Ich sehe das, was Du so tust - ldi.nrw.de · PDF fileLandesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen Ich sehe das, was Du so tust Videoüberwachung

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  • Landesbeauftragte

    fr Datenschutz und Informationsfreiheit

    Nordrhein-Westfalen

    Ich sehe das, was Du so tust

    Videoberwachung an und in Schulen

  • Landesbeauftragte frDatenschutz und InformationsfreiheitNordrhein-WestfalenBettina Sokol

    Kavalleriestr. 2-440213 Dsseldorf

    Tel.: 0211 - 38424 - 0Fax.: 0211 - 38424 - 10Mail: [email protected]

    Diese Verffentlichung kann neben anderen Broschren zu Datenschutz und Informationsfreiheit unter www.ldi.nrw.de abgegrufen werden.

    Herausgeberin:

  • LDI NRW Ich sehe das, was Du so tust! Stand: 12/06

    I. Einfhrung.................................................................. 1 II. Schule und Videoberwachung zwei Welten treffen aufeinander.......... ......................................................2 III. Welche gesetzlichen Regelungen sind zu beachten, und wann kann eine Videoberwachung in und an Schulen berhaupt in Betracht kommen? ................................... 3

    1. 120 ff. SchulG ................................................... 4

    2. Videoberwachung von ffentlich zugnglichen Rumen gem 29b DSG NRW ............................. 5 a. Anwendungsbereich des 29b DSG NRW .............. 5 b. Zulssigkeit der Beobachtung .............................. 6 c. Zulssigkeit der Aufzeichnung.............................. 9 d. Einmal zulssig immer zulssig? ...................... 10 3. Was ist, wenn 29b DSG NRW keine Anwendung findet? ................................................................ 10 a. Beispiel: Lehrerzimmer ..................................... 10

    b. PC-(Selbstlern-) Rume .................................... 12 IV. Welche zustzlichen Pflichten hat die verantwortliche Stelle?..................................................................... 13

    1. Hinweispflicht ...................................................... 13 2. Verfahrensverzeichnis, Vorabkontrolle, Sicherheitskonzept.... ........................................... 14

    3. Unterrichtungspflicht............................................. 15 V. Wie sind Kamera-Attrappen zu beurteilen? ................... 16 VI. Was ist mit Web-Cams?.............................................. 17 VII. Fazit ........................................................................ 17

  • Ich sehe das, was Du so tust!

    Videoberwachung an und in Schulen I. Einfhrung Ich sehe das, was Du so tust! knnte in Anlehnung an ein altbekanntes Kinderspiel das Motto in den Schulen A, B und C knftig lauten, wenn es nach dem Wunsch einiger verantwortli-cher Personen geht: Der Schultrger der Schule A mchte auf dem Pausenhof und im Eingangsbereich der Schule insgesamt acht Videokameras installieren, um Einbrche und Vandalismus zu verhindern. Damit sich die teure berwachungsanlage auch lohnt, soll sie rund um die Uhr aktiviert werden. Eine neunte Videokamera soll im Keller des Gebudes den ordnungsgem-en Umgang mit dem dort aufgestellten Warenautomat ber-wachen. Die Leiterin der Schule B meint, auch in ihrer Schule nicht mehr ohne Videoberwachung auszukommen, und befin-det sich deshalb bereits in Verhandlungen mit dem Schultrger. Im Lehrerzimmer sind zwei Diebsthle zu beklagen, und die nchste Tat soll 1:1 aufgezeichnet werden. Auerdem sollen in den Informatikrumen der Schule die teuren neuen PCs und Drucker prventiv geschtzt werden. Einige Eltern an der Schule C fordern eine mglichst umfassende Videoberwa-chung, um ihre Kinder vor bergriffen zu schtzen und dem Diebstahl beispielsweise von Turnschuhen und Gameboys vor-zubeugen; auf jeden Fall sollen die schlecht einsehbaren Fahr-radstnder videoberwacht werden, weil es hier bereits wie-derholt zu Diebsthlen und erheblichen Beschdigungen ge-kommen ist. Wer heute durch eine Stadt geht, kann bereits vieler Orts Vi-deokameras entdecken. Kaufhuser und Geldautomaten, Bahn-hfe und Verkehrsmittel werden ganz oder teilweise video-berwacht; dasselbe gilt fr einige ffentliche Pltze und Ge-bude sowie zunehmend auch fr private Huser und Wohnan-

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    lagen. Da kann es eigentlich nicht verwundern, dass Bestre-bungen, Videokameras zur berwachung einzusetzen, lngst nicht mehr vor dem Schultor halt machen. Doch Vorsicht: Soll-te das wirklich nicht verwundern? II. Schule und Videoberwachung zwei Welten treffen

    aufeinander Jede Videoberwachung greift in das Grundrecht der betroffe-nen Personen ein, selbst ber die Preisgabe und Verwendung ihrer personenbezogenen Daten zu bestimmen, und jede Vi-deoberwachung tangiert darber hinaus insbesondere auch das Grundrecht am eigenen Bild der Betroffenen. Die Installati-on von berwachungsanlagen ist deshalb immer kritisch zu be-urteilen und nur sehr eingeschrnkt zulssig. Dazu kommt im Bereich der Schulen aber erschwerend noch Folgendes: Videoberwachung vertrgt sich grundstzlich nicht mit dem Auftrag der Schulen, die Entwicklung der Schlerin-nen und Schler zu selbstbestimmten mndigen Persnlichkei-ten zu frdern. Gem 2 Abs. 1 Satz 1 Schulgesetz Nord-rhein-Westfalen (SchulG) unterrichtet und erzieht die Schule junge Menschen auf der Grundlage des Grundgesetzes und der Landesverfassung. Dazu gehrt, wie in Artikel 7 Abs. 1 der Landesverfassung ausdrcklich festgeschrieben, insbesondere auch die Erziehung im Geiste der Freiheit und Demokratie. Die-ses Ziel wrde konterkariert, wenn die Schlerinnen und Sch-ler in bestimmten Bereichen der Schule permanent durch Vi-deokameras beobachtet, kontrolliert und berwacht wrden oder zumindest subjektiv annehmen mssten, dass eine solche berwachung stattfindet. Aus diesem Grund gehren Videokameras grundstzlich nicht in Unterrichtsrume, schon gar nicht whrend des Unterrichts. Dort sind nmlich in erster Linie die Lehrkrfte zur Aufsicht verpflichtet. Die Lehrerinnen und Lehrer unterrichten, erziehen, beraten, beurteilen, beaufsichtigen und betreuen ihre Schle-rinnen und Schler (vgl. 57 Abs. 1 SchulG). Sie sollen den Kindern und Jugendlichen dabei zugleich auch als Ansprechper-sonen zur Verfgung stehen. Umstnde, die eine Videoberwa-chung in diesem Bereich erforderlich erscheinen lieen, sind in-soweit kaum vorstellbar. Im Gegenteil, auch die meisten Lehr-

  • krfte wrden sich zu Recht dagegen verwahren, bei der Aus-bung ihrer Ttigkeiten durch Videokameras berwacht zu wer-den. Auch die Beobachtung des Schulhofes oder der Eingangsberei-che von Schulen stellt whrend des laufenden Schulbetrie-bes regelmig einen schwerwiegenden Eingriff in die Persn-lichkeitsrechte der Schlerinnen, Schler und Lehrkrfte dar, zumal sich diese der berwachung nicht entziehen knnen und in ihrer selbstbestimmten Bewegungsfreiheit auf dem Schulge-lnde in erheblicher Weise eingeschrnkt sind. Die betroffenen Personen sollen sich in den Pausen sowie vor und nach dem Unterricht frei bewegen und erholen knnen; auch hier haben die Lehrkrfte eine Aufsichtspflicht. Auerdem geht mit dem regelmigen Betrieb auf dem Schulgelnde whrend der Un-terrichtszeiten im Hinblick auf mglichen Vandalismus, mit dem eine Videoberwachung in den meisten Fllen gerechtfertigt werden soll, eine verstrkte soziale Kontrolle einher. Eine Videoberwachung an und in Schulen kann deshalb nur ausnahmsweise und grundstzlich nur auerhalb der Un-terrichtszeiten gerechtfertigt sein. Auch dann mssen allerdings die schutzwrdigen Interessen von Personen, die sich zu dieser Zeit zulssigerweise auf dem Schulgelnde oder in den Schul-gebuden aufhalten, hinreichend bercksichtigt werden. Die Schultrger, Schulleitungen und/oder Eltern der Schulen A, B und C mssen deshalb ihre Videoberwachungsplne oder -forderungen noch einmal sorgfltig berprfen. Eine flchen-deckende Videoberwachung whrend des laufenden Schulbe-triebs, den sich einige Eltern der Schule C wnschen, scheidet aus den genannten Grnden aus; dasselbe gilt grundstzlich auch fr die Videobwachung des Eingangsbereichs und des Pausenhofs whrend des laufenden Schulbetriebs durch den Trger der Schule A. III. Welche gesetzlichen Regelungen sind zu beachten,

    und wann kann eine Videoberwachung in und an Schulen berhaupt in Betracht kommen?

    Wie bereits ausgefhrt, greift jede Videoberwachung in das Recht der betroffenen Personen auf informationelle Selbstbe- LDI NRW Ich sehe das, was Du so tust! 3

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    stimmung sowie insbesondere auch das Recht am eigenen Bild ein. Wird personenscharf beobachtet und/oder aufgezeichnet, werden damit personenbezogene Daten der betroffenen Perso-nen verarbeitet. Eine solche Datenverarbeitung durch ffentli-che Stellen des Landes Nordrhein-Westfalen und damit auch durch Schultrger und/oder Schulen ist nach Magabe des 4 Abs. 1 Satz 1 Datenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen (DSG NRW) nur zulssig, wenn eine Rechtsvorschrift sie erlaubt oder die betroffenen Personen wirksam eingewilligt haben. Also muss es fr den Einsatz von Videokameras, mit denen perso-nenscharf beobachtet und/oder aufgezeichnet werden kann, an Schulen immer eine Rechtsgrundlage geben. 1. 120 ff. SchulG Ein Blick ins Schulgesetz Nordrhein-Westfalen (SchulG) stellt klar: Eine Videoberwachung in der Schule und erst recht ei-ne solche whrend des laufenden Schulbetriebs kommt in der Regel nicht in Betracht, denn der Gesetzgeber hat eine solche berwachung in den bereichsspezifischen Datenschutzvor-schriften der 120 ff. SchulG weder generell noch fr be-stimmte Flle vorgesehen. Auch in den zum SchulG ergange-nen Verordnungen, die die Vorschriften des SchulG konkretisie-ren, finden sich keine entsprechenden Vorschriften. Es fehlt mithin an einer bereichsspezifischen schulrechtlichen Regelung, die die Videoberwachung in oder an Schulen erlauben wrde. Nur an zwei Stellen wird im SchulG berhaupt eine Zulssigkeit von Bildaufnahmen dies allerdings nur