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Medizinrecht | Der Urologe [B] 5•2001 488 Fall ist die Verbrennung kein Stromscha- den, sondern etwa das Resultat einer zu heißen Wärmflasche, die dem von der Narkose noch benommenen Patienten ins Bett gelegt wurde. Manchmal handelt es sich auch um überhaupt keine Ver- brennung, sondern um eine allergische Reaktion auf Desinfektionsmittel oder um einen Dekubitus. Auch bei solchen schmerzhaften Hautveränderungen kommen Sorgfalts- pflichverstöße als Ursache in Betracht. Sie erlauben aber - anders als Verbrennungen durch Hochfrequenzstrom - nicht schon per se den Rückschluss auf einen Behand- lungs- oder Lagerungsfehler durch den operierenden Arzt (OLG Zweibrücken VersR 1997, 1281). Nach ständiger Recht- sprechung (s. nur BGH NJW 1984, 1403) obliegt die Beweislast dafür, dass der Pa- tient sorgfältig und richtig auf dem Ope- rationstisch gelagert und dass dies von den Operateuren kontrolliert worden ist, allerdings dem Krankenhausträger und den verantwortlichen Ärzten. Wenn auch kein Schuldeingeständ- nis, so ist aber ein Gespräch mit dem Pa- tienten bzw. seinen Angehörigen drin- gend zu empfehlen.Aus Beweisgründen, aber auch zur Vermeidung von Missver- ständnissen ist es ratsam, einen leiten- den Arzt für dieses nicht einfache Ge- spräch hinzuzuziehen [1] Neben dem selbstverständlichen Bemühen um die optimale Versorgung der Hautwunde sollte die Klärung der Schadensursache zugesichert werden. Studien aus den USA belegen, dass viele Patienten v. a. aus Frustration darüber, keine überzeu- gende Erklärung für das Geschehene zu erhalten, den Rechtsweg beschreiten [2]. Als ebenfalls unerfreuliche Folge kann die mangelnde Gesprächsbereitschaft den Patienten auch zu einer Mitteilung an die Presse veranlassen. Erster Anschein eines Fehlers Da Hautverbrennungen und intracor- porale Gewebsverletzungen durch Hochfrequenzstrom schicksalhaft auf- treten können, muss zur Haftungsver- meidung über beide Risiken präopera- tiv aufgeklärt werden. Denn bekanntlich (s. z. B. BGH NJW 1980, 1333 = VersR 1980, S 428) kann ein Aufklärungsfehler auch bei ordnungsgemäßer Behandlung zur Haftung führen. Im Gegensatz zu in- tracorporalen Gewebsschäden begrün- den äußere Hautverbrennungen – so die Rechtsprechung – aber regelmäßig den ersten Anschein eines Behandlungsfeh- lers. Diese im Klinikalltag eher unbe- kannte juristische Bewertung solcher Hautverbrennungen gab Anlass, ein- schlägige Urteile, Literatur, Gutachten und Fallmaterial auszuwerten und im Folgenden darzustellen. Medizinrecht Urologe [B] 2001 · 41: 488-491 © Springer-Verlag 2001 Y. v. Harder · München Hautverbrennungen bei Einsatz von Elektrochirurgiegeräten Haftungsrechtliche Aspekte Rechtsanwältin Yvonne v.Harder Ulsenheimer-Rechtsanwälte, Maximiliansplatz 12, 80333 München, E-Mail: [email protected] Redaktion G.H. Schlund, München Der Einsatz von Elektrochirurgiegerä- ten bei Operationen hat leider gar nicht so selten Hautverbrennungen beim Pati- enten zur Folge. Dessen Entsetzen kann man sich vorstellen, wenn er nach dem Aufwachen aus der Narkose wegen star- ker Schmerzen, möglicherweise sogar noch vor den Ärzten und dem Pflege- personal die Hautwunde bemerkt. Kei- ne Grenzen kennt die Empörung dann, wenn der hinzugerufene Operateur, – was durchaus vorkommt – jegliche Ver- antwortlichkeit von sich weist. Gespräch mit dem Patienten Die Situation bietet zweifelsohne eini- gen Sprengstoff. Ein sofortiges Schuld- eingeständnis, das der Patient in diesem Moment erwartet, sollte aber schon we- gen der Gefährdung des Versicherungs- schutzes unterbleiben. Nach § 5 Nr. 5 AHB (Allgemeine Haftpflichtbedingun- gen) ist der Versicherungsnehmer nicht berechtigt, ohne vorherige Zustimmung des Versicherers einen Haftpflichtan- spruch ganz oder z. T. oder vergleichs- weise anzuerkennen oder zu befriedi- gen. (Bei Zuwiderhandlungen ist der Versicherer von der Leistungspflicht frei, es sei denn, dass der Versicherungsneh- mer nach den Umständen die Befriedi- gung oder Anerkennung nicht ohne of- fenbare Unbilligkeit verweigern konnte.) Vor jeder Äußerung zu einem Ver- schulden muss zuerst der Sachverhalt aufgeklärt werden. Denn in manchem

Hautverbrennungen bei Einsatz von Elektrochirurgiegeräten

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Medizinrecht

| Der Urologe [B] 5•2001488

Fall ist die Verbrennung kein Stromscha-den, sondern etwa das Resultat einer zuheißen Wärmflasche, die dem von derNarkose noch benommenen Patientenins Bett gelegt wurde.Manchmal handeltes sich auch um überhaupt keine Ver-brennung, sondern um eine allergischeReaktion auf Desinfektionsmittel oderum einen Dekubitus.

Auch bei solchen schmerzhaftenHautveränderungen kommen Sorgfalts-pflichverstöße als Ursache in Betracht.Sieerlauben aber - anders als Verbrennungendurch Hochfrequenzstrom - nicht schonper se den Rückschluss auf einen Behand-lungs- oder Lagerungsfehler durch denoperierenden Arzt (OLG ZweibrückenVersR 1997, 1281). Nach ständiger Recht-sprechung (s. nur BGH NJW 1984, 1403)obliegt die Beweislast dafür, dass der Pa-tient sorgfältig und richtig auf dem Ope-rationstisch gelagert und dass dies vonden Operateuren kontrolliert worden ist,allerdings dem Krankenhausträger undden verantwortlichen Ärzten.

Wenn auch kein Schuldeingeständ-nis, so ist aber ein Gespräch mit dem Pa-tienten bzw. seinen Angehörigen drin-gend zu empfehlen.Aus Beweisgründen,aber auch zur Vermeidung von Missver-ständnissen ist es ratsam, einen leiten-den Arzt für dieses nicht einfache Ge-spräch hinzuzuziehen [1] Neben demselbstverständlichen Bemühen um dieoptimale Versorgung der Hautwundesollte die Klärung der Schadensursachezugesichert werden. Studien aus den

USA belegen, dass viele Patienten v. a.aus Frustration darüber, keine überzeu-gende Erklärung für das Geschehene zuerhalten, den Rechtsweg beschreiten [2].Als ebenfalls unerfreuliche Folge kanndie mangelnde Gesprächsbereitschaftden Patienten auch zu einer Mitteilungan die Presse veranlassen.

Erster Anschein eines Fehlers

Da Hautverbrennungen und intracor-porale Gewebsverletzungen durchHochfrequenzstrom schicksalhaft auf-treten können, muss zur Haftungsver-meidung über beide Risiken präopera-tiv aufgeklärt werden. Denn bekanntlich(s. z. B. BGH NJW 1980, 1333 = VersR1980, S 428) kann ein Aufklärungsfehlerauch bei ordnungsgemäßer Behandlungzur Haftung führen. Im Gegensatz zu in-tracorporalen Gewebsschäden begrün-den äußere Hautverbrennungen – so dieRechtsprechung – aber regelmäßig denersten Anschein eines Behandlungsfeh-lers. Diese im Klinikalltag eher unbe-kannte juristische Bewertung solcherHautverbrennungen gab Anlass, ein-schlägige Urteile, Literatur, Gutachtenund Fallmaterial auszuwerten und imFolgenden darzustellen.

MedizinrechtUrologe [B]2001 · 41: 488-491 © Springer-Verlag 2001

Y. v. Harder · München

Hautverbrennungen bei Einsatz von ElektrochirurgiegerätenHaftungsrechtliche Aspekte

Rechtsanwältin Yvonne v. HarderUlsenheimer-Rechtsanwälte,

Maximiliansplatz 12, 80333 München,

E-Mail: [email protected]

RedaktionG.H. Schlund, München

Der Einsatz von Elektrochirurgiegerä-ten bei Operationen hat leider gar nichtso selten Hautverbrennungen beim Pati-enten zur Folge. Dessen Entsetzen kannman sich vorstellen, wenn er nach demAufwachen aus der Narkose wegen star-ker Schmerzen, möglicherweise sogarnoch vor den Ärzten und dem Pflege-personal die Hautwunde bemerkt. Kei-ne Grenzen kennt die Empörung dann,wenn der hinzugerufene Operateur, –was durchaus vorkommt – jegliche Ver-antwortlichkeit von sich weist.

Gespräch mit dem Patienten

Die Situation bietet zweifelsohne eini-gen Sprengstoff. Ein sofortiges Schuld-eingeständnis, das der Patient in diesemMoment erwartet, sollte aber schon we-gen der Gefährdung des Versicherungs-schutzes unterbleiben. Nach § 5 Nr. 5AHB (Allgemeine Haftpflichtbedingun-gen) ist der Versicherungsnehmer nichtberechtigt, ohne vorherige Zustimmungdes Versicherers einen Haftpflichtan-spruch ganz oder z. T. oder vergleichs-weise anzuerkennen oder zu befriedi-gen. (Bei Zuwiderhandlungen ist derVersicherer von der Leistungspflicht frei,es sei denn, dass der Versicherungsneh-mer nach den Umständen die Befriedi-gung oder Anerkennung nicht ohne of-fenbare Unbilligkeit verweigern konnte.)

Vor jeder Äußerung zu einem Ver-schulden muss zuerst der Sachverhaltaufgeklärt werden. Denn in manchem

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Fallberichte und Urteile

Der BGH (VersR 1955, 573) befasste sichbereits 1955 mit einem Schaden durch Ver-wendung eines Thermokauters. Der Klä-ger hatte Verbrennungen an der linkenHand und am rechten Arm erlitten. Alsnegative Elektrode hatte der Operateur ei-ne 14×19 cm große Platte mit Bandagen ander linken Hand des Patienten befestigt.Die Verbrennungen an dieser Stelle be-ruhten – so das physikalische und das me-dizinisches Gutachten – auf einem unzu-länglichen Kontakt zwischen Hand undPlatte. Da die Handfläche zwischen denFingern und an den Handballen Hohlräu-me bildet, war sie nicht geeignet, um anihr die Platte glatt und fest anzulegen.DerWiderstand im Stromkreis durch denmangelhaften Kontakt zwischen derHandfläche und der negative Elektroden-platte bewirkte eine zu starke Wärmeent-wicklung und so die Verbrennungen. DieVerbrennungen am rechten Arm wurdendurch den Übertritt von Hochfrequenz-strom aus dem Körper des Patienten indas Gestell des Operationstisches erklärt.Der Sachverständige nahm an, dass derrechte Arm während der Operation unterAußerachtlassung der Anwendungsvor-schriften mit einem Metallteil des Opera-tionstisches in Berührung gekommen warund an dieser Kontaktstelle die Verbren-nungen entstanden.Der erste Leitsatz derEntscheidung lautet:

„Ein Arzt muss die Literatur überdie von ihm angewandte Heilmethodeeinschließlich der Anwendungsvor-schriften der von ihm benutzten Appa-rate kennen.“

Zur Schuldhaftigkeit führt der Se-nat in den Entscheidungsgründen aus:

„Wenn nach den beiden Obergut-achten bei vorschriftsmäßiger Bedie-nung des Thermokauters Verbrennun-gen nicht auftreten können und von ei-nem dieses Gerät anwendenden Arzt dieerforderliche Sachkunde verlangt wer-den muss, dann spricht die Erfahrungdafür, dass trotzdem entstandene Ver-brennungen auf einer schuldhaftenNichtbeachtung der Gebrauchsvor-schriften beruhen. Hierin liegt der allge-meine Erfahrungssatz …, der es recht-fertigt, den Grundsatz des Beweises desersten Anscheins hier anzuwenden.“

Die vom Arzt eingelegte Revisionzum BGH hatte hiernach keinen Erfolg.Es blieb bei dem Urteil des OLG Ham-

burg,das die Zahlungsansprüche des Pa-tienten für gerechtfertigt erklärt hatte.

1990 knüpfte das OLG Saarbrücken(VersR 1991, 1289) an diese Entscheidungwegen eines Falles an, bei dem eine Pa-tientin durch die Anwendung von Hoch-frequenzstrom an beiden GesäßhälftenVerbrennungen erlitten hatte. Die Gut-achter bewerteten den Schaden wahl-weise durch eine Feuchtigkeitsbrückeoder durch unbeabsichtigten Kontaktmit einem leitfähigen Gegenstand, je-denfalls als prima facie schuldhaft ver-ursacht. Darauf basieren die Leitsätze:

„1. Kommt es bei Anwendung einesHochfrequenzchirurgiegerätes beieinem Patienten zu endogenen Ver-brennungen, ist nach den Grundsät-zen des Anscheinsbeweises davonauszugehen, dass dem Arzt einschuldhafter Behandlungsfehler zurLast fällt.

2. Über die mit der Anwendung einesHochfrequenzchirurgiegerätes fürden Patienten verbundenen Risikenmuss sich der Chirurg als technischund naturwissenschaftlich aufge-schlossener Mensch vertraut ma-chen.“

Die Patientin erhielt wegen der großflä-chigen und tiefgehenden Verbrennun-gen, die auffällige und entstellende Nar-ben verursachten, 7500 DM Schmer-zensgeld.

Dass an den Auflagestellen (Gesäß,Hinterkopf etc.) Feuchtigkeitsbrückenauf der Haut entstehen und dort beiStromeinsatz Verbrennungen verursa-chen, stellt eine häufig vorkommendeSchadenskonstellation dar. Einer nichtveröffentlichten Entscheidung des LGLüneburg (Az. 4 S 287/89) von 1991 isthierzu die gutachterliche Forderung zuentnehmen,

„ … dass nach der Desinfektion dieUnterlage gewechselt wird, um Kriech-ströme zu verhindern.Sobald die Tücherunter der Auflagefläche der Patientinfeucht sind, müssen sie entfernt wer-den.“

Eine präoperative Kontrolle ist obli-gat. Intraoperativ ist eine Überprüfungder Unterlage auf Feuchtigkeit nicht zujedem Zeitpunkt möglich,aber z.B.nacheiner umfangreichen Spülung oder einerstarken Blutung ratsam. Dann könntebei einer vorsorglich doppelt aufgeleg-

ten Gesäßmatte die durchnässte ausge-tauscht und die Flüssigkeit abgetrocknetwerden.

Manche Erklärungen, wie es zu ei-nem Verbrennungsschäden gekommenist, vernimmt man mit Erstaunen: z. B.weder die Ärzte noch das Pflegeperso-nal im OP hätten gewusst, dass der Fun-kenschlag des Elektrochirurgiegeräteszur Verpuffung von noch nicht getrock-netem Desinfektionsmittel auf der Hautführt oder, wegen der starken Konzen-tration auf den Eingriff sei es dem Ope-rateur nicht anzulasten, dass er verse-hentlich mit einem stromleitenden Teildes Konisationsapparates die Innenseiteeines Oberschenkels einige Zeit berühr-te [3]. Dies kann den ersten Anschein,dass sich der Arzt vor Anwendung einesHochfrequenzchirurgiegerätes mit dendamit verbundenen Risiken unzurei-chend vertraut gemacht hat, nicht ent-kräften, sondern dient den Gerichtenvielmehr als Beleg dafür, dass der Scha-den bei Einhaltung der gebotenen Sorg-falt hätte vermieden werden können.

Schadensersatzansprüche für schwe-re und entstellende Verletzungen im Ge-sicht, die ein zweieinhalbjähriges Mäd-chens bei einer Schieloperation durch dieFlammenentwicklung bei Zusammen-treffen von Thermokauter und reinemSauerstoff erlitten hatte,bejahte auch derBGH (VersR 1999, 579 = NJW 1999, 1779)in einer jüngeren Entscheidung. Im Rah-men der Anästhesie wurde der kleinenPatientin über einen am Kinn befestigtenSchlauch reiner Sauerstoff in hoher Kon-zentration zugeführt, während ihr Ge-sicht bis auf das Operationsfeld am rech-ten Auge mit sterilen Tüchern abgedecktwar.Als der Chirurg zum Stillen von Blu-tungen einen Thermokauter einsetzte,kam es zu einer heftigen Flammenent-wicklung, bei der das Kind schwere undentstellende Verletzungen im Gesicht er-litt. Der Senat stellte ein Verschulden derbei der Operation zusammenarbeitendenFachärzte, d.h. des Ophtalmologen undder Anästhesistin, fest:

„Da auch hier das Wohl des Patien-ten oberstes Gebot und Richtschnur ist,muss für diese Zusammenarbeit derGrundsatz gelten, dass die beteiligtenÄrzte den spezifischen Gefahren der Ar-beitsteilung entgegenwirken müssenund es deshalb bei Beteiligung mehrererÄrzte einer Koordination der beabsich-tigten Maßnahmen bedarf, um zum

Medizinrecht

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Schutz des Patienten einer etwaigen Un-verträglichkeit verschiedener von denFachrichtungen eingesetzten Methodenoder Instrumente vorzubeugen.“

Zur Vorhersehbarkeit der konkre-ten Unverträglichkeit hatte der Gutach-ter erklärt,

„ … das Brandrisiko beim Zusam-mentreffen von Thermokauter und rei-nem Sauerstoff sei aufgrund physikali-scher Grundkenntnisse für die betref-fenden Ärzte erkennbar gewesen, auchwenn es bis zu diesem Vorfall in der me-dizinischen Literatur nicht beschriebengewesen sei.“

Die meisten Verbrennungs-schäden sind vermeidbar

Der von der Rechtsprechung aufgestell-te Grundsatz, dass ein strombedingterVerbrennungsschaden den ersten An-schein des Verschuldens des Arztes be-gründet, kann im Einzelfall entkräftetwerden. Die einschlägigen Urteile undeine Auswertung von Haftpflichtschä-den [4] zeigen jedoch, dass nach gutach-terlicher Beurteilung kaum ein Scha-denshergang als schicksalhaft anerkanntwird. Vielmehr hätten sich die Schädenin den überprüften Fällen vermeidenlassen, und zwar durch

◗ die Einhaltung der Gebrauchsanwei-sung für das Hochfrequenzchirur-giegerät (z. B. richtige, vollflächigeAnlage der Neutralelektrode),

◗ die Beseitigung der typischen Gefah-renquellen (z. B. gründlichstesAbtrocknen des Desinfektionsmit-tels) und

◗ die präoperative Absprache zu Risi-ken, die sich aus der Zusammenar-beit des Operateurs mit Ärzten ande-rer Fachrichtungen, insbesonderedem Anästhesisten ergeben (z. B. er-höhte Brandgefahr bei zugeführtemSauerstoff).

Bautechnische Vorgaben des Operationssaals

Es stellt sich die Frage,ob neben der Ein-haltung dieser Maßgaben weitere scha-densvermeidende Strategien – auch zurVerhinderung unverschuldeter Schäden– in Betracht kommen.

Von manchen Chirurgen wird kri-tisiert, dass Operationssäle in Deutsch-land ähnlich einem Faradayschen Käfigausgestattet werden müssen, d. h. derBoden, die OP-Tische und die Auflagendurch Kohlenstoffanteile an eine Aller-de angeschlossen sind.Würde man dar-auf verzichten, könnte der Patient iso-liert werden und Fehlströme würdensich nicht in die Allerde entladen. Diesonst auf diesem Weg verursachten Ver-brennungen und Gewebeschäden, ver-schuldete und schicksalhafte, könntenso generell vermieden werden. Mit derÄnderung dieser technischen Vorgabeist allerdings derzeit nicht zu rechnen.Zudem wären allein durch die Isolationdes Patienten nicht sämtliche Schadens-risiken beseitigt. Denn der Stromflussdurch den Körper des Patienten bei Ein-satz monopolarer Elektrochirurgie be-deutet immer die Gefahr ungewollterStromkonzentrationen und hieraus re-sultierender Hautverbrennungen oderGewebeschäden.

Bipolare Hochfrequenzelektrodenkönnen von Vorteil sein

Einen generellen Risikovorteil bietet derEinsatz bipolarer Hochfrequenzelektro-den, bei denen der Strom nicht über ei-ne lange Strecke durch den Körper desPatienten, sondern von dem Arbeits-punkt der Aktivelektrode auf kurzemWeg zu der gegenüberliegenden Neu-tralelektrode fließt.Bekannt ist das Prin-zip von der bipolaren Pinzette mit demStromfluss von einer Pinzettenspitze zuranderen.

Bereits 1987 befasste sich der BGH(BGH NJW 1988, 763) mit der Frage, obder höhere Sicherheitsstandard den Ein-satz dieser Technik oder zumindest dieAufklärung über die Verwendung mo-nopolaren Stroms gebietet, wenn tech-nisch auch bipolarer Strom zum Einsatzkommen kann. Es ging um eine 1980durchgeführte laparoskopische Tuben-sterilisation mittels monopolarer Elek-trokoagulation, die eine Darmverlet-zung zur Folge hatte. Der Rüge der Pati-entin,über die risikoärmere Technik mitbipolarem Hochfrequenzstrom nichtaufgeklärt worden zu sein, folgte derBGH nicht. Der Senat führt dazu aus:

„Anders als in den Fällen, in denenneue Therapiemöglichkeiten entwickeltworden sind, die jeweils verschiedene

Komplikationen und Erfolgschancen ge-genüber den bisherigen Verfahren auf-weisen, ist im Streitfall die Behandlungs-methode der Elektrokoagulation nichtgeändert worden. Sie ist nur durch tech-nische Verbesserung unter Herabset-zung gleichgearteter Risiken fortent-wickelt worden. Das gehört zu denNeuerungen und Verbesserungen, dieim Medizinbetrieb an der Tagesordnungsind und die nicht überall gleichzeitigeingeführt und übernommen werdenkönnen. Die Verbesserung ist freilichdurchaus nicht von untergeordneter Be-deutung, denn die Herabsetzung des Ri-sikos einer Darmverletzung, die für diePatientin schwerwiegende Folgen habenkann, hat sicher für ihre Entscheidung,ob sie sich den Gefahren einer Sterilisa-tion mittels Elektrokoagulation ausset-zen will, Gewicht.

Andererseits geht es aber nur um ei-ne Verringerung der Komplikationsrate,die ohnehin im Promille-Bereich liegt.Jedenfalls unter solchen Umständen istdie Annahme einer ärztlichen Aufklä-rungspflicht über eine andernorts ver-fügbare patientenfreundlichere Opera-tionstechnik mit Hilfe eines verbesser-ten Gerätes nicht gerechtfertigt, weil ihrauch bei voller Berücksichtigung der In-teressen der Patientin hier die prakti-schen Möglichkeiten der Krankenver-sorgung entgegenstehen.Es versteht sichvon selbst, dass es dem Patienten stetsunbenommen bleibt, den Arzt über et-waige neue und überlegene, noch nichtüberall zur Verfügung stehende Behand-lungsmöglichkeiten zu befragen.“

Diese Feststellungen lassen sich aufdie Vermeidbarkeit von Hautverbren-nungen durch bipolare Elektrochirurgieübertragen. Schon aus Kostengründenkann und muss nicht jede technischeNeuerung, die den Behandlungsstan-dard verbessert, sofort angeschafft wer-den. Für eine gewisse Übergangszeit istes nach der Rechtsprechung des BGH(NJW 1988, 763) daher gestattet, nach äl-teren, bis dahin bewährten Methoden zubehandeln, sofern dies nicht geradezuals unverantwortlich erscheint. Ein ak-tuelles Urteil,das auf der Basis eines me-dizinischen Gutachtens Auskunft dar-über gibt, ob im Jahr 2001 noch von ei-ner Übergangszeit die Rede sein kann,ist leider nicht bekannt.

Der Urologe [B] 5•2001 | 491

Fazit für die Praxis

Den Arzt trifft die Pflicht, sich mit der Tech-nik des von ihm eingesetzten Hochfre-quenzchirurgiegerätes so vertraut zumachen, dass er die Risiken, auch solchedie sich erst aus der Zusammenarbeit mitÄrzten anderer Fachrichtungen ergeben,kennt und entsprechende Schäden wegender Beherrschbarkeit des Risikos verhin-dert. Insoweit werden an Ärzte keinehöheren Anforderungen als an andereBerufsgruppen, die mit potentiell gefährli-chem Werkzeug arbeiten, gestellt. Nachständiger Rechtsprechung ist bei einemVerbrennungsschaden an der Körperober-fläche im Zusammenhang mit der Anwen-dung von Hochfrequenzstrom nicht etwavon einer unvermeidbaren schicksalhaftenKomplikation auszugehen, sondern eswird im Gegenteil, nach dem Beweis desersten Anscheins ein Pflichtverstoß desArztes angenommen.

Aus amerikanischen Operationssälenist bekannt, dass auf die Risiken bei derAnwendung von Hochfrequenzstrom vor-sorglich durch große Warntafeln aufmerk-sam gemacht wird. Darauf sind die wich-tigsten, bei Verwendung von Elektrochir-urgiegeräten zu beachtenden Regeln, z. B.die Abtrocknung des Patienten nach derDesinfektion, aufgelistet. Die Erfahrungenaus den USA belegen, dass diese einfachenProphylaxemaßnahmen große Wirksam-keit entfalten können.

Literatur

1. Ulsenheimer, Bock (2001) Der juristische

Notfallkoffer,Verhalten nach einem Zwi-

schenfall. Frauenarzt, S 342

2. Kilian (2000) Alternative Konfliktbereinigung

in Arzthaftungsstreitigkeiten.VersR 2000,

S 942

3. v. Harder (1998) Juristische Hinweise für den

frauenärztlichen Alltag – Verbrennungs-

schäden. Frauenarzt, S 66

4. v. Harder (2000) Aus der Praxis – Für die Pra-

xis, Gruppenhaftpflichtversicherung des BVF,

Auswertung der Schadensmeldungen.

Frauenarzt, S 1161

Internationale Gesellschaft für ChemotherapieProfessor K. G. Naber ist neuer Generalsekretär

Beim Internationalen Kongress für Chemothera-

pie (30. Juni – 3. Juli 2001 in Amsterdam) wurde

Professor K. G. Naber, Chefarzt der Urologischen

Klinik des Klinikums St. Elisabeth in Straubing, für

4 Jahre zum Generalsekretär der Internationalen

Gesellschaft für Chemotherapie gewählt. Zu

diesen Dachgesellschaft zählen 64 nationale und

regionale wissenschaftliche Gesellschaften, die

sich fachübergreifend mit Infektionskrankheiten

und Chemotherapie von Infektionen und malig-

nen Tumoren befassen. So z.B. die Paul-Ehrlich-Ge-

sellschaft für Chemotherapie, deren Präsident Pro-

fessor Naber von 1997–1999 war.Weltweit ge-

hören zu diesen Gesellschaften über 35.000 indi-

viduelle Mitglieder.

Der nächste Internationale Kongress für

Chemotherapie wird vom 7.–10. Juni 2003 in

Durban, Südafrika, stattfinden.

Forschungspreis der Berliner Krebsgesellschaft 2002

Die Berliner Krebsgesellschaft e.V. stiftet den Curt-

Meyer-Gedächtnispreis in Höhe von DM 20.000,–

für herausragende wissenschaftliche Leistungen

in der Onkologie. Der Preis ist vorrangig für die

Auszeichnung und Förderung von Wissenschaft-

lern gedacht, die das 40. Lebensjahr nicht über-

schritten haben und in Kliniken und Instituten im

Land Berlin tätig sind.

Bisher nicht prämierte Arbeiten können,

wenn sie als Manuskript vorliegen oder ihre

Veröffentlichung nicht mehr als 1 Jahr zurück-

liegt, an den Vorsitzenden der Berliner Krebsge-

sellschaft in 3-facher Ausfertigung unter Bei-

fügung des Lebenslaufs und eines wissenschaftli-

chen Tätigkeitsberichts eingesandt werden. Ein-

sendeschluss ist der 31.1.2002.

Berliner Krebsgesellschaft e.V.

Prof. Dr. K.P. Hellriegel

Robert-Koch-Platz 7

10115 Berlin

Tel. 030/283 24 00/01

Fax: 030/282 41 36

E-Mail: [email protected]

Internet: www.berliner-krebsgesellschaft.de

Fachnachrichten

Lymphom-Netzwerk unter dem Dachvon „Haus Lebenswert“

Die Zentrale des medizinischen Netzwerks „Kom-

petenznetz Maligne Lymphome“ hat unter dem

Dach von „Haus Lebenswert“ auf dem Gelände

der Universitätskliniken Köln ihre neuen Räume

bezogen. Den Platz stellt der Verein Lebenswert

e.V. dem Netzwerk für die Koordinierung von For-

schungsprojekten und den Aufbau einer Informa-

tionsplattform für Ärzte und Patienten zur Ver-

fügung. Das Gebäude bietet Raum für therapeuti-

sche Angebote und kulturelle Veranstaltungen

sowie für die psychologische Betreuung von

krebskranken Menschen. Das Haus konnte unter

der Schirmherrschaft von V. Diehl, Direktor der Kli-

nik I für Innere Medizin an der Universität zu Köln,

aus Spendengeldern finanziert werden.

Verbesserter Informationsfluss

Das interdisziplinäre und bundesweit agierende

Netzwerk hat zum Ziel, die Kommunikation in

Forschung und Therapie bei bösartigen Erkran-

kungen des lymphatischen Systems zu verbes-

sern und ein umfassendes, qualitätsorientiertes

Versorgungskonzept für die betroffenen Patien-

ten zu entwickeln. Beteiligt sind an dem Projekt

Internisten, Pathologen, Strahlentherapeuten, In-

formatiker und Biometriker.Wichtige Ansprech-

partner sind auch niedergelassene Hämato-On-

kologen, die sich zu einem Netzwerk zusammen-

geschlossen haben.

Internetplattform

Die gemeinsame Internetplattform ermöglicht

den Zugriff auf Informationen wie Neuentwick-

lungen in Therapie und Forschung, laufende Stu-

dien oder Kongressberichte. Damit hat auch der

niedergelassene Hausarzt die Möglichkeit, sein

Wissen über die verschiedenen Krankheitsbilder

und Behandlungsmöglichkeiten des Lymph-

drüsenkrebses schnell und zuverlässig zu aktuali-

sieren. Für Patienten bietet die Homepage

(http://www.kompetenznetz-lymphome.de)

einen eigenen Bereich an. Dort finden sie

verständlich dargestellte Informationen über ihre

Erkrankung und deren Behandlung, Adressen von

Ärzten, Selbsthilfegruppen und Krebsgesellschaf-

ten sowie Hinweise zu Möglichkeiten der thera-

peutischen Beratung und Begleitung des Krank-

heitsbewältigungsprozesses.

Quelle: Klinik I für Innere Medizin,

„Haus Lebenswert“, Universität zu Köln