5
Die Anwendbarheit der Auftragung Ig i/lg (1 - ilia) alS Auswerteverfahren bei nicht genauer Kenntnis des Diff usionsstromes Zur Bestimmung der Reaktionsordnung n und der Geschwindig- keit von Elektronenubergangsreaktionen mit Reaktionsordnun- gen n $: 1 wurde von uns fur Messungen mit der rotierenden Scheibenelektrode die Auftragung Ig i gegen Ig (1 - i/id) ent- sprechend der Beziehung Ig i = lg ik + n Ig (1 - i/id) (1) vorgeschlagen [1]. Hierin sind: i gemessener Strom ; i, kinetischer Strom; id theore- tischer Diffusionsstrom. Zur Anwendung von GI. (1) mu13 id bekannt sein. Es kann aus der Auftragung i gegen 1/u erhalten bzw. berechnet werden [2] (V - Umdrehungsgeschwindigkeit der rotierenden Scheibenelektrode). Beide Bestimmungsmoglichkeiten fuhren haufig zu nicht exakten Werten von id, was Konsequenzen bezuglich der Auswertung nach GI. (1) hat. Die Auswertung einer theoretisch berechneten i/vu Kurve [3] (Bild 1) mit angenommenen Diffusionsstromen id, 0,s id und 1,2 id ergab, da13 eine ungenugend exakte Kenntnis des Diffusionsstromes (0,s id und 1,2 id) zu sehr groBen Fehlern 48 k 1 46 44 k Bild 1 Kurve 1 berechnete i/@-Kurve fur n = 0,5; Kurve 2 Gerade fur 0,s id; Kurve 3 theoretische Diffusionsgerade; Kurve 4 Gerade fur 1,2 id 1 I 1 1 I -& -46 -0; -d2 b I 1911- hJ Bild d Iiurve I z = 0,s; Kurve 2 z = 1; Kurve 3 z = 1,2 Abhangigkeit Ig i/lg (1 - i/x * id); bei der Bestimmung der Reaktionsordnung fuhrt (n = 0,50 & 0,2.) (Bild 2). Die Werte fur die kinetischen Strome sind dagegen in groBeren Grenzen wenig abhangig vom verwendeten Diffusions- strom (Bild 2). Fur den Bereich von 0,8 id bis 1,2 id betragen die Abweichungen maximal f 5% vom theoretischen Wert fur i,. (Das gleiche Ergebnis wird bei der Auswertung einer Reaktion 1. Ordnung erhalten.) Hieraus folgt, da13 ik auch bei nicht exakter Kenntnis des Diffu- sionsstromes nach GI. (1) innerhalb einer verniinftigen Fehler- breite bestimmbar ist, n dagegen nicht. Die Unterschiede in den Bestimmungsmoglichkeiten fur ik und n bei ungenauer Kenntnis des Diffusionsstromes sind darauf zu- ruckzufiihren, da13 ik unter der Bedingung id % i und n unter der Bedingung id > i bestimmt werden. Literatur [l] Muller, L.; Priimke, H.-J.: Elektrochim. 8 (1972) 1369 [?I T'etter, K . - J . : Elektrochemische Kinetik, Berlin, Springer- [3] MiiZZer, L.: J. elektroanalyt. Chem. [Amsterdam] 34 (1972) Verlag 19G1 451 Lothar Muller, Sektion Chemie der Humboldt-Universitat zu Berlin, 108 Berlin, Bunsenstr. 1 eingegangen am 24. Janmr 1979 ZCM 6314 Tagungsberichte Hauptjahrestagung der Chemischen Gesellsohaft der DDR vom 26. bis 28.9. 1979 in Merseburg Die Hauptjahrestagung der Chemischen Gesellschaft der DDK wurde in diesem Jahr gemeinsam mit den Merseburger Technolo- gischen Tagen der Technischen Hochschule ,,Carl Schorlemmer" und der 13. Jahrestagung des Fachverbandes ,,Chemische Tech- nik" der KdT veranstaltet. Dieser Rahmen war aus AnlaB des 30. Jahrestages der Grundung der DDR und des 26jahrigen Be- stehens der Technischen Hochschule ,,Carl Schorlemmer" ge- wahlt worden. Ziel dieser Tagung war es, Fragen der langfristigen Entwicklung und der gesellschaftlichen Verflechtung der verschiedenen chemi- schen, chemisch-technischen und okonomischen Fachdisziplinen und der chemischen Industrie zu beraten. Daruber hinaus wurde das Werk ,,Ursprung und Entwicklung der organischen Chemie" von Carl Schorlemmer gewiirdigt, das vor 100 Jahren erschienen ist und in dem in ausgezeichneter Weise die Situation der organischen Chemie der damaligen Zeit analy- siert ist. Des 145. Geburtstages von Carl Schorlemmer wurde eben- falls gedacht. Der Rektor der Technischen Hochschule ,,Carl Schorlemmer", Magnifizenz Prof. Dr.-Ing. habil. G. Naue, der Vorsitzende des FV ,,Chemische Technik" der KdT, Prof. Dr. rer ok. W. Plotner, und der Vorsitzende der Chemischen Gesellschaft der DDR, Prof. Dr. rer. nat. habil. 31. RiLtzsch, begruDten die Tagungsteil- nehmer und erlauterten das Anliegen der Tagung. Prof. Dr. G.Nuue ging u. a. in seiner Eroffnungsansprache auf die Rolle der Tech- nologie ein und sagte: ,,Wenn wir unter Technologie die Ver- flechtung und das Wirksamwerden der Naturwissenschaften, Technischen Wissenschaften und der Gesellschaftswissenschaften zum Zwecke der Gestaltung komplexer Produlntionsprozesse und ihrer Elemente verstehen, so kommt darin auch ganz klar die Not- nendigkeit des interdisziplinaren Zusammenwirkens der Einzel- wissenschaften zum Ausdruck." Prof. Dr. M. Rutzsch nahm im AnschluD an seine BegruBungs- ansprache die Ehrungen durch die Chemische Gesellschaft vor : Prof. Dr. Dr. h. c. 19. Klare wurde zum Ehrenmitglied der Chemi- schen Gesellschaft der DDR ernannt. Prof. Dr. K. Issleib wurde mit der Clemens-Winkler-Meddle, Prof. Dr. Dr. Wiss. e. h. H.-J. Bittrich mit der August-KekulB- Medaille ausgezeichnet. Es schlossen sich zwei Plenarvortrage an; danach wurde die Ta- gung in sechs Sektionen fortgesetzt. Sektion 1 (Leitung: H. J . Bittrich) stand unter dem Thema: Ent- wicklungstendenzen der Chemie einschlieBlich ihrer historischen und philosophischen Widerspiegelung. Sektion 2 (Leitung: G. Gruhn) befaate sich mit der chemischen Nutzung von Kohlenstoffressourcen. Das Programm war auf drei Themenkreise orientiert : 1. Intensivierung der Erdolnutzung durch spaltende Verarbeitung unter besonderer Beriicksichtigung der Hydrospaltverfahren, 36 Z. Chem., 20. Jg. (1980) Heft 1

Hauptjahrestagung der Chemischen Gesellschaft der DDR vom 26. bis 28. 9. 1979 in Merseburg

  • View
    227

  • Download
    15

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Hauptjahrestagung der Chemischen Gesellschaft der DDR vom 26. bis 28. 9. 1979 in Merseburg

Die Anwendbarheit der Auftragung Ig i/lg (1 - ilia) alS Auswerteverfahren bei nicht genauer Kenntnis des Diff usionsstromes

Zur Bestimmung der Reaktionsordnung n und der Geschwindig- keit von Elektronenubergangsreaktionen mit Reaktionsordnun- gen n $: 1 wurde von uns fur Messungen mit der rotierenden Scheibenelektrode die Auftragung Ig i gegen Ig (1 - i/id) ent- sprechend der Beziehung

Ig i = lg i k + n Ig ( 1 - i / i d ) (1)

vorgeschlagen [1]. Hierin sind: i gemessener Strom ; i, kinetischer Strom; id theore- tischer Diffusionsstrom. Zur Anwendung von GI. (1) mu13 id bekannt sein. Es kann aus der Auftragung i gegen 1/u erhalten bzw. berechnet werden [2] (V - Umdrehungsgeschwindigkeit der rotierenden Scheibenelektrode). Beide Bestimmungsmoglichkeiten fuhren haufig zu nicht exakten Werten von i d , was Konsequenzen bezuglich der Auswertung nach GI. (1) hat. Die Auswertung einer theoretisch berechneten i/vu Kurve [3] (Bild 1) mit angenommenen Diffusionsstromen id, 0,s i d und 1,2 i d ergab, da13 eine ungenugend exakte Kenntnis des Diffusionsstromes (0,s id und 1,2 i d ) zu sehr groBen Fehlern

48 k 1 46 44

k

Bild 1 Kurve 1 berechnete i/@-Kurve fur n = 0,5; Kurve 2 Gerade fur 0,s i d ; Kurve 3 theoretische Diffusionsgerade; Kurve 4 Gerade fur 1,2 id

1 I 1 1 I

-& -46 -0; -d2 b I

1911- hJ Bild d Iiurve I z = 0,s; Kurve 2 z = 1; Kurve 3 z = 1,2

Abhangigkeit Ig i/lg (1 - i / x * id);

bei der Bestimmung der Reaktionsordnung fuhrt ( n = 0,50 & 0,2.) (Bild 2). Die Werte fur die kinetischen Strome sind dagegen in groBeren Grenzen wenig abhangig vom verwendeten Diffusions- strom (Bild 2). Fur den Bereich von 0,8 id bis 1,2 i d betragen die Abweichungen maximal f 5% vom theoretischen Wert fur i,. (Das gleiche Ergebnis wird bei der Auswertung einer Reaktion 1. Ordnung erhalten.) Hieraus folgt, da13 i k auch bei nicht exakter Kenntnis des Diffu- sionsstromes nach GI. (1) innerhalb einer verniinftigen Fehler- breite bestimmbar ist, n dagegen nicht. Die Unterschiede in den Bestimmungsmoglichkeiten fur i k und n bei ungenauer Kenntnis des Diffusionsstromes sind darauf zu- ruckzufiihren, da13 ik unter der Bedingung i d % i und n unter der Bedingung id > i bestimmt werden.

L i t e r a t u r

[l] Muller, L.; Priimke, H.-J.: Elektrochim. 8 (1972) 1369 [?I T'etter, K . -J . : Elektrochemische Kinetik, Berlin, Springer-

[3] MiiZZer, L.: J. elektroanalyt. Chem. [Amsterdam] 34 (1972) Verlag 19G1

451

Lothar Muller, Sektion Chemie der Humboldt-Universitat zu Berlin, 108 Berlin, Bunsenstr. 1

eingegangen am 24. Janmr 1979 ZCM 6314

Tagungsberichte

Hauptjahrestagung der Chemischen Gesellsohaft der DDR vom 26. bis 28.9. 1979 in Merseburg

Die Hauptjahrestagung der Chemischen Gesellschaft der DDK wurde in diesem Jahr gemeinsam mit den Merseburger Technolo- gischen Tagen der Technischen Hochschule ,,Carl Schorlemmer" und der 13. Jahrestagung des Fachverbandes ,,Chemische Tech- nik" der KdT veranstaltet. Dieser Rahmen war aus AnlaB des 30. Jahrestages der Grundung der DDR und des 26jahrigen Be- stehens der Technischen Hochschule ,,Carl Schorlemmer" ge- wahlt worden. Ziel dieser Tagung war es, Fragen der langfristigen Entwicklung und der gesellschaftlichen Verflechtung der verschiedenen chemi- schen, chemisch-technischen und okonomischen Fachdisziplinen und der chemischen Industrie zu beraten. Daruber hinaus wurde das Werk ,,Ursprung und Entwicklung der organischen Chemie" von Carl Schorlemmer gewiirdigt, das vor 100 Jahren erschienen ist und in dem in ausgezeichneter Weise die Situation der organischen Chemie der damaligen Zeit analy- siert ist. Des 145. Geburtstages von Carl Schorlemmer wurde eben- falls gedacht. Der Rektor der Technischen Hochschule ,,Carl Schorlemmer", Magnifizenz Prof. Dr.-Ing. habil. G. Naue, der Vorsitzende des FV ,,Chemische Technik" der KdT, Prof. Dr. rer ok. W. Plotner, und der Vorsitzende der Chemischen Gesellschaft der DDR, Prof. Dr. rer. nat. habil. 31. RiLtzsch, begruDten die Tagungsteil- nehmer und erlauterten das Anliegen der Tagung. Prof. Dr. G.Nuue ging u. a. in seiner Eroffnungsansprache auf die Rolle der Tech- nologie ein und sagte: ,,Wenn wir unter Technologie die Ver-

flechtung und das Wirksamwerden der Naturwissenschaften, Technischen Wissenschaften und der Gesellschaftswissenschaften zum Zwecke der Gestaltung komplexer Produlntionsprozesse und ihrer Elemente verstehen, so kommt darin auch ganz klar die Not- nendigkeit des interdisziplinaren Zusammenwirkens der Einzel- wissenschaften zum Ausdruck."

Prof. Dr. M. Rutzsch nahm im AnschluD an seine BegruBungs- ansprache die Ehrungen durch die Chemische Gesellschaft vor : Prof. Dr. Dr. h. c. 19. Klare wurde zum Ehrenmitglied der Chemi- schen Gesellschaft der DDR ernannt. Prof. Dr. K. Issleib wurde mit der Clemens-Winkler-Meddle,

Prof. Dr. Dr. Wiss. e. h. H.-J . Bittrich mit der August-KekulB- Medaille ausgezeichnet. Es schlossen sich zwei Plenarvortrage an; danach wurde die Ta- gung in sechs Sektionen fortgesetzt.

Sektion 1 (Leitung: H. J . Bittrich) stand unter dem Thema: Ent- wicklungstendenzen der Chemie einschlieBlich ihrer historischen und philosophischen Widerspiegelung. Sektion 2 (Leitung: G. Gruhn) befaate sich mit der chemischen Nutzung von Kohlenstoffressourcen. Das Programm war auf drei Themenkreise orientiert : 1. Intensivierung der Erdolnutzung durch spaltende Verarbeitung

unter besonderer Beriicksichtigung der Hydrospaltverfahren,

36 Z. Chem., 20. J g . (1980) Heft 1

Page 2: Hauptjahrestagung der Chemischen Gesellschaft der DDR vom 26. bis 28. 9. 1979 in Merseburg

2. Gewinnung von Olefinen und anderen Produkten durch Koh- lenwasserstoff-Pyrolyse und ausgewahlte Probleme der Ver- arbeitung der Pyrolyseprodukte,

3. stoffwirtschaftliche Nutzung von Braunkohle durch Verga- sungs-, Verkokungs-, Verschwelungsverfahren und Probleme der Aufarbeitung und Nutzung der Produkte.

Sektion 3 (Leitung: J . Ulbricht) war der Chemie und Technologie der Hochpolymere gewidmet. Insbesondere wurden die Zusam- menhange zwischen Synthese, Verarbeitung, Anwendung und Eigenschaften von Polymeren betrachtet. Weiterhin wurden Ten- denzen der Entwicklung von Polymeren fur spezielle Eimatz- gebiete und die Nutzung von Sekundarrohstoffen und ihrer Quel- len durch die Polymerherstellung behandelt.

Sektion 4 (Leitung: W . Plotner und W . Fratzscher) stand unter dem Thema: Stand und Entwicklungstendenzen auf dem Gebiet der Grundoperationen der Chemischen Technologie. Die Vortriige behandelten thermische Grundoperationen, Probleme und Ent- wicklungstendenzen der mechanischen Verfahrentechnik, Quer- schnittsgebiete, wie Thermodynamik, Stromungsmechanik und einige spezielle Fragen. Es ging dabei um die Darstellung von Grundlinien und ihre verfahrens- und ingenieurtechnische Um- setzung.

Sektion 5 (Leitung: M . Uhlmann) behandelte Stand und Entwick- lungstendenzen der Informationsgewinnung und -verarbeitung fur die Fuhrung chemischer Prozesse. Der Inhalt der Vortrage war vorwiegend auf einen technologisch interessierten Horerkreis orientiert und enthielt Forderungen an die Qualitat der Informa- tionsgewinnung aus der Sicht der Fuhrung, Optimierung und Bi- lanzierung chemischer Prozesse sowie den Ausweis von Problemen und Erfahrungen auf den Gebieten der ProzeB- und Betriebsana- lytik, der ProzeIjmeBtechnik sowie der Anwendung moderner rechentechnischer Hilfsmittel zur Signal-Verarbeitung.

Sektion 6 (Leitung: W . Streetz) befaBte sich mit der Bestimmung und Beurteilung des wissenschaftlichen, technischen und okono- mischen Niveaus von Verfahren und Erzeugnissen. Es wurden, ausgehend von methodologischen Problemen bei der Bestimmung des Wesens des wissenschaftlich-technischen Niveaus, Wege zu dessen Erfassung uber Kriterien und Kennziffern herausgearbeitet und die Dringlichkeit der Entwicklung der Technologie fur die Erhohung des Niveaus der Produktion deutlich gemacht. In der Sektion wurden Beitrage von Okonomen, Verfahrenstechnikern und Chemikern gehalten.

Die Zahl der Teilnehmer (etwa 1300 Fachleute) zeugte vom groBen Interesse an der Tagung. Uber die Sektionen 2, 4, 5 und 6 wird in der Zeitschrift ,,Chemische Technik" und uber die Sektion 3 in der Zeitschrift ,,Plaste und Kautschuk" berichtet werden. Wir veroffentlichen nachstehend Autorreferate uber die Plenar- vortrage und die VortrLge der Sektion 1:

G. Keil, H. Klare, M . Pelagalli und H. Zobel (Akademie der Wis- senschaften der DDR, Porschungsbereich Chemie) : Chemieroh- stoffe aus Kohle durch Kopplung stoff- und energiewirtschaft- licher Prozesse

Der hohe Bedarf der Volkswirtschaft an Kraftstoffen, Heizol und organischen Grundstoffen konnte in den letzten 20 Jahren nur durch den Aufbau einer leistungsfahigen Erdolverarbeitung ge- deckt werden. I n der DDR hat die Braunkohle ihre dominierende Stellung in der Primiirenergietragerbilanz behauptet, und es sind beachtliche Kapazitaten an Kohleveredlungsanlagen in Betrieb, die einen gro- Ben Teil des Bedarfes an organischen Grundstoffen erzeugen. Die BHT-Verkokung und die Spulgasschwelung von Braunkohlen- briketts sind effektive Prozesse zur kombinierten stofflichen und energetischen Nutzung von Weichbraunkohlen, welche kunftig als Wege zur Gewinnung von Kohlewertstoffen vor der energeti- schen Nutzung der Kohle ausbau- und entwicklungsfahig sind. Die Notwendigkeit zum Ausbau der Carbochemie leitet sich inter- national aus der Vorratslage an Erdol/Erdgas und Kohle ab, deren Verhaltnis etwa 1: 9 betragt. Zur Erganzung der Erdolverarbeitung und Petrolchemie werden kunftig aus Braunkohle diejenigen Edelenergietrager und organi- schen Grundstoffe erzeugt, die auf der Basis von technisch weiter-

entwickelten Ent- und Vergasungsverfahren direkt zuganglich sind. Besondere Aiifmerksamkeit ist in der Forschung und Ent- wicklung den Staub- und Wirbelschichtvergasungsverfahren unter Druck sowie den Extraktionsprozessen zu widmen. Vorliegende Untersuchungsergebnisse der hydrothermalen Be- handlung von Weichbraunkohlen zeigen, daB die Gewinnung von wasserstoffreichen Produkten vor der energetischen Nutzung der Kohle prinzipiell auch auf diesem Wege moglich ist.

W . Pritzkow (Technische Hochschule ,,Carl Schorlemmer" Leuna- Merseburg, Sektion Chemie) : Die Entwicklung der n-Paraffin- Chemie seit den Arbeiten von Carl Schorlemmer

(Der Vortrag wird als ffbersichtsartikel in dieser Zeitschrift er- scheinen.)

A . 2'. Balaban (Technische Hochschule, Bukarest, SR Rumanien) : Graphentheoretische Behandlung von Strukturproblemen

Die Graphentheorie dient der Chemie, weil sie als mathematische Kombinatorik im Prinzip alle Moglichkeiten dieser Wissenschaft in Betracht ziehen kann. Die Erfahrungen und Intuition des Che- mikers bedingen notwendige Selektionen, um rationelle Ergebnisse zu erhalten. Chemische Probleme lassen sich durch drei Arten von Graphen beschreiben :

Graph Punkt Linie Chem. Dar- stellung

1 Konstitutions- Atom kovalente Verbindung

2 Reaktions- Ver- Elementar- Reaktions-

3 Synthon- Synthon Anknupfungs- Syntheseplan

Bindung

bindung reaktion ensemble

reaktion

Die Konstitutionsgraphen sind seit langem als chemische Formeln oder in vereinfachter Form als Molekulgeruste bekannt. Die Graphentheorie beschreibt nicht nur einfache Falle, sondern auch kompliziertere Beispiele, wie Valenzisomere, cata-Kondensierung, mesoionische Verbindungen; sie findet auch Anwendung zur Ab- zahlung und Formeldarstellung von Isomeren, zu Fragen der No- menklatur und Kodifizierung. Die Reaktionsgraphen wurden erstmals 1961 fur Carbenionionen- umlagerungen angewendet ; sehr bekannt sind Anwendungen in der Phosphor- und Organometallchemie. Neuerdings wurden ent- sprechende Arbeiten uber Isomerisierungen zu Adamantan oder Diamantan beschrieben. Synthongraphen wurden nach 1966 von Corey, Wipke u. a. fur computergesteuerte Syntheseplanungen (,,Computerchemie") ein- gesetzt.

V . Gutmann (Institut fur Anorganische Chemie der Technischen Universitat Wen) : Die Bedeutung der empirischen Losungsmittel- parameter (Donorzahl, Akzeptorzahl) fur die organische Chemie

Wechselwirkungen zwischen Gelostem und Losungsmittel indu- zieren die Veranderungen der Bindungsparameter aller Reaktions- partner, d. h., es werden sowohl die gelosten Stoffe als auch das Losungsmittel strukturell verandert. Nach Darlegung der Regeln fur die Veranderungen von Bindungslangen wird die 2-Parameter- Beschreibung vorgestellt. I m Gegensatz zu den bisherigen 1-Para- meter-Beschreibungen wird eine klare Unterscheidung getroffen zwischen nucleophilen und elektrophilen Losungsmittelfunktio- nen gegenuber dem gelosten Stoff. Dementsprechend werden zwei empirische Parameter eingefuhrt, namlich die Donorzahl und dic Akzeptorzahl. Es werden die Beziehungen zwischen diesen Lo- sungsmittelparametern und den thermodynamischen wie auch kinetischen Eigenschaften von Losungen dargestellt, beispielr- weise, da13 eine Sal-Reaktion mit steigender Akzeptorzahl bc- schleunigt, eine SN2-Reaktion hingegen verzogert wird. SchlieBlich werden Hinweise angeboten, welche die Wahl eines geeigneten Lijsungsmittels fur eine gegebene Reaktion erleichtern.

Page 3: Hauptjahrestagung der Chemischen Gesellschaft der DDR vom 26. bis 28. 9. 1979 in Merseburg

H . J . Bittrich (Technische Hochschule ,,Carl Schorlemmer" Leuna- Merseburg, Sektion Chemie) : Carl Schorlemmer - Leben und Werk Der Vortrag behandelte die Grunde, die Schorlemmers heutige Bedeutung ausmachen, seine Freundschaft rnit Marz und Engels und seine Teilnahme an dem Gedankenaustausch bei der Heraus- bildung des dialektischen Materialismus, seine publizistischen und chemiehistorischen Beitrage und seine wesentlichen Arbeiten zur Struktur gesattigter Kohlenwasserstoffe und besonders zum Nach- weis der Identitat der Kohlenstoffvalenzen. Die Entwicklung zum ersten Professor fur organische Chemie in England verbunden mit einer Einschatzung seiner Leistungen auf dem Gebiet der organischen Chemie und die Grundauffassungen zur Chemie- geschichte, wie sie aus der Schrift ,,Ursprung und Entwicklung der organischen Chemie" deutlich werden, enthalten viele Phasen des geistigen Kontaktes zu den Schopfern des Marxismus. Die Auf- fassungen Schorlemmers zur Chemiegeschichte als eine vom Fach- lichen her kommende Analyse der Entwicklungstendenzen einer Wissenschaftsdisziplin entsprechen auch den heutigen Erforder- nissen am besten. Schorlemmers Charakterzuge, wie Bescheiden- heit, Offenheit, Sachlichkeit, Treue zur Sache und zu Freunden, seine Verbindung fachlichen und gesellschaftlichen Engagements sind auch Vorbild fur unsere Zeit.

H . Ley (Humboldt-Universitat zu Berlin, Sektion marxistisch- leninistische Philosophie) : Schorlemmer - Philosophische uud okonomische Reflexionen In der 1879 von Carl Schorlemmer erstmals publizierten Geschichte der organischen Chemie befaDt sich der Freund von KarZMarz und Friedrich Engels mit einigen, den Fortschritt der betreffenden Disziplin begleitenden erkenntnistheoretischen Problemen. Sie sind abgehandelt in einer Analyse der betreffenden Fragen in AnschluR an Justus Liebig und Kekult! in Kontroverse vorwiegend mit Berzelius und Kolbe, dem auDerdem Vant'Hoff entgegenge- setzt ist. Relevanz besitzt fur diese Debatte der von Dalton aus- gehende Atomismus, Strukturprobleme der Anordnung der Atome im Raum und ihr Bindungsmechanismus. Schorlemmers, von Engels ubernommenes, methodologisches Prinzip betrifft vorwiegend die Entwicklung der chemischen Theorie, die Prognose kunftiger Ent- faltung der Chemie und der darauf gegrundeten Industrie sowie die von der atomistischen Struktur abhangigen qualitativ unter- schiedlichen Eigenschaften von Verbindungen. Die von Schor- lemmer behandelten erkenntnistheoretischen Kategorien be- treffen die Funktion des Messens und des Fortschreitens der Ge- nauigkeit sowie der Analogie. Abgesehen von der damaligen Un- kenntnis der Quantentheorie lassen sich bis in die jungste Gegen- wart die gleichen Denkbestimmungen in der modernen Chemie fest- stellen, was der Verfasser an Hand der Wirkstofforschung belegt. Schorlemmer erorterte hinsichtlich des Verhaltnisses von Chemie und Industrie das Widerlegen von Prognosen selbst bedeuten- der Chemiker, prognostiziert aber zutreffend die pharmakologische Bedeutung der Farbchemie. Urspriinglich mit dem Gewinnen von Kohlenwasserstoffen aus Kohle befa5t (1862-1872), war von Schorlemmer die kunftige Konkurrenz zum Erdol nicht vorauszu- sehen, die inzwischen der Kohleverflussigung zukommt.

R. Zahradnik (J.-Heyrovsky-Institut fur Physikalische Chemie und Elektrochemie, Tschechoslowakische Akademie der Wissenschaf- ten, 1 2 1 38 Prag 2, MBchova 7): Quantenchemie und Katalyse I n der Einfuhrung wurden wichtige Unterschiede zwischen spon- tanen und katalytischen Reaktionen erlautert. Anhand eines Mo- dellprozesses wurden signifikante Kennzeichen katalytischer Re- aktionen diskutiert, und es wurde auf Ahnlichkeiten zwischen ra- dikalionischen und photochemischen Reaktionen einerseits und katalytischen Reaktionen andererseit's hingewiesen. Die Grenzen der Anwendbarkeit der ,,Approximation of isolated molecule" fur die Analyse von heterogenkatalysierten Prozessen wurden angedeutet. Diese ,,Approximation" nimmt den EinfluB des Katalysators nur implizit in Betracht, doch erlaubt sie, die Reaktionskoordinate der untersuchten Reaktion zu verfolgen. Die kurzlich von JiH Pancif eingefuhrte Version der topologischen MO-Methode liefert vie1 breitereMoglichkeiten fur die Oberflachen- chemie und die heterogene Katalyse. Ihre Anwendbarkeit wurde anhand der Wechselwirkung zwischen einem Na,,-Cluster und H, gezeigt. Das entwickelte Computer-Programm erlaubt, die Rcaktionskoordinate zu verfolgen oder die Reaktivit,at im Rah-

men einer Storungsrechnung sehr okonomisch zu analysieren. Die topologische Naherung (einfache MO-, SCF-, CI und MC-SCF- Versionen wurden entwickelt) ist vorteilhaft fur die Untersuchung verschiedener geometrischer Oberflachen sowie fur Abschatzungen der Struktur der Oberflachenkomplexe. Die kritische Analyse der gefundenen Reaktionskoordinaten und Storungsdaten erlaubt die Formulierung einfacher Auswahlregeln, die Informationen uber die Struktur der Oberflachenkomplexe liefern.

E. Lippmuu (Institut fiir Kybernetik der Estnischen Akademie der Wissenschaften, Tallinn/UdSSR) : NMR-Spektroskopie schwe- per Kerne und chemische Struktur

Die hochauflosende Festkorper-NMR-Spektroskopie der Kerne l3C, 29Si, l5N, 3lP, 117,119Sn und auch ,D ist eine neue und viel- versprechende Technik fiir die Strukturuntersuchung von orga- nischen und anorganischen Verbindungen in Form von mikro- kristallinen und amorphen Pulvern. Die durch Rotation der Probe um den magischen Winkel in Kombination mit verschiedenen Entkopplungs-, Kreuzpolarisations- und Pulstechniken erreichte Auflosung ist ausreichend fur die Messung isotroper chemischer Verschiebungen. Diese Verschiebungen entsprechen i. a. denen, die in Flussigkeiten gemessen wurden, und somit konnen die gleichen Beziehungen fur die Signalzuordnung verwendet werden. Da die zu Signalverbreiterungen fuhrenden dipolaren Wechselwirkungen und Anisotropien der chemischen Verschiebung nur unterdruckt wer- den, konnen sie durch 2D-FT-Techniken auch in komplizierten Systemen selektiv unter hochauflosenden Bedingungen gemessen werden. Dynamische Ausmittelungen der chemischen Verschie- bungen werden in Festkorpern i. a. nicht beobachtet, folglich lassen sich eingefrorene Konformere und Rotamere sowie H-Brucken- Strukturen durch die entsprechenden NMR-Spektren charak- terisieren. Die Strukturen von Festkorpern, wie Silicaten (auch als naturliche Minerale und Glaser) und Polymeren konnen im Detail bestimmt werden. Im Falle kleiner Partikel (Aerosil) ge- stattet die Anwendung variabler Kontaktzeiten fur die Kreuz- polarisation mit adsorbierten Molekulen diese Partikel Schicht fur Schicht zu untersuchen. Als innerer Standard fur Festkorper wird Silikongummi D, sowohl fur 13C (+1,5 ppm von TMS) als auch "Si (--22,6 ppm von TMS) vorgeschlagen.

A. Zschunke (Sektion Chemie, Martin-Luther-Universitat Halle) : Intramolekulare Beweglichkeit - Nachweis und Mechanismus

Der Vortrag beschrankt sich auf intramolekulare reversible Re- aktionen, deren Geschwindigkeitskonstanten erster Ordnung mit Hilfe der dynamischen NMR-Spektroskopie bestimmt werden konnen (k = 10-1 bis lo5 s-l). Ausgehend von den drei Aspekten einer modellhaften physikalischen Beschreibung der Molekul- eigenschaften, Geometrie, Wechselwirkungen und Beweglichkeit, konnen die intramolekularen Bewegungsvorgange entweder ihrer geometrischen Natur nach oder ihrem Mechanismus nach klassi- fiziert werden. Zur Beschreibung der geometrischen Veranderun- gen eignet sich die Darstellung der Isomeren durch Permuta- tionen, wahrend zur Beschreibung der Mechanismen das Energie- hyperfliichenmodell, die Graphentheorie und die Zeitkorrelations- funktionen dienen konnen. An zinnorganischen Verbindungen werden die Klassifizierungs- und Beschreibungsweisen demon- striert und gleichzeitig die Grenzen der NMR-Spektroskopie hinsichtlich ihrer Aussagen iiber Mechanismen gezeigt.

R. Taube (Technische Hochschule, Merseburg) : Die ifbergangs- metall-Kohlenstoff-Bindung und ihre Bedeutung fur die Ent- wicklung der Chemie

Die ubergangsmetallorganische Chemie hat sich als Grenzgebiet zwischen anorganischer und organischer Chemie im wesentlichen erst in den letzten 25 Jahren entwickelt und besonders in der metallorganischen Komplexkatalyse fur die moderne groRtechni- sche Petrol- und Hochpolymerenchemie eine sehr wesentliche praktische Bedeutung erlangt. Auf diesem Weg war die Klarung der Natur der n-Komplexbildung und die Entdeckung ihres uni- versellen Charakters erkenntnismaBig der wichtigste Schritt. Wir wissen heute, daR im Prinzip jede ungesattigte organische Ver- bindung uber die n-Elektronen an ein ubergangsmetall koordi- nativ gebunden werden kann. Besonders spektakullr war die Stabilisierung bisher unbckannter Kohlenwasserstoffe durch n-Komplexbildung. Weitere interessante Aspekte der n-Organo-

38 Z . Cliuna., 20. Jg. (1980) H e f t 1

Page 4: Hauptjahrestagung der Chemischen Gesellschaft der DDR vom 26. bis 28. 9. 1979 in Merseburg

Ubergangsmetallchemie sind die Ausbildung fluktuierender Strukturen und die Aktivierung ungesattigter Kohlenwasserstoffe fur nukleophile Additionen und Elektronenubergangsreaktionen in der Koordinationssphare des Ubergangsmetalls. Fur die Ent- wicklung der u-Organo-tfbergangsmetallchemie war das richtige Verstflndnis der thermodynamischen und kinetischen Stabilitat der Ubergangsmetall-Kohlenstoff-u-BinduLg, das erst in den letzten Jahren erreicht wurde, von entscheidender Bedeutung. Durch die Anwendung geeigneter Stabilisierungsprinzipien, wie den Einsatz groBvolumiger, eliminationsstabiler Organylanionen, die Organylmetallat- oder die Organochelat-Komplexbildung, konnen thermisch relativ bestandige homoleptische o-Organo- Verbindungen der Ubergangsmetalle gewonnen werden. Aus bin- dungstheoretischer Sicht besonders interessant ist die von uns erstmalig am {Li,[Nio(C,H,),] * BTHF} exakt nachgewiesene Sta- bilisierung der Oxydationsstufe 0 in Phenyl-UbergangsmetaII- komplexen, die nicht durch eine ,,backdonation" zum Phenyl- anion, sondern iiber die Koordination der Lithiumionen am Zen- tralatom erfolgt.

E. Schmitz (Zentralinstitut fur Organische Chemie der AdW der DDR, Berlin-Adlershof) : Stickstoffradikale in der Heterocyclen- synthese

Die Verwendung von Stickstoffradikalen in der praparativen Chemie entwickelte sich spater als die der Kohlenstoffradikale. I n den letzten 20 Jahren wurden Stickstoffradikale durch Ein- wirkung von Metallsalzen auf N-Halogenamine, Hydroxylamin- derivate und Oxaziridine leicht zugiinglich und fanden Einsatz in der Synthese. 3,3-Pentamethylen-oxaziridin, aus Cyclohexanon und Chloramin leicht zuglnglich, geht bei Einwirkung von katalytischen Mengen an Vanadin(1V)-verbindungen in bis zu 95yoiger Ausbeute in das isomere Caprolactam uber; ein Stickstoffradikal ist als Zwischen- stufe plausibel.

Die ,,Epaminierung" von Olefinen zu Aziridinen mittels N, K-Di- brom-alkylaminen verlauft als Radikalkettenreaktion, wobei das N-Brom-Radikal Kettentrager ist.

Die Hofmann-Lo;ffZer-Reaktion, Uberfiihrung von Aminen in Pyrrolidine uber N-Halogenamine, laSt sich zur Synthese von Dialkyl-pyrrolidinen aus Fettaminen heranziehen. Beispielsweise entsteht 2-Butyl-5-pentyl-pyrrolidin aus G-Amino-tridecan. Pyr- rolidine dieses Typs sind als trail-Pheromone der Pharaoameise bekannt geworden. Die synthetischen Produkte sind im Tier- experiment wirksam.

- Y - - - d NH I H

C I

E. Hohne (Zentralinstitut fur Molekularbiologie der AdW der DDR, Berlin-Buch) : Rontgenstrukturaufklarung von biologisch wirksamen Verbindungen

Die Rijntgenkristallstrukturanalyse hat sich auf Grund der Auto- matisierung der experimentellen Datenerfassung und der com- putertechnischen Verarbeitung des umfangreichen Datenmaterials zu einer unentbehrlichen Analysenmethode entwickelt. Es werden die vollstandige Stereochemie (Bindungsabstande, -winkel, Kon- figurationen, Konformationen, H-Brucken und sterische Wechsel- wirkungen sowie intermolekulare Wechselwirkungen auch zwi- schen unterschiedlichen Molekulverbindungen) von strukturell un- bekannten Verbindungen auf direktem experimentellem Wege aufgeklart. Damit leistet die nlethode entscheidende Beitrage zar Aufklarung von Struktur-Wirkungs-Beziehungen, ein fundanien-

tales Anliegen zahlreicher Forschungsvorhaben. Verschiedene Problemstellungen und Aussagemoglichkeiten der Methode wer- den dargestellt :

- An sog. Srhliisselverbindungen einer Substanzklasse - Be- stimmung der Absolutkonfiguration an Asymmetriezentren

- Am Veralkamin: Eestimmung eines neuen Steroidgrundge- rustes

- An Wurzelwachstumshemmern wurde l e r EinfluS von Wasser auf Kcnformaticreanderungen des Wirkstoffmolekiils auf- geklart

- Genace sterische Molekulparameter dienen als Ausgangs- daten fur halbemprische quantenchemische Methoden

- Die Bestimmung der Molekulpackung im Kristallgitter konnte unterschiedliche t,opophotochemische Reaktionen erklaren

- Strukturelle Konformationen in Oligopeptiden - Sachweis ron Bindungselektronen in Molekiilstrukturen.

A . Barth (Martin-Luther-Universitat Halle-Wittenberg, Sektion Biowissenschaften, Wissenschaftsbereich Biochemie, 402 Halle) : Untersuchungen zum Funktionsmechanismus der Dipeptidyl- Peptidase IV - ein Beitrag zur Chemie der enzymatischen Kata- lyse.

Die Dipeptidyl-Peptidaze IV (DP IV) ist eine Serinpeptidase, die vom N-terminalen Endc eines Oligo- bzw. Polypeptides konse- kut.iv Dipeptide abspaltet, wenn dem N-Terminus benachbart sich Prolin- bzw. Alaninreste befinden. Kinetische Studien zum Funktionsmechanismus fuhrten zu folgenden Ergebnissen : Bei der Wechselwirkung des Substrats mit dem aktiven Zentrum des Enzynis entsteht zunachst ein Erkennungskomplex ES, der in ein tetrahedrales Intermediat iibergeht, dessen Ubergangs- zustand produktahnlich ist. Unter Abspaltung von PI entsteht ein Azylenzym. Dieaer Vorgang ist fur Substrate der Alanin- reihe geschwindigkeitsbestimmend. Fur Substrate der Prolin- reihe liegt der geschwindigkeitsbestimmende Schritt im Bereich der Deazylierung. Am Kat'alysemechanismus ist neben einer Serin- hydroxylgruppe ein Imidazolrest beteiligt. Wesentlich ist wahr- scheinlich die Ausbildung eines Charge-transfer-Systems, ge- koppelt mit einem Protonentransfer. Es findet damit eine ,,spe- z:elle'', substratvermittelte Saure-Basen-Katalyse statt, im Gegematz zn der bei Trypsin oder Chymotrypsin diskutierten ,,allgemeinen" Saure-Basen-Katalyse. Die untersshiedliche Lage des geschwindigkeitsbestimmenden Schrittes bei der enzymati- schen Hydrolyse der Substrate der Alaninreihe im Vergleich zu den Substraten der Prolinreihe wird nach der Theorie der ,,stereo- elektronischen Kontrolle" gedeutet.

G . Reich (Forschungsinstitut fur Leder- und Kunstledertechno- logie, Preiberg) : Struktur und Reaktivitat des Kollagens

Kollagen ist Ausgangspunkt der Leder-, Gelatine- und Leim- herstellung (Verarbeitung von mehr als 1,6 Millionen t Trocken- substanz KollagenlJahr). Zunehmend wurde seine biologische Bedeutung erkannt. Das Kollagenmolekul besteht aus 3x-Ketten mit je etwa 1000 Aminosauren (AS), 280 nm Lange und 1,4 nm Durchmesser. Die Sequenz konnte durch Kombination chemischer und enzymati- scher Abbaumethoden vollstandig aufgeklart nerden. Hiernach kann zwischen x-l- und x-2-Ketten unterschieden werden. Haut- kollagen vom Typ Kollagen I besteht aus einer Tripelhelix der Zusamniensetzung [(xl), na]. Die Kollagenmolekiile lagern sich nnter dem EinfluS ihres Ladungsmusters auf Grund des Gehaltes an polaren AS um ein Viertel ihrer Lange gegeneinander versetzt aneinander. Hieraus resultiert die fur Kollagen charakteristische Periodizitat der elektronenmikroskopisch sichtbaren Querstrei- fung von 67 nm. Etwa 1000 Kollagenfibrillen von je 0,l pm Durchmesser bilden die Elementarfasern, diese ihrerseits die bis zu 200 pm starken Kollagenfasern. Auf Grund des Gehaltes an basischen und sauren AS, OH-gruppen- haltigen AS, Peptidbindungen und hydrophoben Resten bestehen umfangreiche Reaktionsmoglichkeiten am Kollagen. Sie werden zur Stabilisierung der Helixstruktur, zur biologischen Selbstver- netzung, technisch vor allem fur Gerbreaktionen, genutzt. So konnte u.a. die koordinative Bindung von Crlll-Salzen an die -COOH-Gruppen, die Bindung der phenolischen Gerbstoffe an die Peptidgruppen und die kovalente Bindung von Aldehyden an basische AS nachgeiviesen merden.

Z. Chem., 20. J g . (1960) Heft 1 39

Page 5: Hauptjahrestagung der Chemischen Gesellschaft der DDR vom 26. bis 28. 9. 1979 in Merseburg

11. Znschke (Sektion Chemie der Martin-Luther-Universitiit Halle- Wittenberg) : Formanisotropie und mesogenes Verhalten organi- scher Verbindungen

I m ersten Teil des Vortrages wurden Fragen der Beziehungen von chemischer Struktur und kristallin-flussigen Eigenschaften dis- kutiert. Die Gegenuberstellung der Klartemperaturen analoger aromatischer, alicyclischer und heteroaromatischer Strukturtypen crmoglicht Informationen iiber den EinfluB sterischer und elek- tronischer Faktoren auf die Ausbildung der Mesophase. Ausfiihr- lich wurden die strukturellen Voraussetzungen (starre gestreckte Alolekiilgestalt, Bedeutung der Mittelgruppe M im Weygandschen Strukturaodell, Donator- und Akzeptoreinfliisse von Substi- tuenten) fur Flussigkristalle behandelt. Heterocyclische Baugrup

Neue Fachliteratur

Grundlagen der Synthese von Polymeren Von J. Ulbricht ; Akademie-Verlag, Berlin 1978; 260 Seiten mit 39 Bildern und 39 Tabellen; Format L 7, Ln. 25,- M. J . Ulbricht stellte sich die verdienstvolle Aufgabe, die chemischen Aspekte der Synthese von Polymeren in gedrangter Form dar- zustellen. In einer kurzen Einfiihrung (37 S.) werden die wichtig- sten Grundbegriffe sowie die strukturellen Besonderheiten hoch- molekularer Verbindungen und die sich daraus ergebenden Eigen- schaften erlautert. Dem Charakter des Buches entsprechend ist die Darstellung sehr knapp und weist auf Quellen zur Vertiefung der Informationen hin. Den Umfang des Buches bestimmen die Teile , ,Kettenwachstums~eaktionen" (140 S.) und ,,Stufenwachstums- reaktionen" (w 50 S.), die durch einen kurzen Abschnitt iiber ,,Reaktionen an Polymeren" (w 25 S.) erganzt werden. Bei den ,,Kettenwachstumsreaktionen" nimmt der Abschnitt iiber radikalische Homo- und Copolymerisation entsprechend der Be- deutung radikalischer Polymerisationsverfahren in der Technik den groaten Umfang (w 70 S.) ein. Gleichzeitig werden hier die, kinetischen Grundlagen der Polymerisationsreaktionen behandelt, auf die in den anderen Abschnitten Bezug genommen wird. Im Abschnitt Ionische Polymerisation (26 S.) liegt das Schwergewicht auf der anionischen Polymerisation, wahrend die kationische sehr knapp gehalten ist. Dabei legt der Autor der Behandlung kon- sequent das Donor-Akzeptor-Prinzip zugrunde und betont die Bedeutung von Dissoziations-/Assoziationsgleichgewichten fur die Polymerisationsgeschwindigkeit und die Stereochemie der Pro- dukte. Als weitere Kettenwachstumsreaktionen werden anschlie-

pen fiihren auf Grund der unterschiedlichen PolaritSit und der Weiterleitung von Substituenteneinfliissen im Gesamtmolekiil zu gro5en Unterschieden in der Ausdehnung des Mesophasenbereiches und im Polymorphiemuster. Die Kenntnisse der Wechselwirkun- gen von chemischer Struktur und Mesophase ermoglichen die Syn- these von Fliissigkristallen mit spezifischen Eigenschaften. Die Beeinflussung des kristallin-fliissigen Existenzgebietes, der Vis- kositat, der Dielektrizitatskonstante und anderer Eigenschaften durch Variation von Strukturelementen wurde vorgestellt. Im zweiten Teil des Vortrages wurde gezeigt, daB der kristallin- fliissige Zustand als ein wichtiges Kriterium zur Konstitutions- aufklarung benutzt werden kann. An Beispielen wurde demon- striert, daB das Auftreten der Mesophase Aussagen iiber die Acy- lierung tautomeriefiihiger Systeme ermoglicht.

Bend die koordinative und die Ringoffnungspolymerisation be- handelt, wobei die allgemein als giiltig angesehenen Mechanismen Aufnahme fanden. Im Teil ,,Stufenwachstumsreaktionen" stehen zunachst kinetische und thermodynamische Gesichtspunkte im Vordergrund, an die sich die Behandlung der Polykondensation und -addition anschlieBt, wobei das Material stofflich gegliedert ist.. In den Unterabschnitten werden auBer den zugrunde liegenden chemischen Sachverhalten auch Hinweise anf die technische Her- stellung und den Einsatz der Polymere gebracht. Hier wird einer der Vorziige dieses Buches deutlich: Die Polymer- chemie wird generell im Zusammenhang mit ihrer technischen Realisierung gesehen. Den angestrebten Charakter als Lehrmaterial fur das Fachstudium Chemie erhalt das Buch durch seine strenge Systematik, die Beschriinkung auf wesentliche und gesicherte Er- kenntnisse sowie deren Verdeutlichung anhand einpriigsamer Bei- spiele. Diesem Zweck dienen weiterhin zahlreiche Formelbilder, Tabellen und Abbildungen. Am Ende eines jeden Abschnittes ist weiterfiihrende Literatur (Monographien und Ubersichtsartikel) bis 1975 angegeben. Kleinere Unkorrektheiten und Druckfehler sind in einer Neuauflage leicht zu beseitigen, eine geringfugige Erweiteiung der Abschnitte iiber ionische Polymerisation mit ihren vielfaltigen chemischen Aspekten ware wunschenswert. Preis, Aufmachung und inhaltliche Qualitit des Buches stehen in einem giinstigen Verhaltnis. Das Buch kann jedem Studenten und d e n , die sich einen schnellen ttberblick uber die Polymerchemie verschaffen wollen, empfohlen werden.

Gunther Heublein, Jena ZCB G l G l

Lkenztrager: VEB Deutscher Verlag f i i r Grundstoffindustrie

Verlagsleiter: Dipl. oec. Ernst Nitsche

Verantwortlicher Redakteur: DipLChem. AlOyS Anhalt

Hcrausgeber: Im Auftrage der Chemischen Gesellsohaft der DDR Prof. Dr. IIelga Dunken, Prof. Dr. Lothar Kolditr, Prof. Dr. Roland Mayer

Anschrift des Verlages und der Redaktiou: 7031 Leipzig, Karl-Heine-Str. 27, Fernruf: 44141; Telegrarnmadresae: Gruudstoffverlag, Leipzig. Der Verlag behiilt sich alle Rechte, auch das der Ifbersetzung, vor. Ausriige, Eeferate und Besprechungen sind nur mit voller Quellenangabe gestattet. Fotokopien, Mikrofilme und Vervielfi4ltigungen diirfen nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages angefertigt aerden. Erfiillungsort und Gerichtsstand Leipzig. Veraffentlicht unler der Lizenznummer 1093 des Presseamtes beim Vorsitzenden des Ministerrates der DDR. Erscheinungsweise : monatlich; EVP 5,- Mark, Auslandspreise sind den Zeitschriftenkatalogen des AuDenhandelsbetriebes BUCHEXPORT zu entnehmen. Bezugs- ni6glichkeiten: in der DDR Uber den Postzeitungsvertrieb, Artikel-Nr. (EDV) 32330, in allen anderen Lindern iiber den internationalen Buch- und Zeit- schriftenhandel (in den sozialistisohen mudern iiber die Zeituugsvertriebsimter), die Firma BUCHEXPORT, Volkseigener Adenhandelabetrieb der Deutschen Demokratisohen Republik, DDR-701 Leipzig, LeninstraBe 16, und den Verlag; Ameigenverwaltung: DEWAG LEIPZIG, 705 Leipzig, Oststr. 105, Telefon: Leipzig 7074303, Ameigenmmhme fiir Auftraggeber aus der DDR: alle DEWAG-Betriebe in der DDR; fiir die Ameigenpreise gelten die Festlegungen gemdiB Preiskatalog Nr. 286/1 vom 1.7.1975; fur Auftraggeber a m allen anderen Lindern: Interwerbung GmbH, DDR-1157 Berlin-Earlshorst. Hermann-Duncker-Str. 89

Satz uud Druck: VEB Druckhaus Kcthen, 437 Kcthen, StraBe der Thiilmannpioniere 11/12

Printed in the German Democratic Republic

40

Q 2. Chem., 20. J g . (1980) Heft 1