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2266 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. 5. JAHRGANG. Nr. 4 8 26. NOVEMBER 1926 Bronchitis und Furunkulose wurden gut fiberstanden, so dab das Kind 4 Wochen nach der Aufnahme v611ig geheilt entlassen we:den konnte. Es handelt sich also in unserem Falle urn einen vom Oh: aus- gehenden schweren Tetanus. ~ber die Inkubation l~Bt sich nichts Sicheres aussagen. De: Tampon hat wahrscheinlich, wie schon vor- her erw~hnt, sei~) Anfang April im Oh: gelegen; entweder war er primer mit Tetanussporen verunreinigt, ode: das Kind hat sich in sp~terer Zeit mit einem verunreinigten Finger ode: ether Locken- nadel, die ibm zum Ohrreinigen zur Verffigung stand, im Ohr ge- bohrt und dadurch die Infektion gesetzt. Durch den den ~iuBeren Geh6rgang abschlieBenden Tampon waren Iiir das Wachsium der Tetanusbaeillen g~nstige anaerobe Bedingungen geschaffen. Ffir das Eindringen der Toxine in den K6rper kommen 2 Wege in Frage : I. eine kleine L~sion im ~ul3eren GehSrgang und 2. eine Trommel- Iellperforation und Weiterwanderung durch das Mittelohr. Die negativen Kulturergebnisse der bet der Operation erhaltenen Knochen- und Gewebsfetzen sprechen nicht unbedingt gegen die zweite M6gliehkeit, da bekanntlich der Nachweis yon Tetanus- bacillen nicht in allen klinisch sieheren F~llen gelingt. Fflr die Schwere des Falles sprechen die starken Glottis- und Zwerchfellkr~mpfe, deren Auitreten bet jedem Tetanus die Prognose sehr ernst gestaltet, welt sie oft zur Todesursache werden. Schon PRXB~AM ~) hat auf diese ungflnstige Kombination beina Tetanus hin- gewiesen. Im Gegensatz zu den sonstigen Beobachtungen waren bet unserem Patienten AnfXlle dutch Beriihrung oder GerXusche nicht anszul6sen, sondern auffallenderweise verlangte das Kind bet den starken epigastrischen Schmerzen spontan nach einem Streicheln der ]3auchdeeken, um die t3eschwerden zu lindern. Mit Narkoticis sollte man bet Tetanuskranken nie sparen; vor ether Schematisierung mul3 abe: dringend gewarnt we:den, genaueste Beobachtung und Anpassung an die Bedt~rfnisse des Patienten sind unerlXBlich. So haben wir die besten Erfolge vom Chloralhydrat gesehen, w~hrend die yon JADASSOHN und Sr~EIT S) angegebene intraven6se Magnesiumsulfattherapie kombiniert mit Traubenzucker weniger wirksam war, vielleicht waren die ange- wandten Dosen zu niedrig bemessen. Die yon M~LZER und such yon Koc~ER emp~ohlene Tracheo- tomie und Sauerstoffinsufflation ist zwar schon seit Jahren bekannt, scheint aber wenig angewandt worden zu seth, vielleicht aus Furcht vor ether sekund~ren Pneumonie. Wir batten abe: bet nnserem Kinde den gr6Bten, unvergeBIichen Eindruck yon dieser lebens- rettenden Therapie; wit m6chten daher dringend raten, bet alien ~hnliehen FMlen mit starken Glottis- und Zwerchfellkr~tmpfen wie- der auf diese Behandlungsweise zuri~ckzugreffen. L i t e r a t u r: 1) Dtsch. reed. Wochenschr., Nr. 20, S. 555,192 :. -- 2) Klin. Wochen- schrift 1915, S. 865, 896, 907. -- ~) Klin. Wochenschr. :925, S. I498. PRAKTISCHE ERGEBNISSE. GRUNDLAGEN UND BEDINGUNGEN DER LICHT- BEHANDLUNG INNERER KRANKHEITEN*). Von LUDWIG PINCUSSEN. Aus dem biologisch-chemischen Institut des St~idt. Krankenhauses am Urban, Berlin. hn Gegensatz zu de: Behandlung mit R6ntgenstrahlen hat die Therapie mit HiKe der Lichtstrahlen nocli bet weitem nicht den Platz errungen, der ihr gebfihrt. Es sind zwar be- deutungsvolle Erfolge gezeitigt worden, seitdem FINSEN gelehrt hat, den Lupus mit der konzentrierten Strahlung de: Kohlenbogenlampe zu behandeln; diese Erfolge liegen abe: bisher fast ausschliel31ich auf chirurgischem Gebiet, ins- besondere auf dem de: chirurgischen Tuberkulose, wo durch di%bahnbrechenden Arbeiten yon ROLLIER und B.ERNHARD wahrhaft staunenerregende Erfolge erreicht worden sind. Die innere Medizin hat bisher yon de: Strahlentherapie so gut wie keinen Gebrauch gemacht. Es scheint sogar, dab ernst- hafte Arzte sich vielfach scheuen, auf diesem Gebiete zu arbeiten, dab sie die Lichttherapie fiberhaupt nicht recht ernst nehmen, was freilich sich zum Teil dadurch erklfiren dfirKe, dab durch eine zfigellose Reklame und eine wahllose An- wendung haupts~ichlich yon Laienseite diese Behandlungsart in starken Mil3kredit gekommen ist. Lediglich ffir die Rachitis sind systematisch die Wirkungen des Lichtes ausgenutzt wor- den, mit bestem ]~rfolge, wie nicht bestritten werden kann. Und doch wird ea Zeit, dab die Arzte sich de: Licht- behandlung mehr sis bisher annehmen, dab sie sie nicht nut als gelegentliches, im wesentlichen suggestives Hilfsmittel be- trachten, sondern' versuchen, die einwandfreien experi- mentellen Ergebnisse auch in die Krankenbehandlung tiber- zuleiten. Ich m6chte ~n dieser Stelle zusammenfassend im wesentlichen fiber eigene, meist experimentelle, zum kleineren Tell such am Kranken gewonnene Ergebnisse berichten, die zeigen sollen, dab wir mit Lichtbestrahlung ganz typische und wesentliche Veriinderungen im Ablauf de: K6rperfunk- tionen setzen k6nnen. Zun~ichst m6chte ich bemerken, dab die Lichtwirkung, gleichviel, welche Lichtquelle uns zu Gebote steht, set es das natiirliche Sonnenlicht, set es die Quecksilberquarzlampe, die leider immer noch den sinnentstellenden Namen ,,kfinst- liche H6hensonne" fiihrt, set es das de: Sonnenstrahlung viel ~ihnlichere Kohlenbogenlicht, set es endlich die hochkerzige, *) Vortrag, gehalten in der Sektion ffir Innere Medizin de: 89. Tagung Deutscher Naturforscher und 24xzte in Diisseldorf. gasgeftillte Gliihlampe, erheblich verst~rkt werden kann, wenn wit den Organismus ,,sensibilisieren". Im AnschluB an die grundlegenden Befunde yon TAPPEINER und JO1)LBAUER, die die Wirksamkeit sensibilisierender Farbstofie bet niederen Organismen festgestellt haben, habe ich systematisch seit fast 1 4 Jahren diese Methodik auf den WarmbKiterorganismus fibertragen und gezeigt, dab durch Zufuhr gewisser, besonders fluorescierender Farbstoffe, wie Eosin, Anthracenfarbstoffe, Methylenblau und anderer mehr, die Wirkung des Lichtes auI die StoffwechselvorgXnge in weitem AusmaBe geseeigert wird. Man macht j etzt yon meiner Methode bekanntlich auch bet der Behandlung de: Rachitis Gebrauch. Was die VerS,nderungen unter Strahlenwirkung im Warm- blfiterorganismus betrifft, so babe ich in den letzten Jahren besonders die Umstellungen im Mineralhaushalt studiert. Es zeigen sich sehr charakteristische Verschiebungen der einzelnen Ionen untereinander, und zwar sowohl im Blute wie im Harn, wie endlich -- und das hake ich fiir ganz besonders wesentlich -- in den Organen. Unter Bestrahlung nimmt im Blute des Menschen, auch des Versuchstieres, das Kalium ab, das Calcium bleibt, wenn es vorher no:male H6he hatte, auf dieser stehen; war es niedrig, tritt eine Erh6hung, in der Regel bis zum normalen Niveau, kaum h6her, auf. So ergibt sich eine charakteristische Verschiebung des Quotienten CaP cium : Kalium, deren AusmaB yon de: Dauer der Bestrahlung, de: Sensibilisierung und anderen, noch nicht genau feststell- baren Bedingungen abh~ngig ist. Im Ham habe ich bet Kaninchen, welche ich in Davos untersuchte, die also dem Lichte de: Hochgebirgssonne ausgesetzt waren, gegens~tzliche Verschiebungen Ieststellen k6nnen. Die Kaliumausscheidung nahm sehr erheblich zu, die Calciumausscheidung nahm ab, so dab demnach eine Verschiebung de~ Quotienten Kalium zu Calcium in positivem Sinne resultierte. Auch das VerhS.ltnis Calcium:Magnesium im Harne zeigt eine Verminderung. Das AusmaB dieser Ver~inderungen ist nun such abh~ngig yon de: Nahrung, es war welt gr6Ber beim Tier, das mit Haler ern~ihrt war, als bei dem mit Karotten gefiitterten. Ich glaube, diese Unterschiede im wesentlichen auf den verschiedenen Mineralgehalt de: Nahrung -- Hafer ist relativ weir reicher an Calcium, Karotten an Kalium ~ zurfickffihren zu mfissen. Die Ver~inderungen in den Organen de: Tiere -- gleich- ern~hrte Kaninchen derselben Provenienz wurden teils in Berlin, teils in Davos im Dunkeln gehalten bzw. bestrahlt -- sind recht bemerkenswert. Oberali Verschiebungen der ver- schiedenen Kationen, teils bleibend, teils nach gewisser Zeit

Grundlagen und Bedingungen der Lichtbehandlung Innerer Krankheiten

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Page 1: Grundlagen und Bedingungen der Lichtbehandlung Innerer Krankheiten

2266 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 5. J A H R G A N G . N r . 4 8 26. NOVEMBER 1926

Bronchitis und Furunkulose wurden gut fiberstanden, so dab das Kind 4 Wochen nach der Aufnahme v611ig geheilt entlassen we:den konnte.

Es handel t sich also in unserem Falle urn einen vom Oh: aus- gehenden schweren Tetanus. ~ b e r die Inkuba t ion l~Bt sich nichts Sicheres aussagen. De: Tampon ha t wahrscheinlich, wie schon vor- her erw~hnt, sei~) Anfang April im Oh: gelegen; entweder war er pr imer mi t Tetanussporen verunreinigt , ode: das Kind ha t sich in sp~terer Zeit mi t einem verunreinigten Finger ode: ether Locken- nadel, die ibm zum Ohrreinigen zur Verffigung stand, im Ohr ge- bohr t und dadurch die Infektion gesetzt. Durch den den ~iuBeren Geh6rgang abschlieBenden Tampon waren Iiir das Wachs ium der Tetanusbaeil len g~nstige anaerobe Bedingungen geschaffen. Ffir das Eindringen der Toxine in den K6rper kommen 2 Wege in Frage : I. eine kleine L~sion im ~ul3eren GehSrgang und 2. eine Trommel- Iellperforation und Weiterwanderung durch das Mittelohr.

Die negat iven Kulturergebnisse der bet der Operation erhal tenen Knochen- und Gewebsfetzen sprechen n icht unbedingt gegen die zweite M6gliehkeit, da bekannt l ich der Nachweis yon Tetanus- bacillen nicht in allen klinisch sieheren F~llen gelingt.

Fflr die Schwere des Falles sprechen die s tarken Glottis- und Zwerchfellkr~mpfe, deren Aui t re ten bet jedem Tetanus die Prognose sehr ernst gestaltet, welt sie oft zur Todesursache werden. Schon PRXB~AM ~) ha t auf diese ungflnstige Kombinat ion beina Tetanus hin-

gewiesen. Im Gegensatz zu den sonstigen Beobachtungen waren bet unserem Pat ienten AnfXlle dutch Beriihrung oder GerXusche nicht anszul6sen, sondern auffallenderweise verlangte das Kind bet den starken epigastrischen Schmerzen spontan nach einem Streicheln der ]3auchdeeken, um die t3eschwerden zu lindern.

Mit Narkoticis sollte man bet Tetanuskranken nie sparen; vor ether Schematisierung mul3 abe: dringend gewarnt we:den, genaueste Beobachtung und Anpassung an die Bedt~rfnisse des Pat ienten sind unerlXBlich. So haben wir die besten Erfolge vom Chloralhydrat gesehen, w~hrend die yon JADASSOHN und Sr~EIT S) angegebene intraven6se Magnesiumsulfattherapie kombinier t mit Traubenzucker weniger wirksam war, vielleicht waren die ange- wandten Dosen zu niedrig bemessen.

Die yon M~LZER und such yon Koc~ER emp~ohlene Tracheo- tomie und Sauerstoffinsufflation ist zwar schon seit Jahren bekannt , scheint aber wenig angewandt worden zu seth, vielleicht aus Furch t vor ether sekund~ren Pneumonie. Wir ba t t en abe: bet nnserem Kinde den gr6Bten, unvergeBIichen Eindruck yon dieser lebens- re t tenden Therapie; wit m6chten daher dringend raten, bet alien ~hnliehen FMlen mit s tarken Glottis- und Zwerchfellkr~tmpfen wie- der auf diese Behandlungsweise zuri~ckzugreffen.

L i t e r a t u r: 1) Dtsch. reed. Wochenschr., Nr. 20, S. 555,192 :. -- 2) Klin. Wochen- schrift 1915, S. 865, 896, 907. -- ~) Klin. Wochenschr. :925, S. I498.

PRAKTISCHE ERGEBNISSE. GRUNDLAGEN UND BEDINGUNGEN DER LICHT-

BEHANDLUNG INNERER KRANKHEITEN*). V o n

LUDWIG PINCUSSEN. Aus dem biologisch-chemischen Inst i tu t des St~idt. Krankenhauses am Urban, Berlin.

h n Gegensa tz zu de : B e h a n d l u n g m i t R 6 n t g e n s t r a h l e n h a t die T h e r a p i e m i t HiKe de r L i c h t s t r a h l e n nocl i be t we i t em n i c h t den P l a t z e r rungen , de r ih r gebf ihr t . Es s ind zwar be- d e u t u n g s v o l l e Er fo lge geze i t ig t worden , s e i t d e m FINSEN ge leh r t ha t , den L u p u s m i t de r k o n z e n t r i e r t e n S t r a h l u n g de : K o h l e n b o g e n l a m p e zu b e h a n d e l n ; diese Erfo lge l iegen a b e : b i she r f a s t ausschliel31ich au f c h i r u r g i s c h e m Gebiet , ins- be sonde re au f d e m de : ch i ru rg i schen Tuberku lose , wo d u r c h d i % b a h n b r e c h e n d e n A r b e i t e n y o n ROLLIER und B.ERNHARD w a h r h a f t s t a u n e n e r r e g e n d e Erfo lge e r r e i c h t w o r d e n sind. Die inne re Mediz in h a t b i she r yon de : S t r a h l e n t h e r a p i e so gu t wie k e i n e n G e b r a u c h gemach t . Es s c h e i n t sogar, dab e rns t - h a f t e Arz t e s i ch v ie l f ach scheuen, au f d iesem Geb ie te z u a rbe i t en , d a b sie die L i c h t t h e r a p i e f i b e r h a u p t n i c h t r e c h t e r n s t n e h m e n , was f re i l ich s ich zum Teil d a d u r c h erklf i ren dfirKe, dab d u r c h eine zfigellose R e k l a m e u n d eine wahl lose An- w e n d u n g haupts~ichl ich yon La iense i t e diese B e h a n d l u n g s a r t in s t a r k e n Mil3kredit g e k o m m e n ist. Ledigl ich ffir die R a c h i t i s s ind s y s t e m a t i s c h die W i r k u n g e n des L ich te s a u s g e n u t z t wor- den, m i t b e s t e m ]~rfolge, wie n i c h t b e s t r i t t e n w e r d e n k a n n .

U n d doch wird ea Zeit , d a b die Arz t e sich de : L ich t - b e h a n d l u n g m e h r sis b i she r a n n e h m e n , d a b sie sie n i c h t n u t a l s gelegent l iches , im wesen t l i chen sugges t ives H i l f s m i t t e l be- t r a c h t e n , s o n d e r n ' ve r suchen , die e i n w a n d f r e i e n exper i - m e n t e l l e n E rgebn i s se a u c h in die K r a n k e n b e h a n d l u n g t iber- zu le i ten . I ch m 6 c h t e ~n dieser Stel le z u s a m m e n f a s s e n d im wesen t l i chen fiber eigene, m e i s t exper imente l l e , zum k le ine ren Tel l s u c h a m K r a n k e n gewonnene Ergebn i s se b e r i c h t e n , die zeigen sollen, dab wir m i t L i c h t b e s t r a h l u n g ganz typ i sche u n d wesen t l i che V e r i i nde r ungen im A b l a u f de : K 6 r p e r f u n k - t i o n e n se tzen k 6 n n e n .

Zun~ichst m 6 c h t e ich b e m e r k e n , dab die L i c h t w i r k u n g , gleichviel , welche L ich tque l l e uns zu Gebo te s teh t , set es das na t i i r l i che Sonnen l i ch t , set es die Q uecks i l be rqua rz l ampe , die le ider i m m e r noch den s i n n e n t s t e l l e n d e n N a m e n , ,kfinst- l iche H 6 h e n s o n n e " f i ihr t , set es das de : S o n n e n s t r a h l u n g viel ~ihnlichere Koh lenbogen l i ch t , set es end l i ch die hochkerz ige ,

*) Vortrag, gehalten in der Sektion ffir Innere Medizin de: 89. Tagung Deutscher Naturforscher und 24xzte in Diisseldorf.

gasgeft i l l te Gl i ih lampe, e rheb l i ch v e r s t ~ r k t werden kann , wenn wi t den O r g a n i s m u s , , sensibi l i s ieren" . I m AnschluB a n die g r u n d l e g e n d e n B e f u n d e yon TAPPEINER und JO1)LBAUER, die die W i r k s a m k e i t sens ib i l i s ie render F a r b s t o f i e bet n i ede ren O r g a n i s m e n fes tges te l l t h a b e n , h a b e ich s y s t e m a t i s c h se i t f a s t 1 4 J a h r e n diese M e t h o d i k au f den W a r m b K i t e r o r g a n i s m u s f ibe r t r agen u n d gezeigt, d ab d u r c h Z u f u h r gewisser, be sonde r s f luoresc ie render Fa rbs to f fe , wie Eosin, A n t h r a c e n f a r b s t o f f e , M e t h y l e n b l a u u n d ande re r mehr , die W i r k u n g des L ich te s auI die S tof fwechse lvorgXnge in we i t em AusmaBe geseeigert wird. M a n m a c h t j e t z t yon m e i n e r M e t h o d e b e k a n n t l i c h a u c h bet der B e h a n d l u n g de : R a c h i t i s Gebrauch .

W a s die VerS ,nderungen u n t e r S t r a h l e n w i r k u n g im W a r m - b l f i t e ro rgan i smus be t r i f f t , so b a b e ich in den l e t z t en J a h r e n besonders die U m s t e l l u n g e n im M i n e r a l h a u s h a l t s t ud i e r t . Es zeigen sich sehr c h a r a k t e r i s t i s c h e V e r s c h i e b u n g e n de r e inze lnen I o n e n u n t e r e i n a n d e r , u n d zwar sowohl im B l u t e wie im H a r n , wie end l ich - - u n d das h a k e ich fiir ganz b e s o n d e r s wesen t l i ch - - in den Organen . U n t e r B e s t r a h l u n g n i m m t im B l u t e des Menschen , a u c h des Versuchs t ie res , das K a l i u m ab, das Calc ium ble ib t , w e n n es v o r h e r n o : m a l e H 6 h e h a t t e , auf dieser s t e h e n ; wa r es niedr ig , t r i t t e ine E r h 6 h u n g , in de r Regel bis z u m n o r m a l e n Niveau , k a u m h6her , auf. So e rg ib t s ich eine c h a r a k t e r i s t i s c h e V e r s c h i e b u n g des Q u o t i e n t e n CaP c ium : Ka l ium, de ren AusmaB yon d e : D a u e r de r B e s t r a h l u n g , de : Sens ib i l i s ie rung u n d anderen , n o c h n i c h t genau fests te l l - b a r e n B e d i n g u n g e n a b h ~ n g i g ist. I m H a m h a b e ich bet K a n i n c h e n , welche ich in D a v o s u n t e r s u c h t e , die also d e m Lich te de : H o c h g e b i r g s s o n n e ausgese t z t waren , gegens~tz l iche V e r s c h i e b u n g e n Ies t s te l len k6nnen . Die K a l i u m a u s s c h e i d u n g n a h m sehr e rheb l i ch zu, die C a l c i u m a u s s c h e i d u n g n a h m ab, so d a b d e m n a c h eine Ve r sch i ebung de~ Q u o t i e n t e n K a l i u m zu Ca lc ium in p o s i t i v e m Sinne resu l t ie r te . A u c h das VerhS.l tnis C a l c i u m : M a g n e s i u m im H a r n e zeigt e ine V e r m i n d e r u n g . Das AusmaB dieser Ver~inderungen i s t n u n s u c h a b h ~ n g i g yon de : N a h r u n g , es wa r we l t gr6Ber b e i m Tier, das m i t H a l e r ern~ihrt war, als bei d e m m i t K a r o t t e n gef i i t t e r t en . I ch glaube, diese U n t e r s c h i e d e im wesen t l i chen au f den v e r s c h i e d e n e n M i n e r a l g e h a l t de : N a h r u n g - - H a f e r i s t r e l a t i v weir re icher an Calcium, K a r o t t e n a n K a l i u m ~ zurf ickff ihren zu mfissen. Die Ver~inderungen in den O r g a n e n de : Tiere - - gleich- e r n ~ h r t e K a n i n c h e n de r se lben P r o v e n i e n z w u r d e n tei ls in Ber l in , te i ls in D a v o s i m D u n k e l n geha l t en bzw. b e s t r a h l t - - s ind r e c h t bemerkenswer t . Obe ra l i V e r s c h i e b u n g e n der ver- sch iedenen K a t i o n e n , tei ls b le ibend , te i ls n a c h gewisser Zei t

Page 2: Grundlagen und Bedingungen der Lichtbehandlung Innerer Krankheiten

26. NOVEMBER 1926 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 5. J A H R G A N G . Nr. 48 2267

wieder zurfickgehend. Besonders hervorheben m6chte ich die VerhMtnisse in der Leberasche; hier t r i t t eine sehr erhebliche Verschiebung des Quotienten Calcium zu Nalium im Sinne einer Kaliumvermehrung auf, die so weft gehen kalln, dab die Kaliummenge relativ fast das Doppelte der bei den Dullkel- kontrollen festgestellten betr~gt, t~s liegt auI der Hand, dab solche Ver~nderullgen auf den Stoffwechsel des Leberlabora- toriums in wichtiger Weise eillwirkell mfissen. DaB die fer- mentat iven Vorgange dutch Licht, besonders auch bei Gegen- wart gewisser Salze, erheblich ver~indert werden k6nnen, ist ill einer Reihe yon Untersuchungen yon mir llachgewiesen worden. Seltsamerweise habe ich in der Lunge solche Ver- schiebullgen unter LichteinfluB ill keinem Falle gesehell, da- gegen feststellen k6nnen, dab im Hochgebirgsklima eine deut- liche progressive Steigerung des relativen Calciumgehaltes stattfindet, eine Tatsache, die vielleicht f fir die Beeinflussullg der Lungentuberkulose im Hochgebirge nicht ohne Interesse ist.

Dieser Verschiebung der Salze unter Lichtwirkung stehen ganz eigenartige Tatsachen gegenfiber, die ich all Wasser- tieren, besonders Kaulquappen, beobactltet habe, und fiber die ich bereits kurz auf dem Interllationalen tPhysiologen- KollgreB in Stockholm berichtet babe. Bei genfigend inten~ siver Strahlung werdell diese Tiere llach einer gewissen Zeit dutch das Licht abget6tet. Diese T6tungszeit l~tBt sich nun in ganz charakteristischer Weise verschieben, wenn der Flfissig- keit, in welcher die Tiere schwimmen, gewisse Salze zugefiig~c werden. Es gelingt, Reihell aufzustellen, nach denen die Licht- wirkung bei Zusatz der verschiedenell Salze, die selbstver- st~ndlich in ~quimolekularen Mengen zugegeben wurden, beeinfluBt wird. Ffir die Katiollen war die Lichtsch~digung gesteigert ill der Reihenfolge Natrium, Lithium, Kalium, fiir die zweiwertigen Katiollen Calcium, Strontium, Magnesium. Hierbei ist besonders zu bemerkell, dab gegellfiber den Wasserkontrollen Kalium und Calcium direkt gegellS~tzlich wirken: w~hrend Kalium die T6tungszeit sehr erheblich herabsetzt, bleiben die in CalciumI6sullgell befindlichen Tiere viel l~tllger am Leben als die Wasserkontrollen, sie sind gegen die Wirkung der strahlenden Energie gefeit. Fiir die Anionen ergibt sich eine ganz ~hnliche Reihe, die, nach der zunehmell- den Sch~digung geordnet, vom Chlor zum Brom zum SO4, zum Fluor, zum Jod geht. Besonders das Jodion gibt auBer- ordentlich charakteristische Ver~nderungen, die wohl haupt- s/ichlich auf die Abspaltung yon freiem Jod unter Strahlell- wirkullg zurfickzuffihren sind. Es braucht wohl kaum er- w~hllt zu werden, dab in allen diesen Versuchen die Koll- zentrationen so gew~hlt wurden, dab die Dunkelkontrollen keine Sch~digung erlitten. Ganz ghnliche Verh~ltnisse linden sich auch bei anderell Objekten, z, 13. bei Fermenten und bei Blutk6rperchen. Diese Fragen werden gerade ill meinem Inst i tu t weiterer Prfifung ullterzogen. Es ist ferner sehr wahr- scheinlich, dab solche Dillge ill der Pflanzenphysiologie eine wichtige Rolle spielell. Uber den Mechanismus m6chte ich an dieser Stelle mich nicht verbreiten.

Der Stoffwechsel der organischen Substanzell unter Licht- wirkung ist wiederholt yon mir behandelt worden, und ich m6chte reich damit begnfigen, die" wichtigsten Dinge hier herauszugreifell. Versuche an mit Eosin und ~hnlichen Farb- stoffell sensibilisierten Diabetikerll, die ich kurz nach Be- endigullg des Krieges vorgenommen babe, ergaben, dab die Bestrahlung sowohl den Harnzucker wie den Blutzucker deut- lich beeinfluf~t, dab es gelang, in alien F~illen, soweit sie sich nicht durch ihre sehr grof3e Harnmenge als hypophys~r fiber- lagert darstellten, den Harnzucker stark herabzudrficken, ja sogar v611ig zum Verschwinden zu brillgen. Die Schwierigkeit scheint mir hier im wesentlichen wie auch sonst vielfach in der Dosierung zu liegen, da !ange fortgesetzte Bestrahlung durch- aus nicht immer eine weitere Besserung des Zustandes mit sich bringt. Entsprechend war die Steigerung der Toleranz sehr deutlich, auch noch langere Zeit nach Beendigung der

Behandlung anhaltend. Mir scheint, dab es sich bei diesen Erfolgen im wesentlichen um eine t3eeinflussung der fermen- tativen Vorg~nge bzw. des chemischen Geschehens handelt. Vielleicht kommen auch nerv6se Einflfisse in Frage; diese erl~l~rell wahrscheinlich die nicht nur wiederholt beim Kran- ken, sondern auch beim Versuchstier im Anfang der Bestrah- lung beobachtete kurzdauernde Zunahme des Zuckers im Blut und Harn.

Die Wirkung a u f den Purinstoffwechsel ist ebenfalls sehr eklatant. Normalerweise betrachtet man als Elldprodukt der hiermit verbulldenen Stoffwechselvorg~inge beim Menschen die Harns~ure, beim Tier das Allantoin. Unter Bestrahlung; ebenfalls vor allem nach Sensibilisierullg, ~Lndert sich das Bild. Die sonst als Endstoffe angesehenen K6rper sind im Harn deutlich vermindert, wogegen stark vermehrt die Oxals~ure auftritt. Der Abbau ist also unter Licht nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ ver~ndert: er geh• weft fiber die nor- malen Endprodukte hillaus. Da diese Verh~ltnisse auch beim Gichtiker die gleichen sind, da ferner beim Gichtiker unter Bestrahlung die Harns~ure des Blutes abnimmt, haben wit hier vielleicht doch einen Weg, um therapeutisch etwas zu er- reichen.

Ver~nderungen des Fettstoffwechsels habe ich in h6herem Ausmage ullter Lichtwirkung nicht beobachten k6nnen. Eine gewisse Abnahme der fettspaltenden Kraft des Blutes scheint mir llicht zu gentigen, um daraus irgendwelche Folgerungen zu ziehen. Sehr erheblich sind dagegen die Wandlungen, welche im Eiweigstoffwechsel auftreten. Hier k0mmen wir wieder zu der schwierigen Frage der Dosierung. Die Dinge entwickeln sich in ganz verschiedener Weise je llach der.Inten- sit , t , vielleicht auch der Qualit~t der zugefiihrten Strahlung. W~hrelld mittlere Strahlenquantit~tten zu einer Vermillde- rung der Stickstoffausscheidullg im Harn ffihren, wie auch andere Autoren angeben," wird dutch intensivere Bestrah- lung die Stickstoffausscheidung im Harll ungemein gesteigert. Unter solchen VerhMtnissen treten im Blur eiweiBspaltende Fermente auf, der Reststickstoff zeigt eille deutliche Abnahme, die z. B. bei Xanillchen sehr erhebliche Grade erreiCht. Vor- behandlung mit sensibilisierenden Farbstoffen vermehrt diese Erscheinungen ganz allgemein. Auch Jod wirkt in ganz ~hnlicher Weise; mit Jodkali geftitterte Kaninchen, die ill Davos der Sonlle ausgesetzt wurden, zeigten eine enorme Mehrausscheidung yon Stickstoff, eine augenscheinlich auf die Freisetzung yon Jod zurfickzuffihrende Erh6hung des Stoffwechsels, welche durchaus mit der durch Hyperfunktion der Schilddrtise bedingten in Parallele zu setzen ist. Auch die Komponenten des Gesamtstickstoffes zeig'en deutliche Ab- ~vandlungen, Zunahme des Ammoniaks, relative Abnahme des Harnstoffes, wohl zurfickzuffihren auf die Dysfunktion der Leber, die sich vielleicht dutch die vorher erw~hnten Ver~tnde- rungen ill der Ionenverteilung in diesem Hauptlaboratorium erkl~ren l~Bt. Unter gewissen Umst~nden zeigen auch die Aminos~uren eine Abnahme, w~hrend charakteristische Ande- rungen yon Kreatin und Kreatinill im allgemeillen fehlen.

Dieser kurze T3berblick m6gen Ihnen zeigen, dab wit doch schon eille ganze Zahl experimentell gesicherter Befunde be- sitzen und dab wit in der Lichtstrahlung ein Agens haben, dessen Wirkung wir definieren bzw. voraussehen k6nnen. Es ist noch experimentell aul3erordentlich viel auf diesem Gebiet zu tun. Immerhin w~ire es wfinschenswert, wenn die Kliniker, yon den entwickelten Gesichtspunkten ausgehend, versuchen wfirden, die experimentell gemachten Erfahrullgen in den Dienst der Krallkenbehandlung zu stellen. D er Organis- mus ist kein Reagensglas : die Reaktionell sind individuell ver- schieden. Gerade durch Beobachtungen am Krankenbet t wird es mSglich sein, die Erkenntnis yon der Wirksamkeit der Lichtstrahlell zu f6rdern und vor allem auch Beitr~tge zu der Dosierungsfrage zu liefern, deren L6sung zu den wichtig- sten Aufgaben dieses jungen Gebietes geh6rt.