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79 ~ THROMBOCYTENZAHL BEI AKUTEN NIEREN- ERKRANKUNGEN. Von FRITZ DOENECKE. Aus Grfinden, die in der vorliegenden Mitteilung noch nicht zur Diskussion stehen sollen, babe ich bei akuten diffusen und herdf6rmigen Nephritiden im Sinne der Volhardschen Einteilung Untersuchungen fiber die Zahl der Blutpl/ittchen angestellt. Es stellte sich im Laufe der jetzt 2 Jahre im Gang befind- lichen Untersuchungen folgendes interessante Ergebnis heraus. Bei akuten, diffusen Glomerulonephritiden war die Zahl der Thrombocyten im Anfang mehr oder weniger stark ver- mindert. In dem Mage wie eine Besserung der Erkrankung "" ': " "2 /LL 5. 6 ZS, ~ I~Z 15. 17. /~ Z~'23. 25. goo goo 7,000 "/~O "L,./'I : % ,. - - _ _ _ _ , ,ooooo <. - - :ooooo ,ooo ~o Abb. I. Akute diffuse Glomerulonephritis. I~LINISCHI~ \VOCHENSCHRIFT. 9. JAHRGANG. Nr. 17 26. APRIL 193o Die 2. Kurve ist zu einem Vergleich mit der ersten deshalb besonders geeignet, weil sie ebenfalls yon einetn Patiellten stammt, der am 4. Tage nach Beginn seiner Erkrallkung in die Klinik kam. Es handelte sich um einen I9j~thr. Schreiner, bei dem gleichzeitig mit einer Angina eine starke Harnblutnng aufgetreten war. ~ei der Einlieferung ill die Klinik bestand diese H~maturie lloch immer in auBerordentlich starkem Mal3e, der Blutdruck betrug lOO!6O ttg, 0deme bestallden llicht, im Ham land sich eine Albuminurie yon o,4~ 0. Die Thrombocytenkurve lag yon Anfang an sehr hoch (387ooo), sie schwankte auBerordentIich stark und lieB nur ganz allm~thlich eine absteigende Tendenz erkellnen (Abb. 2). Der Einwand, da~3 es sich bei den Ver~tnderungen in der Thrombocytenzahl um Folgen der Bluteindickung oder Vet- 500 O0O ~ r qOOOgO 7,~00 7q0 300000 ~000 "100 200000 3,00O 60 10oo0o 7,0go 20 /(m,,zkbe,,Ys/~,ff r 5. 6.. 7. 8. ~ ":~ I/, ~ /3..1.s /Z ZO 2Z 22. 23. Z~ 25. e6: eg h .... /x ^ $i " ........... C-J , Abb. 2. InfektiOse I-terdnephritis. erfolgte (Blutdruckabfall, Verminderung der EiweiBausschei- dung im Harn), trat eine Vermehrung der Pl~ttchenzahl ein, die zu Werten weir oberhalb der Norm (zuweilen zwischen 5- and 6ooooo) ffihrte. Dieser Anstieg erfolgte oft schlag- artig, auffallend war die groBe Zahl von Riesenpl~ttchen, die sich in diesem Stadium in den Ausstrichen land. Im,Gegensatz hierzu war die Thrombocytenzahl bei infek- ti6sen Herdnephritiden yon Anfang an vermehrt. Die beiden folgenden Kurven m0gen zur Illustration dieses Verhaltens dienen. Bei Fall i (s. Abb. I) handelte es sich nm eille 29jXhr. Frau, die IO Tage nach einer fieberhaften Angina unter allen Anzeichen einer schweren akutell diffusen Glomerulonephritis erkrankte. Bei der Eillliefernng in die Klinik am 4. Krankheitstag betrug der Blutdruck 16O/lOO mm Hg, der Eiweiggehalt des Harns 50/00, im Harnsediment Ianden sich massenhaft rote BlutkOrper- chen, auBerdem bestanden deutliche Gesichts- und GliedmaBen- 6deme. Die ZXhlullg der Thrombocyten ergab 166ooo, am ll~chsten Tage 153 ooo. Im Laufe der n~chsten 2 Wochen stieg diese Zahl anf 38oooo, d. h. mn I3O%, wXhrend der t31utdruck auf lOO/TO mm Hg, der EiweiBgehalt des Hams auf nicht mehr meBbare Spuren absank. dfinnung handeln k6nne, l~Bt sich dutch den Hinweis auf die welt geringeren Schwankungen in der gleichzeitig be- stimmten Erythrocytenzahl -- dem Thrombocytenanstieg yon 13o % bei der akuten diffusen Nephritis entsprechen nur 33 % Erythrocytenzunahme -- entkr~tften. Bemerkenswert ist, dab trotz der geringen Thrombocyten- zahl im Anfang der akuten diffusen Glomerulonephritis keine allgemeine h~tmorrhagische Diathese besteht, sondern meist nut eine oft recht geringe H~tmaturie auftritt. Die HXmaturie abet ist, wie die Befunde bei der infekti6sen Herdnephritis zeigen, nicht zwangsl~tufig mit einer Thrombopenie verknfipft. Die /3eziehung zwischen Nephritis und h/imorrhagischcr Diathese ist such yon untergeordneter Bedeutung neben der vim wichtigeren Frage nach dem Zusammenhang meiner Be- funde mit immunbiologischen Prozessen bei der Pathogenese der akuten diffusen Glomerulonephritis. Ich werde darauf in einer ausffihrlichen Mitteilung n~her eingehen. (Aus der Medizinisehe.n Universitdtsklinik ;Frank!urt a. M. [Direktor: Pro/. Dr. Volharcl].) KASUISTISCHE MITTEILUNGEN. HYPERCHROME ANAMIE UND DUNNDARMSTRIKTUR. Won Dr. ELSE SCHERER. Ausder I, Medizinischen Abteilung des Sf/idtlschen Krankenhauses zu Altona, (Direktor: Professor Dr. L. Lichtwitz.) Auf Grund einer Reihe yon klinisehen und experilnelltellen Beobachtungen ist die intestinale Intoxikationstheorie zu einem wiehtigen Moment in der Pathogenese der pernizi6sen Angtmie geworden. Es ist das Verdienst yon KNUD FABER, auf den Zusammellhang -con Darmstrikturen mit perllizi6sen AnXmien aufmerksam ge- macht zu haben. Weitere Ver6ffentliehungen anderer Autoren best~tigten KNVD FABERS ]3efund. Das Krankheitsbild der Patielltin, ~ber das ieh berichten m6chte, liefert einen t3eitrag zu dieser Frage der intestinalen Pathogenese der hyperchromen AnXmien. Die 44jXhr. Pat. L.F. stammt aus einer nicht tuberkulose- belasteten Familie. Sie hat I9O9-- 1913 an uncharakteristischen Magenbeschwerden gelitten; I913 wurde zur KI~rung dieser Beschwerden und in der Annahme, dab es sich um eine Gallen- blasenaffektion handle, eille Operation vorgenommen. Dabei wurde eine Darnl- und Peritonealtuberkulose Iestgestellt. Lungell- erscheinungei1 bestanden datnals nicht. Nach 1R6ntgen- und Sonnen- bestrahlung besserte sich das ]~efinden der Patientin, nnd sie war -con i913 an, auBer selten auftretenden schllell vorflbergehendell krampfartigen Schmerzen im Leib, beschwerdetrei. Anfang Jalluar 1929 traten heftigste Schmerzen im Leib auf und ein dauerndes Kollern im Leibe. Von M~rz 1929 stellten sich Durchf~lle ein, nnd zwar erfolgte 6--8real am Tage oh0e Schmerzen Entleerung von groBen Stuhlmengell. Der Leib war immer hochgradig anfgetrieben. Die DurchfXlle hielten den gallzen Sotnmer an; gleichzeitig qu~lte die Patientin ein unertr~gliches Zungenbrennen. Der Patientin selbst war auch aufgefallen, dab im Laufe des Sommers br~unliche Flecke im Gesicht, all dell H~nden und Armen auftraten, hoch- gradiger Itaarausfall sich bemerkbar machte; dann stellte sich ferner ein eigentfimliches Zittern der H~llde ein, ulld zeitweilig auBerordentlich schmerzhafte Kr~mpfe der HH~mde llfit Einschlagen des Daumens nach innen. Es dauerte l~ngere Zeit, bis die gekrampfte Hand seIbst~tndig wieder ge0ffnet werden konnte. FrI. F. kam immer

Hyperchrome Anämie und Dünndarmstriktur

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79 ~

THROMBOCYTENZAHL BEI AKUTEN NIEREN- ERKRANKUNGEN.

Von FRITZ DOENECKE.

Aus Grfinden, die in der vor l iegenden Mit te i lung noch n ich t zur Diskuss ion s t ehen sollen, b a b e ich bei aku ten diffusen und he rdf6rmigen Nephr i t i den im Sinne der Volhardschen E in te i lung U n t e r s u c h u n g e n fiber die Zahl der Blu tp l / i t t chen angestel l t .

Es s tel l te sich im Laufe der j e t z t 2 J ah re im Gang bef ind- l ichen U n t e r s u c h u n g e n folgendes in te ressan te Ergebn is heraus .

Bei akuten , di f fusen Glomeru lonephr i t iden war die Zahl der T h r o m b o c y t e n im Anfang m e h r oder weniger s t a rk ver- minder t . In d e m Mage wie eine Besserung der E r k r a n k u n g

" " ': " "2 / L L 5. 6 Z S , ~ I~Z 15. 17. /~ Z~'23. 25.

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:ooooo ,ooo ~o Abb. I. Akute diffuse Glomerulonephritis.

I ~ L I N I S C H I ~ \ V O C H E N S C H R I F T . 9. J A H R G A N G . Nr . 17 26. APRIL 193o

Die 2. Kurve ist zu einem Vergleich mit der ersten deshalb besonders geeignet, weil sie ebenfalls yon einetn Patiellten stammt, der am 4. Tage nach Beginn seiner Erkrallkung in die Klinik kam. Es handelte sich um einen I9j~thr. Schreiner, bei dem gleichzeitig mit einer Angina eine starke Harnblutnng aufgetreten war. ~ei der Einlieferung ill die Klinik bestand diese H~maturie lloch immer in auBerordentlich starkem Mal3e, der Blutdruck betrug lOO!6O ttg, 0deme bestallden llicht, im H a m land sich eine Albuminurie yon o,4~ 0. Die Thrombocytenkurve lag yon Anfang an sehr hoch (387ooo), sie schwankte auBerordentIich stark und lieB nur ganz allm~thlich eine absteigende Tendenz erkellnen (Abb. 2).

Der E inwand , da~3 es sich bei den Ver~tnderungen in der T h r o m b o c y t e n z a h l um Folgen der Blu te ind ickung oder Vet -

500 O0O ~ r

qOOOgO 7,~00 7q0

300000 ~000 "100

200000 3,00O 60

10oo0o 7,0go 20

/(m,,zkbe,,Ys/~,ff r 5. 6.. 7. 8. ~ ":~ I/, ~ /3..1.s /Z ZO 2Z 22. 23. Z~ 25. e6: eg

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Abb. 2. InfektiOse I-terdnephritis.

erfolgte (Blutdruckabfal l , V e r m i n d e r u n g der EiweiBausschei- dung im Harn) , t r a t eine V e r m e h r u n g der P l~ t t chenzah l ein, die zu W e r t e n weir oberha lb der N o r m (zuweilen zwischen 5- and 6ooooo) ffihrte. Dieser Ans t ieg erfolgte of t schlag- art ig, auffa l lend war die groBe Zahl von Riesenpl~ t tchen , die sich in d iesem S tad ium in den Auss t r i chen land.

Im ,Gegensa t z hierzu war die T h r o m b o c y t e n z a h l bei infek- t i6sen H e r d n e p h r i t i d e n yon Anfang an ve rmehr t .

Die beiden folgenden Kurven m0gen zur Illustration dieses Verhaltens dienen. Bei Fall i (s. Abb. I) handelte es sich nm eille 29jXhr. Frau, die IO Tage nach einer fieberhaften Angina unter allen Anzeichen einer schweren akutell diffusen Glomerulonephritis erkrankte. Bei der Eillliefernng in die Klinik am 4. Krankheitstag betrug der Blutdruck 16O/lOO mm Hg, der Eiweiggehalt des Harns 50/00, im Harnsediment Ianden sich massenhaft rote BlutkOrper- chen, auBerdem bestanden deutliche Gesichts- und GliedmaBen- 6deme. Die ZXhlullg der Thrombocyten ergab 166ooo, am ll~chsten Tage 153 ooo. Im Laufe der n~chsten 2 Wochen stieg diese Zahl anf 38oooo, d. h. mn I3O%, wXhrend der t31utdruck auf lOO/TO mm Hg, der EiweiBgehalt des Hams auf nicht mehr meBbare Spuren absank.

d f innung hande ln k6nne, l~Bt sich d u t c h den Hinweis auf die wel t ger ingeren Schwankungen in der gleichzeitig be- s t i m m t e n E r y t h r o c y t e n z a h l - - dem T h r o m b o c y t e n a n s t i e g yon 13o % bei der ak u t en diffusen Nephr i t i s en t sp rechen nur 33 % E r y t h r o c y t e n z u n a h m e -- entkr~tften.

Bemerk en s w er t ist, dab t ro tz der ger ingen Th rombocy t en - zahl im Anfang der aku ten diffusen Glomerulonephr i t i s keine a l lgemeine h~tmorrhagische Dia these bes teh t , sondern meis t n u t eine oft r ech t geringe H~tmaturie auf t r i t t . Die HXmatur ie abe t ist, wie die Befunde bei der infekt i6sen He rdneph r i t i s zeigen, n ich t zwangsl~tufig mi t einer T h r o m b o p e n i e verknfipf t . Die /3eziehung zwischen Nephr i t i s und h/ imorrhagischcr Dia these ist s u c h yon u n t e r g e o r d n e t e r B e d e u t u n g neben der vim wicht igeren Frage nach dem Z u s a m m e n h a n g meiner Be- funde mi t immunbio log i schen Prozessen bei der Pa thogenese der aku ten diffusen Glomerulonephr i t i s . Ich werde darauf in einer ausff ihrl ichen Mit te i lung n~her eingehen. ( A u s d e r

M e d i z i n i s e h e . n U n i v e r s i t d t s k l i n i k ; F r a n k ! u r t a. M . [ D i r e k t o r :

P r o / . D r . V o l h a r c l ] . )

K A S U I S T I S C H E M I T T E I L U N G E N .

HYPERCHROME ANAMIE UND DUNNDARMSTRIKTUR. Won

Dr. ELSE SCHERER. Aus der I, Medizinischen Abteilung des Sf/idtlschen Krankenhauses zu Altona, (Direktor:

Professor Dr. L. Lichtwitz.)

Auf Grund einer Reihe yon klinisehen und experilnelltellen Beobachtungen ist die intestinale Intoxikationstheorie zu einem wiehtigen Moment in der Pathogenese der pernizi6sen Angtmie geworden.

Es ist das Verdienst yon KNUD FABER, auf den Zusammellhang -con Darmstrikturen mit perllizi6sen AnXmien aufmerksam ge- macht zu haben. Weitere Ver6ffentliehungen anderer Autoren best~tigten KNVD FABERS ]3efund.

Das Krankheitsbild der Patielltin, ~ber das ieh berichten m6chte, liefert einen t3eitrag zu dieser Frage der intestinalen Pathogenese der hyperchromen AnXmien.

Die 44jXhr. Pat. L . F . s tammt aus einer nicht tuberkulose- belasteten Familie. Sie hat I9O9-- 1913 an uncharakteristischen

Magenbeschwerden gelitten; I913 wurde zur KI~rung dieser Beschwerden und in der Annahme, dab es sich um eine Gallen- blasenaffektion handle, eille Operation vorgenommen. Dabei wurde eine Darnl- und Peritonealtuberkulose Iestgestellt. Lungell- erscheinungei1 bestanden datnals nicht. Nach 1R6ntgen- und Sonnen- bestrahlung besserte sich das ]~efinden der Patientin, nnd sie war -con i913 an, auBer selten auftretenden schllell vorflbergehendell krampfartigen Schmerzen im Leib, beschwerdetrei. Anfang Jalluar 1929 traten heftigste Schmerzen im Leib auf und ein dauerndes Kollern im Leibe. Von M~rz 1929 stellten sich Durchf~lle ein, nnd zwar erfolgte 6--8real am Tage oh0e Schmerzen Entleerung von groBen Stuhlmengell. Der Leib war immer hochgradig anfgetrieben. Die DurchfXlle hielten den gallzen Sotnmer an; gleichzeitig qu~lte die Patientin ein unertr~gliches Zungenbrennen. Der Patientin selbst war auch aufgefallen, dab im Laufe des Sommers br~unliche Flecke im Gesicht, all dell H~nden und Armen auftraten, hoch- gradiger Itaarausfall sich bemerkbar machte; dann stellte sich ferner ein eigentfimliches Zittern der H~llde ein, ulld zeitweilig auBerordentlich schmerzhafte Kr~mpfe der HH~mde llfit Einschlagen des Daumens nach innen. Es dauerte l~ngere Zeit, bis die gekrampfte Hand seIbst~tndig wieder ge0ffnet werden konnte. FrI. F. kam immer

26. APRIL 193o X L I N I S C H E W O C J ~ E N S C H

mehr yon Kr~ften, wXhrend sie Weihnachten 1928 noch 143 Pfund gewogen hatte, wog sie bei der Einlieferung Ende August 1929 zu uns ins Krankenhaus noch 95 Pfund.

Be/und: Mittelgroge Frau in hochgradig Ieduziertem Ern~hrungs- und Kr~ftezustand. Sehr wenig subcut. Fettgewebe, Muskulatur diirftig. Gesicht stark gebrXunt, groBe scharf abgesetzte Pigment- flecken innerhalb der allgemeinen BrXunung. Viele kleine Pigment- flecken an Armen und Bauch, Pigmentat ion der Handlinien. Pigmentat ion der Linea alba. Starke Pigmention der Mamillen. Keine Schleimhautpigmentat ion. Sichtbare Schleimh~ute wenig durchblutet . Hau t glatt nnd Ieucht. Starker Haarausfall . Ge- ringer Bartwuchs am Kinn. Sonst normale Behaarung. Keine Odeme. Knochen weich und t i egsam (Osteoporose).

Kopf: Glanzaugen. Pupillen rechts > links. Lieht- und Kon- vergenzreaktion + . Exophthalmus, rechts > links; iinke Lidspalte enger als die rechte.

Mund: Zunge glatt, gl~nzend. AlveolarpyorrhBe. Hals : Schilddrfse besonders ill ihrem rechten Lappen vergr6gert.

Driisen hinter dem Sternocleido. TBorax: Flach, tier eingesunkene Supra- und Infraclavicutar-

gruben. Leichte Schallverkfirzung fiber der rechten Spitze (Skoliose) Atemger~usch fiber der rechten Spitze sch~rfer als links. Nach Hustenst6Ben vereinzelte nicht klingende R.G. Sonst tiberall normaler Klopfschall und Vesicul~tratmen.

Herz: Grenzen nicht vergr6f3ert. Systolisches Ger~tusch fiber allen Ostien. P 2 lauter als A2 . Blutdruck i 4 o / i o o m m Itg. Tempera tur 37,2 ~

Abdomen: Schlaffe Bauchdecken. Linker Unte rbauch etwas vorgew61bt. Hier umschriebene, gebl~thte Darmschlingen tastbar . LautesPl~tsehern nnd Gurren hOrbar. Leber unter dem Rippenbogen palpabel. Milz groB und derb tastbar .

Reflexe: Chvostek + , Trousseau 0, S t r fmpel l beiderseits + , sonst keine Reflexe der Babinskigruppe. Bauchdeckenreflexe + , P.S.R. und Ach.S.R. etwas schwer ausl6sbar, keine Hypotonie, keine Ataxie, keine Sensibilit~tsst6rungen.

Augenhintergrund o .B. GynAkologisch und rectal kein Befund. Blutbild: Hb. 44%, R.B. 2,o4Mi11., F.I. I,OI, W.B. 4,4oo,

Segm. 7I%, Lymph. 27%, Mono. 2%, Anisocytose, Poikilocytose, Polychromasie, basophile Tfpfelung, ganz vereinzelte Normoblasten.

Bilirubin im Serum direkt und indirekt + ; Bilirubin im Urin 0, Urobilin + , Urobitinogen in der K~lte s tark + . Indican + .

Resistenzkurve gegeniiber Na2SO t normal. Auch bei traktionierter Magenausheberung Salzsguredefizit;

im Nfichternsekret kult. kein Bacterium Coll. Duodenalsondierung: Goldgelber Duodenalsaft, Fermente ansreichend vorhanden. Kult. : Pneumococeus lanceolatus.

Normale Adrenalinbl utdruckkur ve. Grundumsa tz 26% fiber den tabelI. Wer t erh6ht.

BluteiweiBbild: A . E . = 3,o8 g% F . E . = 0 ,24g%

G1. E. = 2,41 g% Gesamt-E, = 5,73 g % (Mikro Kjehldahl nachHowE).

Hypophysenanfnahme o. t3. Blutzucker 9 3 m g % , Blutzuckerkurve bei oraler Belastung

Ilach; Bewertung schwierig, da infolge der Anacidit~t Resorptions- stBrungen f fir den mangelnden Anstieg verantwort l ich sein k6nnen. Keine aliment~re Glykosurie.

W~hrend des Krankenhausaufentha l tes anhaltende Durchf~lle yon uncharakteris t ischer Beschaffenheit, Reaktion der Stfihle alkallsch; dfinnflfssiger, nicht schaumiger Stuhl (kein Sprue-Stuhl). Mikroskopisch: MXBig viel Neutralfett , ganz vereinzelt Muskel- fasern, keine StXrkek6rner. Heftigste Glossitis qu~tlt die Patientin. Wghrend der ersten R6ntgendurchleuchtung des Magen-Darms kollabiert sie, bekommt einen heftigen tetanischen Anfall mit

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typischer Geburtshelferstellung der It~tnde. Babinski links + , Strfimpell beiderseits + , kurzdauernde BewuBtlosigkeit, weite reaktionslose Pupillen. Alkalireserve 50 VoI.% (19~ Anorganiseh P = 4,2I mg%. Calcium 9,4 mg%.

Das KrankheitsbiId, charakterisiert durch hyperchrome An~mie mit Anisocytose, Poildlocytose, Polyct 'romasie, DurchfMle yon uncharakteris t ischer Beschaffenheit, Glossitis, der Anacidit~t, und innersekretorischen St6rungen: I. yon seiten der Schilddrfse: Ver- gr613erung dersetben, Glanzaugen, Exophthalmus, feuchte Haut , FlaarausfM1, leicht erhOhter Grundumsatz ; 2. der Epithelk6rper- cBen: Tetanische Erscheinungen bei normaleln Blur-Ca und Blut-P; 3. des Nebennierensystems: Pigmentanomalien, abnormer Haarwuchs, gab zu mannigfachen differential-diagnostischen ErwAgungen Veranlassung.

Gegen Addison sprach die Iehlende Adynamie, die HOhe des Blutzuckers und des Blntdrucks, sowie die normale Adrenalin- blutdruckkurve; die Beschaffenheit der Stt~hle sprach gegen Sprue. Durch innersekretorische St6rungen allein konnte das Krankhei ts- bild nicht hinreichend erkl~rt und gedeutet werden.

Da nun bei weiterer Krankenhausbeobachtung heftigste Schmerzat tacken beobachtet wurden, bei denen unterhalb des Nabels Steifungen sichtbar, die Perkussion eiuer geblXhten Darm- schlinge m6glich war, lautes Pl~tschern und Gurren und deutliehe Stenoseger~usche h6rbar waren, bestgrkte sich, zugleich auI Grund der Darm- und Peri tonial tuberkuloseanamnese der Verdacht auf das Vorliegen eines Subileus ~nfolge Striktur auf tuberkul6ser Basis. Dieser Verdacht bestAtigte sich dnrch die RBntgendurchleuchtung, bei der eine Spiegelbildung und hochgradige Erweiterung des Dfinn- darms kurz vor Einmfindung ins Coecum gefunden wurde.

Da die Patientin inzwischen noch mehr von Krgften gekommen war, die tetanischen Erscheinungen sich hguften, tier Hb.-Gehalt auf 35%, die Zahl der roten Blutk6rperehen auf 1,66 Mill. abgenom- men Batten, sahen wir uns, als einzige M6glichkeit, der Pat ient in zu helfen, trotz des schweren Krankhei tszrs tanCes zu einer Opera- tion gezwungen. Dabei fand sich eine Dfinndarmstr ik tur kurz vor E i n m f n d u n g des I leums ins Coecum. AuI der Serosa fiber der Str iktur Tuberkulosekn6tchen. Die Ileumschlinge oberhalb der Striktur, die im Meinen Becken Iixiert war, war, bis etwa 5 o - 75 cm oberhalb, auf Armdieke erweitert. Da die Patientin in ihrem schlech- ten Allgemeinbefinden eine Resektion nicht ausgebalten h~ttte, wurde zunXcgst zur Ausschal tung des erkrankten Darmabschni t tes eine I leotransversostomie angelegt.

Danach erholte sich die Patientin langsam. Die Durchf~lle nahmen an Zahl ab, der Stuhl wurde fester; die Pat ient in n a h m 3,3 kg an Gewicht zu. Die tetanischen Erscheinungen verschwanden v611ig, der Hgmoglobingehal t des Blutes stieg auf 74% an, die Zahl der Erythrocyten auI 3,2o Millionen. Die Pat ient in wurde vorl~nfig entlassen und soll sparer wieder aufgenommen werden, dami t die ausgeschaltete Schlinge reseziert werden kann.

Unser Fall ist null einerseits interessant durch das Vorhanden- sein einer hyperchromen Anamie bei einer Dfinndarmstenose - - und den kausalen Zusammenhang beider bestXtigt die Besserung des Blutbildes nach Ausschal tung der Stenose -- , andererseits durch das Auftreten yon innersekretorischen St6rungen. Und zwar handel t es sich, wie oben auseinandergesetzt , um eine pluri- glandulare St6rung. Wohl sind bei langanhal tenden Durchf~llen Tetanien beschrieben, wie das ja auch als typische Erscheinung bei der Sprue bekannt ist; jedoch Ausfall yon mehreren Drfisen war uns aus der Li tera tur nicht bekannt . Ob es sich um eine pr imate toxische Sch~digung der Ink re td r f sen handel t oder um eine Folgeerscheinung der Inanit ion, lxl3t sich nicht entscheiden.

Literatur: KNUD FABER, AAGE NYFELDT: An~irnie und Intestinaltraktus. Ergebnisse der gesamten Medizin yon BRUGSCH, 11, i. HMfte (daselbst siehe aus. fiihrliche Literatur). -- E. HARTMANN, Hyl0erchrome An~imie bei Stagnation des Darrninhaltes. Klin. Wschr. 1929 If, 1539.

P R A K T I S C H E DIE GRIPPE IM WINTER x928--x929.

Von

P ro f . F. KOLBS. Aus der I. Medizinischen Universit~itsklinik KSIn.

Die i m W i n t e r 1928/29 in ganz D e u t s c h l a n d m i t grol3er E r k r a n k u n g s z i f f e r s ieh b e m e r k b a r I n a e h e n d e E rMi l t ungs - k r a n l d l e i t n a n n t e m a n Grippe. Von vie len d e u t s c h e n GroB- s t ~ d t e n w u r d e gemelde t , d ab die K r a n k e n z i f f e r bei den K r a n k e n k a s s e n eine e n o r m hohe war ; die Zah l en h ieBen z. B.

ERGEBNISSE. in S t u t t g a r t lO,5 , in F r a n k f u r t a, l~i. 30,5 a u f iooo K r a n k e n - k a s s e n m i t g l i e d e r . Die S te rb l i chke i t w a r im F e b r u a r 1929 a m gr6Bten u n d f ibe r schr i t t d a m a l s in v ie len G r o B s t g d t e n die Gebur t sz i f f e r e rhebl ich .

A u c h in K61n b e g a n n inl Deze lnbe r 1928 diese Grippe, b re i t e t e s ich seh r schnel l a u s u n d er losch E n d e M~irz 1929. V o m I. J a n u a r 1929 bis zu ln 15, M~irz 1929 w u r d e n im A u g u s t a h o s p i t a l r u n d 250 Fgl le e ingel ie fer t (135 M g n n e r , 115 F r a u e n ) , bei d e n e n m a n n a c h d e m G e s a m t e i n d r u c k des k l i n i s chen Bi ldes die D ia gnose Gr ippe s te l len k o n n t e .