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GRUNDLEGENDES FÜR GYMNASTIK UND TANZ IN DER SCHULE

Autor: Anne Brucker

Creative-Commons-Lizenz Namensnennung, Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International (CC BY-SA 4.0)

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Übersicht

• Begriffsbestimmung und Erscheinungsformen

o Gymnastik

o Tanz

o Übersicht Bewegungsgestaltung

• Gymnastik und Tanz in TRP und LP Sek I

• Hinweise zur Unterrichtsgestaltung

o Zwei verschiedene Lehrwege

o Methodische Maßnahmen

o Bewegungsbegleitung

o Handgeräte und Materialien

• Aufbau einer Unterrichtsstunde

• Entwickeln von Choreografien

• Gestalten von Choreografien

• Quellenverzeichnis

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Begriffsbestimmung und Erscheinungsformen

Gymnastik

Der Begriff Gymnastik stammt aus dem Griechischen und bedeutet „turnen, üben,

schulen“ und gilt als Kunst der Leibesübungen.

Funktionelle Gymnastik

Funktionelle Gymnastik beschreibt jede Art von Gymnastik, die zur Verbesserung

oder zum Erhalt bestimmter Körperfunktionen dient. Durch gezielte Übungen werden

motorische Grundeigenschaften (Schnelligkeit, Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und

Koordination) trainiert. Je nach Schwerpunkt gibt es unterschiedliche Formen der

Gymnastik: Aerobic, Skigymnastik, Gymnastik gegen Rückenschmerzen etc. Funkti-

onelle Gymnastik kann wahlweise mit oder ohne Musik durchgeführt werden.1

Rhythmische Gymnastik

Bei dieser Form der Gymnastik liegt der Schwerpunkt in der Entwicklung rhythmi-

scher Bewegungen zur Bewegungsbegleitung. Der Erhalt bzw. die Verbesserung

einzelner Körperfunktionen wird eher durch häufiges und intensives Üben gewähr-

leistet. Rhythmische Gymnastik kann mit und ohne Handgerät ausgeführt werden.

Bei letzterem werden meist Schrittfolgen, Drehungen und Sprünge miteinander ver-

knüpft (tänzerische Gymnastik, Jazzgymnastik). Aus der rhythmischen Gymnastik mit

Handgerät hat sich die rhythmische Sportgymnastik entwickelt, bei der Schrittverbin-

dungen mit der Nutzung verschiedener Handgeräte (Ball, Reifen, Keule, Band, Seil)

kombiniert werden.

Tanz

„Tanz ist eine persönliche, individuelle, nonverbale und psycho-physische Aus-

drucks-Bewegung, die eine enge Beziehung zur Musik […] aufweist; die sich im

Raum abspielt; die Zeit benötigt und eine bestimmte zeitliche Epoche abbildet; die

Form aufweist; Kraft und Technik voraussetzt und durch verschiedenartige Motivati-

on ausgelöst wird.“ 2

Kreatives Tanzen

Im Gegensatz zu anderen Tanzformen geht es nicht um das Erlernen tänzerischer

Prinzipien und Techniken. Im Vordergrund stehen Bewegungserfahrungen und das

Finden verschiedener Bewegungsmöglichkeiten. Dies gestattet die Entfaltung eines

individuellen Stils. Entdeckte Bewegungsmuster können dennoch mit der gesamten

Gruppe aufgegriffen und eingeübt werden. 3

1 vgl. Rosenberg 2000, S. 10f

2 Ellermann / Meyerholz 2009, S. 9

3 vgl. Rosenberg 2000, S. 14f

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Tanzformen

• Folkloristischer, historischer und spiritueller Tanz (Volkstänze, traditionelle Tän-

ze …)

• Kunst- und Bühnentanz (Ballett, Ausdruckstanz, Modern Dance …)

• Gesellschaftstanz (Standarttanz, lateinamerikanischer Tanz …)

• Schautanz (Unterhaltung der Zuschauer steht im Vordergrund: Stepptanz,

Breakdance, HipHop, Jazztanz …)

• Weitere Tanzformen (Verbindung von Tanz und weiteren Sportarten: Eistanzen,

Synchronschwimmen, Capoeira / Modetänze: Jumpstyle …)

Übersicht Bewegungsgestaltung 4

Gymnastik und Tanz in TRP und LP Sek I

Teilrahmenplan Sport der Grundschule

Gymnastik und Tanz sind im TRP in den beiden Bewegungsfeldern „Bewegen mit

Geräten und Materialien“ und „Bewegen im Rhythmus und zur Musik“ verankert. Ers-

teres sieht die Anregung der Bewegungsphantasie und Beeinflussung der Körper-

wahrnehmung sowie der Bewegungsvorstellung durch den kreativen Umgang mit

Geräten und Materialien vor. 5

Im zweiten Bewegungsfeld steht der Aufbau des Körperbewusstseins, die Entwick-

lung der Identität und die Förderung des Selbstbewusstseins im Vordergrund. Durch

die gemeinsame Gestaltung und Präsentation von Tänzen können zudem soziale

Kompetenzen, wie etwa Anpassung, Akzeptanz und Kooperationsbereitschaft 6

geschult werden.

Beide Bewegungsfelder decken vier der sechs pädagogischen Perspektiven nach

Kurz ab:

• Ausdruck (Darstellung, Gestaltung) Eindruck (Körpererfahrung)

• Miteinander (Soziales Lernen, Umwelt) Gesundheit (Fitness, Wohlbefinden)

4 Meusel / Wiesel 1995, S. 15

5 vgl. Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur 2008, S. 11

6 vgl. ebenda, S. 13

Gymnastik Tanz Bewegungs-

theater

Stilgebunden Stilungebunden Stilgebunden Stilungebunden Stilgebunden

z.B. Aerobic/Fitness-gymnastik* Rhythmische Sportgymnastik*, Rhythmische Gymnastik °

z.B. Gymnastik mit Handgerät, Mate-rialien oder Ob-jekten ° Gymnas-tik und Turnen °

z.B. Ballett °, Jazz-tanz*°, Moderner Tanz*°, Folkloren°, Gesellschaftstanz*, Rock'n'Roll*, kar-nevalistischer Tanzsport *°

z.B. experimenteller Tanz°, Tanzthea-ter°, Tanzspiel°

z.B. Darstellendes Spiel°, Panto-mime°, Sport-theater°, Zirkus-künste/ Akrobatik°

Angebote mit * sind auch als Wettkampfformen zu finden, Angebote mit ° unterliegen keinen Reglementierungen.

Abb. 1: Bewegungsgestaltung nach Meusel/ Wiesel

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Lehrplan Sport der Sekundarstufe I

Der Lehrplan sieht im Bereich Gymnastik und Tanz den Erwerb bestimmter methodi-

scher, sozialer und sachlicher Kompetenzen vor:

7 ebenda, S. 17ff

8 ebenda, S. 24ff

Bewegen mit Geräten

und Materialien

Bewegen im Rhythmus und

zur Musik

• Über Erfahrungen im Umgang mit Ge-

räten und Materialien (Seil, Reifen,

Band, Ball, Keule) verfügen

• Einfacher Fertigkeiten mit gerät und

Materialien sicher ausführen Bewe-

gungs-kombinationen zusammenstellen

und präsentieren 7

• Über vielfältige Erfahrungen im Umgang mit

Bewegungsgrundformen verfügen

• Unterschiedliche Geräusche, Klänge

und Rhythmen erfassen und diese

bewusst und spontan in Bewegung umsetzen

• Materialien zur Ausdrucksgestaltung einset-

zen und eigene Spielideen entwickeln und

verwirklichen

• Möglichkeiten und Grenzen von Improvisatio-

nen und angeleiteter Gestaltung entdecken

• Tänze unterschiedlicher Kulturen und Stilrich-

tungen benennen und präsentieren

• Tänze und rhythmische Bewegungen bei sich

und anderen beobachten und reflektieren 8

Methodenkompetenz

• Anwenden funktioneller Gymnastik auch im Rahmen anderer Sportarten

• Konzentrierte Wahrnehmung des eigenen Körpers

• Entwickeln von Kreativität in Bezug auf den eigenen Körper

• Anwenden von Gestaltungsprinzipien in der Bewegung

• Kritische Auseinandersetzung mit den Bewegungsangeboten kommerzieller Anbieter

Sozialkompetenz

• Kooperatives Verhalten innerhalb einer Gruppe, insbesondere in Phasen der Bewegungsge-

staltung

• Schaffung einer konzentrierten und zugleich entspannten Arbeitsatmosphäre, schwerpunkt-

mäßig bei Übungen zur Körperwahrnehmung

Abb. 2: Bewegungsunterschiede

Abb. 3: Lehrplan Sekundarstufe I Teil 1

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9 Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur 1998

Sachkompetenz

Körperbildung Rhythmische Bewegungsfähigkeit Bewegungsgestaltung

Klassenstufe 5/6

• Funktionelle Gymnastik (Dehnen und Kräftigen

zum Körperaufbau, Koordination, Ausdauer)

• Körperwahrnehmung (Wahrnehmung des ei-

genen und des fremden Körpers, Anspan-

nung/Entspannung, Tiefenatmung, Vertrau-

ensübungen)

• Klassenstufen 7 - 9/10

• Bewusstes Anwenden funktioneller Übungen

• Entwickeln eines Übungsprogramms

• Konzentrationsübungen

• Klassenstufe 5/6

• Grundformen der rhythmischen Gymnastik

mit Musik oder Klanginstrumenten, Bewe-

gungserfahrungen mit einem Handinstrument

• Grundformen verschiedener Tänze

• Klassenstufen 7 - 9/10

• Erfassen typischer Musikrichtungen und ihre

Umsetzung in gymnastische Bewegung, Be-

wegungserfahrungen mit einem zweiten

Handinstrument

• Verbesserung der Bewegungsqualität kom-

plexer gymnastischer Formen

• Erfassen typischer Stilrichtungen

• Klassenstufen 5/6

• Sich durch Bewegung ausdrücken (rhyth-

misch, räumlich, dynamisch, auch mit

Partner/-in)

• Klassenstufen 7 - 9/10

• Entwickeln gestalterischer Fähigkeiten (mit

Partner/-in, in der Gruppe)

• Entwickeln gestalterischer Fähigkeit auf

der Grundlage erweiterter und differenzier-

ter Bewegungsformen 9

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Hinweise zur Unterrichtsgestaltung

Zwei verschiedene Lehrwege

Deduktiver Weg (geschlossener)

• Vormachen – Nachmachen

• Bewegungsdemonstration als wichtige Hilfe

• Bewegungsanweisung (Verbal und audiovisuell), Bewegungsvorschrift, Bewe-

gungserklärung

• Korrektur

• Gelenktes, schrittweises Lernen

• Einsatz methodischer Reihen: vorbereitende Übungen, Vorübung, Ausbau der

Zielübung

Induktiver Weg (offener)

• Impulse, Bewegungsthemen oder Musik (gibt Bewegung oder Gliederung vor)

nutzen um Kreativität, Spontaneität, Phantasie anzuregen

• Stellen von Bewegungsaufgaben (als freiere methodische Maßnahmen)

→ unterrichtlicher Impuls, der den Schülern innerhalb einer bewegungsthemati-

schen Begrenzung erlaubt, eine individuelle Lösung des Problems zu finden

• Erfahrungs-, Erprobungs- und handlungsspielraum gewähren

• Durch Probieren Hemmungen ablegen (alles ist erlaubt)

• Sammeln von Bewegungs- und Körpererfahrungen

• Ausprobieren gymnastischer Formen mit und ohne Handgerät

10 Technische Universität München 2010, S. 60

Lehrertätigkeit Schülertätigkeit

1. Demonstrieren und Beschreiben der

wichtigsten Bewegungselemente /

Anweisungen

2. Mitmachen

Nachmachen

Üben

3. Korrektur und Bewegungshilfen 4. Üben

Anwenden

Gestalten 10

Abb. 5: Deduktiver Weg

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Methodische Maßnahmen

Differenzierung

• unterschiedlich schwere Tanzschritte vorgeben (leicht: nur Füße, schwer: Arme

mit dazu nehmen)

• genügend Freiraum für Improvisation lassen

• unterschiedliche Aufgabenstellungen (freie – geschlossene Aufgaben)

• begabte Kinder als Vortänzer, die auch Hilfestellung leisten

• angemessenes Lob, Korrekturen und Verbesserungsvorschläge

Gelerntes anwenden und Neues erfahren

• Wiederholung gibt Vertrauen, Bewegungsabläufe können verinnerlicht werden

• bestehendes Bewegungsrepertoire schafft Freiraum für neue Ideen und Improvi-

sation

Ansprechen unterschiedlicher Sinne

• Tastsinn (Berühren unterschiedlicher Körperstellungen beim Leisten von Hilfe-

stellungen, unterschiedliche Berührungspunkte bei Fassungen)

• Gleichgewichtssinn (Übungen mit Ständen, Drehungen etc.)

• Bewegungssinn (Beim Erlernen bzw. Planen neuer Bewegungsabläufe wird so-

wohl der kinästhetische als auch der repriorezeptive Sinn angesprochen. Sin-

neszellen in Muskeln, Gelenken, Sehnen geben Auskunft über die Stellung der

einzelnen Körperteile und deren Spannungszustand)

• Sehsinn (Nachahmen von Bewegungen, Wahrnehmen eigener Bewegungen)

• Hörsinn (Hören von Musik, Rhythmus etc.)

11 ebenda, S. 60

Lehrertätigkeit Schülertätigkeit

1. Aufgabenstellung

Bewegungsaufgabe

Verbale / rhythmisch-akustische /

optische Impulsgebung

2. Improvisation

Einzeln

Mit Partner

In der Gruppe

3. Reflexion / Gespräch

• Gegenüberstellung verschiedener

Lösungen

• Bewegungs- und Bewertungskritik

• Koordination- und Bewertung ein-

gebrachter Ideen

• Eigenbeobachtung

• Fremdbeobachtung

• Beurteilung von Lösun-

gen

4. Erneute Aufgabenstellung 5. Erneute Improvisation

6. Erneute Reflexion / Gespräch

7. Einigung auf eine Lösung 11

Abb. 6: Induktiver Weg

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Wünsche der Kinder

• Vorstellungen und Ideen der Schüler in die Unterrichtsplanung aufnehmen

• Musikgeschmack der Schüler berücksichtigen (CDs mitbringen lassen)

alle Wünsche gleichermaßen berücksichtigen 12

Arbeit mit Bildern und Vorstellungen

• abhängig vom Alter der Schüler unterstützen kleine Geschichten und Bilder die

Vermittlung von Bewegungen („Die Beine sind der stabile Baumstamm und die

Hände reichen als Äste weit in den Himmel!“)

• komplexe Zusammenhänge werden verständlicher und einprägsamer

• steigert die Qualität der Bewegungen

Interesse der Jungen für das Tanzen wecken

• Begriff „Tanz“ zu Anfang der Unterrichtseinheit vermeiden

• Lieblingsmusik mitbringen lassen

• kraftbetonte Bewegungen und szenische Elemente anstelle von ballettähnliche

Ausführungen

• Vorstellungen / Bilder wählen, mit denen sich Jungen identifizieren können (Ro-

boter, Flugzeug)

• bei Paar- und Gruppenbildungen Jungen und Mädchen mischen

• männliche Vorbilder in Breakdance und HipHop wirken motivierend

Räumliche Organisation

Bewegungsbegleitung

Generell ist unter Bewegungsbegleitung das Zusammenspiel von Klang und Bewe-

gung zu verstehen. Die Musik kann dabei als Basis dienen, d.h. der Tanzende richtet

sich nach dem was er hört („Zeige, was du hörst!“) oder die Musik untermalt die Be-

wegung der Tänzer („Spiele, was du siehst!“).

Die Bewegungsbegleitung hat im Bereich der Gymnastik und des Tanzes einen ho-

hen Stellenwert.

Die Bewegungsbegleitung

o gibt der Bewegung Ausdruck und Struktur

o unterstützt das Erlernen und Einprägen neuer Bewegungen

o gibt Anregungen zur selbstständigen Gestaltung

o motiviert und steigert die Ausdauer

o trägt zu mehr Abwechslung im Unterricht bei

Es gibt verschiedene Möglichkeiten Bewegungen zu begleiten. Die Auswahl der Be-

wegungsbegleitung ist vom jeweiligen Schwerpunkt bzw. Eignung für die jeweiligen

Übungen abhängig.

12 vgl. Fischer 2008, S. 15ff

Abb. 7: Bewegungsbegleitung

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Sprech- und Singstimme

• die vokale Begleitung bezeichnet, was man tut und wie man es tut (Sprache als

Hilfstext)

• Rhythmus, Artikulation und Stimmlage finden sich in der Bewegung wieder; ein-

zelne Worte und Silben werden zeitgleich mitgesprochen und unterschiedlich be-

tont

I I I I I

Schritt – Schritt – Seit - ga – lopp…

Klanggesten

• (umfasst alle Geräusche und Klänge, die mit dem Körper erzeugt werden kön-

nen)

• Schrittgeräusche zum Erlernen von Schrittverbindungen

• Klatschen zur Untermauerung des Rhythmus

Elementare Instrumente

• eignen sich besonders zur Rhythmusschulung z.B. Schlagwerk (Pauke, Hand-

trommel, Rasseln)

• Einsatz, Übergänge und Ende durch bestimmte Worte festlegen („Achtung los

geht´s“)

Musikanlagen

• Lehrer kann selbst vormachen, mitmachen und korrigieren

• geeignete Musik wählen (klar strukturiert, deutlich Wahrnehmbares, konstantes

Tempo, dem Alter der Kinder entsprechend) 13

Handgeräte und Materialien

Als Handgeräte des Gymnastik- und Tanz-Unterrichts kommen nicht nur die typi-

schen Geräte der rhythmischen Sportgymnastik in Frage. Gerade für jüngere Schüler

sind alternative Geräte (Tücher, größere Bälle, Stäbe etc.) oder gar Alltagsmateria-

lien (Stühle, Schirme, Hüte, Masken) besser geeignet, da sie eine vielfältigere Hand-

habung erlauben und die Kreativität der Schüler anregen. So können die konventio-

nellen Übungen der rhythmischen Sportgymnastik (s. Tabelle 14) durch zusätzliche

Handhabungen oder gar Entfremdungen erweitert werden.

13 vgl. Fischer 2008, S. 11ff

14 Technische Universität München 2010, S. 38

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2015 WWW.KNSU.DE Seite 11

Aufbau einer Unterrichtsstunde

Einstieg

Motivation / Einstimmung passend zur Thematik

• bewegungsanregende Spiele helfen Energien abzubauen und Spannung aufzu-

bauen

• Dehn- und Lockerungsübungen

• Übungen zu verschiedenen Themenkomplexen (Bewegungsformen, Raumwege,

Formationen, Tempo)

Körperbildung und Tanztechnik oder Improvisationsaufgaben

Sammeln vielfältiger Bewegungserfahrungen

• offene Bewegungsaufgaben zur Kreativitätsförderung

• Entwickeln der Improvisationsfähigkeit

Lernprozess steht im Mittelpunkt bzw. das erlernen einzelner Schwerpunkte

• gezielte Übungen zum Entdecken einzelner Körperteile, Gelenke und deren Be-

wegungsmöglichkeiten

Improvisation und Gestaltung

Anwendung oder Fortführung des Gelernten

• Üben einzelner Gestaltungselemente

• gemeinsame Erarbeitung einer Choreografie

• Improvisation, gegenseitiges Beobachten, Entwickeln von Bewegungsabläufen

Abschluss

• Abschlussgestaltung / Präsentation als Unterrichtsergebnis

• Entspannungsübungen; auch mit bekanntem Tanz 15

15 vgl. Fischer 2008, S. 20

Ball Band Keule Reifen Seil

Schwingen

Werfen und Fangen

Führen

Rollen am Boden

Rollen am Körper

Drehen, Zwirbeln

Handkreisen

Schlangen

Spiralen

Rotieren

Prellen

Schlagen

Laufen mit Durchschlag

Springen mit Durchschlag

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Entwickeln von Choreografien

Ziel des Gymnastik und Tanz-Unterrichts ist meist die Präsentation des zuvor Erar-

beiteten. Es dient nicht nur der Ergebnissicherung, sondern steigert auch die Motiva-

tion der Gruppe. Die Präsentation kann dabei schon aus kleineren Sequenzen be-

stehen. So kann nach fast jeder Unterrichtsstunde eine kleine Vorführung stattfinden.

Die Erarbeitung einer Choreographie gliedert sich in folgende Bereiche:

Imitativer-reproduktiver Bereich (vergleiche deduktiver Lehrweg)

Die Methode der Imitation bzw. des Nachahmens wird hauptsächlich bei stilgebun-

denen Tänzen (s. Pkt 2) angewandt. Von der Lehrperson als Bewegungsvorbild soll-

ten bestimmte Dinge beachtet werden:

• die Bewegung immer gleich vormachen

• auf kleinschrittiges Vorgehen achten (Tempo langsam erhöhen)

• besondere Aufmerksamkeit auf Bewegungsanfänge und -übergänge richten

• eindeutige Bewegungsvorgaben und -anweisungen

Kreativ-improvisatorischer Bereich (vergleiche induktiver Lehrweg)

Dieser Bereich legt den Schwerpunkt auf die Förderung der individuellen Kreativität.

Die Schüler erhalten Gelegenheit zur Improvisation, Variation und Kombination.

Bei allen drei Methoden sind wichtige Grundsätze zu beachten:

Aufgabenstellungen der Improvisation…

• so formulieren, dass den Schülern klar ist, was sie tun sollen, sie in ihrer Bewe-

gungsfantasie nicht eingeschränkt werden, die Aufgabenstellung aber nicht zu

offen sind

• freier oder geschlossener stellen: „So offen wie möglich, so geschlossen wie nö-

tig!“

• benötigen genügend Zeit zum Bearbeiten

Imitativ-reproduktiver Bereich

• Imitation

• Reproduktion

Kreativ-improvisatorischer Bereich

• Improvisation

• Variation

• Kombination

Produktiv-präsentativer Bereich

• Gestaltung

• Präsentation

Abb. 9: Erarbeitung einer Choreographie

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Bei der Probierphase sollten keine negativen Wertungen vorgenommen werden. Um

Hemmungen abzubauen, sollten Zuschauer nicht zugelassen werden. Improvisati-

onsübungen führen zu einer individuellen Bewegungsvielfalt und Vergrößern das

Bewegungsvokabular.

Bei der Variation sind Bewegungsmotive vorhanden, die im Hinblick auf unterschied-

liche Schwerpunkte verändert werden sollen:

• zeitlich (Tempowechsel)

• räumlich (Raumwege, -richtungen, -formen)

• dynamisch (Intensitätsveränderungen)

• technisch / stilistisch

• sozial (in Partner- oder Gruppenanpassung)

Die Methode der Kombination verbindet verschiedene Bewegungen miteinander.

Übergänge von einer Bewegung in die andere spielen hier eine entscheidende Rolle.

Produktiv-präsentativer Bereich

Kommt es zu einer Darbietung des Erarbeiteten sollten die Schüler zuvor ausrei-

chend Zeit zur Festigung des Tanzstücks erhalten. Vor größeren Auftritten (z.B. an

Schulfesten) sollten die Schüler evtl. vor kleinerem Publikum üben.

Bei jeder Art der Präsentation sollten jedoch bestimmte Aspekte berücksichtigt bzw.

geschult werden:

• Bewegungen werden von Anfang bis Ende durchgehalten

• Bewegungen beginnen aus der Ruhe heraus

• am Ende der Präsentation frieren die Tänzer für einem Moment in ihrer Schluss-

position ein

• Mimik und Gestik spielen eine entscheidende Rolle

• Schüler sollten den Kopf heben und die Augen öffnen 16

16 vgl. Ellermann / Meyerholz 2009, S. 12ff

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Gestalten von Choreografien

Die Gestaltung einer Choreografie für Kinder oder unerfahrene Tänzer sollte zwar

abwechslungsreich, aber an den Leistungsstand der Gruppe angepasst sein. Glei-

ches gilt für die Auswahl der Musik: das Lied sollte nicht monoton sein, eine klare

Struktur sowie einen gut hörbaren Takt aufweisen.

Bezüglich der Gestaltung eines Tanzes gibt es verschiedene Mittel bzw. Gestaltung-

kriterien, um eine Choreografie abwechslungsreich zu gestalten. Im Wesentlichen

können tänzerische Bewegungen in räumlicher, zeitlicher und dynamischer Hinsicht

variiert werden. Die Gestaltung des Tanzes bzw. die Auswahl der Bewegungsele-

mente sollte dabei zur Musik passen (bei Kindertänzen ist die tänzerische stark an

die musikalische Form angepasst), d.h.

• eher ruhigere Bewegungen bei langsamer Musik und umgekehrt

• Höhepunkte nutzen

• Anfangs- und Schlussbild passend auswählen

• Gegensätze einbauen, um Kontraste hervorzuheben

• Idee und Motivation des Tanzes sollte mit Inhalt und Struktur der Musik überein-

stimmen

Übersicht über die Gestaltungskriterien 17

Raum Zeit Dynamik

Raumrichtung: sechs Haupt-richtungen (vor-rück, hoch-tief, rechts-links) und die Diagonalen Körperebenen: frontal, horizon-tal, sagittal Raumebenen: hoch, mittel, tief Geradlinig, kurvig Eng weit Raumformen und Gruppie-rungen: Kreis, Linie, Spirale, Schlange, Gasse, Anordnung in Paaren, Gruppen, vereinzelt...

Tempo: schnell, langsam Accelerando, ritardando (Beschleuni-gung, Verlangsamung) Metrisch (gleichmäßig), ametrisch (un-gleichmäßig), d. h. abhängig bzw. unab-hängig von Takt und gleichbleibendem Grundschlag Rhythmus, d. h. Gestaltung eines zeitli-chen Ablaufs mit Längen, Kürzen, beton-ten und unbetonten Zeiten Bewegungsfluss: fließende und unter-brochene Bewegung (im musikalischen Sinne Artikulation: legato, staccato)

Unterschiedlicher Krafteinsatz: gespannt, gelöst, zunehmend zu und abnehmende Spannung bzw. Akzente

Abb. 10: Gestaltungskriterien

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Die Form eines Tanzes wird bestimmt durch 17

17 ebenda, S. 99

Material Gliederung Inhalt

d.h. dem Umgang mit räumlichen, zeitlichen und dynamischen Fakto-ren (siehe obenstehen-de Tabelle) Dabei tritt im Tanz be-sonders der Faktor Raum als formgebend hervor,

Bezogen auf die Gliederung einzelner Teile; Wiederholung von Motiven und Teilen, Variationen, wiederkehrende Be-wegungsthemen, Einleitung und Schluss, Übergänge, Weiterführung, Steigerung, Auflösung von Motiven, Reihung. Bezogen auf die Gliederung der Ge-samtstruktur: dreiteilige Form (ABA), Bar-form (AAB), Gegenbarform (ABB), Rondo-form (ABACADA...), erzählende Form (bei handlungsorientierten Tänzen), Suiten-form (Zusammenstellung einzelner Tänze zu einer Gesamtform), collagenartige Gestaltung...

Idee oder Motivation des Tanzes, die im Verlauf des Tanzes eine Entwicklung oder unterschiedliche Sichtweise erfährt

Abb. 11: Formen eines Tanzes

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Quellenverzeichnis

Literatur

Abbildung / Fotos

Urheber des Beitrages

Autor Literaturname Erscheinungsort Erscheinungsjahr Verlag

Ellermann & Mexerholz

Tanz und Bewe-gungstheater

Oberhofen 2009 Zytglogge

Fischer Tanzen mit Kindern Spielformen- Tech-nik- Improvisation- Gestaltung

Kassel 2008 Gustav Bosse

Meusel W. & Wieser R.

Handbuch Bewe-gungsgestaltung

Seelze 1995 Kallmeyersche Verwaltungs-buchhandlung

Ministerium für Bildung

Lehrplan Sport Grünstadt 1998 Sommer Verlag

Ministerium für Bildung

Wissenschaft Ju-gend und Kultur

Mainz 2008 Sommer Verlag

Rosenberg Handbuch für Gymnastik und Tanz

Aachen 2000 Meyer & Meyer

Nummer Urheber

Titelbild Schmalen, Lisa

Autor Berater Institution

Brucker,Anne/Sportlehrerin/Lehrbeauftragte Schmalen, Lisa/ Lehramtstudentin

Minnich, Marlis Institut für Sportwissenschaft, Uni-versität Koblenz- Landau, Campus Koblenz