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Ta gun gs b ericht e Hauptjahrestagung 1968 der Chemischen Gesellschaft in der DDR vom 6. bis 8. November 1968 in Berlin Nach der Eroffnung und Begriihng durch den Vorsitzenden der Chemischen Gesellschaft in der DDR wurden Prof. Dr. Dr. h.c. Kurt Mothes, Halle (Saale), durch die Verleihung der Friedrich-August-Kekulk-Medaille und Prof. Dip1.-Ing. Gzn- ther Addphi, Merseburg, durch die Verleihung der Clemens- Winkler-Medaille geehrt. Mit dem Friedrich-Wohler-Preis in der Kategorie Organische Chemie wurde Dr. habil. Cqnter Adam, Halle (Saale), in der Kategorie Anorganische Chemie Dr. habil. Wolfgang Wieker, Berlin, ausgezeichnet. Das wissenschaftliche Programm der Tagung bestand in Ple- narvortragen iiber eine Reihe von aktuellen Themen aus ver- schiedenen Teilgebieten der Chemie und Parallelveranstal- tungen der Fachverbande ,,Lebensmittelchen;is" und ,,Aria- lytische Chemie" sowie der Sektion Unterricht. Wir veroffent- lichen nachstehend iiber den groBten Teil der gehaltenen Ple- narvortrage Autorenreferate : K. Mothes (HallelSaale) : Xur Problematik der Biosynthese der Alkaloide Der Gedanke, wie macht der Organismus ein Alkaloid, spielte schon um die Jahrhundertwende eine groBe Rolle. Robinson und Schopfversuchten, mit ihren Modellen der Natur nahe zu kommen. Doch konnten erst nach der Einfiihrung der Iso- topenmethode klare Zusammenhange zwischen natiirlichen Prakursoren, labilen Intermediiren und den Alkaloiden auf - gefunden werden. Das in etwa 12 Jahren veroffentlichte Ma- terial ist geradezu unermeBlich. Wegweisende Ideen von Trier werden heute bestatigt. Die Alkaloide entstammen zum groBten Teil dem Aminosaurestoffwechsel. Nur wenige proteinogene Aminosauren sind dabei engagiert : die Diamino- sauren offenbar, weil die oxydative Entfernung einer Amino- gruppe und die Bildung von Aldehydaminen eine Vorausset- zung zu intramolekularen und intermolekularen Kondensa- tionen iiber die Bildung Schiffscher Basen schafft ; die aroma- tischen Aminosiiuren, deren dissimilatorischer Abbau fur viele Pflanzen Schwierigkeiten bereitet. Auch hier sind ahnliche Reaktionsprinzipien giiltig, auch wenn nicht immer entschie- den ist, ob wirklich echte Mannich-Kondensationen ablaufen oder ob anstelle von Aldehyden SIuren mit den Aminen re- agieren. Der Nachweis der Herkunft des Alkaloid-Stickstoffs aus den Aminosauren ist in vielen Fallen erbracht. Etwas ab- seits stehen Alkaloide, die sich von Steroiden oder anderen Polyisoprenen ableiten. Bei ihnen wird der Stickstoff nach- traglich in ein weitgehend fertiges C-Skelett eingebaut. Es werden jedoch keineswegs alle isoprenoiden Alkaloide auf die- sem Wege synthetisiert. Vielmehr ist die groBte Alkaloid- gruppe iiberhaupt dadurch ausgezeichnet, daB decarboxy- liertes Tryptophan mit einem Monoterpen in der mannigfal- tigsten Weise kondensiert. Hierher gehoren so wichtige Stoffe wie Strychnin, Chinin, Rauwolfia-Alkaloide usw. Mit Hilfe nur dieser beiden Bausteine und durch zusatzliche Me- thylierungen, Acetylierungen und Oxydationen schafft die Matur etwa 500 jetzt bekannte Alkaloide. Wieviel es wirklich soin mogm, ist norh nicht ahxusrhatxen. ( Ailtorreferat,) 0. Adolphi (Leuria-Merseburg) : Mothodon der TricbkraltcrEoii~nng boi Wlirmc- uiid SLuPliihcrgi~nq Da die nicht gelenkten Triebkraf te der abergangsvorgange in Richtung auf Ausgleich und Vermischung wirken, erforderu die Entmischungsprozesse besondere MaBnahmen fur den Aufbau und die Lenkung der Triebkrafte. MaBnahmen dieser Art sind das Gegenstromprinzip und das Prinzip der selek- tiven Phase; ferner kann die selektive Phase in Form von Lo- sungsmitteln zugefiihrt werden, wie bei der Extraktion, oder durch Wiirme erzeugt wzrden, wie bei der Dastillation. Eine Analyae dieser Prinzipien fiihrt zu einer Syatematisierung der Moglichkeiten der Triebkraftlenkung. Diese Uberlegungen fiihren beispielsweise unter anderem zu der Frage, ob die Thermodiffusion durch entsprechende Anordnung und Strom- fiihrung und durch Anwendung besonderer Baustoffe zu ho- herer Wirksamkeit gebracht werden kann. (Autorreferat) H.-J. Rittrich (Leuna-Merseburg) : Zwisehenmolekulare Wechselwirkungen und ihre Bedeutung fur ext,raktive Trennverlahren Die Stofftrennung ist eines der Hauptprobleme in der chemi- schen Industrie. Grundlage dafiir sind die Phasengleichge- wichte in binaren und polynaren Systemen. Der Unterschied in der Zusammensetzung von im Gleichgewicht stehenden Phasen hangt von GroSe und Vorzeichen thermodynamischer Mischungsfunktionen ab. Als Ma0 fur den Trenneffekt wurde fur Fliissigkeit-Dampf-Gleichgewichte die relative Fliichtig- keit eingefiihrt. Es werden die Moglichkeiten diskutiert, diese relative Fliichtigkeit durch Zusatz dritter oder weiterer Kom- ponenten zu beeinflussen. Bei der Extraktivdestillation sind solche Zusatzkomponenten erforderlich, die die Aktivitats- koeffizienten des zu trennenden Gemisches moglichst unter- schiedlich beeinflussen, bei der Azeotropdes tillation solche, die die Abtrennung einer Komponente als Azeotrop mit einer dritten Komponente ermoglichen, und bei der Extraktion sol- che, die eine giinstige Lage der Konnoden bei der Mischungs- liicke zwischen zwei fliissigen Phasen zur Folge haben. Jede dieser Bedingungen ist mit bestimmtenForderungen an GroBe und Vorzeichen der freien ExzeIjenthalpie in Abhangigkeit von Molenbruch und Temperatur verbunden. Diese Forde- rungen werden durch die in den binaren Sy3temen herrschen- den zwischenmolekularen Wechselwirkungen realisiert. E s wurden die bisherigen Versuche diskutiert, iiber das Auftre- ten von Wasserstoffbriicken, die Polaritat der Verbindungen oder die Berechnung der Dispersionsanteile der Wechselwir- kung zu Aussagen iiber GroBe und Vorzeichen der freien Ex- zeaenthalpien binarer Systeme zu kommen. Diese Aussagen fiihren nur in speziellen Fiillen zum Ziel. Es mu13 beriicksich- tigt werden, daB verschiedene Formen der Wechselwirkung in einer fliissigen Phase nebeneinander auf treten. Eine beson- dere Rolle spielt dabei die als ,,spezifische Wechselwirkung" bezeichnete i-j-Kopplung in der Mischung. (Autorreferat) H. Linde (Berlin-Adlershof): Fortsohritte anf dem Gebiet der Gronrfliiohendynamik Die Hauptregime der hydrodynamischen Marangoni-Insta- bilitlt (stationares Rollzellenregime undinstationaresoszilla- torisches Regime) lassen sich experimentell erfassen. Ihre charakteristischen GroBen (Wellenlange, Frequenz, Pha- sengeschwindigkeit) entsprechen den durch Stabilitatsanaly- sen theoretisch zu erwartenden Werten. Das oszillatorische Regime 15Bt fiich a u k r beim Wairmeiiber- gang am fliissig-gasformigen System auch beim Stoffiiber- gang an Fliissig-Gasformig- und Fliissig-Fliissig-Systemen nachweisen. Bei gleichzeitigem Ubergang von zwei diffundierenden Sub- stanzen bzw. einer diffundierenden Substanz und Warme bzw. beim Stoffiibergang und gleichzeitiger Reaktion an der Grenze werden das gleichzeitige Auf treten von Rollzellen und Oazillationen theoretisch erwartet und in einigen Fallen be- reits nachgewiesen. Unsymmetrische erzwungene Konvektion beeinflufit die Sta- bilitatslage, so daB z.B. aus dem stabilen Bereich in den in- stabilen Bereich iibergegangen werden kann. 10' Z. Chcm 9. J!?. (1969) HPft 2 75

Hauptjahrestagung 1968 der Chemischen Gesellschaft in der DDR vom 6. bis 8 November 1968 in Berlin

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Ta gun gs b ericht e

Hauptjahrestagung 1968 der Chemischen Gesellschaft in der DDR vom 6. bis 8. November 1968 in Berlin

Nach der Eroffnung und Begriihng durch den Vorsitzenden der Chemischen Gesellschaft in der DDR wurden Prof. Dr. Dr. h.c. Kurt Mothes, Halle (Saale), durch die Verleihung der Friedrich-August-Kekulk-Medaille und Prof. Dip1.-Ing. Gzn- ther Addphi, Merseburg, durch die Verleihung der Clemens- Winkler-Medaille geehrt. Mit dem Friedrich-Wohler-Preis in der Kategorie Organische Chemie wurde Dr. habil. Cqnter Adam, Halle (Saale), in der Kategorie Anorganische Chemie Dr. habil. Wolfgang Wieker, Berlin, ausgezeichnet. Das wissenschaftliche Programm der Tagung bestand in Ple- narvortragen iiber eine Reihe von aktuellen Themen aus ver- schiedenen Teilgebieten der Chemie und Parallelveranstal- tungen der Fachverbande ,,Lebensmittelchen;is" und ,,Aria- lytische Chemie" sowie der Sektion Unterricht. Wir veroffent- lichen nachstehend iiber den groBten Teil der gehaltenen Ple- narvortrage Autorenreferate :

K . Mothes (HallelSaale) : Xur Problematik der Biosynthese der Alkaloide

Der Gedanke, wie macht der Organismus ein Alkaloid, spielte schon um die Jahrhundertwende eine groBe Rolle. Robinson und Schopfversuchten, mit ihren Modellen der Natur nahe zu kommen. Doch konnten erst nach der Einfiihrung der Iso- topenmethode klare Zusammenhange zwischen natiirlichen Prakursoren, labilen Intermediiren und den Alkaloiden auf - gefunden werden. Das in etwa 12 Jahren veroffentlichte Ma- terial ist geradezu unermeBlich. Wegweisende Ideen von Trier werden heute bestatigt. Die Alkaloide entstammen zum groBten Teil dem Aminosaurestoffwechsel. Nur wenige proteinogene Aminosauren sind dabei engagiert : die Diamino- sauren offenbar, weil die oxydative Entfernung einer Amino- gruppe und die Bildung von Aldehydaminen eine Vorausset- zung zu intramolekularen und intermolekularen Kondensa- tionen iiber die Bildung Schiffscher Basen schafft ; die aroma- tischen Aminosiiuren, deren dissimilatorischer Abbau fur viele Pflanzen Schwierigkeiten bereitet. Auch hier sind ahnliche Reaktionsprinzipien giiltig, auch wenn nicht immer entschie- den ist, ob wirklich echte Mannich-Kondensationen ablaufen oder ob anstelle von Aldehyden SIuren mit den Aminen re- agieren. Der Nachweis der Herkunft des Alkaloid-Stickstoffs aus den Aminosauren ist in vielen Fallen erbracht. Etwas ab- seits stehen Alkaloide, die sich von Steroiden oder anderen Polyisoprenen ableiten. Bei ihnen wird der Stickstoff nach- traglich in ein weitgehend fertiges C-Skelett eingebaut. Es werden jedoch keineswegs alle isoprenoiden Alkaloide auf die- sem Wege synthetisiert. Vielmehr is t die groBte Alkaloid- gruppe iiberhaupt dadurch ausgezeichnet, daB decarboxy- liertes Tryptophan mit einem Monoterpen in der mannigfal- tigsten Weise kondensiert. Hierher gehoren so wichtige Stoffe wie Strychnin, Chinin, Rauwolfia-Alkaloide usw. Mit Hilfe nur dieser beiden Bausteine und durch zusatzliche Me- thylierungen, Acetylierungen und Oxydationen schafft die Matur etwa 500 jetzt bekannte Alkaloide. Wieviel es wirklich soin mogm, ist norh nicht ahxusrhatxen.

( Ailtorreferat,)

0. Adolphi (Leuria-Merseburg) : Mothodon der TricbkraltcrEoii~nng boi Wlirmc- uiid SLuPliihcrgi~nq Da die nicht gelenkten Triebkraf te der abergangsvorgange in Richtung auf Ausgleich und Vermischung wirken, erforderu die Entmischungsprozesse besondere MaBnahmen fur den Aufbau und die Lenkung der Triebkrafte. MaBnahmen dieser Art sind das Gegenstromprinzip und das Prinzip der selek- tiven Phase; ferner kann die selektive Phase in Form von Lo- sungsmitteln zugefiihrt werden, wie bei der Extraktion, oder durch Wiirme erzeugt wzrden, wie bei der Dastillation. Eine Analyae dieser Prinzipien fiihrt zu einer Syatematisierung der

Moglichkeiten der Triebkraftlenkung. Diese Uberlegungen fiihren beispielsweise unter anderem zu der Frage, ob die Thermodiffusion durch entsprechende Anordnung und Strom- fiihrung und durch Anwendung besonderer Baustoffe zu ho- herer Wirksamkeit gebracht werden kann.

(Autorreferat)

H . - J . Rittrich (Leuna-Merseburg) : Zwisehenmolekulare Wechselwirkungen und ihre Bedeutung fur ext,raktive Trennverlahren

Die Stofftrennung ist eines der Hauptprobleme in der chemi- schen Industrie. Grundlage dafiir sind die Phasengleichge- wichte in binaren und polynaren Systemen. Der Unterschied in der Zusammensetzung von im Gleichgewicht stehenden Phasen hangt von GroSe und Vorzeichen thermodynamischer Mischungsfunktionen ab. Als Ma0 fur den Trenneffekt wurde fur Fliissigkeit-Dampf-Gleichgewichte die relative Fliichtig- keit eingefiihrt. Es werden die Moglichkeiten diskutiert, diese relative Fliichtigkeit durch Zusatz dritter oder weiterer Kom- ponenten zu beeinflussen. Bei der Extraktivdestillation sind solche Zusatzkomponenten erforderlich, die die Aktivitats- koeffizienten des zu trennenden Gemisches moglichst unter- schiedlich beeinflussen, bei der Azeotropdes tillation solche, die die Abtrennung einer Komponente als Azeotrop mit einer dritten Komponente ermoglichen, und bei der Extraktion sol- che, die eine giinstige Lage der Konnoden bei der Mischungs- liicke zwischen zwei fliissigen Phasen zur Folge haben. Jede dieser Bedingungen ist mit bestimmtenForderungen an GroBe und Vorzeichen der freien ExzeIjenthalpie in Abhangigkeit von Molenbruch und Temperatur verbunden. Diese Forde- rungen werden durch die in den binaren Sy3temen herrschen- den zwischenmolekularen Wechselwirkungen realisiert. E s wurden die bisherigen Versuche diskutiert, iiber das Auftre- ten von Wasserstoffbriicken, die Polaritat der Verbindungen oder die Berechnung der Dispersionsanteile der Wechselwir- kung zu Aussagen iiber GroBe und Vorzeichen der freien Ex- zeaenthalpien binarer Systeme zu kommen. Diese Aussagen fiihren nur in speziellen Fiillen zum Ziel. Es mu13 beriicksich- tigt werden, daB verschiedene Formen der Wechselwirkung in einer fliissigen Phase nebeneinander auf treten. Eine beson- dere Rolle spielt dabei die als ,,spezifische Wechselwirkung" bezeichnete i-j-Kopplung in der Mischung.

(Autorreferat)

H . Linde (Berlin-Adlershof): Fortsohritte anf dem Gebiet der Gronrfliiohendynamik

Die Hauptregime der hydrodynamischen Marangoni-Insta- bilitlt (stationares Rollzellenregime undinstationaresoszilla- torisches Regime) lassen sich experimentell erfassen. Ihre charakteristischen GroBen (Wellenlange, Frequenz, Pha- sengeschwindigkeit) entsprechen den durch Stabilitatsanaly- sen theoretisch zu erwartenden Werten. Das oszillatorische Regime 15Bt fiich a u k r beim Wairmeiiber- gang am fliissig-gasformigen System auch beim Stoffiiber- gang an Fliissig-Gasformig- und Fliissig-Fliissig-Systemen nachweisen. Bei gleichzeitigem Ubergang von zwei diffundierenden Sub- stanzen bzw. einer diffundierenden Substanz und Warme bzw. beim Stoffiibergang und gleichzeitiger Reaktion a n der Grenze werden das gleichzeitige Auf treten von Rollzellen und Oazillationen theoretisch erwartet und in einigen Fallen be- reits nachgewiesen. Unsymmetrische erzwungene Konvektion beeinflufit die Sta- bilitatslage, so daB z.B. aus dem stabilen Bereich in den in- stabilen Bereich iibergegangen werden kann.

10' Z. Chcm 9 . J!?. (1969) HPft 2 75

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Die Messung der Dampfung der Kapillarwellen gestattet die Berechnung der Gibbs-Marangoni-Elastizitat in Flussig-Gas- formig- und Flussig-Flussig-Systemen. Die Stoffaustauschgeschwindigkeit ist sowohl von der Stabili- tatslage der Grenze und der erzwungenen Konvektion als auch der Gibbs-Marangoni-Elastizitat abhangig. Oberflachenstorungen bei der Lacktrocknung sind sowohl auf den einfachen Marangoni-Effekt als auch auf die Marangoni- Instabilitiit zuriickzufiihren. (Autorreferat)

K. Schwabe (Dresden): Entwieklungsstand der Brennstoffelemente 1. Die intensive internationale Forschungs- und Entwick- lungstatigkeit auf dem Gebiet der Brennstoffelemente (BE) ist in erster Linie im Interesse der Stromversorgung von Raumschiffen und auf dem militarischen Sektor durchgefiihrt worden. In den letzten 5 Jahren sind die Bemuhungen star- ker auf die Entwicklung von BE fur den elektrischen Fahr- zeugantrieb gerichtet. 2. Fur die DDR hat die Entwicklung von BE nicht nur we- gen ihrer hoheren Leistungsdichte groBe Bedeutung fur den Ersatz konventioneller Primar- und Sekundarbatterien, son- dern auch, weil BE weitgehend aus heimischen Rohstoffen hergestellt werden konnen. 3. Wahrend lange Zeit die Knallgasbatterien als der aus- sichtsreichste Typ der BE angesehen wurden, werden neuer- dings andere Typen, vor allem fur die Stromversorgung von Fahrzeugen und den Kraftfahrzeugantrieb, in Betracht gezo- gen. Fur die DDR erscheinen Knallgaszellen aus Rohstoff- griinden nicht aussichtsreich, davon abgesehen erfordern sie erhebliche regelungstechnische und Sicherheitsmahahmen. 4. BE mit fliissigen organischen Brennstoffen besitzen fur den Fahrzeugantrieb bis heute keine ausreichende Leistungs- dichte, selbst fur die Stromversorgung in Kraftfahrzeugen ist sie im allgemeinen noch zu gering. Entwicklungen, aus flussi- gen Brennstoffen im Fahrzeug durch eine Crackanlage Was- serstoff zur Speisung der Knallgaszelle zu erzeugen, sind aus- sichtsreich, wenn es gelingt, sie wartungsfrei zu betreiben. 5. Hydrazin-Luft-Elemente erscheinen z. 2. als die aussichts- reichsten BE mit flussigem Brennstoff, weil sie im Gegensatz zu BE mit organischen Flussigkeiten und Wasserstoff ohne Verwendung von Edelmetallen mit hoher Leistungsdichte ar- beiten, wem durch neue Produktionsverfahren der Hydrazin- preis stark gesenkt werden kann. 6. Neben den eigentlichen BE werden neuerdings verstirkt Akkumulatoren mit hoher Leistungsdichte entwickelt, an erster Stelle der Zink-Luft-Akkumulator, der eine etwa fiinf- ma1 hohere Leistungsdichte als der Bleiakkumulator hat und rohstoffmLBig sehr giinstig ist. Sein Einsatz im Dauerbetrieb fur Stromversorgung und Antrieb von Fahrzeugen erfordert noch sehr vie1 Entwicklungsarbeit. Andere Akkutypen, wie das Na-S-Element, bieten in bezug auf technische Einsatz- fahigkeit noch groRere Schwierigkeiten. (Autorreferat)

I . K . Delimzrski (Kiew): Zur Polarographie gesohmolzener Salse Die Polarographie geschmolzener Salze gestattet, die Konzen- tration eines Depolarisators in einer Ionenschmelze zu ermit- teln, Kinetik und Mechanismus der Elektrodenvorgange zu untersuchen, Diffusionskoeffizienten zu bestimmen und die Komplexbildung in Ionenschmelzen zu studieren. Unser Interesse galt der experimentellen Seite der Polarogra- phie in geschmolzenen Salzen mit rotierenden und stationaren Festelektroden und einigen theoretischen Fragen, insbeson- dere der nichtstationaren Diffusion zur Festelektrode, und grundlegenden GesetzmaBigkeiten der Polarographie ge- schmolzener Salze. Unsere Ergebnisse zeigen, daS die meisten Polarogramme von geschmolzenen Salzen an Festelektroden am besten der Hey- rovsky- IlkoviC-Gleichung gehorchen, seltener der Kolthoff- Lingane-Beziehung und noch seltener der Frumkin-Glei- chung. Wir konnten eine Gleichung fur die polarographische Kurve finden, die diese drei Beziehungen als Sonderfall in

Abhiingigkeit vom limitierenden Vorgang des Elektrodenpro. zesses enthllt. Aus den drei erwahnten ,Gleichungen und aus der Form der Polarogramme kann auf den Mechanismus der Elektroden- vorgange geschlossen werden. Die Ergebnisse an rotierenden Scheibenelektroden und aus Messungen an stationiiren Fest- elektroden gestatten, in Verbindung mit den Lewitsch-Bezie- hungen und einer von uns abgeleiteten Gleichung Diffusions- koeffizienten und -schichtdicken zu berechnen. Aus der Tem- peraturabhangigkeit von Diffusionsvorgangen in zahlreichen Szhmhen lied aich die Aktivierungsenergie bestimmen. Die Analyse von Polarogrammen erlaubt, Bildungskonstan- ten von Komplexionen in Salzschmelzen zu berechnen. Es lie13 sich zeigen, da13 die Polarogramme in sechs Typen einge- teilt werden konnen, die sich durch Gleichungen wiedergeben lassen. (Autorreferat )

H . Berge (Rostock): Neue Mliglichkeiten der polarographischen und voltammetrisehen Aualyse

Die Weiterentwicklung polarographischer Analysenverfahren fuhrte in den letzten Jahren zu neuen MeSverfahren, die bei hoher Selektivitat und Empfindlichkeit apparativ und f inan- ziell geringe Anforderungen stellen und dadurch allgemein anwendbar sind. Die Methoden arbeiten durchweg mit sta- tioniiren Elektroden. Es konnen folgende Verfahren unter- schieden werden: a) Inversvoltammetrische Verfahren mit Voranreicherung. Anreicherung als Amalgam, Metal1 oder schwerlosliche Ver- bindung durch einen RedoxprozeB an der stationaren Elek- trode. Nach Akkumulation Umkehrung des Elektrodenpro- zesses als Bestimmungsschritt. Dieses Verfahren kann direkt oder indirekt zur Anwendung kommen. Bei indirekten Be- stimmungen konnen nach Ausfallung eines Komplexes oder schwerloslichen Salzes der uberschiissige Komplexbildner oder das Anion zur Metallbestimmung oder das uberschiissige Metallion zur Anionenbestimmung dienen. SchlieRlich kon- nen direkt nicht bestimmbare Metallionen nach quantitativer Verdriingung eines leicht bestimmbaren zweiten Metallions aus einem Metallkomplex indirekt erfaRt werden. b) Voltammetrische Bestimmung mit Voranreicherung. Mit diesem Verfahren lassen sich ganz bestimmte Metallionen im offenen Stromkreis ohne einen RedoxprozeB anreichern. Die Bestimmung erfolgt durch polarographische Reduktion der akkumulierten Ionen an der Hg-Oberflache. c) Verwendung von filmbedeckten Elektroden. Stark ober- flachenaktive Komplexbildner, z. B. einige phosphororgani- sche Verbindungen, gestatten die spezifische Anreicherung von Ionen im offenen Stromkreis. Der folgende Bestim- mungsschritt besteht in der polarographischen Reduktion der akkumulierten Metallionen aus dem Komplexverband. d) Die Membranelektrode bietet demgegeniiber den Vorteil, daD einmal das Elektrodenmaterial Quecksilber nicht direkt in die Losung abtropft, zum anderen, daB die Moglichkeit be- steht, die Membran mit den verschiedensten Verbindungen zu fullen, die eine selektive Bestimmung von Depolarisatoren gestatten. Die dabei verwendeten porosen Membranen kon- nen aus Kunststoff, Kunstharzaustauscher, Zellulose oder Molekularsieben bestehen. e) Eine Weiterentwicklung dieser Methode fuhrt zur direkten Polarographie im Papier selbst, d. h. zu einer echten Chro- matopolarographie. Hierbei werden die im Papierchromato- gramm durchlaufenden Depolarisatoren erfaSt. Dieses Ver- fahren bietet neue Ausblicke fur eine polarographische Be- stimmung von Depolarisatoren mit gleichen Halbstufenpo- tentialen und fur die Auswertnng von Papierchromatogram- men. f ) Eine Weiterentwicklung der Anwendungstechnik von Fest- elektroden ist die Elektrode in Verbindung mit einer rotieren- den Kunststoffwalze. Dabei wird ein Flussigkeitsfilm in schneller Stromung an der durch eine Prazisionseinrichtung dicht uber der Oberflache von oben gehaltenen Festelektrode vorbeigezogen.

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I m Gegensatz zu rotierenden Elektroden ist eine unbegrenzt hiiufige MeBfolge mit ahnlich guter Reproduzierbarkeit zu verzeichnen wie rnit der Quecksilbertropfelektrode. Die Emp- findlichkeit liegt dabei wesentlich hoher. Die Zellen sind als DurchfluBzellen fur kontinuierliche Messungen geeignet. Es entfallen alle Nachteile der Verwendung von Quecksilber als Elektrodenmaterial. (Autorreferat )

R. Tuube (Greifswald): Elektronenstruktur uud Reaktivttit plauarer arollringkomptexe Planare Komplexverbindungen ungesattigter makrocycli- scher Liganden Bind bekanntlich wesentliche Bestandteile biochemisch wichtiger Naturstoffe, z. B. des Hlmoglobins, Chlorophylls oder Vitamin'B,,. Als leicht zugangliche Modell- komplexe dieses Typs konnen die von R. P. Linstead ent- deckten Metallphthalocyanine dienen. Wie wir bereits vor lingerer Zeit gefunden hatten, zeichnen sich diese durch eine besonders hohe Elektronenaffinitlt aus und sind in Tetra- hydrofuran, z. B. mit Lithium oder Natrium, vier- bzw. funf- stufig (CoPc) reduzierbar. Von den gebildeten anionischen Komplexen [MPcIn- wurden bisher folgende als tetrahydrofuranhaltige Lithiumsalze der allgemeinen Formel Li,[MPc] * m T H F isoliert : Cr (n = 2; m = G ) , Mn (n = 1. 2, 3, 4; m = 6, 6, 9, lo), Fe (n = 1, 2, 3, 4; m = 4,5, 5,5, 8, 9), Co, Ni, Cu (n = 1, 2; m = 43, 6) und Zn (n = 1, 2; m = 5, 6). Die an Hand einfacher LCAO-MO-Berechnungen entwickel- ten Modellvorstellungen uber die Elektronenstruktur konn- ten im Fall der Eisenkomplexe auch durch Messung der Mop- bauer-Spektren (gemeinsam mit E. Pluck) bestatigt werden.

Verbindung 8 in mm/s AEQ in mm/s

[FePc]O,S -C,H, -CHs 0,49 f 0,Ol 3,95 [FePcl 0,63 f 0,Ol 2.58 Li[FePcl * 4,5THF 0831 f 0,02 3,24 LiJFePcl. 5,5TRF 0,52 f 0 , O l 1,86 Li,[FePc] .8TRF 0,58 f 0 , O l 1,77 Li,[FePc] . QTHF 0,61 i 0 , O l 1,65

Der gefundene Gang der Isomerieverschiehung (6) und der Quadrupolaufspaltung ( ~ E Q ) steht in guter Ubereinstimmung mit der fur den Grundzustand abgeleiteten Elektronenkonfi- guration, beweist eine von der Oxydationsstufe des Komple- xes weitgehend unabhlngige Besetzung der Zentralatomni- veaus 3d und 4s sowie eine Verstarkung der n-Bindung zwi- schen Zentralatom und Phthalocyanin beim ubergang zu den anionischen Komplexen. Auch das untersohiedliche Koordinationsvermogen der Me- tallphthalocyanine 1aBt sich uber ihre Elektronenstruktur deuten. wesentliche Voraussetzung fur die stabile Bindunp von Le- wis-Basen, z.B. Pyridin, CO, CN- oder NO, ist, daD das uber- wiegend vom 3dZn-0rbital gebildete 2u,,-Orbital durch Spin- paarung freigemacht werden kann und als Akzeptororbital zur Verfiigung steht. Bei unterschiedlicher Elektronenkonfi- guration wie im Fall des [MnPcI- und [FePc], konnen be- trachtliche Unterschiede in der Spinpaarungsenergie und da- mit auch im Koordinationsvermogen resultieren. In den dargestellten NO-Komplexen [MnPc(NO)] * 2THF, [FePc(NO)] und Li[FePc(NO)] - 4THF wird das Stickstoff- monoxid nach allem als NO+, N O bzw. NO- gebunden. 1st das 2~z,~-Orbital doppelt besetzt (d*-Konfiguration) und liept das Zentralatom in einer niederen Oxydationsstufe vor, erfolgt mit Alkylhalogeniden eine nukleophile Reaktion unter Bildung stabiler Organo-Metallphthalocyanine. So konnten aus Li[CoPc] * 4,5THF und Li,[FePc] 5,5THP die Verbin- dungen [n-C,H,CoPc] . 3THF und Li[CH,FePc] - GTHF dargestellt werden. (Autorreferat)

B. Hardy (Budapest): Uutersuohung der Polymerisstion in fester Phase Eines der' Grundprobleme bei der Untersuchung von Poly- merisationsprozessen in fester Phase ist der Polymerisations- mechanismus bzw. die Rage, inwieweit der Aufbau des gebil- -

deten Polymeren die regelmlBige Anordnung der Monomer- molekiile widerspiegelt. Auf Grund der kinetischen Kurven der Polymerisation sowie der Struktur des gebildeten Polymeren konnen zwei Grundtypen unterschieden werden : 1. Monomere, die innerhalb des Gitters polymerisieren; cha-

rakteristisch ist die vorwiegend konstante oder fallende Polymerisationsgeschwindigkeit sowie die Entstehung von regelmaBig aufgebauten Polymeren.

2. Monomere, die aul3erhalb des Gitters polymerisieren ; cha- rakteristisch sind kinetische Kurven, die vorwiegend dem Beschleunigungstyp angehoren, sowie die Entstehung von unregelmaBig aufgebauten Polymeren.

Der Ablauf der Festphasenpolymerisation von Zweikompo- nentensystemen wird im wesentlichen durch die physikali- sche Struktur der Systeme bestimmt. Die Phasendiagramme der Systeme, die eine feste Losung bzw. Eutektika verschie- dener Typen bilden, bieten somit die Moglichkeit zur eindeu- tigen Interpretation der kinetischen GesetzmaBigkeiten der Festphasenpolymerisation von Zweikomponentensystemen sowie der Struktur der entstandenen Produkte. Es wurde uber Ergebnisse von Untersuchungen an folgenden Systemen berichtet : Monomere-Monomere (Festphasen-Copolymerisa- tion), Monomere-Inhibitoren, Monomere-inerte Zusatzstoffe und Monomere-Init iat oren. I m Zusammenhang mit Untersuchungen uber Polymerisa- tionsprozesse in fester Phase wurden auch die GesetzmaBig- keiten der Polymerisation von Monomeren im Zustand der unterkuhlten Flussigkeit sowie im f lussigkristallinen Zustand studiert. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen erganzen die bisherigen Vorstellungen von der Festphasenpolymerisation ; neben der molekularen RegelmaBigkeit t r i t t in diesen Fillen eine groBere molekulare Beweglichkeit auf. (Autorreferat)

J . Ulbricht (Leuna-Merseburg) : Neue Entwioklungen auf dem aebiet des Polyvinylchlorids Ausgehend von der Struktur des Polyvinylchlorids wird auf die Bedeutung der Einfriertemperatur fur die Verarbeitung und Anwendung dieses Polymeren eingegangen. Durch ZU- satz von Weichmachern oder durch Herstellung von Copoly- meren ist es moglich, eine Verbesserung der Verarbeitbarkeit, der Transparenz, der Schlagzahigkeit und Vertraglichkeit rnit anderen Polymeren zu erreichen, jedoch ist damit Stet5 eine Herabsetzung der Einfriertemperatur verbunden. Um hartes, aber schlagfestes Polyvinylchlorid zu erzeugen, wird durch Compoundierung ein Elast in feinverteilter Form in das PO- lymere eingearbeitet, ohne daB dabei die Einfriertemperatur des Polyvinylchlorids abflllt. Die Herstellung von Polyvinyl- chlorid mit erhohter Einfriertemperatur (> 80 "C) ist durch Chlorierung des PVC oder durch Polymerisation des Vinyl- chlorids unter speziellen Bedingungen moglich. Bei letzterer Methode is t die Verbesserung der Kristallinitltt des Polyvi- nylchlorids eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedin- gung, wie am Beispiel der Polymerisation des Vinylchlorids in Aldehyden gezeigt wird. Dabei entstehen Polymere rnit hoher Kristallinitat, aber niedrigen Einfriertemperaturen und ge- rinpen Molmassen, wahrend sich die Taktizitat nicht von nor- malem PVC unterscheidet. Bei der Polymerisation des Vinyl- chlorids bei tiefen Temperaturen wird die Taktizitat und da- mit auch die Kristallinitlt verbessert, was zu einer Erhohung der Einfriertemperatur fuhrt. Bei der Vinylchlorid-Polymeri- sation mit modifizierten Ziegler-Katalysatoren wird kein Hin- weis auf cine stereoregulierende Wirkung des Katalysator- systems gefunden. (Autorreferat)

M . Schulz (Berlin-Adlershof) *) : Weqe zur polaren Spaltunp der -0-0-Binduug in orgsnisohen Peroxiden und dorm prllparative Bedeutung Die Heterolyse einer Peroxygruppe verlguft einheitlicher als der Radikalzerfall von Pcroxiden. Dadurch wird die AUS- nutzung der polaren Peroxid-Spaltung praparativ attrak- tiv. Anhand von Literaturbeispielen (Untersuchungen der Arbeitskreise von P. D. Bartlett, R. Criegee, D. B . Denney,

*) Neue Adresse: Sektion Chemie der TH fur Chemic ,,Carl Schorlem- mer" Leuna-Nerseburg

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A. Rieche und Ch. Ruchardt) wurden die Zerfallsmoglichkei- ten von Perestern durch Heterolyse der -0-0-Bindung diskutiert. In der Arbeitsgruppe des Vortragenden wurde der polare Zerfall von Imidoperestern, einer neuen Peroxidklasse, untersucht . Die Verbindungen entstehen aus Nitrilen und Alkylhydroperoxiden. Mit SIuren reagiert momentan der Phenyl-tert.-butylperoxy- imidoperester (1) quantitativ zu Benzamid, Aceton und Me- thanol. I n Pyridin zerfiillt 1 bei Raumtemperatur in N-Phe- nyl-N'-benzoylharnstoff. Es wird diskutiert, daB 1 mit Pyridjn zunachst zum Pyridi- nium-N-benzoyl-imin reagiert (SN 2'-Reaktion). Die Zwi- schenstufe Eollte in Phenylisocyanat und Pyridin zerfallen. Mit auf unabhangigem Wege dargestelltem Pyridinium-N- benzoylimin wurde gezeigt, daR dieser Zerfallsweg tatcachlich moglich ist. Bus Phenylisocyanat und Phenyl-tert.-butylperoxy-imido- perester entsteht ein Addukt, das leicht N-Phenyl-N-benzoyl- harnst of f lief ert . Die praparative Bedeutung der Peroxid-Heterolyse wurde weiterhin an der Zersetzung des p-Nitroathylbenzol-hydro- peroxids zu p-Nitroacetophenon, an der Ozonolyse von Ole- finen in Gegenwart von Aminenl) und an der Fragmentierung

des Systems 0-C-C-0 -0~ (Zuckerabbau iiber Per-

oxyglykoside) ,) deutlich.

S. K. Maisus*) und G. W . Karpuchina (Moskau): Der Wirkungsmechanismus von Inhibitorgemischen in Reuktioncn der Kohlenwasserstoffoxydation Das Problem der Stabilisierung chemischer Stoffe, deren Ei- genschaften sich im Ergebnis oxydativer Umwandlungen ver- andern, ist eine der grundlegenden Aufgaben von Forschung und Industrie. Im Zusammenhang damit gewinnt die Unter- suchung des Wirkungsmechanismus von Inhibitoren und spe- ziell von Inhibitorgemisphen, fur die synergistische Erschei- nungen charakteristisch sind, d. h. eine betrachtlich intensi- vere hemmende Wirkung des Gemisches als nach Kennhis der antioxydativen Aktivitat der einzelnen Inhibitoren zu er- warten ware, a n Bedeutung. Es wurde der Mechanismus des Synergismus bei der Einwir- kung von Gemischen aus Phenolen und aromatischen Ami- nen auf die Modellreaktion der Athylbenzoloxydation unter- sucht. Es wurde gezeigt, daB die Ursache des Synergismus bei diesen Systemen in der radikalischen Wechselwirkung der Inhibito- ren zu suchen ist. Das Aminradikal (Am'), das bei Reaktion des wirksameren Inhibitors Amin mit den Peroxyradikalen RO; entsteht, ent- reiBt dem weniger wirksamen Inhibitor Phenol ein Wasser- stoffatom und wird zum Ausgangsamin reduziert :

9h IA p I I

Am* + PhOH .+ AmH + PhO* R0; + AmH -+ ROOH + Am*

(1) ( 2 )

Mit Hilfe der ESR-Methode wurde die Wechselwirkung der stabilen Phenoxyradikale mit N-Phenol-B-Naphthylamin un- tersucht und gezeigt, daB die Reaktion (2) umkehrbar ist. Die Wechselwirkung zwischen Phenolen und aromatischen Aminen fiihrt zu einer Verletzung der Additivitat der Wir- kung ihrer Gemische. So gleicht in der nicht verzweigten Re- aktion der Athylbenzoloxydation (60 "C) die Verzogerungs- periode t in Gegenwart von Gemischen dieser Inhibitoren dem Wert, der bei Einwirkung von Amin allein in einer Kon- zentration, die der Konzentration der Inhibitoren im Gemisch entspricht, erhalten wird. Bei hoheren Temperaturen (120 "C) sinkt die Inhibitoraktivi- t a t des Amins, da die Am*-Radikale an der Kettenfortpflan- zungsreaktion teilhaben. Unter diesen Bedingungen fiihrt die Wechselwirkung der In- hibitoren zum Auftreten eines Maximums in der Abhlngig-

1) Schulz, M . , Rieche, A , , u. D . Becker: Chem. Ser. 99, 3233 (1966) 9 Schulz, M . , Boeden, H.-F.. u. P. Berlin: Liebigs Ann. Chem. 703, 190 (1967) *) Vortragender

keit t von der Zusammensetzung des inhibierenden Gemi- sches. (Autorreferat )

W. Vogel (Jena) : Struktur und Eigensohaftcn der €+laser

Die Netzwerktheorie von Zachariasen und Warren sowie die Kristallithypothese von Lebedew wurden in der Zeit von 1920 bis 1932 aufgestellt und haben trotz ihrer Gegeneiitzlichkeit als Arbeitsgrundlage bei der Entwicklung neuer Glaser wert- volle Dienste geleistet. Sie werden heute als die klassischen Strukturhypothesen angesehen. Anfang der fiinfziger Jahre wurden besonders unter Zuhilfenahme der Elektronenmikro- skopie Untersuchungen eingeleitet, die zu einem neuen Bild von der Struktur der Glaser gefuhrt haben. Danach kann man die hinsichtlich des Ordnungsgrades vollig gegensltzli- chen klassischen Strukturhypothesen nur noch fur Grenzfalle von Glaszusammensetzungen als zutreffend ansehen. In den meisten Glasern laufen wahrend des Abkuhlungsprozesses Entmischungsvorgange ab, die zu einer mikroheterogenen Struktur fuhren, wobei glasig amorphe tropfchenformige Ent- mischungsbezirke in eine glasige Matrixglasphase eingebettet sind. Die Zusammensetzung der Mikrophasen, die bei klaren Glasern Dimensionen von 20-600 A haben konnen, strebt ge- nerell der Zusammensetzung definierter chemischer Verbin- dungen zu. Das erklirt das vollig unterschiedliche Verhalten der Mikrophasen beispielsweise bei Anregung zur Kristalli- sation, beim Angriff chemischer Agenzien bzw. beim Lo- sungsverhalten, beim Absorptionsverhalten usw. Auf der Ba- sis von Phasentrennungserscheinungen in Glasern ist in den letzten 10 Jahren eine Reihe von glasigen oder auch von ke- ramischen Produkten aus Glas rnit hervorragenden neuen Eigenschaften entwickelt worden, z. B. Vycorquarzglas, Chemcorglas mit extremen Festigkeitswerten, Glaskeramiken vom Vitrokeramiktyp, neue optische Glaser mit ausgezeich- neten Eigenschaften u.a. Ergebnisse neuester Glasstrukturuntersuchungen haben ge- zeigt, daB bestimmte Glaser auch aus wesentlich mehr als zwei Mikrophasen aufgebaut sein konnen. Es konnten bis zu G nebeneinander vorliegende Mikrophasen festgestellt werden, die natiirlich nicht miteinander im Gleichgewicht stehen, son- dern offenbar das Resultat stufenformig ablaufender Ketten- reaktionen, z. B. des Zerfalls chemischer Verbindungen, oder der Aufhebung von ubersattigungen beim Abkuhlen fliissiger Glasschmelzen darstellen. Die in Glasschmelzen oder bei de- ren Abkiihlung ablaufenden Prozesse sind wesentlich kompli- zierterer Natur, als bisher allgemein angenommen wurde.

(Autorreferat )

G. Fritz (Karlsruhe): Entwicklungen und Probleme In der Chemie des Siliciums

Nach einer Darstellung der Reaktionsmoglichkeiten von Si- lylradikalen wurde iiber Reaktionen der Silylphosphine und Carbosilane berichtet. 1. Wahrend

H,Si-P(C,H,), + LiP(C,H,), = H,Si[P(C,H,),], + LiH (1)

nach G1.(1) reagieren, setzt sich

HSi[P(C,H,),], + LiP(C,H,), = LiSi[P(C,H,),I, + HP(C,H,), (2)

nach G1. (2) um, woraus die Beeinflussung der Si-H-Bindung zu erkennen ist. SiH- und SiC1-haltige Silylphosphine dispro- portionieren nach G1. (3)

womit Spaltungen nach G1. (4) verbunden sind.

~ ~ ~ S i l P ( C ~ H 5 ) ~ I ~ + H,Si[P(C,H,),I, = ClSi[P(C,H,),], + ClH,Si-P(C,H,), (4)

Zusatzlich 'erfolgen Disproportionierungen entsprechend G1. ( 6 )

(5) 2H,Si-P(C,H5), = SiH, + H,Si[P(C,H,),I, ')

I) Fritz, G., u. G. Becker: 2. anorg. allg. Chem., im Druck

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2. e b e r die thermische Spaltung von Si(CH,), in der Gas- phase werden verschiedenartige Carbosilane zuganglich. Es werden Struktur und Reaktionen von Carbosilanen mit 4 Si- Atomen sowie die Verbindungen Si,C18C,H82) und Si,C,,HS63) beschrieben. Aus den Pyrolyseprodukten des CH,SiCI, wird 2,2,4,4,6,6,8,8-0ctachlor-2,4,6,8-tetrasilabicyclo[3,3,0]- oct-(1)5en isoliert, dessen SiC1-Gruppen unter Erhaltung des Molekulgeriistes mit CH,MgCl in SiCH,-Gruppen iiberfiihrt werden. Die Methylverbindung addiert Brom an der C-C- Doppelbindung. Dieser Bicyclus spaltet bei 130°C auf zu

BrCH, -Si(CH8),-- CH,- Si(CH,),-C-

C-Si(CH,),-- CH, -Si( CH,),Br ,)

Durch Umsetzung von (Cl,Si-CCl,), mit LiAlH, wird (H,Si-CCI,), zuganglich, dessen Eigenschaften mit denen des (C1,Si-CH,), verglichen ~ e r d e n . ~ ) (Cl,Si-CCl,), (I) bildet mit iiberschiissigem CH,MgCl die Ver- bindungen

Mit 6 Mol CH,MgCl bildet I Verbindung VII, aus der mit wei- terem CH,MgCI die Verbindungen I1 bis VI entstehen. I1 setzt sich mit CH,MgCI zu 111, mit LiAlH, zu

(CH,),Si-CH, - Si(CH,), - C d - Si(CH,), um. Die Bildung von I1 aus I verliiuft iiber VII und ist iiber eine j3-Eliminierung zu deuten.6) 3. Metallorganische Synthese cyclischer Carbosilane mit der C - C-Gruppe. Es wird die Synthese des 1,3-disilacyclopenten-Geriistes an- gegeben. Bei der Addition von HSi(CH,),Cl an die Acetylengruppe mit H,PtCI, entsteht die trans-Verbindung 1. Die Synthese des Ringgeriistes wird ermoglicht, indem zuniichst an die Ace- tylengruppe eine funktionelle Silylgruppe gebunden wird (11), die bei der anschlielenden Addition von HSi(CH,), in die cis- Stellung zur CH,Br-Gruppe geht.

, CH,C1 /

H HSi(CH,),CI (CH3)2Si

\ /

II / \

H,PtCI. ' (CH,),Si-CCl,-Si(CH,),-C~C-SSi(CH,), (11), (CH,),(CH,Cl)Si-CECH

(CH,),Si -C -Si(CH,), -C=C- Si(CH,), (111) c=c CH, (I) H Si(CH,),Cl

(CH,),Si -CH(CH,) -Si(CH,), -C=C --Si(CH,), (IV) (CH.),SiCI,+

CH, (CH,),(CH,Br)Si - CECMgBr (CH,),(CH,Br)Si -C=C -Si(CH,),CI g z 1

/u\\y /? (CH,),Si 5i(CH,), (CH,),Si Si(CH,),

\ / \ / \ I \ , c=c c=c

/ \ C1 Si(CH,), (VII)

*) Fritz, G . , u. R. Haase: Angew. Chem. 80, 397 (1968) ') Fritz, G . , Runbmer, D . , u. H . Kohler: iinveroffentlicht ') Fritz. G., Huase, R., 11. D . Kunzmer: Z. anorg. allg. Chem., im Drnck ') Fritz, C . , u. R. Friihlieh: Z. anorg. allg. Chem. 353, 34 (1967)

Neue Fachliteratur Organische Germaniumverbindungen Von W . F . Mironow und T . K . Gar (in russischer Sprache). Verlag,,Nauka", Moskau 1967. 362Seiten, Format 15 x 22cm, Ln. 7,90 M. Das Buch kann in der DDR, durch jede Buchhandlung bezo- geu werden.

Die standig wachsende Zahl der jahrlich erscheinenden Origi- nalarbeiten im Bereich der Organo-Germaniumchemie zeigt, welche Bedeutung diesem Gebiet heute aus praparativer und theoretischer Sicht zukommt. Wiihrend eine Obersichtsarbeit aus dem Jahre 1947 nur 70 Publikationen anfiihrte, waren es 1950 99, und 1960 stieg die Zahl bereits auf 266 Arbeiten an. Die vorliegende Monographie der Autoren Mironov und Gar. die selbst wesentliche Beitrage zur Chemie organischer Ger- manium-Verbindungen geleistet haben, beriicksichtigt die Literatur bis zum 1. Januar 1967 und zitiert mehr als 1800 Arbeit en. Der straff gegliederte Textteil(l61 Seiten) beschaftigt sich im ersten Kapitel mit anorganischen Germanium-Verbindungen (Ger'mane, Halogengermane und Germaniumdihalogenide) soweit sie als Ausgangsprodukte fur die Synthese von Organo- Germanium-Verbindungen Bedeutung besitzen. Im folgenden Kapitel werden Darstellungsmoglichkeiten germanoorgani-

HSi(CH,), HIPtClr

i

CH,Br Li / c1

ICIZ (CH,),S{ \i(CH& C- (CH,),Si Si(CH,),

\ / \ , c=c I \

\ / c=c / \

H Si(CH,), H Si(CH,), Durch Addition von HAlR, an (11) anstelle von HSi(CH,), l5Bt sich auch das 1,1,3,3-Tetramethyl-l, 3-disilacyclopenten aufbauen.') ( Autorreferat)

9 Fritz, G. , u. AT. Szczepanski: 2. anorg. allg. Chem., im Druck 7, Fritz, G. , u. P. Schober: nnveroffentlicht

scher Verbindungen aus HGeX, und GeX,, wie Additions- und Kondensationsreaktionen, ,,Doppelte Germylierung" oder die Umsetzungen von GeX, mit organischen Verbindun- gen angefiihrt. Schliellich finden sich in zwei Kapiteln Dar- stellung, Reaktionen und Eigenschaften der Organogermane bzw. Organohalogengermane. Den Textteil beschlielen Ab- handlungen iiber Organo-Germanium-Verbindungen, die Bin- dungen zwischen Germanium und Elementen der I. bis VII. Gruppe des PSE bzw. funktionelle organische Reste enthal- ten. Die Autoren verzichten im allgemeinen auf eine breite Diskus- sion theoretischer Probleme wie der Bpek t ren und Bindungs- verhaltnisse sowie der Ergebnisse kinetischer Untersuchun- gen, zitieren jedoch in einem kurzen Abschnitt, der auch iiber die Analyse der organischen Germanium-Verbindungen Aus- kunft gibt, die hierzu erschienene Literatnr. Der Wert der Monographie besteht nicht zuletzt in den zahl- reichen Tabellen, die die physikalischen Eigenschaften (Brut- toformel, Strukturformel, Schmp., Sdp., ng, d;O, Literatur) der iiber 2 000 bekannten organischen Germanium-Verbin- dungen beinhalten. Dies ermoglicht ein rasches Auffinden ge- suchter Verbindungen und macht das Werk jedem metall- organisch interessierten Chemiker besonders empfehlenswert . B. Walther, Halle (Saale) ZCB 2363