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Aus dem Anatomischen Institut der Universit~it Kiel (Direktor: Prof. Dr. W. Bargmann) Histologische Untersuchungen am Zwischenhirn-Hypophysensystem von Amphibien (mit besonderer Ber/icksiehtigung der Pituizyten) Yon Karsten Paulsen Mit 4 Textabbildungen Inhaltsiibersich t Seite I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 II. Material und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 III. Befunde: A. Ausl6sung von Pituizytenmitosen durch Belastung der Osmoregulation 174 1. Koehsalzversuehe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 2. Kochsalz-Troekenversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 8. Colehizinversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 B. Untersuchungen an Brunsttieren ................ 175 C. Pars intermedia und Neurohypophyse .............. 176 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 I. Einleitung Zahlreiche Beobachtungen sprechen daffir, dab dem neurosekretorischen Zwischenhirnsystem der S~iugetiere die Aufgabe zuf/illt, die sogenannten Hinterlappenhormone -- unter ihnen das antidiuretisehe Hormon -- zu bilden (Bargmann 1949, 1954; Hild und Zetler 1951; vgl. auch E. und B. Scharrer 1954). Die an eine Tr/igersubstanz gebundenen, im Nucleus supraopticus und paraventrieularis entstandenen Hormone gelangen in den Hinterlappen, wo ihre Ausschwemmung erfolgt. Versuche mit Belastung des Wasserhaushaltes an Amphibien (Hild 1951) weisen darauf hin, dab auch das Homologon des Tractus supraoptico-hypophyseus, der Tractus praeoptico-hypophyseus der niederen Wirbeltiere, zum mindesten im Dienste der Regulation des Wasserhaushaltes steht. Die Studien der genannten Autoren haben eine Reihe yon Fragen auf- gewoffen, deren Beantwortung ffir das Verst/indnis des neurosekretorisehen Zwischenhirnsystems yon Bedeutung ist. So ist es einmal unklar, weleher Mechanismus zur Hormonausschwemmung aus dem Hinterlappen ffihrt. Es 11~*

Histologische Untersuchungen am Zwischenhirn-Hypophysensystem von Amphibien

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Aus dem Anatomischen Institut der Universit~it Kiel (Direktor: Prof. Dr. W. Bargmann)

Histologische Untersuchungen am Zwischenhirn-Hypophysensystem von Amphibien ( m i t b e s o n d e r e r B e r / i c k s i e h t i g u n g d e r P i t u i z y t e n )

Yon

Karsten Pau l sen

Mit 4 Textabbildungen

Inhaltsiibersich t Seite

I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 II. Material und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172

III. Befunde: A. Ausl6sung von Pituizytenmitosen durch Belastung der Osmoregulation 174

1. Koehsalzversuehe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 2. Kochsalz-Troekenversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 8. Colehizinversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175

B. Untersuchungen an Brunsttieren . . . . . . . . . . . . . . . . 175 C. Pars intermedia und Neurohypophyse . . . . . . . . . . . . . . 176

Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177

I. Einle i tung

Zahlreiche Beobachtungen sprechen daffir, dab dem neurosekretorischen Zwischenhirnsystem der S~iugetiere die Aufgabe zuf/illt, die sogenannten Hinter lappenhormone - - unter ihnen das antidiuretisehe Hormon - - zu bi lden (Bargmann 1949, 1954; Hild und Zetler 1951; vgl. auch E. und B. Scharrer 1954). Die an eine Tr/igersubstanz gebundenen, im Nucleus supraopticus und paraventrieularis entstandenen Hormone gelangen in den Hinterlappen, wo ihre Ausschwemmung erfolgt. Versuche mit Belastung des Wasserhaushaltes an Amphibien (Hild 1951) weisen darauf hin, dab auch das Homologon des Tractus supraoptico-hypophyseus, der Tractus praeoptico-hypophyseus der niederen Wirbelt iere, zum mindesten im Dienste der Regulation des Wasserhaushaltes steht.

Die Studien der genannten Autoren haben eine Reihe yon Fragen auf- gewoffen, deren Beantwortung ffir das Verst/indnis des neurosekretorisehen Zwischenhirnsystems yon Bedeutung ist. So ist es einmal unklar, weleher Mechanismus zur Hormonausschwemmung aus dem Hinter lappen ffihrt. Es

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17'2 Karsten Paulsen:

ware denkbar, dab die Gliazellen des Hinterlappens (,,Pituizyten") an der Ausschwemmung aus dem Stapelorgan Hinterlappen beteiligt sind; dab sie in vitro kein Hormon produzieren, konnte Hild (1954) nachweisen. Zugun- sten einer solchen Auffassung k6nnte die Beobachtung yon Pituizyten- mitosen bei experimentell hervorgerufener Belastung des Wasserhaushaltes sprechen, wie sie von Hild (1951), Ortmann (1951), SeIye und Hall (1948) besehrieben wurde. Indessen stehen diesen Angaben auch negative Erfah- rungen gegen6ber (Hild und Zetler, 1958, Mazzi, 1958).

Weiterhin bedarf die Frage der Kl~rung, ob und welche funktionellen Beziehungen zwischen der neurosekretorischen Bahn und der Pars inter- media der Adenohypophyse bestehen, auf deren innige Verkniipfung die Untersuchungen yon Scharrer (1952; 1954), Bargmann (1958), Stutinsky (I958), Eichner (1954), Horstmann (1954) u. a. aufmerksam maehen.

Die vorliegende Untersuchung beabsichtigt, zur Beantwortung be ider Fragen durch ein Studium der Verh~iltnisse bei anuren Amphibien beizu- tragen. Der Neurosekretbestand und' das Verhalten der Pituizyten wurde an Anuren untersucht, deren Wasserhaushalt einer Belastung unterworfen wurde. Etwa auftretende Mitosen versuchte ich durch Colchizinvergiftung deutlich hervortreten zu lassen. Ferner wurde nach Ver~inderungen des Hinterlappengewebes, insbesondere der Pituizyten, w~ihrend der Laich- periode gefahndet.

Der zweite Tell der Untersuchung beschaftigt sich mit den Beziehungen zwischen Pars intermedia und Neurohypophyse im AnschluB an Dawson (1958), der das Eintreten neurosekretorischer Fasern in den Zwischenlappen eines Anuren nachwies.

II. Material und Methodik

Untersuchungsgut: WasserfrSsche (Rana esculenta), Grasfr6sehe (Rana tempo- raria), Unken (Bombina bombina), meist aus der n~iheren Umgebung Kiels. Die Unken wurden ab Juni im Aqua-Terrarium gehalten. Atle anderen Tiere gelangten sofort in die Versuchsreihen. Die Haltung der Tiere erfolgte in einem ktihlen Keller.

A. K o c h s a l z u n d T r o c k e n v e r s u c h e

1. WasserfrSsehe (89), Grasfr6sche (9) und Unken (5) wurden 8 bis 11 Tage bei niedrigem Fliissigkeitsspiegel in einer l%igen Kochsalzl6sung gehalten. Die Salz- 15sung wurde t~iglich frisch mit Teichwasser angesetzt. Ferner wurden je 6 Wasser- frSsche in 1,1%iger bzw. 1,2%iger KochsalzlSsung gehalten, 4 WasserfrSsche in einer 0,8%igen LSsung.

2. WasserfrSsche (16), GrasfrSsche (4) und Unken (2) wurden 10 Tage im Keller trocken gehalten und ansehlieBend 5 Tage wie unter 1. einer l%igen Kochsalz- 16sung ausgesetzt, davon eine Unke nur 8 Tage, eine andere 8 Tage einer 0,95%igen KoehsalzlSsung.

8. Colchizinversuche. a) 10 WasserfrSschen der Reihen 1. und 2. wurde 0,1 mg pro Gramm KSrper-

gewicht Colehizin (gelSst) in den Riickenlymphsack bzw. intraperitoneal ver- abfolgt, und zwar am 9. bzw. 15. Versuchstage, da zu diesem Zeitpunkt die h6ehste Mitoserate zu erwarten war. Anschliel3end tdberfiihrung der Tiere in die W~irme (850 his 40~

Histologische Untersuchungen am Zwischenhirn-Hypophysensystem 173

b) 6 Wasserfr6sehe der Reihe 1. erhielten w~ihrend der letzten Versuehstage t~glich 0,01 mg pro Gramm K6rpergewieht Colehizin (gel6st). Die Tiere warden nicht in die W~rme fiberffihrt.

Histologische Bearbeitung: Fixierung (g.thernarkose, Durehsp/ilung von der Aorta aus) mit Bouinseher Flfissigkeit.

Paraffinschnittserien: Schnittdicke 5 bis 10 #. F~rbungen: Chromalaunh~imatoxylin-Phloxin naeh Gomori, Azokarmin, H~imato-

xylin-Eosin.

B. B r u n s t t i e r e

Die Gehirne yon 4 m~innlichen briinstigen Wasserfr6sehen (Fangzeit Anfang Mai 1953) wurden histologisch untersueht (siehe oben).

C. K o n t r o 1 ] e n (betreffend Pars intermedia und Neurohypophyse siehe S. 176)

16 Wasserfr6sehe aus A 1. und 2. und 4 vorher unbehandelte Grasff6sche.

III. Befunde

Die Neurohypophyse der Normaltiere zeichnet sich durch das reichliche Vorhandensein gleichm/il3ig verteilten tropfigen Neurosekretes aus, das sich mit Chromalaunh/imatoxylin tiefblau f~irbt. In einem Falle wurden Neuro- sekrettr~Spfchen in den Randgebieten yon Kapillarlichtungen beobaehtet

Abb. I. Rana esculenta. Neurosekret in Kapillaren des Hinterlappens. (Chromalaunh/imatoxylin- Phloxlnf~irbung. 10 ~. Vergr. 980lath.)

(Abb. 1). Dieser Befund erinnert an den von HanstriSm (1952) bei einem S/iuger festgestellten 0bertri t t von Neurosekret in die Blutkapillaren.

174 K. Paulsen:

A. A u f t r e t e n y o n P i t u i z y t e n m i t o s e n b e i B e l a s t u n g d e r O s m o r e g u l a t i o n

1. Kochsalzversuche

W~ihrend des Koehsalzversuches differierte das Gewicht der einzelnen Tiere infolge verschiedener Wasseraufnahme stark. Beaehtlieh war die weehselnde Ffille der Lymphr~iume. Die Blase war bei allen Tieren stark gefiillt.

Der Hinterlappen der meisten Versuehstiere bietet ein einheitliehes Bild: Die Gef~iBe (Injektion), besonders die Sinuskapillaren zwisehen Pars inter- media und Neurohypophyse, sind weir, ebenso die der Eminentia mediana. Das dem Zwischenlappen anliegende Hirnteilgebiet f~illt dureh Neurosekret- armut auf; oft findet sich hier iiberhaupt kein mit ChromalaunNimatoxylin anf~irbbares Neurosekret. Nur die Randgebiete der Neurohypophyse sind in der Regel reiehlieher mit Sekretgranulis gefiillt. Die peripheren Kapillaren sind st~irker erweitert als die des Hinterlappenzentrums. Die kernhaltigen Abschnitte der Pituizyten liegen der Kapfllarwand allenthalben eng an. Die polyedrisehen oder ovoiden Kerne erseheinen im Einklang mit den Be- funden von Kratsch (1958) vergrSgert und loekerer strukturiert. Bei einer kleinen Anzahl von Rana esculenta jedoch ist der Neurosekretreiehtum der Neurohypophyse auff/illig.

Bei nur 5 Exemplaren von Itana esculenta fiihrte die Koehsalzzufuhr zum Auftreten von Mitosen; dabei untersehied sieh das Gesamtbild der Neurohypophyse nieht von dem eben besehriebenen. GroBe Mitosezahlen - - 55 - - wies nur ein Froseh auf, nur 7 ein anderes Tier, e in weiteres 8, 2 Tiere schlieBlich je eine Mitose. Bis auf 2 Hypophysen mit reichliehem Neurosekretbestand zeigen die Organe die bekannte Entleerung und Ver- armung. Unter den Mitosestadien ~berwiegen die Prophasen. In der Um- gebung maneher Mitosen ist reiehlieh Neurosekret vorhanden (Abb. 2), doeh gibt es aueh von einem freien Hof umgebene Teilungsstadien.

2. KochsaIz-Trockenversuch

Die Versuehstiere, vor allem die Temporarien, zeichnen sieh dureh mehr oder minder praU gefiillte Lymphs~icke und eine volle Blase aus. Die Tiere wurden 10 Tage troeken gehalten und verbraehten weitere 5 Tage unter denselben Bedingungen wie in a) besehrieben. 2 Tiere zeigten zahlreiehe, d. h. insgesamt 62, Mitosen. Der Versueh erfolgte im Friihling. Weitere Ver- suche wurden Anfang August und Mitte September unternommen, Die Sommertiere wiesen keine Mitosen auf, zeigten jedoeh deutlieh eine Neuro- sekretverarmung. Ganz anders f ielder Herbstversueh aus: der Hintertappen ist nach Chromalamah~imatoxylinf[irbung blau-sehwarz, d.h. reich an Gra- nulls und enthiilt keine Mitosen.

Die in 1,1%iges und 1,2%iges koehsalzhaltiges Wasser iiberffihrten Tiere starben sehon naeh 8 bis 6 Tagen. Ihre Hinterlappen sind im allgemeinen ~irmer an Neurosekret als die von Kontrolltieren, die Gef~iBe m~il3ig welt. Bei Unken finden sieh im Zwisehenlappen wie in der Neurohypophyse groBe

Histologische Untersuchungen am Zwischenhirn-Hypophysensystem 175

rundliche Gebilde - - meist eines bis drei pro Schnitt - - vom Durchmesser eines roten Blutk6rperehens (etwa 20 ~t). Bei Anwendung der Chromalaun- h~imatoxylin-Phloxinf~irbung erscheinen sie von einem schmalen, unregel- mfil3ig dieken hellroten Bezirk von 1 bis 2 .tt Breite begrenzt (Abb. 8).

Abb. 2. Rana eseulenta. Mitosen peri- kapill~irer Pituizyten, yon Neuro- sekret stark umlager t (bes~ reehts). (Chromalaunh~imatoxylin-Ph loxin-

f~irbung, 10 tt, Vergr. 980fach.)

Abb. 8. Bombina bombina. Ein- schl/isse in der Neurohypophyse, (ChromalaunMimatoxylin-Phloxin-

f~irbung. 7 ~t. Vergr. 980faeh.)

3. Colchizinversuche

Bei keinem der mit Colehizin behandelten Versuehstiere wurde ein an Mitosen reieher Hinterlappen festgesteilt. Die mit hohen Dosen behandelten Tiere gingen nach Uberfiihrung in w~irmere Umgebung raseh zugrunde.

B, B r u n s t t i e r e

{)ber die Morphologie der Neurohypophyse w~ihrend der Fortpflanzungs- periode !st offenbar kaum etwas bekannt. Hild (1951) land im Nucleus prae- optieus sekretoriseh t~itige Ganglienzellen, deren Kolloid in den 8. Ventrikel abfliegt. Dieser Nervenzelltyp ist naeh seinen Angaben zur Laiehzeit deut- lieh vermehrt. Da Boyd, Mack und A. E. Smith (1989) w~ihrend der Brunst- periode bei Fr6schen eine erh6hte Hautpermeabilit/it feststellten, wird man Ver~inderungen im Hirnteil der ttypophyse erwarten d/irfen. Die Unter- suehungen erstreeken sieh nur auf m~innliche Tiere.

176 K. Paulsen:

Auffallig ist die VergrSBerung des Hypophysenhinterlappens infolge Er- weiterung der Kapillaren, wobei sich jedoch nicht entscheiden laBt, inwie- welt die Gefaginjektion ffir die Volumenzunahme mitverantwortlieh ist. An der Grenze von Pars intermedia und Neurohypophyse erseheinen die Ge- faBe besonders geweitet.

Die Neurosekretmenge ist vermindert. Regelmal3ig lal3t sieh eine peri- kapillare Anreicherung von Neurosekret feststellen, wie sie in dieser Weise bei den belasteten Tieren nicht auftritt. Pituizytenmitosen waren nicht nachzuweisen.

C. P a r s i n t e r m e d i a u n d N e u r o h y p o p h y s e

Da die Grenze zwischen Pars intermedia und Neurohypophyse nicht scharf gezogen ist und im wesentlichen aus einer Kapillarzone besteht, ware es durehaus mSglich, dab in der Zona intermedia gebildetes Sekret in den Hinterlappen iibertritt, wie vor allem Stendell (1918) annahm.

Das kompakte Epithelgewebe des Zwischenlappens enthalt teils intra-, teils extrazellular gelegene phloxinophile Kolloidtr6p[chen. An der Grenze von Hinterlappen und Zwischenlappen sind diese kleinen TrSpfchen hau- tiger siehtbar, die bis zu 8 ~ weit und noch tiefer in das Hinterlappen- gewebe verfolgt werden kSnnen. Die kugeligen Gebilde sind von recht untersehiedlicher GrSl3e, doeh iibersteigt ihr Durehmesser nicht das Aus- mag von 4 bis 5 ~t. Die Kugeln treten manehmal in unmittelbarer Nahe eines Pituizyten auf, oft aber aueh zwischen den Nervenfasern. Eine Be- ziehung der Tropfen zu den Gefagen wurde in keinem Falle nachgewiesen.

Im Zwischenlappen sind anderseits hin und wieder mit Neurosekret be- ladene Fasern zu beobaehten, die sieh mehr oder weniger welt im Drfisen- gewebe verlieren. In wenigen Fallen erreiehen die sekretfiihrenden Nerven- fasern die Grenze zwischen Vorder- und Zwischenlappen. Hautig lal3t sich auch feststellen, dab die die beiden Organabschnitte trennenden Kapillaren mehr von Neurohypophysengewebe - - bisweilen sogar vollkommen - - um- sehlossen sind, so dab das Zwischenlappenprodukt seinen Weg zum Gef~iB dureh diese dfinne ,,Hinterlappenwand" nehmen muB (Abb. 4). Einzelne Fasern schlagen ferner einen Bogen dutch die Pars intermedia und kehren zum Hinterlappen zuriiek. Der fiberwiegende Tell der in die Pars intermedia eintretenden neurosekretfiihrenden Fasern diirfte innerhalb des Zwischenlappens enden.

Zusammenfassung 1. Die Neurohypophyse normaler Anuren zeichnet sieh dureh das reichliche

Vorhandensein gleichmiiBig verteilten Neurosekretes aus. In einem Falle (liana esculenta) wurde die Anwesenheit von Neurosekrettrtipfchen in den Kapfllar- liehtungen beobachtet (vgl. hiezu Hanstrfim 1952).

2. Belastung des Wasserhaushaltes dutch Kochsalzeinwirkung und Haltung im Trockenen fiihrt in der t/egel zu einer Verringerung des Neurosekre~bestandes im Hinterlappen der Hypophyse von Anuren (1~ana esculenta, El. temporaria, Bombina bombina). Es gelang jedoch weder dutch Kochsalzbelastung allein noeh durch Troekenversueh mit ansehlieBender Kochsalzbehandlung, Pituizytenmitosen. mit Regelm~igigkeit hervorzurufen. Das unterschiedliche Verhalten der Neurohypo-

Histologisehe Untersuehungen am Zwischenhirn-Hypophysensystem 177

physenglia mag seine Erkl~irung im Wechsel der Jahreszeiten und in Umwelt- ver~inderungen finden. Eine Mitosearretierung mit Colchizin gelang nicht.

3. Die Ver~inderungen der Neurohypophyse bei briinstigen FriSschen bestehen in Verminderung der Sekretmenge, Erweiterung der Kapillaren und einer Ver- grSl3erung der Pituizytenkerne. Pituizytenmitosen wurden nicht beobachtet.

4. Im Hirnteil der Hypophyse von Rana escuIenta und R. temporaria werden Kolloidtropfen der Pars intermedia festgestellt, meist in einer etwa 8 ~ breiten, dem Zwisebenlappen anliegenden Randzone befindlieh. Bei der H~ilfte der unter- suchten Tiere wurden einzelne Sekretkugeln aueh in tiefer gelegenen Absehnitten der Neurohypophyse angetroffen.

Abb. 4. Rana eseulenta. Neurosekretorische Fasern umranden eine Kapillare zwischen Pars inter- media und Neurohypophyse. (Chromalaunh~imatoxylin-Phloxinf~irbung. 10 la. Vergr. 980faeh.}

Der Zwisehenlappen enth~ilt einzelne mit Neurosekret beladene Nervenfasern des Tractus praeoptico-hypophyseus. Diese Befunde beleuchten die innige Ver- kn/ipfung yon Neurohypophyse und Pars intermedia, die sich anch aus Unter- suchungen anderer Autoren an S~iugern, Amphibien und Fischen ergibt.

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Anschrift des Verfassers: Dr. K. Paulsen, Anatomisches Institut der Universit~it, Kiel, Neue Universit~it, Haus 80.