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1. Teil: Strafbarkeit des A A. Strafbarkeit gem. § 242 StGB Durch das Einstecken der Bronzestatue in seine Sporttasche und dem darauffolgenden Fliehen aus der Villa könnte sich A gem. § 242 StGB strafbar gemacht haben. I. Tatbestandsmäßigkeit 1. Objektiver Tatbestand a) Fremde bewegliche Sache A müsste eine fremde bewegliche Sache weggenommen haben. Eine Sache ist jeder körperliche Gegenstand. 1 Somit ist die Bronzestatue eine Sache. Fremd ist eine Sache, wenn sie nicht im Alleineigentum des Täters steht. 2 Die Bronzestatue gehört dem E. Dementsprechend war sie für ihn fremd. Die Bronzestatue kann auch fortgetragen werden, somit ist sie auch beweglich. Folglich ist die Bronzestatue eine fremde, bewegliche Sache im Sinne des § 242 StGB. a) Wegnahme 1 Schönke/Schröder, § 242 Rn. 9 2 Kindhäuser, § 242, Rn. 14

hausarbeit strafrecht

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Page 1: hausarbeit strafrecht

1. Teil: Strafbarkeit des A

A. Strafbarkeit gem. § 242 StGB

Durch das Einstecken der Bronzestatue in seine Sporttasche und dem

darauffolgenden Fliehen aus der Villa könnte sich A gem. § 242 StGB

strafbar gemacht haben.

I. Tatbestandsmäßigkeit

1. Objektiver Tatbestand

a) Fremde bewegliche Sache

A müsste eine fremde bewegliche Sache weggenommen haben. Eine

Sache ist jeder körperliche Gegenstand.1 Somit ist die Bronzestatue eine

Sache. Fremd ist eine Sache, wenn sie nicht im Alleineigentum des

Täters steht.2 Die Bronzestatue gehört dem E. Dementsprechend war sie

für ihn fremd. Die Bronzestatue kann auch fortgetragen werden, somit

ist sie auch beweglich. Folglich ist die Bronzestatue eine fremde,

bewegliche Sache im Sinne des § 242 StGB.

a) Wegnahme

A müsste die Bronzestatue auch weggenommen haben. Wegnahme ist

der Bruch fremden und die Begründung neuen Gewahrsams.3

Gewahrsamsbruch ist die Aufhebung der tatsächlichen Sachherrschaft

des bisherigen Gewahrsamsinhabers gegen oder zumindest ohne dessen

Willen.4 Gewahrsam ist die tatsächliche Sachherrschaft über einen

Gegenstand. Diese wird getragen von einem Herrschaftswillen unter

Berücksichtigung der Verkehrsauffassung. E ist laut Sachverhalt der

Wohnungsinhaber der von A betretenen Wohnung und somit auch

Gewahrsamsinhaber über die dort befindliche Bronzestatue. Fraglich

ist, ob A bereits durch das Einstecken der Bronzestatue in die

1Schönke/Schröder, § 242 Rn. 92 Kindhäuser, § 242, Rn. 143 Lackner/Kühl, § 242 Rn 8, Wessels/Beulke, BT 2, Rn. 714 Wessels/Beulke, BT 2, Rn. 75

Page 2: hausarbeit strafrecht

Sporttasche alten Gewahrsam gebrochen und neuen begründet hat.

Zwar befand er sich zum Zeitpunkt des Einpackens noch in der

Wohnung des E, jedoch zählt nach der Enklaventheorie die

mitgeführte Sporttasche zur Gewahrsamssphäre des A, sodass E nun

zur Wiedererlangung des ungehinderten Gewahrsams in die persönliche

Sphäre des A eindringen müsste. Infolgedessen fällt Bruch fremden und

Begründung neuen Gewahrsams zusammen. Spätestens ist die

Wegnahme jedoch mit Verlassen des Hauses durch A vollendet.5

2. Subjektiver Tatbestand

A müsste weiterhin mit Vorsatz und Zueignungsabsicht gehandelt

haben. A handelte mit Wissen und Wollen und somit vorsätzlich.

a) Zueignungsabsicht

Desweiteren müsste A Zueignungsabsicht gehabt haben.

Zueignungsabsicht ist die Absicht mindestens vorübergehender

Aneignung und Eventualvorsatz bezüglich einer dauerhaften

Enteignung.6 A wollte E dauerhaft enteignen. Die Bronzestatue wollte

er später verkaufen. Somit liegt zumindest eine vorübergehende

Aneignung der Sache vor. A handelte demnach mit Zueignungsabsicht.

b) Vorsatz bzgl. rechtswidriger Zueignung

A wusste ferner, dass er keinen zivilrechtlichen Anspruch auf die

Bronzestatue hatte, weshalb auch Vorsatz hinsichtlich der

Rechtswidrigkeit der Zueignung vorliegt.

II. Rechtswidrigkeit/Schuld

Mangels Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründen liegen diese

vor.

III. Strafzumessung: Regelbeispiele, § 243 StGB5 BGHSt 16, 272; 23, 2556 Joecks §242, Rn 22

Page 3: hausarbeit strafrecht

1. § 243 I 2 Nr. 1 StGB

A könnte sich in einem besonders schweren Fall des Diebstahls strafbar

gemacht haben, indem er das Fenster der Damentoilette einschlägt und

somit in das Weinlokal gelangt.

a) Geschäftsraum

Dazu müsste es sich bei einem Weinlokal um einen Geschäftsraum im

Sinne des § 243 I 2 Nr.1 StGB handeln. Ein Geschäftsraum ist gem.

§ 243 I 2 Nr. 1 StGB ein abgeschlossener Raum, der vorübergehend

oder dauernd überwiegend geschäftlichen, gewerblichen, beruflichen,

künstlerisch/wissenschaftlichen Zwecken dient.7 Dies liegt bei einem

Weinlokal vor.

b) Einbrechen

Indem A das Fenster der Damentoilette einschlug, könnte er in diesen

eingebrochen sein. Einbrechen ist das gewaltsame Öffnen von

Umschließungen, die dem Eintritt in den geschützten Raum

entgegenstehen, unter Anwendung nicht unerheblicher Anstrengungen.8

Ein Fenster stellt zwar eine Schutzvorrichtung eines umschlossenen

Raumes dar, jedoch dient es nicht einer dem Zutritt dienlichen9

umschließenden Form von außen. Insofern ist es keine gebräuchliche

Form des Eintritts in einen geschützten Raum, somit ist A nicht in

diesen eingebrochen.

c) Einsteigen

7 Tröndle/Fischer, § 123 Rn. 78 Schönke/Schröder § 243 Rn.119 Lackner/Kühl § 243 Rn.10

Page 4: hausarbeit strafrecht

Indem A das Fenster einschlug, könnte er jedoch in den Geschäftsraum

eingestiegen sein. Einsteigen bedeutet das Betreten des geschützten

Raumes auf einem dafür regelmäßig nicht bestimmten Wege unter

Entfaltung einer gewissen Geschicklichkeit oder Kraft.10 Nach der

Verkehrsanschauung dient das Fenster einer Damentoilette nicht dem

ordnungsgemäßen und regelmäßigen Zugang in einen umschlossenen

Raum. Mangels Sachverhaltsangaben bezüglich der Art und Weise des

Einschlagens ist jedoch durch einen „Schlag“ eine Entfaltung einer

Kraft abzusehen. Desweiteren bedarf A einer gewissen

Geschicklichkeit um durch ein Fenster in die Wohnung zu gelangen. A

ist folglich in den Geschäftsraum eingestiegen, um den Diebstahl der

Bronzestatue zu begehen und hatte diesbezüglich auch Vorsatz

hinsichtlich der Tatbegehung. Demnach greift hier die Strafschärfung

des § 243 I 2 Nr. 1 StGB.

1. § 243 I 2 Nr. 3 StGB

Fraglich ist, ob A auch “gewerbsmäßig” i.S.v. § 243 I 2 Nr. 3

gehandelt hat. Täter handeln gewerbsmäßig, wenn sie die Diebstahlstat

mit der Absicht begehen, sich aus ihrer wiederholten Begehung eine

Einnahmequelle von einer gewissen Dauer und Erheblichkeit zu

verschaffen.11 Laut Sachverhalt hat sich A seit einiger Zeit zur

Finanzierung seines Lebensunterhaltes auf die Beschaffung und den

anschließenden Verkauf von Kunstobjekten spezialisiert und demnach

ist von einer gewerbsmäßigen Begehung i.S.v. § 243 I 2 Nr. 3

auszugehen. A handelte somit gewerbsmäßig.

B. Strafbarkeit gemäß §§ 242, 244 StGB

10 Schönke/Schröder § 243 Rn.1211 Tröndle/ Fischer § 243, Rn. 18

Page 5: hausarbeit strafrecht

I. Tatbestandsmäßigkeit

1. Objektiver Tatbestand

a) Grundtatbestand

Der Grundtatbestand des § 242 StGB ist erfüllt.

b) § 244 I Nr.1a StGB

Da es genügt, dass ein anderer Beteiligter eine Waffe bei sich führt,

könnte A die Qualifikation des § 244 I Nr. 1a StGB erfüllt haben,

indem B eine geladene Pistole mitgenommen hatte. Bei einer Pistole

handelt es sich um eine Waffe im technischen Sinne. B ist ein anderer

Beteiligter, da er Mittäter, oder aber jedenfalls Gehilfe ist, was nach der

Legaldefinition des Beteiligten in § 28 II StGB genügt. Fraglich ist

aber, ob B die Waffe auch bei sich geführt hat. In räumlicher Hinsicht

setzt das Beisichführen einer Waffe voraus, dass die Waffe sich

während des Tathergangs so in der räumlichen Nähe des Täters

befindet, dass der Beteiligte sie jederzeit bedienen kann.12 B ist bei der

Tatbegehung am Tatort anwesend, indem er vor dem Haus des E

„Schmiere steht“. Diesbezüglich müsste A auch Vorsatz hinsichtlich

des Beisichführens der Waffe durch B gehabt haben.13 Laut

Sachverhalt wusste A jedoch nichts davon, dass B eine Waffe mit sich

führte und hatte demnach auch keinen Vorsatz. Somit liegt in seiner

Person kein „Beisichführen“ im Sinne des § des § 244 I Nr. 1a StGB

vor.

c) § 244 I Nr.2 StGB

Es könnte zudem ein Bandendiebstahl vorgelegen haben. Dazu müsste

A Mitglied einer Bande sein. Eine Bande setzt eine Gruppe voraus, die

auf die wiederholte Begehung von Straftaten ausgerichtet ist. Laut

Sachverhalt hat sich A seit einiger Zeit auf die Beschaffung und den

anschließenden Verkauf von Kunstobjekten spezialisiert. Dies spricht

bei A für eine Ausrichtung auf die wiederholte Begehung von

Straftaten, sowohl in der Vergangenheit, als auch in der Zukunft. 12 Wessels/Hillenkamp Rn. 25613 Rengier BT I § 4 Rn. 53

Page 6: hausarbeit strafrecht

Fraglich ist jedoch, ob es sich bei nur 2 Personen (A+B) um eine

Bande i.S.d. § 244 I Nr. 2 StGB handelt. Die frühere Rechtsprechung

ließ bereits den Zusammenschluss von zwei Personen genügen.14 Die

neue Rechtsprechung fordert hingegen den Zusammenschluss von

mindestens drei Personen.15 Der neuen Rechtsprechung sollte gefolgt

werden, da bei der Mindesterfordernis von drei Personen eine

Abgrenzung zwischen bandenmäßiger und nur mittäterschaftlicher

Begehung leichter fällt. Zudem ist die Bande Keimzelle der

organisierten Kriminalität, von der aber erst bei einem arbeitsteiligen

Vorgehen einer größeren Anzahl von Personen gesprochen werden

kann. Es lag mithin kein Bandendiebstahl im Sinne des § 244 I Nr. 2

StGB vor.

d) § 244 I Nr.3 StGB

Weiterhin könnte ein Wohnungseinbruchsdiebstahl i.S.d. § 244 I Nr.3

StGB vorliegen. Ob A jedoch zu der Begehung der Tat in eine

Wohnung eingebrochen ist, ist fraglich, da der Wohnbereich des E im

1. Stock des Hauses liegt. Dieser ist aber von der Damentoilette des

Weinlokals im Erdgeschoss durch eine Treppe räumlich getrennt.

Ausgehend von der Auslegung des § 123 StGB umfasst der Begriff der

Wohnung grundsätzlich alle abgeschlossenen und überdachten Räume,

die Menschen zumindest vorrübergehend als Unterkunft dienen.16 Dazu

zählen nicht bloße Arbeits-, Geschäfts- oder Ladenräume.17 Dieser, in

erster Linie am Wortlaut orientierte Wohnungsbegriff, kann jedoch mit

Blick auf die Motive des Gesetzgebers für die Heraufstufung des

Wohnungseinbruchsdiebstahls zum Qualifikationstatbestand nicht

uneingeschränkt auf den Tatbestand des § 244 I Nr. 3 StGB übertragen

werden.

Die Heraufstufung und die damit verbundene Strafschärfung hat der

Gesetzgeber damit begründet, dass es sich bei einem

Wohnungseinbruchdiebstahl um eine Straftat handelt, die tief in die

Intimsphäre des Opfers eingreife und zu ernsten psychischen

14 BGHSt 46, 120, 129 15 Hillenkamp Rn 27; BGHSt. 46, 32116 Schönke/Schröder § 123 Rn. 4 17 Fischer , StGB § 244 Rn. 24

Page 7: hausarbeit strafrecht

Störungen führen könne. Grund für die Höherstufung des

Wohnungseinbruchdiebstahls war demnach nicht der besondere Schutz

der Wohnung und der darin aufbewahrten Gegenstände, sondern die

mit dem Wohnungseinbruch einhergehende Verletzung der

Privatsphäre des Opfers.18

Demnach scheidet die Anwendbarkeit des § 244 I Nr. 3 aus, wenn der

Täter in Räumlichkeiten einsteigt oder einbricht, die nicht in diesen

Schutzbereich fallen. E könnte aber auch dadurch in seiner Intimsphäre

verletzt sein, indem A sich nach Durchquerung des Weinlokals und

dem Hinaufsteigen der Treppe Zugang zu seinem Wohnbereich

verschafft hat. Jedoch ist eine Verurteilung auch nach der äußersten

Wortlautgrenze des § 244 I Nr. 3 StGB nicht mehr vereinbar, wenn der

Täter in einem Mischgebäude in einen vom Wohnbereich räumlich

eindeutig abgegrenzten und nur zu betrieblichen Zwecken genutzten

Geschäftsraum einsteigt, um von dort ohne Überwindung weiterer

Hindernisse in den Wohnbereich vorzudringen. Es können somit rein

geschäftlich genutzte Räumlichkeiten, wie das Weinlokal des E, die

vom Wohnbereich eindeutig abgegrenzt sind, angesichts der

Wortsinnesschranke des Art. 103 GG nicht mehr als „ Wohnung“ i.S.d.

§ 244 I Nr. 3 StGB verstanden werden.

Zwischenergebnis:

A hat folglich nicht die Qualifikation eines

Wohnungseinbruchsdiebstahls aus § 244 I Nr. 3 StGB erfüllt.

C. Strafbarkeit gemäß §§ 123 I Var.1; 303 I

Strafbarkeit des A gem. §§ 123 I Var. 1; 303 I durch Einschlagen des

Fensters und Betreten des Hauses des E.

A hat die Tatbestände der §§ 123, 303 vorsätzlich, rechtswidrig und

schuldhaft erfüllt, da er in die Räumlichkeiten des E eingedrungen ist

und dazu das Fenster gewaltsam eingeschlagen hat.

Zwischenergebnis:

18 BGH NStZ 2001, 533; Behm in GA 2002, 153, 158

Page 8: hausarbeit strafrecht

A ist strafbar gemäß §§ 123, 303 StGB.

D. Konkurrenzen

A verwirklichte einen Diebstahl in einem besonders schweren Fall.

Unter der Geltung des früheren § 243, der einen echten

Qualifikationstatbestand enthielt, entsprach es der ganz

überwiegenden Meinung, dass die §§ 123, 303 von § 243 konsumiert

wurden. Daran ist auch festzuhalten, wenn man § 243 nach der

herrschenden Meinung als Strafzumessungsregeln betrachtet, da durch

die Bejahung eines besonders schweren Falles (Einbruchsdiebstahl),

das durch den Hausfriedensbruch und die Sachbeschädigung

begangene Unrecht mit abgegolten wurde.19

Ergebnis:

A hat sich in einem besonders schweren Fall des Diebstahls gem. § 243

I 2 Nr. 1,Nr. 3 u. Nr. 1 StGB strafbar gemacht.

2. Teil Strafbarkeit des B

A. Strafbarkeit gem. §§ 242, 243 I , Nr. 25 II StGB

I. Tatbestandsmäßigkeit

B könnte gem. §§ 242, 243 I, Nr. 1 u. Nr. 3, 25 II StGB wegen

mittäterschaftlich begangenen Diebstahls in einem besonders schweren

Fall zu bestrafen sein, weil er „Schmiere gestanden“ hat.

1. Objektiver Tatbestand

Die Bronzestatue ist auch für B eine fremde bewegliche Sache. B hat

diese jedoch nicht selbst weggenommen. Allerdings könnte ihm das

Handeln des A nach den Regeln der Mittäterschaft zuzurechnen sein.

19 Schönke/Schröder §243, Rn. 2

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Hier ist eine Abgrenzung zur Teilnahme vorzunehmen. A und B

müssten die Tat nach dem Prinzip des arbeitsteiligen Handelns

verwirklicht haben, sie müssten also beide jeweils einen Tatbeitrag

verwirklicht haben, der sich gemeinsam mit dem anderen Tatbeitrag zu

einem einheitlichen Ganzen vervollständigt20, und dann im Endeffekt

der Gesamterfolg jedem Mitwirkenden voll zuzurechnen ist.21

a) formal-objektive Theorie

Nach der sog. „formal-objektiven“ Theorie liegt Mittäterschaft dann

vor, wenn sich die Person an den tatbestandsmäßigen

Ausführungshandlungen beteiligt hat.22 Hier hat sich B durch das bloße

„Schmiere stehen“ nicht an den tatbestandsmäßigen

Ausführungshandlungen des Diebstahls beteiligt. Nach dieser Theorie

wäre B daher kein Mittäter, sondern allenfalls Gehilfe.

b) Subjektive Theorie

Nach der subjektiven Theorie23 (Animustheorie) kommt es auf den

Willen des Beteiligten an. Hier ist von Mittäterschaft auszugehen, da B

aufgrund des finanziellen Interesses in Form des Verkaufserlöses von

20 % die Tat als eigene wollte.

c) Tatherrschaftslehre

Nach der Tatherrschaftslehre ist Mittäter, wer den tatbestandsmäßigen

Geschehensablauf vom Vorsatz umfasst in den Händen hält.24 Dazu

müsste B einen Tatbeitrag geleistet haben. Der Tatbeitrag des B bestand

darin, vor dem Haus des E „Schmiere zu stehen“.

d) Stellungnahme:

B müsste den Tatbestand mittäterschaftlich verwirklicht haben. Nach

dem BGH ist Mittäter, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern

einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt,

20 Wessels/Beulke , Rn. 526.21 BGHSt 24, 286; 34, 124 (125f.); 37, 289(292)22 Wessels/Beulke Rn. 51123 vgl. RGSt 2, 160, 16324 Wessls/Beulke, AT Rn. 514

Page 10: hausarbeit strafrecht

dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt

dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint.25 Ob ein

Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten

Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender

Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad

des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung

und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft

sein26. B hat hier ein gewisses Eigeninteresse an der Tat, da er 20 % des

späteren Verkaufserlöses der Beute von A versprochen bekommt. Dies

spricht nach der ursprünglich subjektiven Haltung des BGH für die

Täterschaft. Auch der BGH versucht, seine Wertung anhand des

Willens zur Tatherrschaft und der Tatbeiträge zu objektivieren. Die

Tatherrschaft über die eigentliche Tathandlung hatte B gerade nicht. B

stand lediglich an der Straße „Schmiere“, ohne dass er eine Verbindung

zu A hatte, durch die er ihn hätte steuern können. Da es der

Rechtsprechung auf die gesamten Umstände der konkreten Tat

ankommt, ist nach ihr eine Mittäterschaft wertend abzulehnen.

Bestimmt man die Mittäterschaft mit den nuanciert vertretenen

Tatherrschaftslehren, müsste B als Zentralgestalt funktional mit

anderen zusammenwirkend das Tatgeschehen gesteuert haben.27 B hat

hier die Tat gefördert, indem er „Schmiere stand“. Die eigentliche

Tatbegehung selbst lag aber bei A, ohne dass B diese selbst steuern

konnte. Es könnte jedoch eine Ausgleichung im Planungsstadium durch

B vorgelegen haben. Der erforderliche objektive Tatbeitrag kann dabei

auch im Vorbereitungsstadium erfolgen, wobei stets Voraussetzung ist,

dass das „Minus“ im Ausführungsstadium durch ein „Plus“ im

Vorbereitungsstadium kompensiert wird. Dieses Vorbereitungshandeln

könnte darin gesehen werden, dass B eine Waffe mitgenommen hat.

Dazu müsste sich der Erfolg der Tat gerade auch als Ergebnis seines

zielvoll wirkenden Willens darstellen. B hat jedoch während der Tat

des A keinen Gebrauch von der Waffe gemacht und hat somit den

Taterfolg nicht gefördert. Desweiteren war das Mitführen einer Waffe

25 BGHSt 28, 346, 348 f.; 40, 257, 26726 NJW 2003, 44627 Roxin, in: LK, 11. Aufl. (1993), § 25 Rn. 36

Page 11: hausarbeit strafrecht

nicht in einem gemeinsamen Plan von A und B vorgesehen. Somit kann

hier keine Kompensierung im Vorbereitungsstadium gesehen werden,

die das „Minus“ im Tatbeitrag des B kompensiert.

Folglich ist auch nach der Lehre der Tatherrschaft die Mittäterschaft

abzulehnen. B ist nicht gem. §§ 242, 243 I, Nr. 1 u. Nr. 3, 25 II StGB

zu bestrafen.

Zwischenergebnis:

B ist nicht strafbar gem. §§ 242, 243 I, Nr. 1 u. Nr. 3, 25 II StGB.

B. Strafbarkeit gem. §§ 242,243 I , Nr. 27 I StGB

I. Tatbestandsmäßigkeit

B könnte sich gem. §§ 242, 243 I, Nr.1 u. Nr. 3, 27 I StGB wegen

Beihilfe in einem besonders schweren Fall des Diebstahls strafbar

gemacht haben, indem er für A „Schmiere gestanden“ hat.

1. Objektiver Tatbestand

a) Vorsätzlich rechtswidrige Haupttat

Das Vorliegen einer vorsätzlich begangenen Haupttat durch A in Form

von §§ 242, 243 I Nr.1 u. Nr. 3 liegt wie oben geprüft vor.

b) Hilfeleisten

B müsste Hilfe geleistet haben. Hilfeleisten ist jeder für die Begehung

der Haupttat kausaler Tatbeitrag, der Rechtsgutsverletzung

ermöglicht oder verstärkt oder die Durchführung der Haupttat

erleichtert oder absichert. Das „ Schmierestehen“ des B ist demnach als

Absicherung zur Haupttat des A zu sehen und zudem auch kausal für

den späteren Taterfolg durch A.

2. Subjektiver Tatbestand

Doppelter Gehilfenvorsatz:

a) Vorsatz bzgl. des Hilfeleistens

Page 12: hausarbeit strafrecht

Der Vorsatz bezüglich des Hilfeleistens ist gegeben, da es dem B

darauf ankam, durch das „Schmierestehen“ den A bei der Erlangung

der Bronzestatue zu unterstützen.

b) Vorsatz bzgl. vorsätzlich begangener rechtswidriger Haupttat

B wusste, dass A einen Diebstahl in einem besonders schweren Fall

begehen wird und wollte dies auch. B hatte demnach auch Vorsatz

hinsichtlich der vorsätzlich begangenen rechtswidrigen Haupttat.

3. Rechtswidrigkeit/Schuld

Es sind keine Rechtfertigungs- bzw. Schuldausschließungsgründe

ersichtlich. B handelte rechtswidrig und schuldhaft.

Ergebnis:

B ist strafbar gem. §§ 242, 243 I Nr.1 u. Nr. 3, 27 I StGB.

3. Teil Strafbarkeit des E

A. Strafbarkeit gemäß §§ 223, 224 I Nr. 2 Alt.1, Nr. 5

Indem der E einen Schuss auf die Beine des A abgab, könnte er sich

wegen §§ 223, 224 I Nr. 2, 5 strafbar gemacht haben.

a) Objektiver Tatbestand

E müsste demnach eine körperliche Misshandlung des A begangen

haben. Eine körperliche Misshandlung ist jede üble und unangemessene

Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden mehr als nur

unerheblich beeinträchtigt.28 Desweiteren müsst er auch eine

Gesundheitsschädigung bei A hervorgerufen haben.

Gesundheitsschädigung meint das Schaffen oder Steigern eines

pathologischen, das heißt heilungsbedürftigen, Zustandes.29

Dadurch, dass A von der Pistolenkugel getroffen wurde und er eine

stark blutende Wunde davon trägt, wurde eine körperliche

28 Schönke/Schröder § 223 Rn. 329 Lackner/Kühl § 223 Rn. 5

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Misshandlung als auch eine Gesundheitsschädigung i.S.v. § 223 I

verursacht. Der objektive Tatbestand des Grunddelikts liegt vor.

b) Qualifikation nach § 224 I Nr. 2 Alt.1

Hinzu könnte eine Qualifizierung nach § 224 I Nr. 2 Alt.1 treten. Dann

müsste die Körperverletzung mittels einer Waffe begangen worden

sein. Waffe ist im technischen Sinne gemeint. Dieser Begriff umfasst

nur solche gebrauchsbereiten Werkzeuge, die nach der Art ihrer

Anfertigung nicht nur geeignet, sondern auch allgemein dazu bestimmt

sind, Menschen durch ihre mechanische oder chemische Wirkung

körperlich zu verletzen.30 Eine einsatzbereite Pistole ist ein Werkzeug,

was dazu bestimmt ist, Menschen durch seine mechanische Wirkung

physisch zu verletzen, ergo eine Waffe. § 224 I Nr. 2 Alt.1 liegt vor.

Die mit erfüllte Alt. 2 tritt hinter der spezielleren Nr.1 zurück.

c) Qualifikation nach § 224 I Nr.5

Die Rechtsprechung31 und ein Großteil des Schrifttums32 behandeln §

224 I Nr. 5 im Ergebnis als „Eignungsdelikt“. Danach genügt es, dass

die Art der Behandlung nach den Umständen des Einzelfalls generell

geeignet ist, das Leben zu gefährden. Eignung meint dabei weniger als

konkrete Gefährdung, aber mehr als abstrakte Gefährdung, denn die

Möglichkeit der Todesfolge darf nach den konkreten Umständen nicht

ausgeschlossen sein.33 Diese Eignung wird gemäß einer ex-ante Sicht

eines objektiven Beobachters bestimmt.34

Hier hat A zwar nur auf die untere Körperpartie gezielt, ein Schuss mit

einer Pistole in Richtung auf einen Menschen ist aber stets geeignet,

dessen Leben zu gefährden, denn gleichsam wie geübt der Schütze ist,

ein Fehlschuss lässt sich nie ganz ausschließen. Ebenso kann bei einem

Schuss auf die Beine, eine Arterie, etwa die Arteria femoralis, getroffen

werden. Also ist nach dieser Auffassung § 224 I Nr.5 objektiv

verwirklicht.

30 Wessels/Hillenkamp BT/2 Rn. 273.31 BGH NJW 2002, 3264; NStZ 2004, 618; 2005, 156 (157).32 MüKo-Hardtung § 224 Rn. 30; LK-Lilie § 224 Rn. 3633 MüKO-Hardtung § 224 Rn. 3034 Joecks § 32 Rn. 5.

Page 14: hausarbeit strafrecht

2. Subjektiver Tatbestand

E hat A wissentlich und willentlich, ergo vorsätzlich angeschossen.

Fraglich ist nur ein Dolus bzgl. der Qualifikation des § 224 I Nr. 5, der

lebensgefährdenden Behandlung.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt bei

einer gefährlichen Körperverletzung, die "mittels einer das Leben

gefährdenden Behandlung" begangen wird, für die subjektive Tatseite

neben dem - zumindest bedingten - Verletzungsvorsatz des Täters, die

Kenntnis derjenigen Umstände, aus denen sich die allgemeine

Gefährlichkeit seines Tuns in der konkreten Situation für das Leben des

Opfers ergibt. Dass der Täter außerdem die von ihm erkannten

Umstände als lebensgefährdend bewertet, ist hingegen nicht

erforderlich.35 E handelte mithin auch bezüglich der

lebensgefährdenden Behandlung zumindest mit einem Dolus

eventualis.

3. Rechtswidrigkeit

In Betracht kommt eine Rechtfertigung des E in Form der Notwehr

gemäß § 32 I StGB

Notwehrlage

Voraussetzung hierfür wäre zunächst das Vorliegen einer Notwehrlage,

also eines gegenwärtigen rechtswidrigen Angriffs.

a) gegenwärtiger rechtswidriger Angriff

Dazu müsste ein gegenwärtiger, rechtswidriger Angriff auf E

stattgefunden haben. Ein Angriff ist jede unmittelbare Bedrohung

rechtlich geschützter Güter oder Interessen durch menschliches

Verhalten.36 A verletzte durch sein Verhalten das Eigentum des E. Ein

Angriff lag daher vor. Gegenwärtig ist ein Angriff, der unmittelbar

35 BGHSt 39, 13336 Wessels/Beulke, AT, Rn 325

Page 15: hausarbeit strafrecht

bevorsteht, begonnen hat oder noch fortdauert.37 Diebstahl war formell

vollendet. Wäre dies maßgeblich, läge kein gegenwärtiger Angriff mehr

vor. Die Fortdauer des Angriffs soll aber grundsätzlich noch dann

andauern, wenn in räumlich-zeitlichem Bezug zur Diebstahlshandlung

gegen den Angreifer vorgegangen wird.38 Letzte Grenze der

Gegenwärtigkeit ist jedenfalls die materielle Beendigung des

Diebstahls. Der Dieb hatte noch kein gesichertes Gewahrsam. Er

befand sich noch in der Nähe des Tatorts und A handelte in einem

nahen zeitlichen Zusammenhang zur Wegnahme. Folglich dauerte der

Angriff noch an, er war gegenwärtig. Rechtswidrig ist der Angriff,

wenn er den Bewertungsmaßstäben des Rechts objektiv zuwider läuft.

A verstieß mit der Wegnahme gegen das zivilrechtliche Eigentumsrecht

und beging einen Diebstahl i.S.d. § 242. Ein gegenwärtiger

rechtswidriger Angriff lag demanch vor.

Notwehrhandlung

Weiter müsste eine Notwehrhandlung des G vorliegen. Die

Notwehrhandlung muss sich gegen den Angreifer richten, erforderlich

und geboten sein.

a) erforderliche Verteidigungshandlung des E

E müsste eine erforderliche Verteidigungshandlung vorgenommen

haben. Erforderlich ist das Mittel, welches zur Abwehr geeignet und

innerhalb der geeigneten Mittel das mildeste ist.39 Der Schuss war

geeignet, um den A aufzuhalten und die Bronzestatue

wiederzuerlangen. Fraglich ist, ob es mildere Mittel als den Schuss gab.

Dies richtet sich nach der „konkreten Kampflage“.40 Eine Verfolgung

des A schied hier aus, da E ihn nicht mehr hätte erreichen können.

Grundsätzlich darf nicht gleich ein gezielter Schuss abgegeben werden,

sondern nur, wenn ein Warnruf oder Warnschuss nicht ausreichen. E

hatte sowohl einen Warnruf gegenüber A ausgesprochen, als auch einen

Warnschuss abgegeben. Diesbezüglich blieb dem E keine weitere

37 Wessels/Beulke, AT, Rn 32838 Kühl Jura 1993, 57, 62 f39 Wessels/Beulke AT, Rn 33540 BGH NStZ 1998, 508, 509

Page 16: hausarbeit strafrecht

Maßnahme, um den Rechtsgutangriff gegen sein Eigentum in Form des

Diebstahls der Bronzestatue durch A zu beenden.

c) Gebotenheit

Fraglich ist, ob die Verteidigungshandlung im Sinne des § 32 I geboten

war. Eine Güterabwägung findet grundsätzlich nicht statt. Es kommt

nur darauf an, ob eine Fallgruppe der normativsozialethischen

Einschränkung des Notwehrrechts einschlägig ist.41 Hier könnte ein

krasses Missverhältnis zwischen drohendem Schaden und

Rechtsgutverlust des Angreifers vorliegen.42Angesichts des durch den

Sachverhalt implizierten Wertes der Bronzestatue kann man indes nicht

von einem krassen Missverhältnis sprechen, das die Ausübung der

Notwehr in die Nähe des Rechtsmissbrauchs rückte. Die Handlung war

somit geboten.

d) Kenntnis der Notwehrlage und Verteidigungswille

Schließlich müsste E in Kenntnis der Notwehrlage und mit

Verteidigungswillen gehandelt haben. Beides lag hier vor. Folglich war

E hinsichtlich des Schusses auf die Beine des A gerechtfertigt.

Zwischenergebnis:

E handelte mithin in Notwehr. Seine Tat ist gem. § 32 I nicht

rechtswidrig und somit ist er nicht strafbar gemäß §§ 223, 224 I Nr. 2

Alt.1, Nr. 5.

B. Strafbarkeit gem. §§ 212, 22, 13 StGB

E könnte einen versuchten Totschlag durch Unterlassen gem. §§ 212,

22, 13 StGB begangen haben, indem er A schwer verwundet

zurückließ.

Vorprüfung

41 BSG NJW 1999,2301,2302 42 Haft AT, S. 87

Page 17: hausarbeit strafrecht

Die Tat ist nicht vollendet. Beim Totschlag handelt es sich gem. § 12 I

StGB um ein Verbrechen, dessen Versuch gem. § 23 I StGB stets

strafbewehrt ist. Dies gilt auch für den Versuch eines unechten

Unterlassungsdeliktes.43

1. Subjektiver Tatbestand

E müsste vorsätzlich alle Umstände des objektiven Tatbestandes

verwirklicht haben.

a) Innehaben der Garantenstellung aus Ingerenz

Fraglich ist, ob E nach seiner Vorstellung von der Tat i.S. von § 13 I

StGB rechtlich dafür einzustehen hatte, dass A nicht an den von ihm

beigebrachten Verletzungen verstarb. Eine solche Garantenstellung

könnte sich aus dem Gesichtspunkt des vorangegangenen

gefahrbegründenden Verhaltens, sog. Ingerenz, ergeben.44 E hatte A

durch einen, von Notwehr gerechtfertigten, gezielten Schuss in die

Beine an seiner weiteren Flucht gehindert. Das Vorverhalten des E hat

die nahe Gefahr des Eintritts des tatbestandsmäßigen Erfolges somit

verursacht.

Umstritten ist, ob nur pflichtwidriges (verschuldetes oder

unverschuldetes) Tun oder Unterlassen hierfür ausreicht oder auch

rechtmäßiges Vorverhalten eine Garantenstellung begründen kann.

Eine Ansicht geht davon aus, dass selbst in Fällen gerechtfertigten

Vorverhaltens eine Garantenstellung besteht, da die Notwehr nur eine

erforderliche Körperverletzung, nicht aber die anschließende Tötung

des Angreifers gestatte. Der Angegriffene sei daher verpflichtet, die

durch seine gefahrbegründende Verteidigungshandlung drohenden

weiteren Rechtsgutverletzungen zu verhindern.45 Danach wäre E Garant

für das Leben des A.

Die herrschende Meinung verlangt wenigstens Pflichtwidrigkeit

hinsichtlich des vorangegangen Tuns. Sie lehnt daher eine über die

43 BGHSt 38, 356, (359)44 Tröndle/Fischer, § 13 Rn. 1145 Herzberg, JZ 1986, 986ff.; Welp, JZ 1971, 433f.

Page 18: hausarbeit strafrecht

allgemeine Hilfspflicht des § 323c StGB hinausgehende

Garantenstellung des durch Notwehr Gerechtfertigten ab.46 Wer durch

einen rechtswidrigen Angriff eine Verteidigungshandlung provoziere

und sich dadurch selbst gefährde, könne nicht erwarten, dass der

Angegriffene zu seinem Schutz verpflichtet sei.47

Für die herrschende Meinung spricht, dass sich der Täter in diesen

Fällen grundsätzlich rechtmäßig verhält, wenn er sich gegen einen

rechtswidrigen Angriff verteidigt. Ihn dennoch mit einer

Garantenstellung zu Gunsten des sich im Unrecht befindenden

Angreifers zu belasten, erscheint nicht angebracht, zumal diesem durch

die allgemeine Hilfspflicht nach § 323c StGB schon ausreichend Schutz

zur Verfügung steht. Der rechtswidrig Angreifende darf nicht stärker

geschützt sein, als ein ohne eigene Schuld Verunglückter, da sonst der

Sinn des Notwehrrechts in seiner Funktion vernachlässigt würde.

Folglich ist der herrschenden Meinung zu folgen.

Zwischenergebnis:

A hat sich aufgrund fehlender Garantenpflicht nicht nach §§ 212, 22,

13 StGB strafbar gemacht.

C. Strafbarkeit gem. § 323c StGB

Tatbestandmäßigkeit

E könnte sich gem. § 323c StGB strafbar gemacht haben, indem er

ohne Hilfe zu holen, wieder nach Hause ging.

a) Objektiver Tatbestand

Es müsste für E die Verpflichtung zur Hilfeleistung bestanden haben.

Eine Hilfsverpflichtung entsteht nur, sofern ein Unglücksfall, gemeine

Gefahr oder gemeine Not vorhanden ist.

A könnte sich in einem Unglücksfall befinden. Ein Unglücksfall im

Sinne des § 323c ist jedes plötzlich eintretende Ereignis, das erhebliche

46 Maiwald, JuS 1981, 473 (483)47 BGHSt 23, 327 (328); BGH, NStZ 2000, 414;

Page 19: hausarbeit strafrecht

Gefahren für Menschen oder Sachen hervorruft oder hervorzurufen

droht.48 Die Gefahr für das Leben des A ist erheblich, die Situation ist

plötzlich eingetreten, als A die Schusswunde zugefügt bekommen hat.

Es könnte gemeine Gefahr oder gemeine Not bestanden haben. Unter

gemeiner Gefahr ist eine konkrete Gefährdung einer unbestimmten

Mehrzahl von Menschen zu verstehen. Gemeine Not ist ein

längerfristiger Vorgang gemeiner Gefahr.49 In diesem Fall ist

ausschließlich der A hilfsbedürftig. Gemeine Gefahr oder Not liegt

nicht vor.

Die Hilfeleistung müsste erforderlich gewesen sein.

Erforderlich ist die Hilfsleistung dann, wenn ohne sie die Gefahr

besteht, dass sich die durch § 323c charakterisierte Unglückssituation

zu einer nicht ganz unerheblichen Schädigung einer Person auswirkt.50

A ist schwer verletzt, sein Leben ist in Gefahr. Die Hilfeleistung ist

absolut erforderlich.

Die Hilfeleistung müsste dem E zumutbar sein. Maßgebend ist hier

nicht das allgemeine Sittlichkeitsempfinden, es geht hier um eine

nüchterne Interessenabwägung.51 Für E bestand keine eigene Gefahr

und es lag keine Pflichtenkollision vor. Der Notruf ist kostenlos, E hätte

also auch keine materiellen Nachteile gehabt. Obwohl der A den E

angegriffen hat, ist das menschliche Leben als eines der höchsten Güter

der Rechtsordnung unbedingt zu retten. Die Hilfeleistung war E also

zuzumuten.

b) subjektiver Tatbestand

E erkannte, dass der A Hilfe braucht. Da ihm das Leben des A in

diesem Moment gleichgültig war, und er sein mögliches Verbluten als

abschreckendes Exempel für andere Einbrecher ansah, handelte er

zumindest mit Eventualvorsatz.

48 Schmidt/Seidel BT S.3149 Schönke/Schröder § 323c Rn.850 Schönke/Schröder § 323c Rn.1051 Dreher/ Tröndle § 323c Rn. 6

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2. Rechtswidrigkeit

Es sind keine Rechtfertigungsgründe ersichtlich. E handelte somit

rechtswidrig.

3. Schuld

Weiterhin handelte E schuldhaft.

Zwischenergebnis:

E hat sich durch das Liegenlassen des A nach § 323c StGB strafbar

gemacht.

Ergebnis:

E ist strafbar gemäß 323c StGB.