionieren und

zu verschrauben. Kaum liegt das erste Element, rennt ein

Bauarbeiter mit angemachtem Zement drauf und beginnt,

die Stirnseite fürs zweite Element vorzubereiten.

Unterdessen ist die Gottesanbeterin schon hinter der

Brückenmitte. Mit Pickeln, Schaufeln und Presslufthämmern

lösen die Arbeiter 100 Jahre alte Mörtelverbindungen, die

Senke hinter der Brücke ist fast aufgefüllt. Wieder ertönt

die Sirene des Krans, wieder wird ein Element positioniert.

Dann werden die ersten beiden Elemente verschraubt. Es

ist 22.49 Uhr.

B A U W E S E N

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Durch die feuchte Nacht irren Scheinwerfer. Es ist die Vorspann-Equipe. Wenn

alles glatt läuft, wird sie um 4 Uhr in der Früh die elf Elemente mit einer hydraulischen Presse vorspannen und eine

feste Betonbrücke schaffen, die sich selbst trägt und nur noch von den Aufliegern links und rechts getragen wird. Jetzt

gerade ist noch keiner von ihnen da, der Weg hierher führt zu einem abgelegenen Hof und von dort über die Wiese

weiter. Dichtes Gebüsch wächst links und rechts der kleinen Brücke. Karl Baumann, Projektleiter der RhB lacht. «Mal

schauen, ob sie uns finden.»

So drei bis fünf solcher Objekte sanieren Baumann und seine Leute pro Jahr mit dieser Technik. Eine wasserdichte

Betonwanne schützt nach der Sanierung die tragende Konstruktion vor eindringendem Wasser und Schnee. Ausserhalb

der Wanne werden die alten Steine wieder aufgemauert, nur ein relativ schmaler waagrechter Betongrat verrät, dass

nicht mehr alle Teile der Brücke 100 Jahre alt sind.

Doch Baumanns Gedanken sind schon einige hundert Meter weiter oben. Dort wird der weltberühmte Landwasser-Viadukt

rot eingerüstet. Dieses Wahrzeichen stellt sowohl denkmalpflegerisch wie auch logistisch weit höhere Ansprüche. Die

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Page 55: Graubünden Magazin Ausgabe 16

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schützende Wanne wird vor Ort betoniert, alles soll nachher aussehen, wie es die Fotos der Touristen zeigen. Selbst die

inzwischen historischen Granitplatten, welche neben den Gleisen verlaufen, werden nach Möglichkeit wieder verwendet.

Um 24 Uhr liegen die ersten vier Elemente, um 2 Uhr kann der erste der beiden Gleisroste wieder versetzt werden.

Denn jetzt muss der Schienenkran auf die Brücke fahren, um die Elemente sieben bis elf zu versetzen. Alles läuft ab

wie ein genau geprobtes Ballett. Ein Brückenbaumeister aus dem Aargau verfolgt das Geschehen und dokumentiert es

mit Fotografien. Später soll diese Technik im Unterland an anderen Steinbrücken angewendet werden.

Noch sind vier Stunden übrig, dann muss die einspurige Strecke wieder für den Bahnverkehr freigegeben werden.

Wenn alles gut geht, können die Arbeiter in der kommenden Nacht das Gleisbett definitiv ausschottern und den Abraum

zur Wiederverwertung abführen. Denn jene Menschen, welche die Albulalinie heute mit dem Glacier-Express befah-

ren, wollen Fotos machen, von der Bilderbuchlandschaft, von historischen Brücken und vielleicht auch von der neuen

Wegunterführung, wenn da der Bauer durchfährt oder vor dem Indiandertipi der nahe gelegenen Farm die Kühe weiden.

Page 56: Graubünden Magazin Ausgabe 16

Das Beste aus Graubünden, mit Sorgfalt gewählt.Die Spezialitäten von alpinavera, zum Beispiel der feine, urchige Engadiner Käse von LESA aus bester Engadiner Bergmilch, schme cken besonders gut, weil sie im Bündnerland mit Sorgfalt hergestellt werden. Verkürzen Sie die Zeit bis zu Ihrem nächsten Besuch mit unseren authentischen Produkten. Die gibts nämlich auch im Unterland. Wo, erfahren Sie auf alpinavera.ch

Page 57: Graubünden Magazin Ausgabe 16

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TEXT NADJA WIELATH | FOTOS DOLORES RUPA

KARDERN – SPINNEN UND NETZWERKEN

Die Wollkarderei de Sax in Disentis ist eine handwerkliche Delikatesse. Sie ist einzigartig und der älteste

Wollverarbeitungsbetrieb der Schweiz. Über die Jahrhundertwende konnte sie ihren ursprünglichen Charakter

und ihre Ausprägungen bewahren. Sie ist zu einem lebenden Museum mutiert.

Page 58: Graubünden Magazin Ausgabe 16

Es ist anno dazumal. Wir schreiben das Jahr 1870. In der Wollkarderei de Sax

in Disentis stehen modernste Kardmaschinen des Urgrossvaters von Roland de Sax. Die Wollwäscherei, sämtliche

Gerätschaften und der Verkaufsladen sind im Erdgeschoss des Hauses. An dem Haus fliesst ein Bach vorbei. Dieser

treibt die Maschinerie an. Sie rattert, knattert und schnattert – und kämmt und zupft dabei die Wolle zu einer gleich-

mässigen Vliesdecke. Eine Armee von kleinen parallel ausgerichteten Häkchen, alles fleissige Stahlsoldaten, befreien die

Wolle von sämtlichen Knoten und fügen sie zu einer flauschigen, luftdurchlässigen Decke zusammen. Diese immer noch

riemenbetriebenen Maschinen entstammen nicht dem digitalen Zeitalter, keine blinkenden Lämpchen und Touchscreens

– dafür laufen sie mechanisch einwandfrei und sind extrem robust.

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Page 59: Graubünden Magazin Ausgabe 16

E V E N T

Heute sieht alles noch genauso aus: das Haus, die Maschinen, die Waschküche, die Openair-Trocknerei und -Färberei,

der Verkaufsladen ... Die Zeit ist stehen geblieben und hat alles konserviert. Der Urenkel, Roland de Sax, der gelernter

Bauzeichner ist, absolvierte bei seiner Oma ein Sommerpraktikum im Kardern und Kadern. Er kam, blieb und wurde

oberstes Kader. Vier Jahre nach seiner Übernahme stellte er eine Mitarbeiterin an. Eine Praktikantin, Julia aus Deutsch-

land, schrieb ihm, sie möchte gerne in die Schweiz kommen und bei ihm das spezielle Handwerk erlernen. Auch Julia

blieb. In der Zwischenzeit sind sie verheiratet und verarbeiten zusammen die Wolle nach alter Familientradition. «Unser

Leben hat sich immer ergeben», erzählt Roland de Sax, «wir sind irgendwo hineingeraten und haben die Chance gepackt.

Einmal ist eine Türe links aufgegangen, einmal rechts.»

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Page 60: Graubünden Magazin Ausgabe 16

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Jolie heisst das Schaf.

So steht es auf dem überquillenden Papiersack, der gefüllt

ist mit schmutziger, frisch vom Schaf kommender Rohwolle.

Die kleinen Dimensionen dieser archaischen Maschinen er-

lauben es den Saxen, jedem Kunden seine eigene Wolle oder

spezielle Faser separat zu verarbeiten. Die Wolle wird ein-

geweicht und mehrmals von Hand im handheissen Wasser

mit Seifenflocken gewaschen, geschleudert, ausgeflottet

und draussen auf Wäscheleinen zum Trocken aufgehängt.

Dieser Prozess weist einen Gewichtsverlust von bis zu 40%

aus, da die Rohwolle an Feuchtigkeit, Mist und Fett ver-

liert. Etwas des wertvollen Lanolins, dem Wollfett, bleibt

zurück, wodurch Schmutz und Wasser abgewiesen wer-

den. Endlich kann die Wolle kardiert werden. Auf Wunsch

der Kundschaft wird das gekämmte und gezupfte Wollvlies

auch zu Wollfaden gesponnen in der hauseigenen «Stiva

da launa», im Wullestübli. In der Pflanzenfärberei sind die

Saxen künstlerisch tätig mit dem Pflanzenfärben. Aus einhei-

mischen und ausländischen Pflanzen wird der Färbsud ge-

kocht. Damit die Pflanzenfarben wasch-, licht- und reibecht

werden und bleiben, wird die Wolle oder Seide beim Beizen

und Färben aufgekocht.

Die Wollkarderei de Sax ist auch ein Museum. Jeden

Donnerstag findet eine geführte Besichtigung mit

Demonstration statt. In der Zwischenzeit wird ganz normal

auf den Maschinen gearbeitet. Es ist ein strenges und auf-

wändiges Handwerk. Vor allem weil der Zeitgeist gewech-

selt hat. Der Mensch ist zum hedonistischen Konsumenten

mutiert. Die Unterhaltungs- und Spassgesellschaft braucht

Zeit für urbanere Vergnügungen. Die rauschlosen Stunden

zum Spinnen und Stricken fehlen. Der produzierende Bauer

ist zum kaufenden Städter geworden. Dennoch haben die

Saxen ihre Kunden, die sich an den speziellen Fasern er-

freuen können. Im kleinen Verkaufsladen bieten sie vor

allem Wolle, Seide und aussergewöhnliche Fasern aus ihrer

Produktion – mit diesem Hauch von Natur – an. Ebenso wer-

den Spinnräder, Strickzubehör, Schmuck und Handarbeiten

feilgeboten.

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Page 62: Graubünden Magazin Ausgabe 16

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500–900 Gramm Wolle oder Haare brauche ich, um mir einen Pullover zu

stricken. Kardiert werden kann fast alles, was woll- oder haarähnlich ist. Zum Beispiel werden Moschus-Ochsenhaare

aus der Grosswildjagd als Souvenir mitgenommen und in der Karderei in Disentis weiterverarbeitet. Diese Haare sind

besonders weich, und ihr seltenes Vorkommen lässt sie zur gesuchten Rarität werden. Beliebt sind ebenso Edelhaare

der Lama, Alpaca, Kamelhaare, Kaschmir, Ramie und die Fäden der Seidenraupen. Sich ein erlesenes Kleidungsstück

aus seinem Liebling zu kreieren ist nicht nur salonfähig und chic geworden, sondern voll hip für Fashionists. Bei einem

Hund heisst das, ein Jahr lang täglich kämmen und die Haare sammeln. Bei einer Katze dauert das zwei Jahre. Ich

schaue Taifuni, meine weisse prättigauische Halbangorakatze, an. Wusch!... Ab durch das Katzentürchen! Taifuni scheint

meine Gedanken lesen zu können: ein kuschelig weicher, weisser und warmer Angorapulli. Und meine Idee, ihm öfters

eine 5-Millimeter-Rasur zu verpassen, findet er nicht so sexy ...

>>> Wollkarderei de Sax, Via Sontga Gada, 7180 Disentis/Mustér, 079 561 10 51

Page 63: Graubünden Magazin Ausgabe 16

Die grösste Parkett-, Türen- und Furnierausstellung in Graubünden

Holzwerkstoffe Gfeller AG7302 Landquart | Riedlöserstrasse 5

Telefon 081 300 66 00 | [email protected] | www.hws-gfeller.ch

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Dienstag und Donnerstag 9.00 – 12.00 13.30 – 17.00 Mittwoch und Freitag 9.00 – 12.00 13.30 – 18.30 Samstag 9.00 – 13.00

Page 64: Graubünden Magazin Ausgabe 16

R U B R I K

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INSERAT

Willkommen beim exklusivsten Veredler von Ofen -Unikaten.

So einzigartig wie unsere Kunden sind auch unsere original antiken Öfen. Ob in Kombination

mit modernem Design oder einer rustikal eingerichteten Wohnung – Ihr Ofen ist in jeder Situation

ein Blickfang. Umgebaut mit modernster Feuerungstechnik, sind sie echte Werte fürs Leben.

www.perler.ch Werkstrasse 24, 3084 Wabern b. Bern, Tel. 031 961 79 79, [email protected]

Page 65: Graubünden Magazin Ausgabe 16

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R U B R I K

Ein Plan, bei dem Normalsterblichen die Haare zu Berge stehen: Ein junger Bündner Schwimmer und Aben-

teurer schwimmt in den eiskalten Bergseen seines Kantons und wird zum Wasser-Botschafter. Doch das

Resultat lässt sich sehen: ein ganz persönliches Tagebuch mit atemberaubenden Bildern aus einer Welt, die

jeder entdecken könnte und die doch kaum jemand kennt.

TEXT FRIDOLIN JAKOBER | FOTOS ANDREA BADRUTT

DAILY BUSINESS

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Es ist der 18. August 2008. Seit 46 Tagen durchstreifen Extrem-

Schwimmer und Projektinitiant Ernst Bromeis und Fotograf Andrea Badrutt zu Fuss und mit dem Mountainbike die

Alpenwelt Graubündens. Sie sind auf der Suche nach möglichst vielen der 708 Seen des Kantons. Bromeis – im

Neoprenanzug und mit gelber Badekappe – will in diesen Seen schwimmen, in sie eintauchen, sie am eigenen Leib erfah-

ren. Badrutt dokumentiert diese «fantastischen Erfahrungen» mit Bildern. Geplant ist ein Buch über das Wasserschloss

der Schweiz, der Titel: «Graubünden – Das Blaue Wunder». An diesem 46. Tag fährt Bromeis hoch zum Flüela-Hospiz

– was mit ihm viele Touristen tun, denn der Pass ist die schnellste Verbindung ins Engadin – und schwimmt im Schwarz-

und im Schottensee, an denen doch die meisten anderen vorbeifahren. Die beiden Seen liegen nicht irgendwo an einem

Wanderweg, sondern links und rechts der Passstrasse.

Schwarzsee, so heissen viele Bergseen in der Schweiz – oder Lago Nero, oder Lai Negr. Schottensee auch. Man er-

wartet einen milchig weissen See und findet oft einen überraschend tiefblauen. Der Name – vom Abfallprodukt Schotte

beim Käsen herstammend – erinnert an Schottland, die Wiege aller Spleens. Hier sind verrückte Ideen seit jeher «Daily

Business».Wer kennt nicht die Legende von der Entstehung des Golfsports durch die schottischen Schäfer. «Wetten,

dass ich mit meinem Hirtenstab diesen Stein in das Loch dort drüben schlagen kann?» Oder die verrückte Idee fana-

tischer Bergwanderer, alle «Munros» zu sammeln. Nicht weniger als 277 schottische Berggipfel verzeichnet die Liste

heute. Sir Hugh Munro stellte sie 1891 zusammen, und der schottische Bergsteiger-Club führt Buch über alle 143,

denen es nachweislich gelang, die aufgelisteten Gipfel zu besteigen.

6 6

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P O R T R Ä T

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Graubünden dagegen ist nüchterner,

das Leben hier erlaubt keine Spleens. So ist auch das

Projekt «Graubünden – Das Blaue Wunder» alles andere

als eine Marotte von einem Abenteurer. Bromeis hat nach-

haltige Ziele, will auf die Bedeutung des Wassers hinwei-

sen, und sein Tag ist noch lange nicht zu Ende. «Spaghetti

im Hospiz, Büroarbeit am Laptop, Telefonate und Talfahrt

mit dem Bike bis zum Einstieg «Jöriseen». Bergsprint mit

Stöcken über die Winterlücke zu den Jöriseen, ausser

Atem weitere drei Telefonate. Oben angekommen, sechs

Seen schwimmen (Ersterer war wieder mal ausgelaufen).

Hochsteigen zur Jöriflüelafurgga, Fotoshooting mit Andrea,

und im Laufschritt in der Falllinie zur Passtrasse runter

(total drei Stunden).» Dieses atemlose Protokoll berichtet

von einem langen Sommertag, der mit der Vorbereitung

eines Wassersymposiums in Landquart endet. Und

mit der Aussicht auf ein Morgen, das unter anderen die

Silvrettaseen, die Unghürbodenseen, den Hüenersee und

den Schlappinsee bringen wird.

W A S S E R

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Entstanden ist ein «Tagebuch» zum Nachschlagen. Es verzeichnet die

ungeheure Spannweite, die das Leben in 51 Sommertagen bieten kann. Entstanden ist ein Bildband mit ungewohnten

Aus- und Einsichten, der die Perspektive des Zuschauers immer wieder neu wählt und auch die Begegnungen an der

Wegstrecke dokumentiert. «Graubünden – Das Blaue Wunder» enthält eine Fülle von lohnenswerten Wanderzielen und

beschreibt das Wasser als Element in vielen seiner unzähligen Facetten. Schön ist auch der sprachliche Reichtum des

Buches, der sich ganz der jeweiligen Region anpasst und von Deutsch über Rätoromanisch ins Italienische und zurück

wechselt. Denn im Gegensatz zu einer Grenzziehung ist das Wasser jenes Element, das Graubünden verbindet. Die

Tradition mit der Moderne der Kraftgewinnung, die Sprache über die Namen der Seen und die Berge mit dem Tal über

die Vielzahl der Zu- und Abflüsse.

Wenn man heute nach dem wahren Reichtum Graubündens fragt, so ist es nicht nur der Reichtum der Gipfel, der

Reichtum an Kristallen oder der Reichtum von Fauna und Flora, es ist vor allem der Reichtum an Wasser, der die Zukunft

Graubündens sichern kann. Schon jetzt kommen die meisten der grossen Mineralwässer der Schweiz aus Graubünden.

Und die Bedeutung des Wassers kann für die zukünftige Entwicklung der Menschheit kaum unterschätzt werden. Darauf

will Bromeis mit seiner Aktion hinweisen – und das bleibt weit mehr als bloss «Daily Business». Weitere Informationen:

http://www.graubuenden-dasblauewunder.ch/

>>> Angaben zum Buch: «Graubünden – Das Blaue Wunder», Herausgeber: Ernst Bromeis-Camichel, Fotos: Andrea

Badrutt, ISBN 978 3 905688 42 9

Page 71: Graubünden Magazin Ausgabe 16

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Page 72: Graubünden Magazin Ausgabe 16

Deshalb drucken wir für Sie klimaneutral und sind FSC-zertifiziert.

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SQS-COC-100201© 1996 Forest Stewardship Council A.C.

Produkte, die das FSC Warenzeichen tragen, enthalten Holz aus vorbildlich bewirtschafteten Wäldern. Die Zertifi-zierung der Wälder erfolgt nach den Richtlinien des Forest Stewardship Council.

Weil unsere Natur ein Wunder ist.

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Der Grat zwischen Modern und Rustikal ist manchmal ein schmaler. Gerade beim Rundholzbau – also beim

Bauen mit nicht behauenem Stammholz. Entsprechend gross ist an gewissen Orten die Opposition der

Denkmalschützer gegen den Blockbau aus Kanada. Wie Bergführer Luzi Scherrer stilistische Grate meistert

und was es mit dem «Mondholz» auf sich hat.

TEXT FRIDOLIN JAKOBER | FOTOS ANDREA BADRUTT

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MIT HAUT UND HOLZ

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Ein Nachmittag an den Ufern der Landquart. Hier – am Ende des Parkplatzes der Bergbahnen

Grüsch-Danusa – hat Luzi Scherrer derzeit seinen Abbundplatz. Das verrät eine Blache, die an einem Stapel mit

Stämmen hängt. Der Bündner Rundholzer ist gerade dabei, einen Stamm zu hobeln. Noch bis vor ein paar Jahren tat er

das mit einem Schälmesser, jetzt mit einem Elektrohobel. Der geglättete Stamm ist uneben, zeigt die Male des Hobels.

Während wir sprechen, streicht Scherrers Hand über die Oberfläche, prüft, ob irgendwo ein Spliss hervorsteht.

Die Faszination für den runden Stamm, seinen Wuchs, seine Individualität spricht aus jeder Geste. Es kommt auf den

Standort an. Auf den Schlagzeitpunkt. Wird der Stamm geschlagen, wenn er im Saft steht, trocknet er zu schnell aus.

Durch den beschleunigten Radialschwund würden grosse Risse im Holz entstehen. Die Stämme vor uns zeigen kaum

Risse. Sie sind noch frisch und wurden zur richtigen Mondphase geschlagen. Richtig, das bedeutet, zu einer Zeit, wo

der Mond möglichst erdnah ist und so – durch den verstärkten Gravitationseffekt – dem Baum den Saft entzieht. Das

geschieht immer dann, wenn der Mond abnimmt und wenn er «nidsigend» ist, also zum horizontal tiefsten Punkt seiner

Umlaufbahn strebt. Richtig, das bedeutet im Winter, wenn die Bäume ihren Wasserhaushalt zurückfahren.

Bauen mit Rundholz und mit Mondholz ist momentan «en vogue», gehört zum Trend des «Alpine Chic». Doch für Luzi

Scherrer knüpft der Rundholzbau an eine urtümliche Bautradition, die von den Walsern bereits im 9. Jahrhundert ver-

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A R C H I T E K T U R

breitet wurde und die in der Schweiz seit dem Mittelalter den gesamten alpinen Raum prägt. Noch heute zeigen vor allem

die einfachen Ställe und alte Gebäude die Meisterschaft, die unsere Vorfahren im Rundholzbau besassen. Er selber hat

die Technik in Alaska erlernt, wo er zum Bergsteigen war und wo er sich seinen Lebensunterhalt bei einem ausgewan-

derten Schweizer verdiente. Hier lernte er die neuen Bautechniken kennen wie etwa die skandinavische Sattelkerbe,

bei der die Verbindung an den «Gwätten» von Jahr zu Jahr fester wird.

Denn im Gegensatz zu einem Steinhaus lebt ein Gebäude aus Holz weiter, auch wenn die Bäume längst geschlagen sind.

Die Stämme setzen sich, arbeiten. Auch aus energetischer Sicht schneiden Rundholzbauten gut ab. Sie sind optimal, was

die «graue» Energie anbelangt, bieten gute Isolationswerte und vermitteln den Bewohnenden vor allem Behaglichkeit,

gefühlte Wärme. Von der Architektur und von der Grösse bietet der Bau mit Rundholz die Möglichkeiten, mit den Grenzen

des Stammes und mit seiner individuellen Form zu spielen. In Russland z.B. werden bis zu fünfstöckige Gebäude mit

Rundholz erstellt. In Kombination mit Beton entstehen für die moderne Architektur rustikale Reibungsflächen, die inspi-

rieren. Doch letztlich ist der Entscheid für ein Haus aus Rundholz immer einer, der aus vollem Herzen kommen muss.

Dabei spielt auch der Standort des Gebäudes eine Rolle. Als Maiensäss oder in einem traditionellen Dorf, wo Ställe und

Holzhäuser stehen? In einer modernen Siedlung? Der Blick auf die Umgebung gehört in jedem Fall zur Vorbereitung,

bevor der Entscheid fällt.

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Luzi Scherrer reizt am Rundholzbau, dass er – als gelernter Forstwart – die ganze Kette anbieten

kann. Vom Schlag bis zum fertigen Haus. Sein Blick fällt auf einen Stamm, der etwas abseits liegt. Den hat er ausge-

schieden. Das Holz zeigt einen leicht gedrehten Wuchs, würde reissen.

Wie bei jedem Bau steht von Anfang an die Zusammenarbeit mit dem Architekten. Oft kommen die Leute mit eige-

nen Zeichnungen von ihrem Traum-Rundholzhaus, doch die Planung ist wichtig. Luzi kaut inzwischen an einem Span.

Vielleicht kommt dann mal ein Star-Architekt auf mich zu, aber viele Architekten verwerfen die Hände, wenn einer ein

Rundholzhaus will.

Jedes Haus ist individuell und exklusiv. Seine Kunden gehen mit ihm in den Wald, wenn er das Holz aussucht, und be-

suchen die Arbeiten auf dem Abbauplatz. So bekommt das Haus für die zukünftigen Bewohner eine Geschichte. Luzi

hat selber einige Ideen, wie sich Beton und Rundholzbau kombinieren lassen. Denn innerhalb der Aussenhaut aus den

Stämmen lässt sich unendlich viel verwirklichen.

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«Du musst mal vorbeikommen, du musst es erleben!» Während ich

die Mappe vom Holzstock nehme, fällt mein Blick auf vier signalrote Pfosten, zwischen denen ich mein Auto geparkt ha-

be. Hier baut Luzi in den kommenden Wochen ein Haus zusammen, nummeriert jedes Stück und transportiert es dann

auf den Bauplatz. «Wir haben Zeit. Sie sind mit dem Betonieren des Fundaments noch nicht fertig.» Der Aufbau erfolgt

schnell, ist in ein paar Tagen abgeschlossen und kann dann eingedeckt werden. Doch Luzi hat schon Recht, wenn er sagt:

«Mein Haus habe ich selber gebaut. Es ist einmalig. So was siehst du nirgends.» Die Landquart reisst, ein Spaziergänger

mit Hund kommt vorbei. Ich fahre mit den Fingern über den Stamm und verabschiede mich. Wir schütteln uns die Hand.

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oyster perpetual day-date

1956 präsentierte Rolex die Day-Date, die erste Uhr, die nicht nur das Datum, sondern auch den ausgeschriebenen Wochentag

anzeigte. Heute kann die Wochentagsanzeige in 26 Sprachen gewählt werden. Ausschliesslich aus Gold oder Platin gefertigt, ist

sie so exklusiv wie die Menschen, die sie tragen. ROLEX.COM

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Schönheit ist vergänglich, heisst es. Und doch bleibt sie über alle Zeiten hinweg als Ideal lebendig. Diesem

Rätsel der unvergänglichen Vergänglichkeit ging die Galerie Anne Kaiser am Heinzenberg nach.

TEXT UND FOTOS GALERIE ANNE KAISER

IRDISCHE HÖHENFLÜGE

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Weisse Bergspitzen, blühende Wiesen. Selbst die Jahres-

zeiten scheinen sich harmonisch zu vereinen, hier am Heinzenberg, an diesem durch «seine Fruchtbarkeit und herrliche

Ansicht und Aussichten berühmten Berg in Graubünden», wie 1829 selbst eine Enzyklopädie schwärmte. Und mehr

noch wird da über den Heinzenberg festgehalten: «Der französische Prinz Rohan, welcher während des Dreissigjährigen

Krieges mit eidgenössischer Hilfe die Österreicher aus Bünden vertrieb, nannte ihn den schönsten Berg der Welt.»

Diese Schönheit wollte Rohan verewigt wissen und liess den Berg «in einem Gemälde darstellen, welches nach Versailles

kam». Doch blieb ihm die Schönheit ebenso wenig erhalten wie die Gunst der Bündner. Rohans Truppen wurden vertrie-

ben, er selbst fiel am französischen Hof in Ungnade.

Anderen Kriegsherren mit einem Faible für die Schönheit erging es allerdings noch schlimmer: Der Raub der Helena

kostete den Prinzen Paris das Leben und seine Stadt Troja die Existenz. Und selbst Götter hatten kein Glück mit der

Schönheit: Als Apoll der Nymphe Daphne nachstellte, verwandelte sich diese in einen Lorbeer.

Schönheit, so sagen es alle drei Geschichten, lässt sich weder besitzen noch erhalten. Am Heinzenberg scheint sie

zwar auch 400 Jahre nach Rohans Bewunderung noch lebendig, nahezu unverändert, doch schwärmte bereits die

Enzyklopädie 1829 nicht nur von dem Berg, sondern wusste auch, dass selbst hier Schönheit und Schrecken nahe bei-

einander liegen. Der Bergbach Nolla brach über Jahrhunderte hinweg immer wieder aus, die Sturzfluten «verbreiteten

ihre Verheerungen bis Thusis und ins Domleschger Thal». 70 Verbauungen brauchte es, bis der Bergbach zu Beginn

des 20. Jahrhunderts endlich gezähmt war.

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Am He in zenberg l iegen

Schönheit und Schrecken naturbedingt nahe beieinander.

Kulturgeschichtlich tun sie es aber ebenfalls. Wurde Helena

als personifizierte Schönheit dem Prinzen Paris und der Stadt

Troja zum Verhängnis, so sollen am Fusse des Heinzenbergs

Hexen ihr verführerisches Unwesen getrieben haben, und

selbst in modernen Zeiten wird jeder schönen Frau noch

das Anrüchige einer Femme Fatale zugeschrieben.

Brauchte es am Heinzenberg aber 70 Eingriffe, um

dem Schrecken Meister zu werden, benötigte es in der

Kulturgeschichte nur der Moral. Wer dem Verführerisch-

Verhängnisvollen widersteht, so die Lehre, dem zeigt sich

die wahre Schönheit als tugendhaft und gut. Pech ist das

nur für die Schönheit, die zwischen solchen Gegensätzen

von Ideal und Sünde ihr Dasein fristen muss.

Hoch oben auf dem Heinzenberg aber scheint sich dieser

Gegensatz aufzulösen, denn hier, wo die Schönheit enzyklopä-

disch verbrieft zu Hause ist, ergibt sich ein Schwebezustand

zwischen Himmel und Erde, entschwindet der Gegensatz

von Tugend und Laster, scheint die Natur der Schönheit

gleichbedeutend mit der Schönheit der Natur.

Ob sich hier auch der Gegensatz von Kultur und Natur

auflöst, das sollte eine künstlerische Intervention zeigen.

Eine Intervention mit Kunstwerken aus einem völligen an-

deren Kulturraum, mit Nomadenteppichen aus dem per-

sischen Zagrosgebirge. Wenn diese Kunstwerke wahrhaft

schön sind, so sollten sie auch die Schönheit der Natur

nicht stören, sondern vielmehr mit ihr harmonieren, so die

Überlegung.

K U N S T H A N D W E R K

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Erstaunlicherweise ergaben sich über die Kulturen hinweg mehr Gemeinsamkeiten zwi-

schen Heinzenberg und Zagrosgebirge als Unterschiede. Allein, weil an beiden Orten die Natur auch die Lebensführung

vorgibt. Wird hier in Graubünden Alpwirtschaft betrieben, so ziehen auch die persischen Nomaden im Sommer hoch

hinauf ins Gebirge. Und gleich wie hier in Graubünden das Kunsthandwerk und die Baukultur mit der Landschaft har-

monieren, zeugen auch die handgefertigten Nomadenteppiche aus dem Zagrosgebirge von Naturverbundenheit. Die

Schafwolle, eingefärbt mit Pflanzenfarben, wird von Hand geknüpft, die Teppiche sind ebenso Gebrauchsgegenstände

wie die kunsthandwerklichen Erzeugnisse in Graubünden. Das Knüpfen der Teppiche stellt überdies einen Zeitvertreib dar

und ermöglicht einen Zusatzverdienst, ganz wie einst in Graubünden das Stricken oder Schnitzen.

So also zeigt sich: Zwischen beiden Kulturen bestehen viele Gemeinsamkeiten, was die echte, unverfälschte Kunst be-

trifft. Hier wie dort zeugen sie von Ursprünglichkeit und von Naturverbundenheit.

Ob bei dieser Intervention auch die Natur und Kultur mehr eine Harmonie eingehen, als Gegensätze zu bilden, das

sei hier der Leserin oder dem Betrachter selbst überlassen. Das Grundgefühl von der Sehnsucht nach dem Echten,

Unverfälschten, nach einer Lebensführung, die sich in Einklang mit der Natur vollzieht, das haben aber wohl alle

Menschen. Und vielleicht ist es gerade heute auch nötig, sich auf dieses Ursprüngliche zu besinnen, bevor es sich in

Hektik und Hysterie auflöst.

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Niki de Saint PhalleMythen – Märchen – Träume

27. Juni – 1. November 2009

Mo - So 10 - 17 UhrDo 10 - 20 Uhr

Kulturforum Würth Chur Aspermontstrasse 1 7000 Chur Tel. 081 558 0 558 www.kulturforum-wurth.ch

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Die Alpenstadt Chur zeigt mit der Ausstellung «Niki and Friends» herausragende Kunstwerke des «Nouveau

Réalisme». Diese stellen auf fantastisch reale Weise die Frage nach dem Verhältnis von Sinn und Sinnlichkeit.

Dadurch wird Kunst historisch und philosophisch ebenso neu erfahrbar wie individuell erlebbar.

TEXT THOMAS KAISER | FOTOS LEONARDO BEZZOLA UND CHRIST IAN BAUR

DAS FANTASTISCHE DES ALLTÄGLICHEN

Page 90: Graubünden Magazin Ausgabe 16

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Heirat, neue Arbeitsstelle, Verlust von Menschen, Geburt von Kindern:

Manche Ereignisse unterteilen das Leben in Zäsuren, gleichsam wie sich in der Weltgeschichte durch Entdeckungen

oder Kriege Epochen ergeben. Vergessen geht dabei aber oft das Eigentliche; all die Geschichten, die vor den Zäsuren

stehen, sie erst ermöglichten. Der Heirat ging die Liebe auf den ersten Blick oder das langsame Kennenlernen voran,

für die Entdeckung Amerikas brauchte es mitunter die Erfindung von Segelschiffen.

Auch kulturelle Strömungen versucht man oft in epochale Schubladen zu stecken. Darüber schien sich allerdings bereits

René Magritte lustig zu machen, als er 1929 seine berühmte Tabakpfeife malte und darunter schrieb, dass diese Pfeife

gar keine sei. Natürlich, Magritte hatte ja auch keine Pfeife geschaffen, sondern nur ihr Abbild gemalt. Mit seinem be-

rühmten Spruch «Ceci n’est pas une pipe» verschrieb sich Magritte aber weit weniger dem Surrealismus oder blossen

Witz, sondern vielmehr einer grossen Frage, deren Geschichte bis in die Antike reicht und auch heute noch unbeant-

wortet ist. Die Frage, was ein Ding überhaupt ausmacht, warum es als solches erkennbar ist. Damit beschäftigte sich

Platon, darüber stritten die Gelehrten im Mittelalter, dazu hat sich bis heute kein Konsens ergeben.

Wesentliches statt Zweckdienliches

Wenn in diesem Sommer die «Nanas», die fülligen Frauengestalten von Niki de Saint Phalle, in Chur zu sehen sind, wenn

Jean Tinguelys magische Maschinen losrattern oder Daniel Spoerrys Arrangements aus Alltäglichkeiten die Sinne ver-

wirren, dann stellt sich diese Frage nach dem Wesen der Dinge erneut. Und zwar auf schönste Weise.

Hatte sich René Magritte noch jede Deutung seines Bildes verbeten und deswegen auch den Surrealisten Salvador

Dalì aus einer Ausstellung rausgeworfen, thematisierten die Künstler des so genannten «Nouveau Réalisme» wenige

Jahrzehnte später das Wesen der Dinge ganz direkt. Sie hatten genug von der abstrakten oder surrealen Kunst, sie

suchten nach der direkten Auseinandersetzung mit dem Alltag. Mit ihren eigenen Worten ausgedrückt, suchten sie eine

«neue Annäherung der Wahrnehmungsfähigkeit an das Reale».

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Jean Tinguely baute dafür aus industriellen und technischen Teilen Maschinen zusammen, die wahlweise über ihren

Höllenlärm oder das poetische Zusammenspiel der Einzelteile das augenscheinlichste Wesen von Maschinen und Dingen

überhaupt in Frage stellten: ihre Zweckdienlichkeit. Bei Tinguely macht nicht mehr die Nutzungsmöglichkeit das Wesen

einer Maschine aus, viel realer ist bei seinen Werken das Eisen, der Rost, das Rauchen, Kreisen, Kreischen, das fan-

tastisch Reale der zweckfreien Maschinen.

Daniel Spoerri griff in den 1960er-Jahren dagegen im wahren Sinne des Wortes Alltagssituationen auf: Er fixierte

Teller und Weinflaschen, Speiseresten und Servietten, brachte diese Szenerien in die Vertikale und erklärte sie so zu

eigentlichen Bildern. Wie bei barocken Stillleben scheint den Gegenständen auch hier eine Symbolkraft innezuwohnen –

nur steht hier kein Totenkopf mehr für die Vergänglichkeit, symbolisieren keine Blumen mehr die Fülle des Lebens. Hier

stehen die Gegenstände für sich selber. Das ist verwirrend einfach. Und dadurch einfach verwirrend.

Kunst als Emanzipationsform

Das Fantastische der Tinguely-Maschinen oder das Selbstreferenzielle von Spoerris Fallenbildern findet sich auch bei Niki

de Saint Phalle, die weit mehr schuf als die bekannten «Nanas» mit ihrer ambivalenten Magie zwischen urmütterlicher

Fülle und mädchenhafter Farbigkeit. Niki de Saint Phalle war auch Aktionskünstlerin, schoss mit Farbpatronen auf Gips-

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flächen, war die vom Vater missbrauchte, von der Kunstkritik stiefmütterlich behandelte Frau, eine Frau aber auch, die

sich über die Kunst emanzipierte – und damit auch einen wichtigen Beitrag leistete für einen «Nouveau Réalisme», der

damit auch über die Kunst hinausgeht.

Die grosse Sommer-Ausstellung «Niki and Friends» stellt diese Künstlerin nun fern der einstigen, einfachen Zu-

schreibungen in den Mittelpunkt des Künstlerkreises des «Nouveau Réalisme» und weitet diesen zugleich zu einem

wahren Kunstreigen aus: Im Kulturforum Würth, dem Bündner Kunstmuseum, in der Galerie Luciano Fasciati, dem

Kunstraum Sandra Romer, im Foyer des Rathauses und auch im öffentlichen Raum der Stadt wird der «Nouveau

Réalisme» auf fantastisch vielseitige Weise gezeigt, auch mit Brückenschlägen zur Gegenwartskunst, mit Echos

von jungen Künstlern, mit Filmen, Fotografien und auf wirklich bewegende Weise, etwa, wenn Jean Tinguelys

«Klamauk»-Maschine durch Chur fährt. Kurzum: «Niki and Friends» macht die Magie der einfachen Dinge jenseits

ihrer Zweckdienlichkeit erfahrbar, macht Kunst jenseits von Abstraktion oder elitärem Gestus direkt erlebbar. Damit gibt es

diesen Sommer im wahren Sinne des Wortes in Chur Lebenskunst. Das Erlebnis, wie fantastisch das Alltägliche wirklich ist.

>>> «Niki and Friends»: Ausstellung mit Werken des «Nouveau Réalisme» in Chur. Dauer: 27. Juni bis

23. August 2009. www.niki-chur.ch

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Mit «Know-how, Biss und Mut» umschreibt Ivo Frei das Erfolgsrezept seiner deep AG. Der Mut zur Innovation

zahlt sich aus. Und der Erfolg gibt ihm Recht. Die deep-Story ist beeindruckend.

TEXT ADRIAN SUTER | FOTOS MARCO LOOSER

DEEP AG: VON 0 AUF 40 IN 9 JAHREN.UND NACH ZUG.

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Mit einem Team von mittlerweile 40 Internet-Profis reiht die Firma deep AG – in einer wett-

bewerbsintensiven Branche – seit 9 Jahren Erfolg an Erfolg. CEO und VR-Präsident Ivo Frei hat die Nase im Wind und

setzt mit Fingerspitzengefühl seit Jahren konsequent auf innovative Eigenentwicklungen und hochqualifizierte Mitar-

bei tende.

Sich mit Know-how zum Branchenleader entwickelt

Die Internet-Agentur hat sich längst zum wichtigen Player in der Region entwickelt. So haben sich schweizweit bis

heute bereits sechs etablierte grössere Unternehmen aus der Telekommunikationsbranche für eine Übernahme des

Südostschweizer Marktführers interessiert. Doch Frei versichert augenzwinkernd: «Die deep AG bleibt in Bündner Hand,

denn wir erobern den Schweizer Markt auch von Chur aus.»

Gegründet wurde das Unternehmen im Jahr 2000 als Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Zwei Jahre später

wurde aus der GmbH eine AG – und Ivo Frei zum Neuunternehmer des Monats gewählt. Seitens Jury attestierte man

Frei – schon damals clever und smart – grosses Know-how und eine «erfrischende Art». Ein Jahr später stand Frei als

Neuunternehmer des Jahres auf dem Podest. Und man fragte sich, wie nachhaltig dieser Erfolg sein kann angesichts

der hochdynamischen, auch unsicheren Branche, in der das Unternehmen tätig ist.

Page 96: Graubünden Magazin Ausgabe 16

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Mit Biss im Markt auf Expansionskurs

Die Dotcom-Blase forderte weltweit ihren Tribut. Während sich andere Unternehmen weltweit reihenweise von der

Marktbühne verabschiedeten, ging Frei mutig und zielstrebig auf Einkaufstour: 2002 befreite deep das ursprünglich

bündnerische Internet-Pionier-Unternehmen SPIN GmbH mit dessen Übernahme aus amerikanischer Hand – und führte

es als Tochterunternehmen auf die Erfolgsstrasse zurück. 2006 übernahm die deep AG die Internet-Agentur catchme,

und 2008 kaufte sie den Internet-Provider Casanova Digital. Drei Akquisitionen in sechs Jahren – vor Augen stets

Qualität, Innovation und Service gegenüber einer wachsenden Kundschaft.

Mit Mut der Innovation verpflichtet

Besonders der Innovation misst Frei grosse Bedeutung bei: Im Jahr 2003 kündete er der SPAM-Plage schweizweit den

Kampf an, lancierte «MailGuard» und bekämpfte damit medienwirksam den 100 000. Virus. Im selben Jahr lancierte

Frei den ersten «Hotspot» in Graubünden und das günstigste ADSL aus Graubünden – drei Innovationen in einem Jahr.

Das Unternehmen startete durch. Im Jahr 2004 folgte das Sicherheits-Paket Webguard für KMU und das Family-

Paket für Familien. Wieder ein Jahr später präsentiert deep Internet-Telefonie. Zwischendurch engagiert sich Frei für

Internet-basierte generationenübergreifende Lernplattformen für Jung und Alt oder Musikplattformen für die Bündner

Musikszene. Im Jahr 2009 schiesst Frei den Vogel ab – und lanciert mit deep-TV ein eigenes Fernsehangebot und er-

öffnet einen zweiten Firmensitz im Zentrum der Stadt Zug. Wie das möglich ist? «Sachverstand, Energie und manchmal

etwas viel Mut», meint Frei selbst; wieder augenzwinkernd – eben in seiner frischen Art.

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B U S I N E S S

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Erfolgreich auch sich selbst geblieben

In der Tat hat sich Ivo Frei (31) seinen jugendlichen Charme bewahrt. Man fragt sich, wie. Frei ist ein «Workaholic»,

aber eben einer mit Köpfchen. Bei seinen Mitarbeitenden gilt er als souveräner Chef: Sein Organisationstalent wird

bewundert, sein Auge für das Detail gefürchtet. Der Vollblutunternehmer lässt sich nichts vormachen und redet überall

Klartext. Vieles, das er heute vertritt, hat er selbst von der Pike auf gelernt. Seine Sporen verdiente er sich zwischen

1998 und 2000 als Leiter e-Banking der Graubündner Kantonalbank ab. Der Schritt in die Selbständigkeit kam rück-

blickend zum richtigen Zeitpunkt. Gefragt war Know-how, Biss und eben Mut. Frei vereint dies noch heute perfekt. So

gilt er längst als gefragter Interviewpartner oder Fachdozent an diversen Institutionen.

Gut gerüstet für weitere Top-Leistungen

Mittlerweile erzählen über 100 Medienberichte Episoden aus der deep-Story. Auch das macht die Firma zur be-

gehrten Arbeitgeberin. Das Unternehmen bietet 40 hochqualifizierte Arbeitsplätze am Churer Hauptsitz und neu auch

Ausbildungsplätze. Der Teamgeist ist spürbar wie selten in einem Unternehmen und die Kundschaft freut sich seit Jahren

über konkurrenzfähige Qualitätsdienstleistungen aus Graubünden.

Angesprochen auf die Zukunft kann sich Ivo Frei ein Schmunzeln nicht verkneifen: 2010 steht die «deep-10-Jahre-

Jubiläumsfeier» bevor. Dass man gespannt sein darf auf das Wie, braucht nicht betont zu werden. Ein weiterer Pauken-

schlag in der Geschichte der deep AG.

>>> www.deep.ch

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