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Histopathologische Befunde in Gehirnen von endemischem Kretinismus, Thyreoaplasie und Kachexia thyreopriva

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Page 1: Histopathologische Befunde in Gehirnen von endemischem Kretinismus, Thyreoaplasie und Kachexia thyreopriva

(Aus dem Pathologischen Institut in Bern, der Deutschen Forschungsanstalt fiir Psychiatrie und der Heckscher Nervenheil- und Forschungsanstalt in Miinchen.)

Histopathologische Befunde in Gehirnen yon endemisehem Kretinismus, Thyreoaplasie und

Kachexia thyreopriva. Von

F. Lotmar , Miinchen.

Mit 7 Textabbildungen.

(Eingegangen am 16. Januar 1933.)

l~ber (lie Ergebnisse fr i iherer Untersuchungen zur His topa thologie des Gehirns beim endemischen Kre t in i smus un te r r i ch ten die leicht zu- gs zusammenfassenden Dars te l lungen aus jfingerer und jf ingster Zeit yon Scholz, Wegelin und Schob. Dag neue Unte rsuchungen auf diesem Gebiete notwendig sind, ha t gleich Wegelin vor kurzem auch Gamper nachdrficklich ausgesprochen. Der folgende Bei t rag schlieBt sich zwei fl'fiheren Arbe i ten des Verfassers an, die Gehirnbefunde bei angeborener Athyreose (1928) und gewisse Entwick lungss t6rungen in der Klein- h i rnr inde beim endemischen Kre t in i smus (1930) zum Gegens tande h a t t e n 1

I. Endemischer Kretinismvz. ~Fall 1. Sch~. E., 39 J. Klinisch: ,,Kretinismus", magig beschrgnkt, konnte

lesen und schreiben. Tod an Streptokokkensepsis (ausgehend von Wunderysipel) nach Htiftgelenkresektion wegen Arthritis deformans. Sektion (405/1929) nach rund 22 Stunden. Anatomische Diagnose: Phlegmonc des 1. Oberschenkels und des Beckenbindegewebes. Lungen6dem. Hydrothorax. Dilatation des rechten Vor- hofs und Ventrikels. Verfettung des Myokards, Klappensklerose. Struma nodosa parenchymatosa. Hyperplasie der Hypophyse. Meckelschcs Divertikel mit sub- ser6sem Lipom. Verfettung der Leber, trtibe Schwellung der Nieren. Kretinismus.

1 t teirn P~cf. Wegelin, der dieser yon ihm angeregten Arbei~ dauernd groges lnteresse bezeigte, bin ich hieifiir, wie ffir die l~berlassung des Gehirnmaterials zu w~rmstem Danke verpflichtet. Seinem Institut entstammen alle Gehirne mit Ans- nahme des Falles 15. Fiir die Uberlassung des letzteren nebst klinischem und Sektions- befund spreche ich Herrn Prof. Spatz meinen besten Dank aus. Ebenso tterrn l~rof. Oberndor/er fiir die l~berlassung von Vergleichsgehirnen.

Aus zwingenden /tul~eren Griinden wurde ein groBer Teil der ursprfinglich wesentlich zahlreicheren Abbildungsbelege nachtr~glich weggelassen.

z. f. d. g. Neur. u. Psych. 146. 1

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2 F. Lotmar: Histopathologischo Befunde in Gehirnen

Makroskopischer Hirnbe/und: Dura wenig gespannt, verdickt, wenig transparent, stark bluthaltig. Innenfl/~che glatt und gl/~nzend. Weiche Hirnh/~ute nur fiber den Sulci leicht getrfibt und verdickt. Pia gut bluthaltig. Liquor mal3ig reichlich, klar. Fossae Sylvii und basale Hirnarterien o.B. Gehirn etwas klein, 1450 ". Windungen nicht abgeplattet. Ventrikel normal welt. Plexus gut bluthalti Ependym glatt, zart. In den Sinus der Dura flfissiges Blur und Speckhaut 1.

Mikroskopischer Gehirnbe/und. GroBhirnrinde: In Toluidinblaupr/~paraten aus den Hauptregionen (vordere und hintere Zentralwindung, Area 10, 7, 17 und Um- gebung, obere Temporalwindungen, Ammonshorn und anschliel3ende basale Schli~fen- windungen) ist die 2r der Ganglienzellen im allgemeinen stark verwasehen, wenn auch an nicht wenigen grSl3eren leidlich bis gut erhalten; recht gut namentlich an den meisten Betzschen Riesenzellen. Viele der letzteren zeigen auffallend grol~e Pigments/~cke. Es besteht verbreitete wabige Zellver~nderung namentlich an den grSBeren Ganglienzellen, die sich durch Vergleich mit Fettpr/~paraten als das Negativ des Fettgehaltes erweist. Diese ergeben namentlich an den grSl3eren Ganglienzellen eine m/~Big- bis mittelgradige ,,Verfettung" im Sinne yon Spielmeyer (,,degenerative Verfettung" im Sinne yon Jakob). Von ,,Pigmentatrophie" im Sinne Spielmeyers (,,Ganglienzellenverfettung" im Sinne Jakobs) l~Bt sit sich in vielen Zellen genugsam abgrenzen dutch die di/]use lockere bis dichtere Verteilung der FettkSrnchen tiber den ganzen Ze]leib (mitunter eine Strecke weit in einen Hauptdendriten hineinreichend). In nicht wenigen Zellen (sehr deutlich z. B. in den Pyramiden des Ammonshorns) kann man neben dieser diffusen --vielleicht zum Tell frischeren ( ? ) - - Verfettung das umschriebene Pigmenth/~ufchen (Lipofuscin) durch das etwas gr6bere und gleichm/~fligere Kaliber der KSrnchen und durch deren wesentlich hellere FarbtSnung (vgl. Bielschowsky, S. 155, 175) gut unterscheiden. Im Verhi~ltnis zum Alter des Pat. ist iibrigens auch dieser Pigmentgehalt vieler Ganglienzellen auffallend hoch. Demnach eine Verbindung der beiden ,,reinen" Formen der Gan- glienzellverfettung (Spielmeyer). Von den an Scharlachpr/~paraten untersuchten Regionen erscheinen vordere Zentralwindung und Area l0 etwa gleichm/~Big (mit einer gewissen Betonung in den oberen Schichten), das Ammonshorn -- wie ja auch sonst h~ufig -- etwas st/~rker betroffen. -- Die Kerne der Ganglienzellen o. B. ; Pigmentvermehrung und Verfettung fiihren nicht zu Verdr~ngungserscheinungen. -- In Bielschowsky-Pr~paraten in Dendriten und Achsenzylinderforts~tzen der Ganglien- zellen vielfach gute Fibrillenimpr/~gnation, im eigentlichen Zellk6rper aber nur bei einer Minderzahl der Zellen. Hier zeigen die Fibrillen keine Verdickung oder Argyro- philie (abnorm dunkle Impregnation bei anscheinend normalem Kaliber), wohl aber nicht selten Verdr/~ngung, Schl/~ngelung und Zusammenbackung als Folge der durch Verfettung (i. w. S.) bedingten wabigen Zellver~nderung, die auch im Silberbilde deutlich hervortritt (z. T. mit leicht gelblicher T6nung des Waben- inhalts). Ich wage nicht zu entscheiden, ob das Ausbleiben der Fibrillenimpr/~- gnation im K6rper der meisten Ganglienzellen ebenfalls teilweise mit dieser Ver- fettung ursi~chlich zusammenh~ngt (Unf/~rbbarwerden ? Zugrundegehen ? -- Die bei v. Braunmi~hl, 2, er6rterte Frage, ob die Fibrillen im Zellk6rper fiberhaupt intra- vital pritexistieren, soll dabei auger Spiel bleiben.) -- DiG Gliazellen im Nissl-Bild ohne greifbare Ver/~nderungen; im Scharlachbild lagert um recht viele ihrer Kerne feintropfiges Fett in meist geringer Menge, ziemlich reichlich in denen der Mole- kularschict~t. Die Gliafaserung (Holzer-F~rbung) zeigt nichts Abnormes. -- Meso- dermale Elemente: im Scharlachbild Abbaufett an sehr vielen grSberen und feineren Rindengefiil3en (doch nur ausnahmsweise an eigentlichen Capillaren), zum Teil in ziemlich anselmlichen Mengen (mitunter in gr6beren Tropfen). Gef/~[3w/~nde im

1 ,,Anatomische Diagnose" und ,,makroskopischer Hirnbefund" entstammen hier und bei den folgenden Fallen den Sektionsprotokollen des Berner pathologischen Instituts.

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Nissl-Bild hiervon abgesehen o. B. Die Pia, die im fibrigen o. B., ffihrt nach dem .Vissl-Bilde zu urteilen ziemlich reichlich lipoides Abbaumaterial. -- Markleiste: In Markscheiden- und Fibrillenpri~paraten kein pathologischer Befund. Ebenso die ~ellige und faserige Glia in Nissl- und Holzer-Bildern. An den mittleren und gr6Beren indennahen Gefi~Ben oft groBe, mitunter sogar gewaltige Massen lipoider Abbau-

produkte. Architektonisehes. Keine abnormen Ganglienzellformen. Auch Lageanomalien,

insbesondere Schr~gsti~nde von Pyramidenzellen, fanden sich keineswegs h~ufiger als in Normalpr~paraten. Auch das Vorkommen von Ganglienzellen in der Molekular- schicht der Grol~hirnrinde (sog. Cajal-Zellen, s. dariiber Oppermann) ist im ganzen gegeniiber Normalf~llen nicht gehguft, insbesondere auch nicht das von ]ongitudi- nalen Elementen dieser Art. Ebensowenig besteht eine Vermehrung der verstreuten GanglienzeUen der Markleiste. Nirgends finden sich in den angegebenen Regionen grSbere zellbauliche 1 St6rungen (wie Ektopien, fehlende Ausbildung der Schichtung usw.). Eine feinere zellbaulichc Vergleichung mit 3 ~ormalfhllen 2 wurde an Hand yon Mikrophotogrammen der Areae 4, 6, 7, 10, 17 durchgefiihrt mit folgendem Ergebnis: Area 4: :Die Deutlichkeit der Schichtung iiberhaupt ist etwas geringer als bei den Vergleichsf~hen, die allgemeine Zellgr6Be namentlich in der I I I etwas vermindert. Dicse Schicht ist vielleicht auch etwas zell~trmer. :Die Betzschen Zellen sind etwas kleiner. -- Area 6 (Abb. la und b) : Die Gesamtbreite der Rinde ist etwas geringer als bei den Vergleichsf~llen; die Deutlichkeit der Schichtung abet nicht herabgesetzt. Kolonnenbildung etwas ausgesprochener als bei zweien der Ver- gleichsf~lle. Die I I ist etwas zcll~rmer, nach auBen unsch~rfer und unregelm~l~iger begrenzt. Die I I I zeigt etwas herabgesetzte durchschnittliche Zellgr6[~e; fraglich ist eine leichte Zellarmut. l~este einer IV sind ebensowenig wie in Area 4 erkennbar. Auch in der V besteht durchschnittlich etwas geringere Zellgr66e, und die Zell- besetzung erscheint etwas vermindert. Die VI zeigt keine deutliche VerKnderung. -- Area 7: Die Gesamtbreite erscheint gegenfiber zweien der Vergleichsf~lle etwas herabgesetzt. Deutlichkeit der Sclfichtung und Kolonnenbildung nicht wesentlich verKndert. Die I I etwas deutlicher gegen die I I I abgesetzt als bei den Vergleichs- f~llen. Die I I I in den mittleren H6hen etwas zell~rmer. Die IV, V, VI ohne sichere Ver~nderung. -- Area 10: Die I I ist zell~rmer und schmaler, ihre Abgrenzung gegen die I I I weniger bestimmt. Die I I I ist deutlich zell~rmer. Auch in IV scheint eine ]eichte Schwachbesetzung zu bestehen. Jeweils gegenfiber zwcien der Vergleichs- f~tlle erscheinen auch die V und die VI etwas zel[grmer. -- Area 17: Keine sichere Ver~nderung. -- Mark/aserbaulieh (Vergleiehung mit Vergleichsfall I direkt mittels zweier Mikroskope bci identischer Optik): Area 7 (Brodmann): Schicht 1 deutlich faser~rmer; 2 o .B . ; 3 ebenfalls ohne sicheren Unterschied; 4 in geringem Grade faser~trmer (sowohl Einzelfasern als Grundfaserfilz); 5a ohne sicheren Unterschied; 5b etwas ~rmcr sowohl an Einzelfasern als an Grundfaserfilz; 6a ebenfalls etwas faser~rmer, 6b ohne sicheren Unterschied; Radii an Zahl nicht vermindert, durch- sclmittlich vielleicht ein wenig schm~tchtiger und faseri~rmer, Mischungsverh~ltnis diinner und dicker Fasern o. B., Erstreckungsh6he in der 3 nicht geringer. Area 10: Schicht 1 in leichtem Grade ~rmer an /eineren Fasern; 2 ohne deutlichen Unter- schied; 31 und 32 desgleichen, 3 a deutlich etwas faseri~rmer; 4 etwas ~rmer sowohl an Einzelfasern als an Grundfaserfilz; 5a etwas faser~rmer; 5b ziemlich ausgesprochen

:Diese sehr zweckm~Bige, meines Wissens von Kleist eingefiihrte Verdeutschung yon ,,cytoarchitektonisch" (wie auch ,,faserbaulich" ftir ,,mycloarchitektonisch") wird in der Folge fiberall verwendet werden.

Vergleichsfall I: 28j~hrig. !~, chronische Lungentuberkulose. -- Vergleichs- fall I I : 35j~hrig. ~, Iterzinsuffizienz bei chronischer Mitralendokarditis mit Stenose. -- Vergleichsfall I I I : 67j~hrig. ~, allgemeine Arteriosklerose, Stauung, Lungen- 6dem usw. nach Prostatektomie.

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faserarmer sowohl an Einzelfasern als namentlich an Grundfaserfilz; 6a und b namentlich an Grundfaserfilz ~rmer; Radii an Zahl nicht vermindert, durehschnitt- lich etwas schmi~ehtiger bei etwas geringerer Faserzahl, Faserkaliber nieht deutlich geringer, Erstreckung in die 3 nieht herabgesetzt. (Kultschitzki.Wolters, mit Weigerts Schnellbeize an Formolmaterial). - -

Im Striatum ist haupt- si~chlich bemerkenswert die mi~Big ausgesprochene fein- tropfig-fettige Degenera- tion, die in den Kleinzellen vielfach welt in die grS- beren Dendriten hinein- reicht, in den GroSzellen mehr auf den Zellkbrper be- sehri~nkt ist; in vielen Gro$- zellen ist wieder deutlich erkennbar, dab die verbrei- teten roten TrSpfchen der (als frischer imponierenden) fettigen Degeneration 5rt- lich unabhimgig sind von dem (iibrigen ebenfalls ver- mehrt erscheinenden) gelb- lichen Pigmenthi~ufchen. Entsprechend enthalten auch die Glia und die Ge- fiil~wandungen ziemlieh reichlich Fett, die letzteren oft in grobscholliger Form.

Pallidum. Manche Gan- glienzellen zeigen (yon dem l~igmentfleck unterscheid- bar) deutliche Verfettung, in vielen fehlt eine solche. Die Glia zeigt sehr reich- lichen 1)igmentgehalt. Ihr Gehalt an feintropfigem Fet t im Scharlachpr/~parat 2Lbb. la. Fall 1, Area 6. Kolonnenbildlmg ctwas bus- erscheint sicher vermehrt, gesprochener; II etwas zell5rlner, nach oben unschitrfer

lind unregelm~Biger abgegrenzt; I I I etwas klcinerzellig xmd zum Teil handelt es sich in 4en oberen Partien etwas zellarmer; V ctwas zellitrmcr dabei um fetthaltiges Pig- und durchschnittlich etwas kleincrzellig. ment. Eine Vermehrung des interzelluldiren , ,Pallidumfettes" (Spatz, Kodama) kann nicht behauptet werden. Reichlich, z .T. sehr reichlich ist der in adventitiellen Gitterzellen auf- gestapelte Fettgehalt an vielen Gef/~13en; ein Teil davon zeigt br/~unliche und grfin- liche F/~rbung durch beigemischtes Pigment. In HShe der vorderen Kommissur mM~ig reichlicher Gehalt des l)allidum an Pseudokalk sowohl in Form ,,freier" Schollen, als in Gef~Bw~nden (auch jene Schollen liegen fibrigens wohl zum Teil kleinsten Gefal~en an). Nur die Konkremente innerhalb der GefaBw~nde sind im Roehl-Pr~parat wiederzufinden (Kalkimpr/~gnation). Nur ein Teil des t)seudokalks (bzw. Kalks ) der Gef~Bw/~nde und des Parenchyms gibt die Eisenreaktion (Turnbull).

Thalamus. Auch bier allgemein ziemlich erheblicher Fettgehalt der Ganglien- zellen, bald 5rtlich an den (vergrSBerten) l)igmentfleck sich anschliel~end, bald mehr

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diffus den Zelleib einnehmend. Auch die Gliakerne vielfach yon meist feinen Fett- tr6pfchen umlagert; geringe Fettansammlungen an Gef~13en.

Zellen des Claustrum verhalten sich wie die des Thalamus. Kern der Substantia inuominata erhebliche diffuse Zellverfettung bei vergr6~ertem Pigmentfleck. Corpus

Luysi ausgesprochen wa- biges Protoplasma im Nissl- Bild, z. T. nur einem ver- gr6BertenPigmentfleck ent- sprechend, z. T. aber auch anf den iibrigen Zelleib sich erstreckend. H Shlengrau des II i . Ventrikels , Nucleus paraveutrieularis und supra. optieus im Scharlachbilde zumeist geringe bis m~13ige Verfettung; im Nissl-Bilde ebenso wie Corpus mammil- lare, Nucleus mammiUoin- /undibularis und intercala- tus bis auf der Verfettung entsprechende wabige Zell- ver~nderung (starker in den beidcn letztgenannten Ker- hen) o. B. Ependym des III. Ventrikels o. B.

In der Vierhiigelregion (von leichteren Ganglien- zellver~nderungen im Sinne der mehrfach angefiihrten abgesehen) nichts Abnor- rues, insbesondere im roten Kern, Substantia nigra, Brfickenkernen, Zellen der Substantia reticularis,Kern der cerebralen Trigeminus- wurzel, Zellen des Locus coeruleus. Auch in dieser Region an einzelnen Ge-

Abb. lb. Vcrglcichsfall I, Area 6. f/ii3en viel lipoides Abbau-

material. In der Oblongata weisen die Ganglienzellen der verschiedenen Kerngebiete keine

greifbaren Veri~nderungen auf (im einzelnen: Nucleus triangularis des VIII, Kern der absteigenden Quintuswurzel, dorsaler Vaguskern und Nucleus ambiguus, Nucleus hypoglossi, Kern des Tractus solitarius, Nucleus intercalatus, Nucleus paramedianus dorsalis, gro~zelliger Hinterstrangkern v. Mouakows, Kern des Seiten- strangs, der Substantia reticularis). Der Lipoidgehalt der Zellen des Olivenbandes erscheint im Nissl-Bilde in Anbetracht des Alters entschieden vermehrt, die Kerne oft dunkel gef~rbt und etwas zerknittert bei schlechter F~rbbarkeit des Nucleolus; eine Verminderung der Zahl ist fraglich, unter keinen Umst~nden erheblich. An einem interoliv~r gelegenen gr6fleren Gef~13, dessen Adventitialraum starke lympho- cyt~re Infiltration zeigt, linden sich massenhafte lipoide Abbauprodukte. Besonders hervorzuheben ist die fast durchweg tadellose Erhaltung der Nissl-Schollen in den groBen motorischen Ganglienzellen dieser Region (Hypoglossus, Ambiguus, groBe Zellen der Substantia reticularis), im dorsalen Vaguskern und den fibrigen genannten

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6 F. Lotmar: Histopathologische Befunde in Gehirnen

Kernen dieses Gebietes; nur vereinzelt zeigen ihre Zellen leichte chromatolytische Erscheinungen, die nicht tiber das hinausgehen, was man auch in Vergleichspr~pa- raten yon ,,Normal"fgllen finden kann. Im Bielschows]cy-Bild finder sich in den motorischen Zellen (X, XII , Substantia reticularis) nur vereinzelt gute Impra- gnation der intracellul~ren Fibrillen. Eine Verdickung der Einzelfibrillen ist ]tier nicht zu beobachten, wohl aber t r i t t in manchen Zellen eine Verbackung unter Bildung eines ziemlich grobmaschigen Netzes im Innern des Zelleibs ein (ob immer nur in 6rtlicher Abhangigkeit yore Pigmentfleck, l~Bt sich nicht entscheiden), und nicht selten zeigen die Fibrillen im Innern des Zelleibs abnorm dunkle Impre- gnation (Argyrophilie).

Abb. 2. Fall 1. Doppelkernige Purk~nje-Zelle. Doppelwertigkeit auch des Den4ritengeastes (siehe Text S. 47).

Kleinhirn. In Toluidinblauschnitten an den Purkinje-Zellen verbreitete leichtere tigrolytische Ver~nderungen. Ein auffallend hgufiges Vorkommen atypisch gestal- teter Exemplare kann nicht behauptet werden, wohl aber finden sich nicht allzu- selten zweikernige (Abb. 2, hierzu N~heres unten S. 47). In die Molekularschicht verlagerte Purkinje-Zellen sind ~uBerst selten, ebenso oberfl~chlich subpial gelegene (Lotmar, 2, Abb. 1 stammt yon diesem Falle). Vereinzelt findet sich an einem Lgppchen eine oberfl~chliche K6rnerschicht erhalten. -- In der K6rnerschicht sind die Kerne etwas dunkler gefgrbt und haben undeutlichere Kernstruktur als in der Norm. -- In keiner der drei ttauptschichten besteht eine sichere Verminderung der Zellzahl. Glia durchweg o. B. Im Silberbild ist die Verzweigung der Purkinje- Zellendendriten (bis zur Pia verfolgbar) nachTypus und Reichhaltigkeit des Ge~stes v611ig normal; intracellulgre Fibrillen vielfach in den Dendriten, nicht selten auch im Zellk6rper ausreichend (wenn auch etwas blaB) impr~gniert, erscheinen yon normaler Feinheit, ohne Verklumpung. Faserk6rbe und Kletterfasern normal entwickelt. Das System der Parallelfasern in der tiefen Molekular- und in der Pur]cinje-Schicht erscheint nicht deutlich gelichtet gegenfiber Vergleichspr~paraten. K6rnerschicht und Mark zeigen im Silberbild nichts Abnormes, dagegen erstere im l~arkscheidenbi|d (Spielmeyer) eine deutliche Verminderung des Markfasergehalts. Scharlachpr~pa- rate zeigen eine feintropfige diffuse Verfettung der Purkin]e-Zellen, einen m~13igen

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Fettgehalt der Glia tells in der Schicht dieser Zellen, teils (spi~rlicher) in der KSrner- schicht; fast fettfrei ist die Molekularschicht. Die Gef/~6e aller Schichten (im fibrigen o. B.) zeigen vielfach in der Intima und Adventitia abgelagertes Fett in mi~Biger Menge, zum Teil -- wie auch in der Pia des Kleinhirns -- in grobscholliger Form innerhalb yon ,,KSrnchenzellen". -- Dentatum bietct vcrbreitet lcichtere, gelegentlich auch ausgesprochencre (iiberwiegend zentrale) Tigrolyse der Ganglien- zellen, bei unver~ndertem Zellkern; in manchen Zellen auch deutliche wabige Ver- /mderung. Im Scharlachbild zumeist m/~$iggradige Verfettung der Ganglienzellen (bei an sich schon vermehrtem Pigment), oft 6rtlich an letzteres sich anschlieBend; ziemlich viel Fett in der Glia, auch an Gef/~l~en gelegentlich etwas reichlicher. Im Silberbild durchweg fehlende Impr/~gnation der intracellul~ren Fibrillen; auch in den ])endriten mangelhaft und k6rnig (technische Bedingtheit wahrscheinlich). Keine Pseudokalk- bzw. Kalkkonkremente an den Gef~l~en des Dentatum und seiner Umgebung (Hi~matoxylin-, Roehl-, Kossa-Pr~parate).

Oberstes Halsmark: Nissl-Bild o. B., insbesondere ausgezeichnete Erhaltung der Tigroidstruktur der motorischen Vorderhornzellen bis weit in die Dendritcn hinein.

Zusammen/assung des Falles 1: 39j/~hrig, 3. , ,Kretinismus", mitl~ig beschrimkt. Tod an postoperativer Oberschenkel- und Beckenbinde- gewebsphlegmone. - - Histopathologischer Hirnbefund: In der Rinde verbreitet wabige Zellver~nderung beruhend auf Vermehrung des Pig- ments und (degenerativer) Verfettung. Ms Fettmengen auch in der Glia, reichlichere an Gef~i~en, wie in Pia; aueh an vielen Markgefii6en. - - Architektoniseh: Zellbaulieh: Area 4 Sehichtung etwas minder deutlieh, I I I etwas kleinerzellig, vielleicht aueh etwas zells Betz-Zellen etwas kleiner. Area 6 etwas verminderte Gesamtbreite, etwas ausgesprochenere Kolonnenbildung; I I etwas zell~rmer, nach aul~en etwas unregelm~6ig begrenzt ; I I I etwas kleinerzellig, vielleicht ein wenig zell~rmer ; V kleiner- zellig, etwas zells Area 7 etwas herabgesetzte Gesamtbreite der Rinde; etwas Zellarmut der I I I in mittleren HShen. Area 10 (lie I I zell- ~rmer und sehmaler; die I I I deutlich zell/trmer; leichten Grades wohl aueh (lie IV; aueh V und VI etwas zell~rmer. Area 17 o. B. - - Faser- baulich: In der Area 7 (Broclmann) Markfaserarmut untersehiedlichen Grades in den Schichten l, 4, 5b und 6a, vielleieht auch etwas in den Radii ; in der Area 10 in den Sehichten 1, 3 a, 4, 5a und b, 6a und b, sowie in den Radii. - - I m Striatum (weniger im Pallidum) verbreitete fettige Ganglienzelldegeneration; entsprechend ziemlieh grol~er Fettgehalt aueh in der Glia und an Gef~l~en. Kalkkonkremente in Gefs des Pallidum neben ms reichlichem Pseudokalk in dessen Parenchym. Fettige Degeneration aueh in Thalamus, Claustrum, Corpus Luysi, ebenso in geringem his ms Grade in H6hlengrau und vegetativen Kernen des Hypothalamus. Starke Lipoidvermehrung in den Zellen der unteren Olive. Fast durchweg tadellose Nissl-Struktur in den grol~en motorischen Zellen der Oblongata; Neurofibrillen zeigen hier mitunter Verbackung mit grobmaschiger Netzbildung, sowie Argyro- philie. I m Kleinhirn: nicht allzu selten zweikernige Purkinje-Zellen; sehr selten molekularwi~rts verlagerte und oberfl/tehlich subpial gelegene.

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Vereinzelt Erha l tenble iben der superfiziellen KSrnerschicht. Vermin- derung des Markfasergehalts der KSrnerschicht. M~Bige Verfet tungs-

erscheinungen. Solche auch im Den ta tum, neben leichterer bis hSher- gradiger Tigrolyse.

Fall2.: Ga. Kl., 29 J. ~. Klinisch: ,,Kretinismus. Konnte nicht reden." Wenige Stunden nach Strum- ektomie wegen Trachealstenose Exitus an Mediastinalemphysem und Herzschw~che. -- Sektion (347/1929) 12.10.29, 14 Stunden post mortem. Anatomische Dia- gnose: Status nach Strumekto- mie. Emphysem des Media- stinums. Struma nodosa paren- chymatosa. Trachealstenose. Endocarditis verrucosa recur- tens der Mitralis. Mitralstenose. Exzentrische Hypertrophie des rechten Ventrikels. Lungen- 6dem. Bronchitis catarrhalis. Hyperplasie der Hypophyse. Arthritis deformans beider ttiift- gelenke. Lobuli~re Pneumonie. -- Makroskopischer H irnbe]und : Dura mal~ig gespannt, transpa- rent, m~Big bluthaltig, Innen- fliiche glatt undgl~nzend.Weiche Hirnh~ute transparent. Pia stark bluthaltig. Liquor m~Big reichlich, klar. In den Venen- sinus der Dura Cruor und Speck- haut. Fossa Sylvii o. B. Basale Hirnarterien zart. Gehirn 1450 g, normal gro~, Windungen nicht abgeplattct, gut ausgebildet. Seitenventrikel normal welt. Ependym glatt, zart. Plexus m~[~ig bluthaltig. 3. und 4. Ven- trikelnormalweit. Hirnsubstanz Abb. 3a. Fall 2, Area 4. II etwas zclli~rmer, gegcn III undeutlicher abgegrenzt. III ctwas schmalcr. gut bluthaltig, m~ig dutch- IV angedeuteterhalten. fcuchtet. Epiphyse klein, grau.

Mikros]copischer Be/und des Gehirns (4 Tage Vorfixierung in Formol). Toluidin- blauschnitte der bei Fall 1 erwghnten Regionen zeigen auch hier ziemlich verbreitete, zumeist abet nut m~Biggradige wabige Ganglienzellveritnderung. Die Nissl-Schollen bieten z. T. leichtere Aufl6sungserscheinungen, auch an den Betzschen Riesenzellen; deren Mehrzahl jedoch zeigt sie sehr gut erhalten. Kerne der Ganglienzellen o. B. Im Scharlachprgparat verbreitete Verfettung der Ganglienzellen, v o n d e r (ab- gesehen yon graduell etwas geringerer Auspr~gung) im wesentlichen das zu Fall 1 Gesagte gilt, insbesondere auch hinsichtlich eines fiir das Alter wohl etwas ver- mehrten Pigmentgehalts (an der mehr gelblichen F~rbung zu unterscheiden). Von der Verfettung erscheinen hier die tieferen Schichten etwas starker betroffen. Intra- cellul~re Fibrillen nach Bielschowslcy nur in einzelnen Regionen bzw. Schnitten gut impr~gniert, zeigen weder Verdickung oder Argyrophilie, noch Verklumpung, soweit

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nicht die wabige Zellver/~nderung eine solche herbeifiihrt. Wieder entsteht der Eindruck eines urs~chlichen Zusammenhangs zwischen wabiger Zellver~nderung (bzw. der Verfettung) und jener Mangelhaftigkeit der Fibrillendarstellung innerhalb des Zelleibs vieler Ganglienzellen. -- Glia im Zellbild zumeist o. B., stellenweise m/~$ige regressive VerKnderungen; m~l~iger Fettgehalt. (Die Ersatzmethode Corten-Cajal zur F/~rbung der Astrocyten fiihrte in der l~inde nur vereinzelt und

unvollkommen zur Darstellung solcher Zellen; diese lassen nichts Abnormes erkermen. Die Ori- ginalmethode von Cajol war dureh die Formolvorfixierung ausgeschlossen. -- Die Hortega- Glia kam nach der Ersatzmet- hode von Penfield ebenfalls nur sporadisch und in meist ziemlich schwacher Impregnation zur Darstellung, die betreffenden Zellen beten nichts Abnormes). Die Methode von Holzer ergab hier (in den Handen einer sehr erfahrenen Tectmikerin) im all- gemeinen nur ungeniigende Glia- faserf~trbung; die Ursaehe blieb unklar. Nur Schnitte vom Subi- culum des Ammonshorns liefer- ten gute Bilder, in denen die Gliafaserung der Rinde nichts Abnormes erkennen lieB. -- An vielen Rindengef~Ben mgl~ige Mengen von endothelialem und adventitiellem Fett. Reeht reich lieh lipoide Abbaumassen an vie- len rindennahen Markgefa6en; sonst Markleiste o. B. (Mark- scheiden-, Aehsenzylinderbild). Auch in der Pia im Nissl-Bild ziemlieh viel lipoides Abbauma_ terial erkennbar. (Nur anhangs_ weise seien seltene miliare, gan-

Abb. 3b. Vergleichsfall I, Area 4. Kcine IV angedeutct, gl ienzel lfreie und g l i ake rna rme ,

gef~6abh~ngige Ausfallsherd- chen in der Rinde erw~hnt, die offenbar kleine embolisch-isch~mische Nekrosen auf Grund der Endoearditis verrucosa darstellen). -- Keine Pseudokalk- oder Kalkablagerungen in der Region des Ammonshorns (I-Iamatoxylinf~rbung). -- Architektonisches: Zellbaulich: Auch hier negativer Befund in bezug auf gr6bere St6rungen, Lageanomalien von Ganglienzellen, abnorme Zellformen, Cajal- oder verstreute Ganglienzellen des Marks. Vergleich mit Normalschnitten an I-Iand yon Photogrammen ergibt: Area 4 (Abb. 3a und 3b): Deutliehkeit der Schich- tung nicht abweichend. Gegenfiber zweien der Vergleiehs~Klle erscheint die I I etwas minder dicht besetzt und etwas weniger deutlich gegen die I I I abge- grenzt. Die I I I ist schmKler, die durchsehnittliche Zellgr6$e gegeniiber zweien der Vergleichsfglle geringer; eine Herabsetzung der Zelldichte kann nicht be- hauptet werden. Eine IV ist angedeutet (w~hrend dies bei keinem der Vergleichs- f~lle gilt). Die V ist etwas schm~ler, sonst o. B. auch beziiglich der Betz-Zel|en. -

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l0 F. Lotmar: Histopathologische Befunde in Gehirnen

Area 6: Kolonnenbildung gegeniiber zweien der Vergleichsfi~lle eher etwas deutlicher. Die II vielleicht etwas zell/~rmer. Die I I I namentlich in den oberen Partien etwas weniger dicht besetzt; in den tieferen Partien die durchschnittliche ZellgrSl3e wohl etwas geringer. Eine IV ist nicht angedeutet. V und VI ohne sichere Abweichung. -- Area 7: Gesamtbreite der Rinde etwas herabgesetzt. Die I etwas breiter als bei zweien der Vergleichsf~lle. I I und III ohne sichere Abweichung. Die IV gegeniiber zweien der Vergleichsfi~lle etwas zellreicher, etwas deutlicher abgegrenzt gegen die I I I ; die Kolonnenbildung deutlicher als bei den drei Vergleichsf~llen. Letzteres gilt ebenso yon der V, und gegenfiber zweien der Vergleichsf~lle auch yon der VI. -- Area 10: Die II ist etwas weniger deutlich gegen die I I I abgesetzt und wohl etwas zelli~rmer (gegentiber zweien der Vergleictrsfi~lle). Eine Minderbesetzung der I I I ist fraglich. Die IV ist ohne sichere Abweichung. In der V ist die durchschnittliche ZellgrSl3e etwas geringer, die Dichtigkeit der Besetzung vielleicht auch etwas ver- mindert (gegeniiber dem einen Fall sogar deutlich). Auch die VI gegentiber zweien der Vergleichsf/~lle etwas kleinerzellig. -- Area 17: Die I I I und die IVa etwas zell- /~rmer; sonst ohne sichere Abweichung. -- Faserbaulich: Area 7: Schicht 1 an manchen Stellen deutlich, an anderen in geringem Grade faseriirmer; 2 etwas faser~rmer; ebenso 3 namentlich in der Tiefe; 4 vielleicht an Grundfaserfilz etwas ~rmer; 5a und b sowie 6a und b ohne deutlichen Unterschied gegen den Vergleichs- fall; Radii ohne sicheren Unterschied. (In einer Windung linden sich in der mitt- leren bzw. tieferen 3 einige Plaques fibromy61iniques; an den betreffenden Stellen fehlen die Radii oder sind nur schm/~chtig oder nur bis zur 5b hinauf deutlieh ent- wickelt. Da ich diese Plaques nach dem heutigen Stande fiir hypermyelinisierte Narben nach kleinen wohl geburtstraumatischen zirkulatorischen Nekrosen halte, so wird auf sie in der Folge nicht mehr eingegangen.) Area 10: Schicht 1 deutlich faseri~rmer; 2 ohne sicheren Unterschied; 3 namentlich in der Tiefe etwas weniger faserreich; 4 namentlich an Grundfaserfilz etwas /~rmer; auch 5a namentlich an Grundfaserfilz, aber auch an Einzelfasern etwas/~rmer; 5b an Grundfaserfilz wohl etwas i~rmer; 6a und 6b sowie Radii ohne deutlichen Unterschied.

Striatum. Verbreitete Ganglienzellverfettung wie im vorigen Falle genauer beschrieben, jedoch wesentlich weniger hochgradig. Auch Fettgehalt der Glia geringer als dort; Fett an Gef~Ben oft ziemlich reichlich. Pallidum ohne deutliehe Ver/~nderungen im Nissl- und Scharlachbild. Keine freien Pseudokalk- oder Kalk- schollen, nut vereinzelt in Arterienw~nden eisen- und Roehl.positive Ablagerungen. Pigmentgehalt der Glia keinesfalls vermehrt.

Thalamus, H6hlengrau und Nucleus paraventricularis, Kerne des Hypothalamus (Nucleus supraopticus, mammilloirrfundibularis, tuberis, Corpus mammillare, Corpus Luysi, Nucleus substantiae innominatae) im 2Vissl-Bilde o. B.; soweit im Fett- pr/~parat untersucht, ebenfalls o. B. (Thalamus, Nucleus substantiae innominatae).

Region des vorderen Vierhiigels, der Briieke, der Oblongata, des obersten Hals- marks im Nissl-Bilde hinsichtlich aller ihrer charakteristischen Kernbestandteile o.B. In Bielschowsky-Pr~paraten der Oblongata ist namentlich im Hypoglossus- kern, an vielen Zellen des Nucleus ambiguus und des dorsalen Vaguskerns sehr gute Impr/~gnation der intracellul/~ren Fibrillen erfolgt, die feinkalibrig ohne Verklum- pung erscheinen, in den beiden erstgenannten Kernen aber in vielen Zellen abnorm dunkel impr/~gniert sind (Argyrophilie). Keine Pseudokalkkonkremente im Bereich der untern Olive (TurnbuU.Pr~parate).

Kleinhirn. Ganglienzellen der drei Rindenschichten im Nissl-Bilde ohne Ver- ~nderungen. Die Dichtigkeit der Besetzung der Purkinje-Schicht erscheint nicht merklich vermindert; die der KSrnerschicht ist sicher normal. Als groBe Seltenheit linden sich doppelkernige Purkinje-Zellen. Im Silberbild Struktur der intracellu- 1/~ren Fibrillen der Purkinje-Zellen gegentiber Normalpr/~paraten nicht abweichend. Verzweigungstypus und Reichhaltigkeit ihres DendritengeKstes normal; ebenso Faserkfrbe und Kletterfasern. System der Parallelfasern in der tiefen Molekular-

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yon endemischem Kretinismus, Thyreoaplasie und Kachexia thyreopriva, l l

schicht yon normaler Reichhaltigkeit. K6rnerschicht (ebenso wie das Mark) im Silberbild o. B. ; im Markscheidenbild dagegen ist die K6rnerschicht deutlieh faser- ~rmer als in Normalpri~paraten; fraglich -- jedenfalls viel weniger ausgesprochen -- ist gleiches in der Purkin#- und tiefcn Molekularschicht. -- Uber architektouische Veri~nderungen im Bereich der Purkin#- und Molekularschicht wurde in der vorigen Arbeit (2) eingehend gehandelt. Eine Vermchrung der sog. Golgi-Zellen im Klein- hirnmark besteht nicht. - Dentatum: Im Nissl- und Silberbild o.B. Keine Kalk- bzw. t)seudokalkkonkremente an oder in Gef~Bw~nden dieses Kerns oder seiner Umgebung (H~matoxylin-Eosin-, Roehl- und Kossa-, Turnbull-Pr~parate).

Zusammen/assung des Falles 2: 29j~hrig, ?. Wahrscheinlich hoch- gradiger Schwachsinn (keine Sprachentwicklung). Tod akut an Media- s t inalemphysem nach Strumektomie. - - Hirnrinde: ziemlich verbreitete wabige Zellver~nderung, entsprechend Ganglienzellverfettung (nament- lich in den tieferen Schichten ausgesprochen). Leichtere t igrolytische Er- scheinungen. Ziemlich reichlich lipoide Abbauprodukte an Gef~l~en der Rinde und namentl ich des angrenzenden Marks, ebenso in der Pia. Architektonisch: Zellbaulich: Area 4: etwas Zellarmut der I I ; Ver- schm~tlerung der I I I und Herabsetzung der ZellgrS]~e; Andeutung einer erhaltenen IV; etwas verschmi~lerte V. - - A r e a 6 : Etwas deutlichere Kolonnenbi ldung; etwas Zellarmut der ( I I und) I I I . - - Area 7: Etwas Verbreiterung der IV mit deutlicherer Kolonnenbildung; letzteres auch in V und VI. - - Area 10: Etwas Zellarmut der I I , vielleicht auch der I I I und V; in der V und VI auch etwas Zellkleinheit. - -Fase rbau l i eh : In der Area 7 Markfaserarmut unterschiedlichen Grades in 1, 2, tiefer 3, viel- leicht auch 4; in der Area 10 in den Schichten 1, der tiefen 3, 4, 5a (und b). - - I m Str ia tum verbreitete Ganglienzellverfettung, doch wesentlich weniger hochgradig als bei Fall 1 ; auch an Gef~Ben h~ufig ziemlich viel Fet t . Sonst Hi rns tamm o . B . (Argyrophilie der intracelluli~ren Fibrillen in Hypoglossus- und Ambiguuszellen.) Kleinhirn: an sp~rlichen Stellen Erhaltenbleiben der superfiziellen KSrnerschicht, die vereinzelt Purkin]e- Zellen enths Nicht selten m~l~ig bis st~rk in die Molekul~rsehieht ver- lagerte Purlcin]e-Zellen. Sehr sp~rlich doppelkernige Purkin]e-Zellen. Markfaserarmut der K5rnersehicht.

Fall& Er. E., 64ji~hrig. ? . Klinisch: Kretinismus. ,,Konnte nur schwer verst~ndlich sprechen, weder lesen noch sehreiben. Zur Besch~ftigung nicht mehr zu gcbrauchen." Tod 4 Tage nach Strumektomie an lobul~rer Pneumonie. -- SeIction (Nr. 293/1929) am 2.9.29, 44 Stunden post mortem. Anatomische Diagnose: Lobuli~re Pneumonie, Lungenemphysem, Bronchitis katarrhalis. Status nach Strum- ektomie. Struma nodosa parenchymatosa. Trachealstenose. I-Ierzdilatation, braune Atrophie des Myokards. Klappensklerose. Arteriosklcrose. Chronischer Milztumor. Vcrfettung der Lcber. Atrophie der Ovarien. Hyperplasie der I-Iypo- physe. Arthritis deformans. Ascaris. Kretinismus.- Ma]croskopischer Hirnbe/und: Dura an der Innenfl~che des Stirnbeins adharent, m~flig gespannt, mi~l~ig bluthaltig, etwas verdickt und wenig transparent. ]nnenfl~che glatt und gl~nzend, mit ver- einzelten punktfSrmigen Blutungen. Weiche Hiiute fiber den Sulci leicht weiBlich "r Liquor ziemlich reichlich, klar. In den Sinus der Dura wenig Speekhaut. (Dcr iibrige makroskopische Hirnbefund und das Gehirngewicht wurden infolge eines Zufalls nicht aufgezeictmet.)

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12 F. Lotm~r: Histopathologische Befunde in Gehirnen

Mikroskopischer Gehirnbe/und: Groflhirnrinde zeigt m~Biggradigen Status cri- bratus. In Toluidinblaupr~paraten bieten die Ganglienzellen meist sehr verwaschene Nissl-Zeichnung (an den gr6fleren ist sie nicht selten~etwas besser erhalten, so namentlich auch an den Betzschen Zelleu); vielfach ist der Zelleib nur bla{3 angef~rbt. Fast durchweg abnorm weitreichende Sichtbarkeit der Dendriten; oft ist auch der Achsenzylinder im Nissl-Bilde auf langere Strecke sichtbar. Nicht selteu finden sich, namentlich in Schicht II und III, verschmalerte Zellen mit dunklen, zur Dreiecksform tendierenden Kernen. In vielen Zellen reichlicher Pigmentgehalt erkennbar, nicht selten besteht aber auch abseits dieser durch leichte Gelbfarbung kenntlichen Zellregion wabige Ver~nderung des Protoplasmas. Dem entspricht in Herxheimer-Pr~paraten verbreitete feintropfige, in vielen Exemplaren hoch- gradige Verfettung, ohne Bevorzugung tieferer oder oberfl~chlicherer Schichten;

Abb. 4. Fan 3. Riesengliakern in 4er 5Iolekxdarschicht (Occipitalrcgion). D~neben normalgrofie Gliakernc. Nissl.

besonders ausgepr~gt ist sie auch hier in den Pyramidenzellen des Ammonshorns, ferner in der Rinde des Subiculum. -- Im Silberbild Versagen der Impregnation der Fibrillen im eigentlichen Zellk6rper (wahrscheinlich Folge des langen Sektions- intervalls und auch der starken Verfettung); nur in einigen Ammonshorn- pyramiden ist sie angedeutet. Auch in den Dendriten sind die Fibrilleu im all- gemeinen nicht oder nur andeutungsweise impr~gniert, gut dagegen in den Spitzen- fort~tzen der Ammonshornpyramiden, zum Teil auch in deren fibrigen Forts~tzen (auch Achsenzylindern), und zwar erweisen sie sich hier als normalkalibrig und unver- klumpt, im allgemeinen auch nicht als argyrophil. -- Glia: Sowohl die kleinen runden (Oligodendro-) als die Astrocytenkerne zeigen zum Teil leiehte regressive Ver~nde- rungen (Verkleinerung, Dunklerr Kernwandhyperchromatose). Im Schar- lachbild ziemlich starker Fettgehalt der Glia, besonders auch in der Molekular- schicht. Im Holzer-Praparat ist der Randsaum namentlich in der Zentralregion etwas verbreitert; minder ausgesprochen und nur streckenweise dasselbe in der Parietal- und Frontalregion (Area 7, 10). Nach der tieferen Rinde zu normale Ver- hitltnisse (mit dem Vorbehalt, dab vielleicht iafolge des langen Sektionsintervalls ein Tell der Gliafasern nicht mehr farbbar war). -- Mesodermale Elemente: In der Wand nicht weniger kleiner Rindengefii~e m~Biger, zum Tell auch reichlicherer Gehalt an endothelialem und adventitiellem Fett. Gelegentlich m~13ige Media- verdickung, 6fter geschl~ngelter Verlauf, gelegentlich bis zur Paketbildung. Die Mehrzahl auch der in Cribliireu lagernden Gef~Bchen sowie die Capillaren lassen

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von endemischem Kretinismus, Thyreoaplasic und Kachexia thyreopriva. 13

deutliche Wandver~nderungen vermissen (Toluidinblau- und Hiimatoxylin-Eosin- schrdtte). In der Pia im Nissl-Bilde stellenweise ziemlich reichlich lipoide Abbau- produkte. -- Markleiste: m~tl~ige Mengen lipoider Abbauprodukte an vielen rinden- nahen Gef~l]en (vor allem im Toluidinblau- und im Spielmeyer-Pr~parat erkennbar), gelegentlich enorme Ansammlungen (namentlich an gr61~eren Gefiil3en). Sonst Markleiste o.B. (Nissl-, Fibrillen-, Markscheiden- und Gliafaserpr~parate). Keine

Abb. 5. Fall 3. Ektopische Ganglienzellausammhmg ill dcr Molckularschicht, in die 5ul~ere Kiirncrschicht iibcrgehend.

Pseudokalk- oder Kalkkonkremente im Gebiet des Ammonshorns (Turnbull-, Roehl- und Kossa-Pr~parate).

Archite]ctonisches. Abnorm gestaltete oder orientierte Ganglienzellen finden sich nicht, insbesondere keine gehi~uften Schragst~nde yon Pyramidenzellen. Cajal-Zellen nicht vermehrt, insbesondere nicht longitudinale Elemente dieser Art. Keine Vermehrung der verstreuten Ganglienzellen der Markleiste. Vereinze]t fund sich in der Molekularschicht der 0ccipitalrinde eine Riesengliazelle mit unregel- miiI~ig gelapptem Kern (Abb. 4). Ebenfalls nur an einer einzigen Stelle fand sich in der Prhzentralregion eine fiachrundliche, die 0berfli~che warzen~6rmig fiber- ragende Ansammlung von Ganglienzel|en in der I. Schicht (Abb. 5). Bei sti~rkerer Vcrgr6~erung erkennt man die lockere bis spongi6se Struktur des Grundgewebes, die

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14 F. Lotmar: Histopathologisehe Befunde in Gehirnen

stellenweise reeht unregelmal~ige Lagerung der Ganglienzellen, deren im ganzen oberfl~chenw~rts abnehmende Gr6$e; im Zentrum der Bildung besteht deutlicher (Jbergang in die Ganglienzellen der II. Schicht, der in einer mehr vom Rande stammenden Aufnahme nicht mehr vorhanden ist: hutpilzartige Gestalt der Zell- ansammlung. Gliazellen normaler Typen sind in einem etwa der normalen l~inde entsprechenden Zahlenverh~ltnis beigemischt. Auff~llig verbildete oder doppel- kernige Ganglienzellen enthMt die ektopische Bildung nicht. -- Vergleich einzelner Areae mit Normalf~llen an Hand von )Sikrophotogrammen: Area 4: Die Deut- lichkeit der Schichtung ist etwas vermindert, ebenso die der Kolonnenbildung. In II ist die Zelldichtigkeit geringer, die Besetzung ungleichmaBiger, die Abgren- zung nach oben weniger scharf. In I I I die durchschnittliche Zellgr6Be geringer, die Schicht ist ausgesprochen zell~rmer, die Zellverteilung ungleichmi~Biger (namentlich die der gr6Beren Pyramidenzellen). Eine IV ist nicht sicher angedeutet. Die V gegentiber zweien der Vergleichsfi~lle im ganzen zell~rmer; Betz-Zellen etwas kleiner und vielleicht auch etwas sp~rlicher. -- Area 6: Gegenfiber zweien der Vergleichs- fMle erscheint die Kolonnenbildung etwas ausgesprochener. Die Abgrenzung der I I gegen die I I I etwas deutlicher als bei den Vergleichsf~llen, zum Teil als Folge davon dab die III, namentlich in ihren oberen Anteilen, gegeniiber zweien der Vergleichs- f~lle yon herabgesetzter Zelldichtigkeit ist; auch ist die I I I etwas kleinerzellig und weist (gegenfiber zweien tier Vergleichsf~lle) eine etwas ungleichm~Bigere Ver- teilung der Zellen auf. Eine IV erscheint wohl eben angedeutet ( im Gegensatz zu den Vergleichsf~llen). Die V weist gegeniiber zweien der Vergleichsf~lle eine deut- liche Abnahme der Zellgr6Be und -dichtigkeit auf, etwas weniger ausgesprochen aueh gegeniiber dem III. Falle. Auch die VI erscheint wohl etwas kleinerzellig. -- Area 7: Die II zeigt etwas ungleichm~tBige Zellbesetzung. Die I I I herabgesetzte Zelldichtigkeit, namentlich in den oberen Partien, sowie verminderte durchschnitt- liche Zellgr6Be; auch minder gleichm~Bige Zellverteilung. Die IV olme durchgehende Abweichung. Die V ist zellarmer und etwas kleinerzellig. Die VI wohl auch etwas kleinerzellig (gegenfiber einem der Vergleichf~]le sogar deutlich). -- Area lO: I u n d II ohne deutliche Abweichung. I I I gegeniiber zweien der Vergleichsf~lle kleinerzellig; nieht sicher zell~rmer. Die IV gegeniiber zweien der Vergleichsf~lle etwas kleinerzellig. Die V etwas schmgler, kleinerzellig, zell~rmer. Die VI gegeniiber zweien der Vergleichsf~lle deutlich kleinerzellig, wohl auch etwas zelli~rmer. -- Area 17: Die II, noch mehr die I I I (namentlich in ihrer oberen Partie) erscheinen etwas zell~rmer. Die IVb namentlich an gr6Beren Elementen ~rmer. Die V und VI durchschnittlich etwas kleinerzellig. -- Faserbaulich: Area 10: Schicht 1 erheblich faser~rmer; 2 ebenfalls faser~rmer; 3 in alien H6hert erheblich faser~rmer; des- gleichen 4 sowohl an Einzelfasern als an Grundfaserfilz; 5a ebenfalls deutlich fasergrmer; 5b ausgesprochen faser~rmer an Einzelfasern wie Grundfaserfi]z; auch 6a und b deutlich faser~rmer; Radii in i~hnlicher wenn auch weniger hochgradiger Art rarefiziert, wie beim folgenden Falle 4; ein fleckf6rmiger Charakter der Faser- armut wie bei diesem Falle 4 ist aber im vorliegenden nicht erkennbar.

Striatum, Pallidum, Claustrum. Auch hier m~l~iger Status cribratus; betr~cht- liehe Ganglienzellverfettung (etwas weniger ausgesprochen im Pallidum) mit ziemlich starkem Fettgehalt auch der Gliazellen; keine architektonischen Abwei- chungen. Besonders starker Fettgehalt auch in den Ganglienzellen des Kerns der Substantia innominata. Die gr61~eren Arterien des Pallidum haben in ihrer Wand reichliche Ablagerungen eisen- und kalkhaltiger (nach Roehl und Kossa positiver) Konkremente; dig kleineren GefaBe und die Capillaren sind frei. Im Gewebe (,,freie") eisenhaltige oder kalkhaltige Konkremente nur in bescheidener Zahl und Gr6~e. Sehr reichlich Abnutzungspigment in der Glia. Auf feinere Verh~ltnisse des Nissl- Brides wird nicht eingegangen, da offensichtlich postmortale Veranderungen herein- spielen (an der Glia reichlich Bilder hochgradiger 1)yknose, Kernsprossung und Karyorrhexis); ahnliches gilt yon den tie/eren Hirnteilen (z. B. Ependymdesqua-

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marion im Aqu/~dukt, m~i~ige tigrolytische Erscheinungen u.a . an den grol3en Oculomotoriuszellen und denen anderer Kerne, ebengenarmte .Gliaver/mderungen). Vielenorts sieht man st/~rkere pigmentatrophische bzw. wabige Ganglienzellver- /~nderungen, am hochgradigsten in der unteren Olive, deren Zellen im Nissl-Bilde gr613tenteils (auf manchen Strecken des Bandes sogar fast durchweg) nur noch als gelbliche S/~ckchen ohne Plasma und Kern oder nur mit Rudimenten davon erhalten sind; streckenweise sind viele spurlos verschwunden; die Zahl der Glia- kerne ist vermehrt. Entsprechend im Spielmeyer-Schnitt erhebliche Lichtung des Marldasergehalts des Olivenbandes. Keine Pseudokalk- oder Kalkablagerungen im Bereich der Olivengefi~f~e (Turnbull, Roehl, Kossa). _~hnlich hochgradig pigment- atrophisch wie die O]ivenzellen sind aueh zahlreiehe Zellen im grol3zelligen Hinter- strangkern v. Monakows. - Gut erhalten ist die Nissl-Struktur im allgemeinen in den Zellen des Nucleus ambiguus, hypoglossi, in den Vorderhornzellen des ober- sten Halsmarks. In vielen Yfypoglossuszellen im Silbersctmitt gute Impr/ignation der intraeelluli~ren Fibrillen: bei durehschnittlich verkleinertem Zellvolumen und Kaliber der Fortsi~tze ist die Dichtigkeit des Fibrillenwerks namentlich im eigent- lichen Zellk5rper herabgesetzt (aueh abgesehen von den dureh das hochgradig vermehrte Pigment bedingten Verlaufsabweiehungen); keine Verdickung der Fibrillen, aber in manehen Zellen Argyrophilie.

Kleinhirn: Zellbesetzung in der Purkinje-Schicht nicht deutlich vermindert; keine gliOsen Umklammerungserseheinungen, keine Strauchwerkbildungen in der Molekularsehicht (angesiehts der Olivenver/~nderungen im Hinblick auf v. Braun- mi~hl, l, S. 225 gesagt). KSrner der KSrnersehieht verkleinert unter Dunklerf/~rbung und Undeutlicherwerden der Kernstruktur 8owie z. T. karyorrhektisehen Ersehei- nungen; Purkinje-Zellen zeigen meist ziemlich ausgesproehene Tigrolyse und Weit- sichtbarkeit der Dendriten (all dies wohl -- mindestens zum guten Teile -- postmor- taler Entstehung). Nicht allzu selten linden sich m/~Big bis stark in die Molekular- schieht verlagerte Purkinje-Zellen yon mitunter stark atypischer Gestalt; selten oberfl~ehlieh subpial gelagerte. Trotz ausgedehnter Suche keine doppelkernigen gefunden. Ge~ste der Purkin]e-Zellen im Silberbild und FaserkSrbe o. B. Kletter- fasern vorhanden, wenn auch nicht sehr welt verfolgbar. Parallelfaserung in der tiefen Molekularsehieht erheblieh weniger dicht als normal. Markfasergehalt der Kfrnerschicht erheblieh herabgesetzt. Ganz vereinzelt Reste einer superfiziellen KSrnerschicht. Keine Vermehrung der sogenannten Golgi-Zellen im Mark. -- Dentatum stark pigmentatrophische Ganglienzellen yon ziemlieh verminderter Zah| (auch verglichen mit 67j/ihrigem Normalfall). Glia zeigt auch hier h/tufig karyor- rhektische Erseheinungen. Keine Pseudokalk- oder Kalkkonkremente an den Ge- fi~Ben dieses Kerns und seiner Umgebung (mit den mehrerw~hnten F~rbungen).

Zusammen/assung yon Fa l l3 : 64j/~hrige 9 Kre t ine , erhebl icher Schwachsinn. Tod an Bronchopneumonie naeh S t rumektomie . Ater io- sklerose. His topa tho log ischer H i rnbe fund : I n der Rinde zumeis t sehr verwaschene Nissl-Zeichnung, wabige (in den oberen Schichten vielfach aueh chronische) Zellver/~nderung, verbre i te te oft hoehgradige Ver- f e t tung ; Glia m/~l~ige regressive Ver/~nderungen bei ziemlich s t a r k e m F e t t g e h a l t ; Gef /~e z . T . Mediaverdiekung, m~tBig bis reichlieh fe t t iges Abbauma te r i a l , ebenso in Pin und an Markgef/iSen. Architektonisches: Vereinzel t l~iesengliazellen in der Molekularschicht ; vereinzel t eine pilz- fSrmig die Rindengrenze t iberragende Ansammlung ektopiseher Gan- glienzellen in der Molekularis im Zusammenhang mi t der I I . - - Zellbau- lich: Area 4: Etwas undeut l ichere Schichtung und Ko lonnenb i ldung ; I I schw/ieher und ungleichm/i$iger bese tz t ; I I I ausgesproehen kleinzell iger

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und ungleichmitl3iger besetzt ; V etwas zell~rmer, Betz-Zellen etwas kleiner und wohl auch sp~rlicher. - - Area 6: Kolonnenbildung etwas ausge- sprochener; I I etwas zell~rmer und kleinerzellig; schwache Andeutung einer IV; Zellarmut und -kleinheit der V; auch VI wohl etwas kleiner- zellig. - - Area 7: I I etwas ungleichm~[3ige Besetzung; I I I und V zell- ~rmer und kleinerzellig; auch VI wohl etwas kleinerzellig. - - Area 10: I I I und IV etwas kleinerzellig; V etwas schm~ler, zell~rmer und kleiner- zellig ; VI kleinerzellig und wohl auch etwas zell~rmer. - - Area 17: I I und I I I etwas zell~rmer ; IVb etwas ~rmer an grS~eren Elementen; V und VI etwas kleinerzellig. - - Faserbaulich: Area lO zeigt Faserverarmung unterschiedlichen, ira ganzen aber erheblichen Grades in allen Schichten, auch Rarefizierung der Radii (durch zum Tell vorzeitige Endigung). - - Striatum und PaUidum: erhebliche Zellverfettung. Kalkhalt ige Kon- kremente an Pallidum~rterien. - - I m iibrigen Hi rns tamm vielfach s~rkere Verfet tung bzw. Pigmentatrophie der Ganglienzellen, besonders hoch- gradig in der unteren Olive und im v. Monalcowschen Hinterstrangkern. Rarefizierung der intracellul~ren Fibrillen im XI I -Ke rn , zum Teil mit Argyrophilie. I m Kleinhirn vereinzelt Erhaltensein einer superfiziellen KSrnerschicht; nicht so selten molekularw~rts (auch stark) verlagerte Purkin]e-Zellen, selten ganz oberfli~chlich liegende; Verminderung der Parallelfaserung in der tiefen Molekularschicht, erhebliche Verminderung der Markfasern in der KSrnerschicht; Pigmentatrophie der Denta tum- zellen.

Fall 4. Rii., J., 77j~hrig. ~. Klinisch: ,,Taubstummer Kretin." Tod an Folgen von Prostatahypertrophie (Cystitis usw.). -- Sektion (74/1928) am 27.2.28, 38 Stunden post mortem. Anatomische Diagnose: Jauchige Cystitis und Pyelitis. Prostatahyper- trophie. Peritonitis fibrinosa. Lobul~re Pneumonie, LungenSdem, Lungenemphy- sem, pleuritische Adhasionen, Bronchitis katarrhalis. Arteriosklerose, Klappen- sklerose, Dilatation des r. Vorhofs und Ventrikels. Periphere Leberverfettung. Multiple Nierencysten. Kryptorchismus und Atrophie des 1. Hodens. Struma nodosa parenchymatosa cystica. Polypen der Magen- und Rectalschleimhaut. SubmukSses Lipom des Duodenums. ttyperplasie der Hypophyse. Leptomenin- gitis chronica fibrosa. Kretinismus. -- Makroskopischer Hirnbe/und: Dura m~Big gespannt, leicht verdickt, wenig transparent, sehr stark bluthaltig. Innenfl~che glatt und glaazend. Weiche Himte ziemlich stark getrfibt und verdickt. Pia m~[3ig bluthaltig. Liquor sehr reiehlich, klar. In den Sinus der Dura fltissiges Blut und etwas Cruor. Basale Hirnarterien zum Teil klaffend mit weiflen trtiben Wandver- dickungen. Fossa Sylvii o. B. Gehirn etwas klein, 1250 g. Windungen nicht ab- geplattet, gut ausgebildet. Seitenventrikel ganz leicht erweitert, Ependym glatt, zart. Plexus wenig bluthaltig, mit zytflreiehen Cysten von 4--8 mm Durchmesser. 3. und 4. Ventrikel normal weit. Hirnsubstanz m~tflig blutha]tig und yon mittlerer Durchfeuchtung.

Mikroskopischer Gehirnbe/und. Das hohe Alter des Patienten (in der Rinde nicht ganz sparliehe senile Drusen), die Arteriosklerose der Gehirnarterien (Erweiehungs- herd in der inneren Kapsel, ziemlich ausgesprochener Status lacunaris des Putamen und Pallidum, vereinzelte isch~mische Herdchen in der Rinde), sowie das lange Sektionsinterva]l geben AnlaB, hier auf eine durchgehende Beschreibung der

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feineren Verh~ltnisse zu verzichten. Nur folgendes sei herausgegriffen: Rinden- zellen zeigen' reichlichen Pigmentgehalt, nut ein Teil derselben fiberdies (degenera- tive) Verfettungserscheinungen m~Bigen Grades; im ganzen ist der Lipoidgehalt der Ganglienzellen geringer als bei dem 64j~hrigen Fall 3. (Entsprechend auch in den Stammganglien.) Glia und Gef~Be wenig Fett. Die Nissl-Struktur in der Mehrzahl der Betzschen Riesenzellen sehr gut erhalten, andere zeigen -- gleich vielen sonstigen Rindenzellen -- m~Biggradige tigrolytische Ver~tnderungen. (Sehr gute Erhaltung der 2tissl-Schollen auch in den Hypoglossus- und motorischen Vorderhornzellen.) Silberbilder liefern in vielen grSfleren Rindenzellen(u. a. auch den Betzschen) und in nicht wenigen ]~ypoglossuszellen gute Impregnation der intra- cellul~ren Fibrillen, wobei (abgesehen yon den durch die meist starke Pigment- vermehrung bedingten Abweichungen) weder Verdiekung noch Verklumpung, jedoch nicht ganz selten Argyrophilie festzustellen ist. Nirgends Alzheimersche Fibrillenver~nderung. -- In der unteren Olive ist die Pigmentatrophie bzw. Ver- fettung nur m~Big sthrker als bei einem 67j~ihrigen Normalfall (m~Bige Abnahme der Zellzahl), somit weitaus geringer als in Fall 3 (64jahrig); ganz Entsprechendes gilt vom grol3zelligen Hinterstrangkern v. Monakows, sowie vom Dentatum (geringe Verminderung der Zellzahl). -- Starke eisen- und kalkhaltige Konkrementbildung in den Arterienw~nden des Pallidum und der angrenzenden inneren Kapsel; m~Big reichlich Schollen gleicher Art frei im Pallidumgewebe (Kossa tief schwarz, Roehl zumeist nur angedeutet positiv, Turnbull positiv). Die fibrigen Vorzugsstellen dieser Konkremente (])entatum, untere Olive, Ammonshorn) sind frei davon.

Arehitektonisches. Bezfiglich Form und Lagerung der Ganglienzellen, Gehalt der I. Schicht an Ganglienzellen, verstreuter Ganglienzellen in der Markleiste wurde nichts Abnormes gefunden. Zellbaulicher Vergleich an Mikrophotogrammen: Area 4: ZellgrSBe allgemein herabgesetzt. In III die obersten Partien wohl etwas zell~rmer (allerdings nur gegeniiber den beiden jfingeren Vergleichsf~llen). Keine sichere Andeutung einer IV. Die V etwas zell~rmer. -- Area 6: Schichtung etwas verwaschener ausgepr~gt. II gegeniiber den beiden jfingeren Vergleichsf~llen etwas breiter. In III die tieferen Partien deutlich kleinerzellig (fiberhaupt keine erhebliche Zunahme der ZellgrSi~e nach der Tiefe zu), die Kolonnenbildung minder deutlich. Die V ist deutlich kleinerzellig. Die V ist gegen die VI weniger deutlich abge- grenzt als bei den beiden jfingeren Vergleichsf~llen. -- Area 7: Schichtung und Kolonnenbildung im allgemeinen o. B. Die I gegen die II minder regelm~Big abge- grenzt. :Die II etwas breiter als bei zweien der Vergleichsf~lle (darunter auch dem 67j~hrigen). In III namentlich die obere tt~lfte zell~rmer, und (gegeniiber zweien der Vergleichsfalle) auch kleinerzellig. Auch die V deutlieh zell~rmer und kleinerzellig; etwas weniger ausgesprochen gilt beides auch yon der VI. - -Area 10: :Deutlichkeit der Schichtung gegenfiber den beiden jtingeren Vergleichsf~llen etwas weniger ausgesprochen; ebenso die I schm~ler, die II weniger regelm~Big (stellen- weise fiberhaupt kaum noch) ausgebildet. :Die I I I gegenfiber allen 3 Vergleichs- f~llen namentlich in den oberen Anteilen zell~rmer, die Zellverteilung unregelm~tl~iger. Die IV ohne sichere Abweichung. :Die V etwas zell~rmer und mit ungleichmi~Bigerer Zellverteilung, gegenfiber den beiden jfingeren Vergleichsf~llen auch kleinerzellig. Die VI gegeniiber diesen n~mlichen F~llen etwas zell~rmer und mit ungleichm~Bigerer Verteilung, etwas kleinerzellig. -- Area 17: I I I und IV etwas kleinerzellig; sonst keine sichere Abweichung. -- Faserbaulich: Area 7: Schicht 1 deutlich faser~rmer; 2 ebenfalls faserarmer; 3 in allen HShen, namentlich auch in 33, deutlich faser~rmer; 4 erheblich ~rmer an Einzelfasern und an Grundfaserfilz; 5a desgleichen; 5b das- selbe noch ausgesprochener; auch in 6a und (etwas weniger sinnfSllig) in 6b Faser- armut. Die Faserarmut zeigt namentlich in den tieferen Schichten (von 4 abw~rts) vielenorts einen unregelm~Big-grobfleckigen Charakter, was schon mit bloflem Auge zu erkennen ist (in Area 7 deutlicher als in Area 10). Die Radii zeigen ~hnliche Verh~ltnisse wie zu Area l0 ausgefiihrt wird, doch in etwas geringerem Grade. - -

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Area 10: Schicht 1 erhebliche Faserverarmung; 2 ebenfalls faser/trmer; 3 in allen HShen erheblich faser~rmer; 4 erheblich faser/~rmer an Einzelfasern wie an Grund- faserfilz; 5a und b desgleichen; auch 6a und b deutlich Iaser/~rmer; Radii im Ur- sprungsgebiet normal dicht stehend, aber durchschnittlich schm/~chtiger, faser- /~rmer, un4 nicht selten schon nach kurzem Verlauf nicht mehr fiber die 6, 5b oder 5a hinaus zu verfolgen; nur ziemlich wenige erreichen, noch wenigere fiberschreiten die 4, und schon vorher erleiden sie zumeist eine ziemlich starke EinbuBe an Fasern.

Kleinhirnrinde: Zahl der Purkinje-Zellen hSchstens stellenweise in geringem Grade vermindert; Zelldichtigkeit in der KSrnerschicht nicht herabgesetzt. Ver- einzelt m/~Big bis hochgradig in die Molekularschicht verlagerte, sparlich ober- fl~chlich (subpial) gelagerte Purkinje-Zellen; keine doppclkernigen gefunden trotz umf~nglicher Suche. Nirgends eine superfizielle KSrnerschicht erhalten. :Keine Vermehrung der sog. Golgi-Zellen im Mark. Im Silberbild ist die Parallelfaserung der tiefen Molekularschicht ausgesprochen weniger reichlich als normal. (Die Purkin]e-Dendriten zeigen stellenweise spindelige und damhirschgeweihartige, ihre Axone vereinzelt ,,torpedo"artige Anschwellungen; da nach der Arbeit von Bouman diese -- in unseren fibrigen F/~llen nicht vorhandenen -- Veri~nderungen mit grSl]ter Wahrscheinlichkeit nur auf das Senium zu beziehen sind, so wird yon einer Jllustrierung und eingehenderen Beschreibung abgesehen.) Der Markfasergehalt der KSrner- und tiefen Molekularschicht ist sehr stark vermindert.

Zusammen/assung des Falles 4: 77j/ihriger , , taubstummer Kre t in" , Tod an jauchiger Cystitis usw. Arteriosklerose (auch der Hirnarterien). - - Histopathologischer Hirnbefund: Arteriosklerotische Nekroseherdchen (innere Kapsel, Rinde). Senile Drusen. Pigmentatrophie und m/~Bige Verfet tung der Rindenzellen, m/s Tigrolyse. Architektonisch: Area 4: Allgemein etwas kleinerzellig. V, vielleicht auch obere Anteile der I I I , etwas zell/irmer. - - A r e a 6: I I etwas breiter; I I I etwas kleinerzellig, Kolonnenbildung minder deutlich; V kleinerzellig. - - Area 7: I I etwas breiter, unschiirfer ~bgegrenzt ; I I I zell/~rmer und wohl auch kleinerzellig ; V deutlich zell/~rmer und kleinerzellig, etwas weniger ~usgesprochen auch (tie VI. - - Area 10: Zellarmut der I I I , etwas auch der V. - - Area 17: Die I I I und IV etwas kleinerzellig. - - Faserbaulich: In Area 7 und Area 10 Markfaserarmut unterschiedlichen, im ganzen aber erheblichen Grades in allen Schichten (in den tieferen Schichten Lichtung grobfleckig) ; die Radii besonders in Area 10, etwas weniger in Area 7 dutch oft vorzeitige Endi- gung in verschiedenen HShen rarefiziert. - - I m P~llidum und angren- zender innerer Kapsel st~rke eisen- und kalkhaltige Konkrementbi ldung in Arterienw/~nden; m/iBig reichlich auch ge l im Gewebe. - - K l e i n h i r n : Purkinje-Zellen stellenweise leicht vermindert . Vereinzelt mi~l~ig his hochgradig in die Molekularis verlagerte, auch ganz oberfliichlich gelegene Purkin]e-Zellen. Parallelfaserung in tiefer Molecularis vermindert , Mark- fasergehalt der KSrnerschicht stark herabgesetzt. M/i[~iggradige Pigment- atrophie des Denta tum. Ebenso der unteren Olive. Intracellul/ire Fibrillen nicht selten Argyrophilie bei Fehlen sonstiger Ver/tnderungen.

Fall 5. Wegm. A., 70j/~hrig. ~. Klinisch: ,,Kretinismus", Tod an Pneumonie nach Strumektomie. -- Sektion (205/1930) am 2.7.30, 8 Stunden post mortem. Anatomische Diagnose (gekfirzt): Struma nod. parenchym. Kretinismus. Lobul/tre

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Pneumonie, Pleuritis fibrinosa, abgelaufene Endokarditis, Dilatation von rechtem Vorhof und Ventrikel. Arteriosklerose. Atrophie der Milz, Leber, Ovarien. K~sige Tuberkulose der cervicalen, bronchialen usw. Lymphdriisen. Hydrocephalus internus. Hyperplasie der Hypophyse. -- Makroskopischer Hirnbe/und: Weiche Hirnh/~ute fiber den Sulci ]eicht getriibt. Pia stark bluthaltig. Liquor sp~rlich, klar. Fossae Sylvii o.B. In der Art. basilaris eine weiBliche triibe Platte. Gehirn normal grol3 (1300 g), Windungen gut ausgebildet, nicht abgeplattet, Hinterh6rner der Seitenventrikel leicht erweitcrt. Ependym glatt, etwas derb. Plexus blut- reich. 3. und 4. Ventrikel normal welt. Hirnsubstanz mgBig durchfeuchtet, gut bluthaltig.

Mikroskopischer Hirnbe/und (Material sehr eingeschr/tnkt): Im Scharlachbild ziemlich hochgradige Verfettung der meisten Ganglienzellen neben meist recht erheblichem Pigmentgehalt. Auch in der Glia reichlich Fett. Gefa6e in der l~inde zumeist nur sp/irlich Fett, auch im Mark nur vereinzelt reichlicher. Entsprechend im Nissl-Bilde vielfach deutliche wabige Zellver/inderung. Im allgemeinen stark ver- waschene Nissl-Struktur, zumeist nur diffus-gleichm/~l~ige und ziemlich blasse Fgrbung des Zelleibes. An grOl3eren Exemplaren gelegentlich Reste einer Tigroid- struktur, ganz vereinzelt bessere Erhaltung derselben. Namentlich in den oberen Schichten streckenweise auch ziemlich hitufig ckronische Zellveranderung und Vor- stufen solcher. Glia: namentlich die kleinen runden Kerne oft mit regressiven Ver- /inderungen m~I~igen Grades. Vereinzelte kleinste offenbar gef/tSabh/tngige Er- b]eichungs herdchen. Streckenweise m/~l~iggradiger Status cribratus. -- Im Silberbild nur vereinzelt ausreichende Impr/ignation der intracellul/~ren Fibrillen, die keine Verdickung und keine deutliche Verklumpung zeigen, aber an Zahl etwas vermindert erscheinen. In den Forts/ttzen 6fter lmpr/~gnation der Fibrillen zustande gekommen: tells gut erhalten, oft abet ebenfalls rarefiziert, blal~ (dabei gelegentlich einzelne verst~rkt impr/tgniert), nicht selten in angedeutetem oder ausgesprochenerem k6rrfigem Zerfall. Keine Alzheimerschen Fibrillenver~nderungen. Keine senilen Drusen. Die wabige Zellver/~nderung ist auch im Silberbilde sehr ausgesprochen erkennbar. -- Architektonisches: Nirgends grObere Abweichungen des Schichtungs- bildes, dcr Zellform und -lagerung, keine Vermehrung der Cajal- oder der Mark- zellen. Areal7 (gegenfiber dem 64j/~hrigen Vergleichsfall)X: II etwas zell/~rmer. IVb etwas kleinerzellig und leicht zell/~rmer. Auch IVc etwas zell/~rmer. VI etwas kleinerzellig und mitl~ig zell~rmer. -- Area 18: II deutlich zelliirmer. Ebenso die IIl , namentlich auch in litter Ticfe die grOl3eren Pyramidcnzellen an Zahl vermin- dert. Auch IV etwas/irmer besetzt. Ebcnso die V, namen$1ich ~rmer an gr61~eren Ganglienzellen. Via etwas zell/irmer, VIb ohne Abweichung.

Kleinhirn. SpKrliche m~l~ig molekularw/trts verlagerte Purkin#-Zellen; keine doppelkernigen. Nirgends l~este einer superfizie]len K6rnerschicht. J(eine Ver- mehrung der sog. Golgi-Zellen im Mark. Markfasergehalt der J(6rner- und tiefen Molekularschicht ziemlich stark herabgesetzt.

Zusammen/assung des Falles 5: 70j/thrig, ~, , ,Kret in ismus" ohne n/there klinische Angabe. Tod an lobul/~rer Pneumonie . Arteriosklerose (auch Basilaris). - - Histopathologischer Hi rnbe fund (Material sehr ein- geschr~nkt): Verfet tung und Pigmen~vermehrung der Rindenzellen, in den oberen Schichten auch h/~ufig chronische Zellver~tnderung. Rare- fizierung und zum Tell k6rniger Zerfall der intracellul/tren Fibril len. Area 17: Die I I etwas zell/trmer, I I I desgleichen und etwas kleinerzellig,

1 Bei den F/~llen 5--15, 17 wurde die zellbauliche Vergleichung mit Normal- f/~llen (wie die faserbauliche in Fall 1 usw.) unmittelbar an den Pr/~paraten vor- genommen.

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I V b wie I I I , auch IVc etwas zell~rmer, VI etwas kleinerzell ig und m~i3ig zelli~rmer. Area 18: I I deut l ich zelliirmer, ebenso I I I (nament l ieh a rmer an gr613eren Pyramiden) , auch IV, V, V i a etwas zel larmer. - - Kle in- h i rn sp~irliche molekula rek top isehe Purkin]e-Zellen, Markfasergehal t der K6rner - und t iefen Molekularschicht ziemlich s t a rk herabgesetz t .

Fall 6. Mo., H. 20jahrig. 3. Klinisch: ,,Kretinismus, nur lallende Sprache." Sektion (44/1931) am 13.2.31, 31 Stunden post mortem. Anatomische Diagnose (gekiirzt), Meningitis tubereulosa, Hydrocephalus internus. Chronische nod6se Lungentuberkulose usw. Arteriosklerose. Atrophie der Schilddriise. Kretinismus. Hypospadie. -- Makroskopischer Hirnbe/und: (auBer der genauer beschriebenen tuberkul6sen Meningitis): Gehirn stark vergr613ert, Windungen stark abgeplattet; 1600 g. Seitenventrikel sehr stark erweitert, usw. Ependym iiberall mit feinen grauen Kn6tchen besetzt. Starke Durchfeuchtung, m~il3iger Blutgehalt.

Mikroskopischer Hirnbe/und. Wegen der iiberall -- auch am ~[irnstamm, Klein- him -- stark ausgepr~gten tuberkul6sen Meningitis wird auf Einzelschilderung verzichtet (es wurden nur Nissl-Praparate angefertigt). Folgendes sei heraus- gegriffen: Nissl-Struktur immerhin z.B. in vielen Betzsehen Zellen ziemlich gut, vereinzelt sogar sehr gut erhalten. -- Architektonisch: Nirgends Vermehrung der Cajal-Zel]en (besonders auch nicht horizontaler Elemente: Area 7, 10, 17, Zentral- region), noch der verstreuten Ganglienzellen im Mark. Ein genauerer architekto- nischer Vergleich sehien mit Riicksicht auf den Grad der lokalen meningitischen Ver~nderungen zul~ssig fiir die folgenden Areae: Area 4 (gegentiber dem I. Ver- g]eichsfalle): Durchschnittliehe Zellgr6Be in tiefer I I I und hoher V etwas geringer, Betz.Zellen von normaler Gr6Be und Dichtigkeit. Keine Reste einer IV. -- Area 6: Aul3er leichter Herabsetzung der durchschnittlichen Zellgr61~e keine deutlichen Abweichungen. -- Area 10: durchsehnittliehe Zellgr6Be in tiefer I I I sowie in V und VI vielleicht etwas herabgesetzt. IV etwas breiter. Sonst keine Abweichungen.

Kleinhirn: Nicht allzuselten molekularw~rts verlagerte, z. T. stark atypisch gestaltete und hypoplastische Purkinje-Zellen, und zwar ohne jeden 6rtlichen Zu- sammenhang mit der Intensit~t der meningitischen Ver~nderungen, auch an Stellen des Fehlens der letzteren; nicht ganz vereinzelt oberfl~chlich-subpial gelegene; keine doppelkernigen Purkin~e-Zellen. Keine Vermehrung der sog. Golgi-Zellen im Mark.

Zusammen]assung des Falles 6: 20j~hrig, 3. K r e t i n mi t nur lal lender Spraehe. Tod an tuberkul6ser Meningitis. - - Architektonisch: Area 4 in t iefer I I I und oberer V etwas kleinerzellig. Auch Area 6 etwas Herab- se tzung der durchschni t t l i chen ZellgrS~e. Area 10: ZellgrSl3e in I I I , V, VI e twas he rabgese tz t ; IV etwas verbre i te r t . - - Kle inh i rn nicht selten mole- kularw~trts ver lager te , zum Teil s ta rk a typ i sehe und hypoplas t i sehe Purkin]e-Zellen; auch supial gelegene.

Fall 7. Zwy. Chr., 57]~hrig. 3. Klinisch: ,,Konnte lesen, doeh nicht sehreiben, in der Schule nicht bildungs[~hig; Holzhacken. Intelligenz gering, zuletzt totale Verbl6dung." Tod an Lungenembolie bei Mitralstenose. -- Sektion (343/1910) 15 Stunden post mortem. Anatomisehe Diagnose (gektirzt): Myokardschwielen. Arteriosklerose. Lungenembolie, Infarkte. Leberstauung usw. Hochgradige Atro- phie der Sctfilddrfise. Klump~uB. Makroskopischer Hirnbe/und: Basale Hirnarterien sehr stark sklerotisch. Ziemlich starke Erweiterung der Seitenventrikel, Hirnsub- stanz m~Big durchfeuchtet, wenig bluthaltig. Kleinhirn und Oblongata o.B.

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Mikroskopiseher Hirnbe/und (nur drei alkoholfixierte eingebettete Rinden- blScke, die dureh die Aufbewahrung gelitten haben, so dab nur ziemlich blaflgef/~rbte Toluidinblauschnitte): In den oberen Schichten chroniseh-wabige Mischbilder, in den tieferen Schiehten verbreitete m~l~ig- bis hoehgradige wabige Zellver/~nderung. Viele zeigen auch ,,SdematSse Ver/~nderung". Stellenweise kleine herdfSrmige unregelmi~Bige Lichtungen der Ganglienzellbesetzung in der I I I (arteriosklerotiseh oder embolisch bedingt). An vielen Rinden- und Markgefi~Ben mi~l~ig bis reichlich lipoides Abbaumaterial; ziemlich viel aueh in der Pin. -- Architektonisch: die mehr- berfihrten allgemeinen Verhiiltnisse auch hier o.B. Von einem der B1Ocke liiBt sieh die areale ZugehSrigkeit (4, 6) bestimmen; ein Vergleich mit dem 64j/ihrigen Normalfall ergibt: Area 4: I I und I I I Zellzahl herabgesetzt; namentlich in diesen Schichten, abet auch an den Betz-Zellen der V erscheint die ZellgrSBe etwas herab- gesetzt. -- Area 6: I I I und V deutlieh kleinerzellig. Dichtigkeit der Zellbesetzung in allen Schichten etwas herabgesetzt.

Zusammen/assung des Falles 7. 57j/~hrig. 3 , geringe In te l l igenz (konnte aber lesen), zuletz t , , totale VerblSdung" . Tod an Lungen- embolie. Sehr s ta rke Arter iosklerose der Hi rnar te r ien . His topa tho lo - gischer Hi rnbefund (sehr wenig Mater ia l ) : Wabige und ehronische Zell- ver/~nderungen, kleine arteriosklero~isehe (oder embolisehe) Lichtungs- bezirke nament l i eh in der I I I . Schieht . Area 4: Herabse t zung der ZellgrSBe (II , I I I , auch Betz-Zellen). Nament l i ch I I und I H auch e twas zell/irmer. Area 6: I I und V deut l ich kleinerzel l ig; in al len Sehiehten etwas Zel larmut .

Fall 8. Wa. G., 34j/~hrig. 3. ,,Konnte nicht sprechen, nur unartikulierte Laute. Anh/~nglich gegen Patienten, die ihm behi]flieh waren." Sektion (297/1915), 17 Stunden post mortem. Anatomische Diagnose (gekiirzt): Chronische Nephrose, allgemeiner Hydrops, Herzdilatation. l)leuraempyem, beginnende Unterlappen- pneumonie. Kretinismus, Atrophie der Thyreoidea und Struma nodosa, Hydro- cephalus internus. -- Makroskopiseher Hirnbe/und: Weiche H/~ute, herabgesetzter Blutgehalt. Gyri nicht abgeflacht, Sulci normal weit. Seitenventrikel ziemlich stark erweitert, besonders hinten; 3. und 4. Ventrikel leicht erweitert; Ependym blaB, zart. Hirnsubstanz gut durctdeuchtet, blaB.

Mikroskopiseher Hirnbe]und (sehr eingesehr/inktes -- ausschlieBlieh alkohol- fixiertes -- Material): 2 Nissl-Schnitte sehr wahrscheinlich Area 6, ein 3. enth/~lt eine nieht sicher bestimmbare granul/~re Region. -- In den tieferen Sehichten mi~Biggradige wabige Ver/~nderung der Ganglienzellen. Streckenweise ziemlich viele in ,,6demat6ser Ver/mderung", auch in Untergang begriffene dieser Art. Nissl-Struktur zumeist verwaschen. Glia leichte progressive Ver/~nderungen; streekenweise geringe bis ausgesprochene Vermehrung ihrer Kerne, mitunter rasen- artige Zusammenlagerung; keine Gliamitosen. Da und dort in der I I I kleine wahr- scheinlich gefi~Babh/ingige Liehtungsbezirke. An den Markgef~Ben, namentlich den rindennahen, vielfaeh sehr bedeutende Mengen yon lipoidem Abbaumaterial. -- Architektonis6hes: Keine Vermehrung der Cajal-Zellen und der verstreuten Gang- lienzellen der Markleiste. In der I I I finden sieh gelegentlich ,,Pyramiden"zellen von stark atypischer Gestalt, band- bzw. spindelf6rmig mit einem in HOhe des spitzenw/~rts versehobenen Kerns seitlich abgehenden Dendriten (vgl. unten Abb. 6). Schr/~gstimde und dgl. nicht in vermehrtem Mai~e. -- Area 6 (gegeniiber dem I. Vergleichsfall): I I gegen I unschi~rfer und unregelm/iBiger abgegrenzt, deutlich zell/~rmer als beim Vergleichsfall; I I I deutliche, streckenweise sogar recht aus- gesproehene Zellarmut bei durehschnittlich herabgesetzter Zellgr6Be. Etwas weniger

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ausgesprochene, aber noch deutliche Zellarmut auch in V und Via, auch in diesen Sehichten etwas herabgesetzte ZellgrSlle.

Zusammen/assung des Falles 8 : 34j/ihrig, 3. Hochgradiger kretinischer Schwachsinn. Tod an chronischer Nephrose, Pneumonie usw. Histopatho- logischer Hirnbe/und (wenig Material): Rindenzellen wabige und 5dema- tSse Ver/~nderung (auch Untergang), zumeist verwaschene Nissl-Struk- turen. Leicht progressive Glia, streckenweise geringere bis ausge- sprochene Kernvermehrung ~. Atypische band- und spindelfSrmige Gan- glienzellen in der I I I . I n Area 6 Zellarmut der I I bis Via, auch Zell- kleinheit; I I unsch/irfer und unregelm/~$iger gegen I abgegrenzt.

Fall 9. Rie. P., 45j~hrig. Klinik Kocher: ,,Kretin, konnte nicht lesen und schreiben, Spraehe schwer verstandlich; geistig sehr besehrankt." Tod an Pneu- monie usw. -- Sektion (67/1916) 12 Stunden post mortem. Anatomische Diagnose (gekfirzt): Lobulare Pneumonie mit Abscessen, Empyem. Leiehte Arteriosklerose. Stauung und Verfettung der Leber, Verfettung der Nieren. HirnSdem. Kretinismus. SerofibrinSse Perikarditis. -- Makroskopischer Hirnbe]und: Hirn groin, 1505g, Windungen abgeplattet, ziemlich breit. Leiehte Erweiterung der Seitenventrikel, Ependym weich, Plexus m~I~ig bluthaltig. Hirnsubstanz stark durchfeuchtet, ma6ig bluthaltig.

Mikroskopischer Hirnbe/und (nur ein alkoholfixierter Rindenblock, Area 6 ent- haltend): iVissl-Fgrbung nur bla6 und 5rtlich etwas ungleichm~I3ig anschlagend, daher wird auf feinere Verhaltnisse nieht eingegangen. Es linden sich keine grSberen Sehichtungsabweiehungen, abnorme Zellformen oder -]agerungen, keine Vermehrung der Cajal-Zellen oder der Ganglienzellen in der Markleiste. Die I I I erseheint in den oberen und namentlieh mittleren Partien etwas zellarm (unregelmgl3ig-fleckartige Lichtungen, olme deutliche GefaBabhiingigkeit).

Zusammen]assung des Falles9. 45j~hrig. c~, recht ausgepr~gter Kretinismus. Tod an Pneumonie usw. Histopathologischer Hirnbefund (sehr geringes Material von mangelhafter F~rbbarkeit) : Fehlen gr5berer architektonischer Ver~nderungen. Area 6: Die I I I in ihren oberen und namentl ich mittleren HShen zellarm (unregelmi~ig-fleckartige Lich- tungen).

Fall 10. Pfi. E., 44jiihrig. 9. ,,Intelligenz ziemlich gut; witzig; kolmte lesen und schreiben" (Abt. Koeher). -- Sektion (212/1917) 7 Stunden post mortem. Anatomische Diagnose (gekiirzt) : Struma maligna (Carcinom), Metastasen in Ltmgen und Pleura. Arteriosklerose. Leberverfettung. Ascites. Kret inismus.- Makroskopischer Hirn- be/und: Weiche I-Iitute gut bluthaltig, transparent. Gehirn normal groB, l l l0 g, Windungen gut ausgebildet. Basale Hirnarterien zart. Seitenventrikel normal welt, Ependym glatt, yon normaler Konsistenz. 3. und 4. Ventrikel normal weit. tIirnsubstanz stark bluthaltig, m~[tig durchfeuchtet.

Mikroskopiseher Hirnbe]und (sehr eingeschr~nktes Material): Ganglienzellen ohne wesentliche Ver~nderungen, besonders auch Nissl-Struktur in den Betz- Zellen gut erhalten. Glia o.B. Architektonisches: Keine Vermehrung yon Ca~al- Zellen und verstreuten Ganglienzellen des Marks. Vereinzelt in der tiefen I I I eine spindelfSrmig-deforme Ganglienzelle (Abb. 6), an andern Stellen in gleicher Schicht

1 Mit grol~er Wahrscheinlichkeit auf die chronische Nephrose zurfickzufiihren (vgl. Weimann, S. 85).

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eine etwas atypisch geformte Riesenpyramidenzelle, sowie eine mit dem Spitzen- dendriten markw~rts gekehrte l~yramidenzelle. -~ Der einzige areal bestimmbare Block enth~lt Zentralwindungen: Area 6 (gegeniiber Vergleichsfall I): in tiefer I I I (lie Zellgr56e etwas geringer; im iibrigen o. B.

A b b . 6a. Fa l l 10 D e f o r m e P ~ ' ~midcnzc l lc ( + ) in d e r t i c f c n I I I ( v o r d e r e ~Van4 y o n C p ) :

~ b e r s i c h t s b i h l .

A b b . 6b. D i e s e l b c Zcl le s t i i r k c r v e r g r 5 6 e r t . B e i + d a s K e r n k 0 r p c r c h c n .

Zusammen/assung des Falles 10. 44jiihrig. 9, nur geringer Intelligenz- defekt. Tod an maligner Struma. - - Histopathologischer Hirnbe/und (sehr eingeschrs Material): Vereinzelt s tark atypisch gestMtete spindelige Pyramidenzellen ; desgleichen fibergrol~e deforme, sowie abnorm orientierte. I n Area 6 die I I I etwas kleinerzellig.

Fall 11. Pfi. W., 19Jahre. ~. Klinisch: ,,Grippepneumonie", sonst keine Angaben. -- Sektion (305/1918) 30 Stunden post mortem. Anatomische Diagnose (gekfirzt): Lobul~re 1)neumonie, LungenSdem usw. Verfettung der Leber und des Myokards. Blutungen im Balken des GroBhirns. Kretinismus. -- Makroskopischer

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Hirnbe/und: ttirnwindungen nicht abgeplattet, Sulci m~13ig tief; Ventrikel normal weit; Ependym glatt, yon normaler Konsistenz; Balkenb]utungen.-- Mikroskopischer Hirnbe/und: (verwertbar nur -- sehr eingeschr/~nktes -- Formolmaterial des Grol3- hirns, und ein kleiner alkoholfixierter Kleinhimblock): Die 3 GroBhimschnitte enthalten vordere und hintere Zentralwindung, Calcarina und Nachbarschaft, sowie eine nicht n/~her bestimmbare granul/ire Region. Thioninf/~rbung durchweg sehr blaB. Wegen der Art der Konservierung wird nur auf Architektonisches eingegangen: mehrerw~hnte allgemeine Verh/tltnisse o.B. Zellbaulicher Vergleich mit dem I. Vergleichsfall ergibt: Area 4: Andeutung einer erhaltenen IV. In V die Betzschen Zellen durchschnittlich von etwas geringerer GrSl3e, in dem einzigen verffigbaren Block auch etwas sp~rlicher. Area 6: Streckenweise Andeutung einer erhaltenen IV. Etwas Zellarmut namentlich in I I I und V; auch ZellgrSl3e namentlich in tiefer I I I und in V etwas geringer. Area 17: In III , IVb, V und VIb etwas geringere ZellgrSl3e; sonst keine Abweichung. Area 18: Etwas geringere durchschnittliche ZellgrSl3e namentlich in III , V und VI; sonst keine Abweichungen. -- Kleinhirn: Ziemlich spitrlich in mal3igem Grade molekularw/~rts veriagerte Purkinje-Zellen; vereinzelt eine oberfl/ichlich subpial gelegene, keine doppelkernigen; nirgcnds Reste eincr superfiziellen KSrnerschicht. Keine Vermehrung der sog. Golgi-Zellen im Mark. Dichtigkeit der Zellbesetzung in der Purkinje- und KSrnerschicht o. B.

Zusammen/assung des Falles 11. 19j~thrig. ~. l~ber Grad des Schwach- sinns keine Angaben. Tod an Gr ippepneumonie . - - His topa tho log ischer Hi rnbefund (sehr eingeschr/ inktes Mater ia l ) : Area 4: Andeu tung einer e rha l tenen IV; geringere GrSl~e der Betz-Zellen. Area 6: Ebenfal l s s t recken- weise Andeu tung einer IV ; I I I und V etwas zell/irmer und kleinerzell ig. Area 17: I I I , IVb, V und VIb etwas kleinerzellig. Area 18: I I I , V und V I etwas kleinerzellig. - - Kle inh i rn : Ziemlich sp/~rhch molekularw/~rts ver lager te , ganz vereinzel t oberfl/~chlich l iegende Purkin]e-Zellen.

Fall12. Ka.E. , 56j~hrig. ~. Klinisch: ,,Lallende Sprache, schwerverst~ndlich, konnte weder lesen noch schreiben. SchwerhSrigkeit." Tod im Anschlu[3 an Opera- tion wegen Struma maligna. -- Sektion (467/1918) l l Stunden post mortem. Ana- tomische Diagnose (gekfirzt) : Status nach Strumektomie und Resektion der Trachea. Carcinom der Schilddriise, Metastasen in der Pleura. Eitrige Bronchitis usw. Trtibe Schwellung yon Myokard, Nieren, Leber; Hypoplasie der Nebennieren. Kretinismus. Makroskopischer Hirnbe/und: Gehirn normal grol3, 1260g, Windungen gut aus- gebildet; nur an wenigen Stellen sind die Sulci etwas breiter als normal. Seiten- ventrikel normal welt, Ependym zart, glatt. Plexus m~Big bluthaltig, Liquor klar. 3. und 4. Ventrikel o.B. Hirnsubstanz ziemlich stark durchfeuchtet, m~13ig blut- haltig.

Mikroskopischer Hirnbe/und (sehr eingeschr/~nktes Material): Nissl-Schnitte zeigen (wohl infolge Konservierungsm/~ngeln des Alkoho]materials) sehr blasse und ungleichm/~l~ige F/irbung, eignen sich nicht zu genauerer Beschreibung. Archi- tektonisch allgemeine Verh/~ltnisse o.B. Eine wahrscheinlich als Area 6 zu diagno- stizierende Region zeigt: m/il3ige Verschm/~lerung der I I I mit fraglicher geringer Zellarmut, etwas Kleinheit der Pyramidcn in dcr tiefen III . -- Kleinhirn: in voriger Arbeit Abb. 9, S. 421 wurde das (nicht allzu seltene) Vorkommen molekularw~rts verlagerter z. T. atypisch gestalteter und hypoplastischer Purkin]e-Zellen be- legt. Oberfl~chlich subpial gelegene fanden sich (in dem sehr sp/irlichen Material) nicht. Keine Residuen einer superfiziellen K6rnerschicht. Keine doppelkernigen Purkinje-Zellen. Keine Vermehrung der sog. Golgi-Zellen im Mark. Die durchschnitt- liche Zellbesetzung der Purkinje-Schicht erscheint etwas herabgesetzt.

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yon endemisehem Kretinismus, Thyreoaplasie und Kaehexia thyreopriva. 25

Zusammen/assung des Falles 12: 56j~hrig, 9. Wahrsche in l ich ziem- lich hochgradiger Schwachsinn. M~ligne S t ruma mi t Met~stasen. - - His topa thologischer Hi rnbefund (sehr eingeschri~nktes Mater ia l ) : Area 6 m~Bige Verschm~lerung der I I I nfit f ragl icher leichter Ze l l a rmut ; e twas Zellkleinheit in der t ieferen I I I . - - Kle inhi rn : N ich t ganz selten molekul~r- w~r~s verlager~e, z. T. a typ i sch ges ta l te te und hypopi~s t i sche Purlcinje-

Zellen.

Fall 13. We. L., 49j~hrig. 9. Klinisch: ,,War vollkommen idiotisch, konnte nicht sprechen." Tod im AnsehluB an Operation einer malignen Struma. -- Sektion (284/1919) 5 Stunden post mortem. Anatomische Diagnose (gektirzt): Status nach Strumektomie (wuchernde Struma). Blutaspiration in die Bronchien usw., Lungen- 6dem. Leichte Arteriosklerose. Verfettung der Leber und Nieren. ]-[irnSdem. -- Makroskopischer Hirnbe/und: Weiehe I-I~ute maBig bluthaltig, leicht getriibt, Liquor etwas vermehrt. Basale Hirnarterien gr6Btenteils zart, nur die Carotis etwas klaffend. Gehirn grofi, 1350 g, Windungen ziemlieh breit, Seitenventrikel leicht erweitert. Plexus m ~ i g bluthaltig. Ependym glatt, etwas derb. 3. und 4. Ventrikel ebenfalls leieht erweitert, unter dem Ependym des 4. Ventrikels zwei kleine Blutungen. Hirnsubstanz stark durchfeuehtet, wenig bluthaltig.

Mikroskopischer Hirnbe/und (sparliches Alkohol- und Formolmaterial nur vom GroBhirn): Die yon dem sehr alten Alkoholmaterial erhaltenen Nissl-Schnitte sind auch hier durehweg sehr blal~ gef~rbt, eine Beschreibung der sehwierig zu beur- teilenden feineren Verhi~ltnisse erseheint nicht ersprie[~lich. Architektonisch: Keine abnormen Formen oder Lagerungen von Ganglienzellen, keine Vermehrung yon Cajal- oder verstreuten Ganglienzellen der Markleiste. Areal konnten diagnostiziert und verglichen werden: Area 6: Deutlichkeit der Sehichtung erheblich vermindert (besonders Abgrenzung der V gegen die III , aber vielenorts aueh der I I gegen die I I I undeutlich); etwas Zellarmut in I I und noch starker in I I I (zugleieh mit etwas ungleichmgBiger Verteilung), durehschnittlich aueh kleinerzellig. Aueh V und VI leicht zellarmer und kleinerzellig. -- Area 17: Die II und noch deutlicher die I I I und IV (letztere namentlich in a und b) m~[Jiggradig zell~rmer. -- Area 18: Zweifellos m~Biggradige Zellarmut der I [ [ ; zweifelhaft (jedenfalls gering) ist eine Zellarmut in den iibrigen Schiehten.

Zusammen]assung des Falles 13 : 49j~hrig, 9. Schwachsinn sehr hoch- gradig. Tod nach Opera t ion einer S t ruma mal igns . Hi rn6dem. - - His to- pa thologischer Hi rnbefund (sehr eingeschr~nktes Mater ia l ) : Area6: Deut l ichke i t der Schichtung erheblich herabgese tz t (besonders Abgren- zung der I I I gegen die V, aber vielenorts auch der I I gegen die l I I un- deut l ich) . I I und nament l ich l I I e twas zel larm und kleinerzellig, beides leicht ~uch in V un(1 VI. Area 17: M~i~iggradige Ze l la rmut der I I und noch deut l icher der l I I sowie IVa und b. Area 18 : M~{~iggradige Zel la rmut in I I I .

Fall 14. Schmi. E., 38ji~hrig. 9. ,,Kretinismus, v611ige Idiotie, konate nicht sprechen." Tod an Volvulus des Sigmoid usw. -- Sektion (189/1925), 21 Stunden post mortem. Anatomische Diagnose (gekiirzt) : Status nach Resektion des Colon sig- moideum. Jauchig-fibrin6se Peritonitis, Mesenterialvenenthrombose, Pfortader- embolie, Leberinfarkt. Lungen6dem. Kretinismus. -- Makroskopischer Hirnbe/und: Pia gut bluthaltig. Liquor spi~rlich, klar. Basale ttirnarterien zart. Hirnwindungen leicht abgeplattet, von normaler Breite und guter Ausbildung. Ventrikel normal

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0,6 F. Lotmar: Histopathologische Befunde in Gehirnen

weit, Ependym glatt, zart. Plexus blutreich. Hirnsubstanz maBig durchfeuchtet, gut bluthaltig. 1165 g.

Mikroskopischer Hirnbe/und (sehr eingeschr~nktes Material): Nissl-Struktur durchweg sehr verwaschen, in manchen Windungen auch alle Forts~tze der Gan- glienzellen in blasser Anfi~rbung abnorm weithin sichtbar (an akute Zellver~nderung anklingend, doch ohne Schwe]lungserscheinungen an Plasma und Kern). Im iibrigen herrscht verbreitete wabige Zellver~nderung m~Bigen bis st~rkeren Grades, ent- sprechend im Scharlachbild recht verbreitete ziemlich starke Verfettung der Gan- glienzellen yon der III . Schieht abwarts. Nicht selten auch chronisch ver~tnderte Zellen und ~bergange zu solchen. Ziemlich reichlich Fett an vielen Rinden- gef~Ben.- Architektonisch: Cajal- und Markganglienzellen, Form und Lagerung der Ganglienzellen bieten nichts Abnormes. Area 17 und 18 zeigen keine sicheren Abweichungen. Zwei weitere B16cke, aus granul~ren Rindenbezirken stammend, sind in ihrer arealen Zugeh6rigkeit nicht sicher zu bestimmen, machen aber ent- schieden den Eindruck einer m~Bigen Zellarmut der III . Schicht namentlich in ihren mittleren tI0hen.

Zusammen/assung des Falles 14: 38js $. Schwachsinn sehr aus- geprs Tod an Volvulus, jauchiger Per i toni t i s usw. - - His topa tho lo- gischer Hi rnbefund (sehr e ingeschrs Mater ia l ) : Verbre i te te ziemlich s t a rke Gangl ienzel lverfe t tung, en tsprechend wabige (z. T. auch chro- nische) Zel lver~nderung. I n manchen Pa r t i en an aku te Zellveri~nderung ankl ingendes Bild. Ziemlich reichlich F e t t an vielen R i n d e n g e f ~ e n . - - Architelctonisch: I n zwei n icht sicher zu te i lbaren granul~ren Areae sehr wahrscheinl ich Zel la rmut der I I I . Schicht ; Area 17 und 18 ohne sichere Abweichung 1.

I I . Thyreoaplasie.

Der folgende Fal l , b isher als , ,Kre t in i smus" aufgefaI~t, gehSrt nach dem Obdukt ionsbefunde (Fehlen der Schilddriise) n icht ins Gebiet des endemischen Kret in i smus , mull v ie lmehr auf Grund yon Wegelins Dar- s te l lung der pa thologischen Ana tomie der Schilddriise (1926) zum kon- geni ta len Myx6dem (Thyreoaplasie) gerechnet werden ~

Fall 15. Eb. A., 51j~hrig. ~. Klinisch: Schilddriise nicht palpabe]. Nur recht m~Biger Schwachsinn; konnte gut lesen und schreiben (spontane Briefe mit wohl- gebildeten S~tzen). Seit dem 32. Jahre bis zum Tode oft und lange in der Miinchner psychiatr. Klinik beobachtet 8. Tod an akutem Ileus infolge yon Hirschsprungscher Krankheit. Selction 7 Stunden post mortem: Megacolon (Kontraktionsring am l~ber- gang yon Sigmoid zu l~ecgum). Thymus-persistenz. Fehlen der Thyreoidea. Hypo- plasie der rechten Niere. Balkenblase. Atheromatose und Arteriosklerose. Makro- skopischer Hirnbe/und: Gehirn zeigt einfachen Windungstypus. l~eichliche Mengen

1 Das yon 3 weiteren Kretinismusf~llen (Berner Sektionsnummern 181/1921; 230/1922; 271/1922) noch verffigbar gewesene Hirnmaterial war teils ~uBerst ein- geschr~nkt, teils durch Nebenumstande ungeeignet (verbreitete septische Rinden- herdchen, Konservierungsm~ngel); es werden deshalb die Untersuchungsbefunde hier nicht wiedergegeben.

Herr Prof. Wegelin selbst hat mich in dankenswerter Weise hierauf auf- merksam gemaeht.

a Vielfach langdauernde Schilddriisenbehandlung. -- Die Patientin ist ab- gebildet in Kraepelin und Lange: Psyctfiatrie, 9. Aufl., Bd. 2/I, S. 1359 und 1360.

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yon endemischem Kretinismus, Thyreoaplasie und Kachexia thyreopriva. 27

~ul~ereren Liquors. Die Meningen tiberall zart und durchsichtig, gut injiziert. Die Gef~]e sind zart, bis auf die Carotiden, die in geringem Ma6e sklerosiert sind. Auf Querschnitten durch das Gehirn fallen keine Besonderheiten auf. Stamm- ganglien normale Strukturverh~ltnisse. Schwarze Zone der Substantia nigra tritt deutlich tmrvor, die rotc setzt sich ebenfalls gut ab. Die HirnhShlen sind weit, speziell auch der Aqu~dukt. Der Zentralkanal ist im Bereich des Cervicalmarks erheblich erweitert. Der Plexus des 1. Seitenventrikels ist verdickt und hat cystische Einlagerungen. Zur Verfiigung stand mir eingebettetes, alle Hauptregionen umfassendes Alkoholmaterial sowie zahlreiche bereits gef~rbte Sctmitte von diesen BlScken, ferner ein Stiick Rinde in Gliabeize. (Diesen Fall verdanke ich Herrn Prof. H. Spatz.)

Mikroskopischer Gehirnbe/und. In der Groflhirnrinde ist die Nissl-Struktur in manchen Gegenden (z. B. Zentralregion) vSllig oder nahezu v611ig aufgel6st (nament- lich auch in den gro]en Zelltypen einschlie~lich der Betzschen Riesenzellen), und die Dendriten und Achsenzylinderfortsi~tze in blaser diffuser Anf~rbung weithin sicht- bar. Somit ein der akuten Zellver~nderung nahestehendes Bild, doch olme deutliche Schwelhmgserseheinungen an ZellkSrper und Kern. (In anderen Regionen dieselbe Ver~nderung in weniger hochgradiger Ausbildung, d.h. nut weitgehende Ver- waschenheit der Nissl-Struktur.) Daneben zeigt eine Minderzahl der Zellen noch m~il3ige bis hShergradige wabige Zellver~nderung. Pigmentfleck im Nissl-Bilde yon miifliger Gr5Be. Glia ohne Besonderheiten, keine deutliche Vermehrung ihrer :Kerne, keine Mitosen. Andererseits auch keine regressiven Kernver~nderungen. :In den oberen Schichten vielfach ,,6demat6se Ver~nderung" der Ganglienzellen. Ahnliche (vielleicht wesensgleiche) perinuklei~re Auf- und Abl6sungserscheinungen des Protoplasmas zeigen vielfach auch die Ammonshornpyramiden, bei zumeist sehr blasser Anfi~rbung des Protoplasmas, nicht selten etwas dunklerer des Kerns; doch nirgends Bildung dcr bekannten l~ingelchen der ,,schweren" Zellver~nderung Xissls, und auch hier nirgends regressive Gliakernver~nderungen, geschweige amSboide Gliazellem Nirgends Umklammerungs- oder neuronophagische Erschei- nungen. Das Nissl-Bild l~[3t auch an den Gef~13en der tieferen l~inde und des Marks nur reeht bescheidene Mengen lipoider Abbauprodukte erkennen. -- Ein Alzheimer-Mann-Pr~parat der tCinde (von Gliabeizematerial) ]a[~t nichts Patho- logisehes feststellen. Formolmaterial yore Gehirn stand nicht zur Verftigung.

Architektonisches. Keine gr6beren Schiehtenst6rungen, Form- oder Lagerungs- abweiehungen von Ganglienzellen, keine Vermehrung von Ca'jal-Zellen oder der verstreuten Ganglienzellen der ]V[arkleiste. -- Area 4: gegeniiber zweien der Ver- gleichsf/~lle ist die HI in ihren tieferen Partien etwas kleinerzellig. Area 6: ohne sichere Abweichungen. Area 17: Otme sichere Abweiehungen.

In Striatum und Pallidum, Thalamus und den Kernen des Hypothalamus im :Prinzip iiberall die n/~mliehe der akuten nahestehende Ganglienzellver/tnderung, doch ist stellenweise die Nissl-Struktur etwas besser erhalten (stri~re Grol3zellen, ein Teil der Pallidumzellen, Teile des Thalamus). Auch in diesen Regionen nach dem Nissl- :Bild zu urteilen vielenorts ziemlich reichlicher Lipoidgehalt der Ganglienzellen. - :im :Pallidum in und an den W/~nden grSberer und feinster Gef/~13e, sowie anseheinend frei im Gewebe liegend sehr reichliche und zum Tell reeht groi~e kalk- und eisen- haltige Konkremente (Turnbull und Kossa ausgesprochen positiv, ebenso die Gips- reaktion in der yon Schmorl angegebenen Ausffitrrung; Roehl I dagegen liefert zumeist nur schwache Anfarbung der Konturen der Konkremente, blo6 in den Wandungen gr6$erer Arterien zum Teil etwas intensivere Anf/trbung). Kein Uber- greifen dieser Konkrementbildungen auf innere Kapsel und Putamen.

Die Tigrolyse mit Weitsiehtbarkeit der Forts/~tze ist namentlich in der Vier- htigelregion noeh reeht ausgesprochen (III-Kern, Ruber, Nigra), in tier Brficke und mehr noeh in der Oblongata in abnehmendem Grade. So zeigen beispielsweise die groBen XII-Zellen nur noch m~6iggradige Aufl6sung der Nissl-Schollen, nur bei

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einem Teil der Zellen des Kerns ist sie noch ziemlich ausgesprochen. Das Oliven- band zeigt gut erhaltene Ganglienzellen yon normaler Dichtigkeit; Lipoidgehalt, nach dem 2Yissl.Bild zu schi~tzen, etwa dem Alter entsprechend. In der Olivenregion mit der Eisen- und den Kalkmethoden keine Konkremente nachweisbar. In den ~oBen Vorderhornzelten der Cervicalanschwellung ist die Nissl-Struktur viclfach recht gut erhalten, in einem Tell der Zellen bietet sie leichte his mittelgradige Aufl6sungserscheinungen; /~hnlieh, vielleicht noch etwas geringer ist der Grad der n/~mlichen Abweichung in der Lumbalanschwellung. Pigmentflcck zumeist ziemlich groB. Im iibrigen im Riickenmark nichts Bemerkenswertes.

Kleiuhirn: Die Zellveranderung der mehrerw/~hnten Art auch an den Purkinje. Zellen noeh in m~6igem Grade ausgesprochen (nieht bis zu v6Uiger Tigrolyse ge- diehen). Nieht ganz selten m/iBig molekularw/trts verlagerte, z. T. atypiseh ge- staltete und hypoplastische Purkinje-Zellen; vereinzelt eine bis zur Mitte dieser Sehicht verlagerte. Keine doppelkernigen. Im iibrigen keinc arehitektonischen Ver/~nderungen (nur Alkoholmaterial). -- Dentatum zeigt die mehrerw/~hnte Zell- ver~nderung ziemlich ausgesprochen. In den Wandungen (haupts/ichlich Media) ~513erer Gef/~lle des Dentatummarks m/~ilig starke Ablagerung yon eisen- und kalk- haltigen Konkrementen (Turnbull, Roehl und Kossa positiv).

Zusammen]assung des Falles 15: 51j/~hrig, 9. Kre t ino ide r Habi tus , ziemlich geringer In te l l igenzdefekt . Tod an a k u t e m I leus infolge Hirsch- sprungseher Krankhe i t . Schilddri ise fehlt. His topa tho log iseher Hirn- be fund : Verbre i te t der aku t en nahes tehende Ganglienzellver/~nderung z .T . mi t mii6iger bis ausgesprochener wabiger Ver/ inderung. Zel lbaul ich in Area 6 und 17 keine sicheren Abweichungen, in Area 4 die t iefe I I I e twas kleinerzellig. - - Auch im H i r n s t a m m verbre i te te aku te Zel lver / inderung (mit stel lenweise e twas besserer E rha l t ung der Nissl-Schollen), dis ta l - w/trts im al lgemeinen an Intensifier abnehmend . I m Pa l l i dum frei und in Gef/~Bw/~nden reichlich ka lk- und eisenhalt ige Konkremen te . - - I m Kle inh i rn : Molekularw/~rtsverlagerung yon Purkinje-Zellen nich$ ganz selten in m/~Bigem, vereinzel t in s t a rkem Grade. I n den W a n d u n g e n gr61~erer Gef~6e des D e n t a t u m m a r k s s ta rke K o n k r e m e n t a b l a g e r u n g mi t pos i t iven Ka lk - und Eisenreakt ionen.

I I I . Kachexia thyreopriva. Fall 16. W6fli, Chr., 56j/~hrig. ~. (Sektion 35/1922.) Genauere klinische und

pathologisch-anatomische Schilderung dieses Falles siehe bei Wegelin 1; dort auch schon ein histopathologischer Befund des Zentralnervensystems, zu welchem folgen- des erg/~nzend ausgefiihrt wird (auf Grund neuer Sctmitte yon den damaligen Alkoholbl6cken, sowie neuer Schnitte verschiedener Regionen des in toto in Formol konservierten Gehirns): Im Scharlachpr/~parat zeigten recht viele Ganglienzellea namentlich der mittleren und tiefercn Schichten m/il]ige bis ausgesprochene Ver- fettung (entsprechend im Nissl-Bilde m/il]ige bis hShergradige wabige Zellver/~ndc- rung). In der Glia dieser Schiehten wenig, in der Molekularschicht reichlich Fett ; in den Gef/~flwandungen (endothelial und namentlich adventitiell) ziemlieh viel Fet t in der Rinde und vor allem im Mark. (Nach gewissen Anhaltspunkten ist iibrigens in Ganglienzellen und Glia nicht alles wirklich vorhandene Fett dargestellt; vielleieht Folge des etwa 6]/~hrigen Formolaufcnthalts ? Jetzt 1932 bei noehmaligem Versuch noch schlechtcre Ergebnisse.) Auch in der Pia stellenweise reichlich lipoides Abbau-

1 Wegelin: Virchows Arch. 264.

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material. Bielschowsky-Methode liefert in vielen gro[3en Rindenzellen, ganz besonders auch in den Betzschen, gute Fibrillenbilder in Dendriten, Achsenzylinder und Zell- leib: Kaliber und Dichtigkeit normal, mituntcr Argyrophilie, keine Verklumpung. Auch im Silberbilde ist die z.T. hochgradige wabige Zellver~nderungen nament- lich an mittleren und kleineren Ganglicnzcllen gut erkennbar, oft beinahe den ganzen Zelleib einnehmend; vielleicht beruht hicrauf das Ausbleiben dcr Impragnation der intracellul/iren Fibrillen in diesen Zellen (Aufl6sung ?). -- Im Ammonshorn riesige Mengen lipoider Abbauprodukte an einigen gr61~eren Gef~Ben. Ein kleiner Ver- 6dungsherd im Endblatt. Keine Pseudokalk- oder Kalkkonkremente (Turnbull, Roehl). -- In architektonischer Beziehung schliege ich reich den Angaben von Wegelin hinsichtlich des Fehlens sinnf~lliger Abweichungen an. Nur beztiglich der yon ihm berichteten Sp/~rlichkeit der Betzschen Zellen in Area 4 m6chte ich zufiigen, dab yon mehreren anderen Stellen dieser Area stammende neue B16cke reichlich Betz- Zcllen aufweisen, und dab mir auch bei Normalmaterial /~hnliche UngleichmiiBig- keiten ihrer Verteilung begegnet sind, so daft mir bei W61f|i ein pathologischer Befund nicht sicher erscheint. Kcine auff~llig h~ufigen Schr~gst/~nde von Pyramidenzellen. Zellen yon abnormer Gestalt oder GrSBe wurden nicht gefunden, mit Ausnahme einer Riesenpyramidenze|le yon der GrSBe einer Betzschen in der tiefeu HI-Schicht der Area 6. Keine Vermehrung der Cajal-Zellen (insbesondere nicht yon longitu- dinalen), noch der verstreuten Ganglienzel|en des Marks. Ein genauerer architek- tonischer Vergleich an Hand mikrophotographischer Bilder ergab: Area 6: Tiefere Partie der I I I vielleicht etwas kleinerzellig; sonst keine Abweichung, insbesondcre sicher keine Zellarmut in irgendeiner Schicht. Area 10: Keine sicheren Ab- weichungen. -- Stammganglien: Thioninpri~parate (nach Alkoholextraktion des alten Formolmaterials) ergaben keine architektonischen Verimderungen in Striatum (Zelldichte, Zelltypen, Verteilung) und Pallidum. Im Striatum m~Biggradige wabige Zellver/~nderung sowohl an sehr zahlreichen Kleinzellen, wie an nicht wenigen GroBzellen erkennbar (auf sonstige Strukturfragen der Zellen wird wegen der langen Formolkonservicrung nicht eingegangen). Sehr reichlich lipoide Abbau- produkte an manchen gr6Beren Striatumgef~Ben. Die Fettf~rbung nach Herx- heimer best~tigt letzteres; dagegen in den Ganglienzellen fast durchweg nur ~uBerst blassc und wahrscheinlich unvollsti~ndige Darstellung des Gehalts an lipoiden K5rnchen (siehe oben bei Grof~hirnrinde). -- Im Pallidum die Nissl-Struktur trotz der langen Formolkonservierung nicht selten ordcntlieh erhalten. M/~Bigcr bis ziemlich reichlicher Fettgehalt tier Ganglienzellcn; in manchen Exemplaren ist das Fett ersichtlieh im Scharlachpr~parat nicht angef/irbt; in der Glia kein Fett zur Dar- stellung gekommen. Das freie ,,Pallidumfett" erscheint (sowcit dargestellt) nicht vermehrt, wohl aber die Fettansammlungen an Gefi~Beu. Arterien zeigen z.T. sehr ausgesprochene atheromatSse Wandveri~nderungen; bei manchen stark ge- schlhngelter Verlauf. Sehr verbreitete und graduell fiber die ,,Norm" entschieden hinausgehende Niederschlagsbildungen you kalk- und eisenhaltigen Produkten in der Media und Adventitia von Arterien, li~ngs Capillaren und auch anscheineud frei im Gewebe (Gipsreaktion in der bei Sch~wrl empfohlenen Ausftihrung stark positiv, auch Roehl positiv, Kossa dagegen negativ, Turnbull positiv. Die Differenz zwischen Roehl und Kossa etwa mit dem langen Formolaufenthalt in Zusammenhang?) Diese Konkrementbildung greift auch ziemlich welt auf die Gef~Be der inneren Kapsel, sowie auf gr6ferc Gefitl3e und Capillaren der angrenzenden Putamen- partie fiber. -- Starke wabige Zellveri~nderung im Nucleus substantiae innominatae und im Claustrum, entsprechend im Scharlachpri~parat starke (wahrscheiulich nicht einmal vollst/~ndig dargestellte) Verfettung. Auch Thalamuszelleu zeigen im allgemeinen maBige, die kleineren Elemente zumeist starke wabige Veri~nderung. -- Von den tieferen Hirnteilen sei die (trotz des lartgen Formolaufenthalts) meist noch recht gute Erhaltung tier Nissl.Struktur in der Substantia nigra, in den grol~en Zellen des III- und XII-Kerus hervorgehoben. Fibrillenbilder der Ganglienzellen,

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welche zur sicheren Beurteilung zulangen wfirden, konnten von der Oblongata trotz wiederholter Versuche nicht gewonnen werden. -- Olivenzellen (nach den Thioninpr~paraten zu urteilen) ziemlich starke Verfettung bzw. Pigmentatrophie (doch nicht entfernt so stark wie in Fall 3); im Herxheimer-Pr~parat bier der Fett- gehalt nieht oder kaum angef~rbt.

Kleinhirn 1 h~ufige, zum Teil recht ausgesproehene )5olekularw~rtsverlagerung von Pur]cinje-Zellen, von oft recht atypischer Gestalt; dies aueh in solchen Li~ppchen, welche v o n d e r unten erw~hnten Gef~13veriinderung nicht betroffen sind. Bei aus- gedehnter Suche keine zweikernigen Purkinje-Zellen gefunden. Nirgends Reste

Abb. 7. Fall 16. (Kachexiathyreopriva.) Kalk-undeisenhaltigeKonkrementcim Dentatum (links), an Gefaflen des 1VI~rks un4 der Kleinhirnrinde. Turnbull-PrSparat.

der oberfl~chlichen KSrnerschicht; auch keine oberflachlich gelagerten Purkinje- Zellen. (Brauchbare Silberbilder der Kleinhirnrinde konnten trotz wiederholter Versuehe nicht gewonnen werden.) Die sog. Golgi-Zellen im Mark sind nicht ver- mehrt. In der Region des Dentatum, etwa der HKlfte seiner Erstreckung entsprechend, findet sich eine hochgradige Ablagerung von kalk- und eisenhaltigen Konkrementen (Hitmatoxylin, Turnbull, Roehl, Kossa und Gipsreaktion s~mtlich positiv) in Gef~13- wi~nden und l~ngs Capillaren; ffei im Gewebe lagernde Konkremente konnten nicht mit Sicherheit gefunden werden. Die Konkrementbildung erstreckt sich auch auf das dem Dentatum inliegende und anliegende Mark, und yon letzterem aus auf zahlreiche Kleinhirnl~ppchen der Umgebung, hier teils auf die KSrnerschicht scharf beschrankt, teils bis in die untere H~lfte der l~Iolekularsehicht hineingreifend, nur vereinzelt bis zu deren Oberfl~che reichend (siehe Abb. 7). An Stellen st~rkster Ausbildung in der KSrnerschieht ist es zweifellos zur Verengung, vielleicht auch zur Verlegung von Capillarlumina gekommen, und die Zahl der KSrner ist sicher erheb- lich reduziert schon allein durch die PIatzbeanspruchung der Konkremente, die in dicken Miinteln die Capillaren einscheiden; auch das :Vissl-Bild einer solehen Stelle (in welchem die Konkremente bl~ulich-griin hervortreten) lehrt dasselbe. Die

1 Siehe auch Wegelin: a. a. O. S. 696.

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jeweils nachbarlichen K6rner zeigen weder Zusammendrgngung (Dichterstehen, oder Pyknose der Einzelkerne) noch Sch/~digungserscheinungen; die Glia weder bier noch in der Bergmannschen und Molekularschicht eine greifbare Reaktion (Kernvermehrung usw.). -- Dentatumzellen (nur Formolmaterial) zeigen ziemlich reichlichen Fettgehalt; an kleinen und namentlich an gr6Beren Gef/~Ben des Kerns und seiner Nachbarschaft oft reichliches Abbaufett. Ebenso nicht selten im Mark der Lgppchen, in der K6rner-, Purkin#- und gelegentlich auch Molekularschicht mgBige Fettmengen an GefgBen; wobei gerade Lgppchen mit starker Kalkablagerung lgngs der Gefgl~e solchen Fettbefund nicht oder nur angedeutet zeigen (vielleicht Verdeckung durch die Kalkkonkremente ?). -- Im Spielmeyer-Prgparat zeigen die K6rner- und tiefe Molekularschicht sine mgBiggradige Faserarmut, die in Lgppchen mit Konkrementen lgngs der GefgBe nicht wesentlich ausgesprochener ist als in konkrementfreien.

Zusammen/assung des Falles 16. 56jghrig, 3. Mit 16 Jahren Total- entfernung der Schihtdriise. Kretinoide Cesichtsbildung, aber h6chstens geringgradiger Intelligenzdefekt. Unter Schilddrtisentransplantationen und oraler Ersatztherapie gute Arbeitsfghigkeit. Tod an Herzinsuffizienz. - - Starke Arteriosklerose der Gehirnarterien. - - Mikroskopischer Hirn- befund (in Erggnzung der Beschreibung yon Wegelin 1) : MgBige bis hoch- gradige Verfet tung (mit wabiger Zellvergnderung) in den mitt leren und tieferen Rindenschichten; reichlich Fe t t auch an Rinden- und Mark- gefgBen, wie in der Pia. - - Area 6: Vereinzel$ schichtfremde l~iesengan- glienzelle in I I I ; diese Schicht im fibrigen vielleicht etwas kleinerzellig. Area 10: o. B. - - Stammganglien Verfettungserscheinungen. I m Pall idum hochgradige Konkrementbi ldung (an GefgBen und frei) mit Kalk- und Eisenreaktion, s tark auf Pu tamen und innere Kapsel iibergreifend. - - I n tieferen Teilen des Hirns tamms trotz langer Formolkonservierung gute Erhal tung der Nissl-Struktur. Olivenzellen ziemlich starke Ver- fet tung bzw. Pigmentatrophie. - - Kleinhirn ziemlich verbreitete z. T. ziemlich hochgradige Molekularw/irtsverlagerung yon Purkin]e-Zellen, oft atypischer Gestalt. Hochgradige kalk- und eisenhaltige Konkrement - bildung an GefgBen des Den ta tum und seiner Umgebung, sowie vieler benachbarter Kleinhirnlgppchen, hier mit Bevorzugung der K6rner- schicht; in dieser stellenweise entsprechend Verarmung an KSrnern. MgBige Markf~serarmut der K6rner- und tiefen Molekularschicht ohne Beziehung zu jenen Konkrementen.

Fall 17. Rie. A., 47jghrig. ~. (Siehe WegelinZ) Klinisch: (Abt. Kocher): Mit 13 Jahren Totalentfernung der Schilddrtise wegen Kropfes; vor der Operation geistig normal. Einige Zeit darauf Waehstumsstillstand, geistige Schwerfglligkeit usw. Konnte bis in die letzten Jahre lesen und sehreiben, gutes Ged~chtnis. Tod an Herz- insuffizienz wenige Tage nach der ersten Verabreichung yon Schilddriisentabletten. Sektion (299/1915), 6 Stunden post mortem. Anatomische Diaguose (gekiirzt): Exzentrische Hypertrophie des Herzens. Starke Arteriosklerose. Lungen6dem. Arteriosklerotische Sehrumpfnieren. Verfettung von Herz, Nieren, Leber. Stauung in den Bauchorganen. Coronarsklerose. Kretinismus. Hydrocephalus internus. Angmie des Gehirns. Makroskopischer Hirnbe/und: Weiche Hi~ute mgBig blut-

1 Wegelin: Virchows Arch. 254. z Wegelin: Werk, S. 343.

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haltig, an einigen Stellen verdickt von weiBgrauer Farbe. Gyri sehr schmal, besonders ist auf beiden Seiten die hintere Zentralwindung nur ein schmaler Strang. Sulci sehr weit, tier. Liquor ~ui~erst reichlich, klar. Carotiden und Arteria basilaris und vertebralis vollkommen verkalkt, ebenso die beiden Arteriae fossae Sylvii bis in die feinen Verzweigungen. Seitenventrikel leicht erweitert, Liquor reichlich, klar. Ependym nicht verdickt, Plexus blab mit einigen Cystchen. 3. Ventrikel leicht er- weitert, 4. normal welt. Hirnsubstanz mit sehr wenig Blutpunkten, Durchfeuchtung sehr gut. Oblongata und Kleinhirn o.B. Nervi optici schmal, dtinn.

Mikroskopischer Be/und des Gehirns (nur 3 Rindenstficke in Alkohol, davon eines der Area 6 zugehSrig, die beiden anderen yon nicht sicher bestimmbarer arealer ZugehSrigkeit): M~Biger Status cribratus der Rinde. Verbreitete chronische Ganglienzellver~nderung bis zu ausgesprochensten Graden, ziemlich verbreitete wabige Zellver~nderung m~Bigen bis mittleren Grades. Sehr erhebliche lipoide Abbaumassen an ~arkgef~Ben; an Rindengef~Ben (im iVissl-Bild) nur vereinzelt grSl~ere Ablagerungen. -- Archite]ctonisch: Keine der mehrerw&hnten dysgenetischen St6rungen (Zellform und -lagerung, Cajal-Zellen usw.). Eine Vergleichung der Area 6 mit dem I. und III. der Vergleichsf~lle ergibt keine greifbare architektonische Abweichung 1).

Zusammen/assung des Falles 17. 47js 3. I m 16. Jahre Tot~lent- fernung der strumSsen Schilddrfise; vorher geistig normal; bis in die letzten Jahre kein grSberer Intelligenzdefekt. Tod an Schrumpfniere usw. - - Hochgradige Arteriosklerose der Hirnarterien. Mikroskopischer Hirnbe/und (sehr eingeschr~nktes Material): Ausgesprochene chronische und wabige Ganglienzellver~nderungen ; groBe Mengen yon Abbaumaterial an den Gef~Ben des Marks. Zellbaulich in Area 6 keine greifbaren Ab- weiehungen.

IV. Ergebnisse. Wenden wir uns nun zu der Aufgabe, einen ~berblick fiber die geschil-

derten Einzelbefunde (zuni~chst derjenigen an Kretinengehirnen) zu gewinnen und ihre Bedeutung abzuw~gen. Eine griibere architektonische StSrung hat sich nur in einem einzigen Falle (3) gefunden, und aueh in ihm als ein Unikum, in Gestalt jener hutpilzfSrmig yon der i~uBeren KSrner- in die Molekularschicht sich erstreckenden und deren normale Begrenzung fiberragenden Ganglienzellansammlung (Abb. 5). Ersiehtlich ha~ diese Bildung Verwandtschaft mit dem yon Schob (Abb. 10) abgebil- deten Zellnest im Molekularsaum bei Mikrencephalie, mit dem Unter- schied allerdings, dab in diesem Bilde ein breiter Saum unver~nderter Molekularschicht die Zellansammlung yon der i~uBeren K5rnersehicht t rennt (~hnlieh wie das bei dem bier behandelten Falle in Schnitten vom Randgebiete der Ektopie gilt). Noch grSBere Ahnlichkeit besteht mit dem von Schob in Abb. 11 abgebildeten Zellnest; zeigt es doch einen unmittelbaren (~bergang in die Zellen der I I . Schicht. Viel sti~rker aus- gepr~gt als in Schobs Abb. 11 und auch 10 ist dagegen in unserem Falle die VorwSlbung fiber die normale Rindengrenze. Auch eine Abbildung (8)

1 Die makroskopisch besonders atrophische hintere Zentralwindung (und auch die Area 4) sind in dem Blocke nicht enthalten.

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yon Ranlce ist wohl hierhergehSrig, eine heterotopische Insel yon super- fiziellen KSrnern und Cajalschen Fetalzellen darstellend (Embryo vom Anfang des 5. Monats mit mehrfachen - - mikroskopisehen - - Rinden- entwicklungsstSrungen unbekannter Ursache); die in seiner Abb. 15 wiedergegebene 5rtliche Ausftillung fast des ganzen Molekularsaums mit Nervenzellen steht dagegen nicht in engerer Verwandtschaft zu unserem Befunde, da sie eine Teilerscheinung der schweren RindenmiBbildung eines ,,Status verrucosus deformis" darstellt. Jene Ganglienzellnester in der Molekularsehicht sind nach Schob (im Einktang mit einer sehon von Ranke - - neben anderen Deutungen - - erwogenen Annahme) wahr- scheinlich abzuleiten aus Zellinseln, die sich in der Periode des normalen ,,Status verrucosus simplex" der Rinde (5. Embryonalmonat) yon der Rinde abgeschniirt haben. Namentlich der gelegentliche Zusammenhang jener Zellnester unmittelbar mit der Rinde (will heiBen der II. Schicht) spricht ihm ffir diese Auffassung. Eben aus diesem Grunde mSchte ich mich fiir unseren Fall Schobs Auffassung anschlieBen. Damit aber wird eine solche Ektopie, so unscheinbar und in unserem Material isoliert sie ist 1, zu einem gewichtigen Zeugnis ffir das Walten ent- wicklungshemmender Einflfisse schon in dieser mittleren Epoche der Embryonalentwicklung. Zeitlich liegt die bier zu erschlieBende Hem- mungswirkung nur um weniges friiher als die, welche gewissen seltenen Uberbleibseln der superfiziellen KSrnerschicht in Kretinenkleinhirnen zugrundeliegt und (nach der vorigen Arbeit, S. 428) mit Wahrscheinlich- keit an die Grenze yon mittlerem und letztem Drittel der Fetalzeit zu verlegen ist.

Auch die in Abb. 4 wiedergegebene Riesengliazelle der Molekular- schicht stellt ein Unikum dar, da weder im selben noch in den iibrigen Fallen dergleichen nochmals aufgefunden werden konnte. Nun bestanden 5rtlich keinerlei fiir das realctive Auftreten yon Riesengliazellen in Be- tracht kommende Gewebsver~nderungen, und die abgebildete land sich bei dem n~mlichen Falle, der in der gleichen Schicht die eben besprochene grSbere teratoide Bildung darbot. So wird man auch diese Gliazelle als eine dysgenetisch-teratoide Bildung ansprechen miissen. Hierbei kann an das Vorkommen wm Riesengliazellen bei anderen Formen des Schwachsinns (besonders der tuberSsen Sklerose) erinnert werden, ohne dab eine engere Analogie behauptet werden soll. Jedenfalls wird die MSg- lichkeit nicht abzustreiten sein, auch solche Riesenkernbildung der Glia als Ausdruck einer Entwicldungshemmung zu deuten (als eine durch Volumenzunahme vorbereitete, dann abet infolge Eingreifens eines Hemmungsmomentes unvollzogen bleibende Kernteilung), zumal man ffir die zweikernigen Purlcinje-Zellen mancher unserer F~lle (siehe unten) eine nahe verwandte Auffassung vertreten muB.

i Ob ein solcher Befund bei systematischer Absuchung der Kretinengehirne auf Serienschnitten 5fter zu erheben w~re, mug ich allerdings dahingestellt lassen.

Z. f. d. g. Neut . u. Psych. 146. 3

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Von jenem umschriebenen Ganglienzellnest abgesehen, konnte eine Vermehrung der Cajal.Zellen der Molekularschicht in keinem der F~Ile gefunden werden (fiber Begriff und normales Vorkommen dieser Zellen siehe die Arbeit yon Oppermann). Ebensowenig land sich ein anderes mSgliches Zeichen rfickstandiger Entwicklung: eine Vermehrung der in der Markleiste verstreuten Ganglienzellen (fiber deren normales Vor- kommen siehe gleichfalls Oppermann, ferner Schob).

In der Bewertung ,,falsch" eingestellter, sonst normal gebildeter Ganglienzellen rat Schob mit Recht zur Vorsicht. Ich vermochte mich nicht davon zu fiberzeugen, dal~ in den hier beschriebenen Fallen SchieL s~ande yon Pyramidenzellen haufiger seien als bei nervengesunden Ver- gleichsfMlen. Sicher pathologisch allerdings scheint nfir Desorientierung um 1800 zu sein, wie sie bei einer Pyramidenzelle des Falles 10 gefunden wurde. Ffir die Schicht ihres Vorkommens zu grol~e Zellen bei Idiotie erwahnt Schob (S. 842 und Abb. 57). Ein Beispiel dieser Art, eine zu- gleich atypisch gestaltete Riesenpyramidenzelle in der III, fand sich in dem namlichen Kretinenhirn (Fall 10). Sicher in pathologischem Grade de/orme Zellen warden nur in wenigen F~llen, und bier jeweils nur vereinzelt oder sparlich angetroffen (Abb. 6, vgl. auch Fall 8) ; diese Exemplare stehen wohl den yon Schob S. 842 erw~hnten spindeifSrmigen oder ganz bizarr gestalteten (vgl. seine Abb. 57, Zellen 3, 6, 10) nahe. StSrungen der Entwicklung werden auch ffir diese seltenen Vorkommnisse desorientierter, schichtfremder und atypisch gestalteter Ganglienzellen mai~gebend sein, ohne daI~ aber sichere Anhaltspunkte ffir eine genauere Datierung innerhalb der embryonalen (oder friih-extrauterinen ?) Periode gegeben erscheinen.

Ungleich haufiger als die bisher behandelten, jeweils 5rtlich eng um- schriebenen zellbaulichen Abweichungen fanden sich im Kretinenhirn architelctonische Abweichungen des Schichtenbaus von grSflerer Ausbreitung ; zwar nirgends von grSberer Art, aber doch bei manchen F~llen wenigstens an einzelnen Areae yon recht deutticher Auspr~gung. Und zwar handelte es sich einerseits um herabgesetzte Diehtigkeit der Ganglienzellbesetzung, andererseits um verminderte durchschnittliche GrSBe der Ganglienzellen gewisser Schichten oder Unterschichten; sodann - - wenn auch viel seltener - - um VerschmMerung der Rinde im ganzen, Verbreiterung oder Verschmalerung einzelner Sehichten, verminderte Deutlichkeit der Ab- grenzung einzelner gegen Naehbarschichten, selten um eine herabgesetzte Deutliehkeit der Schichtung fiberhaupt innerhalb einer Area. Man wird in jener Ze]larmut und -kleinheit (yon Sonderumstanden abgesehen, siehe unten) im allgemeinen den Ausdruck einer gewissen Hypoplasie, in herab- gesetzter Deutlichkeit der Sehichtenabgrenzung im allgemeinen einen Entwicklungsrfiekstand sehen mfissen, insofern ni~mlich die Heraus- bildung deutlieh abgegrenzter Schichten normalerweise ers$ im Laufe der Rindenentwicklung sich vollzieht. In der einige Male (z. B. Fall l,

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Abb. 1) vermerkten Unregelmi~Bigkeit der Abgrenzung der i~uBeren K6rnerschieht gegen die Molekularschicht wird man vieUeicht (/ihnheh wie as Schob fiir viel ausgesproehenere derartige UnregelmiiBigkeiten seiner Abb. 12 tut) eine Resterscheinung des im 5. Embryonalmonat normalen Status verrucosus simplex vermuten diirfen 1. Nicht so ein- deutig erscheint die Beurteilung von Verbreiterung und Verschm/~lerung einzelner Schichten, wenn auch eine Verbreiterung speziell der K6rner. schichten, (da deren Ganglienzellen wohl als dem Neuroblastenstadium wenigstens der GrSBe nach n/~her gebliebene Elemente gelten miissen) vielleicht gleicherweise wie ein Schmiilersein der Schichten I I I , V oder VI auf einen Entwicklungsriickstand bezogen werden daft. Und ebenso wird wohl auch die einige Male (siehe z. B. Abb. l) konstatierte, den Ver- gleichsf/illen gegeniiber deutlichere Kolonnenbildung (sei kS im ganzen, sei es innerhalb einzelner Schichten der betreffenden Area) aufzufassen sein; denn die ,,Neigung der Zellen zur Anordnung in S/~ulen mit dicht gedr/mg- ter Lagerung bzw. Zusammenballung der Zellen" (Schob, S. 840), eine der die embryonale yon der erwachsenen Rinde unterscheidenden zell- baulichen Eigenttimlichkeiten 2, diirfte hier in einem Anklang erhalten sein (wie denn Xhnliches auch bei ,,Idiotie" - - siehe Schob a. a. O. - - wieder- holt im Schrift tum hervorgehoben wurde: ,,Straffe Zeilenstellung der Zellreihen mit auff/~llig dichtstehenden Zellen." : Alzheimer bei Kraepelin; ,,L~ngsreihenbildung": H. Vogt.)

Einen Entwicklungsrfickstand stellt endlich auch die in einigen F/~llen gefundene Andeutung einer inneren KSrnersehicht in der Area 4 oder Area 6 dar (Abb. 3), in welchen sie bekanntlich normalerweise mrr vor- iibergehend angelegt wird.

Zur Kritik dieser Be]unde Ski folgendes ausgefiihrt. Der leicht sich aufdr/ingenden Neigung, in den von Kretinen stammenden Bildern, namentlich wenn es sich um Rinden geistig schwer Defekter handelte, um jeden Preis zellbauliche Abweichungen finden zu wollen, habe ich gefhssentlich zu widerstehen gesucht, glaube daher die in den Beschrei- bungen behaupteten Abweichungen yon den Vergleiehsf/illen als objektiv bestehende vertreten zu k6nnen. Dab eine bedeutend grSBere Zahl ,,normaler" Vergleichsf/~lle zur Sicherung gedient und vielleicht manche der geringergradigen Ab~ceichungen als noch innerhalb normaler Varia- bilit/it liegend ausgeschaltet hi~tte, ist zuzugeben. Wenn aber die gefundenen Abweichungen im ganzen durchaus im Sinne der Hypo- plasie (des Anlage- und Wachstumsrfickstandes) und der gehemmten

1 Dagegen scheint sich Schobs Beobachtung (S. 840 unten) ,,unregelm/~13iger Be- grenzung der obersten Rindenschicht gegen die Molekularschicht bei gleichzeitiger Verdichtung der obersten Zellschicht, wie bei Status verrucosus", wenn ich recht verstehe, auf den Status verrucosus de/ormis zu beziehen.

2 Auch postnatal bleibt sie iibrigens noch einige Zeit bis zu einem gewissen Grade erhalten, siehe z. B. die Abbildungen bei Aldama vom 1- und vom 5ji~hrigen Kinde.

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strukturellen Ausbildung liegen, so dtirfte dies eine gewisse wechsel- seitige Sicherung dieser Befunde liefern und damit jenen Mangel einiger- maBen ausgleiehen i

Soweit die zellbauliehen Abweiehungen in verminderter Zelldichtigkeit gewisser Sehichten bestehen, ist ihre Deutung ~Is Entwicklungsriiekstand bzw. Hypoplasie natiirlieh abh~ngig yon der M6gliehkei~, einen naehtr~g- lichen Zellunt~rgang diffuser Art yon entspreehendem Ausmal3 auszu- sehliel~en. IIerdart ige Ausf~lle, auch in Gestalt feinster unregelm~Big- fleekf6rmiger Liehtungen, wie sie in einzelnen F~illen ~uf septiseh oder endokarditisch begriindete Embolien oder auf sonstige zirkulatoriseh bedingte, namen~lleh arteriosklerotische Iseh~mien (Erbleiehungen; Ver- 6dungen) zuriiekzufiihren waren, siad Ms Fehlerquellen nicht Mlzu gef~ihrlich. Abet aueh ein gewisser diffuser Zelluntergang mag in einzelnen Fallen dutch das den Kretinismus komplizierende chronische Leiden (schwere Arteriosklerose, chronische Nephrose, maligne Tumorbildung mit Kachexie) herbeigefiihrt worden sein; fiir die F~lle mit schwerer Hirngefg/3sklerose ist das sogar einigermaBen wahrseheinlich. Und auch fiir die im Greisenalter oder nahe daran stehenden F~lle (3, 4 und 5) wird man solch sekund~iren Anteil an der diffusen Zellarmut in Betracht ziehen miissen 3. Fiir die F~lle I, 2, 13, 14 dagegen kommen derartige ehronisehe Ursaehen eines sekund~ren diffusen Zellunterganges nicht in Betraeht, und aueh akute kaum in einem Mal3e, das die Beziehung des zellbaulichen Bildes auf die vorbestehende kretinische Gesamtverfassung in hohem Grade einsehr~nken oder gar verbieten wiirde 8. (Aueh tr~gt es zur Aussehaltung all dieser Fehlerquellen weiter bei, dab als Vergleiehs- f~lle nieht etwa pl6tzlieh durch Unfall oder Hinrichtung zu Tode Ge- kommene mit m6gliehst optimal erhaltenen Gehirnen gew~hlt wurden.) Fiir die (unten zu bespreehenden) h~ufigen Verfettungserscheinungen und sonstigen ehroniseh-regressiven Ganglienzellver~nderungen gelten in gene~ischer IIinsieht entsprechende Erw~gungen; Is man in diesem

i Die fiir teelmische Hilfe und fiir Material verfiigbaren ~ittel zogen eben hier wie aueh in anderen Punkten der Bearbeitung gewisse Grenzen.

In Fall 4 sprieht namentlieh der unregelm~Big grobfleekige Charakter der Mark/aserarmut in den tieferen Sehiehten ffir einen sekundhren (wahrseheinlieh gef~13abh~ngigen) Unt~rgang yon nerv6sen Gewebsbestandteilen; damit ist natiir- lieh nichts gegen die Wahrseheinlichkeit auch einer prim~ren (hypopl~stisehen) Armut an Markfasern usw. gesagt.

z Namentlich sprieht hierfiir auch der Umstand, dal~ in den Fhllen mit di//user Zellarmut gewisser Schiehten und akutem finalem Leiden die fiir diffuse akute Rindenzellenseh/idigung kennzeiehnenden Formen (,,akute" und ,,schwere" Zell- ver~nderung Nissls und mit diesen verwandte) nicht vorhanden waren. Ein ver- breitetes der akuten Zellver~nderung nahestehendes Bild hot vielmehr nur Fall 15 (Thyreoaplasie), in welehem diffuse Zellarmut nieht vorhanden war; in Fall 14 besehr~nkt sieh eine ~hnliche Ver~nderung der Zellen auf einzelne Windungen, kann daher nieht wohl in Beziehung gesetzt werden zu der diffusen Zellarmut der Il l , die sehr wahrseheinlich in zwei (areal nieht n~her bestimmbaren) granul~ren Rinden- regionen durch~lehend herrseht.

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Sinne ihre wahrscheinlich direkte Abh~ngigkeit von der bestehenden Konstitutions- und Stoffwechselabartung gelten, so erscheinen sie doch andererseits wieder (von den zugleich senilen und hirnarteriosklerotischen F~llen abgesehen) kaum hochgradig genug, um zu einem die zellbaulichen Abweichungen erkl~,renden diffusen Zellun~ergange zu ffihren. Manche diesen Schlu~folgerungen heute noch anhaftende Unsicherheiten werden sich durch weitere Erfahrungen ~llm~hlich beseitigen lassen.

Was die h~ufig gefundene Verminderung der Ganglienzellgr6fle in gewissen Schichten oder Unterschichten anlangt, so wird gewil~ auch hier die Annahme einer gehemmten Entwicklung (Hypoplasie) im allgemeinen zutreffen. Soweit es sich um senile Individuen handelt, oder verbreitetere mit Schrumpfung des Zellvolumens einhergehende Ganglienzellver~nde- rungen (,,chronische" Ver~nderung und deren Vorstufen) gefunden wurden, kommt ja sekunds GrSl~enminderung als mitbestimmend ffir den zellbaulichen Anblick gewisser Schichten in Betracht (z. B. F~lle 3, 5, 7). Eine erhebliche Einschr~nkung fiir die Deutung der durchschnittlichen Zellkleinheit einzelner Schichten als einer Teilerscheinung von Rinden- entwicklungshemmung entsteht aber meines Erachtens hieraus nicht.

Von Zellarmut und -kleinheit erscheint am h~ufigsten die III . Schicht betroffen ; wo fiberhaupt derartige Abweichungen an einer Area auffindbar waren, war die I I I wenn nicht allein so doch mindestens mitbetroffen (Ausnahmen verschwindend). Am wenigsten ausgepragt und am haufigsten fiberhaupt nicht nachweisbar waren zellbauliche Ver~nderungen in der Occipitalregion (Area 17, 18); auch in Area 4 und 6 waren im ganzen die Abweichungen weniger h~ufig und weniger bedeutend als in Area 7 und 10.

In den F~llen 1--4 bot sich die MSglichkeit, auch/aserbauliche Ver- gleiche mit Normalf~llen anzustellen. Mit Rficksicht auf das S. 36 Gesagte lassen sich aber nur in den Fs 1 und 2 die gefundenen faser- baulichen Abweichungen in ihrer Gesamtheit als Ausdruck einer mit dem Kretinismus zusammenh~ngenden Hypoplasie der Markreifung der Rinde deuten. Neben der Schicht 1 ist auch hier (mit Ausnahme yon Area 7 des Falles l) die 3. Schicht, welche der zellbaulichen I I I entspricht, vor allem in ihren tieferen Anteilen stets mitbetroffen. In tieferen Schichten sind es namentlich die feinsten, den ,,Grundfaserfilz" (C. und O. Vog 0 darstellenden Faserchen, deren Markscheidenentwicklung unvollst~ndig erfolgt ist.

An Bielschowsky-Pr~paraten zu einer sicheren Entscheidung zu kommen, ob die tIypoplasie auch die Achsenzylinder selbst betrifft, ist mir -- auch mit Zuhilfe- nahme mikrophotographischer Aufnahmen -- nicht gelungen.

Ehe wir auf die Frage nach den Beziehungen der zell- und markfaser- baulichen Ver~nderungen der Hirnrinde zum kretinischen Schwach- sinn eingehen, sollen zun~chst noch die im engeren Sinne histopatho- logischen Ver~nderungen der Rinde er5rtert werden. Solche fanden sich

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in den untersuchten F~llen, soweit sie ffir ein Urteil dariiber verwertbar waren, fast durchweg. Weitaus am h~ufigsten handelte es sich um ver- breitete wabige Zellverdnderung i m Nissl.Bilde, beruhend auf mehr oder weniger hoehgradiger Verfettu~g (und oft auch ,,Pigment"vermehrung) im Herxheimer-Bilde, und in der Regel einhergehend mit vermehrtem Fett- gehalt auch der Glia und Ansamnilung lipoider Abbauprodukte an Rinden- und MarkgefgBen.

Jene wabige Ver~nderung war h~ufig verbunden mit Verwaschenheit der Nissl-Struktur (bis zu ausgesprochenen Graden), wovon nur die gr6Beren Zelltypen oft eine gewisse Ausnahme machten; namentlieh die Betzsehen Riesenzellen der Area 4 zeigten zumeist auffallend gut erhaltene Tigroidstruktur. Die namentlich von Isenschmid, Rasdolsky bei experi- menteller Athyreose festgestellte AuflSsung dieser Strukturen besonders auch in den groSen motorischen Zellen der Rinde (siehe Lotmar, 1, S. 510) hat also im Kretinengehirn - - wenigstens in den hier bearbeiteten F~llen - - keine n~here Entsprechung. Ob aber die h~ufige Verwaschenheit der Nissl-Struktur in den kleineren Rindenzellen der Kretinen als eine (jenen Experimentalbefunden mSglicherweise verwandte) nachtr~gliche Abbauerscheinung bei ursprfinglich normaler - - oder ,einigermaBen normaler - - Ausbildung dieser Strukturen, oder aber als eine hypo- plastische Ausbildung derselben zu deuten sei, das scheint mir mit Sicherheit zur Zeit nicht beantwortet werden zu kSnnen. Die Untersuchung frfih- kindlicher Kretinengehirne wfirde - - bei auch sonst gfinstigen Be- dingungen - - die Entscheidung wohl ermSgliehen ; solche waren aber nieht unter meinem Material. Mit der ersten Alternative erscheint es indessen ungezwungener vereinbar, dab doch eben in den gr6tk'ren und grSBten Zelltypen die Tigroidstruktur gut zur Ausbildung gekommen ist; und auch der Umstand, da~ chronische Zellvergnderungen bestehen (nament- lieh Verfettung), die sehon an sich einen Abbau jener Strukturen ver- s~ndlich machen, l~l]t jene erste Alternative als die n~herliegende er- scheinen. Kann doch nicht etwa ernstlich daran gedacht werden, ihrer- seits diese Bilder chroniseher Zellver~nderungen, die bei sonstigen Krank- heits- und Involutionszusts als sekund~ir entstanden sicherstehen, ffir das Kretinengehirn ausnahmsweise als unmittelbaren und prim~ren Ausdruck einer Hypoplasie (ira eigentlichen - - morphologischen - - Wort- sinne) zu deuten 1.

Teils neben, teils an Stelle wabiger Ver~nderungen spielte in einigen Fgllen auch die ,,chronische Zellver~nderung" im speziellen Sinne yon Nissl (sowie deren Vorstadien) eine erhebliehe Rolle.

1 In erweitertem und uneigentlichem Sinne kSnnte der Gesichtspunkt einer ,,Hypoplasie" fiir diese chronischen Zellvergnderungen nur dann herangezogen werden, wenn man ihr vorzeitiges Auftreten beruhend denkt auf einer origin~ren oder frfih erworbenen herabgesetzten Widerstands]~ihigkeit (woriiber unten S. 40 N~heres).

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Nut in einem einzigen unserer F~lle (15), der allerdings nicht zum endemischen Kretinismus, sondern zur Gruppe des kongenitalen Myx- 5dems zu rechnen ist, land sich in diffuser Verbreitung die ,,akute Zell- ver~nderung" Nissls (wenigstens in einigen ihrer Hauptmerkmale aus- gepriigt). Ffir diese Ver~nderung mul3, wie kaum gesagt zu werden braucht, mit grSl3ter Wahrseheinlichkeit die finale Erkrankung (akuter Ileus infolge Hirschsprungscher Krankheit) verantwortlich gemacht werden 1. Die der akuten Zellveritnderung begriffsgems zugeh5rige Auf- 15sung der Nissl-Schollen, die demnach dieser Fall 15 als einziger auch in den Betzschen und in sonstigen groBen Rindenzellen in einem mit den experimentellen Schilddrfisenausschaltungen (yon Isenschmid u. a.) ver- gleichbaren Grade aufweist, kann also hier mit der Tigrolyse dieser Tier- versuehe nicht urs~chlich gleichgestellt werden.

Im fibrigen dfirfte trotz des soeben und vorhin (S. 38) Ausgefiihrten die Annahme noch nicht endgfi|tig abzuweisen sein, dal~ eine gesteigerte Labilitdt der Nissl-Strukturen beim endemischen Kretinismus als ihm zugehSrige biochemische Abweichung best~he, ~hnlich wie man eine solche Hinfitlligkeit (gem~l~ dem auf S. 38 Anm. 1 Angedeuteten) auch den vorzeitigen Verfettungserscheinungen der Ganglienzellen zugrunde liegend denken kSnnte. Nur ersclaeint ffir die Niss1-Strukturen eine solche Labilit~tssteigerung heute noch nicht in positiver Weise durch Befunde an der Kretinenrinde selbst gestiitzt ; und es sei vorgreifend gesagt, dab auch die Mitberiicksichtigung des Hirnstamms solche Stfitzen nicht liefert.

Die verbreitete Ver/ettung (mit wabiger Veriinderung) der Rindenzellen erscheint, wie in der Einzelschilderung n~her ausgefiihrt wurde, in manchen F~llen deutlich verbunden re_it einer im Verh~ltnis zum Alter abnormen GrSBe des Pigmentflecks, so dab im rein morphologischen Sinne yon einer Kombination yon ,,Verfettung" und ,,Pigmentatrophie" im Sinne yon Spielmeyer (~hnlich A. Jakob) gesprochen werden mul~. Es sell abet damit keineswegs entschieden werden, ob das, was innerhalb des Gesamtbildes als Verfettung imponiert und vielleicht (wenigstens zum Teil) ein etwas frischerer Prozel~ sein kSnnte, hier auch seinem pathogenetischen Wesen nach yon der im Sinne der ,,Pigmentatrophie" gesteigerten Ausbildung des Pigmentflecks streng abzusondern ist. Denn aus einheitlichen Be- dingungen, einer (vorauszusetzenden) biochemisch minder widerstands- f~higen cellul~ren Veranlagung und der dauernden Stoffwechselabartung, kann ein vorzeitiger Involutionsvorgang in sich geschlossener Art erwachsen, der vielleicht im ZellkSrper zun~chst mehr langsam und umschrieben, sp~ter rascher und diffus fortschreitet und demgem~l~ zu chemisch und f~rberisch etwas verschiedenen Abbauprodukten fiihrt; des ni~heren

1 Dasselbe gilt wohl auch fiir die gleichartigen, aber nur in einzelnen Windungen ausgebiideten Zellver~nderungen des Falles 14 (jauchige Peritonitis usw. nach Volvulusoperation).

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kSnnte etwa ein gewisses, bier ]riiher als in der Norm erreichtes Marl von ,,Pigmentatrophie" und dadurch verandertem Gesamtehemismus der Zelle Vorbedingung daffir sein, da~ unter dem Ein]lufl der dauernden Abartung des Gesamtsto]]wechsels die diffuse Ganglienzellver]ettung ein- se tz~, USW. 1.

In den in jugendlichem bzw. mittlerem Alter verstorbenen Fallen 2, bzw. 1, abet auch in dem prasenilen Falle 3 geht diese Verfettung und Pigmentvermehrung erheblich fiber das hinaus, was aus normaler Involution erklart werden kSnnte; aber auch das finale Leiden lind andere ,,Kom- plikationen" des Kretinismus werden weder in den Fallen 3 und l, noch namentlich im Falle 2 als zureichender Grund gelten kSnnen. Vielmehr muB meines Erachtens mit groBer Wahrscheinlichkeit die Icretinische Sch~idigung des Organismus selbst verantwortlich gemacht werden, wobei sowohl eine zu vorzeitiger Involution pradisponierende ~nlagemaBige bzw. schon in frfihen Embryonalstadien gesetzte Minderwertigkeit der Widerstandskraft und Restitutionsf~higkei~ der Nervenzellen gegenfiber den Einflfissen eines normalen ,,Aufbrauehs", als auch die aufbrauch- beschleunigende Einwirkung im extrauterinen Leben andauernder patho- logischer Stoffwechselbedingungen (namentlich hypo- bzw. dysthyreo- tiseher Grundlage) auf ursprfinglich nicht minderwertige Nervenzellen in Betracht kommen. Im AnschluB an die in dem zweiten meiner Athyreosefalle gefundene ausgesprochene degenerative Ganglienzell- verfettung wurde schon (1, S. 509) die von F. H. Lewy ausgesprochene Er- wartung erwahnt, ,,dab die Lipoidspeicherung (se. bei dysthyreoiden Zustanden), wie sie sich in den meisten KSrperzellen finder, auch an den Nervenzellen sich auBern kann". Hat te ich es damals ffir noch nicht spruchreif erldart, ob jene Ganglienzellverfettung (die in dem ersten jener FMle fehlte), mi~ dem Schilddrfisenausfall fiberhaupt in Zusammen- hang steht, so wird dies nach den hier berichteten Befunden in Kretinen- gehirnen nunmehr doeh als einigermaBen wahrscheinlich zu bezeiehnen sein. Auch den gleiehartigen Befund in den Fallen yon thyreopriver Kaehexie (16 und 17) und in geringerer Verbreitung auch in dem neuen Falle yon Athyreose (15) wird man im namlichen Sinne verwerten dfirfen, wenngleich mit einer gewissen Einschrankung wegen des sehon etwas vor- geschrittenen Alters namentlich des erstgenann~en (16), und der hoch- gradigen Arteriosklerose der GehirngefaBe bei beiden thyreopriv Kaeh- ektisehen (16 und 17).

1 Spielmeyer (S. 90) betont iibrigens, dab die Abgrenzung der Verfettung gegeniiber der Pigmentatrophie nicht immer leicht durehfiihrbar ist, und dal3 es bei solehen Bildern auf die strenge Unterscheidung nicht so sehr ankomme, wie auf die Auseinanderhaltung der reinen Formen. -- Ob das in den Ganglienzellen dar- gestellte lipoide Pigment (Lipofuscin) und Fett in der Tat in loco entstanden sind (wie oben vorausgesetzt wurde), ist hier nicht zu diskutieren; die Schwierigkeit der Entseheidung ergibt sieh noch aus neuesten Ausfiihrungen yon Scherer (S. 488/89 seiner Arbeit).

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Bieten die Verfettungserscheinungen an den Ganglienzellen (worunter in der Folge - - im Hinblick auf das S. 39/40 Gesagte - - die beiden hier zumeist kombinierten Formen ohne strenge Unterseheidung verstanden werden sollen) eine Verwandtschaft zu den senilen Ver/inderungen in nieht-kretinen Gehirnen, so hat sich jedoch in unseren Kretinengehirnen eine Neigung zum vorzeitigen Auftreten seniler Drusen oder Alzheimer- seher Fibrillenver/s in keinem der F/~lle ergeben. (Drusen wurden iiberhaupt nur bei dem 77j/~hrigen Falle 4, nicht aber bei dem besonders hochgradige Verfettungserscheinungen bietenden pr/~senilen Falle 3, Alzheimersche Fibrillenver/~nderung bei keinem der F/~lle ge- funden.) Wie schon bei der angeborenen Athyreose (a. a. O. S. 509), so erscheint also auch bei der Kachexia thyreopriva und beim Kretinismus fiir diese Verfettungserseheinungen eine engere Analogisierung mit den Rindenver/~nderungen des pathologischen Seniums (Presbyophrenie, Alzheimersche Krankheit) kaum gerechtfertigt. Und aueh zur Stfitzung der von Manchen vertretenen Annahme, da$ das normale oder patho- logisch verfriihte und gesteigerte Altern hypothyreotiseh vermittelt sei (dazu kritisch R6ssle, S. 62f.), erscheinen daher jene regressiven Ganglienzellver/~nderungen der Hirnrinde bei angeborenem und erwor- benem Schilddriisenmangel wie bei Kretinismus kaum dienlich.

Ob die Verfettungserscheinungen der Ganglienzellen der Kretinen- rinde, insbesondere die als frischer imponierenden Verfettungen i. e. S., im Prinzip reversibel sind, namentlieh dureh 1/mgerdauernde Sehilddriisen- behandlung ganz oder teilweise zum Rfickgang gebracht werden kSnnten, ob anderseits eine friih einsetzende Sehilddriisenbehandlung ihr Auf- treten hintanhalten oder dem Grade nach einschr/~nken kSnnte, in welcher Weise etwa bei ihrem Auftreten eine kretinogen bedingte eellul/~re Disposition (im Sinne des S. 40 Gesagten) mit chronischen oder akuten komplizierenden Erkrankungen zusammenwirkt, das sind Fragen von groBem Interesse, deren Beantwortung heute noch nich$ mSglieh erscheint.

Bilden nun die gefundenen Ver/s der Hirnrinde insgesamt ein ausreiehendes Substrat des kretinischen Schwachsinns ? Wenn die Auf- findung dieses Substrats gewiB eines der Hauptziele histopathologischer Untersuchungen an Kretinengehirnen darstellt, so wird man doeh von vorneherein die Erwartungen etwas m/~l~igen miissen, naehdem noeh jfingst ein Kenner wie Schob zugeben mul~te (S. 780) : ,,Wir miissen often gestehen, dal3 wir selbst bei zahlreichen schwersten Formen von Idiotie noch keinerlei charakteristisehe, pathologisch-anatomische Ver/s nachzuweisen imstande sind" usw. Sehen wir nun ab yon den zuletzt besproehenen verbreiteten regressiven Ver/~nderungen der Ganglienzellen (im besonderen auch yon den Verfettungen und yon der Frage ihrer mehr oder weniger rezenten Entstehung und ihrer-- im vorliegenden Zusammen- hang wiederum belangreichen - - Reversibilit/s so werden wir in der Ganglienzellarmut und relativen Zellkleinheit wichtiger Sehichten, unter

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diesen in bevorzugtem Grade der fiir h6herpsychische Leistungen besonders maBgeblichen I I I . , ein zumindest bedeutsames Teilsubstrat, ja vielleicht iiberhaupt ein ausreichendes Substrat des kretinischen Schwachsinns anerkennen mtissen. (Haben doch vor kurzem Bostroem und Spatz als Grundlage einer Idiotie auch nur eine allgemeine m~Bige Zellarmut der GroBhirnrinde gefunden.) Zugunsten jener Auffassung l~Bt sich nament- lich anffihren, dab diejenigen FMle, in welehen nach den (leider fast durchweg sehr lakonisehen) klinischen Notizen ein 8chwerer Grad yon Schwaehsinn anzunehmen ist oder sichersteht, jene Zellarmut und -klein- heit fast ausnahmslos in ausgesprochenem oder mittlerem Grade, die F~lle mat nut geringeren Graden des Schwaehsinns dagegen jene zell- baulichen Abweiehungen nur in mittlerem oder fiberhaupt nicht in merk- liehem Grade dargeboten haben.

Teilen wir die F~lle, deren Schwachsinnsgrad wir kennen, in drei Grade ein, und verteilen wir sie naeh dem Grade der ZeUarmut (indem wir nut auf diese ab- stellen, yon der Zellkleinheit absehen) in solche mit ziemlich ausgesprochener, mit m~Biger und mit geringer Zellarmut der untersuchten Rindenpartien, so ergibt sich folgender l~berbliek: Unter den Kretinen mit schwerem Schwachsinn findet sich in den F~llen 3, 4, 8, 9 ziemlich ausgesprochene, in den Fi~llen 2, 13, 14 maBige, in dem Falle 12 leichte Zellarmut; unter den Kretinen mit mittelschwerem Schwach- sinn hatte Fall 7 m~Bige, Fall 6 keine sichere Zellarmut; yon den beiden Kretinen mit nur leichterem Schwaehsinn hatte Fall 1 m~tBige, Fall 10 keine sichere Zellarmut. (AuBerdem hatten yon den Fallen mit unbekanntem Grade des Schwachsinns Fall 5 m~tBige, Fall 11 leichr Zellarmut. Aus diesen F~llen kann zwar keine Stiitze ftir den in Rede stehenden Parallelismus abgeleitet werden, aber sie k6nnen ihn doch auch, sowelt er aus den F~llen mit bekanutem Grade des Schwachsinns heraus- gelesen werden kann, nieht etwa entkr~tften.) Allerdings mui3te bei diesem ~ber- schlag yon allen auf S. 36 erwogenen Mom~nten, die mit einer Hypoplasie als Grundlage der psychischen Unterfunktion inter/erieren, abgesehen werden, und ferner auch yon dem Umstand, dab die Untersuchung der F~lle nur eine sehr versehieden vollst~ndige sein konnte. Mit diesen Einschr~nkungen spricht der gegebene l~berblick im ganzen im Sinne der zur Priifung stehenden Annahme.

Es erscheint mir somit der SchluB auf die zellbauliche Grundlage des kretinischen Schwachsinns in der obigen zuriickhaltenden Fassung berechtigt 1, und zwar ungeachtet dessen, dab jener durchschnittliehe Parallelismus zwischen dem Grade des Schwachsinns und dem der rinden- baulichen Hypoplasie nur an einer beschriinkten Zahl herausgegriffener Areae aufgewiesen wurde. Sowohl durch Vermehrung der mit Normal- fMlen in Vergleieh gezogenen Areae, als vor allem dadurch wiirde unser Einblick gewiB an Vollst~ndigkeit sehr gewinnen, dab auch noch die Fldchenausdehnung der fiir die vorliegende Frage belangreichsten Areae im Vergleich mit Normalhirnen festgestellt wiirde; letzteres eine sehr zeitraubende, nur bei reichen Hilfsmitteln yon einem spezialgeschulten Forscher angreifbare Aufgabe, zumal meines Wissens genfigende Grund-

1 Auch die myelohypoplastischen Befunde fiigen sich dieser Auffassung ein, wenn aueh die Zahl der nach dieser Richtung untersuchbar gewesenen F~lle noch sehr klein ist.

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lagen fiber die normal-anatomische Schwankungsbreite der Ausdehnung der einzelnen Areae noch mangeln.

Gamper (S. 281) trennt im Anschlu$ an Wagner v. Jauregg innerhalb des kretinischen Schwachsinns den inkretorisch bedingten ,,Torpor" yon der eigentlichen ,,kretinischen Idiotie" als unmittelbarem Ausdruck einer Sehi~digung des Zentralorgans ab (als deren - - noch unbekanntes - - anatomisches Korrelat mit aller Wahrscheinlichkeit eine StSrung der normalen Organentwicklung anzunehmen sei). Sieht man nun, wie es oben - - mit einiger Reserve - - geschah, in den gefundenen zell- (und faser)baulichen Abweichungen das Substrat der kretinischen Oligophrenie, so kSnnte man daran denken, innerhalb der Gesamtheit der begleitenden chronisch-regressiven Zellver/inderungen einschlie$1ich der vorzeitigen Pigmentatrophie und Verfettung naeh einem morphologischen Substrat des begleitenden ,,Torpors" Umschau zu halten. Da nun nach Gamper der Torpor, ,,die pathologische Reaktionsform des Zentralorgans auf eine Insuffizienz der Schilddriise", im Prinzip durch eine wenigstens frfih einsetzende Inkretbehandlung soil zuriickgebraeht werden kSnnen, so mfiBten auch ihm zuzuordnende Zellver/tnderungen dieser Bedingung gentigen. Hinsiehtlich der Verfettungserscheinungen im besonderen mul~te abet oben (S. 41) diese Frage als zur Zeit noch often bezeichnet werden. Sollten diese aber - - wenigstens zum Teil - - verhMtnism/i$ig frischer Entstehung sein, so k/ime ihre Zuordnung zum Torpor schon um deswillen nicht in Betracht. Ob die markfaserbauliche Unterentwicklung durch friihe Inkretbehandlung wenigstens teilweise hintangehalten werden kann, ob daher (zum Teil) sie dem Torpor zugeordnet werden kSnnte, diese Frage wird man im Hinblick auf die bekannten regenerations- beschleunigenden Wirkungen yon Schilddriisenstoffen auf verletzte periphere Nerven stellen dfirfen, wenn auch nieht leicht anatomisch zur Entscheidung bringen k6nnen. --

In den Stammganglien, im Thalamus und den tie/eren Abschnitten (Vierhfigel-Pons-Oblongata) haben sich architektonische Ver/~nderungen nicht auffinden lassen; dies gilt auch yon dem Zellaufbau der Kerne des H6hlengraus und Hypothalamus, auf welche eigens geachtet wurde (siehe namentlich Fiille 1, 2 1). Die Ganglienzellen der Stammganglien, des Claustrum, Thalamus und Hypothalamus zeigten im allgemeinen /~hnliche, wenn auch oft weniger ausgepr/~gte chronisch-regressive Bilder wie die der Rinde; in zumeist weit geringerem Grade auch die Zellen tieferer Hirnabschnitte. Nur in einem der F/~lle (3), der dem Pr/isenium angeh6rt (64 Jabre), waren auch distalere Kerngebiete yon Verfettung bzw. Pigmentatrophie hochgradig betroffen, darunter namentlich die

1 Einschr/inkend w~re hierzu anzuftihren, dal3 aus den oben (S. 36, Anm. 1) genannten Grfinden nicht an Serienschnitten die Gesamtausdehnung jedes dieser Keme mit Normalhirnen verglichen, vielmehr fiber ihren Zellaufbau auf Grund einzelner Schnitte geurteilt wurde.

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untere Olive (nach v. Braunmi~hls Forschungen bei senilen Prozessen yon solchen Vers bevorzugt betroffen), ferner der v.Monakowsche (grofzellige Hinterstrang-) Kern, etwas geringer auch das Dentatum; die Ver~nderungen fibertrafen hier weit diejenigen des viel ~lteren Falles 4 (77 Jahre), welcher Fall damit zugleich beweist, daf auch die Kombination yon Senium und Kretinismus nicht notwendig zu schweren derartigen Involutionsvorg~ngen in den genannten Kerngebieten fiihren muf.

Auf die im allgemeinen sehr gute Erhaltung der Nissl-Strukturen in den tie/eren Hirnstammgebieten (insbesondere in den motorischen Hirn- nervenkernen, dem dorsalen Vaguskern, den grofen motorischen Zellen der Substantia reticularis, den Zellen der Substantia nigra) ist besonders hinzuweisen. Wenn Brun und Mort, sowie Mort in mehreren F~llen yon MyxSdem und yon Psychosen auf hypothyreotischer Grundlage eine fiber das gesamte Zentralnervensystem ausgebreit~te Chromatolyse gefunden haben, so kann yon einer l~bertragung dieser Befunde auf das Gebiet des endemischen Kretinismus somit nicht die Rede sein. Und auch die schon oben (S. 38) erw~hnten, an den motorischen Vorderhornzellen bei thyrektomierten Tieren besonders ausgesprochenen Chromatolysebefunde (Isenschmid u. a~) kSnnen an den entsprechenden Zellen im Mittel-, Hinterhirn und obersten Cervicalmurk der hier bearbeite~en Kretinen- gehirne nicht erhoben werden ; fiir das Riickenmurk hat das schon Wegelin (S. 467) betont. (Mit Bezug auf die angeborene Athyreose mufte - - Lotmar, 1,510--die entsprechende Frage einstweilen offengelassen werden; aber auch der neue Athyreosefall der vorliegenden Arbeit, Fall 15, l~ft sich, wie aus dem oben S. 39 Gesagten folgt, nicht zugunsten der An- nahme einer direkt durch die Athyreose bedingten Chromatolyse ver- wer~en).

Mit Riicksicht auf die in der friiheren Arbeit (1) genauer besprochenen Neuro/ibrillenbefunde yon Balli, F. H. Lewy, Rasdolsky nuch tierexperi- mentellen Schilddriisenausschaltungen (Verdickung, Verklumpung, Argy- rophilie) wurde auf den Zustand der intracellul~tren Fibrillen besonders geachtet. Es fund sich zwur in einer Anzahl yon F~llen Argyrophilie (abnorm dunkle Impregnation) der anscheinend nicht verdick~en Fibrillen (z. B. Oblongata yon Fall 1, 2, 3, 4, Rindenzellen yon Fall 4, sowie von dem thyreopriv-kachektischen Falle 16), selten auch Verbuckung ohne deutliche Abh~ngigkeit yon wabiger Zellver~nderung (Oblongata yon Fall 1), sowie numerische Sp~rlichkeit der Fibrillen (Oblongata yon Fall 3, Rindenzellen von Fall 5, hier z. T. mit erkennbarem kSrnigen Zerfall von Fibrillen). Die Komplikation muncher dieser F~lle mR Senium oder Pr~senium (F~lle 3, 4, 5) oder mit starker Arteriosklerose der Gehirn- gef~fe (F~lle 16, auch 4, 5), endlich der Umstand, dab yon den experi- mentell erzeugten Ver~nderungen in den klinischen F~llen nur die Argyro- philie, die wohl am wenigsten belangreich erscheint, etwas h~tufiger zur Beobachtung kam, all dies muff uns duhin ffihren, eine direkte Beziehung

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der angefiihrten Fibrillenver~nderungen unserer Fiille auf ihre Hypo- bzw. Athyreose zwar vielleicht als einigerma6en mSglich, aber keineswegs als sehr wahrscheinlich oder gar gesichert anzusehen. Eine engere Ana- logisierung zwischen Kretinismus und experimenteller Athyreose l~Bt sich auch auf diesem Gebiete (wie schon auf dem der Chromatolyse) vorderhand noch nicht herstellen 1

Von den vier Fiillen (1--4), deren Stammganglien untersueht werden konnten, zeigte einer (Fall 4) im Pallidum reichliche kallchaltige Konkre- mente sowohl frei als l~ngs Capillaren und an bzw. in Arterienw~nden mit l~bergreifen auch auf die innere Kapsel. Zwei weitere yon den vier FMlen boten einen gleiehen Befund wenigstens an und in den Arterienw~nden des Pallidum. An den iibrigen Vorzugsstellen fiir Pseudo- kalk- und Kalkeinlagerungen (Dentatum, Ammonshorn, untere Olive) wurden solehe vermiBt. Die Hochgradigkeit der Konkrementbildung in einem und die Kalkhaltigkeit in dreien von vier Fs (welche letztere sonst etwas sehr Seltenes ist : Ostertag ~and nur in 7 yon 74 F~llen geringen Kalkgehalt; ~hnlich sehon Spatz, Kodama) spreehen fiir eine pathologische Steigerung der dem Pallidum normalerweise eigenen Neigung zur Bildung yon Pseudolcal]cablagerungen und namentlich fiir eine gesteigerte Neigung zur Kalkimpriignation derselben. Man wird dies mit der hypothyreotischen Stoffweehselabartung in ursiichliche Verbindung bringen dfirfen, besonders da ~hnliches von mir auch bei angeborener Athyreose (Arbeit von 1929 Fall 1, und oben Fall 15) sowie bei Kachexia thyreopriva (oben Fall 16) gefunden wurde. (Bei Bespreehung der letzteren wird auch auf die Pseudokalkbefunde anderer Autoren bei angeborener Athyreose ein- gegangen werden.) Hinsichtlich der kalkfreien Vorstufe dieser Nieder- schl~ge hat sich auf Grund umfassender Untersuchungen Ostertag dahin ausgesproehen, dab das Hauptkontingent unter den Fi~llen mit starlcen Konkrementeinl~gerungen Erkrankungen der innersekretorischen Organe, insbesondere der Schilddriise, der Nebenschilddriise und der Nebenniere stellen, und dab er speziell ,,bei Dys- oder Hypothyreoidismus (Strums nodosa ohne Basedow, MyxSdem") sehr h~tffig eine ,,st~rkere Vermehrung der Pseudokalkablagerung" gefunden habe. In unser Thema etwas nigher einschl~gig ist hierunter ein genauer besehriebener Fall yon mongoloider Idiotie mit Hypoplasie der Schilddriise (31/2j~hriges Kind), dessen stark vermehrte Pallidumkonkremente iibrigens kalkfrei waren 20s ter tag l~Bt,

1 Da~ gelegentlich durch langes Sektionsintervall (so wahrscheinlich in Fall 3), durch hohes Alter des Formolmaterials (so vielleicht bei Fa]116 in Oblongata und Kleinhirn), in mehreren F~llen vielleicht durch die Verfettungserscheinungen der Ganglienzellen Unvollkommenheiten oder stellenweise Ausbleiben der Impregnation der intracelluli~ren Fibrillen verursacht sein mochten und dab dadureh auch die Bewertung positiver Impr~gnationsbilder erschwert wird, muB die Beweggriinde zur Zurtickhaltung in obiger Frage noch vermehren.

2 Vielleicht hat es sich auch bei der yon L6wenberg beschriebenen ,,endokrinen Idiotin mit Struma nodosa und geschrumpftem Corpus pineale", bei der alle Gefglle

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wie es scheint (S. 840, 856), eine nachtrs Kalkaufnahme solcher Ablagerungen nur dann zustande kommen, wenn ihre Massenhaftigkeit zu Capillarverlegung und dadurch zu nekrobiotischen Vorg~ngen geffihrt hat, oder ,,wenn mit oder ohne die Gewebskonkremente die Ern~hrung der umgebenden Bezirke gestSrt ist". Fiir unsere F~ille yon endemischem Kretinismus (solche haben zuOstertags Material vielleicht nicht geh6rt) ist ~ber jedenfalls kein Grund vorhanden, die vermehrte Neigung der Konkremente zur Kalkimpr~gnation nicht ebenso wie die vermehrte Bildung der kalldreien Vorstufe unmittelbar au/ die kretinische Sto H- wechselabartung selbst zurfickzuffihren; und Entsprechendes gilt auch ffir die beiden ~ngeffihrten F~lle von Thyreoaplasie und den Fall von Kachexi~ thyreopr iw.

In der Kleinhirnrinde von Kretinen erhobene Befunde yon Ent- wicklungshemmung sind in einer frfiheren Arbeit (2) beschrieben worden. Wie mich inzwischen die Durchsicht von Pr~p~raten einer grSBeren Zahl neuer Vergleichsf~lle gelehrt hat, kommen isolierte oberfl/~chlich liegende Purkin]e-Zellen gelegentlich auch in Kleinhirnen vor, gegen die kein Verdacht einer pathologischen Entwicklungshemmung begrfindet werden kann. Ohne zu der Frage, wie solche Befunde zu deuten sind, in bestimmter Weise Stellung nehmen zu kSnnen, mSchte ich einstweilen aus ihnen nur den Schlul3 ziehen, dab auch in Kretinengehirnen der alleinige Befund isolierter oberfls Purkin]e-Zellen nicht mehr als etwas zweifel- los Pathologisches angesehen werden k~nn. Dagegen habe ich in Ver- gleichshirnen Erwachsener bisher Purkinje-Zellen innerhalb einer wohlaus. gebildeten ober]liichlichen K6rnerschicht, wie sie in genannter Arbeit von dem Falle 2 der vorliegenden (347/29) wiedergegeben sind, niemals gesehen. Auch bet er die - - ebenfalls in jenen Vergleichsfs durchaus zu ver- missenden - - Zwischenstufen aller Grade von ganz oberfls gelegenen zu hochgradig und m~Biggradig molekularw~rts-ektopischen Purkinje- Zellen (Abb. 7 und 8 jener Arbeit). Alle wesentlichen Gesichtspunkte und SchluBfo|gerungen derselben bleiben daher zu Recht bestehen. In diesem Sinne ist auch folgender neue Befund gewichtig: In den beiden F~llen 405/29 und 347/29, von welchen alle Abbildungen jener Arbeit (mit Aus- nahme nur yon Abb. 9) stammen, und welche mit den Fs 1 und 2 der vorliegenden Arbeit identisch sind, konnten inzwischen doppelkernige Purkin]e-Zellen aufgefunden werden (oben Abb. 2). Es kann aber kaum einem Zweifel unterliegen, dab diese hier yon einer in ]riiher - - sehr wahr- scheinlieh embryonaler - - Entwicklungszeit eingeleiteten (nicht fiber die

und Capillaren des Pallidum verkalkt waren, um einen dem Kretinismus zuzu- rechnenden oder nahestehenden Fall gehandelt. -- Bei dem Falle von Hallervorden (Verkalkungen in Stammganglien und Dentatum und deren Umgebung) lassen psyehische Stum'pfheit und Langsamkeit, weitgehender Schwachsinn, unbeholfene schwer verst~ndliche Sprache und (anscheinend) Tetaniesymptome an die M6glieh- keit such einer Schilddrfisenunterfunktion denken, doeh ist klinisch und anatomisch fiber die Schilddrfise niehts mitgeteilt.

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Teilung des K e r n s h inausgelangten) Neuroblas ten- oder Ganglienzell- te i lung herzule i ten sind.

DaB die embryonale Entstehung fiberhaupt ffir die meisten d0ppelkernigen Ganglienzellen Geltung hat, ist noch neuestens von Bielschowsky (S. 151) aus- gesproehen worden; und auch Sp~elmeyer kam zu dem Urteil, dab von exogenen Noxen fiberwiegend solche wirksam sind, welehe das in Entwicklung begriffene Nervensystem treffen (S. 456) 1. Wenn daneben auch eine Bildung doppelkerniger Ganglienzellen beim Erwachsenen unter dem EinfluB vor allem entziindungs- erregender Schadlichkeiten anzuerkennen ist (progressive Paralyse usw. ; Encephalitis lethargica: Wegelin, ,,vielleicht als Anlauf zu einer Regeneration zu deuten"), so kann dies aus naheliegenden Grfinden ffir den endemischen Kretinismus yon vorne- herein kaum erwogen werden. Bemerkenswerterweise findet denn auch P/ei//er, der sonst die embryonale Entstehung sehr einschr~nken mSchte, bei einem wahr- scheinlich als Kretinismus anzusprechenden Falle 2 ziemlich reichlich doppelkernige Purkin#-Zellen, deren Zellzeichnung ,,einen relativ gesunden Eindruck" machte, was ihm doch (S. 551/52) ersichtlich als wiehtiges Kriterium ffir ,,kongenitale Genese" der Zweikernigkeit gilt. Ebendieses Kriterium (sogar ganz intalcte Zell- leibszeichnung) ist aber ffir die doppelkernigen Purkin#-Zellen meiner F~lle 1 und 2 er/i~llt (die Abb. 2, in der die Dendriten deutlich dargestellt werden sollten, l~Bt das frei]ich nicht beurteilen). Und auch die genauere Beaehtung der Gestalt spricht im gleiehen Sinne: nicht nur das Volum des ZellkSrpers ist ungefahr ein doppeltes, sondern auch das Dendritenge~ist ein zweiwertiges, indem jeder der beiden m~chtigen seitlich oben entspringenden Hauptdendriten sich nach der typischen kurzen Ver- laufsstrecke in charakteristischer Kandelabefform zweiteilt, wie sonst der Spitzen- dendrit einer einfachen Zelle. Atmlich sieht man an anderen doppelkernigen Pur- ]cin#-Zellen desselben Falles wie auch des Falles 2 vom oberen Rande des Doppelzell- leibs drei starke untereinander etwa gleiehwertige Dendriten entspringen, w~hrend der Leib einkerniger Purkin#-Zellen (hier wie sonst) einen oder hSchstens zwei ]-Iauptdendriten vom oberen Zellrande ausgehen laI~t. Eine nach~rdgliche Bildung jener Zweiwertigkeit des Ge~stes ist aber bei einem die schon ausgebildete (einwertige) Zelle treffenden Teilungsreize nur mittels unwahrscheinlicher Hilfsannahmen ver- st~ndlieh zu maehen, wahrend die Bildung eines Doppelgei~stes an einer Doppelzelle innerbalb der Embryonalentwicklung der Kleinhirnrinde (mit folgendem Eingreifen einer Hemmung der ZellkSrperteilung nach vollzogener Kernteilung) keinerlei Verst~ndnisschwierigkeiten bietet, was nicht n~her ausgefiihrt zu werden braucht.

Wie jene innerhalb einer superfiziellen KSrnersch ich t l iegenden, so stellen also auch diese doppelkern igen Pur]cinje-Zellen St igma ta (wenn auch noch so unscheinbare) einer auf fr i iher Entwick lungss tufe angreifenden H c m m u n g dar . - - Es sei noch zugefiigt , dab Ubergdnge zwischen ein- und zweikernigen Purkin]e-Zellen, wie sie Peter und Schliiter bei Megal- encephal ie gesehen haben, in Kre t inengeh i rnen von mir n icht gefunden wurden.

I n mehreren Fs (1- -5) wurde eine ausgesprochene Armut der K6rner-, Purkin]e- und tie/en Molekularschicht an Mark/asern gefunden, in zweien (F~lle 3 und 4) im Si lberbi ld eine Faserarmut des Systems der

1 Siehe ferner zu der Frage aul3er JaIcob (II, 700) namentlich die Arbeiten von Kolb, Stein, Shimoda und Kondo, und aus letzter Zeit die von P/ei/]er, Juba.

2 8j ~hrige Idiotin, ,,froschartiger Ausdruck (kretinSs ?)", ,,Schilddriise nicht zu fiihlen", ,,braehte nur unartikulierte Laute hervor" (a. a.O. Fall28, S. 542).

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Parallel/asern in der tie/en Molekularschicht. I m Hinb l ick auf die gleich- a r t igen Befunde in dem ers ten der seinerzeit geschi lder ten Athyreosef~l le wird man hierffir eine Wachs tums- oder En twick lungshemmung mi t W a h r - scheinl ichkei t in Anspruch nehmen miissen 1. Ffir die Markfaserver- a r m u n g kann fiberdies auf das Analogon der als hypoplas t i sch zu deu tenden faserbaul ichen Abweichungen der GroBhirnrinde in den FMlen 1 und 2 hingewiesen werden. (l~ber die normale Markreifung des Kleinhirns , mi t de r diese Deu tung im Eink lang steht , siehe t~iese).

Auf die besproehenen Gehirnbefunde bei Kretinen zuriiekblickend, seien hier im Zusammenhang die wiehtigsten der Punkte hervorgehoben, in denen sie mit den Befunden friiherer Untersucher kretiner Gehirne nicht in Einklang stehen. Vorab mul3 ich Wegelin beistimmen, wenn er gewisse yon Scholz und Zingerle als Zeichen einer mangelhaften Reifung gedeutete Veriinderungen (wie eine ,,aul~ere Wueherungs- zone" oder eine besonders dichte Lagerung der Ganglienzellen) niemals aufge[unden zu haben betont. Dieses auf die Berner Falle bis 1926 gegriindete Urteil wird durch die bier besehriebenen neueren Falle 1--6 des Berner pathologischen Instituts bestatigt. Zwar wurde in einigen Fallen in gewissen Areae eine etwas starkere Auspragung der Kolonnenbildung gefunden und dies oben (S. 35) mit Wahrschein- ]ichkeit als eines der Symptome zellbaulicher Hemmung der Rindenentwick]ung aufgefa6t. Doch wiirde dieser Befund nicht wohl in Parallele gestellt werden kSnnen zu der Angabe yon Scholz und Zingerle, wonach die Ganglienzellen ,,z. T. noch in Gruppen oder Langsreihen angeordnet liegen, oft so dicht, da6 die Zwischen- substanz vSllig zurtiektritt". Doppelkernige Ganglienzellen fanden sich in meinen Fallen, mit Ausnahme yon Purkinje-Zellen, nicht, wie auch nicht die ,,~bergange yon einfachen KSrnern und Kernzellen zu reifen Elementen". Wahrend die nicht h~ufigen deformen Zellen nach Art yon Abb. 6 mit den yon jenen Autoren als ,,Kern- zellen mit ganz schmalem Protoplasmaleib" geschilderten unreifen Elementen vielleicht verglichen werden kSnnten, babe ich die yon ihnen ebenfalls als unaus- gereifte Zellformen gesehilderten birnfSrmigen, bipolaren neuroblastenartigen, und namentlich die stellenweise in dichten Mengen enganeinanderliegenden groI3- und hellkernigen ,,embryonalen" Ganglienzellen (S. 325) vermiBt; ahnliches gilt yon den bei Bayon und Weygandt erwahnten unausgereiften und mangelhaft diffe- renzierten Nervenzellen. W~hrend Scholz und Zingerle in einem Falle einen vSlligen Mangel reifer Ganglienzellen in der Fissura calcarina antrafen, wobei im Marke diffus verstreute Ganglienzellen erhalten geblieben waren, sind in den hier unter- suchten Fallen die auf Entwicklungshemmung zurtiekzuffihrendeu zellbaulichen Abweichungen (besonders Zellarmut und -kleinheit) gerade in Area 17 im allgemeinen erheblich weniger ausgepr~gt gewesen, als in den naher geprtiften Areae der iibrigen Regionen, und abnorme Ganglienzellformen in dieser Area nicht gefunden worden. (l~brigens wiirden aueh naheliegende ]clinische Griinde gegen ein haufiges Vorkommen einer schwer unreifen Calcarina bei Kretinen sprechen.) Auch eine Vermehrung der im Mark normalerweise verstreuten Ganglienzellen land ich in dieser Area (und aueh sonst) niebt, wahrend Scholz und Zingerle gerade in diesem yon ihnen betonten Befunde ein ,,Zeichen tiefgreifender Entwieklungshemmung" sehen, die freilich nicht mit GewiBheit als mit dem kretinisehen Krankheitsprozel3 zusammen- h~ngend erweisbar sei. -- Auf sonstige Zellbefunde (Weitbinsichtbarkeit der Spitzen- forts~tze: We ygandt; leichte Randchromatolyse der Riesenpyramidenzellen: Bayon) sei nicht naher eingegangen. Eine spezifisehe Bedeutung des ersteren Befundes,

z Hinsichtlich des Falles 4 ware einiger Vorbeha|t zu maehen, da in seiner Klein- birnrinde (oben S. 18) auch sekundar-involutive, offenbar mit dem Senium zu- sammenhangende Ver~nderungen nachweisbar sind.

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schon von Bayon bestritten, wiirde auch an unserem (thyreoaplastischen) Falle 15 keine Stfitze linden, da bei ihm diese Weitifinsichtbarkeit nur Teilerscheinung einer der ,,akuten" nahestehenden auf Komplikation beruhenden Zellveranderung war. (In Fall 3 kommen sogar postmortale Veranderungen hierfiir in Frage.) Uber die Auffassung der tigrolytischen Befunde kann auf S. 38, 44 verwiesen werden. Wenn Scholz und Zingerle in ihren beiden Fallen verbreitete, z. T. schwere regres- sive Ganglienzellver~nderungen gesehen haben, so erseheint schon wegen der Komplikation ihres ersten Falles mit einem Hirntumor, ihres zweiten mit einer in mehrtagigem Status zum Exitus fiihrenden Epilepsie eine Gleiehstellung mit den regressiven Zellveranderungen meiner Falle nur mit Vorbehalt m6glich. Hervor- zuheben ware jedenfalls, dab bei meinen Fallen jene schwersten Formen chronischer Zelldegeneration, wobei ,,nur mehr amorphe Ze]l- und Kernreste fibriggeblieben sind, die einem Haufchen vermehrter Gliakerne anlagern", in der Hirnrinde nicht zur Beobachtung kamen. (Die t)rogressiven Gliaerscheinungen und untergehenden 6demat6s veri~nderten Cang]ienzellen yon Fall 8 k6nnen hier wegen der chronischen Nephrose nicht herangezogen werden, ()ben S. 22.) Die yon den Autoren offenbar als Folgeerscheinung dieser schweren Ganglienzel[degeneration aufgefaBte unregel- maBige Einstellung und Durcheinanderlagerung yon Ganglienzelten (S. 330) IehIte in meinen Fallen 1. Abweichend yon Pighini, der in wenigen Zeilen fiber den mikro- skopischen Hirnbefund eines Falles yon Kretinismus berichtet, hatten meine F~lle keine Verschmalerung der Molekularzone, und ein Fehlen der auBeren K6rner- schicht in manchen l~egionen wurde nicht beobachtet, wie auch nicht eine allge- meine Vermehrung der Neuro- und Mikroglia. - -

Die beiden F~ille yon Kachexia thyreopriva (16, 17) h a t t e n gemeinsam, (la~ ein erhebl icherer In te l l igenzdefekt n icht vorlag, und da~ eine hoch- gradige Sklerose der Gehi rnar te r ien das Bild kompl iz ier te . Da~ die in beiden Fi~llen s t a rk ausgesprochenen auf Verfe t tung h inweisenden Gan- glienzellvcri~nderungen (in Fa l l 16 durch Schar lachpr~para te verif izierbar) ganz oder i iberwiegend dem Schi lddri isenausfal l d i rek t zur Las t zu legen seien, wird man wegen jener beglei tenden Gef~Berkrankung nicht be- haupten , aber die MSglichkeit ciner (direkten) Mitwirkung desselben im Lichte der Befunde an Kre t inenh i rnen k a u m abs t re i t en kSnnen.

Der Fa l l 16, dessen Gehirn genauer un te r such t werden konnte , wies eine kre t ino ide Gesichtsbi ldung auf, die mSglicherweise schon vor der im 17. J a h r e ausgef i ihr ten S t rumek tomie bes tanden h a t (Wegelin), so (laI~ auch fiir das Gehirn mi t der M6gliehkeit einer K o m b i n a t i o n kret inisch- a n l a g e m ~ i g e r mi t nachtri~gliehen (lurch die to ta le Schi lddrt isenausschal- tung bedingten Veri~nderungen gerechnet werden muBte. In der Ta t wird man (las vereinzel te Vorkommen schich t f remder Riesengangl ien- zellen, viel le ieht aueh eine gewisse Zel lkleinhei t der I I I in Area 6 in diesem Sinne deu ten di i r fen; vor a l lem aber die verbre i te te MoIekularw~rts- ver lagerung und a typ i sche Ges ta l t yon Purkin]e-Zellen. Denn ein erst

1 Von Belang ftir die Verwertung der feineren histopathologisehen Angaben der Autoren ist es iibrigens, dab beide Gehirne in Formalin gehartet wurden (das erste nach mehreren Tagen Aufeothalts in Miillerscher LSsung). Die berichteten Aufl6sungserscheinungen an den Nissl-Strukturen z. B. k6nnten mindestens zum Tell hierdurch bedingt sein; vielleicht auch die eine oder andere der fibrigen Ab- weiehungen der Zellbilder yon der Norm.

z. f. d. g. Neut. u. Psych. 146. 4

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mit 16 Jahren einsetzender Wegfall der Schilddriisenfunktion kann (im Gegensatz zu FMlen mit anffeborener Athyreose: a . a . O , vor allem Fall 2, Ierner oben Fall 15) flit eine Entwicklungshemmung dieser Art nieht mehr verantwortlich gemacht werden. - - I m tibrigen steht das Fehlen ausgesprochener zellbaulicher Unterentwicklung der untersuchten Areae des Falles 16 in gutem Einklang mit dem psychischen Befunde.

Auf die hypothyreotisehe Stoffwechselst6rung - - (tie in ausgesproche- nerem Grade bei Fall 16 erst seit der Totalentfernung der Schilddrtise im 17. Jahre eingetreten sein kann und durch Transplantierung und orale Inkretbehandlung zwar sehr eingeschri~nkt aber nicht dauernd behobcn werden konnte - - wird man dagegen im Lichte des oben (S. 45) Aus- geftihrten die tiber normale Vorkommnisse weit hinausgehende Bildung kalkhaltiger Konkremente im Pallidum und namentlich im Kleinhirn (Abb. 16) beziehen mtissen. Ein gleichartiger Beflmd pathologischen Grades war auch in dem ersten der yon mir (1929) beschriebenen Athyreose- gehirne 1 wie in dem oben geschilderten Athyreosefalle (15) vorhanden, und das n~mliche gilt von dem schon zuvor ver6ffentlichten (mir aber erst seither bekanntgewordenen) Athyreosefalle yon P. Marie, Trdtiako// et Stump/er, in welchem neben ausgesprochener Konkrementbildung im ,,Linsenkern" nicht nur das gesamte Kleinhirnmark einschliei31ich des Denta tummarks und der Capillaren dieses Kernes selbst, sondern auch die Gef/tl3e der K6rnerschicht betroffen waren, die Verbreitungsweise also weitgehend mit der in unserem Falle 16 tibereinstimrnte. (Die Konkre- mente waren in dem Falle yon P. Marie und Mitarbeitern eisenhaltig, aber h6chstens schwach kalkhaltig, waren allerdings mehr als ein Jahr der kalkl6senden Einwirkung des Formols ausgesetzt gewesen.) Ob auch in dem Athyreosefalle yon Marinesco die eisenhaltigen (kalkfreien) Konkremente im Pallidum und in der ,,weigen Substanz des Kleinhirns und vor Mlem im Nucleus dentatus" tiber noch normales Ausmag hinaus- gingen, 1/~Bt sich den Angaben nicht sieher entnehmen. Allein auch wenn man hiervon und yon der Frage ob kalkhaltig oder nicht, ganz absieht, so bleibt es bemerkenswert, dab in den genannten vier iiberhaupt auf diesen Punkt hin untersuehten F/~llen angeborener Schilddriisenlosigkeit und in dem hier behandelten von erworbener Kachexia thyreopriva aus- nahmslos, darunter in vieren der ftinf Fi~lle reichlich Konkremente dieser Art im Kleinhirn gefunden wurden, w/~hrend Ostertag unter 50 Klein- hirnen (beliebiger F/~lle) in 8 F/illen sie sehr sehr stark, in 22 reiehlich und

1 Dag in diesem Athyreosefalle die Konkremente im Dentatum keine Kalk- reaktion gaben (zum Untersehied von denen im Pallidum), das kann deshalb nicht als eine wesentliehe Abweiehung gegeniiber dem Falle 16 (Kaehexia thyreopriva) angesprochen werden, well das Material jenes ersteren vor der Untersuchung einen sehr langen Formolaufenthalt hinter sieh hatte; ein urspriinglieh aueh im Dentatum bestehender Kalkgehalt der Konkremente moehte vielleieht geringer oder (aus unbekannten Griinden) gegeniiber den kalkl6senden Einfliissen des Formols weniger widerstandsf~hig als im Pallidum sein.

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mit te l s t a rk , in 20 abe r gar n ich t nachweisbar fand. Wie oben schon aus den Behmden bei Kre t inen , so mul3 also auch aus denen bei angeboren Athyreo t i schen und nament l ich aus dem besonders hochgradigen Befunde beim thy reop r iv Kachek t i schen geschlossen werden, (lab zu den Be- d ingungen versti~rker Pseudoka lkab lagerung und ihrer ges te iger ten Neigung zur nachtri~glichen ( int ravi ta len) K a l k a u f n a h m e auch die hypo- thyreot i sche Stoffwechselver~nderung z/~hlt (vgl. Ostertag, oben S. 45).

Von Fallen aul3erhalb des Gebiets der angeborenen oder erworbenen Athyreose seien noeh die von Weimann und yon Schiele hauptsi~ehlich deshalb erw/thnt, weil im Klei~hirn die Ausbreitung der kalkhaltigen Konkremente (bei noch intensiverem Befallensein) mit der bei unserem thyreopriv Kachektischen (Fall 16) groSe Xlmlieh- keit hatte 1. Fiir seinen Fall nun konnte Schiele es wahrseheinlich maehen, da$ die Konkremente tells in loeo bleibende, teils zu den GefitBen abtransportierte Abbau- produkte untergehender nerv6ser Strukturen (insbesondere yon GanglienzellkSrpern) darstellen 2, eine Auffassung, die, wenn sie auf unseren Fall 16 tibertragen werden diirfte, das Fehlen von Zusammendrangungserscheinungen an den KSrnerzellen in der Nachbarschaft der Kor~kremente bei weitgehendem Untergang jener Zellen (S. 30/31) sehr gut verst5ndlieh maehen wtirde; denn letzterer, nicht aber das Auftreten der Konkremente an den Gefal3en ware ja dann das Prim/~re. Bei solcher l)eutung des Zusammenhangs und in Anbetracht der "dbuminoiden Natur der Pseudokalkkonkremente (Ostertag, Sehiele) ergO.be sich tibrigens eine gewisse Wesens- verwandtsehaft zwischen den hier in Rede stehenden dutch eine Art chroniseh toxischer (~ewebsschi~digung entstehenden Pseudokalkablagerungen an Gefi~$en und den yon mirvor ,lahren bei akut-toxisehen (~anglienzellverfltissigungen im Striatum und Kleinhirn (aueh Riiekenmark) gesehilderten o]/enbar eben/alls eiweiflartigen Ab- bauprodukten in Gliakammer- und Adventitialzellen (siehe Lotmar, 3, S. 374f).

Z|lsanlmenfassung. Nach den bier und in der vorigen Arbe i t dargestell~en Befunden kann,

soweit der mikroskopische Befund in Be t r ach t kommt , die Sonders te l lung ties Kre~inengehirns innerha lb des Gesamtgebie tes der Id io t ie wohl in folgender A r t umschr ieben werden: Eine im ganzen nu t m~giggradige, aber durch ihre weite Ausbre i tung doch die h6heren Hi rn le i s tungen s ta rk 1)eeintr/~chtigende zell- und faserbaul iche En twick lungshemmung ist ver- bunden mi t spS, rlichen, 5rt l ich eng umschr iebenen und daher im Einzel- gehirn nur als , ,Zufallsbefund" zur Kenn tn i s kommenden Einzelzi igen grSberer Riickst / indigkei t , welche eine E inwi rkung en twick lungshemmender

1 In den Fallen beider Autoren sind iibrigens Anhaltspunkte far eine gewisse Schilddriisenunterfunktion vorhanden: Weimanns Fall ha|re eine Struma mit ver- kalkten Gel/|Ben, Schieles Fall Mediaverkalkung der unteren Schilddrfisenarterie. In beiden Fallen fehlten die oberen Epithelk6rperehen, im Falle yon Weimann bestanden dabei ausgesproehene Tetaniesymptome, in dem yon Schiele werden keine erwahnt. Auch unser thyreopriv Kaehektischer (Fall 16) besag nur ein einziges Epithelk6rperehen (Wegelin, a. a. O., S. 697/98), hat aber keine Tetaniesymptome gehabt; ob auch eine Parathyreoidea-Insuffizienz bei ihm Mitursaehe der Kalk- ablagerungen war, wird man unter diesen Umst/~nden dahingestellt sein lassen mtissen.

2 Nach Bioudi warden auch degenerierende Gliastrukturen als Quelle in Betracht kommen.

4*

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Umst~nde schon etwa um den fiinften bis sechsten Embryona lmona t beweisen. Nicht minder kennzeichnend als die Anzeichen gehemmter Entwicklung sind aber verbreitete chronisch-regressive, darunter n~ment- lich gesteigerte bzw. vorzeitige pigmentatrophische und Verfettungs- erscheinungen, fiir welche einerseits eine durch Anlage oder durch friihe (schon intrauter in einsetzende) Einwirkung der kretinogenen Noxe bedingte Herabsetzung der celluliiren Widerstandsfs anderer- seits die dem Kret inismus dauernd zugehSrige (namentlich hypo- oder dysthyreotische) Stoffwechselveri~nderung verantwort l ich sein dfirfte. Der letzteren ist wahrscheinlich auch die Steigerung der Neigung zur Ablagerung yon Pseudokalkkonkrementen (insbesondere im Pallidum) und zur Kalkimpr~tgnation dieser Konkremente zuzuschreiben. Hierfiir sprechen ferner auch F~lle angeborener Athyreose (darunter ein in der Arbeit yon 1929 und ein in der vorliegenden beschriebener mit Beteiligung auch der Dentatumregion), sowie ein hier verwerteter Fall yon Kachexia thyreopriva, in welchem aul3er Pall idum und Den ta tum auch die Rinde des Kleinhirns (mit starker Bevorzugung der KSrnerschicht) yon den kalkhaltigen Einlagerungen mitergriffen war.

Die Ausfiihrung dieser Arbeit wurde gefSrdert durch einen Beitrag der Notgemeinscha/t der Deutschen Wissenscha/t und durch einen Beitrag der Sti/tung zur F6rderung der wissenscha/tlichen Forschung an der Univer- sitdt Bern.

Literaturverz eichnis. In diesem Verzeichnis nieht angeftihrte Arbeiten bzw. Werke yon Brun und

Mort, Gamper, Isenschmid, A. Jakob, F. H. Lewy, Ranke, Rasdolsky, Schob, Scholz und Zingerle, Spatz, Spielmeycr, Wegclin, Weimann linden sich zitiert in den Lite- raturverzeichnissen von Lotmar (1) oder (2).

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