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(Aus dem Stiidtischen Institut fiir Jugendforschung und Berufskunde zu Riga. Direktor: Dr. reed. M. MoeUer.) Hyperg]yk~imie und k~rperliche Arbeit. Yon W. Pampe. (Eingegangen am 10. Dezember 1931.) Der Zusammenhang zwischen Muskelt~tigkeit und Kohlehydrat- stoffwechsel ist in der Literatur h~ufig ber/ieksichtigt w0rden. Wohl geben die Versuehe lVletchers, Hills, Meyerho]s ein reeht sicheres und klares Bild der im Zusammenhang mit Muskelkontraktion und -ermfi- dung stehenden Prozesse, die beeinflussenden Faktore jedoeh vieler dieser Prozesse sind, ungeachtet einer Reihe yon Versuehen, noch dureh- aus unzureichend gekl~rt. So haben wir in der uns zug~nglichen Literatur keine Arbeit fiber den Einflul~ des Blutzuekerspiegels auf die Arheitsf~higkeit der Muskeln linden kSnnen, fiber den F,influB der Muskelt~tigkeit auf den Blutzucker. gehalt, wiederum, sind die Autoren sich in ihren SehluBfolgerungen nieht einig. Der letztere Umstand ist nun, wie Christensen zu beweisen sucht, auf metho- dische Fehler zuriickzu~iihren. Was die Autoren mit ,,Arbeitswerte" bezeichnen, sind eigentlich Restitutionswerte, da die Autoren die Blutanalysen nicht w~hrend der Arbeitszeit, sondern einige Zei~ nach effolgter Arbeit gemacht haben. Da die Blutzuckerkonzentration sich rasch ~ndert, k6nnen die gefundenen Resultate miteinander nicht verglichen werden. I)er genannte Autor kommt zum SchluI~: ,,Es scheint kein Zusammenhang zwischen Blu~zucker, Arbeitsintensit~t und Er- miidungsgrad zu bestehen." Wolff lassen die Versuche die SchluBfolgerungen zu, daJ~ w~hrend der Arbeitszei~ die Arbeitsint~nsit~t und der Ermiidungsgrad die Blutzuckerkurve nich~ beeinflussen, es bleibt jedoch experimentell ungekl/irt, ob und wie die Blu~zuckerkonzentration als solche die Arbeitsf~higkeit der Muskeln beeinflul3t. Nach Ansicht einigcr Au~oren beeinfluBt eine verst~rkte Kohlehydra~zufuhr die Arbeitsf~higkeit der Muskeln giins~ig. Nach I~ichten[eld ist die grSBere Arbeits- f/thigkeit eines italienischen Arbeiters, verglichen mit der eines deutschen, da- dutch zu erkl/~ren, dab ersterer mit seiner Nahrung bedeutend mehr Kohlehydrate zu sich nimmt als letzterer. Hellsten empfiehl~, einen Tag vor angestrengter 1Kuskel- t~tigkei~ kolffehydratreiche Nahrung zuzufiihren. In vielen deu~schen Sport- vereinen soll beim Training, gleich wie auch in der deutschen Armee 50--200 g Zucker t~glich ,,mi~ gutem Effolge" gebraucht~ werden (Ferd. Aug. Schm~dt). Alle diese Mitteilungen sind jedoch ebensowenig objektiv begrfindet, wie die bei vielen lettl~ndischen Transportarbeitern bestehende Tradition, wahrend der Arbeitszei~ Zuckerwasser mit Citronensaf~ zu ~rinken, was angeblich die Arbeits- flllfigkeit erhShen und die Erm~idung verringern soll. Zuntz und Schu~burg, Duri9 und Simonson empfehlen im Zusammenhang mi~ der yon Tag zu Tag beobachteten

Hyperglykämie und körperliche Arbeit

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Page 1: Hyperglykämie und körperliche Arbeit

(Aus dem Stiidtischen Institut fiir Jugendforschung und Berufskunde zu Riga. Direktor: Dr. reed. M. MoeUer.)

Hyperg]yk~imie und k~rperliche Arbeit.

Yon

W. Pampe.

(Eingegangen am 10. Dezember 1931.)

Der Zusammenhang zwischen Muskelt~tigkeit und Kohlehydra t - stoffwechsel ist in der L i t e ra tu r h~ufig ber/ieksichtigt w0rden. Wohl geben die Versuehe lVletchers, Hills, Meyerho]s ein reeht sicheres und klares Bild der im Zusammenhang mit Muskelkontrakt ion und -ermfi- d u n g s tehenden Prozesse, die beeinflussenden Fak to re jedoeh vieler dieser Prozesse sind, ungeachte t einer Reihe yon Versuehen, noch dureh- aus unzureichend gekl~rt.

So haben wir in der uns zug~nglichen Li te ra tur keine Arbei t fiber den Einflul~ des Blutzuekerspiegels auf die Arheitsf~higkeit der Muskeln l inden kSnnen, fiber den F, influB der Muskelt~tigkeit auf den Blutzucker . gehalt , wiederum, sind die Autoren sich in ihren SehluBfolgerungen nieht einig.

Der letztere Umstand ist nun, wie Christensen zu beweisen sucht, auf metho- dische Fehler zuriickzu~iihren. Was die Autoren mit ,,Arbeitswerte" bezeichnen, sind eigentlich Restitutionswerte, da die Autoren die Blutanalysen nicht w~hrend der Arbeitszeit, sondern einige Zei~ nach effolgter Arbeit gemacht haben. Da die Blutzuckerkonzentration sich rasch ~ndert, k6nnen die gefundenen Resultate miteinander nicht verglichen werden. I)er genannte Autor kommt zum SchluI~: ,,Es scheint kein Zusammenhang zwischen Blu~zucker, Arbeitsintensit~t und Er- miidungsgrad zu bestehen." Wolff lassen die Versuche die SchluBfolgerungen zu, daJ~ w~hrend der Arbeitszei~ die Arbeitsint~nsit~t und der Ermiidungsgrad die Blutzuckerkurve nich~ beeinflussen, es bleibt jedoch experimentell ungekl/irt, ob und wie die Blu~zuckerkonzentration als solche die Arbeitsf~higkeit der Muskeln beeinflul3t.

Nach Ansicht einigcr Au~oren beeinfluBt eine verst~rkte Kohlehydra~zufuhr die Arbeitsf~higkeit der Muskeln giins~ig. Nach I~ichten[eld ist die grSBere Arbeits- f/thigkeit eines italienischen Arbeiters, verglichen mit der eines deutschen, da- dutch zu erkl/~ren, dab ersterer mit seiner Nahrung bedeutend mehr Kohlehydrate zu sich nimmt als letzterer. Hellsten empfiehl~, einen Tag vor angestrengter 1Kuskel- t~tigkei~ kolffehydratreiche Nahrung zuzufiihren. In vielen deu~schen Sport- vereinen soll beim Training, gleich wie auch in der deutschen Armee 50--200 g Zucker t~glich ,,mi~ gutem Effolge" gebraucht~ werden (Ferd. Aug. Schm~dt). Alle diese Mitteilungen sind jedoch ebensowenig objektiv begrfindet, wie die bei vielen lettl~ndischen Transportarbeitern bestehende Tradition, wahrend der Arbeitszei~ Zuckerwasser mit Citronensaf~ zu ~rinken, was angeblich die Arbeits- flllfigkeit erhShen und die Erm~idung verringern soll. Zuntz und Schu~burg, Duri9 und Simonson empfehlen im Zusammenhang mi~ der yon Tag zu Tag beobachteten

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W. Pampe: Hyperglyk~mie und kSrperliChe Arbeit. 343

Verringerung des I~Q. bei Dauerarbei~, indem sie dieses mi~ einer Verringerung des Glykogenvorrates erkliixen, denjenigen Arbeitenden, die eine intensive Muskel- arbeit leisten, naeh je 3--5 Tagen geleisteter Arbeit, einen Ruhe~ag zwecks natiir- licher Erganzung des Glykogenvorrates einzuschalten.

Einige Versuehe legen es nahe anzunehmen, daii die Zufuhr yon Kohle- hydraten bzw. eine Vermehrung des Glykogenvorrates, die Arbeitst~higkei~ der Muske]n tats/~chlich gfinstig beeinflusse: mit Hilfe yon Respirationsversuchen linden Krogh und Lindhard, dab bei Muskelt~tigkeit Kohlehydraee 5konomiseher verbraueht werden als l~ette. Da der Glykogengehal~ in Muskeln und Leber sieh bei l~Iuskeltlitigkeit verringert, ~ritt, wie die Versuche .Meyerho/s und Himwichs zeigen, entsprechend eine Verringerung der Muskelarbeitsf~higkeit zutage. Es kann jedoeh angenommen werden, daI] der Kohlehydratstoffvorrat nicht der einzige Faktor ist, weleher die Arbeitsf~higkeit der Muskeln beelnflu~r So stellen Furusawa, Simonson und Lindhard lest, dal~ sehon nach einigen ~'is Arbeit, wo die Verringerung des Glykogengehaltes nut sehr gering sein kann, ein starkes Ab- nehmen des spezifisehen Arbeits-R Q. zu bemerken ist. Die beiden ersten Autoren suchen dieses dadurch zu erklfiren, dab bei Yluskelt~ttigkeit anfangs nut Kohle- hydrate (spezifiseher Arbeits-RQ. = 1,0, oder ann~hernd 1,0), bei fortgesetzter Arbeit jecloch immer mehr Fette abgebaut werden. ]~ie Versuche G. Schmidts zeigen, dab die Herabsetzung der Synthesefi~higkeit ftir Hexosephosphors~ure bei dutch Stryehnlntetanus ermiideten Kaninchenmuskeln weder die Folge yon hohem Phosphors~uregehal~ noch yon Glykogenveraxmung sind und dal3 aueh dutch Hinzufiigen yon Glykogen die Synthesef~higkeit nieht erhSht wird.

Man kSnnte nun annehmen, daI] die Zufuhr yon Kohlehydraten die Arbeitsf~higkeit der !~Iuskeln auch auf andere Weise zu beeinflussen vermag, da die KohlehydratzufuJhr aufler einer Vermehrung des Glyko- genvorrates aueh eine ErhShung der Blutzuckerkonzentrat ion hervor- ruft. Ob letzteres einen Einflul3 auf die Muskelarbeitsf~higkeit austibt, ist, wie bereits oben erw~hnt, noch nieht ~estgestellt. Von klinisehen Beobaehtungen her ist allerdings bekannt, dat~ in vielen F~llen naeh d-glykose-Injektionen der s tark erhShte Blutzuckerspiegel die Herz- muskelarbeitsf~higkeit merklich erhSht.

Das Ziel ~ unserer eigenen Versuehe war, den EinfluB einer durch perorale Rohrzuckerzufuhr erzeugten alimentiiren Hyperglyk~mie auf die Arbeitsfs der Skeletmuskeln festzustellen. Ffir die Versuche wurden kurzdauernde Arbeiten (Heben yon Gewichten) gew~hlt, well dabei eine bedeutendere Verringerung des Glykogengehaltes w~hrend der beobachteten Arbeitszeit, als ein Umstand, der die Resultate beein- flussen k6nnte, vermieden wurde.

Per suchsa nordn u ng.

Als Versuchsloersonen standen 6 Angestellte des Inst i tuts zur Ver- fiigung, yon denen kein einziger sportlich trainiert war und deren ge- wShnliche Besch~ftigung (Zeichnen, Rechnen, Laboratoriumsarbeiten) in keiner Weise mi t physischer ~bermiidung verbunden war. Eine ~bers icht der Vpn. gibt Tab. 1.

Page 3: Hyperglykämie und körperliche Arbeit

344 W. Pampe:

Tabelle 1.

Arml~tnge in em

Versuehs- Alter L~nge Oewleht person in ~ahren in cm in kg

Ab. 29 178 85 83 Du. 26 170 77 77 Vi. 32 170 76 77 Kr. 22 177 82 79 Pa. 32 177 71 77 Gr. 26 173 66 75

Die Bes t immungen der B lu tzucke rkonzen t r a t ion und des R Q. konn- ten aus technischen Gri inden nur bei den Vpn. Vi. und Pa. vo rgenommen

werden.

Die Versuche begannen um 9 Uhr 30 Minnt~n, 1/2 Stunde naeh dem Ein- treffen der Vpn. im Laboratorium. Per Weg zum Laboratorium beanspruchte bei Vp. Pa. 15 Minuten, bei Vp. Vi. 20 Minuten Gang. Ein zwecks Kon~rolle angestellter Vergleich der BIutzuckerkonzen~ration beider Vpn. - - zu Hause und nach dem Eintreffen im Laboratorium - - ergab keine bemerkenswerte Differenz. Jedesmal am Vorversuchstage nach 20 Uhr, wie auch am Versuohstage morgens, nahm die Vp. keinerlei Nahrung zu sich. In bezug auf saute und alkalisehe Nah- rung wurde die freie Audwahl unserer Vp. nicht besehr~nk~. (Sauere wie aueh alkalisehe Nahrung beeinflussen die Blutzuckerkurve nach Minker-Bogdanowa in sehr geringem MaBe.) W~hrend der Zeit der Versuche, mit Ausnahme der Respixa~ionsversuche im Ruhezustande, gingen die Vpn. im fibrigen ihrer ge- wotmten Arbeit nach, da diese, wie Kontrollversuche zeigten, die Blutzueker- konzentration nieht beeinflui3t~. Um die Ver~nderungen des R Q. wi~hrend kSrper- lioher Arbeit bei Zufuhr von Zucker feststellen zu k6nnen leisteten unsere Vpn. Arbeit in Form yon Gewiehtheben, und zwar mul~te ein l l kg schweres Gewieht mit beiden Armen veto Fu~boden bis fiber den Kopf gehoben und wieder niedergesetzg werden. Das Tempo der Hebearbeit (13real in der Minute) wurde mit Hilfe eines Metronoms reguliert. Beide Vpn. warden vorerdt auf ,,Atmen mit der Maske" trainiert. Die Bestimmung des Blutzuekers ftihrten wit naeh Hagedorn-Jenden aus, die Gasstoffwechselanalysen naeh Douglas-Haldane. Da die Blutzuckerkonzentration der linken und rechten Hand bei ein und der- selben Person gemfil3 den Beobaehtungen yon Pincusden und Klissiunis gelegent- lich nicht iibereinstimmt, entnahmen wit in allen Fi~llen dad Blur den Fingern der linken Hand.

30 Minuten vor der Priifung der Muskelarbeitsf~higkeit erhielten die Vpn. 50 g Zueker in 200 cem Wasser aufgelSst. Die Hebearbeiten vollffihrten die Vpn. folgendermaflen: mit ausgestreekten Armen hoben und senkten die Vpn. dad 11 kg sehwere Gewieht fiber den Kopf nach dem Takg des Metronoms 13real in der Minute, his zur Ermiidung. Um einer st~rkeren Mitbeteiligung der Riieken- und Bauehmuskulatur vorzubeugen, muBten die Vpn. sich an eine Wand stellen derart, daI~ ihr Riicken dieselbe beinahe berfihrte: Bei dieser Art des Gewieht- hebens wurde, wie die Versuche zeigten, haupts~ehlieh die Sehultergtirtel- und Armmuskulatur angestrengt, wobei besonders der M. deltoideus ermfidet und die Vpli. schon naeh l - - l , 5 Minuten nieht mehr imstande ist, das Gewichg mit ausgestreckten Armen bis zur horizontalen Lage zu heben. Dieser Augenbliek l~Bt sich ziemlich prAzise feststellen. Unsere Vpn. vollffihrten diese Arbeit t~glich naeh 12 Uhr und zwar abwechselnd einen Tag unter Zufiihrung yon Zueker und

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Hyperglyki~mie und kbrperliehe Arbeit. 345

den n~chsten Tag ohne Zucker einzunehmen. W~hrend mehrerer Kontrollversuche erhiel~en die Vpn. a~ Stelle von Zucker Sacharin. ~ber das Ziel der Ver- suche und die bisherigen Versuchsresultato wurden dic Vpn. nicht aufgeldi~rt. Ws der ganzen Versuchszeit bemiihten die Vpn. sich die bestm6glichsten Resultate, in bezug auf ausdauernde Arbeit, zu erziolen, indem sie miteinander wetteiforten.

Ergebnisse. U m die Zuckerresorpt ionszei t u n d die Blu tzuckerkonzen t ra t ion nach

der Zufuhr yon Zucker festzus~ellen, m a c h t e n wir bei den Vpn. Vi. u n d Pa. B lu tzucke rkonzen t ra t ionsbes t immungen . T~glich n a h m e n wir 5 Paral le lproben, 1. vor der Zufuhr yon Zucker, 2. 30 Minuten , 3 . 6 0 Mi. nu t en , 4 . 9 0 Minu t en und 5. 120 Minu ten nach der Zufuhr von Zucker. Morgens, auf nfich~ernen Magen untersucht , be t rug die yon uns beob- achtete grbi3te Dffferenz der B lu tzuckerkonzen t ra t ion 8 mg %. So grol3e Schwankungen , wie I~allinikowa und Obraszow, die bis 18 rag%, u n d Minker-Bogdanowa und Obraszow, welche sogar bis 24 mg% bei ih ren Versuchen mi t K i n d e r n fanden, k o n a t e n wir in ke inem Fal le fest- stellen. Die beobach te ten Konzen t r a t i ons schwankungen nach Zucker- be las tung s ind aus Tab. 2 zu ersehen:

Tabelle 2. Blutzucker in Mill~grammprozent nach der Zuckerbelaztung.

V e r s . - P(~rson

Pa.

Vi.

Zilc~er in g

10 10 25 25 5O 50 50 76

100 100 10 10 25 25 50 50 50 50 75

100 100 I00

Vor der Bclastung

102 98

101 8 9

103 99

106 96 88

102 95 93 90 83

102 96 95 98 86 92 93 9O

n. :30 Min .

102 105 120 1t6 154 148 158 146 142 152 102 101 105 99

142 145 150 157 135 161 151 139

Nach dcr Be las tung

n. 60 Min. n. 90 Min.

106 104 I01 103 106 10i 100 93 120 107 113 101 134 120

�9 118 98 115 106 127 116 95 93 94 95 93 93 83 8 5

122 103 113 99 126 112 112 92 135 118 132 108 121 106

n- 120 Min,

99 98

102 92

105 99

106 95 90

104 93 93 93 83

98 96

100 88

102 97 92

1,06 1,07 1,19 1,30 1,49 ],49 1,49 1,52 1,61 1,49 1,07 1,08 1,98 1,10 1,39 1,51 1,58 1,60 1 , 5 2

1,75 1,73 1,54

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346 W. Pampe:

Die Schwankungen naeh Zuffihrung yon 10 g Zucker un~erseheiden sich nut wenig yon denen auf nfichternen Magen eruierten. Eine gewisse Gesetzm~[~igkeit der Blutzuckerkurve l~lit sich nach Belastungen mit 25g und mehr erkennen. Das Verh~l~nis zwischen HShepunkt und Ausgangswert (hyperglykgmischer Koeffizient) weehselt abhhngig yon der zugeffihrten Zuekermenge. Betrachten wit diesen Weehsel, so trier

HOhepunkt deutlich hervor, dab das Verh~ltnis-. nach steigenden Zueker-

AusgangswerL mengen immer gr/~Ber wird. Anfangs nimmt seine Gr/SBe rasch zu, um nach gr/SBeren Zuckermengen sich dann nur noeh wenig zu ~ndern. Der hyperglykKmisehe Koeffizient entsprieht bei unseren Vpn. nach grSBeren Zuekermengen den Werten, welche y o n anderen Autoren an- geffihr~ werden. Bei ein und derselben Vp. ist der hyperglyk~misehe KoeffizienL nacl~ gleicher Be]astung ~ch~ immer gleieh. UnabhKngig vom Ausgangswerte zeigen die Blutzuekerkurven unserer beiden Vpn. einen iihnliehen Charakter, dio gr(il]te Steigerung nach 30 Minuten, darauf ein Fallen, und zwar naeh grSBeren Zuekermengen ein lang- sameres als nach kleineren.

Urn fiber den Wechsel der BluSzuckerkonzentration im Verlaufe yon kfirzerer Zei$ urteilen zu kSnnen, bes~immSen wir bei beiden Vpn. die Blutzuckerkonzentration nach Zufuhr yon 50 g Zucker. Wie aus Tab. 3 zu ersehen ist, f~llt die hSchste Konzentrationssteigerung auf die Zeit nach 25--35 Minuten.

T a b e l l e 3. Blutzueker i~ Milligramm~rozent nach der Zuckerbelastung.

Vor fAu suchs- Zucker 3~lnuten nach der Belas~ung

Person in g gangs- I ,o I,o ioo I [ 139 t 108 .110 Pa. 50 97 101 113 127 140 147 148 122 118 116

Vi. 50 102 102 117 132 148 145 153 153 138 128 124 124 120

Wir haben bei unserer Zufuhr yon 50--100 g Zueker weder, so be- deutende (bis 101 nag %), noeh so geringe (bis 20 mg %) Konzentrations- steigerungen, wie sie Kallinikowa, Minker-Bogdanowa und Obraszow bei ihren Versuehen konstatierten (indem sie Kindern 3 g Rohrzucker pro 1 kg K~rpergewicht eingaben), feststellen kSnnen. Desgleiehen hat ten wir keinen Fall, wo die Konzentrat ion bereits nach 5 Minuten einen rasehen Anstieg zeigte (Kallinlkowa und Obraszow Iinden in einem Falle naeh 5 Minuten bereits 42 rag%) oder wo das Maximum erst naeh 120 MinuCen erreicht wurde.

Beim S~udium des Zusammenhanges zwischen Blutzuekerspiegel und Kohlehydratstoffweehsel wurde der R Q. im Ruhezustande vor der Zuckerzufuhr und 30, 60 und 90 Minuten nach derselben bestimmt. Die yon uns beobachteten Schwankungen des R Q. zeig~ Tab. 4.

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Hyperglyk~mie und k6rperliche Arbeit. 347

TabeUe 4. RQ. nach ZuJcerbela~tung im Ruhezustande.

Versuchs- pergon

Pa.

Vi.

Zucker in g

50 50 50 75

100 150 50 50 50 50 50 75

150

Ausgangswert

0,74 0,71 0,70 0,71 0~82 0,70 0,70 0,70 0,71 0,74 0,71 0,76 0,75

Nach der Belastun

nach 30 Min.

0,82 0,82 0,89 0,81 0,98 0,91 0,89 0,71 0,81 0,82 0,82 0,82 0,97

nach 60 MJn.

0,80 0,78 0,76 0,71 0,86 0,86 0,90 0,77

I - -

0,80 0,78 0,78 0,80

nach I}0 Min.

i

0,74 0,75

0,75

Die niedrigen Werte des R Q. vor der Zuckerzufuhr sind wohl da- clureh zu erkl~ren, dal~ die Vpn. am Versuchsmorgen und am vorher- gehenden Tage naeh 20 Uhr keine Nahrung zu sieh nahmen. Naeh der Zu~uhr yon Zuoker stJeg der R Q. in allen FEllen, wobei der h6ehste Wert etwa 30 Minuten nach der Zufuhr des Zuckers erreicht wurde. Eine •usnahme bilden 2 Fs wo das Maximum des R Q. nach 60 Mi- nuten erreicht wurde.

Die yon uns beobachteten Zusammenhs legen vielleicht die SchluBfolgerung nahe, dab bei einem h6heren Blutzuckerspiegel Kohle- hydra te in hOherem MaBe am Stoffwechsel betciligt sind, als bei einem niedrigen. Dieses wird scheinbar much dadurch bezeugt, dab bei alimen- ts Glykosurie die ausgesehiedenen Zuckermengen sich bei Muskel- arbcit verringern (Krehl). Auf Grund unserer Versuche war es night m6glich, einen qumntitativen Zusammenhang zwischen den zugefiihrten Zuckermengen und dem Steigen des PvQ. zu finden. Auffmllend blieb allerdings, dab much nach Zufuhr gr(~Berer Zuckermengen (150 g) der R Q. in kehmm Falle 1,0 erreichte. Hierin stimmen unsere l~esultate mit den yon JLesser publizierten iiberein, nicht jedoch hinsichtlich der Zeit des Steigens des ~ Q. Lesser hat bei seinen Versuchen mit M~usen nach intravenSsen d-glykose-Injektionen ein geringes Steigen des RQ. blo13 60 Minuten nach den Injektionen beobachtet. Die Annahme des Autors, dab bei den Injektionen eine ,,nieht kOrperwarme LOsung ein Absinken des RQ. hervorruft" , kOrmte sehr wohl den Tatsachen entsprechen. Nmeh der Feststellung des RQ. im Ruhezustmnd und darauf 30 Minuten naeh der Belastung wurde bei allen Arbeitsversuchen mit einem 10 Minuten langen Gewichtheben ein Ansteigen des R Q. wEhrend der Arbeit beob- achtet (siehe Tab. 5).

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348 W. Pampe:

Tabelle 5." ]~Q. w~hrend der Arbeit nach Zuckerbelastung.

Versuchsperson Pa. Versuchspcrson Vi.

0,74 0,71 10,70

f

Vor derBelastung fin Ruhezustand . . 0,75 0,80 0,72 0,76 0,70 0,75 0,72

Nach der Belastung i! w~hrendderArbeit i[0,78 0,83 0,80 0,76 0,75 0,80 0,88 0,71 0,82 0,78

Die Arbeitsf~higkeit der Muskeln bei und ohne Belastung wurde yon uns nach der Zeitxtauer bewertet, nach Ablauf welcher die Vp. die zu leistende Arbeit nicht mehr fortzusetzen vermoehte (siehe Versuchs- anordnung). Wir waren uns der Unvollkommenheit unserer Methode in bezug auf das Erfassen auBerhalb der Kontrolle stehendar veri~nderlicher psychischar Einstallungen unserar Vpn. und anderer Unzul~nglichkeiten v611ig bewuBt, sahen uns dennoch aus technischen Grfinden gezwungen, bei derselban zu bleiben.

Die Untersuchungen wurden in 2 Versuchsreihen durehgeffihrt. Jade yon ihnen 13 Tage umfassend, mit einer 14t~gigen Pause zwischen beiden. Dutch diese Versuchsanordnung wurde in praxi die M6glichkeit fast ausgeschlossen, dab ver~nderliehe psychische oder somatisehe Fak- toren, welche die Muskelarbeitsf~higkeit beeinflussen k6nnten, einen Blutzuekerspiegel-EinfluB vort~iuschten. Die Arbeit wurde yon den Vpn. tiigliah geleistet, abweehselnd an einem Tage um 12 Uhr ohne Zucker- zufuhr, am n'~chsten Tage um 12 Uhr 30 Minuten unter Zufuhr yon Zucker. Der Zeitpunkt 30 Minuten naeh der Belastung ~qxrde aus dam Grunde gewi~hlt, weft von uns der h6chste Blutzuekerspiegel und der h6chste R Q. nach diesem Zeitraum beobachtet worden waren, so daB, falls die Hyperglyk~mie die Muskelt~tigkeit irgendwie beeinflussen sollte, der EinfluI~ der Hyperglyks w~hrend dieses Zeitpunktes am atif- fallendsten sein muBte. Die Versuche, wie auch die auf Tab. 6 angefiihr. ten Versuehsresultate zeJgen, dab die Muskelarbeitsf~higkeit vor, wie auch nach Zuckerbelastung bei ein und derselben Person, betr~ehtlichen Sehwankungen unterworfen ist. Diese sind wiihrend der ersten Ver- suehstage starker als an den folgenden. Ffir diese Schwankungen irgend- eine Erkls auf somatischer Grundlaga zu finden gelang uns nicht. Wit neigen der Annahme zu, dab diese eben zum groBen Teil psyehisch bedingt sind. Es sind die besseren Resultate am Schlusse des Versuches wie am Anfang wohl durch r zu erkl~ren, ebenso die besseren Resultate der zweiten Versuahsreihe verglichen mit denen der ersten. Aus unserer Tabelle ist zu ersehen, dab in beiden Varsuchsreihen die fiir den 9. bis 10. Tag angefiihrten Resultate ws d e r folgenden keinerlei merkliche Besserung aufweisen. Aus dem Vergleich der maxi- malen Ergebnisse fiir die ]etzten Versuchstage bei einzelnen Vpn. ist ersiehtlich, dab 1. beim Vergleich darselben untereinander, mit Aus-

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Hyperglykgmie und k6rperliche Arbeit. 349

nahme der bei der Vp.Vi. erzielten Ergebnisse, die Unterschiede zwisohen Arbeitsdauer bei Belastung und ohne Belas$ung nicht grSl]er sind, als die zwischen der Arbeitsdauer ohne Belastung an verschiedenen Tagen, 2. die erwghnten Unterschiede jedoch, den Daten bei Arbeit nach Zuckeraufnahme, wie auch solcher ohne Aufnahme yon Zucker zugute kommen, 3. am 12. Versuchstage bei den Vpn. Du., Ka'. und Ab. nach Einnahme yon Sacharin an Stelle des Zuckers - - eine Arbeitsfghigkeit gleich der ihrer mtrximalen nach guckerzufuhr festgestellt wurde.

Tabelle 6. Arbeitsdauer in Sekunden nach der Zuckerbelastung und ohne Belaatung. 1., 3 , 5 . . . . Tag ohne Belastung; 2 , 4., 6 . . . . Tag nach tier Belastung.

Ab. I)u. Vi. Kr. Pa. Gr. 49

Ab. 68

~ . 90 57 53

P~I 47

58 76 63 40 48

2.

62 82 80 46 52 60

72 95 72 48 57

Versuchstag

69 89 66 48 51 62

72 91 83 59 56

4, 5,

78 75 92 - - 83 47 42 52 47 60 63

64 - - 98 83 64 49 58 57 59

79

47 51 54 65 69

51 63 96 102 83 74 66 68 68 63

7. 8.

72 75 82 88 70 86 51 51

54 68

82 98

64 63

9.

78 87 73 51 52 54 52 70 72

89 92 - - 106 72 106 68 62 65 63

i 10, 11. ] 12.

77 76 / 78 88 91 9 2

78 84 86 51 53 53 54 71 72

90 88 106 107 88 103 69 68 63 65

13.

77 90 80 51 54 72

107 84 68 64

Diese Versuchsergebnisse bestKtigen die Am~ahme Durigs: ,,Es ist, insofern nicht Hyperglykgmie besteht, wie sie durch Insulin erzeugt werden karm - - nicht sehr wahrscheinlich, dab die Schwankungen in der HShe des Blutzuckers eine Beziehung zur Ermfidung oder zur Muskd- arbeit im Sinne einer Steigerung oder Minderung haben."

Die bei Vp. Vi. eruierten Resultate, welche offenbar das Gegenteil beweisen, sind vielleicht dadurch zu erklgren, da2 diese Vp. an einer leichten Dilatatio cordis litt. Obgleich dieser Defekt der Vp. in keiner Weise Schwierigkeiten bereitete, kSnnte dennoch bei den Versuchen eine Besorgnis vor ~bermtidung sie gehindert haben, die h(ichsten er- reichbaren Resultate zu erzielen und vielleicht auch der Grund der starken Schwankungen der einzelnen Tagesergebnisse gewesen sein.

Zusammen]assung.

Bei 6 Vpn. wurde durch perorale Rohrzuckerzufuhr aliment~re HyperglykKmie hervorgerufen und gleichzeitig ihre Muskelarbeits- fghigkeit vor und nach Zuekerbelastung verglichen.

Ihren H5hepunkt erreichte die glyki~mische Kurve etwa 30 Minuten nach der Belastung. Das Verhaltnis: HShepunkt : Ausgangswert stieg

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nach. vergrSBer ten Zuckermengen , anfangs steil , im ferneren n u t sehr l angsam an. Bei s in .und derse lben Vp. war de{ hype rg lyk~mische Koeff iz ien t nach gle icher Be las tung n ich t i m m e r gleich. Gleichzei t ig m i t de r Z u c k e r k o n z e n t r a t i o n s z u n a h m e st ieg auch der R Q., de r seinen H s h e p u n k t e twa 30 Minu ten nach der Be las tung erre ichte .

Aus unseren Versuchsergebnissen geh t mi t geni igender E inde u t i gke i t he rvor , d a b eine durch Zuckerzufuhr erzeugte H y p e r g l y k ~ m i e die Arbe i t s f~h igke i t unserer Vpn. ffir ku rzdaue rnde Muske la rbe i t n i ch t zu beeinf lussen ve rmochte .

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