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Handout 1: Herfried Münkler „Die neuen Kriege“
AllgemeinDie Bezeichnung „neue Kriege“
wurde von dem deutschen Politologen Herfried Münkler eingeführt beschreibt Kriegsformen, die nach Ende des Ost-West-Konflikts auftraten und das
21.Jahrhundert bestimmen
Gründe für den Wandel der KriegsformenDas Ende des Ost-West-Konflikts bedeutete gleichzeitig das Ende klassischer zwischenstaatlicher Kriege. Gründe hierfür sind
andere politische und soziale Rahmenbedingungen Infrastrukturen der Wohlstandszonen sind sehr angreifbar
Verluste > Gewinn Technologische Entwicklung im Militärwesen
Nuklearwaffen mit hoher Zerstörungskraft Verteuerung des Krieges durch Rüstungswettlauf
Eigenschaften neuer Kriege
Die Eigenschaften neuer Kriege zeichneten schon in Staatenkriege aus, entscheidend ist die Kombination und das verstärkte Auftreten.
Neue Akteure Vielzahl von Akteuren: Regierungen, substaatliche/semiprivate/private Gewaltakteure,
Interventionskräfte, NGOs Unterschiedliche Motive und Ziele
hohe Komplexität Wirtschaftliche Interessen haben prägenden Einfluss auf Handeln der Akteure
GewaltökonomienAsymmetrie
Entstaatlichung des Krieges durch neue Akteure Asymmetrische Kampfweisen Missachtung des Kriegsvölkerrechts Einbezug der Bevölkerung in Kampfhandlungen
Konzentration auf nicht-militärische Ziele und Mittel Auch wirtschaftliche, politische Interessen/Ziele werden verfolgt Konflikte haben ethnische/ religiöse, soziale Hintergründe Methoden zur Durchsetzung der Ziele bedienen sich nicht ausschließlich direkter
GewaltanwendungKriege an der Peripherie der Wohlstandszonen
Auftreten der Kriegsformen in ärmeren Regionen Akteure verwenden leicht zu bedienende, billige Waffen Selbstrekrutierung der Gewaltakteure Krieg finanziert Lebenshaushalt
Kriegsökonomie
Handout 2: Herfried Münkler „Die neuen Kriege“ und Definitionen
Drei Typen neuer KriegeRessourcenkriege
Substaatliche/semiprivate Akteure kämpfen um militärische Kontrolle über ein rohstoffreiches Gebiet
Häufig an der der Periphere von Wohlstandszonen im Kontext mit Staatszerfall Gewaltakteure errichten eine Schreckensregimes über der Bevölkerung Bevölkerung= Arbeitskraft und Konkurrenz um Rohstoffe Rohstoffvorkommen wird zur Finanzierung des Krieges eingesetzt und in globale
Waren- und Finanzzirkulation eingebundenKriegsökonomie, Kriegsverlängernder Faktor
Akteure bedienen sich ethnischer, religiöser Konflikte zur Verlängerung des Konflikts Verarmung der Bevölkerung, Gefahr der Staatsverschuldung und des Staatszerfalls
Pazifizierungskriege Intervention von Ländern aus der Wohlstandszone in Ressourcenkonflikten Führt meist zu humanitären Katastrophen
Terroristisch motivierte Verwüstungskriege Bildung von Gruppierungen in von neuen Kriegen betroffenen Länder, die einen
Verwüstungskriegen gegen die Wohlstandszonen anstreben Mittel der Gruppierungen: Terrorismus
DefinitionenGewaltökonomien sind bewaffnete Konflikte, bei denen wirtschaftliche Interessen einen prägenden Einfluss auf das handeln der Akteure haben.
Kriegsökonomien sind alle Wirtschaftsaktivitäten, die in Kriegssituationen von den an der Gewaltausübung beteiligten Gruppen ausgeübt werden und zur Finanzierung der Kampfhandlungen beitragen.
Failed States sind fragmentierte Gesellschaften, in denen der Staat: Keine Autorität besitzt, keinen Interessensausgleich zwischen den Bürgern herstellen kann, nicht über leistungsfähige Institutionen verfügt, Bedürfnisse der Bürger nach Sicherheit, Entwicklung und politischer Beteiligung nicht
befriedigen kann und seine Strukturen sich in einem fortgeschrittenen Zerfallsprozess befinden.
Governance-Strukturen(nach Jochen Hippler) sind gesellschaftliche Regelungsstrukturen staatlicher, halbstaatlicher oder nichtstaatlicher Art.
Handout 3: Jochen Hippler „Wie neue Kriege beenden?“
KriegstypenNeue Kriege finden größtenteils innerhalb von Gesellschaften statt, die wichtigsten Typen sind:Aufstandskriege
Meist gewaltsamer Kampf um Machtverteilung
Mögliche Akteure: Regierung(en), Aufstandsbewegungen, Besatzungstruppen
Kriegerische Auseinandersetzungen im Kontext mit Failed States
Kampf verschiedener Gruppierungen um Macht und/oder Ressourcen
Bedingungen: funktionierender Staatsapparat ist nicht vorhanden oder irrelevant geworden
Mögliche Akteure: Regierungen, Warlords, Milizen, ethnische/ ethno-religiöse Gruppierungen, Gewaltunternehmer etc
Gemeinsame EigenschaftenDie beiden Kriegstypen stehen in Wechselwirkung und verstärken einander, sie sind nicht eindeutig abgrenzbar. Sie haben ähnliche Eigenschaften:
Keine konventionelle Kriegsführung Symmetrie verhindert Entscheidungsschlachtenkeine Beendigung durch militärische Siege Politisierung des Krieges: Akteure verfolgen politische Ziele, die Entscheidung fällt
auf politischer Ebene
Vorgehen und Ziele der AkteureErfolg/Sieg
Neue Definition: Durchsetzung der politischen Absichten einer Konfliktpartei Sieg kann erreicht werden durch Kombination militärischer und politischer Mittel
Ziel der Akteure Politische Macht, feste dauerhafte politische Verankerung:
Dauerhafte Sicherung von Machtbereichen durch Transformation in quasi-staatliche/staatliche Einheiten
Loyalität der Bevölkerung gewinnenMethoden
Aufbau eines überzeugten, organisierten Stamms von Unterstützern Schutz von Sympathisanten Angebot von etwas Besonderem: Beschäftigungsmöglichkeit, Infrastruktur Kampf um Legitimität Aufbau einer Gegenstaatlichkeit Schaffung eines Rechtswesens, Steuerwesens
Aufbau von Governance-Strukturen Schwächung, Demotivierung, Verunsicherung der Gegenseite Militärischer und politischer Angriff bestehender staatlicher Strukturen Kapital entziehen und Hilfsquellen abschneiden
Zerstörung/Schwächung bestehender Governance-Strukturen
Handout 4: Jochen Hippler „Wie neue Kriege beenden?“
Lösungsansätze Militärische Intervention
zu einseitig: hohe Opferzahlen, Asymmetrie verhindert Erfolge Entwicklungspolitik/State Building
Zu einseitig: Aufständische, Milizen zerstören Infrastruktur, bedrohen weiterhin Bevölkerung
Bei entstehender Aufstandssituation durch Reformen einen funktionierenden, legitimierten Staatsapparat schaffen, da staatliche Strukturen am ehesten akzeptiert werden
Meisten Konflikte haben eine lange Geschichte und können bereits nicht mehr derartig verhindert werden
Gewaltakteure werden diese Strukturen angreifen Verhandlungen und Kompromisse(Abkehr von Maximalforderungen)
Politischer Wille und Kontrolle über Anhänger muss bei allen Akteuren vorhanden sein
Vielzahl der Akteure und unterschiedliche Ziele erschweren Prozess Bei Kriegsökonomien verhindert der materielle Anreiz des
Rohstoffvorkommens und der Kriegswirtschaft Erfolge Politisch-psychologische Faktoren behindert ebenfalls den Dialog:
Gesellschaften sind häufig geprägt durch jahrelange Bürgerkriege und Massaker enorme Wut in der Bevölkerung
Lösung innergesellschaftlicher Konflikte durch Reintegration fragmentierter gesellschaftlicher Strukturen
Schaffung legitimier, funktionsfähiger Governance-Strukturen Akzeptanz in der Gesellschaft Integrierung der Bevölkerung Bereitstellung eines Rechts- und Sicherheitswesens Schaffen von Hoffnung auf bessere Zukunft
Zusätzlich: Schwächung der Gegenseite durch Kapitalentzug und Aufklärung, Aufbau der Infrastruktur und militärische Mittel
Quellen:Münkler, Herfried: Die neuen Kriege. In: Die neuen Kriege Heft 4 2004.S.179-184.
Vgl. Auer S.25-29www.gtz.de GlossarHippler, Jochen: Wie „neue Kriege“ beenden? In: Aus Politik und Zeitgeschichte 2009(Themenschwerpunkt Neue Kriege)