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Inflammatory pseudotumour of the lung in conjunction with histo- plasmosis of the hilar lymph glands Summary. The article deals with the case of an inflammatory pseudotu- mour of the lung in conjunction with histoplasmosis of the hilar lymph glands in a 35-year-old immunocom- petent woman in a non-endemic area. She had been suffering from headaches and painful swelling of the lower legs, reddening and hyper- thermia for 1.5 years. In addition to the above-mentioned symptoms she also complained of a typical flush syndrome which had begun a year later. The main paraclinical finding was a round mass in the right lung in chest radiography. After considering various differential diagnostic possi- bilities, thoracotomy and resection of the upper lobe of the right lung were performed. The histological di- agnosis of the material removed was that of an inflammatory pseudotu- mour of the lung, combined with his- toplasmosis of the hilar lymph glands. Following a postoperative period without complications, anti- mycotic treatment was performed. The discussion includes whether the simultaneous occurrence of these two diseases is coincidental or whether there is a causal relation be- tween the two. The authors also dis- cuss various treatments with refer- ence to the relevant literature. Key words: Histoplasmosis – Inflam- matory pseudotumour Thoracic surgery. Zusammenfassung. Beschrieben wird der Fall eines inflammatori- schen Pseudotumors der Lunge, kombiniert mit einer Hiluslymph- knotenhistoplasmose außerhalb ei- nes Endemiegebiets bei einer im- munkompetenten 35 jährigen Pati- entin. Seit eineinhalb Jahren litt die Patientin an Kopfschmerzen und schmerzhaften Schwellungen der Unterschenkel, einhergehend mit Rötung und Überwärmung. Weiter- hin beschrieb die Patientin typische Flush-Anfälle, die vor einem halben Jahr hinzugekommen seien. Haupt- befund war ein röntgenologisch festgestellter suspekter runder Ver- schattungsherd in der rechten Lun- ge. Nach Abklärung der differen- tialdiagnostischen Möglichkeiten wurde eine Oberlappenresektion rechts durchgeführt, die histologi- sche Aufarbeitung der Operations- präparate ergab einen inflammato- rischen Pseudotumor der Lunge bei gleichzeitig bestehender Histoplas- mose der Hiluslymphknoten. Nach einem komplikationsfreien post- operativen Verlauf wurde eine anti- mykotische Behandlung angeschlos- sen. Diskutiert werden das mög- licherweise zufällige gleichzeitige Auftreten zweier Krankheitsbilder bzw. deren kausale Beziehung so- wie das therapeutische Vorgehen mit Blick auf die einschlägige Lite- ratur. Schlüsselwörter: Histoplasmose – in- flammatorischer Pseudotumor Thoraxchirurgie. Seltene Krankheitsbilder bereiten immer wieder diagnostische Proble- me. Ein Beispiel dafür sind die in- flammatorischen Pseudotumoren (synonym: Plasmazellgranulome, fi- bröse Histiocytome, fibröse Xantho- me, Xanthofibrome, Xanthogranu- lome, myofibroblastische Tumoren, sklerosierende Hämangiome [9]) der Lunge. Dabei handelt es sich um makroskopisch gut abgegrenzte gelblich-weiße nichtneoplastische Prozesse, die in Pleura oder Media- stinum einwachsen oder Bronchien verlegen können [2]. Sie setzen sich aus proliferieren- den Spindelzellen (Fibroblasten und Myoblasten) mit unterschiedlicher Mitoserate und Entzündungszellen (besonders Plasmazellen) zusammen [12]. Die radiologische Diagnose ist problematisch: es handelt sich meist um solitäre Verschattungsherde, wo- bei es jedoch eine große Variabilität gibt. Die Plasmazellgranulome mu- ten klinisch, radiologisch (langsam wachsende Rundherde) und zum Teil auch histologisch wie maligne Neubildungen an [2, 9, 12, 22]. Die ¾tiologie der inflammatorischen Pseudotumoren ist unklar. Sie kön- nen in jedem Alter auftreten [22], wobei sie bei Kindern und Jugendli- chen häufiger beschrieben werden als bei Erwachsenen [9]. Es besteht eine dezente Bevorzugung des weib- lichen Geschlechts [2]. In einigen der beobachteten Fälle seien Infek- tionen vorausgegangen [2, 3, 9]. Als Symptome, die mit inflamma- torischen Pseudotumoren einherge- hen, werden in der Literatur Husten, Inflammatorischer Pseudotumor der Lunge bei Hiluslymphknotenhistoplasmose A. Frey 1 , U. Eichfeld 1 , St. Schubert 2 , Th. Friedrich 3 und M. Schönfelder 1 1 Chirurgische Klinik I (Direktor: Prof. Dr. M.Schönfelder), Zentrum für Chirurgie der Universität Leipzig 2 Medizinische Klinik IV (Direktor: Prof. Dr. H.Häntzschel), Zentrum für Innere Medizin der Universität Leipzig 3 Institut für Pathologie (Direktor Prof. Dr. C.Wittekind), Universität Leipzig Aus der Praxis Ó Springer-Verlag 1998 Chirurg (1998) 69: 1101–1104

Inflammatorischer Pseudotumor der Lunge bei Hiluslymphknotenhistoplasmose

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Page 1: Inflammatorischer Pseudotumor der Lunge bei Hiluslymphknotenhistoplasmose

Inflammatory pseudotumour of thelung in conjunction with histo-plasmosis of the hilar lymph glands

Summary. The article deals with thecase of an inflammatory pseudotu-mour of the lung in conjunction withhistoplasmosis of the hilar lymphglands in a 35-year-old immunocom-petent woman in a non-endemicarea. She had been suffering fromheadaches and painful swelling ofthe lower legs, reddening and hyper-thermia for 1.5 years. In addition tothe above-mentioned symptoms shealso complained of a typical flushsyndrome which had begun a yearlater. The main paraclinical findingwas a round mass in the right lung inchest radiography. After consideringvarious differential diagnostic possi-bilities, thoracotomy and resectionof the upper lobe of the right lungwere performed. The histological di-agnosis of the material removed wasthat of an inflammatory pseudotu-mour of the lung, combined with his-toplasmosis of the hilar lymphglands. Following a postoperativeperiod without complications, anti-mycotic treatment was performed.The discussion includes whether thesimultaneous occurrence of thesetwo diseases is coincidental orwhether there is a causal relation be-tween the two. The authors also dis-cuss various treatments with refer-ence to the relevant literature.

Key words: Histoplasmosis ± Inflam-matory pseudotumour ± Thoracicsurgery.

Zusammenfassung. Beschriebenwird der Fall eines inflammatori-schen Pseudotumors der Lunge,kombiniert mit einer Hiluslymph-knotenhistoplasmose auûerhalb ei-nes Endemiegebiets bei einer im-munkompetenten 35 jährigen Pati-entin. Seit eineinhalb Jahren litt diePatientin an Kopfschmerzen undschmerzhaften Schwellungen derUnterschenkel, einhergehend mitRötung und Überwärmung. Weiter-hin beschrieb die Patientin typischeFlush-Anfälle, die vor einem halbenJahr hinzugekommen seien. Haupt-befund war ein röntgenologischfestgestellter suspekter runder Ver-schattungsherd in der rechten Lun-ge. Nach Abklärung der differen-tialdiagnostischen Möglichkeitenwurde eine Oberlappenresektionrechts durchgeführt, die histologi-sche Aufarbeitung der Operations-präparate ergab einen inflammato-rischen Pseudotumor der Lunge beigleichzeitig bestehender Histoplas-mose der Hiluslymphknoten. Nacheinem komplikationsfreien post-operativen Verlauf wurde eine anti-mykotische Behandlung angeschlos-sen. Diskutiert werden das mög-licherweise zufällige gleichzeitigeAuftreten zweier Krankheitsbilderbzw. deren kausale Beziehung so-wie das therapeutische Vorgehenmit Blick auf die einschlägige Lite-ratur.

Schlüsselwörter: Histoplasmose ± in-flammatorischer Pseudotumor ±Thoraxchirurgie.

Seltene Krankheitsbilder bereitenimmer wieder diagnostische Proble-me. Ein Beispiel dafür sind die in-flammatorischen Pseudotumoren(synonym: Plasmazellgranulome, fi-bröse Histiocytome, fibröse Xantho-me, Xanthofibrome, Xanthogranu-lome, myofibroblastische Tumoren,sklerosierende Hämangiome [9])der Lunge. Dabei handelt es sichum makroskopisch gut abgegrenztegelblich-weiûe nichtneoplastischeProzesse, die in Pleura oder Media-stinum einwachsen oder Bronchienverlegen können [2].

Sie setzen sich aus proliferieren-den Spindelzellen (Fibroblasten undMyoblasten) mit unterschiedlicherMitoserate und Entzündungszellen(besonders Plasmazellen) zusammen[12]. Die radiologische Diagnose istproblematisch: es handelt sich meistum solitäre Verschattungsherde, wo-bei es jedoch eine groûe Variabilitätgibt. Die Plasmazellgranulome mu-ten klinisch, radiologisch (langsamwachsende Rundherde) und zumTeil auch histologisch wie maligneNeubildungen an [2, 9, 12, 22]. Die¾tiologie der inflammatorischenPseudotumoren ist unklar. Sie kön-nen in jedem Alter auftreten [22],wobei sie bei Kindern und Jugendli-chen häufiger beschrieben werdenals bei Erwachsenen [9]. Es bestehteine dezente Bevorzugung des weib-lichen Geschlechts [2]. In einigender beobachteten Fälle seien Infek-tionen vorausgegangen [2, 3, 9].

Als Symptome, die mit inflamma-torischen Pseudotumoren einherge-hen, werden in der Literatur Husten,

Inflammatorischer Pseudotumor der Lungebei HiluslymphknotenhistoplasmoseA. Frey1, U. Eichfeld1, St. Schubert2, Th. Friedrich3 und M. Schönfelder1

1 Chirurgische Klinik I (Direktor: Prof. Dr. M. Schönfelder), Zentrum für Chirurgie der Universität Leipzig2 Medizinische Klinik IV (Direktor: Prof. Dr. H.Häntzschel), Zentrum für Innere Medizin der Universität Leipzig3 Institut für Pathologie (Direktor Prof. Dr. C. Wittekind), Universität Leipzig

Aus der PraxisÓ Springer-Verlag 1998

Chirurg (1998) 69: 1101±1104

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Hämoptoe, Kurzatmigkeit, Thorax-schmerz, Cyanose und Trommel-schlegelfinger genannt [2, 9].

Aufgrund intensiver Reisetätig-keit und damit verbundener Aus-landsaufenthalte spielen zunehmendin Mitteleuropa selten anzutreffendeInfektionskrankheiten, wie zum Bei-spiel die Histoplasmose, eine Rolle.Erreger ist Histoplasma capsulatum(und im tropischen Afrika Histoplas-ma dubiosie), ein dimorpher Pilz.Die Endemiegebiete liegen im we-sentlichen im Süden und Osten derUSA und in Lateinamerika. Spora-disch kommt die Erkrankung imsüdlich der Sahara gelegenen Afrika,im Nahen und Mittleren Osten, aufdem indischen Subkontinent, imsüdostasiatisch-pazifischen Raumund an der Ostküste Australiens vor[16]. Jedoch gibt es auch in Europaein Pilzsporenreservoir speziell inHöhlen [1].

Das Sporenreservoir von Histo-plasma capsulatum in den Endemie-gebieten ist der Kot von Vögeln.Die Aufnahme durch den Menschenerfolgt durch Inhalation der conidia-len Sporen. Der Verlauf der Erkran-kung nach Inhalation von Histoplas-ma capsulatum hängt im wesentli-chen von der zellgebundenen Immu-nitätslage des Wirts ab.

Die absolute Überzahl der Histo-plasma-capsulatum-Infektionen ver-läuft bei immunkompetenten Perso-nen in den Endemiegebieten asym-ptomatisch. Betroffen sind Men-schen, die eine Exposition zu denPilzsporen hatten (z. B. Farmer).

Die Symptome, die mit der Histo-plasmose assoziiert sein können, rei-chen von uncharakteristischen Zei-chen, wie Husten, Brust- und Gelenk-schmerzen, Schwächegefühl, Fieber,Schluckstörungen und anderen ga-strointestinalen Symptomen [13, 16],bis zu Hautulcerationen [21]. Bei derdisseminierten Form der Histoplas-mose können analog der Tuberkulosepraktisch alle Organe befallen sein.So wäre auch ein Morbus Addisonals eine seltene, aber schwere Mani-festation der Histoplasmose möglich.In der Leber können sich granuloma-töse Läsionen bilden, wobei sich diePilze im Interzellularraum befinden,die zu hepatischen Verkalkungenführen können [7, 24, 25]. Röntgeno-logisch finden sich oft diffuse klein-

fleckige Verschattungen und in eini-gen Fällen Hiluslymphknotenvergrö-ûerungen [16].

Die Erkrankung wird durch denmikroskopischen oder kulturellenErregernachweis aus Blut, Knochen-mark, Sputum oder Biopsiematerialdiagnostiziert. Der Histoplasmin-Hauttest zeigt im positiven Fall eineabgelaufene oder floride Histoplas-mose an [25].

Diese seltenen Krankheiten müs-sen in differentialdiagnostischen Er-wägungen verstärkt Berücksichti-gung finden. Der Weg zur richtigenDiagnose gestaltet sich auûerhalbder Endemiegebiete oft schwierigund ist oft nur durch enge interdiszi-plinäre Zusammenarbeit möglich[23], Fehldiagnosen und Fehlbe-handlungen könnten sonst die Folgesein. Diese Problematik soll amnachfolgend geschilderten Fall ver-deutlicht werden.

Fallbeschreibung

Eine 35 jährige Deutsche, die seit 8 Jahren inNicaragua lebt, stellte sich wegen seit einein-halb Jahren bestehender Schwellungszu-stände und Spannungsgefühls im Bereichbeider Unterschenkel und rezidivierenderKopfschmerzen bei uns zur gesundheitli-chen Abklärung vor. Weiterhin beschriebdie Patientin typische Flush-Anfälle, dieseit einem halben Jahr aufgetreten seien.Sämtliche Symptome waren bei Einnahmevon Acetylsalicylsäure, welche die Patientinvon sich aus genommen hatte, rückläufig.

Die klinische Untersuchung der Patien-tin erbrachte an pathologischen Befundengeschwollene Unterschenkel mit Druck-schmerz, Überwärmung und Rötung sowielediglich eine dezente Gesichtsrötung. DieRöntgenthoraxuntersuchung zeigte als Zu-fallsbefund einen 6 cm durchmessendenglattbegrenzten Rundherd im rechtenOberfeld. Dieser Herd zeigte in der Kon-trollaufnahme keinerlei Befunddynamik(Abb.1). Mittels der zur Tumorsuche bzw.Ausbreitungsdiagnostik durchgeführtenSonographie und Computertomographiedes Abdomens konnten neben Hämangio-men in der Leber keine pathologischen Be-funde erhoben werden.

Das thorakale Computertomogrammbestätigte den Befund im rechten Lungen-oberlappen als Raumforderung von5 � 4 cm Gröûe, die weitgehend glatt be-grenzt, solide mit mäûig inhomogener Tex-tur war. Festgestellt werden konnte derPleurakontakt des Herds, jedoch keine pa-thologischen Pleurareaktionen oder Rip-pendestruktionen. Weiterhin wurde compu-tertomographisch ein winziger Herd

(4 mm) im 10. Lungensegment rechts dia-gnostiziert. Hinweise auf weitere pathologi-sche Prozesse gab es nicht.

Labormedizinisch auffällige Parameterwaren eine BSR von 61/109; CRP von initial106 mg/l mit fallender Tendenz im weiterenVerlauf, leicht erhöhte Werte der 5-Hydro-xyindolessigsäure im 24-Std-Urin (90 bzw.64 mmol) sowie deutlich erhöhte Cortisol-werte ( > 1400 nmol/l) im Morgenurin. DieEchinokokkenserologie und der Tuberku-lintest waren negativ.

Ein differentialdiagnostisch aufgrundvon Flush-Symptomatik und erhöhten Wer-ten der 5-Hydroxyindolessigsäure im 24-Std-Urin denkbares Carcinoid fand sichszintigraphisch und bilddiagnostisch nicht,sowie ein aufgrund der erhöhten Urincor-tisolwerte möglicher Nebennierentumorwurde ebenfalls bilddiagnostisch nicht ge-funden. Spätere Kontrolluntersuchungenbezüglich beider Parameter ergaben Nor-malwerte. Die Lungenfunktionsproben ein-schlieûlich der Body-Plethysmographie undder Oxyergodensitometrie ergaben norma-le Werte.

Es erfolgte eine computertomogra-phisch gestützte Punktion des suspektenLungenherds. Histologisch wurde das Punk-tat als mesenchymaler Tumor nach lichtmi-kroskopischen und immunhistochemischenBefunden als Schwannom klassifiziert. Daes im Feinnadelpunktat bisweilen schwierigist, an dem spärlichen zur Verfügung stehen-den Material die Dignität eindeutig festzule-gen, muûte ein maligner Prozeû trotzdemeinkalkuliert werden. Deshalb wurde erneutein Computertomogramm von Thorax, Ab-domen und kleinem Becken angefertigt.Der groûe rechtsseitige Lungenherd stelltesich unverändert dar. Auf beiden Thoraxsei-ten wurden jetzt zusätzlich multiple kleineHerde und mehrere grenzwertig vergröûer-te mediastinale Lymphknoten diagnostiziert(Abb. 2). Die übrigen untersuchten Regio-nen waren unauffällig.

Daraufhin wurde die Patientin rechts-seitig thoracotomiert. Es erfolgte aufgrundder Gröûe, des zentralen Sitzes und der un-klaren Dignität des Befunds eine Oberlap-

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Abb. 1. Röntgenthoraxaufnahme a.-p.:glattbegrenzter Rundherd im rechten Ober-feld, Durchmesser 6 cm

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penresektion mit Lymphadenektomie(Abb. 3). Die im Computertomogramm be-schriebenen ¹kleinen Herdeª mit Pleura-kontakt waren intraoperativ weder sicht-noch tastbar. Der intraoperative Schnell-schnitt eines Lymphknotens zeigte eine ver-käsende epitheloidzellige Granulomatose,der Verdacht auf Tuberkulose wurde geäu-ûert. Die Patientin wurde daraufhin aus Si-cherheitsgründen isoliert, obwohl im Spu-tum keine säurefesten Stäbchen nachgewie-sen werden konnten.

Bei Vorliegen der endgültigen histologi-schen Präparate wurden sämtliche vorher-gehenden Beurteilungen revidiert. Die Dia-gnose lautete jetzt ¹inflammatorischer Pseu-dotumor der Lungeª bei ¹Histoplasmosedes Lymphknotens unter Ausbildung ver-käsender epitheloidzelliger Granulomeª.Die anschlieûend durchgeführten serologi-schen (Immundiffusions-) Tests (Aspergil-lus-, Histoplasma-, Blastomyces-, Coccidio-ides-Test) fielen zunächst sämtlich negativaus. Eine daraufhin veranlaûte nachträgli-che serologische Untersuchung im mykolo-

gischen Referenzlabor des Robert-Koch-In-stituts Berlin erbrachte doch schlieûlich denNachweis von Antikörpern gegen Histo-plasma capsulatum. Hinweise auf ein beste-hendes Immundefektsyndrom gab es nicht(das Verhältnis von T-Helferzellen zu T-Su-pressorzellen lag bei 2,38 : 1; der HIV 1/2-Antikörpertest (IgG-ELISA) war negativ).

Nach Abschluû der Wundheilung bei ei-nem noch verbliebenen minimalen Rest-pneumothorax begannen wir mit einer anti-mykotischen Therapie mit 2 � 200 mg Itra-conazol per os, die nach 4 Wochen mit1 � 200 mg Itraconazol per os bis zum Endedes 6. Behandlungsmonats fortgeführt wur-de [4, 6]. Bei den Nachuntersuchungen gabdie Patientin Beschwerdefreiheit an.

Diskussion

Auûerhalb der Endemiegebiete istdie Histoplasmose, noch dazu beiimmunkompetenten Personen, eineSeltenheit [1]. In der Literatur trifftman häufiger auf Beschreibungenvon Histoplasmose bei HIV-positi-ven Patienten [15, 17, 20] bzw. beiimmunsupprimierten Patienten [19].

Bei entsprechender Reiseana-mnese und bei Vorliegen der o. g.Symptome, kombiniert mit vergrö-ûerten Hiluslymphknoten in derRöntgenthoraxaufnahme, ist diesediffertentialdiagnostische Möglich-keit einzukalkulieren. Bei unsererPatientin hatte die Exposition zumSporenreservoir stattgefunden.

Hauptbefund im vorliegendenFall war jedoch der glattbegrenztepulmonale Rundherd, welcher deminflammatorischen Pseudotumorentsprach. Da die ¾tiologie der Plas-mazellgranulome unklar ist, sie mög-licherweise nach stattgehabten In-fektionen auftreten [2, 3, 9], muûmit dieser Differentialdiagnose beieiner derartigen Befundkonstella-tion praktisch immer gerechnet wer-den. Assoziationen zwischen denvon der Patientin geschilderten Be-schwerden (Schwellungen der Un-terschenkel und Füûe sowie Flush-Anfälle und Kopfschmerzen) findensich in der Literatur weder zu in-flammatorischen Pseudotumorennoch zur Histoplasmose. Unklarbleibt auch, weshalb die Beschwer-den der Patientin mit geringen Men-gen Acetylsalicylsäure (100 mg/Tag)leicht beherrscht werden konnten.

Die Thoracotomie und Lungen-lappenresektion waren im vorliegen-den Fall die Therapie der Wahl, da

alle vorhandenen Befunde eine mali-gne Erkrankung nicht sicher aus-schlieûen konnten. Erst mit der Tho-racotomie wurden hier die Diagnose-stellung und die ohnehin notwendigeHerdsanierung möglich. Auch retro-spektiv gesehen sind bei inflammato-rischen Pseudotumoren in der Lungedie Thoracotomie und Tumorexstir-pation die Therapie der Wahl, dieswird auch von anderen Autoren be-tont [9], da es zu diesen an sich alsgutartig anzusehenden Tumorenauch Berichte gibt, die eine Infiltrati-on auch auûerhalb der Lunge be-schreiben [16]. In der Literatur wirdeine Behandlung mit Prednisolon an-gegeben und speziell für multifocale,nichtresektable Fälle und für Rezidi-ve empfohlen [3, 8]. Alternativ wer-den auch für derartige Fälle Bestrah-lungen als erfolgversprechend ange-geben [10, 11]. Langzeituntersuchun-gen bestätigen, daû die vollständigeResektion inflammatorischer Pseu-dotumoren die beste Behandlungbleibt, wobei die Langzeitprognosenicht vorhersagbar ist. Spät auftre-tende Rezidive sind möglich [5]. Inder Literatur wird auf die Problemebei der Diagnostik ± sowohl prä- alsauch postoperativ ± hingewiesen.Präoperative Nadelbiopsien bringenzum Teil keinen vollständigen Auf-schluû über die vorliegende Erkran-kung, möglicherweise assoziierte ma-ligne Erkrankungen können überse-hen werden [5, 12].

Nach Resektionen besteht dieMöglichkeit einer Verwechslungvon inflammatorischen Pseudotu-moren mit malignen fibrösen Hi-stiocytomen, die speziell bei der hi-stologischen Beurteilung intraopera-tiver Schnellschnitte auftreten kön-nen, da beide Krankheitsbilder sel-ten sind und es in der Histologie¾hnlichkeiten gibt [9, 12, 18, 22].

Obwohl in akuten und nach ope-rativer Beseitigung der Herde inchronischen Histoplasmosefälleneine antimykotische Therapie oftnicht für notwendig erachtet wird[4], entschlossen wir uns im vorlie-genden Fall für eine 6monatigeTherapie mit Itraconazol, um da-durch den möglichen Übergang derErkrankung in eine chronisch-disse-minierte Form zu verhindern, zumaldieses Medikament in der Regelsehr gut vertragen wird. Alternativ

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Abb. 2. Computertomogramm (Thorax):Raumforderung im rechten Lungenober-lappen von 5 � 4 cm Gröûe, die weitgehendglatt begrenzt, solide mit mäûig inhomoge-ner Textur ist. Pleurakontakt des Herdes,jedoch keine pathologischen Pleurareaktio-nen oder Rippendestruktionen. Multiplekleine Herde auf beiden Thoraxseiten.Multiple grenzwertig vergröûerte mediasti-nale Lymphknoten

Abb. 3. Operationspräparat des in toto ex-stirpierten Tumors aus dem rechten Lun-genoberlappen, aufgeschnitten. Typischegelblich-weiûe Schnittfläche, Tumor ma-kroskopisch gut gegen das Lungengewebeabgegrenzt

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wird in der Literatur eine Behand-lung mit Ketoconazol empfohlen[21]. Die Behandlung mit Fluconazolsei nur mäûig effektiv [14].

Im hier beschriebenen Fall han-delt es sich um eine Hiluslymphkno-tenhistoplasmose. Bei dem inflam-matorischen Pseudotumor der Lun-ge handelte es sich nicht, das sei aus-drücklich betont, um ein Histoplas-mom. Ob zwischen der hier vorlie-genden Hiluslymphknotenhistoplas-mose und dem Auftreten des inflam-matorischen Pseudotumors einekausale Beziehung besteht, kannnicht mit Sicherheit festgestellt wer-den. Der Zusammenhang von statt-gehabten Infektionen mit dem späte-ren Auftreten von inflammatori-schen Pseudotumoren wurde bereitsbeschrieben [2, 3]. Möglicherweisehandelt es sich auch um das zufälligegleichzeitige Auftreten zweierKrankheitsbilder.

Die Autoren danken Herrn Prof. Dr.Schulz, Direktor der Klinik und Poliklinikfür Diagnostische Radiologie der Universi-tät Leipzig, für die freundliche Überlassungder Befunde der bildgebenden Diagnostik.Weiterhin gilt unser Dank Herrn Dr. Ne-noff, Klinik für Haut- und Geschlechts-krankheiten der Universität Leipzig, fürseine engagierte Mitarbeit auf dem Gebietder mykologischen Serologie.

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Abb. 4. a Inflammatorischer Pseudotumor der Lunge, spindelzellige, bündelartig zu-sammengelagerte fibroblastäre Zellelemente, dazwischen reife Plasmazellen (HE; Vergr.100 : 1). b Verkäsende epitheloidzellige Granulome in paratrachealen Lymphknoten (HE;Vergr. 50 : 1). c Darstellung von Histoplasma capsulatum (Versilberung nach Grocott;Vergr. 1000 : 1)

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