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Nephrologe 2012 · 7:287–288 DOI 10.1007/s11560-011-0577-8 © Springer-Verlag 2012 H. Haller 1  · U. Kunzendorf 2 1  Klinik für Nieren- und Hochdruckerkrankungen, Medizinische Hochschule Hannover 2  Klinik für Innere Medizin IV, Nieren- und Hochdruckkrankheiten,  Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel Infektionen in der  Nephrologie Einführung zum Thema Infektionen spielen in der Nephrologie auf verschiedenen Ebenen eine wichtige Rolle. Akute bakterielle oder virale In- fektionen können bei besonders prädis- ponierten Patienten Anlass eines aku- ten Nierenversagens sein. Wichtiger sind weltweit die chronischen Infektionen. Hepatitis C und andere chronische In- fekte können die immunologische Ursa- che für eine Reihe von glomerulären Er- krankungen wie die membranöse Glome- rulonephritis oder die mesangial-prolife- rative Glomerulonephritis sein. Infektio- nen der Niere und der ableitenden Harn- wege selbst sind weltweit eines der größ- ten Probleme. Auch in der Transplanta- tionsmedizin sind rezidivierende Infek- tionen der ableitenden Harnwege wichtig und als großes Problem erkannt. Infekte unter Immunsuppression, welche wie die Polyomanephropathie direkt die Niere be- fallen, sind in den letzten Jahren zu einem virulenten Problem geworden. Im vorliegenden Heft von Der Nephro- loge haben wir das Thema Infektionen in der Nephrologie von verschiedenen Seiten beleuchtet. Harnwegsinfekte sind nach wie vor eines der häufigsten Prob- leme in der Nephrologie. Wir haben des- halb Herrn Kollegen Sester aus Homburg gebeten, nochmals die leitlinienbasierten Grundzüge der Diagnostik und Therapie darzustellen. Gerade bei einer so häufi- gen und in der Regel unkomplizierten Er- krankung ist ein strukturiertes Vorgehen in der Diagnostik und Therapie wichtig, um Unnötiges zu vermeiden und eine op- timale Therapie von Patienten zu garan- tieren. Offene Fragen bei dem Problem- kreis Harnwegsinfekte betreffen die sinn- volle Diagnostik (Welche Untersuchun- gen müssen vor Beginn der Therapie durchgeführt werden?) und zweitens die Dauer der Therapie (Wie lange kann und soll ein Harnwegsinfekt behandelt wer- den?). Auch die Unterteilung von einfa- chen und komplizierten Harnwegsinfek- ten ist für die Beurteilung des jeweiligen Patientenproblems von Bedeutung. Ein wichtiges Problem stellen die Infekte bei Patienten mit chronischer bzw. terminaler Niereninsuffizienz dar. Insbesondere bei der Peritonealdialyse mit dem häufigen Wechsel von Flüssigkeiten und den damit einhergehenden Problemen der Kontami- nation sind sie von großer Bedeutung für den praktischen Alltag des Nephrologen. In den letzten Jahren hat sich die Qua- lität in der Versorgung der Peritonealdia- lysepatienten erheblich verbessert. Im Bei- trag von Frau Prof. Haag-Weber sind die Qualitätsstandards sowie die dafür not- wendigen Maßnahmen nochmals zu- sammengefasst. Insbesondere werden die unterschiedlichen prophylaktischen Stra- tegien zur Vermeidung von Katheterin- fekten und Peritonitiden herausgearbeitet. Eine große Rolle auf dem Gebiet der Infektion spielt die Sepsis als gefährlichste Komplikation. Die Pathogenese der Sep- sis ist nach wie vor kompliziert und nicht vollständig verstanden. Die Rolle der Nie- re in diesem komplexen Geschehen steht dabei im Mittelpunkt. Ein akutes Nieren- versagen erhöht das Risiko für die Patien- ten erheblich. Die in den letzten Jahren publizierten Arbeiten zum Einsatz von Dialyseverfahren bei Patienten mit sepsis- induziertem akuten Nierenversagen wer- den kritisch erläutert und diskutiert. Ein besonderes Problem stellen die In- fektionen nach Nierentransplantation dar. Patienten unter Immunsuppression lei- den häufig unter Infekten. Es wird dabei nach Infekten in der unmittelbaren Post- transplantationszeit und nach Infekten in der chronischen Phase der Transplanta- tion unterschieden. Frau Prof. Schwarz arbeitet die unterschiedlichen Erkran- kungen nach Transplantation und ihre Relevanz in der Betreuung der Patienten nochmals heraus. Nach wie vor ist die op- timale Behandlung der Harnwegsinfek- te nach Nierentransplantation nicht klar. Insbesondere bei Patienten mit häufig re- zidivierenden Harnwegsinfekten ist die Pathogenese dieser Erkrankung nicht ver- standen, und wir haben kein eindeutiges Konzept bei deren Therapie. Fortschritte bei anderen infektiösen Komplikationen nach Transplantation sind in den letzten Jahren gemacht worden und werden im Beitrag erläutert. Eine besondere Komplikation nach Nierentransplantation ist die Infektion mit Polyomavirus. Prof. Steiger erläutert die Fortschritte, die in den letzten Jah- ren im Verständnis dieser Erkrankung gemacht wurden und welche therapeuti- schen Strategien zum jetzigen Zeitpunkt eingesetzt werden können. 287 Der Nephrologe 4 · 2012|

Infektionen in der Nephrologie

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Page 1: Infektionen in der Nephrologie

Nephrologe 2012 · 7:287–288DOI 10.1007/s11560-011-0577-8© Springer-Verlag 2012

H. Haller1 · U. Kunzendorf2

1 Klinik für Nieren- und Hochdruckerkrankungen, Medizinische Hochschule Hannover2 Klinik für Innere Medizin IV, Nieren- und Hochdruckkrankheiten, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel

Infektionen in der Nephrologie

Einführung zum Thema

Infektionen spielen in der Nephrologie auf verschiedenen Ebenen eine wichtige Rolle. Akute bakterielle oder virale In-fektionen können bei besonders prädis-ponierten Patienten Anlass eines aku-ten Nierenversagens sein. Wichtiger sind weltweit die chronischen Infektionen. Hepatitis C und andere chronische In-fekte können die immunologische Ursa-che für eine Reihe von glomerulären Er-krankungen wie die membranöse Glome-rulonephritis oder die mesangial-prolife-rative Glomerulonephritis sein. Infektio-nen der Niere und der ableitenden Harn-wege selbst sind weltweit eines der größ-ten Probleme. Auch in der Transplanta-tionsmedizin sind rezidivierende Infek-tionen der ableitenden Harnwege wichtig und als großes Problem erkannt. Infekte unter Immunsuppression, welche wie die Polyomanephropathie direkt die Niere be-fallen, sind in den letzten Jahren zu einem virulenten Problem geworden.

Im vorliegenden Heft von Der Nephro­loge haben wir das Thema Infektionen in der Nephrologie von verschiedenen Seiten beleuchtet. Harnwegsinfekte sind nach wie vor eines der häufigsten Prob-leme in der Nephrologie. Wir haben des-halb Herrn Kollegen Sester aus Homburg gebeten, nochmals die leitlinienbasierten Grundzüge der Diagnostik und Therapie darzustellen. Gerade bei einer so häufi-gen und in der Regel unkomplizierten Er-krankung ist ein strukturiertes Vorgehen in der Diagnostik und Therapie wichtig, um Unnötiges zu vermeiden und eine op-timale Therapie von Patienten zu garan-tieren. Offene Fragen bei dem Problem-

kreis Harnwegsinfekte betreffen die sinn-volle Diagnostik (Welche Untersuchun-gen müssen vor Beginn der Therapie durchgeführt werden?) und zweitens die Dauer der Therapie (Wie lange kann und soll ein Harnwegsinfekt behandelt wer-den?). Auch die Unterteilung von einfa-chen und komplizierten Harnwegsinfek-ten ist für die Beurteilung des jeweiligen Patientenproblems von Bedeutung. Ein wichtiges Problem stellen die Infekte bei Patienten mit chronischer bzw. terminaler Niereninsuffizienz dar. Insbesondere bei der Peritonealdialyse mit dem häufigen Wechsel von Flüssigkeiten und den damit einhergehenden Problemen der Kontami-nation sind sie von großer Bedeutung für den praktischen Alltag des Nephrologen.

In den letzten Jahren hat sich die Qua-lität in der Versorgung der Peritonealdia-lysepatienten erheblich verbessert. Im Bei-trag von Frau Prof. Haag-Weber sind die Qualitätsstandards sowie die dafür not-wendigen Maßnahmen nochmals zu-sammengefasst. Insbesondere werden die unterschiedlichen prophylaktischen Stra-tegien zur Vermeidung von Katheterin-fekten und Peritonitiden herausgearbeitet.

Eine große Rolle auf dem Gebiet der Infektion spielt die Sepsis als gefährlichste Komplikation. Die Pathogenese der Sep-sis ist nach wie vor kompliziert und nicht vollständig verstanden. Die Rolle der Nie-re in diesem komplexen Geschehen steht dabei im Mittelpunkt. Ein akutes Nieren-versagen erhöht das Risiko für die Patien-ten erheblich. Die in den letzten Jahren publizierten Arbeiten zum Einsatz von Dialyseverfahren bei Patienten mit sepsis-

induziertem akuten Nierenversagen wer-den kritisch erläutert und diskutiert.

Ein besonderes Problem stellen die In-fektionen nach Nierentransplantation dar. Patienten unter Immunsuppression lei-den häufig unter Infekten. Es wird dabei nach Infekten in der unmittelbaren Post-transplantationszeit und nach Infekten in der chronischen Phase der Transplanta-tion unterschieden. Frau Prof. Schwarz arbeitet die unterschiedlichen Erkran-kungen nach Transplantation und ihre Relevanz in der Betreuung der Patienten nochmals heraus. Nach wie vor ist die op-timale Behandlung der Harnwegsinfek-te nach Nierentransplantation nicht klar. Insbesondere bei Patienten mit häufig re-zidivierenden Harnwegsinfekten ist die Pathogenese dieser Erkrankung nicht ver-standen, und wir haben kein eindeutiges Konzept bei deren Therapie. Fortschritte bei anderen infektiösen Komplikationen nach Transplantation sind in den letzten Jahren gemacht worden und werden im Beitrag erläutert.

Eine besondere Komplikation nach Nierentransplantation ist die Infektion mit Polyomavirus. Prof. Steiger erläutert die Fortschritte, die in den letzten Jah-ren im Verständnis dieser Erkrankung gemacht wurden und welche therapeuti-schen Strategien zum jetzigen Zeitpunkt eingesetzt werden können.

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Page 2: Infektionen in der Nephrologie

Wir hoffen, dass wir auf dem Gebiet der Infektionen in der Nephrologie inter-essante Beiträge zusammengefasst haben, und wünschen Ihnen eine unterhaltsame Lektüre.

Prof. Dr. med. Hermann Haller

Prof. Dr. med. Ulrich Kunzendorf

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. H. HallerKlinik für Nieren- und Hochdruckerkrankungen, Medizinische Hochschule HannoverCarl-Neuberg-Str. 1, 30625 [email protected]

Prof. Dr. U. KunzendorfKlinik für Innere Medizin IV, Nieren- und Hochdruckkrankheiten, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus KielSchittenhelmstr. 12, 24105 [email protected]

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Galenus-von- Pergamon-Preis 2012

14 Innovationen im Wettstreit um die begehrte Auszeichnung

Fachnachrichten – In eigener Sache

14 Innovationen im Wettstreit um 14 Innovationen im Wettstreit um

Mit dem Galenus-von-Pergamon-Preis werden jedes Jahr phar-makologische Innovationen ge-würdigt. Auch in diesem Jahr ist die Konkurrenz um die Auszeich-nung groß. Welcher der 14 Bewer-ber den Preis erhält, entscheidet eine unabhängige wissenschaft-liche Jury aus 15 Medizinern und  Pharmazeuten.

Der Galenus-von-Pergamon-Preis gliedert sich in einen A-Preis für eine hervorragende, in Deutschland bereits zugelassene Arzneimittel-innovation in den Kategorien „Primary Care“ und „Specialist Care“ sowie einen B-Preis für eine hervorragende Forschungs-leistung in der klinischen oder experimentellen Pharmakologie in Deutschland. Die Preisver-leihung fi ndet im Rahmen einer festlichen Gala am 18. Oktober 2012 in Berlin statt. Die Schirmherr-schaft hat Dr.  Annette Schavan, Bundes ministerin für Bildung und  Forschung, übernommen. 

Hier stellen wir Ihnen einender 14 Bewerber vor: 

Soliris® (Eculizumab)Soliris® (Eculizumab) von Alexion Pharmaceuticals ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper, mit dem erstmals in die Kausalkette des atypischen Hämolytisch-Urämischen Syndroms (aHUS) eingegri� en werden kann.

aHUS ist charakterisiert durch eine unkontrollierte Komplementaktivierung gefolgt von generalisierter thrombo-tischer Mikroangiopathie (TMA) mit multiplen Organschäden. Bei mindes-tens einem Drittel der Patienten führt dies bereits bei der ersten klinischen Manifestation zum Nierenversagen. 65 % der Betro� enen sterben innerhalb eines Jahres, werden dialysep� ichtig oder müssen fortan mit chronischen Nierenfunktionsstörungen leben.

Seit November 2011 ist Eculizumab in Deutschland für die Behandlung von Patienten mit aHUS zugelassen. Die Substanz inaktiviert die zentrale Komplementkomponente C5 und unterbindet so die unkontrollierte Aktivierung des Komplementsystems. In Studien konnte eine generalisierte TMA meist verhindert werden: Hämodialysen erübrigten sich oft, da die Nierenfunktion signi� kant besser wurde.

Quelle und weitere Infos: www.aerztezeitung.de