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BUCHJOURNAL: Neuerscheinungen im Überblick ANTIKE INFRASTRUKTUR: Segen und Fluch der römischen Straßen ERSTES VATIKANUM: Als das Konzil den Papst für unfehlbar erklärte D ER A U SCHWITZ-PR O ZES S Der Auschwitz- Prozess NS-Massenmord vor Gericht 6,90 € ( D) 7,50 € ( A/L) 13,50 CHF E 11108 E 52. Jahrgang 7-2020

Hildegard von Bingen · 2020-05-15 · Hildegard von Bingen Prophetin und Kaiserflüsterin HILDEGARD VON BINGEN 52. Jahrgang 6-2020 6,90 € (D) 7,50 € (A/L) 13,50 CHF E 11108 E

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Page 1: Hildegard von Bingen · 2020-05-15 · Hildegard von Bingen Prophetin und Kaiserflüsterin HILDEGARD VON BINGEN 52. Jahrgang 6-2020 6,90 € (D) 7,50 € (A/L) 13,50 CHF E 11108 E

B U C H J O U R N A L :Neuerscheinungen im Überblick

A N T I K E I N F R A S T R U K T U R :Segen und Fluch der römischen Straßen

E R S T E S V A T I K A N U M :Als das Konzil den Papst für unfehlbar erklärte

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Der Auschwitz-ProzessNS-Massenmord vor Gericht

6,90 € (D) 7,50 € (A/L) 13,50 CHF E 11108 E52. Jahrgang 7-2020

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Blick in den Abgrund

E in Arzt überwacht im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau das Herausbrechen und Einschmelzen des Zahngolds, das den in der Gaskammer Ermordeten entrissen wird. Er leistet auch Dienst

an der „Rampe“, wo die Ankommenden in Arbeitsfähige und sofort zu Tötende unterteilt werden. Dennoch spricht ihn das Gericht am Ende des Auschwitz-Prozesses frei. Wie konnte es dazu kommen?

Der erste Auschwitz-Prozess in Frankfurt am Main von 1963 bis 1965 mit 22 Angeklagten – ihm folgten bis 1981 noch mehrere kleinere Prozesse – erwies sich als politisch-gesellschaftliches Großereignis mit Langzeitwirkung – nicht nur durch überraschende Freisprüche wie den genannten. Für Aufsehen sorgte er aus mehreren Gründen.

Bemerkenswert an diesem Verfahren war zunächst, dass es überhaupt stattfand. Denn in einer Atmosphäre, in der die meisten Zeitgenos-sen gern einen Schlussstrich unter die Jahre der NS-Herrschaft ziehen wollten, legte der Prozess offen, dass viele Täter bis dahin un-behelligt geblieben waren – geschützt durch das Eigeninteresse zahl-reicher ehemaliger Nationalsozialisten in Politik, Polizei und Justiz. Erstmals erfuhr nun eine breite Öffentlichkeit aus dem Mund der Überlebenden detailliert, was die SS-Angehörigen und ihre Helfer ge-tan hatten. Zudem kam das Gericht schließlich zwar zu differenzier-ten Urteilen, es zeigte sich aber nachsichtig: Für eine Verurteilung ge-nügte es nicht, Teil der Mordmaschine gewesen zu sein, sondern die individuelle Tatbeteiligung musste exakt nachgewiesen werden.

Das Titelthema stellt zuerst den Mann vor, der den Prozess trotz vie-ler Widerstände auf den Weg brachte: den hessischen Generalstaats-anwalt Fritz Bauer. Er wollte den Deutschen die Dimensionen der Nazi-Verbrechen vor Augen führen. Wer waren die Zeugen, was wa-ren ihre Motive, und was konnten sie zur Aufklärung beitragen? Das schildert ein zweiter Text. Der dritte Artikel berichtet über die Haupt-verhandlung und nimmt die Angeklagten näher in den Blick. Vier-tens werfen wir einen Blick auf die Rolle der Medien, die kaum kri-tisch nachfragten. Der fünfte Text analysiert das Urteil: Dieses sollte für Jahrzehnte die weitere Aufarbeitung des natio-nalsozialistischen Unrechts prägen.

Es fällt nicht leicht, sich intensiv mit Auschwitz zu beschäftigen. Die Geschichte dieses Konzentra-tions- und Vernichtungslagers sowie die gericht -liche Aufarbeitung der dort begangenen Taten zei-gen, wohin systematische Erziehung zum Hass führen kann. Am liebsten würde man nicht in diese Abgründe menschlichen Handelns blicken, aber man muss es tun.

Stefan BergmannChefredakteur

EDITORIAL

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K R I E G G E G E N S P A R T A :Als Athen die Stadt Mytilene bestrafte

M Y T H O S V A M P I R :Ein Fürst steht Pate für die Dracula-Figur

J O H A N N E S P O P I T Z :Finanzminister im Widerstand

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6,90 € (D) 7,50 € (A/L) 13,50 CHF E 11108 E52. Jahrgang 3-2020

Britisches

EmpireAnspruch und Realität

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3 Editorial

6 KURZ NOTIERT Nachrichten

8 ZEITPUNKTE Historische Ereignisse des Monats

10 ES GESCHAH VOR 40 JAHREN Olympia-Boykott von Moskau: Politik und Spiele

16 Aufarbeitung der NS-Verbrechen: Die einsame Mission des Fritz Bauer

24 KZ-Häftlinge im Zeugenstand: Boten der verdrängten Wahrheit

30 Die Hauptverhandlung: Einblicke in den Massenmord

37 Ortstermin Auschwitz: Im Zweifel für die Zeugen

38 Die Rolle der Medien: Lieber nicht nachfragen

42 Das Frankfurter Urteil: Abgewogen und verstörend zugleich

Politischer Zank um OlympiaAls die Sowjetunion 1980 die Jugend der Welt einlud, wollten die USA – und in ihrem Gefolge etwa auch die Bundes-republik – nicht mitmachen. Grund für den Boykott der Olympischen Spiele in Moskau war der Einmarsch sowjetischer Truppen in Afghanistan 1979.

NS-Täter vor Gericht kennt man heute nur noch als Greise im Rollstuhl, sie sind die Letzten ihrer Generation. 1963, als der Auschwitz-Prozess begann, war dies anders. Die Angeklagten standen mitten im Leben – und in der Gesellschaft. Ebenso wie ihre vie-len Mittäter, die von der Justiz unbehelligt blieben. Frühere SS-Mitglieder hatten in der

Nachkriegszeit Netzwerke gebildet, sie woll-ten ihre Verbrechen vergessen machen. Nur vor diesem Hintergrund lässt sich die Be-deutung des Frankfurter Verfahrens verste-hen. Mutige Juristen wie der hessische Ge-neralstaatsanwalt Fritz Bauer beendeten das Schweigen über den Holocaust. Unten: Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau.

Der Auschwitz-ProzessInhalt www.damals.de

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47 FORSCHUNG Denkmäler für die Ewigkeit. Steinstelen in österreichischen Römerstädten

48 Vom Sinn der Geschenke. Die heiklen Regeln diplomatischer Präsente

50 TV/HÖRFUNK

54 BUCHJOURNAL Antike: Masada – Römische Bau-geschichte – Das Klima und das Römische Reich

Mittelalter: Die Staufer – Bur- gund – Geheimaktionen Neuzeit: Karl V. – Wien um 1900 Zeitgeschichte: Der Kapitän der „Graf Spee“ – Asta Nielsen Geschichte nach 1945: Deutsch-land nach 1990 – Ost-Berlin

59 DVDS/HÖRBÜCHER Friedrich Hölderlin – Primo Levi über Auschwitz – Bertolt Brecht vor dem McCarthy-Ausschuss

60 LESERREISE Serbien (5. bis 13. September 2020): Serbien – Land der Römer und der Klöster

62 GESELLSCHAFT Bürgerbeteiligung bei Infrastruktur-Projekten: Segen und Fluch der römischen Straßen

70 MUSEUM Federseemuseum Bad Buchau: Musterhäuser aus der Steinzeit

72 RELIGION Das Erste Vatikanische Konzil 1869/70: Der Papst wird unfehlbar

77 FASZINIERENDE FIGUREN Paul Nolte über Martin Luther King: „Der Mut, weiter zu gehen als andere“

Wer baute Roms Straßen?Wer an einer römischen Fernstraße wohnte, war gut angebunden an die Metro-polen des Reichs. Doch die-ses Privileg hatte seinen Preis: Die Bürger mussten sich am Unterhalt der Stra-ßen beteiligen.

Der Papst gegen den Rest der WeltIm 19. Jahrhundert ver-lor die katholische Kirche an Macht und Einfluss. Auf dem Ersten Vatikani-schen Konzil (1869/70) stemmte man sich gegen die Moderne – und stärk-te dem Papst mit dem Dogma der Unfehlbar-keit den Rücken.

AKTUELL

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RUBRIKEN

78 Rätsel

80 Impressum

80 Leserbriefe

81 Rätselauflösungen

82 Vorschau

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NACHRICHTEN

Stuttgart„Azteken“-Ausstellung geht in die VerlängerungWie andere Häuser musste auch das Stutt-garter Linden-Museum (Hegelplatz 1, Tel. +49 (0)711 2022-3) wegen der Corona-Pandemie schließen. Mittlerweile hat das Museum seine Tore wieder für Besucher geöffnet. Und es gibt eine weitere gute Nachricht: Die Große Landesausstellung „Azteken“ wird bis zum 16. August 2020 verlängert. Die Schau entstand anlässlich des 500. Jahrestags der Landung des spani-schen Konquistadors Hernán Cortés im Golf von Mexiko und widmet sich der Ge-schichte der faszinierenden Hochkultur. Die Besucher können rund 150 Exponate bewundern, darunter Leihgaben aus einer Vielzahl von europäischen und mexi-kanischen Museen. Neben Skulpturen, Schmuck und Bilderhandschriften sind auch noch nie ausgestellte Opfergaben zu sehen, die erst in neuester Zeit ausgegra-

ben worden sind. Ebenfalls gezeigt werden zwei aztekische Federschilde, von denen weltweit nur vier existieren.

Der Aufbau der Ausstellung ist dem Reich der Azteken nachempfunden: Begin-nend in den tributpflichtigen Randgebie-ten, erleben Besucher das Hochtal von Mexiko in seinen kulturellen und natürli-chen Ausprägungen, bis sie schließlich in das Zentrum des Aztekenreichs, die Haupt-stadt Tenochtitlan, eingeführt werden. Dort betreten sie den Herrscherpalast und den Haupttempel, den „Templo Mayor“.https://www.lindenmuseum.de

Johannes Holst wurde 1880 auf der Elb -insel Altenwerder bei Hamburg geboren. Der Autodidakt pflegte viele Interessen, er betätigte sich unter anderem als Musiker, Geigenbauer, Segler und Schiffbauer. Vor allem aber war Holst ein leidenschaftlicher Maler. Seine Faszination galt dem Meer und den großen frachtfahrenden Segel-schiffen. Seine künstlerische Hinterlassen-schaft soll rund 2500 Gemälde umfassen, die an Kunstsammler und Liebhaber in alle Welt verkauft wurden. Heute gilt Holst als einer der bedeutendsten deutschen Marinemaler.

Das Internationale Maritime Museum in Hamburg (Koreastraße 1, Tel. +49 (0)40 3009230-0) widmet sich diesem „Genie

Räuchergefäß in Gestalt der Wasser- und Fruchtbarkeitsgöttin Chalchiuhtlicue aus dem frühen 16. Jahrhundert. D.

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Johannes Holst, „Vollschiff Siam“: Das Segel-schiff wurde 1889 bei Lange in Bremen ge-baut und in der Rangoon-Fahrt eingesetzt.

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InternetMuseumsbesuch vom Sofa aus

Was haben über 3000 Jahre alte Kunstge-genstände aus der Königsgruft von Qatna im heutigen Syrien, der rund 1000 Jahre alte Wall im nordeuropäischen Haithabu und die mittelalterliche Burg Staufeneck im Filstal gemeinsam? Sie alle repräsentie-ren Macht. Diese und zahlreiche weitere Objekte sind Teil der digitalen Ausstellung „Symbole der Macht – (Un)sichtbare Re-präsentation“, die das virtuelle Museum des Sonderforschungsbereichs Ressour-cenKulturen der Universität Tübingen kon-zipiert hat.

In den Räumen des virtuellen Museums, die seit März online zu besichtigen sind, können Besucher in der Ausstellung stö-bern. Anhand von kuriosen Objekten wie goldenen Entenköpfen erfahren sie, wie vielgestaltig sich Macht präsentieren lässt. In einer Schausammlung lassen sich wei-tere interessante Gegenstände wie donut-förmige Steine aus dem Iran und Wikinger-katzen entdecken. Zudem gewährt ein De-pot Einblicke in die Projekte, in denen der Sonderforschungsbereich aktiv ist. Anhand eines Zeitstrahls können Interessierte die Projekte, an denen Wissenschaftler aus ganz verschiedenen Disziplinen arbeiten, von der Steinzeit bis in die Gegenwart durchwandern und erkunden.https://museum-ressourcenkulturen.de

ExeterPfeile mit der Durchschlagskraft einer GewehrkugelDie englischen Langbogenschützen waren im Mittelalter gefürchtet – zu Recht. Denn ihre Waffen erwiesen sich in vielen Schlach-ten als kriegsentscheidend. Jetzt enthüllen mehrere in einem mittelalter lichen Fried-hof in Exeter gefundene Skelette, wie ge-fährlich diese Waffe tatsächlich war. For-scher der University of Exeter konnten nachweisen, dass ein Pfeil den Kopf eines der Toten mit der Wucht und dem Drall ei-ner moderne Gewehr kugel durchschlagen haben muss. Der Langbogen war die erfolg-reichste Waffe englischer und walisischer Heere im Mittelalter. Die gut 1,80 Meter langen, aus Eibenholz gefertigten Bögen waren leicht und so steif, dass die Bogen-sehne nur mit viel Kraft gespannt werden konnte. Doch wie durchschlagend die Pfeile tatsächlich waren, und wie schwer die von ihnen verursachten Verletzungen, war – abgesehen von zeitgenössischen Überlie-

HamburgMarinemaler Johannes Holst: „Das Genie von Altenwerder“

von Altenwerder“ – wie Holst genannt wurde – nun in einer Sonderausstellung. Die Schau „Johannes Holst – Maler der See“ beleuchtet noch bis zum 19. Juli 2020 Holsts Leben und künstlerisches Schaffen. Gezeigt werden Gemälde aus dem Mu -seumsbestand und von privaten Leihge-bern, die der Öffentlichkeit sonst nicht zu-gänglich sind. Insgesamt werden rund 70 Werke von Holst ausgestellt, die sich vor allem durch die große Detailtreue seiner Schiffsdarstellungen auszeichnen. Zur Aus-stellung ist ein Buch bei Koehler im Maxi-milian Verlag, Hamburg, erschienen.https://www.imm-hamburg.de

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Rothenburg ob der Tauber Kuriose TierstrafenWelche Rolle spielten Tiere in der Rechts-geschichte des Mittelalters und der frü-hen Neuzeit? Dieser Frage spürt das Mit-telalterliche Kriminalmuseum in Rothen-burg ob der Tauber (Burggasse 3 –5, Tel. +49 (0)9861 5359) noch bis zum 31. De-zember 2020 nach. Die Ausstellung „Hund und Katz – Wolf und Spatz. Tiere in der Rechtsgeschichte“ widmet sich dem rechtlichen Verhältnis von Tieren und Menschen und führt die Besucher durch eine uns fremd anmutende Zeit der Tierprozesse und Tierstrafen.

Die Ausstellung präsentiert über 100 Exponate. Dabei werden sowohl rechts-historische Ausstellungsstücke als auch Tierpräparate gezeigt. Die Objekte erzählen von Schweinen als Angeklagten in gerichtsförmigen Mordprozes-sen, von exkommunizierten Delphinen und Heuschrecken sowie von Kopfprämien für Spatzen und Mäuse. Gesetzes-texte und bildliche Darstellun-gen machen anschaulich, dass

Der „Eselritt“ gehörte zu den mittel-alterlichen Schandstrafen (historisie-rende Darstellung, 19. Jahrhundert).

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Tiere bei der Durchführung grausamer To-desstrafen eine Rolle spielten, etwa beim Hängen mit Hunden oder beim Vierteilen mittels Pferden. Darüber hinaus widmet sich die Ausstellung aber auch dem Span-nungsverhältnis von Tier und Mensch außerhalb des strafrechtlichen Kontexts. Multimediastationen vermitteln etwa, welche Gefahr für die Menschen in der Vergangenheit von Tieren ausging. Die Sonderausstellung bietet zudem Exkurse zum Nutztier, zum Werwolf, zu Hexen-, Fabel- und Wappentieren. Der Katalog ist im EOS Verlag, St. Ottilien, erschienen.https://www.kriminalmuseum.eu

Täglich News auf www.damals.de

Frankfurt am MainBefreiung vom Korsett: Was Frauenkleider erzählenVom schweren bürgerlichen Gesellschafts-kleid mit mehreren Lagen Unterröcken, Korsett und Reifenrock bis hin zum luftigen Charleston-Kleid war es nicht nur modisch betrachtet ein großer Schritt. Die neue Sonderausstellung „Kleider in Bewegung – Frauenmode seit 1850“ im Historischen Museum in Frankfurt am Main (Saalhof 1, Tel. +49 (0)69 212-35154) beleuchtet, wie Frauen anhand sich verändernder Kleidung seit 1850 an Bewegungsfreiheit gewan-nen. Die Ausstellung, die noch bis zum 24. Januar 2021 zu sehen ist, zeigt: Die Verän-derungen in der Modewelt spiegeln gesell-schaftliche Entwicklungen der Zeit wider. Gerade zwischen 1850 und 1930 veränder-te sich das Frauenbild rasant, was auch durch den Wandel weiblicher Mode deut-lich wurde. Innovationen im Schnitt der Kleider reagierten auf Veränderungen in Alltag, Sport, Freizeit und Arbeit.

Die Ausstellung präsentiert rund 200 Exponate, darunter sowohl Objekte der museumseigenen Textil- und Modesamm-lung als auch internationale Leihgaben wie Textilien, Gemälde, Graphiken und Foto-grafien. Besucher können zahlreiche Klei-

Bramsche-KalkrieseBeginnend mit der Steinzeit: die Geschichte der MigrationMenschen waren zu allen Zeiten mobil. Aber welche Ursachen, Mechanismen und Auswirkungen standen hinter dem Phäno-men der Migration? Dieser Frage spürt die Wanderausstellung „2 Millionen Jahre Mi-gration“ nach. Sie richtet ihren Blick auf die frühe menschliche Migrationsgeschichte. Noch bis zum 25. Oktober 2020 ist sie an

Johann Heinrich Hasselhorst, „Drei schreitende Frauen in Rückenansicht“ (Öl auf Leinwand, Frankfurt, um 1900).

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dungsstücke bewundern, vom bürgerli-chen Gesellschaftskleid über das Reform-kleid und den Badeanzug bis zu den ersten Damenhosen. Im Rahmen eines Besuchs der Ausstellung besteht zudem die Mög-lichkeit, Nachbildungen einengender Klei-dungsstücke anzuziehen und die Bewe-gungseinschränkung auf diese Weise am eigenen Leib zu erfahren.https://historisches-museum-frankfurt.de

ferungen – bislang unklar. Bei den Ausgra-bungen in Exeter lagen die Gebeine meh-rerer Personen durcheinander in der Erde. Unter den Funden erwiesen sich der aus der Zeit zwischen 1282 und 1395 stam-mende Schädel und ein vom Anfang des 15. Jahrhunderts stammender Unter-schenkelknochen als besonders auf-schlussreich. Beide zeigten Verletzungen, die von Langbogenpfeilen stammten.

ihrer neuen Station im Museum und Park Kalkriese (Venner Straße 69, Tel. +49 (0)5468 92040) zu sehen.

Zum einen beleuchtet die Ausstellung anhand archäologischer Funde der Stein-zeit unsere Wurzeln in Afrika und West-asien. Zum anderen legt das Museum den Fokus auf die Migrationsgeschichte der ver-gangenen 2000 Jahre. Vor allem die Migra-tion im Römischen Reich und die Zeit der Völkerwanderung werden anhand von Ex-ponaten aus den eigenen Beständen an-schaulich gemacht. Aber auch die deutsche Ostbesiedlung im Mittelalter und die ge-sellschaftlichen Veränderungen, welche die Migration in der frühdeutschen Geschichte mit sich gebracht hat, werden thematisiert. Darüber hinaus richtet die Ausstellung den Blick auf die Amerika-Auswanderung aus dem Osnabrücker Land seit dem 19. Jahr-hundert. Die Auswanderungswelle dieser Zeit wird anhand von Briefen und Ge-schichten von Auswanderern beleuchtet.https://www.kalkriese-varusschlacht.de