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Hygiene in der Radiologie: Was der Radiologe wissen sollte Hygienic Aspects in Radiology: What the Radiologist Should Know Autoren B. Buerke 1 , A. Mellmann 2 , F. Kipp 2 , W. Heindel 1 , J. Weßling 1 Institute 1 Institut für Klinische Radiologie, Universitätsklinikum Münster 2 Institut für Hygiene, Universitätsklinikum Münster Key words " Hygiene " Infection Control/Standards " Equipment Contamination " Syringes/Microbiology " CT " MRI eingereicht 31.3.2012 akzeptiert 7.9.2012 Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0032-1325444 Online-Publikation: 2012 Fortschr Röntgenstr 2012; 184: 10991109 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York · ISSN 1438-9029 Korrespondenzadresse PD Dr. Boris Buerke Institut für Klinische Radiologie, Universitätsklinikum Münster Albert-Schweitzer-Campus 1 48149 Münster Tel.: ++ 49/2 51/8 34 58 91 Fax: ++ 49/2 51/8 34 96 56 [email protected] Einleitung ! Die steigende Prävalenz von multiresistenten Er- regern, wie beispielsweise Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) oder multiresis- tenten Gram-negativen (MRGN) extended spect- rum beta-lactamase(ESBL)-Bildnern, stellt eine große Herausforderung im Management dieser Patienten dar [1]. Darüber hinaus sind Infektio- nen mit diesen Erregern aufgrund eingeschränk- ter therapeutischer Optionen eine besondere Be- drohung für die betroffenen Patienten. So konnte für MRSA bereits gezeigt werden, das schwere In- fektionen (Septikämien) mit MRSA im Vergleich zu Septikämien mit einem Methicillin-sensiblen S. aureus (MSSA) mit einer höheren Mortalität as- soziiert sind [2]. Nach derzeitigen Schätzungen ist allein durch MRSA verursacht europaweit von Übersicht 1099 Buerke B et al. Hygiene in der Fortschr Röntgenstr 2012; 184: 10991109 Zusammenfassung ! Im Rahmen der Krankenhaushygiene kommt ra- diologischen Kliniken eine zentrale Bedeutung zu, die sich durch den großen Patientendurchsatz und den direkten Kontakt zwischen stationären und ambulanten Patienten sowie dem Personal erklärt. Das Spektrum allgemeiner und spezifischer Hygie- nemaßnahmen sollte dem gesamten ärztlichen und technischen Personal bekannt sein und in der Arbeitsroutine sicher umgesetzt werden können, da das Fehlverhalten bereits eines Einzelnen zur Keimkontaminationen in einer Abteilung und ei- ner Infektionsgefährdung von Mitarbeitern und Patienten führen kann. Für die Abwicklung von Untersuchungen und Interventionen bei infektiö- sen Patienten sollten vom Krankenhaushygieniker und hygienebeauftragten Arzt maßgeblich beein- flusste Organisationsstrukturen vorgehalten wer- den, die angepasste Hygienemaßnahmen auf die richtigen Patienten und das erforderliche Maß si- cherstellen, um den Workflow in der radiologi- schen Klinik möglichst wenig zu unterbrechen. Von besonderer Bedeutung sind regelmäßige hy- gienische Schulungen bzw. Einweisungen der ärzt- lichen und technischen Mitarbeiter. Diese sensibi- lisieren für hygienische Fragestellung, binden alle Beteiligte verantwortlich ein und vermitteln dem individuellen Mitarbeiter Fachkompetenz und Si- cherheit in der fallgerechten Anwendung von all- gemeinen und spezifischen Hygienemaßnahmen. Abstract ! Hospital hygiene is of pivotal importance in radi- ology departments, where patient throughput is high and staff come into direct contact with both inpatients and outpatients. Every member of the medical and technical team should be aware of all the general and specific hygiene requirements and ensure that they are considered during the daily routine. Failure to do so on the part of just one individual can result in bacterial contamina- tion in the department, exposing both patients and staff to the risk of infection. For the purposes of performing examinations and interventions in infectious patients, the hospital hygienist and medical hygiene officer should introduce appro- priate organisational structures to ensure that an appropriate level of hygiene is guaranteed and can be adapted to each patient. This will ensure a minimal degree of disruption to work flow in the radiology department. It is of particular impor- tance that medical and technical staff receive reg- ular hygiene training and instruction. Such train- ing ensures that members of staff are fully aware of the hygiene requirements, are responsibly en- gaged and that they each possess the expertise and confidence to deal with general and specific hygiene issues in any particular case. Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt.

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Hygiene in der Radiologie: Was der Radiologe wissensollteHygienic Aspects in Radiology: What the Radiologist Should Know

Autoren B. Buerke1, A. Mellmann2, F. Kipp2, W. Heindel1, J. Weßling1

Institute 1 Institut für Klinische Radiologie, Universitätsklinikum Münster2 Institut für Hygiene, Universitätsklinikum Münster

Key words

●" Hygiene

●" Infection Control/Standards

●" Equipment Contamination

●" Syringes/Microbiology

●" CT

●" MRI

eingereicht 31.3.2012akzeptiert 7.9.2012

BibliografieDOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0032-1325444Online-Publikation: 2012Fortschr Röntgenstr 2012; 184:1099–1109 © Georg ThiemeVerlag KG Stuttgart · New York ·ISSN 1438-9029

KorrespondenzadressePD Dr. Boris BuerkeInstitut für Klinische Radiologie,Universitätsklinikum MünsterAlbert-Schweitzer-Campus 148149 MünsterTel.: ++ 49/2 51/8 345891Fax: ++ 49/2 51/8 [email protected]

Einleitung!

Die steigende Prävalenz von multiresistenten Er-regern, wie beispielsweise Methicillin-resistentenStaphylococcus aureus (MRSA) oder multiresis-tenten Gram-negativen (MRGN) „extended spect-rum beta-lactamase“ (ESBL)-Bildnern, stellt einegroße Herausforderung im Management dieserPatienten dar [1]. Darüber hinaus sind Infektio-

nen mit diesen Erregern aufgrund eingeschränk-ter therapeutischer Optionen eine besondere Be-drohung für die betroffenen Patienten. So konntefür MRSA bereits gezeigt werden, das schwere In-fektionen (Septikämien) mit MRSA im Vergleichzu Septikämien mit einem Methicillin-sensiblenS. aureus (MSSA) mit einer höheren Mortalität as-soziiert sind [2]. Nach derzeitigen Schätzungen istallein durch MRSA verursacht europaweit von

Übersicht 1099

Buerke B et al. Hygiene in der… Fortschr Röntgenstr 2012; 184: 1099–1109

Zusammenfassung!

Im Rahmen der Krankenhaushygiene kommt ra-diologischen Kliniken eine zentrale Bedeutung zu,die sich durch den großen Patientendurchsatz undden direkten Kontakt zwischen stationären undambulanten Patienten sowie dem Personal erklärt.Das Spektrum allgemeiner und spezifischer Hygie-nemaßnahmen sollte dem gesamten ärztlichenund technischen Personal bekannt sein und in derArbeitsroutine sicher umgesetzt werden können,da das Fehlverhalten bereits eines Einzelnen zurKeimkontaminationen in einer Abteilung und ei-ner Infektionsgefährdung von Mitarbeitern undPatienten führen kann. Für die Abwicklung vonUntersuchungen und Interventionen bei infektiö-sen Patienten sollten vom Krankenhaushygienikerund hygienebeauftragten Arzt maßgeblich beein-flusste Organisationsstrukturen vorgehalten wer-den, die angepasste Hygienemaßnahmen auf dierichtigen Patienten und das erforderliche Maß si-cherstellen, um den Workflow in der radiologi-schen Klinik möglichst wenig zu unterbrechen.Von besonderer Bedeutung sind regelmäßige hy-gienische Schulungen bzw. Einweisungen der ärzt-lichen und technischen Mitarbeiter. Diese sensibi-lisieren für hygienische Fragestellung, binden alleBeteiligte verantwortlich ein und vermitteln demindividuellen Mitarbeiter Fachkompetenz und Si-cherheit in der fallgerechten Anwendung von all-gemeinen und spezifischen Hygienemaßnahmen.

Abstract!

Hospital hygiene is of pivotal importance in radi-ology departments, where patient throughput ishigh and staff come into direct contact with bothinpatients and outpatients. Every member of themedical and technical team should be aware ofall the general and specific hygiene requirementsand ensure that they are considered during thedaily routine. Failure to do so on the part of justone individual can result in bacterial contamina-tion in the department, exposing both patientsand staff to the risk of infection. For the purposesof performing examinations and interventions ininfectious patients, the hospital hygienist andmedical hygiene officer should introduce appro-priate organisational structures to ensure that anappropriate level of hygiene is guaranteed andcan be adapted to each patient. This will ensure aminimal degree of disruption to work flow in theradiology department. It is of particular impor-tance that medical and technical staff receive reg-ular hygiene training and instruction. Such train-ing ensures that members of staff are fully awareof the hygiene requirements, are responsibly en-gaged and that they each possess the expertiseand confidence to deal with general and specifichygiene issues in any particular case.

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jährlich etwa 170000 Infektionen und über 5000 Todesfällenauszugehen [3]. Aus Sicht der Kostenträger stellen Infektionenmit multiresistenten Erregern aufgrund der notwendigen Aus-weitung therapeutischer Maßnahmen sowie Verlängerung vonLiegezeiten überdies ein besonderes Kostenrisiko dar [3]. So wer-den die europäischen Gesundheitssysteme durch MRSA-Infek-tionen mit mehr als einer Million zusätzlichen Krankenhausta-gen und Kosten von rund 380 Millionen Euro pro Jahr belastet[3]. Diese Entwicklungen haben Aspekte der Krankenhaushygie-ne zunehmend in den Fokus des Krankenhausbetriebes gerückt,sodass gegenwärtig, angetrieben durch die Änderung des Infek-tionsschutzgesetzes (IfSG) im August 2011, fachübergreifend dieUmsetzung vorbeugender hygienischer Maßnahmen vorange-trieben wird.KrankenhaushygienischeMaßnahmen zielen vor allem darauf ab,die Übertragung von potenziell gefährlichen Erregern zu unter-binden. So hat die Unterbrechung von Infektionsketten (Patient-Pflegekraft-Arzt-Instrument/Gerätschaft), z. B. durch Beachtungder Handhygiene und -desinfektion, eine besondere Bedeutung[4, 5]. In diesem Zusammenhang wird die Rolle der Radiologie in-nerhalb des Krankenhausbetriebs oftmals unterschätzt [6, 7]. Sodurchläuft eine erhebliche Anzahl von Patienten nahezu sämtli-cher Stationen und Abteilungen eines Krankenhauses die radio-logische Abteilung. Zugleich treffen hier vielfach ambulante undstationäre Patienten aufeinander, sodass es zu einem zusätzli-chen Eintrag von möglichen Infektionserregern in das Kranken-haus kommen kann und diese in der Folge über ganze Stationenhinweg Verbreitung finden können [8, 9]. Die Notwendigkeit aus-reichender Hygienemaßnahmen in der Radiologie ist somit evi-dent. Auf der anderen Seite dürfen unangepasste Hygienemaß-nahmen den Arbeitsablauf einer radiologischen Klinik nichtverlangsamen oder unterbrechen, d. h. Art- und Umfang bei-spielsweise für Raum- und Gerätedesinfektionen sind situations-gerecht anzuwenden. Die Umsetzung effizienter Hygienemaß-nahmen gestaltet sich in vielen radiologischen Kliniken jedochnicht immer einfach. Zum einen fehlt Fachexpertise oder fach-spezifisches Personal (z. B. Krankenhaushygieniker, Hygienefach-pflegekräfte). Zum anderen sind Radiologen nicht für alle Aspek-te der Hygiene ausreichend sensibilisiert.Dieser Artikel gibt einen Überblick über den aktuellen Stand zu all-gemeinen Infektionspräventionsmaßnahmen in einer radiologi-schen Abteilung sowie Empfehlungen zu ihrer praktischen Durch-führung. Gängige Erregerspektren in radiologischen Kliniken underregerspezifische Hygienemaßnahmen werden vorgestellt undsollen helfen, die z. T. kosten- und zeitintensiven Hygienemaßnah-men gezielt bei den erforderlichen Fällen und damit im notwendi-gen Umfang einzusetzen. Die Empfehlungen beziehen sich dabeiim Wesentlichen auf Untersuchungen und Interventionen in derProjektions- und Schnittbildradiologie. Die erforderlichen Hygie-nemaßnahmen beispielsweise zur Durchführung intravasaler In-terventionen, bei denen allein zum Teil bauliche Anforderungenvergleichbar mit einem Operationssaals erforderlich sind, gehenüber den Umfang des vorliegenden Beitrags hinaus und sollen des-halb Gegenstand eines zukünftigen Beitrags sein.

Allgemeine hygienische Vorkehrungen!

Hände- und FlächendesinfektionWie für alle anderen Bereiche eines Krankenhauses muss es auchfür radiologische Kliniken einen entsprechenden Hygiene- undDesinfektionsplan geben, in dem der allgemeine Rahmen bezüg-

lich der Hände- und Flächendesinfektion entsprechend verbind-lich vorgegeben wird. Bei der Prävention nosokomialer Infektio-nen ist die Händedesinfektion in diesem Zusammenhang vonherausragender Bedeutung und kann nicht häufig genug ange-mahnt werden; allerdings ist die alleinige Aufstellung von Hände-desinfektionsmittelspendern kein Garant dafür, diese sicherzu-stellen [4, 5, 10–13]. In diesem Zusammenhang ist daraufhinzuweisen, dass es sich bei der Durchführung der Händedesin-fektion um die sogenannte „hygienische“Händedesinfektion han-delt, die im Gegensatz zur „chirurgischen“ Händedesinfektion, inerster Linie auf die Beseitigung der transienten Hautflora abzieltund in der Regel aus einem einmaligen Verreiben von entspre-chenden Präparaten über einen Zeitraum von meistens 30 s be-steht. In eigenen Untersuchungen [14–16] ließ sich im Rahmenvon Abklatschuntersuchungen am CT- und MRT-Arbeitsplatz zei-gen, dass aufgrund unzureichender und unregelmäßiger Hände-desinfektion von technischem und ärztlichem Personal mikrobio-logische Kontaminationen nicht nur mit typischen Hautkeimen,sondern auch mit Fäkalkeimen und antibiotikaresistenten Erre-gern weit über die Grenzen hygienischer Anforderungen hinausauftraten [14]. Diese können durch (Hand-)Kontakt nicht nur aufsämtliche Raum- oder Geräteoberflächen (CT-Gantry, CT-/MRT-Bedienknöpfe, PC-Maus, PC-Tastatur, Telefonhörer usw.), sondernauch auf CT- und MRT-Injektionsautomaten bzw. Spritzen zur i. v.Kontrastmittelinjektion übertragen werden. Erst durch entspre-chende Schulungen der Händedesinfektionsmaßnahmen (Wannist eine Händedesinfektion indiziert, wie wird die Händedesinfek-tion praktisch durchgeführt, ist ggf. ein vom Standard abweichen-des Händedesinfektionsmittel notwendig?) des technischen undärztlichen Personals konnten langfristig die hygienischen Anfor-derungen sichergestellt und durch wiederholte Abklatschunter-suchungen dokumentiert werden [14, 15]. Die 5 Indikationenzur Händedesinfektionen sind in●" Tab. 1 zusammengefasst.Daher ist es dringend zu empfehlen, in radiologischen Klinikenregelmäßige Schulungen der Mitarbeiter zu hygienischen Aspek-ten durchzuführen und insbesondere die Händedesinfektion so-wie das korrekte An- und Ablegen von Schutzkleidung (d. h.Handschuhe, Schutzkittel, Mundschutz, Haarschutz) einzuüben.In diesem Zusammenhang sollte bekannt sein, dass unsterilewie –wenn auch in deutlich geringerem Maße – sterile chirurgi-sche Einmalhandschuhe mikroskopisch kleine Löcher aufweisenkönnen und damit keinen 100%igen Schutz vor Mikroorganis-men bieten. Dies erklärt die Notwendigkeit der Händedesinfekti-on auch nach Ausziehen der Handschuhe bzw. Ablegen derSchutzkleidung [17].Neben der Händehygiene spielt die Flächendesinfektion eine gro-ße Rolle, da hierdurch die Bildung von Erregerreservoiren über ei-nen längeren Zeitraum verhindert werden kann. Im Besonderensollte darauf geachtet werden, dass Oberflächen oder Gerätschaf-ten (z. B. Gantry, Gerätebedienknöpfe, Schallköpfe, PCs usw.), dievielfach nicht durch die Reinigungskräfte gereinigt werden odergereinigt werden dürfen, unabhängig von besonderen Kontami-nationsereignissen in festgelegten Abständen, ggf. mehrfach täg-lich, mit geeigneten Präparaten desinfiziert werden. Unabhängigdavon sollte die Raumreinigung und -desinfektion durch das ge-schulte Reinigungspersonal mit zugelassenen Flächendesinfekti-onsmitteln (nach VAH-Liste, siehe hierzu Robert Koch-Institut,www.rki.de unter „Infektionsschutz\Krankenhaushygiene\Desin-fektion“) täglich erfolgen, was aber in der Regel zentral von derKrankenhausleitung organisiert wird [18, 19].

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Notwendige infrastrukturelle MaßnahmenIm §23 der aktuellen Version des Infektionsschutzgesetzes (IfSG)vom 4.8.2011 sind insbesondere auch die notwendigen infra-strukturellen Anforderungen konkretisiert worden, wobei diegenauen Anforderungen durch jeweilige Länderverordnungengeregelt werden (siehe §23 IfSG). Hier werden z. B. Mindestzah-len von Hygienepersonal, wie hauptamtliche Krankenhaushygie-niker, Hygienebeauftragte Ärzte oder Hygienefachpflegekräfte,angegeben (RKI, Personelle Ausstattung; [20]), um eine fachge-rechte Umsetzung der Hygienemaßnahmen vor Ort überhaupterst zu ermöglichen. Nach unserer Erfahrung ist es in radiologi-schen Kliniken ferner ratsam, MTRAs durch Teilnahme an denentsprechenden Fortbildungen für die Thematik zu sensibilisie-ren, da die Umsetzung notwendiger hygienischer Maßnahmenim Tagesablauf hierdurch deutlich verbessert und langfristigsichergestellt wird.Es ist hinreichend bekannt, dass der allgemeine „hygienischeSchutzmantel“ basierend auf den Standardhygienemaßnahmen(RKI) von einer Vielzahl, z. T. hochpathogener Keime an verschie-denen Stellen durchbrochenwerden kann [20]. So sind je nach ver-mutetem oder bestätigtem Erreger, wieweiter unten genannt, spe-zifische Maßnahmen alternativ oder zusätzlich erforderlich, umÜbertragungen zu unterbinden. Diese Maßnahmen greifen in derRegel jedoch nur suffizient, wenn eine Besiedlung oder Infektionmit solchen Erregern bereits im Vorfeld der Untersuchung oderspätestens unmittelbar nach Untersuchungsende bekannt wird.Bei Vorabinformation des Radiologen besteht die Möglichkeit, zuentscheiden, ob die allgemeinen Maßnahmen ausreichend sindoder spezifische Hygienemaßnahmen eingeleitet werden müssen.Hierbei sind die Maßnahmen an dem wahrscheinlichen oder be-reits nachgewiesenen Erreger und den daraus resultierenden

Übertragungswegen auszurichten. Empfehlenswert ist, auch dieOrganisationsstrukturen so auszurichten, dass schon mit der An-meldung einer Untersuchung auch Informationen zur möglichenBesiedlung oder zum Infektionsstatus des Patienten übermitteltwerden. Zuweiser sollten deshalb dazu angehaltenwerden, bereitsauf dem Anforderungsschein bzw. im Rahmen der digitalen An-meldung (Krankenhaus-Informations-System [KIS]/Radiologie-In-formations-System [RIS]) Angaben zur Infektiösität eines Patientenund Art des Erregers zu machen. Idealerweise kann als sog.„Pflichtkästchen Infektionsstatus“ bei Unvollständigkeit eine Frei-schaltung der Untersuchungsanmeldung unterbunden werden. Sokönnen Notwendigkeit und Art der Vorkehrungen bereits im Vor-feld geplant und damit das Risiko einer ungewollten Raum- undGerätekontamination ebenso wie die damit verbundenen Folge-kosten der Reinigung und möglicherweise Untersuchungsausfälleaufgrund von Raumsperrungen auf diese Weise erheblich redu-ziert werden. So kann beispielsweise bei Verdacht auf eine offenepulmonale Tuberkulose das Tragen einer Maske (filtering facepie-ce, FFP; Partikel-filtrierende Halbmasken; FFP2;●" Abb. 1) seitensdes Patienten eine aufwendige Raumdesinfektion, die u. a. mitstundenlangen Ausfallzeiten des Geräts sowie den Kosten fürderen Durchführung verbunden ist, vermieden werden. Eine wei-tere Maßnahme, um insbesondere den Desinfektionsaufwand beinachträglich bekannt werdenden Erregernachweisen zu minimie-ren, ist die Entfernung der Gegenstände/Gerätschaften und dasdichte Verschließen von ggf. vorhandenen Schränken, die währendeiner Untersuchung im Untersuchungsraum ungenutzt bleiben.Liegt die entsprechende Information über den Infektionsstatusdes Patienten bereits vor, sollte der zuständige Gerätearzt, ggf. inRücksprache mit dem hygienebeauftragten Arzt oder dem Kran-kenhaushygieniker, über Art und Umfang der erforderlichen Maß-

Tab. 1 Die 5 Indikationen zurHändedesinfektionen nach derWHO (in Anlehnung an „AktionSaubere Hände“; www.aktion-sauberehaende.de); [17, 35, 36].

Indikation Erklärung WHO-Empfehlung

VOR Patientenkontakt Schutz des Patienten vor Kolonisa-tion mit Erregern, welche sich aufden Händen der Mitarbeiter befin-den

VOR direktem Patientenkontaktdurch Berührung

VOR aseptischen Tätigkeiten Schutz des Patienten vor dem Ein-trag von potentiell pathogenenErregern, inklusive der eignenStandortflora, in sterile/nicht kolo-nisierte Körperbereiche

VOR Konnektion/Diskonnektion vonKathetern o. Ä., unabhängig vomGebrauch von HandschuhenWechsel zwischen kolonisierten/kon-taminierten und sauberen Körper-bereichen während der Patienten-versorgung

NACH Kontakt mit potenziellinfektiösen Materialien

Schutz des Personals und nachfol-gender Patienten vor potenziellpathogenen Erregern

NACH Kontakt mit Körperflüssigkei-ten und Exkreten, Schleimhäuten,nicht intakter Haut oder Wundver-bändenWechsel zwischen kolonisierten/kon-taminierten und sauberen Körper-bereichen während der Patienten-versorgungNACH dem Ausziehen der Hand-schuhe

NACH Patientenkontakt Schutz des Personals nachfolgenderPatienten vor potenziell patho-genen Erregern

NACH direktem Patientenkontakt, imSinne eines direkten KörperkontaktsNACH dem Ausziehen der Hand-schuhe

NACH Kontakt mit Oberflächen inunmittelbarer Umgebung desPatienten

Schutz des Personals und nach-folgender Patienten vor potenziellpathogenen Erregern

NACH Kontakt mit Oberflächen undmedizinischen Geräten in unmittel-barer Umgebung des PatientenNACH dem Ausziehen der Hand-schuhe

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nahmen und die Terminierung der Untersuchung entscheiden unddarüber die zuständigen Röntgenassistenten der betroffenenModalität informieren. Wenn immer möglich, sollten Untersu-chungen von derartigen Patienten am Ende des Untersuchungs-programms terminiert werden. Um das Risiko der Raumkonta-mination und die Infektionsgefährdung für die Mitarbeiter zuminimieren, sollte der direkte Umgang mit dem betroffenen Pa-tienten (u. a. für Aufklärung, Lagerung und Untersuchungsdurch-führung) auf so wenig Räumlichkeiten und Personen wie möglichbeschränkt werden.Zusammenfassend sind bei der Untersuchung von Patienten all-gemein die folgenden hygienischen Maßnahmen zu beachten:

▶ Regelmäßige Hygieneschulungen des ärztlichen und techni-schen Personals (Händedesinfektion, korrektes An- und Aus-ziehen von Schutzkleidung, Flächen-und Gerätedesinfektion)

▶ Etablierung einer regelmäßigen, ggf. mehrfach täglichen Flä-chen- und Gerätedesinfektion durch MTRAs

▶ Sicherstellung einer täglichen desinfizierenden Raumpflegedurch entsprechende Fachkräfte

▶ Mitteilung des Infektionsstatus bzw. entsprechender Ver-dachtsdiagnosen eines Patienten schon mit der Anmeldung(schriftlich, KIS/RIS) einer Untersuchung der Radiologie durchZuweiser/Anmelder. Entsprechende Angabefelder sind auf derAnmeldung vorzuhalten.

▶ Entscheidung des Radiologen/Gerätearztes über die erforderli-chen Maßnahmen; Terminierung der Untersuchung und In-formation der MTRAs der betroffenen Modalität.

▶ Untersuchungen von infektiösen Patienten wann immer mög-lich am Ende des jeweiligen Untersuchungsprogramms.

▶ Einhaltung der Standardhygienemaßnahmen bei jeder Unter-suchung. Hierbei sind entsprechende Regelungen im Hygiene-plan festzulegen. Sobald der Verdacht auf eine bestimmte In-fektionserkrankung oder auf einen entsprechenden Erreger

besteht, sollten spezifische Regelungen (s. u.) greifen. Koordi-nation durch den radiologischen Gerätearzt. Im Zweifel immerHinzuziehen des hygienebeauftragten Arztes der Klinik.

Spezifische hygienische Vorkehrungen!

Art- und Umfang spezifischer Hygienemaßnahmen bestimmensich nach folgenden Faktoren:1. Mögliche Übertragungswege während der radiologischen Un-

tersuchung: Die Kenntnis über mögliche Übertragungswegeauf das Personal und Mitpatienten während der Behandlungeines Patienten in einer radiologischen Klinik mit einem ent-sprechenden Erreger ist entscheidend, um adäquate Hygiene-maßnahmen zum Schutz der Mitarbeiter und Mitpatienten zugewährleisten. In der Radiologie können Übertragungen überdirekten und indirekten, d. h. beispielsweise über kontami-nierte Oberflächen, Kontakt sowie mittels Tröpfchen oderLuft stattfinden, wobei erstere sicherlich im Alltag den Haupt-anteil ausmachen.●" Tab. 1 gibt eine Aufstellung über die mög-lichen Übertragungswege von Infektionserregern sowie allge-meine Präventionsmaßnahmen, um deren Übertragung zuverhindern.

2. Gefährdungspotenzial des Erregers für das Personal und Mit-patienten: Auch wenn die Unterbrechung möglicher Übertra-gungswege die Grundlage der Hygienemaßnahmen bildet,sind insbesondere bei vorliegenden Erregernachweisen derenspezifische Eigenschaften zu berücksichtigen, die in Einzelfäl-len ein Abweichen vom grundsätzlichen Standard erforderlichmachen. Hierbei sind erregerseitig besondere Virulenzeigen-schaften (z. B. Erreger, die zusätzliche Toxine bilden können)zu beachten, die mit einer erhöhten Virulenz assoziiert seinkönnen. Auf der Wirtsseite, d. h. für das radiologische Personal

Abb.1 Schutzmasken vor Tröpfchen- und Luft-übertragung. a Chirurgischer Mund-Nasenschutz(OP-Maske) zum Schutz vor Tröpfchenübertragung.b FFP2- und c FFP3-Maske zum Schutz vor Luft-übertagung.

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und die Mitpatienten, ist zusätzlich die Infektionsdosis zu be-achten. Diese gibt an, wie viele Erreger auf den Organismusübertragen werden müssen, damit es zur Infektion bzw. Er-krankung kommt. Sie ist zwischen verschiedenen Erregernsehr unterschiedlich und kann zwischen vielen Tausend undnur einigen wenigen Erregern liegen. Da in Abhängigkeit desKrankheitsstadiums Erreger in unterschiedlichen Konzentra-tionen in jeweiligen Körpersekreten vorliegen, ist die Vorher-sage der Infektionswahrscheinlichkeit bei Kontamination miterregerhaltigen Sekreten nur schwer möglich. Außerdemwird die Infektionsdosis u. a. von dem Immunstatus und durchMedikamente (z. B. auch eine Antiazida-Therapie) maßgeblichbeeinflusst.

3. Umweltresistenz (Tenazität) des Erregers: Diese beschreibt dieÜberlebensfähigkeit des Erregers in der Umwelt, z. B. aufRaum- oder Geräteoberflächen. Sie kann zwischen wenigenStunden (z. B. bei Cytomegalie-Viren) bis zu mehreren Mona-ten (z. B. bei Tuberkuloseerregern aus demMycobacterium tu-berculosis-Komplex [Tbc] oder Sporen von Bakterien wie Clo-stridium difficile) betragen. Um eine längerfristige Ausbildungvon Erregerreservoiren in der Umgebung zu verhindern, istdeshalb sowohl eine regelmäßige Desinfektion der Raum-und Geräteoberflächen als auch anlassbezogen eine ggf. er-weiterte Flächendesinfektion bei nachträglich erkannten In-fektionen mit entsprechenden Erregern wie Tbc erforderlich.

Einen Überblick über die relevanten Übertragungswege von In-fektionserregern in einer radiologischen Klinik und die relevan-ten Erregergruppen mit den erforderlichen Maßnahmen sind in

●" Tab. 2, 3 zu finden.Aufgrund ihrer Prävalenz, ihres Gefährdungspotenzials und ihrerÜbertragungswege werden hier zur besseren Übersicht verschie-dene Erregergruppen gebildet, für die besondere Hygienemaß-nahmen getroffen werden sollten, um eine Übertragung in derRadiologie zu verhindern: (i) multiresistente bakterielle Erreger(z. B. MRSA, MRGN), (ii) hochpathogene bakterielle Erreger (ex-klusive Tbc), (iii) Tbc und (iv) virale Erreger (Norovirus, Influen-zavirus). Da die hier gemachten Vorgaben und Empfehlungeneinem stetigen Wandel, z. B. aufgrund einer besonderen Resis-tenzentwicklung einzelner Erreger oder Veränderungen des lo-kalen Erregerspektrums unterliegen, sind natürlich aktuelle In-formationen u. a. des verantwortlichen Krankenhaushygienikersund/oder der Aufsichtsbehörden zu berücksichtigen.

Multiresistente bakterielle Erreger (z. B. MRSA, MRGN)Erreger dieser Gruppe zeichnen sich durch eine große Anzahl vonAntibiotikaresistenzen aus, die eine suffiziente Therapie deutlicherschweren oder gar unmöglich machen. Da diese Erreger in derRegel fakultativ pathogen sind und in ihrer antibiotikasensiblenVariante zur normalen Haut- bzw. Schleimhautflora des Men-schen zählen, müssen Patienten, die diese Erreger tragen, nichtobligat klinische Symptome ausprägen, sondern können lediglichasymptomatisch besiedelt sein. Bekanntestes Beispiel hierfür istsicherlich der MRSA, der meist die Nasenvorhöfe betroffener Per-sonen kolonisiert. Somit steht man im klinischen Alltag vor derHerausforderung, gerade auch diese asymptomatisch besiedeltenPatienten vor der geplanten Untersuchung zu identifizieren, dasie wie infizierte Patienten ebenfalls ihren MRSA auf die belebteund unbelebte Umgebung übertragen können. Je nach lokalerMRSA-Prävalenz kann es deshalb sinnvoll sein, nicht nur bekann-te bzw. bestätigte MRSA-Patienten, sondern auch Patienten miteinem hochgradigen Verdacht auf eine MRSA-Besiedelung/Infek-tion entsprechend wie MRSA-positive Patienten zu behandeln

[21, 22]. Um diese Unklarheit und die damit verbundenenSchwierigkeiten zu lösen, wird in zunehmendem Maße, unter-stützt durch die Ergänzung des IfSG (v. a. § 23) und der abhängi-gen Landesverordnungen, in den meisten Kliniken ein MRSA-Screening bei neu aufgenommenen Patienten durchgeführt. Soist der MRSA-Status i. d. R. vor Untersuchungsbeginn bekanntoder kann bei nicht notfallmäßig durchzuführenden Untersu-chungen abgewartet werden. Während es für MRSA aufgrundder umfangreichen Datenlage schon sehr detaillierte Empfehlun-gen gibt, sind die Empfehlungen zumManagement von Patientenmit MRGN gerade erst im Entstehen. Wichtig zu wissen ist, dassMRGN im Gegensatz zu MRSA in erster Linie den Rachen- undAnal-/Rektalbereich besiedeln. Da es für die große Gruppe derMRGN bisher keine generellen Screeningempfehlungen gibt[22, 23], ist hier die Einhaltung der Standardhygiene von großerBedeutung, um eine Übertragung bei unbekanntem Status zuvermeiden. Sobald jedoch ein MRGN bekannt ist, sollten spezifi-sche Hygienemaßnahmen implementiert werden.Da die Übertragung von Erregern dieser Gruppe in erster Linieüber Schmierinfektion (direkter und indirekter Kontakt) erfolgt,liegt hier das Hauptaugenmerk der Barrieremaßnahmen. Diesebeginnen bereits mit dem Empfang des Patienten, der, sofernnicht termingenau einbestellt werden kann, in einer separatenWartezone erfolgen sollte, um Übertragungen auf Mitpatientenzu verhindern. MRSA-positive Patienten sollten ggf. im stationä-ren Bereich beim Transport zur Radiologie und während des ge-samten Aufenthalts einen Kittel, Haarschutz, Handschuhe und ei-nen chirurgischen Mund-Nasenschutz tragen. Im ambulantenBereich sollte zumindest bei nasopharyngealer Besiedlung einchirurgischer Mund-Nasenschutz getragen werden. Um Übertra-gungen auf das Personal zu verhindern, trägt dieses einenSchutzkittel (Stoff- oder Einmalkittel sind gleichermaßen geeig-net, sofern sie nach einmaligem Gebrauch verworfen werden)

Tab. 2 Relevante Übertragungswege von Infektionserregern in einer radio-logischen Abteilung.

Übertra-

gungsweg

Definition grundsätzliche

Schutzmaßnahmen

Kontakt (häu-fig alsSchmierinfek-tion bezeich-net)

direkte Übertragung über(Schleim-)Haut-(Schleim-)Haut-Kontakt vom Besie-delten/Erkrankten auf eineandere Personindirekte Übertragungüber Geräte- oder Raum-oberflächen von Person zuPerson

Händedesinfektion,Handschuhe, Kittel,ggf. chirurgischerMund-Nasenschutzund Haarschutz

Tröpfchen Übertragung von(Schleim-)haut zu(Schleim-)haut über Spei-chel beim Husten, Spu-cken, Niesen, Erbrechenusw.frei gesetzte Speichel-tropfen sinken zu Boden(Sedimention)

je nach Pathogenitätdes Erregers mind.chirurgischer Mund-Nasenschutz, besserMaske (FFP2)

Luft Übertragung von Schleim-haut zu Schleimhaut überin der Luft schwebefähigeTröpfchen

je nach Pathogenitätdes Erregers mind.Maske (FFP2), ggf.Schutzbrille; chirurgi-scher Mund-Nasen-schutz definitiv nichtausreichend

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und Handschuhe. Zusätzlich ist bei MRSA das Tragen eines chi-rurgischen Mund-Nasenschutzes und einer Haarschutz sinnvollund empfohlen (www.rki.de: Infektionskrankheiten: Staphylo-kokken-Erkrankungen, insbesondere MRSA), um Übertragungendurch unbewusste Handbewegungen von den eigenen Händenan die Nase und das Gesicht zu vermeiden. Tätigkeiten, die eineAerosolbildung verursachen können, z. B. bei Freisetzung vonTrachealsekret beim Absaugen der Atemwege oder beim Ablas-sen/Verschütten von Urin, erfordern unabhängig vom Erregerdieser Gruppe einen chirurgischen Mund-Nasenschutz. UmEigenübertragungen durch kontaminierte Schutzkleidung zuvermeiden, ist diese bereits im Untersuchungsraum in der fol-genden Reihenfolge abzulegen, und noch im Raum als Konta-minationsmüll, d. h. getrennt vom normalen Krankenhausmüll,in entsprechender Umverpackung zu entsorgen: Handschuhe(dann zunächst Händedesinfektion), Kittel, Haarschutz/Mund-Nasenschutz. Obligat abgeschlossen wird das Ablegen derSchutzkleidung mit der Durchführung einer Händedesinfektion.Hierbei ist zu beachten, dass zum einen die üblicherweise getra-genen Einmalhandschuhe keine absolute Dichtigkeit aufweisenund zum anderen gerade beim Ausziehen der EinmalhandschuheEigenübertragungen v. a. im Handgelenksbereich auftreten kön-nen, die nur durch eine ausreichende Händedesinfektion effi-zient eliminiert werden können. Nach Beendigung der Unter-suchung sollte eine Desinfektion der Geräteoberflächen undsonstiger vom Patienten oder Personal im Rahmen der Untersu-

chung möglicherweise berührten Oberflächen unter Verwen-dung eines Flächendesinfektionsmittels erfolgen. Im Rahmeneiner prophylaktischen Desinfektionsmaßnahme sollte mindes-tens das Abtrocknen der Oberflächen abgewartet werden. Han-delt es sich um eine amtlich angeordnete Desinfektion, sind dieentsprechenden Einwirkzeiten des Desinfektionsmittels je nachPräparat und Herstellerangaben einzuhalten. Je nach vorliegen-der Infrastruktur kann die Flächendesinfektion durch entspre-chend geschultes Reinigungspersonal erfolgen oder auch durchdas gleichermaßen instruierte Gerätepersonal selbst, um Warte-und Ausfallzeiten so gering wie möglich zu halten. In der klini-schen Routine sind vielfach mehrere MRSA/MRGN-positive Pa-tienten am selben Tag und an einer Modalität zu untersuchen.Auch in diesem Fall ist nach jeder Untersuchung bzw. jedem Pa-tienten eine entsprechende Desinfektionwie o. g. durchzuführen.Eine lediglich einmalige Reinigung nach Abschluss der Untersu-chung aller betroffenen Patienten („Kohortierung“) ist auf jedenFall zu unterlassen.Folgende Hygienemaßnahmen sind bei Verdacht auf oder bei be-kannter Infektiösität durch Erreger dieser Gruppe zusammenfas-send zu beachten:

▶ Bei MRSA obligates Tragen von Schutzkittel, Handschuhen,Haarschutz und chirurgischem Mund-Nasenschutz beim Per-sonal. Bei MRGN obligates Tragen von Schutzkittel und Hand-schuhen; bei möglichem Kontakt mit Aerosol auch ein chirur-gischer Mund-Nasenschutz.

Tab. 3 Eigenschaften für die Radiologie relevanter Erregergruppen. Übersicht über Eigenschaften, Hauptübertragungswege und erforderliche Hygienemaß-nahmen wie persönliche Schutzausrüstung und Desinfektionsmaßnahmen.1

Erregergruppe Erreger wichtige Übertragungswege persönliche Schutzausrüstung

(Personal, ggf. auch für Patient)

Desinfektionsmaßnahmen, sons-

tige Hinweise

multiresistentebakterielleErreger

MRSA/ORSA (Oxacillin-resistenter Staphylo-coccus aureus)

Kontaktübertragung, seltenTröpfchenübertragung

Personal: Schutzkittel, Hand-schuhe, chirurgischer Mund-Nasenschutz, HaarschutzPatient: Einmal-Kittel, Chirurgi-scher Mund-Nasenschutz, Haar-schutz

Händedesinfektion, Flächendesin-fektion ggf. durch Gerätepersonal

MRGN-Enterobacteria-ceae, Pseudomonas undAcinetobacter spp.

Kontaktübertragung, seltenTröpfchenübertragung

Personal: Schutzkittel, Hand-schuhe, ggf. chirurgischer Mund-Nasenschutz, Haarschutz

Händedesinfektion, Flächendesin-fektion ggf. durch Gerätepersonal

besonderebakterielleErreger

Neisseria meningitidis V. a. Tröpfchenübertragung Personal: Schutzkittel, Hand-schuhe, chirurgischer Mund-Nasenschutz

Händedesinfektion, Flächendesin-fektion: Standarddesinfektion aus-reichend

Tuberkulose Mycobacterium tuber-culosis-Komplex

V. a. Luftübertragung, Kontakt-übertragung auch möglich

Personal:Handschuhe, Einmal-OP-Kittel, FFP2-MaskePatient: FFP2-Maske (sofernmöglich)

HändedesinfektionFlächendesinfektion bei möglicherKontamination nach RKI (§§ 17/18 IfSG)Sonstige Maßnahmen: Raum leerräumen, Schränke verschließenusw.

virale Erregermit besondererVirulenz

Noroviren Kontaktübertragung, Tröpfchen-übertragung bei Erbrechen/Husten

Personal: Schutzkittel ggf. mitPlastikschürze, chirurgischerMund-Nasenschutz, bei ErbrechenFFP2-Maske

Händedesinfektion, ggf. längereEinwirkzeit beachtenFlächendesinfektion, bei massivenKontaminationen nach §§ 17/18 IfSGSonstige Maßnahmen: Raum leerräumen, Schränke verschließenusw.

Influenzaviren Tröpfchenübertragung, Kontakt-übertragung

Personal: Schutzkittel, Hand-schuhe, mind. FFP2-Maske, Haar-schutz

Händedesinfektion, Flächendesin-fektion: ggf. durch GerätepersonalSonstiges: bevorzugt geimpftesPersonal einsetzen

1 Desinfektionsmittel nach VAH- und RKI-Liste (siehe RKI.de).

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▶ Händedesinfektion nach jedem Kontakt mit dem Patientenund auch nach eventuellem Handschuhwechsel.

▶ Durchführung einer Flächendesinfektion nach Untersu-chungsende, bevorzugt durch Gerätepersonal.

▶ Separate Flächendesinfektion nach jedem einzelnen Patientenmit einer MRSA/MRGN-Besiedlung/-Infektion unter Beachtungder EWZ.

Hochpathogene bakterielle Erreger (z. B. Neisseriameningitidis; exklusive Tbc)Aus einer ungeschützten Exposition von Gerätearzt oder Röntgen-assistenten mit N. meningitidis (Meningokokken) kann eine Me-ningitis entstehen, welche schwerwiegende neurologische Schädi-gungen zur Folge haben kann, sodass in diesen Fällen von derStändigen Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) einesofortige Einleitung einer antibiotischen Postexpositionsprophyla-xe, z. B. mit Rifampicin oder Ciprofloxacin, indiziert ist [24]. Dahersteht bei Untersuchungen von Patienten mit bestätigter Meningo-kokkenmeningitis oder hohem Verdacht auf eine bakterielleMeningitis insbesondere der Eigenschutz des Personals im Vorder-grund. Da Meningokokken neben der Schmierinfektion in ersterLinie über intensiveren (z. B. beim Absaugen der Atemwege[www.rki.de: Infektionskrankheiten: Meningokokken]) oder län-geren (1h „face-to-face“) Kontakt mit oropharyngealen Sekretenübertragen werden, ist das Tragen eines chirurgischen Mund-Na-senschutzes sowie von Handschuhen, Schutzkittel und Haarschutzobligat. Sofernmöglich, sollte auch der Patient einenMund-Nasen-schutz bei bekannter Infektion tragen. Diese Maßnahmen geltenjedoch nur innerhalb der ersten 24h nach Beginn einer geeignetenAntibiotikatherapie. Nach Ablauf dieser Zeit ist nicht mehr miteiner Übertragung zu rechnen, sodass dann Standardhygiene-maßnahmen ausreichend sind. Eine besondere Desinfektion derGeräte-/Raumoberflächen ist in der Regel nach Untersuchungs-durchführung nicht erforderlich, da diese Keime außerhalb desmenschlichen Körpers nur sehr begrenzt überlebensfähig sind.Hier ist die Standardhygiene ausreichend.Zusammenfassend sind bei der Untersuchung von Patienten mitbekannter (oder klinisch wahrscheinlicher) Infektiösität durchErreger dieser Gruppe die folgenden hygienischen Maßnahmenzu beachten:

▶ Vor bzw. innerhalb der ersten 24h nach Beginn einer geeigne-ten Antibiotikatherapie obligates Tragen des chirurgischenMund-Nasenschutzes sowie von Handschuhen, Schutzkittelund Haarschutz bei Personal.

▶ Bei ungeschütztem Patientenkontakt sofortige Einleitung derPostexpositionsprophylaxe (Meningokokken) mit einem ge-eigneten Antibiotikum (Cave Kontraindikationen der geeigne-ten Präparate)

▶ Händedesinfektion nach jedem Kontakt mit dem Patienten.

▶ Routinemäßige Flächendesinfektion ausreichend.

M.-tuberculosis-Komplex (Tbc)Auchwenn die Tuberkulose inMitteleuropa nicht zu den häufigs-ten Infektionserkrankungen zählt, sind die Hygienemaßnahmenbei Auftreten entsprechender Erkrankungen aufgrund der nied-rigen Infektionsdosis und der Schwere der Erkrankung sehr um-fangreich; Übertragungen sowohl auf Mitpatienten als auch aufdas medizinische Personal sind beschrieben [25]. Aufgrund derlangjährigen und umfangreichen Erfahrungen mit Tuberkulose-erkrankungen gibt es relativ differenzierte Empfehlungen, wasdie Abschätzung der Infektiösität und die damit verbundenenHygienemaßnahmen angeht [26, 27]. Grundsätzlich ist bei der

Tbc aus hygienischer Sicht zwischen pulmonalen und extrapul-monalen Manifestationen zu unterscheiden, da pulmonale Mani-festationen eine Übertragung mittels Tröpfchen/Luft (z. B. beimHusten) möglich machen, während extrapulmonale Manifesta-tionen je nach Lokalisation v. a. Übertragungen per Schmierinfek-tion (z. B. Wunddrainagen bei Abszessen) wahrscheinlich ma-chen oder von gar keiner Übertragung ausgegangen werdenkann (z. B. bei einer tuberkulösen Meningitis oder anderen Or-ganmanifestationen ohne Anschluss nach außen über Drainagenoder natürliche Wege). Bei pulmonalen Manifestationen richtetsich die Vorgehensweise maßgeblich danach, ob eine offeneoder geschlossene pulmonale Tbc vorliegt. Dies wird definiertüber das Vorhandensein von säurefesten Stäbchenbakterien imSputummaterial, das nach Ziehl-Neelsen gefärbt und anschlie-ßend lichtmikroskopisch beurteilt wird [26]. Erst wenn 3 an un-terschiedlichen Tagen gewonnene Sputa mikroskopisch als nega-tiv beurteilt wurden, ist davon auszugehen, dass es sich nicht umeine offene Lungentuberkulose handelt [26]. Dies ist entschei-dend, da bei einer geschlossenen Lungentuberkulose im Regelfallnur von einer sehr geringen bis gar nicht vorhandenen Anste-ckungsfähigkeit auszugehen ist und damit außer bei invasivenMaßnahmen (hierzu zählen v. a. Manipulationen an den Atem-wegen) die Einhaltung der Standardhygienemaßnahmen ausrei-chend ist. Oftmals kann aufgrund der Akuität der Untersuchungder lichtmikroskopische Ausschluss einer offenen pulmonalenTbc nicht abgewartet werden; im Gegenteil ist häufig die radio-logische Bildgebung ein wichtiger Bestandteil der Tuberkulose-Diagnostik gerade bei klinisch nicht eindeutigen Verläufen undunklaren serologischen Befunden. In diesen Fällen oder bei be-kannter oder auch lediglich vermuteter offener pulmonaler Tbcsind deshalb die gleichen Hygienemaßnahmen zu ergreifen, umdas Personal und die Mitpatienten vor Übertragungen zu schüt-zen. Aufgrund des hohen Gefährdungspotenzials sollte unbe-dingt bereits im Vorfeld der Untersuchung bei jeder Unklarheitder Zuweiser kontaktiert bzw. bei fraglichen Vorbefunden expli-zit auf den Tbc-Status hin kontaktiert werden.Um die Übertragung vom Patienten mit einer offenen pulmona-len Tbc oder bei noch unklarem mikrobiologischem Befund aufdas Personal bzw. die Kontamination der Umgebung zu verhin-dern, sollte der Patient bereits auf dem Weg zum/vom Untersu-chungsraum und während der Untersuchung einen chirurgi-schen Mund-Nasenschutz tragen [26]. Bei intubierten Patientenist aufgrund des geschlossenen Beatmungssystems von einemausreichenden Schutz vor einer möglichen Erregerfreisetzungauszugehen. Bei nicht kooperationsfähigen Patienten oder hoherWahrscheinlichkeit einer Dislokation des chirurgischen Mund-Nasenschutzes während des Transports bzw. der Lagerung desPatienten für die Untersuchung sollte sich das betreuende Perso-nal auf jeden Fall durch Tragen einer FFP2-Maske schützen. Obli-gat ist ebenso das Tragen eines Schutzkittels sowie von Hand-schuhen und eines Haarschutzes. Nachdem der Patient denUntersuchungsraum verlassen hat, ist die Schutzkleidung im Un-tersuchungsraum in der folgenden Reihenfolge abzulegen undnoch im Raum als Kontaminationsmüll getrennt vom sonstigenKrankenhausmüll in entsprechender Umverpackung zu entsor-gen: Handschuhe (dann zunächst Händedesinfektion), Kittel,Haarschutz und FFP2-Maske. Sollte das Tragen des chirurgischenMund-Nasenschutzes nicht möglich sein bzw. dieser dislozieren,ist von einer Kontamination des Raumes auszugehen und des-halb eine Flächendesinfektion gemäß §§17/18 IfSG einzuleiten(siehe hierzu auch RKI Desinfektionsmaßnahmen nach §§ 17/18IfSG). Da diese Flächendesinfektion als Scheuer-Wischdesinfek-

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tion mit erhöhten Desinfektionsmittelkonzentrationen und ver-längerten EWZ verbunden ist (siehe RKI URL, s. o.), ist zu empfeh-len, diese Maßnahme in Abstimmung mit dem zuständigenKrankenhaushygieniker abzustimmen.Wie bereits oben beschrieben, ist die Kontamination von Raum-und Geräteoberflächen durch die Sedimentation von Aerosolmöglichst gering zu halten, da Tbc-haltige Aerosolsedimenteüber mehrere Monate infektiös in der Umgebung überleben kön-nen. Deshalb ist hier besonders darauf zu achten, dass Schränkemit nicht benötigten Gegenständen vor der Untersuchung ver-schlossen und alle mobilen Gegenstände aus dem Untersu-chungsraum entfernt werden, da im Falle einer erforderlichenRaumdesinfektion derart geschützte Bereiche nur außen desinfi-ziert werden müssen. Zugleich wird verhindert, dass ansonstenpotenziell kontaminierte Schrankinhalte (z. B. Sonden, Punk-tionsutensilien), deren Verpackungen/Oberflächen einer Desin-fektion nicht unbeschadet standhalten, kostenträchtig vernichtetwerden müssten. Sollte sich der Tbc-Verdacht erst aufgrund derlaufenden radiologischen Untersuchung ergeben (z. B. erstmali-ger Kavernennachweis im CT), besteht die Möglichkeit, unge-schützte Schrankinhalte und Gegenstände in geeigneten Behält-nissen in „Quarantäne“ zu nehmen und zunächst nur dieBehältnisse außen vor Entfernung aus dem Untersuchungsraumebenfalls mit dem für die Flächendesinfektion verwendetenPräparat zu desinfizieren. Das Ergebnis weiterer (mikrobiologi-scher) Untersuchungen kann so abgewartet und die ungeschütz-te Schrankinhalte und Gegenstände im Falle eines sicheren Aus-schlusses von Tbc weiter verwendet werden, wodurch sich hoheKosten verhindern lassen. Ist in Fällen einer gesicherten Tbc-Di-agnose oder aufgrund des hochgradigen Verdachts eine Des-infektion nach §§ 17/18 IfSG indiziert, kann diese nur durchentsprechend ausgebildetes Personal (in der Regel durch Desin-fektoren) durchgeführt werden, um beispielsweise auch eine Ge-fährdung durch die hoch konzentrierten Desinfektionsmittel zuverhindern. Je nach verwendetem Desinfektionsmittel ist damitzu rechnen, dass die Desinfektionsmaßnahmen einschließlichder Einwirkungszeit mit nachfolgender Raum- und Gerätereini-gung einen Zeitraum von rund 8h einnehmen, in der der Unter-suchungsraum bzw. die Untersuchungsmodalität nicht zur Ver-fügung steht. Deshalb gilt auch hier, planbare Untersuchungenvon Patienten mit einer offenen Tbc vorzugsweise am Ende desUntersuchungsprogramms zu terminieren.Zusammenfassend sind bei bekannter oder vermuteter Infektiö-sität durch M. tuberculosis folgenden hygienischen Maßnahmenzu beachten:

▶ Kommunikation mit dem Zuweiser im Vorfeld der Untersu-chung zu Klärung des Tbc-Status.

▶ Möglichst Tragen eines chirurgischen Mund-Nasenschutzesdes infizierten Patienten bei vermuteter und gesicherter offe-ner Tbc.

▶ Ist Tragen eines chirurgischen Mund-Nasenschutzes beim Pa-tienten unmöglich oder Patient nicht kooperationsfähig, obli-gates Tragen einer FFP2-Maske des Personals.

▶ Tragen von Schutzkittel, Handschuhen und Haarschutz beimPersonal.

▶ Schließen von Schränken sowie Entfernung nicht erforderli-cher Gegenstände aus dem Untersuchungsraum.

▶ Bei Aufenthalt des Patienten ohne chirurgischenMund-Nasen-schutz oder bei anderen möglichen Kontaminationen Raum-desinfektion durch Desinfektoren gemäß §§17/18 IfSG.

Virale Erreger (Norovirus, Influenzavirus)Diese sehr diverse Erregergruppe subsumiert verschiedene viraleErreger, die sich durch unterschiedliche klinische Symptome (z. B.gastrointestinale oder Atemwegserkrankungen) und ein unter-schiedliches Gefährdungspotenzial für das Personal und dieMitpa-tienten auszeichnen. Exemplarisch werden Noroviren als sicher-lich häufigste Erreger viraler Gastroenteritiden und gefürchteteErreger nosokomialer Ausbrüche sowie Influenzaviren als hochpa-thogener Vertreter schwerer Atemwegserkrankungen im Folgen-den besprochen.

NorovirenNoroviren stellen aufgrund ihrer hohen Tenazität und ihrer niedri-gen Infektionsdosis (weniger als 100 Viruspartikel können für eineÜbertragung ausreichen) aus hygienischer Sicht eine große He-rausforderung dar. So wirken viele der gängigen Hände- und Flä-chendesinfektionsmittel nicht oder nur begrenzt gegen Noroviren,was in Verbindung mit der niedrigen Infektionsdosis Übertragun-gen sehr leicht ermöglicht. Besonders infektiös sind Ausscheidun-gen (Erbrochenes, Stuhl) von Patienten mit einer Norovirus-Infek-tion. Daher sind im Umgang mit entsprechenden Patienten vomPersonal Schutzkittel (ggf. mit zusätzlicher Schürze), Haarschutzund Handschuhe zur Unterbindung einer möglichen Schmierin-fektion zu tragen. Da Noroviren auch, aufgrund einer starken Aero-solbildung während des Erbrechens, über Tröpfchen übertragenwerden können, sollte zum Schutz vor erregerhaltigem Aerosolmindestens ein chirurgischer Mund-Nasenschutz, besser abereine FFP2-Maske getragen werden. Weiterhin sollte vor Eintreffendes Patienten der Untersuchungsraum in Analogie zu den Maß-nahmen bei Tbc präpariert werden. Auch hier gilt es, durch Ver-schließen von Schränken im Untersuchungsraum sowie Entfer-nung sämtlicher beweglicher Gegenstände Kontaminationen unddamit unnötige Reinigungs- oder Entsorgungskosten zu vermei-den. Nach jedem Kontakt mit dem Patient oder kontaminiertenGegenständen sowie nach Ausziehen der Schutzkleidung hateine Händedesinfektion mit einem Händedesinfektionsmittel,das eine erhöhte Wirksamkeit gegenüber unbehüllten Viren hat(„viruzid“), zu erfolgen. Zusätzlich ist hier je nach verwendetemPräparat und Kontaminationsgrad auch eine ggf. verlängerte Ein-wirkzeit der Händedesinfektionsmittel zu beachten, da die meis-ten Standardhändedesinfektionsmittel zwar eine gute Wirksam-keit gegenüber behüllten aber nur eine begrenzte Wirksamkeitgegenüber unbehüllten Viren haben („begrenzt viruzid“), die teil-weise durch eine verlängerte Einwirkzeit verbessert werden kann(siehe hierzu die jeweiligen Herstellerangaben und RKI-Desinfek-tionsmittel [18, 19]). Nach Beendigung der Untersuchung ist eineFlächendesinfektion mit einem viruswirksamen Flächendesinfek-tionsmittel durchzuführen. Bei massiven Kontaminationen, z. B.durch Erbrochenes, ist die Flächendesinfektion zu intensivierenund sicher viruzide Desinfektionsmittel unter Beachtung der Ein-wirkzeit zu verwenden.

InfluenzavirenBei einer Influenza-Infektion geht die Hauptinfektionsgefahr vonerregerhaltigem respiratorischem Sekret aus. Daher sollte vomPersonal während des Patientenumgangs mindestens eine FFP2-Maske neben Schutzkittel, Handschuhen und Haarschutz getra-gen werden. Sofern klinisch möglich, sollte der Patient beimTransport und Aufenthalt einen chirurgischen Mund-Nasen-schutz tragen. Neben diesen Barrieremaßnahmen stellt darüberhinaus die Impfung gegen saisonale Influenzaviren eine wichtigePräventionsmaßnahme dar. Das Personal sollte grundsätzlich

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von der Wichtigkeit der jährlichen Influenza-Impfung überzeugtwerden, die einen wichtigen Bestandteil in der Prävention derauch bei gesunden Mitarbeitern schwer verlaufenden Influenza-Infektionen darstellt. Daneben sollte darauf geachtet werden,dass vorrangig geimpftes Personal bei Betreuung infizierter Pa-tienten eingesetzt wird, wobei die Impfung nicht das Weglassender anderen Schutzmaßnahmen rechtfertigt, da auch geimpftesPersonal, ohne selbst zu erkranken, als Überträger fungierenkann. Nicht geimpftes Personal sollte nach ungeschütztem Um-gangmit einem infizierten Patienten dagegen über die besondereBedeutung einer möglichen Postexpositionsprophylaxe mit anti-viralen Arzneimitteln informiert sein. Für die Entscheidung istdringend empfehlenswert, sich auch entsprechend arbeitsmedi-zinisch beraten zu lassen. Für geimpftes Personal ist das Trageneines chirurgischen Mund-Nasenschutzes ausreichend. Gleichesgilt für den Umgang mit einem intubierten und beatmeten Pa-tienten. Nach jedem Kontakt mit dem Patienten hat eine Hände-desinfektion zu erfolgen, wobei Influenzaviren durch gängige(begrenzt viruzide) Händedesinfektionsmittel bereits suffizientinaktiviert werden. Gleiches gilt auch für die Oberflächen, dienach Untersuchungsende desinfiziert werden sollten.Zusammenfassend sind bei bekannter oder angenommener In-fektiösität durch Erreger dieser Gruppe folgende hygienischenMaßnahmen zu beachten:Noroviren:

▶ Tragen von Schutzkittel, ggf. Schürze, Haarschutz und Hand-schuhe, beim Personal.

▶ Chirurgischer Mund-Nasenschutz, bei Erbrechen FFP2-Maskebeim Personal.

▶ Händedesinfektion mit viruzidem Desinfektionsmittel nachjedem Patientenkontakt.

▶ Schließen von Schränken und Entfernung nicht erforderlichenMaterials aus dem Untersuchungsraum.

▶ Durchführung einer Flächendesinfektion nach Untersu-chungsende, bei massiven/sichtbaren Kontaminationen, z. B.durch Erbrochenes ggf. nach §§17/18 IfSG, um eine sichereWirksamkeit bei der niedrigen Infektionsdosis und der hohenTenazität des Erregers zu erreichen.

Influenzaviren:

▶ Grundsätzlicher Aufruf zur jährlichen Impfung.

▶ Bevorzugter Einsatz von geimpftem Personal.

▶ Tragen von Schutzkittel, Handschuhen und Haarschutz.

▶ Tragen mindestens einer FFP2-Maske bei nicht intubierten Pa-tienten, ggf. Durchführung einer Postexpositionsprophylaxebei ungeimpftem Personal ohne Schutzmaßnahmen nach ent-sprechender arbeitsmedizinischer Beratung.

▶ Beim Transport und Aufenthalt in der Radiologie sollte der Pa-tient einen chirurgischen Mund-Nasenschutz tragen.

▶ Durchführung einer Flächendesinfektion nach Untersuchungs-ende.

Welche hygienischen Maßnahmen sind bei perkutanenPunktionen und Drainageanlagen zu treffen?Bei diagnostischen und therapeutischen Punktionen (z. B. Drai-nageanlagen) und bekannter Infektion gelten zunächst alle Hy-gienemaßnahmen, die auch für die einzelnen Erreger(-gruppen)(s. o.) empfohlen werden. Von besonderer Bedeutung ist jedoch,dass bei Eröffnung eines Verhalts oder eines Infektionsherds imRahmen einer Punktion oder Drainageanlage eine direkte Ver-bindung eines zuvor möglicherweise abgeschlossenen Prozessesnach außen geschaffen wird, die zur Erregerfreisetzung undnachfolgend zu Übertragungen und Umgebungskontaminatio-

nen führen können. Aufgrund des hierdurch ggf. notwendigenDesinfektionsbedarfs nach einer derartigen Intervention ist jenach lokalen Gegebenheiten eine Terminierung dieser Untersu-chungen an das Ende des Tagesprogramms zu erwägen. Im Be-sonderen gelten Punktionen oder Drainagen von abszedierendenVerhalten i. d. R. als nicht sterile Eingriffe, sodass diese in jedemFall nach diagnostischen Punktionen oder Biopsien terminiertwerden sollten. Besondere Bedeutung kommt Punktionen voninfektiösen Herden einer Tbc zu (z. B. kutane, renale oder Weich-teilmanifestation einer Tbc). Hier ist auch bei Patienten mit ei-nem eigentlich abgeschlossenen tuberkulösen Prozess zum Zeit-punkt der Punktion eines solchen Herdes formal von einer hochansteckungsfähigen Tbc auszugehen und entsprechend der spe-zifischen hygienischen Vorgaben (s. o.) weiter vorzugehen. Insbe-sondere ist eine Flächendesinfektion des Untersuchungsraumsgemäß §§17/18 IfSG notwendig.Zusammenfassend sind bei der Durchführung von Punktionenbzw. Interventionen bei Patienten mit bekannter oder vermute-ter Infektiösität durch die o. g. Erregergruppen die folgendenhygienischen Maßnahmen zu beachten:

▶ Spezifische hygienische Maßnahmen richten sich nach der je-weiligen Erregergruppe.

▶ In allen Fällen Tragen von Schutzkittel, Handschuhen undHaarschutz erforderlich, bei Tbc zusätzlich FFP2-Maske.

▶ Interventionen schaffen eine direkte Verbindung von Erreger-reservoir und Raumluft. Auch bei formal abgeschlossenen tu-berkulösen Prozessen ist von einer hoch ansteckungsfähigenTbc auszugehen und eine Desinfektion nach §§ 17/18 IfSG not-wendig. Punktionen und Drainagen von Abszessen gelten alsunsteril und sind zeitlich nach sterilen Interventionen zu ter-minieren.

Bei welchen Erregern ist in der Regel nicht von einerInfektionsgefährdung auszugehen?Die übertriebene Ausweitung hygienischerMaßnahmen oder de-ren ungezielte Anwendung kann den Arbeitsablauf in einer ra-diologischen Klinik erheblich verlangsamen und verursacht un-ter Umständen immense Zusatzkosten ohne weitere Reduktiondes Kontaminationsrisikos. Demzufolge sind Art und Umfangz. B. für Raum- und Gerätedesinfektionen situationsgerecht anzu-wenden. D. h. zum einen ist der Umfang der Hygienemaßnah-men, sofern der Erreger bekannt bzw. mit hoherWahrscheinlich-keit zu erwägen ist, gezielt auf den oder anzunehmenden Erregerauszurichten. Zum anderen bedeutet dies aber auch um die Fällezu wissen, bei denen trotz bekannter Infektion die Standardhy-gienemaßnahmen ausreichend sind und keine weiteren spezifi-schenMaßnahmen notwendig sind. Gerade in diesen Situationenkann besonnenes und professionelles Verhalten verhindern, dif-fuse „Infektions- und Ansteckungsängste“ bei Mitarbeitern auchgegenüber unbedenklichen Erregern zu schüren. Beispiele hier-für sind Erkrankungen mit ubiquitär vorkommenden Erregernwie z. B. Pseudomonaden ohne besondere Antibiotikaresistenzenoder Erreger, die auch zur physiologischen Flora zählen (z. B. eineSeptikämie mit einem Staphylococcus epidermidis, der zudemrelativ häufig auch eineMethicillinresistenz aufweist). Einzelfällekönnen Abweichungen von diesem Vorgehen erforderlich ma-chen; im Zweifel sollte der zuständige Krankenhaushygienikerkontaktiert werden.

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Hygienische Aspekte bei der Applikation voni. v. Kontrastmittel!

Manuelle KontrastmittelapplikationIn vielen Studien ist die besondere Gefahr, die von Mehrfachent-nahmen (sog. Multi-Dosing) aus Behältnissen zur intravenösenApplikation ausgeht, belegt [28–32]. Die Gefahr einer mikrobiel-len Kontamination ist demnach besonders groß, wenn die Mehr-fachentnahme über mehrere Tage erfolgt und das Behältnis offenim Raum bei Raumtemperatur gelagert wird. Konsequenterweisesind zeitlich versetzte Mehrfachentnahmen seitens der Auf-sichtsbehörden, z. B. dem Bundesinstitut für Arzneimittel undMedizinprodukte (BfArM) oder der US Food and Drug Admistras-tion (FDA) und entsprechend der Gebrauchsinformation (GI) desjeweiligen Produktherstellers nicht gestattet. Eine Wiederbefül-lung ist verständlicherweise ebenso unzulässig. Herstellerseitigsind entsprechende Einmaldosisbehälter (Injektions- oder Infu-sionsflaschen) unterschiedlicher Größe auf dem Markt, die demgeringen Volumen einer Einzelentnahme Rechnung tragen unddie Notwendigkeit einer Entsorgung von Kontrastmittelüber-ständen minimieren. In jedem Fall sollte vor Öffnung/Anstecheneines Kontrastmittelbehältnisses eine Händedesinfektion durch-geführt und dabei Handschuhe getragen werden. Außerdem istauf die strikte Vorgabe des Arzneimittelgesetzes und auf die Her-stellerangaben zu achten.

Automatische KontrastmittelinjektionSemiautomatische Doppelspritzeninjektoren mit zwei parallelangeordneten Kolbenpumpen, die über einen T-Schlauch undden Injektionsschlauch mit dem Venenzugang des Patienten ver-bunden sind, gelten mittlerweile als Standard in der kontrastmit-telgestützten Schnittbildgebung [33]. Während die Applikationdes Konstrastmittel- und NaCl-Bolus automatisiert erfolgen, be-dürfen der Aufbau und die Befüllung der Spritzen für das Kon-trastmittel und die NaCl-Lösung der manuellen Manipulationdurch MTRAs. Die Befüllung der Kolben muss nach Abschlussdes Applikationsvorgangs bzw. Verbrauchs des Spritzenvolu-mens wiederholt werden. Um ein hohes Untersuchungsaufkom-men zu gewährleisten und die Zeit für die Installation und Befül-lung/Wiederbefüllung der Injektorspritzen möglichst gering zuhalten, ist es in vielen radiologischen Kliniken üblich, die Injek-torkolben nicht nach jeder Untersuchung/Injektion auszuwech-seln, sondern lediglich wiederzubefüllen und für mehrere Pa-tienten über eine längere Zeit zu verwenden („multiple use“). Esmuss in diesem Zusammenhang explizit darauf hingewiesenwerden, dass seitens dem BfArM oder der FDA Injektorspritzenlediglich für die Einmalverwendung zugelassen sind. In der Tatkonnten jüngere Studien belegen, dass wiederholte Manipulatio-nen am Injektor bzw. den Injektorspritzen im Sinne einer unzu-lässigen Wiederbefüllung zu einer mikrobiologischen Kontami-nation des Injektionssystems führen, sodass eine potenzielleInfektionsgefährdung insbesondere für immuninkompetentePatienten anzunehmen ist. In diesem Zusammenhang konntenBuerke et al. zeigen, dass eine korrekte Händehygiene und dasTragen von Einmalhandschuhen das Kontaminationsrisiko imRahmen des Aufbaus bzw. der Spritzenbefüllung zwar deutlichgesenkt haben, aber nach 4-maligem Auffüllen der Injektions-spritzen wiederum Kontaminationen nachzuweisen waren[14–16]. In experimentellen und klinischen Untersuchungenkonnte lediglich die Einmalverwendung der Injektionsspritzenhygienisch einwandfreie Verhältnisse gewährleisten.

Die Einmalverwendung von Injektionsspritzen führt nolens vo-lens zu Zeitverlusten und verursacht je nach applizierter Mengevon Kontrastmittel pro Patient Kontrastmittelüberstände, dienicht mehr verwendet werden können und ungenützt entsorgtwerden müssen. Diesem grundsätzlichen Konflikt zwischendem Bedürfnis nach optimaler Hygiene einerseits und zeit- undkosteneffizientem Arbeitsablauf andererseits wird herstellersei-tig (z. B. Schering®, Covidien® etc.) auf zweierlei Weise begegnet:Eine Alternative ist die Einmalverwendung von kontrastmittel-vorgefüllten Injektionsspritzen. Hier ist lediglich die Spritze fürdie Kochsalzlösung zu befüllen und das Schlauchsystem anzu-schließen. In klinischen Untersuchungen ermöglichen diese Sys-teme ebenfalls hygienisch einwandfreie Verhältnisse, sofern dieStandardspritzen für Kochsalz ebenfalls nicht mehrfachverwen-det oder wiederbefüllt werden [16]. Die andere Alternative ba-siert auf geschlossenen Kontrastmittel-Reservoirsystemen (mul-tidosing roll pump system). Kontrastmittel und Kochsalzlösungwerden direkt aus dem Produktbehältnis bezogen (ca. 500ml)[34]. Eine Befüllung von Injektionsspritzen ist nicht erforderlich.Der mit Spezialeinwegventilen versehene Pumpenschlauch istfür eine Verwendung von bis zu 24h und damit mehreren Pa-tienten zugelassen. Neben der nachgewiesenen hygienischenQualität zeigten sich derartige Systeme im Vergleich zur Einmal-verwendung von Injektionsspritzen aufgrund der nicht erforder-lichen Befüllungsvorgänge signifikant zeiteffizienter [34].Zusammenfassend sind bei der i. v. Kontrastmittelapplikationfolgenden hygienischen Maßnahmen zu beachten:

▶ Zeitlich versetzte Mehrfachentnahmen oderWiederauffüllungvon Kontrastmittelflaschen bzw. Behälter sind zu unterlassen.Einmaldosisbehälter in variabler Größe sind zu bevorzugen.

▶ Beim Aufbau des Injektionsautomaten bzw. Befüllung der In-jektorspritzen sind Einmalhandschuhe zu tragen. Zuvor hateine Händedesinfektion zu erfolgen.

▶ Die Mehrfachverwendung bzw. Wiederbefüllung von Injek-tionsspritzen für mehrere Patienten ist nicht zulässig

▶ Die Verwendung vorgefüllter Injektorspritzen für Kontrast-mittel („prefilled“-Systeme) bzw. der Gebrauch eines Rollen-pumpensystems gewährleisten hygienisch einwandfreie Ver-hältnisse

Zusammenfassung!

Zur Sicherstellung der Krankenhaushygiene besitzt die radiologi-sche Klinik eine zentrale Bedeutung, die sich im Wesentlichendurch den immensen Patientendurchsatz und den direkten Kon-takt zwischen stationären und ambulanten Patienten sowie Per-sonal erklärt. Das Spektrum allgemeiner und spezifischer Hygie-nemaßnahmen sollte dem gesamten ärztlichen und technischenPersonal bekannt sein und in der Arbeitsroutine sicher umgesetztwerden können. Grobes Fehlverhalten bereits eines Einzelnenkann signifikante Keimkontaminationen in einer Abteilung ver-ursachen. Für die Abwicklung von Untersuchungen und Inter-ventionen bei infektiösen Patienten sollten vom Krankenhaushy-gieniker und hygienebeauftragten Arzt maßgeblich beeinflussteOrganisationsstrukturen vorgehaltenwerden, die angepasste Hy-gienemaßnahmen auf die richtigen Patienten und das erforderli-che Maß ermöglichen. Von zentraler Bedeutung zur Sicherstel-lung hygienischer Rahmenbedingungen in der Radiologie sindregelmäßige hygienische Schulungen bzw. Einweisungen desärztlichen und technischen Personals. Diese sensibilisieren fürdas Thema, binden alle Beteiligte verantwortlich ein und vermit-

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teln dem individuellen Mitarbeiter Fachkompetenz und Sicher-heit in der situationsgerechten Anwendung von allgemeinenund spezifischen Hygienemaßnahmen.

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