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In vivo-Beobachtungen an der Nierenpapille von Goldhamstern nach intravenöser Lissamingrün-Injektion

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Page 1: In vivo-Beobachtungen an der Nierenpapille von Goldhamstern nach intravenöser Lissamingrün-Injektion

Pflügers Archiv 279, 195--213 (1964)

Aus dem Physiologischen Institut der Universität Heidelberg

In vivo-Beobachtungen an der Nierenpapille von Goldhamstern

nach intravenÖser Lissamingrün-Inj ektion* **

Von

M. STEINHAUSEN

Mit 8 Textabbildungen

(Eingegangen am 7. Oktober 1963)

Kürzl ich wurde von uns eine Methode angegeben, mit welcher nach i.v. Stoßinj ektion einer konzentr ier ten Lissamingrün-Lösung die Farbstoff- passage in den Gefäßen und I-Iarnkan~lehen der ±Nierenrinde mikrosko- pisch im Auflicht verfolgt werden kann 29. Wir benutz ten diese Methode bisher zur Differenzierung proximaler und distaler Tubuli von Ra t t en in vivo sowie zur Bes t immung mitt lerer S t romstärken für das proximale Konvolut . Es lag nahe, unsere Methode auch auf die Goldhamsterpapil le auszudehnen, da nach der Haarnadclgegenstrom-Theorie im Nieren- markS,13,19 und den Versuehsergebnissen nach Mikropunktion~,9,1°, ~7-39 die Goldhamsterpapil le als Modell der physiologischen t [arnkonzentr ie . rung zunehmend an Bedeutung gewonnen hat. Unsere Versuche zeigen, daß auch an der Goldhamsterpapil le die Lissamingrün-Passage in den absteigenden Gefäßen, in den t tenlesehen Schleifen und in den Sammel- rohren mit Hilfe des Aufl ichtmikroskopes verfolgt und zeitlich bes t immt werden kann. Ferner waren an H a n d von Mikrophotogrammen Messun- gen von Lumendurchmesscrn der Henlesehen Schleifen und Samme]rohre möglich, welche ohne Farbstoffpassage in vivo nicht sichtbar sind.

Methodik Die Versuche wurden an insgesamt 42 männlichen Goldhamstern im Gewicht

von 40--60 g in Nembutalnarkose (60 mg/kg) durchgeführt. Die Tiere hatten bis zum Versuchsbeginn freien Zugang zum Futter, welches aus Weizenkörnern und Mohrrüben bestand. Die Präparation der linken Nierenpapille erfolgte unter Ver- wendung der Technik von Witz nach Paravertebralschnitt von dorsal. Die linke Niere wurde meist dekapsuliert und das Nierenbecken nach sorgfältiger Entfernung

* Ausgeführt mit Unterstützung der Berufsgenossenschaft Feinmechanik und Elektrotechnik sowie der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

** Auszugsweise vorgetragen auf der 28. Tagung der Deutschen Physiologischen Gesellschaft in Köln 30.

Pflügers Arch. ges. Physiol., Bd. 279 1J~

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196 M. STEI~]~_~VS~~:

des hilären Fettgewebes vom Ureter her eröffnet. Bei der Präparation wurden eine Stereolupe sowie eine durch einen Mikromanipulator geführte Präzisionsschere benutzt. Da selbst kleinste Blutungen die Mikrophotographie erheblich stören, wurde das Operationsgebiet fortlaufend mit körperwarmer, isotonischer Koch- salz- oder Tyrodelösung gespült. Die Fixierung der linken Niere erfolgte durch

Tabelle 1. Angabe der Zeit in Sekunden, welche zwischen i.v. Stoflin]ektion von Lissamingrün und Beginn der Farbsto/]passage in verschiedenen Strukturen der

Goldhamsterniere unter Beobachtung im Auflichtmikroskop abgestoppt wurde (** bis **** ~ Mittelwerte aus 2 - -4 Versuchen)

Tier- Capi l la ren absteigende Henlesche Papillenöffnung Sammelrohre Nierenrinde vasae rectae Schleifen

(sec) (see) (see) (see) (sec)

Ha 6 I-Ia 8 Ha 9 Ha 10 Ha 12 Ha 13 Ha 17 Ha 19 Ha 20 Ha 21 Ha 22 Ha 26 Ha 27 Ha 28 Ha 29 Ha 30 Ha 31 Ha 33 Ha 34 Ha 35 Ha 36 Ha 37 Ha 38 Ha 39 Ha 40 Ha 42 Ha 44 Ha 45

Mittel n

(rlv[

2,5**

i,5 2,0 1,5 2,5 1,5 1,5 2,0"* 1,5"* 1,5"* 2,5**

¤,8** 1,8"* 1,5"* 2,0 1,5 1,0 1,5

2,5

1,8 19 ± 0,1

6,5*** 5,0"* 4,0 7,0 5,0 7,0 5,0 7,0 8,0 5,0 7,0"* 5,0"*** 5,5** 6,0 6,0 5,0** 8,0** 7,5 6,3** 8,5 8,5 5,0 4,5 5,0 5,0 6,5 6,7 4,4

50-- 67**

40**

102--191 95--135

72-- 83 45 62 35--106"*** 80-- 90***

7O 48** 73-- 90 40-- 78** 54-- 73** 64--101 43-- 68 55

65-- 85

35-- 54 30-- 45 24-- 68

68**

150

52

70** 44 55 66 48

65

65 50** 45 39

6O

6,0 28

-4- 0,2

56-- 89 21 15 ± 4 , 4 ± 8 , 5

63 14

B 7,0

72*** 73** 63

102"* 102 225

83 70

190

80 87 82***

95 65**

108"* 92** 73

110 7O 70 82

100 6O 65 54

91 25

± 7 , 6

einen nierenförmigen, mit Watte ausgepolsterten Messinglöffel, welcher für die Papille und die I-Iflusgef~ße einen genügend großen Ausschnitt erhielt. Die Körper- temperatur der Versuchstiere wurde mit Hilfe eines geheizten Operationstisches und eines Kontaktthermometers konstant gehalten. Die Tiere erhielten eine Tracheal-

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Darstellung der Nierenpapille mit Lissamingrün 197

kanüle. Für i.v. Injektionen wurde ein kleiner Polygthylensehlauch in die V. jugu- laris links eingebunden. 1,5 tal/kg Tiergewicht Lissamingrün (FS-hochkonzentriert, Chromagesellschaft, Stuttg~rt-Untertürkheim) wurde als 10°/0ige Lösung (in physiol. Kochsalzlösung) zur i.v. Stoßinjektion verwendet. Die mikroskopischen Beobachtungen erfolgten mit Ultropak-Objektiven (Leitz), die Mikrophotogramme wurden mit einer automatisch transportierenden Xleinbildkamera und Elektronen- blitz angefertigt. Die Anordnung erlaubt die Bildfolge nach Farbstoffinjektion mit Direktschreiber zu registrieren. Bei einem Teil der Versuche wurden die Nieren nach Versuchsende in 5% igem neutralem Formalin fixiert und 10B dicke Paraffin- Serienschnitte hergestellt, welche nach GOLn~E~ gefärbt wurden. Soweit Ergebnisse mit =E versehen sind, handelt es sich dabei um die mittlere Abweichung des Mittel- wertes (a~).

Ergebnisse Tab. 1 gibt die Zeit in Sekunden an, welche zwischen der i.v. Stoß-

injektion von Lissamingrün und dem Erscheinen des Farbstoffes in ver- schiedenen St rukturen der Goldhamsterniere abl~uft. Der Farbstoff ha t im Mittel 1,8 sec nach der Stoßinjektion die Capillaren der Nierenrinde erreicht und erzeugt vorübergehend eine intensive Grünfgrbung der ge- samten Rinde, w£hrend zu dieser Zeit die Papflle noch völlig ungefgrbt erscheint.

Der weitere Verlauf der Farbstoffpassage an der Nierenrinde ist bei Goldhamstern prinzipiell nicht anders als bei den von uns beschriebenen Versuchen an l~atten 29 mi t zeitlich getrennter Farbstoffpassagc durch das proximale und distale Konvolut . Wir beschränken uns daher hier auf die Darstel lung der Beobachtungen an der Papille.

I m Mittel erst 6,0 sec nach der In jek t ion beginnt der Farbstoff die absteigendcn vasa recta der Papille zu passieren (Abb. 1 A und B). Die Strö- mungsgeschwindigkeit betr/~gt in diesen Gefä.Ben im Mittel 480 ± 30 #/sec bei einem mit t leren GefgBdurehmesser von 25 # (7 Versuche an 4 Tieren). E t w a zwischen 10. und 30. sec nach der In jekt ion erscheint die gesamte Papille diffus grün gefgrbt. Eine Farbstoffpassage durch die aufsteigenden vasa recta war meist nicht sicher abgrenzbar.

Die Lissaminpassage durch die Henlesehen Schleifen (Abb.2) erfolgte im Mittel zwischen 1 und 1,5 min nach der Farbstoffinjektion. Die Werte streuen zwar erheblich und auch am einzelnen Tier erfolgt die Passage durch die t tenieschen Schleifen zu unterschiedlichen Zeiten.

Inwieweit diese Streuungen auf unterschiedliche Traumatisierung der Nieren bei der Prgparation zu beziehen sind, muß noch offengelassen werden. Insgesamt erschien die Papille jedoch wesentlich empfindlicher gegenüber Operationstraumen als die Nierenrinde. Wir sahen mehrfach bei normaler Durchblutung der Nierenrinde ein- zelne Papfllen-Gefäße, in welchen der Blutstrom stagniert war. Solche Papillen sind u.a. schon deshalb für die vorliegenden Untersuchungen ungeeignet, weil diese ùstagnierten Gefg~e" eine viel grö~erc Lichtabsorption besitzen und eine Differen- zierung, z. B. zwischen gefgrbten Henleschen Schleifen und Gef~~en im Mikrophoto- gramm, erschweren. Je schonender unsere Prgparationstechnik wurde, desto seltener beobachteten wir diese ,stagnierten Gef~ße".

14"

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198 M. ST~,~~us~~:

Auf der Abb. 2 ist der Verlauf der Farbpassage vom dünnen zum dickeren Anteil der I~enleschen Schleife zu erkennen. Das Lumen der Schleife wird bereits vor dem ,Itaarnadel"-Scheitel wieder größer. Der

c a b

Abb . lA. Mikrophotogramme der Papillenoberfläehe (basisnaher Abschnitt) eines 50g schweren Goldhamsters nach i.'¢. Stoßinjektion von 1,5 tal/kg einer 10°/eigen Lissamingrün-Lösung: Farbstoff-

passage durch absteigende vasa recta, a 8,5 sec; b 9,8 sec; e 11,5 see nach der Injektion

a b

A b b . i ß . Mikrophotogramme der PapillenoberflKche (spitzennaher Abschnit t)eines 60g schweren Goldhamsters nach Lissamingrün-Applikation entsprechend Abb. lA. Farbstoffpassage durch ab-

steigende vasa rceta, a 5sec; b 7sec nach der Injektion

Lumendurchmesser des dicken Schleifenanteils betrug nach Mikrophoto- grammen von 24 Schleifen (aus Versuchen an 7 Tieren) 20,8 ~ 1,0/~. Der dünne Sehleffenanteil war bei den gleichen Versuchen nur zehnmal aus- wertbar; er betrug: 11,9 ± 0,5 tt. Die Länge des dicken absteigenden

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Darstellung der Nierenpapille mit Lissamingrün 1 9 9

Schleifenanteiles -- Entfernung zwischen Übergang von dünnem zu dickem Schleffenanteil und Schleifenscheitel -- konnte bei 6 Versuchen mit 230 ± 20 # bestimmt werden.

o) N

ù~ ~ ~

m

Die auf der Abb. 2 erkennbare Segmentierung der Henleschen Schlei- fen scheint durch die st/irkere Lichtabsorption der Zellkerne hervor- gerufen zu sein.

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200 M. ST~I~~Avsn~:

Diese A n n a h m e wird dadurch gestützt , daß der Abs tand der einzelnen Segmente bei 50 Messungen nach Mikropho togrammen in vivo 31,1 =[: 1,1 # betr~gt und der Abs t and der Zellkerne im histologischen Schni t t (L~ngsschnit t der Papille) bei ebenfalls 50 Messungen mit 25 =~ 0,9 te gu t mi t dieser Annahme übere ins t immt, wenn m a n die Fix ierung berücksichtigt . Wir ha l ten für weniger wahrscheinlich, daß diese Segment ierungen nu r durch eine Über lagerung von st~rker reflektierenden

Abb. 3. Fiikrophotogramme der Papillenoberfläche eines 50 g schweren Goldhamsters nach Lissamin- stoß (entspr. Abb. 1): Farbstoff-Passage durch Sammelrohre. Papillenbasis: 7 min 10 sec, Papillen- mitte: 8 min 4 sec nach der Injektion und Papillenspitze 9 min 33 sec nach zweiter :Farbstoffinjek. %ton. Der Pfeil weist auf eine Sammelrohrenge hin. Die t~ezeichnungen $1 bis Ss sind für ein Sammel- rohrsystem eingetragen. :Bei $1 und $2 tatsächliche Lumenweite nur angedeutet erkennbar. Die gestrichelten Pfeile weisen auf Erythrocyten-Aggregationen in zwei vasae rectae hin, in welchen der

:Blutstrom nach der Präparation stagniert war (vgl. Text)

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Darstellung der Nierenpapille mit Lissamingrün 20i

StrukturerL (z.B. Gefäßen) vorgetäuscht werden. Hiergegerz spricht insbesondere die l~egehnäßigkeit der Segmente.

Die ersten Farbwolken t re ten ans der Papi l lenspi tze im Mittel 65 sec nach der In jek t ion . Da diese Fa rbwolken zum Teil bereits u n m i t t e l b a r nach Dars te l lung der ersten Henleschen Schleifen aus der Papil le aus- t re ten, s ind für diese Farbpassagen kürzere Wege, insbesondere kürzere,

Tabelle 2. Sammelrohr-Längen und -Lumendurchmesser von 45--60 g schweren Gold- hamstern nach Mikrophotographien im Au/licht während Lissaminpassage in vivo Für die Ordnungszah]en S i bis Se vgl. S. 202. Für die Lumendurchmesser wurden jeweils maximale und minimale Werte angegeben, bei den eingeklammerten Minima der Größenordnung S 1 und S 2 waren nicht regelmäßig Verdeckungs- oder

Projektionsfehler auszuschließen

Sammelrohr Länge

(~)

Lumendurchmesser

max min (~) (~)

$1 255 ± 35 s5 4- 7 (3o 4- 6) n = 11 n = 11 n = 9

$2 380 4- 45 70 4- 5 (30 4- 3) n = 1 6 n ~ 1 9 n----18

$8 370 4- 35 60 4- 4 30 4- 2 n = 15 n ~ 13 n = 13

S c 410 4- 35 50 4- 7 30 ~ 4 n = 1 3 n = l l n = l l

S 5 520 4- 90 50 4- 5 20 4- 4 n = 7 n = 7 n = 7

S 6 380 35 18 n = 2 n = 3 n = 3

• S i - - S e 2315

n ich t im freigelegten Antei l der Papille ver laufende Schleifen anzuneh- men, solange für Lissamingrün kein Anha l t auf stärkere Farbstoff- sekret ion gegeben ist 2».

1,5 m in nach der Farbs tof f in jek t ion beg inn t die Dars te l lung der L u m i n a des Sammelrohrsystemes (Abb. 3--8) . Daß es sich hierbei n u r u m gefärbten L u m ë n i n h a l t der Sammelrohre hande l t u n d n icht etwa u m vorübergehend angefärbte Sammelrohrwandungen , ließ sich u.a. ans fol- genden Befunden ablei ten : 1. war gelegentlich bei stoßweisem Farbstoff- t r anspor t (siehe un ten) eine regelmäßige F ä r b u n g u n d E n t f ä r b u n g der gleichen Sammelrohrabsehniéte zu e rkennen ; 2. war nach i.v. I n j e k t i on vonMyoglobin* (50--200mg/kg) die Passage ausgefal lenerEiweißcyl inder

* Aus Pferdefleiseh extrahiert von Herrn Dr. A. BLöMEm

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202 M. ST~IN~AVSnN:

in den angeßrb ten Sammelrohr-Grenzen zu beobachten. Wir haben das Sammelrohrsystem nach Mikrophotogrammen vermessen (Tab.2), wobei die Bezeichnungen S 1 für die Sammelrohre von der Papfllenspitze bis zur oberen Grenze der ersten Verzweigung, S~ für die Sammelrohre von der ersten bis zur zweiten Verzweigung usw. gelten. Die Sammelrohre der Ordnungszahl S 1 bis etwa Sa werden in der ttistologie wegen ihrer hohen Epithelzellen als Ductus Bellini oder Ductus papillaris bezeichnet. Wir haben wegen des von den übrigen Sammelrohren nicht unterschie- denen Verhaltens dieser Abschnitte bei der Lebendbeobaehtung eine

getrennte Bezeichnung unterlassen. Für die Lumendurchmesser der Sammelrohre sind in Tab.2 jeweils Maximal- und Minimalwerte an- gegeben. Die Maxima liegen meist an den papfllenfernen Abschnitten der einzelnen Sammelrohre, während die Minima am häufigsten an den Papillen-näehsten Abschnitten zu finden sind. Für die Minima muß allerdings (speziell bei S 1 und $2) einsehränkend bemerkt werden, daß am Mikrophotogramm nicht regel- mäßig eine Überlagerung durch andere Strukturen auszuschließen war. Bei der in vivo-Beobachtung

Abb.4. Mikrophotogramm der Papfllcnober- ließen sich jedoch häufig starke Ver- fl~tche eines 45 g schweren Goldhamsters nach engungen an den Einmündungs- i.v. Lissaminstoß (entspr. Abb.1): Farbstoff- stellen von Sammelrohren höherer passage durch Sammelrohre. Der Pfeil weisb aufeineSammelrohrenge, aus welcher gefärbter Ordnungszahl in solche niedrigerer t Iarn (wie aus einer Düse) in ein größeres erkennen, für die Verdeckungsfehler

Sammelrohr gespritzt wurde

sowie Projektionsfehler durch ver. änderte Focussierung auszuschließen waren (Abb. 3 und 4). Ferner war an diesen Engen auch nach Myoglobininjektion (siehe oben) eine Passage- behinderung von Myoglobinzylindern zu beobachten.

Für je sechs Sammelrohre der Ordnungszahlen S~--S» konnten ferner die Lumendurchmesser vor und nach I-Iilusabklemmung (2 Tiere) bzw. Dekapitat ion (3 Tiere) best immt werden. Die Schwierigkeit bei diesen Versuchen liegt darin, dag bei Hilusabklemmung bzw. Dekapitat ion während Lissamingrün-Passage noch einige Minuten nach dem Filtra- tions-Stopp Farbstoff ans den Sammelrohrmündungen in die Spülflüssig- keit übertr i t t und damit der Kontras t der Farbstoff führenden Lumina stark abnimmt. Soweit die Lumina gleicher Sammelrohre vor und 2- -5 min nach Hilusabklemmung bzw. Dekapitat ion (beide Methoden waren in

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Darstellung der l~ierenpapille mit Lissamingrün 203

ihren Ergebnissen nicht unterschieden) am Mikrophotogramm mit genügendem Kontrast auswertbar blieben, waren nur geringe Lumen- abnahmen zu verzeichnen: mittlere prozentuale Lumenabnahme für $ 2 : - - 4 , 5 d= 1,3°/o; für Ss: --13,0 ~ 4,6°/0; für $ 4 : - - 2 , 3 =[= 1,1°/o und für Ss: --4,8 :~ 2,8°/o .

a b

Abb.5 a u. b. ) [ ikrophotogramme der Papilienspitze eines 60 g schweren Goldhamsters während Lissamingrün-Passage durch die Samme]rohre. a 18 sec nach Blockade einer Sammelrohrmündung durch Stahlnadel m i t deutlicher Lumenerwciterung eines Sammelrohres der Grö~enordnung $3; b Zustand nach Ent fernung der Nadel (vgl. Text). Der Pfeil weist wiederum auf eine Sammelrohrenge

hin, welche auch noch während der Stauung zu erkennen ist

Eine druekpassive Lumenerweßerung der Sammelrohre ließ sich dadurch hervorrufen, daß mit Hilfe einer Stahlnadel (Spitzendurchmesser 40 # nach 400 # konisch erweitert auf 100 #) eine Sammelrohrmündung (Abb. 5) an der Papillenspitze blockiert wurde. Die Nadel wurde durch einen Mikromanipulator geführt. Nach der Blockade waren die Lumen- durchmesser der Sammelrohre innerhalb von t8 sec bis 5 min um 34 bis i04°/0 erweitert (7 Versuche an 4 Tieren). Eine Lgngsverkürzung der Sammelrohre durch Stauchung der Papille ließ sich bei geeigneter Nadelführung ausschließen. Vor der Blockade bestehende Sammel- rohrengen wurden unter der Blockade nur zum Teil ausgeglichen (vgl. Abb. 5).

Bei 25 von 39 Versuchstieren beobachteten wir einen rhyth- mischen. Farbstofftransport in einzelnen oder mehreren Sammel- rohren der Papille. Die Farbstöße verliefen von der Papillenbasis in Richtung Papillenspitze. Hierbei wechselte die Intensität der Lumen- f£rbung von dunkelgrün nach hellgrün bis farblos mit einer mittleren Frequenz von zehn Farbstößen pro Minute (Tab. 3). Die Frequenz der

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204 M. STEIN~AVSEN: Darstellung der Nierenpapille mit Liss~mingrün

Farbstöße zeigte am einzelnen Tier nur geringe Schwankungen, variierte jedoch von Tier zu Tier in den Grenzen von 6-- 15 Farbstößen pro Minute, deren Dauer jeweils 1--2 see betrug. Der rhythmische Farbstofftransport war h~ufig über 5 bis max. 15 min (d.h. bis zum Ende der Farbstoffans- seheidung durch die Sammelrohre) zu verfolgen.

Als mögliche Ursache des rhythmischen Farbstofftransportes waren rhythmische Kontraktionen der noch in der Niere gelegenen Anteile der lqierenbeckenmuskulatur sehr wahrscheinlich, zumal die Frequenz der Farbstöße mit der Frequenz der Ureterperistaltik übereinstimmte (vgl. Tab. 3). Gegen diese Annahme sprach aber zunächst der Befund, daß die

Tabelle 3. Vergleich der Frequenzen von stofl/Örmigem Lis~amintransport in Sammel- rohren, Nierenbeckenperistaltilc vor präparativer ErÖ]/nung und Bewegungen der

Papille nach Nierenbeckenerö//nung an Goldham8tern

Farbstöl3e in Nierenbecken- Papillen- Sammelrohren peristal~ik bewegungen

pro min pro min pro rain

Mittelwert und a~ 10,2 =~ 0,9 10,2 ~ 1,4 12,1 ± 1,2

Anzahl der Versuchstiere 11

Farbstöße zum Teil nur in wenigen Sammelrohren auftraten, w~hrend die übrigen Sammelrohre einen kontinnierlichen Farbstrom zeigten. Bei st£rkerer t%uhigstellung der Niere mit Wattetupfern in dem oben be- schriebenen Nierenlöffel, d.h. bei Ausschaltung fast aller auf die Niere übertragenen Atemschwankungen wurden dann jedoch rhythmische Bewegungen der ganzen Papille beobachtet (Exkursionsbreite an der Papillenspitze 100-- 150 #), deren Frequenz mit dem Rhythmus der Farb- stöße bzw. der Ureterperistaltik übereinstimmte. Bei drei Versuchen konnte darüber hinaus beobachtet werden, daß im Bereich der Papillen- basis einzelne, Farbstoff führende Sammelrohre rhythmisch gegen eine Kante des eröffneten und sich rhythmisch kontrahierenden Nierenbeckens gedrückt wurden und hierdurch eine rhythmische Unterbrechung des Farbstoffstromes im Sammelrohr erfolgte. Hierbei entstand ebenfalls das Bild der oben beschriebenen Farbstöl~e (Abb. 6 und 7).

Auch Beobachtungen am nichteröffneten Nierenbecken stützen diese Darstellung :

Nach vo]lst£ndiger Entfernung des hil£ren Fettgewebes, aber gleich- zeitiger Schonung der Iqierenbeckenmusku]atur ist die über die Muskula- tur hinweglaufende peristaltische Welle mit Stereolupe bei 16--32faeher Vergrößerung sehr gut zu beobachten. Gleichzeitig ist die Papille zu erkennen. Diese schimmert durch das eng anliegende Nierenbeeken, welches sich kontinnierlich in den Ureter fortsetzt, hindurch. Unter der Kontraktionswelle f£11t die deutliche Abblassung der sonst rot durch- scheinenden Papille auf, welches auf einer lokalen Kompression der vasa

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206 M. STEI~-~AVS~~ :

recta beruhen wird. 2- -3 min nach i.v. Lissamininjektion (siehe oben) beginnt die Papille dunkelgrün durch die dünne Nierenbeckenwand hin- durehzusehimmern. Zwar sind einzelne Sammelrohrlumina jetzt nicht zu identifizieren, aber es ist wiederum unter der Kontraktionswelle eine deutliche Abblassung der Papille zu erkennen, welche auf ein Aus- pressen des Farbstoffes aus den Sammelrohren in Richtung Ureter bezogen werden muß.

Diskussion Mit der beschriebenen Versuchsanordnung ist es möglich, Harn-

kanalchen-Lumina des Nierenmarkes der in vivo-Beobachtung zugang- lich zu machen, welche sonst nur durch Mikropunktion as oder histo- logische Verfahren dargestellt werden können. Welche Fehler bei histo- logischen Messungen von Lumengrößen der Nierenrinde durch post- mortale Veranderungen möglich sind (z.B. Fortsetzung der tubularen Rückresorption nach Unterbrechung der glomerulären Filtration bis zum Ko]laps der proximalen Tubuli), wurde von anderer SeiteT,2°, s» und auch von uns2¢,al, 3s ausführlich bearbeitet. Die postmortalen Veranderungen des Samme]rohrsystems sind jedoch nach unseren Beobachtungen im Auflichtmikroskop nur gering, so daß hier die histologisehen Befunde eher als an der Nierenrinde den wirklichen Zustand wiedergeben, was mit den Ergebnissen von HA~SSEN 7 übereinstimmt. Wesentlich starker werden histologisehe Messungen der Sammelrohrlumina durch die dort zu findenden Engen (siehe unten) erschwert.

Ein Teil der Sammelrohrlumina war nach Unterbrechung der Filtration nich~ mehr sicher zu beurteilen, so daß hierfür postmor~ale Lumenabnahmen, wie sie von PARK~R e~ al. 20 besehrieben wurden, nicht sicher ausgeschlossen werden konnten.

Bei in t ra tubularem Druckanstieg (vgl. GOTTSCHALK U. 1V[YLLE 4 : intra- tubnlarer Druckanstieg nach Ureterabklemmung) kann es jedoch zu erheblichen Dilatationen der Sammelrohre kommen, wie unsere Versuche mit Verstopfung einzelner Sammelrohrmündungen beweisen. Zum gleichen Resultat führten auch Versuche mit Verstopfung des gesamten Aus- Busses an der Papille, was bei osmotischer Diurese etwa der Stop-flow- Anordnung von MALVI~ et al. 14 entspricht. Ob eine osmotisehe Diurese allein zu einer Dilatation der Sammelrohre führt, wie die histologischen Defnnde an Ra t t en von SCgUBnRT et al. 2s vermuten lassen, ließ sich bisher mit unserer Methode deshalb nicht sicher nachweisen, weil die durch die vermehrte Diurese verminderte Lissamingrün-Konzentration zur Kontrast ierung der Sammelrohrlumina nicht ausreichte. Die wenigen Mikrophotogramme, welche 5 min nach i.v. Injekt ion von 6 ml/kg einer 30 °/0igen Mannitlösung noch eine Messung der Lumina erlaubten, zeigten jedoch keine Vergrößerung der Durchmesser (insbesondere der Sammel- rohre mit der Größenordnung S1--Sa).

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Darstellung der Nierenpapille mit Lissamingriin 207

Ob unter Wasserdiurese die Sammelrohrlumina gegeniiber Anti- und osmotiseher Diurese verengt sind, wie GrNETZI~S~Y 2, Gr~TZn~SXY u. K I ~ ] ~ S T I N S K A Y A 3 S o w l e S T O L A I ~ C Z Y K 11. I ~ A N I T I U S 34 meinen, aber yon BgS~DDY et M. 1 nicht best~tigt wnrde, konnten wit auf Grund methodi- scher Schwierigkeiten (Wasserdiurese wgh- rend der Operation) noch nieht priifen.

Die elastische De-

formierbarkeit der

Sammelrohre er-

seheint aber noeh aus

einem anderen Grunde

yon Bedeutung. PoN-

~IK hat bereits 1875

die als sogenannte ,,Verstopfungshypo-

these" bekannte a b Theorie aufgestellt, die besagt, dab z.B. bei tt/~moglobinurien deshalb eine Anurie auftreten kann, well das ira Harnkan~l- ehensystem ausfallen- de Eiweig die I-Iarn- passage verstopfe. Diese These wird heute fast allgemein abgelehnt22,~a,2s,40ins. besondere deshalb, c d weil h~ufig ein akutes a b b . 8 a - - d . N i k r o p h o t o g r a m m e der Pal~illenoberfl~tche eines 50 g

sehweren Goldhamsters naeh i.v. Injek~ion yon 200 m g / k g einer Xierenversagen ohne 5% igen MyoglobinlOsung und gleiehzeit iger L i s samin -Passage Pigmenteylinder und dureh die Sammelrohre . a 19 m i n 8 see; b 19 rain 15 see; c 19 m i n

37 see und d 20 m i n 5 see naeh der In jek t ion . Bei a und b ist ein umgekehrt grol3e EiweiBeylinder (bei × ) in einer Sammel rohrenge fes tgeklemm~, Mengen yon EiweiB- bei e l angsamer Vorschub des f e s tgek l emmten Cylinders und

Koll is ion m i t anderen Cylindern, bei d H a r n p a s s a g e wieder frei, eylindern im t ta rn ein Cylinder in e inem anderen Sammel rohr (bei x x )

beobaehtet werden, ohne dab es hi deren Gefolge zu einer Anurie kommt. Gegenteilige Auffassungen wurden in jtingerer Zeit insbesondere yon SmMAMrNX 26 vertreten. Unsere Myoglobinversuehe zeigen nun, dab tats~ehlieh (Mlerdings bei Dosen yon Myoglobin, welehe in der Pathologie der Myoglobinurien nieht zu erwarten sind 24) EiweiBbr6ekel im Sammel-

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208 lg. STEINEAVS~~ :

rohrsystem des Goldhamsters die I-Iarnpassage behindern können. Bei ausreichender Durchblutung der Niere und genügender Dinrese führt aber der intratubul~re Druckanstieg, welcher dem Stopp im Sammel- rohrsystem folgt (entsprechend dem intratubul~ren Druckanstieg nach Ureterabklemmung4), zu einer Erweiterung der Sammelrohre, so daß das Passage-Hindernis wieder fortgespült werden kann (Abb. 8). Ob bei Minderdurehblutung der Niere im Schock doch eine Verstopfung von Sammelrohren für die Pathogenese des akuten Nicrenversagens von Bedeutung ist, soll weiter untersucht werden*.

Ferner erlaubt unsere Versuchsanordnung, die durch die Stoßinjektiou erzeugte Farbwelle in den absteigenden vasa recta und in den Hen- leschen Schleifen direkt zu verfolgen. Die hierbei beobachtete, gegenüber der t~inde verspätete Ankunft und stark verlangsamte Passage des Farbstoffes im Gef~ßsystem des Nierenmarks bestätigt die Angaben von K~AM~~ et al. 1~ welche am Hund u. a. nach Einführen einer Photozelle ins Nierenbecken und Einstechen einer nade]förmigen Lampe ins Nierenmark ~hnliche Versp~tungen von Farbstoffpassagen in der Pupille beschrieben haben. Über ]3estimmungen von Strömuugsgeschwindigkeiten in den vasa recta der Hundepapille mit Hilfe eines modifizierten Markphotometers berichteten soeben MEI~~ et al. 1». Hierbei ergaben sich mittlere Strö- mungsgeschwindigkeiten von 650 #/see, was mit unseren Ergebnissen (480 /~/see), welche vergleichsweise alle im Spitzengebiet der Pupille gemessen wurden, recht gut übereinstimmt. D i e s e - trotz der L~nge der vasa recta - - immer noch hohen Strömungsgeschwindigkeiten müssen den Gef~ßwiderstand durch andere Faktoren ausgleichen (Weite der Capillaren und Druckdifferenzn).

Strömungsgeschwindigkeiten in den Henleschen Schleifen ließen sich bisher mit unserer Methode nur grob abseh~tzen (vgl. Abb.2), hierbei ergaben sich Werte von ca. 100 #/see. Diese Zahl liegt etwas unter den von T~u~Av u. ItE~~]~ ~» bei Mikropunktion gefundenen Geschwindig- keiten, w~hrend die Lumenradien mit unseren Messungen überein- stimmen.

Die Lissamingrün-Passage durch die Sammelrohre erfolgte zum Teil unter dem ]~ild rhythmischer Farbstöße, welche wir auf rhythmische Kontrakt ionen der Nierenbeckenmuskulatur bezogen. Unsere Ansicht wird gestützt durch die Befunde von MUSCEAT, welcher bereits 1926 an den ~iereu von Schwein und Mensch (mit ihren zahlreichen Pupillen) in der Kalyxwand den Musculus spiralis papillae beschrieb, welcher eine die Pupillen ,melkende" Funktion haben sollte.

* In orientierenden Versuchen konnten wir inzwischen eine Anurie durch kom- plette Verstopfung des Sammelrohrsystemes mit Myoglobinzylindern hervorrufen und durch Mikrofilm dokumentieren. Die Anurie war durch eine starke osmotische Diurese (Manmtolinfusion) zu durchbrechen.

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Darstellung der Nierenpapille mit Lissamingrün 209

Neben diesem Mechanismus sind drei andere mögliche Ursachen für den rhythmischen Farbstofftransport zu diskutieren:

1. Das Bild des rhythmischen Farbstofftransportes wäre auch durch einen Passagewechsel von gefärbtem und bereits wieder (oder noch) un- gefärbtem ~ a r n aus verschiedenen Nephren möglich. Wegen des kon- stanten Rhythmus des Farbwechsels und dessen Dauer ist dieser Mecha- nismus jedoch auszuschließen.

2. Da der rhythmische Farbstofftransport häufig nur in einzelnen Sammelrohren zu beobachten war, mußte auch an ein rhythmisches Öffnen und Schließen einzelner Sammelrõhrabschnitte gedacht werden, dies um so mehr, weil für die sogenannten fusfformen Zellen in der Papille contractile Eigenschaften vermutet wurden 33, aber bisher eine derartige Funktion dieser Zellen nicht beobachtet werden konnte. Auch uns gelang bisher ein ~qachweis für eine aktive Lumenänderung einzelner Sammel- rohrabschnitte nicht. Insbesondere wurden während der Blockade ein- zelner Sammelrohre (siehe S. 203) rhythmische Lumenänderungen oder neue Sammelrohrverengungen, welche für eine aktive Kontraktion ge- sprochen hätten, nicht beobachtet. Falls die beschriebenen Engen über- haupt durch contractile Elemente bedingt sind (im histologischen Schnitt sahen wir gelegentlich im Bereich der Engen zirkulär um die Sammelrohre angeorò_nete fusiforme ZeHen), dürften Kontraktionsänderungcn nur in langen Zeiträumen möglich sein. Damit scheint auch die unter 2. genannte mögliche Ursache nicht zuzutreffen.

3. Als weitere mögliche Ursache eines rhythmischen Farbstofftrans- portes können rhythmische Blutdruckschwankungen (z.B. Mayer- Wellen) diskutiert werden. Wir sahen aber die besprochenen Papillen- bewegungen (siehe S. 204) noch fast 2 min lang nach Abklemmung der Aorta oberhalb des Abganges der Nierenarterien. Dieser Befund erscheint uns zum Ausschluß der letztgenannten Möglichkeit ausreichend.

Beziehungen zwischen dem muskulären ,Melken" der Papille und der Nierenfunktion sollen in weiteren Untersuchungen geprüft werden.

Ein Unterrichtsfilm mit mikrokinematographischer Darstellung von Lissamin- grün-Passagen an der Nierenrinde von Ratten und an der Go]dhamsterpapi]]e ist in VorbereitungS°%

Zusammenfassung Es wurde unsere Methode der i.v. Stoßinjektion von Lissamingrfin

mit anschließender Auflicht-Mikrophotographie der Farbfronten an der Nierenpapille des Goldhamsters angewandt. Die Methode erlaubt hier die Farbstoffpassage getrennt in den Lumina der absteigenden vasae rectae, der Henleschen Schleifen und der Sammelrohre zu erfassen.

Die Lumenfärbung der vasa recta der Papille beginnt im Mittel 6 see nach der Injektion, die Strömungsgeschwindigkeit betrug bei einem mitt-

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leren Gefäßdurchmesser von 25 # rund 500 #/see. I m Gegensatz hierzu beginnt die Farbstoffpassage in den Capi]laren der ~qierenrinde im Mittel bereits 1,8 sec nach der Injektion. Die Farbstoffpassage durch die I ten- leschen Schleifen der Papille erfolgt im Mittel zwischen 56. und 89. sec nach der Lissamininjektion, jede Schleife ist selbst dabei nur für wenige Sekunden gefärbt (Strömungsgeschwindigkeit ca. 100 #/see).

Der mittlere Lumendurehmesser des dünnen absteigenden Schenke]s der Henleschen Schleifen beträgt in vivo 12 #, des dickeren aufsteigenden Schleifenanteiles 21 #. Die Lumenfärbung der Sammelrohre beginnt im Mittel 90 sec nach der Farbstoffinjektion. Die Durchmesser der Lumina der Sammelrohre wurden entsprechend ihrem Verzweigungsgrad ver- messen, häufig wurden Lumenverengungen an den Verzweigungsstellen beobachtet. Eine Blockade des Karnfiusses an der Papillenspitze führte zu Lumenerweiterungen der Sammelrohre um rund 100°/0 .

Bei mehr als 50°/o der Versuche wurde ein rhythmiseher Farbstoff- t ransport in einzelnen oder mehreren Sammelrohren beobachtet (mittlere Frequenz der Farbstöi3e: 10/min). Unsere Befunde weisen darauf hin, daß hierfür die peristaltischen Kontrakt ionen der erhaltenen Anteile der Nierenbeekenmuskulatur verantwortlich sind.

Summary After a rapid intravenous injection of Lissamin green the passage of

the dye at the papilla of the Golden Hamsters kidney was studied by incident light microphotography. By this method it is possible to differen- t iate between the lumina of the descending vasae rectae, the loops of I-Ienle and the collecting tubules.

The dye appears in the lumina of the vasae rectae of the papilla 6 sec after injection on the average. The mean velocity of flow was about 500/*/sec at a mean diameter of the vessel of 25 #. I t shonld be noted tha t in the capillaries of the cortex the dye can be observed 1.8 sec after the in]ection on the average. The dye passes the ttenle loops between the 56th and the 89th sec after the injection. Each individual loop is colored only for a few seconds (velocity of fiow about 100 #/sec). In vivo the thin descending ]ilnb of the I-Ienle loop has a mean diameter of 12/~, the mean diameter of the thick ascending par t is 21 #. The dye appears in the colleeting tubules approximately 90 sec after the injection. The diameter of the lumina of the collecting tubules was measured at various stages of ramifieation visible on the surfaee. Near the points of ramification it was repeatedly observed tha t the tubules were constricted locally. A stop of the urinary fiow at the tip of the papilla results in an inerease of the diameter of the eollecting tubules of approximately 100°/o.

A rhy~hmieal flow of the dye in one or several of the colleeting tubu]es was seen in more than 50°/0 of the experiments (mean

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Darstellung der Nierenpapille mit Lissamingrün 2 i t

f r e q u e n c y of t h e r h y t h m 10/min) . T h e r e is e v i d e n e e t h a t t hese r h y t h m i e a l

w a v e s are caused b y t h e pe r i s t a l t i c e o n t r a e t i o n s o f t h e s m o o t h inuseles

in t h e wal l of t h e pe lv i s o f t h e k idney .

Für ihre Hilfe danke ich den technischen Assistentinnen, Fräulein I~¢R~]) BOItLENDER und CHRISTEL ]:~IEDMÜLLER.

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Dr. M. STEINtIAUSEN~ Physiologisehes Institut der Universität, 69 I-Ieidelberg, Akademiestraße 3

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