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Monatsschr Kinderheilkd 2012 · 160:589–590 DOI 10.1007/s00112-012-2677-6 Online publiziert: 3. Juni 2012 © Springer-Verlag 2012 G. Binder Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Tübingen Handlungsempfehlung   nach der Leitlinie Diagnostik des Wachstumshormonmangels im Kindes- und Jugendalter Der Wachstumshormonmangel im Kin- des- und Jugendalter ist selten und hat eine geschätzte Prävalenz von 1:4000– 1:30.000. Bei der überwiegenden Mehr- zahl der betroffenen Kinder ist seine Ursa- che idiopathisch. Die seltenen monogene- tischen Formen werden autosomal-domi- nant oder -rezessiv vererbt und können isoliert oder in Kombination mit anderen hypophysären Hormonausfällen auftre- ten. Morphologische Fehlbildungen des Gehirns können mit einem Wachstums- hormonmangel assoziiert sein, ausge- prägte morphologische Fehlbildungen der Hypophyse selbst sind es fast immer. Die Hypophyse oder der Hypothalamus kön- nen durch Trauma, Infektion, infiltrative Erkrankungen, kraniale Bestrahlung oder chirurgische Eingriffe so geschädigt wer- den, dass ein Wachstumshormonmangel erworben wird, der häufig mit anderen hypophysären Ausfällen kombiniert ist. Die Unterscheidung des Wachstums- hormonmangels von den viel häufigeren Normvarianten des Wachstums im Kin- des- und Jugendalter, die mit Kleinwuchs einhergehen, ist schwierig. Die biochemi- sche Testung der Wachstumshormonse- kretion birgt ein hohes Risiko für falsch- positive Resultate. Es ist deshalb wichtig, durch klare Einschlusskriterien die Rate falsch-positiver Testergebnisse zu reduzie- ren. Die Diagnostik ist ein facettenreicher Prozess, der initial eine gründliche klini- sche und auxologische Untersuchung mit radiologischen und biochemischen Tests kombiniert. Die vorliegende Handlungsemp- fehlung (. Abb. 1) zur Diagnostik des Wachstumshormonmangels im Kindes- und Jugendalter basiert auf der AWMF- Leitlinie 089/001 ([1], vgl. http://www. awmf.de) und fasst die wesentlichen As- pekte zur Diagnostik und Therapie über- sichtlich zusammen. Sie ersetzt nicht die Lektüre der Leitlinie. Korrespondenzadresse Prof. Dr. G. Binder Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Tübingen Hoppe-Seyler-Straße 1, 72076 Tübingen [email protected] Literatur 1. Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie, Dt. Ges. f. Kinderheilkunde und Jugendmedizin (2008) Dia- gnostik des Wachstumshormonmangels im Kin- des- und Jugendalter. AWMF-Leitlinien-Register Nr. 089/001. AWMF, Düsseldorf, http://www.awmf. org/uploads/tx_szleitlinien/089-001l_S2_Wachs- tumshormonmangel_im_Kindes_und_Jugend- alter.pdf 2. Rikken B, Wit J (1992) Prepubertal height veloci- ty references over a wide age range. Arch Dis Child 67:1277–1280 Handlungsempfehlungen Redaktion A. Borkhardt, Düsseldorf S. Wirth, Wuppertal 589 Monatsschrift Kinderheilkunde 6 · 2012|

Handlungsempfehlung nach der Leitlinie Diagnostik des Wachstumshormonmangels im Kindes- und Jugendalter

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Monatsschr Kinderheilkd 2012 · 160:589–590DOI 10.1007/s00112-012-2677-6Online publiziert: 3. Juni 2012© Springer-Verlag 2012

G. BinderPädiatrische Endokrinologie und Diabetologie,

Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Tübingen

Handlungsempfehlung  nach der Leitlinie Diagnostik des Wachstumshormonmangels im Kindes- und Jugendalter

Der Wachstumshormonmangel im Kin-des- und Jugendalter ist selten und hat eine geschätzte Prävalenz von 1:4000–1:30.000. Bei der überwiegenden Mehr-zahl der betroffenen Kinder ist seine Ursa-che idiopathisch. Die seltenen monogene-tischen Formen werden autosomal-domi-nant oder -rezessiv vererbt und können isoliert oder in Kombination mit anderen hypophysären Hormonausfällen auftre-ten. Morphologische Fehlbildungen des Gehirns können mit einem Wachstums-hormonmangel assoziiert sein, ausge-prägte morphologische Fehlbildungen der Hypophyse selbst sind es fast immer. Die Hypophyse oder der Hypothalamus kön-nen durch Trauma, Infektion, infiltrative Erkrankungen, kraniale Bestrahlung oder chirurgische Eingriffe so geschädigt wer-den, dass ein Wachstumshormonmangel erworben wird, der häufig mit anderen hypophysären Ausfällen kombiniert ist.

Die Unterscheidung des Wachstums-hormonmangels von den viel häufigeren Normvarianten des Wachstums im Kin-des- und Jugendalter, die mit Kleinwuchs einhergehen, ist schwierig. Die biochemi-sche Testung der Wachstumshormonse-kretion birgt ein hohes Risiko für falsch-positive Resultate. Es ist deshalb wichtig, durch klare Einschlusskriterien die Rate falsch-positiver Testergebnisse zu reduzie-ren. Die Diagnostik ist ein facettenreicher Prozess, der initial eine gründliche klini-sche und auxologische Untersuchung mit radiologischen und biochemischen Tests kombiniert.

Die vorliegende Handlungsemp-fehlung (. Abb. 1) zur Diagnostik des Wachstumshormonmangels im Kindes- und Jugendalter basiert auf der AWMF-Leitlinie 089/001 ([1], vgl. http://www.awmf.de) und fasst die wesentlichen As-pekte zur Diagnostik und Therapie über-sichtlich zusammen. Sie ersetzt nicht die Lektüre der Leitlinie.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. G. BinderPädiatrische Endokrinologie und Diabetologie, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum TübingenHoppe-Seyler-Straße 1, 72076 Tü[email protected]

Literatur

1. Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie, Dt. Ges. f. Kinderheilkunde und Jugendmedizin (2008) Dia-gnostik des Wachstumshormonmangels im Kin-des- und Jugendalter. AWMF-Leitlinien-Register Nr. 089/001. AWMF, Düsseldorf, http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/089-001l_S2_Wachs-tumshormonmangel_im_Kindes_und_Jugend-alter.pdf

2. Rikken B, Wit J (1992) Prepubertal height veloci-ty references over a wide age range. Arch Dis Child 67:1277–1280

Handlungsempfehlungen

RedaktionA. Borkhardt, DüsseldorfS. Wirth, Wuppertal

589Monatsschrift Kinderheilkunde 6 · 2012  | 

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Abb. 1 9 Handlungsemp-fehlung zur Behandlung des Wachstumshormon-mangels, IGF-I „insulin-like growth factor 1“, IGFBP-3 „insulin-like growth factor- binding protein 3“, P25 25. Perzentile, Rö Röntgen-aufnahme, SD „standard deviation“, SDS „standard deviation score“, WH Wachs-tumshormon. (Nach [1, 2])

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