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Dahinter steht ein Bauingenieur

Ingenieure prägen die Moderne...2 Ingenieure prägen die Moderne Unser heutiges Leben wäre ohne die Leistungen der Ingenieurinnen und Ingenieure nicht denkbar. Verkehr, Energie-

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Dahinter steht ein Bauingenieur

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Ingenieure prägen die Moderne

Unser heutiges Leben wäre ohne die Leistungen der Ingenieurinnen und Ingenieure nicht denkbar. Verkehr, Energie- und Wasserversorgung, Kommunikation, sichere und komfortable Bauwerke – hinter alledem steht ein Ingenieur.

Bauingenieurinnen und Bauingenieure sind

weit mehr als genaue Rechner und gewiefte

Konstrukteure. Zum Nutzen der Gesell-

schaft planen und gestalten sie technisch,

ökologisch und ökonomisch ausgewogene

Lösungen für die bauliche Infrastruktur. Zur

Lösung dieser Aufgaben arbeiten sie eng mit

Architekten, Umwelt-, Geomatik-, Maschinen-

und Elektroingenieuren zusammen, aber auch

mit Ökonomen, Sozialwissenschaftlern und

weiteren Fachleuten.

Die Berufsgruppe Ingenieurbau im Schweize-

rischen Ingenieur- und Architektenverein SIA

skizziert mit der vorliegenden Broschüre tech-

nische und gestalterische Verdienste, welche

die Gesellschaft den Ingenieuren verdankt.

Sie zeigt die Wurzeln des Ingenieurberufs

und wie breit das Spektrum dieser Berufe

heutzutage reicht, welche Ausbildungswege

offenstehen und welche künftigen Visionen

sich abzeichnen.

Bauingenieur — ein Beruf mit Geschichte

Bereits der alte Orient, seit 4000 Jahren v. Chr.,

kennt technische Grossleistungen: Stadt-

planung, Wasserbau, Bautechnik, Schiffbau

und militärische Technik. Auch wenn es die

Bezeichnung Ingenieur damals noch nicht

gab, sind dies frühe und ausserordentliche

Leistungen der Ingenieurbaukunst. Die Antike

kannte für Techniker, die in verantwortlicher

Stellung technisch und organisatorisch

anspruchsvolle Aufgaben lösten oder kom-

plexe Anlagen planten und realisierten, zwei

Berufsbezeichnungen: Einmal die Architekten

(Griechisch archi [Erz] und téktòn [Baumeis-

ter], also eigentlich Oberbaumeister). Dazu ka-

men Berufsnamen, die sich aus den Begriffen

mechaniké oder mechané ableiten, für jene

Techniker, die sich mit mechanischen Prin-

zipien oder Instrumenten beschäftigten. Das

lateinische Wort ingenium bedeutet dagegen

Geist oder scharfer Verstand und bezeichnet

im Mittelalter die Experten für Kriegsgerät. Der

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Maurice Koechlin1865–1946stammte aus dem Elsass und studierte bei Carl Culmann an der ETH. Er arbeitete in Frank-reich und wurde bald Mitarbeiter im Unternehmen von Gustave Eiffel und war dort ab 1879 Entwurfsingenieur. Koechlin war an der Konzeption grosser Eisenbahnbrücken beteiligt und entwickelte auch das Traggerüst der vom Künstler Auguste Bartholdi entworfenen Freiheits-statue in New York. Er skizzierte und entwarf zudem 1884 den 300-Meter-Turm in Paris, der 1889 an der Weltausstellung Furore machte.

Robert Maillard1872–1940diplomierte 1894 als ETH-Ingenieur. Er arbeitete in Russland als Unternehmer und projek-tierender Ingenieur und realisierte in der Schweiz technisch und ästhetisch bestechende Brückenbauten. Maillard wurde mit seiner Arbeit zu einem virtuosen Stahlbetonbauer. Pioniercharakter hatten die von ihm eingeführten Pilzdecken für Industriebauten.

Carl Culmann1821–1881war von 1855-1883 erster Professor der Ingenieurwissenschaften an der ETH. Er vermit-telte anfänglich sämtliche damaligen Hauptfächer: Stahlbau, Brückenbau, Eisenbahnbau, Strassenbau und Wasserbau. Wegweisend waren Culmanns Arbeiten über die Fachwerk-, Bogen- und Erddrucktheorie. Für die Schweiz erstellte Culmann 1864 ein Gesamtkonzept über den Wildbachverbau. Seine Publikation von 1866, «Die graphische Statik», fand welt-weit Beachtung.

Richard La Nicca 1794–1883studierte 1816-1818 technische Wissenschaften an der Universität Tübingen. Nach seinem Mitwirken beim Bau der Strasse über den San Bernardino und einem weiteren Studienjahr an der Universität München wurde La Nicca 1823 der erste Kantonsingenieur Graubündens. Er war planender und ausführender Ingenieur für Passstrassen und Siedlungen. 1837 war La Nicca Mitbegründer des SIA. Ab 1840 amtete er als Ingenieur der Linthkommission und projektierte die 1. Juragewässerkorrektion im bernischen Seeland.

Othmar Ammann1879–1965schloss sein Ingenieurstudium an der ETH 1902 ab, übersiedelte 1904 in die USA und war dort als Bauingenieur am Bau vieler Stahlfachwerkbrücken beteiligt. Einen Namen machte er sich als Projektleiter der Bayonne-Brücke, ein Stahlfachwerkbogen, und der Washington-Brücke, einer grossen Hängebrücke. Bekannt ist ausserdem seine Expertentätigkeit beim Bau der Golden Gate-Brücke in San Francisco. Die mit seinem Büro Ammann and Withney projektierte Verrazano-Narrows-Hängebrücke in New York (1964) krönte seine Karriere.

frühere Ingenieur (ingeniarus) war denn auch

Baumeister für Festungen, Schlossanlagen,

Wasserbau oder Mühlen und er war Organisa-

tor zur Eroberung befestigter Anlagen.

Anfang der 1580er-Jahre datiert ein erstes

Konzept am Hofe Philipps II. in Madrid für eine

Ingenieurakademie. In Paris entstand 1720 die

École d’Artillerie, 1747 die École des Ponts et

Chaussées und 1794 die École Polytechnique.

Es folgten polytechnische Schulen in Prag

(1806), Wien (1815) und Berlin (1821). In der

Schweiz eröffnete 1853 die Ecole des ingé-

nieurs de l’Université de Lausanne (heute Ecole

Polytechnique Fédérale de Lausanne EPFL)

und 1855 das Polytechnikum in Zürich (heute

Eidgenössische Technische Hochschule

ETH). Bereits am 24. Januar 1837 gründeten

39 Baumeister und Techniker der Deutsch-

schweiz die Gesellschaft schweizerischer

Ingenieure und Architekten, den heutigen SIA.

Triumph der Ingenieurbaukunst

Die Diskussion um die neu zu bauenden Ei-

senbahnstrecken bewegte die schweizerische

Öffentlichkeit in der Zeit um 1850 ähnlich wie

heute der Klimawechsel. 1848 fuhr die erste

Bahn (Spanischbrötli-Bahn) zwischen Zürich

und Baden. Schritt für Schritt wurden in der

damals noch weitgehend bäuerlich geprägten

Schweiz neue Strecken verwirklicht und 1882

wurde die kühne Gotthardbahn eröffnet. In

der an Tälern, Flüssen und Bergen reichen

Schweiz realisierten Bauingenieure mit ihren

Bauwerken jene Visionen, welche die Schweiz

in die Moderne katapultierten. Ingenieure wa-

ren für den technischen Fortschritt prägend,

sogar das Vereinsorgan des SIA trug damals

den Namen «Die Eisenbahn».

Hinter Architektur stehen auch Ingenieure

Die Dominanz des Ingenieurwesens sollte

auch im 20. Jahrhundert vorerst andauern.

Doch schwächte sich im Laufe der Zeit die

von der Technik ausgehende Faszination ab

und machte der Bewunderung von Stararchi-

tekten Platz. Die vormals bahnbrechenden

Leistungen für Verkehr, Kommunikation, Ener-

gie und Sicherheit galten mehr und mehr als

selbstverständlich. Dabei wären grosse und

auch kleinere Bauwerke ohne die Leistung der

Ingenieure gar nicht zu denken.

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Ein wesentlicher Reiz des Ingenieurberufs ist seine Vielschichtigkeit. Bauingenieure verbinden naturwis-senschaftliche Kenntnisse aus Mathematik, Physik und Geologie mit spezifischem Wissen in Beton- und Stahl-bau, Geotechnik, Verkehr und Wasserbau. Weitere Spezialisierung erfordern Fachgebiete wie Bauphysik, Hydraulik, Hydrologie, Baustatik, Werkstoffe, Gebäu-detechnik, Betriebswirtschaft oder auch Baurecht. Die Kombination mit Schöpfungskraft und Kreativität ver-hilft diesem Wissensfächer zu Bedeutung.

Beruf Bauingenieur

Planung und Bau von Strassen und Brücken,

von Tunnels, Kläranlagen, Kraftwerken und

Industriebauten sind die Kernbereiche für die

Tätigkeit von Bauingenieuren. Dazu kommen

Verbauungen, die Naturgewalten die Stirn bie-

ten: Lawinenschutz, Festigung von Felsen und

Hochwasserschutz. Zwar gelten Hochbauten

als klassische Domäne der Architekten, doch

geht auch hier ohne Bauingenieure nichts,

besonders wenn erst das Gestalten und

Berechnen der Tragwerke das Realisieren von

Visionen und spezieller Aufgaben ermöglicht.

Arbeitsweise

Ingenieure gehen ihre Aufgaben strukturiert

und systematisch an. Sie überblicken kom-

plexe Sachverhalte, analysieren die einzelnen

Komponenten, bilden Modelle und setzen

darauf basierend eine Lösung um. Dazu ge-

hört auch die Organisation der Bauprozesse.

Bauingenieure tragen die direkte Verantwor-

tung für die Sicherheit ihrer Konstruktionen.

Ihre Kompetenzen in den Bereichen Mathema-

tik und Physik, verbunden mit der Fähigkeit,

räumlich zu denken, ergänzen ihr Verständnis

für Soziales, Recht und Wirtschaftlichkeit.

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Generalistisch denkende Spezialisten

Klassisches Arbeitsgebiet der Bauingenieure

sind Konzeption, Planen und Projektieren,

Berechnen der Kosten für Bau und Unterhalt,

Prüfen der Umweltverträglichkeit, letztlich das

Materialisieren und Realisieren von Bau-

vorhaben. Dazu gehören das Einholen und

Vergleichen von Offerten, Vertragsabschlüsse,

die Organisation der Baustelle und die Koor-

dination der Bauprozesse. Die Tätigkeit der

Bauingenieure spielt sich in privat geführten

Unternehmen ab, aber auch in Fachstellen

von Bund, Kantonen und Gemeinden.

Tätigkeitsspektrum

Die Tätigkeit der Bauingenieure erstreckt sich

von der Architektur über Infrastruktur bis hin

zu Spezialgebieten. Dazu gehören:

Wohnungsbau

Tunnelbau

Eisenbahnbau

Siedlungswasserwirtschaft

Hallenbau

Strassenbau

Energieanlagen

Stadionbau

Brückenbau

Wasserbau

Bauingenieure üben einen Beruf aus, der äusserst vielfältige Kontakte bietet – bei der Konzeption von Bauwerken im Büro genauso gut wie auf der Baustelle.

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{ }Funktion und Form

Die Menschen von heute gehen davon aus, eine zu-verlässige, leistungsfähige, gesunde und sichere In-frastruktur zu besitzen oder auch nur zu benutzen. Bauingenieure tragen wesentlich dazu bei, dass diese Annahme stimmt. Aber auch in technischen Bereichen ist es nicht gleichgültig, wie etwas gestaltet ist. Für Bauingenieure öffnet sich hier ein weites Tätigkeitsfeld.

Überall, wo Wohn- und Geschäftsbauten,

Industrieanlagen, Verkehrswege, Wasser-

und Energieversorgungsanlagen gebaut,

bewirtschaftet und unterhalten werden, sind

Bauingenieure tätig. Sie konzipieren und

planen zweckmässige und sichere Gebäude,

leistungsfähige Verkehrswege, Anlagen für

eine zuverlässige Energieversorgung sowie für

ausreichende Wasserver- und -entsorgung.

Das Praktische lässt sich sehr wohl auch mit

ansprechender Formgebung verbinden: Bau-

ingenieure finden hier Lösungen vor allem in

Zusammenarbeit mit Architekten und weiteren

Fachleuten.

Verpflichtung zu Wohl und Schönheit

Während langer Zeit hat sich der Ingenieur-

bau weg vom baumeisterlich anschaulichen

Gestalten hin zur abstrakten Ebene berech-

neter Konstruktionen bewegt. Die zunehmend

wissenschaftlich abgestützten Kenntnisse in

Statik, Festigkeitslehre und Baustoffkunde

führten zu zunehmend rationellerer Formge-

bung bei sparsamer Bemessung der Trag-

werke. Doch sind die grundsätzlich neuen

Konstruktionsmöglichkeiten und ihre Gestal-

tung auch bei den Ingenieuren nicht einfach

das Resultat präzisen Rechnens. Bauingeni-

eure haben bedeutenden Anteil an formal und

architektonisch überzeugenden Lösungen.

Der Ingenieurbau stellt eine Synthese dar zwi-

schen frei schöpferischem Gestalten und auf

Berechnungen abstellenden Erkenntnissen,

zum Beispiel für die Bemessung von Tragwer-

ken. Der Bauingenieur Fritz Leonhardt schrieb

diesbezüglich von einer «Verpflichtung zu

Wohl und Schönheit»1. Unser Leben ist durch

die Technik geprägt und die gebaute Umwelt

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beeinflusst tief greifend unsere Lebensbe-

dingungen. Deshalb ist es nicht gleichgültig,

wie die durch Bauingenieure geplanten und

realisierten Werke aussehen.

Bauingenieure sind Gestalter

«Schönheit folgt eigenen Gesetzen, die nicht

von selbst sich einbauen, sich wohl aber mit

der technisch richtigen Lösung vereinbaren

lassen. Die Harmonie von Form und Konstruk-

tion wird aber nur bei bewusster Anwendung

der Gesetze der Schönheit durch künstlerisch

begabte Menschen erreicht.»2 Bauingenieure

nehmen die Schönheit ernst, genauso wie

die Statik. Sie erfinden bei ihrer Arbeit zuerst

einmal konstruktive Konzepte, logisch er-

dachte Strukturen, die ihre Funktion erfüllen.

Doch nicht allein Berechnungen bestimmen

die Form, sie sind allenfalls eine Grundla-

ge für den Konstrukteur. «Es gibt innerhalb

der Tätigkeit von Ingenieuren nicht nur bei

gestalterischen Fragen, sondern auch auf rein

technischem Gebiet ungeheuer schöpferische

Arbeitsleistungen – im Bauverfahren, in der

Materialwahl, im statischen System. Diese

Kreativität macht den Unterschied zwischen

Rechnern und Ingenieuren aus.»3

Technisch geprägte Baukultur

Bauingenieure können sich auf eine weit zu-

rückreichende Baukultur besinnen und beru-

fen. Sie verfügen im besten Fall über Sinn und

Sensibilität für gesellschaftliche, wirtschaft-

liche und politische Zusammenhänge. Damit

gehen sie mit erweitertem Horizont an ihre

Aufgaben heran, mit Sorgfalt, Fachkenntnis

und Weitsicht. Im Team verbindet sich die oft

technisch geprägte Sicht der Bauingenieure

mit jener der eher gestalterisch ausgerichteten

Denkweise der Architekten. Auf diese Weise

entwickelt sich ein architektonischer Entwurf

auch aus einem elegant konzipierten Trag-

werk. Form und Funktion werden im Idealfall

zur untrennbaren Einheit.

Was für den Hochbau gilt, kann auch für

Bauwerke des Verkehrs und des Tiefbaus

allgemein zutreffen. Zum Beispiel gestalteten

Bauingenieure die Tunnelportale, Stützmau-

ern, Strassenprofile, Rastplätze und Brücken

der Autobahnen im Tessin 1963–1984 gemein-

sam mit dem Architekten Rino Tami, jene der

Transjurane zwischen Delsberg und Pruntrut

mit Flora Ruchat-Roncati und Renato Salvi.

Hier wurde Exemplarisches geleistet, denn

gerade in Landschaften, charakterisiert durch

Bergzüge, bilden Autobahnen einen für die

Erlebniswelt prägenden Eingriff.

Kunst des Ingenieurbaus

Die Kunst des Ingenieurbaus bildet einen we-

sentlichen Teil der Alltagskultur mit Bauten für

Verkehr, Infrastruktur und Energieversorgung.

Bauingenieure sind sich ihrer Verantwortung

bewusst und gestalten ihre Werke sowohl

technisch und funktional korrekt als auch for-

mal ansprechend. Grundlage dieser Tätigkeit

ist immer Teamarbeit – gemeinsam mit Fach-

leuten aus der Architektur und aus weiteren

Spezialgebieten, aber auch unter Einbezug

der Auftraggebenden, die diesen langfristig

gesehen lohnenden Aufwand der Suche nach

einer überzeugenden Form mittragen. Die

Werke der Bauingenieure sind also unverzicht-

barer Teil des Alltags. Die Menschen nehmen

sie mehr oder weniger bewusst wahr.

1 Der Bauingenieur und seine Aufgaben. Leonhardt F., Stuttgart 1981

2 Fritz Leonhardt im Vorwort zu Günther Günschel: Grosse Konstrukteure, Berlin 1966

3 Jürg Conzett im Interview mit Judit Solt in TEC21, Nr. 17–18, 2008

Lüftungsanlage Mont Terri Nord bei Saint-Ursanne (Kanton Jura).

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Effizienz im Tandem

Bauwerke sind vor allem Resultat von Teamarbeit. Eine architektonische Vision ruft stets auch nach einer kon-kreten und adäquaten Lösung für die Konstruktion und Realisation. Jede technische Umsetzung für Bauwerke bedingt eine umsichtige Planung, damit in angemes-sener Zeit brauchbare, umweltverträgliche und budget-gerechte Resultate vorliegen. Bauherrschaften suchen mit Fachleuten aus Architektur und Ingenieurwesen im gemeinsamen Gespräch den adäquaten Lösungsweg.

Vor allem Bauingenieure tragen als zuver-

lässige Planer und verantwortungsbewusste

Bau- oder Projektleiter die Verantwortung

dafür, dass Bauwerke und Anlagen in

technischer Hinsicht zweckmässig geplant,

kostengünstig und umweltverträglich gebaut

sowie wirtschaftlich betrieben und unterhalten

werden. Sie arbeiten dabei eng mit Fachleu-

ten der Architektur, Geologie, Ökonomie, des

Facility Managements, mit Juristen, Umwelt-,

Geomatik-, Gebäudetechnik-, Maschinen-

oder Elektroingenieuren zusammen.

Ebenbürtige Partner

Bau- und Planungsprozesse haben vielfältige

Anforderungen und Interessen zu berücksich-

tigen. Im Hochbau sind die Architekten für

zweckentsprechende Ausformung und Organi-

sation der baulichen Gestaltung federführend.

Doch bauliche Planungsprozesse gelangen

erst über Teamwork erfolgreich zum Ziel.

Die technische, räumliche und gestalterische

Umsetzung der Projektidee ist immer auch

Aufgabe des Bauingenieurs. Im Idealfall

findet frühzeitig im Planungsprozess ein

Fachgespräch zwischen den Partnern statt,

zwischen den an gestalterisch überzeugenden

Lösungen interessierten Architekten und den

in Bezug auf Materialien, statische Konzeption

und Genauigkeit der Ausführung bedachten

Ingenieure. Bauingenieure übernehmen also

nicht bloss die Planung und Koordination

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der ihnen traditionell zugedachten Fachbe-

reiche, sondern haben Teil an der gesamten

Gestaltung und Koordination: Projektierung

der Grundidee und der Konzeption, Planung

im Detail, Ausschreibung und Realisierung auf

der Baustelle. Im Idealfall sind Architekten und

Bauingenieure ebenbürtige Partner für das

gesamte Bauwerk.

Im Tiefbau, also im Strassen- und Wegebau,

Erd- und Grundbau, Tunnelbau, Wasserbau,

Kanalisations- und Brückenbau, wirken grund-

sätzlich Bauingenieure federführend. Dies gilt

für das gesamte Bauwerk, für Konzeption,

Projektierung und Ausführung. In speziellen

Fällen werden auch gestaltende Fachleute

einbezogen – aus Architektur, Lichtdesign und

Landschaftsplanung. Für spezielle technische

Fragen sind dies auch Fachleute aus den Be-

reichen Geologie, Umweltschutz, Forstwesen,

Biologie, Verkehr, Erdbebensicherheit oder

Wasserbau.

Teamwork

Ein Planungs- und Arbeitsteam ist dann

optimal, wenn von Beginn an die Teamstruktur

klar definiert ist. Im baulichen Bereich setzen

sich Teams meist weniger aus Einzelpersonen

zusammen, sondern vielmehr aus arbeits-

teiligen und leistungsorientierten Arbeits-

gruppen. Dabei ist es zentral, Fachleute aus

unterschiedlichsten Bereichen zu gewinnen,

die sich an dem Ziel orientieren, für komplexe

Aufgaben die optimale Lösung gemeinsam zu

finden. Ein Team erreicht über klar struktu-

rierte Bauprozesse dann erfolgreich sein Ziel,

wenn sich fachliche Kompetenz und Speziali-

sierung mit menschlichen und charakterlichen

Qualitäten verbinden. Einfach ausgedrückt:

Die Chemie unter den Beteiligten muss stim-

men, es müssen alle dasselbe erreichen wol-

len. Wesentlich sind lückenlose, zeitgerechte

und zuverlässige Informationsflüsse in allen

Richtungen: Von oben nach unten, von unten

nach oben und quer durch die Hierarchien und

Disziplinen.

Fachliche Koordination

Breites Fachwissen und qualitativ tadellose

Leistung werden bei Bau- und Fachingenieu-

ren vorausgesetzt. Die Kompetenz, diese

fachlichen Grundvoraussetzungen in Planung,

Koordination und Realisierung von Bauwerken

wirksam einzusetzen, ist vielfach auch eine

Frage der mit der Zeit wachsenden Berufser-

fahrung. Ein Bauwerk ist dann wirklich fertig

gebaut, wenn es alle seine Funktionen über

lange Zeit hinweg erfüllen kann. Und weil sich

Bauwerke immer wieder neuen Ansprüchen

anzupassen haben, ist je nach Umfang mit

Vorteil bereits während der Bauausführung ein

Betriebskonzept, allenfalls mit möglichen Va-

rianten, zu entwerfen und zu erarbeiten. Dazu

gehört eine technische Dokumentation, die

auch nachfolgenden Generationen von Nutzen

sein wird. Bauingenieure sind dafür geeignet

als Autoren, denn sie nehmen gerade bei

Tiefbauten generalistische Funktionen wahr,

haben und bewahren den Überblick.

Um in angemessener Zeit zu brauchbaren, umweltver-träglichen und budgetgerechten Lösungen zu kommen, ist umsichtige Planung und koordinierte Zusammenar-beit bei der Realisierung erste Voraussetzung.

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Kreative und unkonventionelle Lösungswege, aber auch Fehler und Sackgassen sind oft erste Schritte zur Qualität von Bauwerken. Gerade weil die Arbeit von Bauingenieuren die Welt von morgen prägt, sind sie besonders gefordert und haben sich immer auch ethischen Fragen zu stellen. Eine davon ist die nach der Qualität und der Zukunftstauglichkeit von Bauwerken.

Bauliche Qualität

Wie soll ein Bauwerk für die bei der Planung

definierte Nutzung und auch für kommen-

de Anpassungen gebaut werden? Was ist

zu tun, damit der Unterhalt von Bauwerken

keine unabsehbare Last für die Zukunft wird?

Bauingenieure beschäftigen sich gemeinsam

mit Architekten auch mit derartigen Fragen.

Die Antworten darauf sind gerade bei den

grossen Bauwerken der öffentlichen Hand

gesellschaftlich und politisch brisant.

Entscheide mit Langzeitwirkung

Für den Erhalt von Bauwerken ist es wesent-

lich, die Strukturen langlebig zu bauen – eine

klassische Domäne der Bauingenieure. Die

bereits bestehende und die künftig zu erstel-

lende Bausubstanz stellt mehr als nur einen

hohen Geldwert dar. Sie ist in einem dicht

bebauten Land wie der Schweiz ein für die

ganze Um- und Mitwelt prägendes Element.

Diese Bauten müssen zumindest anständig

aussehen, vor allem aber sicher und dauerhaft

sein, Einflüssen aus der Witterung widerste-

hen, Schnee- und Windlasten tragen sowie

Erdbeben gewachsen sein. Sie haben energe-

tischen und bauphysikalischen Ansprüchen zu

genügen und müssen bei alledem gebrauchs-

tauglich sein und bleiben.

Qualität der Ingenieurleistungen sichern

Von Bauwerken erwarten Bauherrschaften und

Nutzer, dass sie zuverlässig und robust sind.

Die ab 2003 in Kraft gesetzten, neuen Trag-

werksnormen des SIA (Normen SIA 260 bis

267) legen die Anforderungen an Dauerhaftig-

keit, Gebrauchstauglichkeit und Tragsicherheit

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von Bauwerken umfassend dar.1

Der Begriff der Tragsicherheit umschreibt

dabei, inwiefern ein Tragwerk und seine Bau-

teile gesamthaft stabil bleiben und möglichen

Einwirkungen standhalten müssen. Der Begriff

Gebrauchstauglichkeit umfasst Funktion, Aus-

sehen und Komfort des Baus. Was Dauerhaf-

tigkeit bedeutet, ergibt sich aus den Vorgaben

zur Nutzung und auch aus den Anforderungen

aus den beiden andern Begriffen. Ebenfalls in

eine Norm2 gefasst sind die Massnahmen zur

Erhaltung von Bauwerken. Diese zielen darauf

ab, die ausreichende Sicherheit bezüglich Bau

und Betrieb zu bewahren und berücksichtigen

zudem den kulturellen und wirtschaftlichen

Wert eines Bauwerks wie auch seine Ge-

brauchstauglichkeit.

Verantwortung wahrnehmen

Bauingenieure greifen tief in die mit ihren Wer-

ken verbundene und durch sie berührte Mit-

und Umwelt ein. Der SIA kennt Standesregeln

und damit konkrete Forderungen in Bezug auf

die Berufsethik. Im Handbuch «Bauen in der

Schweiz»3 ist der Ethikkodex als verbindliche

Orientierung nachzulesen. Festgehalten sind

dort die Grundsätze dazu, wie der Beruf wahr-

haftig und verantwortungsvoll auszuüben ist.

Dazu kommt auch die Forderung, Grundsätze

der Nachhaltigkeit in den Bereichen Gesell-

schaft, Wirtschaft und Ökologie4 zu beachten

und damit das Wohl der Gemeinschaft und

die angemessene Gestaltung der Umwelt als

gleichwertig neben ökonomischen Faktoren zu

betrachten.

Bauingenieure schaffen unveräusserliche

Orte, die Identität stiften sollen. Sie sind

bedeutende Vermittelnde, Entwerfende und

Konstruierende, sie prägen mit ihrem Tun die

gestaltbare und gestaltete Mit- und Umwelt.

Sie schaffen mit Blick auf die Lebenszyklen

der Bauwerke und durch ganzheitliches Han-

deln Mehrwert für die Gesellschaft, jetzt und

auch in Zukunft.

1 Vgl. Prof. Dr. Peter Marti im Dossier TEC21 (22. Juli 2003) zu den Swisscodes, den Tragwerks- normen SIA 260 bis 267

2 Norm SIA 469 zur Erhaltung von Bauwerken

3 Bauen in der Schweiz – Handbuch für Architekten und Ingenieure, von Büren C., / Campi A., (Mit- herausgeber SIA), Birkhäuser Basel 2005. Kapitel A 2.2 Berufsethik (Autor: Fridolin Stähli)

4 Vgl. Empfehlung SIA 112 / 1 Nachhaltiges Bauen – Hochbau 2005

Kapelle der Diakonissengemeinschaft von Saint-Loup in Pompables (Vaud). Ingenieure Yves Weinand und Hani Buri (IBOIS EPF Lausanne). Entwurf: Localarchi-tecture (Danilo Mondana), Lausanne.

Projekt für die 9. Auflage des Serpentine Gallery Pavi-lion in London. Bauingenieur Martin Joos (Nüssli AG, Hüttwilen) verantwortete und begleitete das gesamte Baukonzept (Prüfstatik Ove Arup, London).

Seeschüttung am Urnersee, interdisziplinär zusammen-gesetztes Planungsteam.

Sunnibergbrücke zur Umfahrung von Klosters von Bauingenieur Christian Menn.

Umnutzung der Salines de BexProjekt: Kurmann & Cretton, Ingenieure, Monthey, und Eligio Novello, Architekt, Vevey.

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Bauingenieure üben einen Beruf mit einem hohen kre-ativen Potenzial aus. Die Bildungswege dorthin sind zahlreich. Nach dem Studium eröffnen sich Bauinge-nieuren vielfältige Arbeitsbereiche und ausgezeichnete Möglichkeiten zu weiteren beruflichen Entwicklungen in Planungsbüros, Bauunternehmen, Industrie, Verwal-tung und Forschung.

Mögliche Bildungswege

Bauingenieure arbeiten projektbezogen und

oft in Teams, sowohl im Planungsbüro als

auch auf der Baustelle. Wesentliche Voraus-

setzungen für ein erfolgreiches Studium und

die anschliessende Berufsausübung sind die

Befähigung zu systematischem Denken, Inter-

esse an technischen Verfahren und Prozessen,

Freude am Arbeiten in interdisziplinär aus-

gerichteten Arbeitsgruppen und räumliches

Vorstellungsvermögen. Bauingenieure sind

Lösungsfinder bei komplexen Fragestellun-

gen. Nicht wenige Ingenieure stehen in Firmen

in verantwortlicher und führender Position.

Deshalb ist nebst Kompetenz in Fachfragen

auch hohe Sozialkompetenz gefragt.

Die Ausbildung

Der Einstieg in ein Bauingenieurstudium

kann auf unterschiedlichen Wegen erfolgen.

Ein herkömmlicher und oft begangener Weg

führt über die eidgenössische Matura zum

anschliessenden Studium an der ETH Zürich

oder ETH Lausanne. Offen ist aber auch der

Weg über eine praktische Ausbildung: Nach

dem Abschluss einer einschlägigen Berufsleh-

re (zum Beispiel Zeichner in einem Bauinge-

nieurbüro) kann bei genügender Qualifikation

der Eintritt in eine der zahlreichen Fachhoch-

schulen erfolgen. Diese finden sich in der

Ostschweiz, in den Kantonen Luzern, Bern,

Zürich, Tessin und in der Romandie (www.

swissuniversities.ch). Möglich ist es aber bei-

spielsweise auch, von der Fachhochschule aus

den Berufsweg über die universitären Hoch-

schulen weiterzuführen. Die beiden skizzierten

Studienwege entsprechen weitgehend der

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üblichen Praxis. Die universitären Hochschulen

bieten die klassische akademische Ausbil-

dung, Fachhochschulen sind traditionell mehr

der praktischen Berufsausübung verbunden.

Welcher Berufsweg nach dem jeweiligen

Abschluss eingeschlagen wird – Planung,

Organisation, Arbeit auf der Baustelle – hängt

von der gewählten Karriere ab.

Das Studium der Bauingenieurwissenschaften

folgt dem international vereinbarten Bache-

lor-Master-System. Nach sechs Semestern

erwerben die Studierenden den Bachelorab-

schluss. Danach können sie ihre Ausbildung

mit einem Masterstudium fortsetzen. An der

ETH schliesst das Masterstudium mit dem

Titel «Master of Science ETH in Bauingeni-

eurwissenschaften» ab, entsprechend dem

früheren Diplom.

Bachelor

Das Bachelorstudium vermittelt solides

theoretisches und methodisches Grundlagen-

wissen. Dazu gehören mathematisch-natur-

wissenschaftliche Grundlagen – Mathematik,

Informatik, Mechanik und Geologie. Eben-

falls vermittelt werden ingenieurspezifische

Grundlagen – Systems Engineering, Betriebs-

wirtschaft und geodätische Messtechnik. Mit

vertieften Kenntnissen in Physik, Hydraulik,

Hydrologie, Baustatik und Werkstofflehre so-

wie in den Fächern Konstruktion, Geotechnik,

Verkehr, Wasserbau und Technik der Bauver-

fahren schliesst dieser Studienabschnitt mit

einer Bachelorarbeit ab.

Master

Das anschliessende Masterstudium in

Bauingenieurwissenschaften lässt an der

ETH Zürich zum Beispiel unterschiedliche

Vertiefungsrichtungen zu: Bauplanung und

Baubetrieb, Geotechnik, Konstruktion,

Verkehrssysteme, Wasserbau und Wasserwirt-

schaft, Werkstoffe und Mechanik. Mit zusätz-

lichen Wahlfächern lässt sich die Ausbildung

noch weiter vertiefen und spezialisieren oder

verbreitern. Das Studium schliesst mit einer

Masterarbeit ab.

Promotion

Möglich ist es zudem, anschliessend an den

Masterabschluss in einem Forschungsgebiet

zu doktorieren. Damit werden in einem Spe-

zialbereich vertiefte Kenntnisse erworben und

gleichzeitig wertvolle Kontakte zu Wissen-

schaft, Praxis und auch möglichen Arbeitge-

bern geschaffen.

Weiterbildung in der Praxis

Auch im technischen Bereich lösen fortwäh-

rend neue Erkenntnisse das bestehende Wis-

sen ab. Ständige Weiterbildung ist Bedingung

dafür, bleibenden beruflichen Erfolg zu haben.

Wesentlich sind hier die Weiterbildungsange-

bote – Nachdiplomstudien, Nachdiplomkurse

oder Seminare – und selbstverständlich das

«Learning on the Job». Von zunehmender

Bedeutung sind aber auch die Erfahrungen mit

Arbeiten im Ausland, dies oft verbunden mit

Vertiefung von Fremdsprachkenntnissen.

Das Bauingenieurstudium ist abwechslungsreich und eröffnet gute Berufsperspektiven.

MASTER

BACHELOR

BERUFSLEHREBERUFSMATURAMATURA

PROMOTION

BACHELOR

MASTER

Universitärer Werdegang: ETH Zürich oder ETH Lausanne.

Praxisbezogener Werde-gang: Fachhochschulen (www.swissuniversities.ch).

Die beiden Ausbildungswege zum Bauingenieur sind grundsätzlich durchlässig.

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Bauingenieure sind Macher. Sie entwerfen aber auch Visionen. Nicht jede hochfliegende Idee kann realisiert werden, doch gebiert sie unter Umständen Neues. Und wieder andere Aufgaben werden eher im Stillen realisiert, um, einmal in Funktion gesetzt, ihre Wirkung umso verblüffender und langfristig wirksam zu entfalten.

Ideen realisieren

Das Bahnnetz, die Autobahnen, die moderne

Kommunikation und umfassende Energie-

versorgung – all das sind technische, unter

Federführung von Bauingenieuren realisierte

Leistungen. Heute scheinen diese Errungen-

schaften selbstverständlich, vor nicht allzu

ferner Zeit wirkten sie noch visionär. Und

manche technischen Ideen sind an sich beste-

chend, machen aber allein unter bestimmten

Umständen tatsächlich Sinn. Das wird Ingeni-

eure auch in Zukunft nicht davon abhalten, die

Entwicklung voranzutreiben. Gerade mit Blick

auf drängende Umweltprobleme gibt es noch

viele neue Lösungen zu finden.

Kehrtunnels statt Zahnradantrieb

Der Mechaniker und Ingenieur Niklaus

Riggenbach erdachte Mitte des 19. Jahrhun-

derts den Zahnstangenantrieb für Bahnen mit

grosser Steigung. In der Schweiz als nicht

patentwürdig erachtet, erhielt die Entwick-

lung 1863 ihren Patentsegen in Frankreich.

1869 bis 1871 wurde die Vitznau-Rigi-Bahn

als erste Bergbahn Europas erstellt – mit

durchschlagendem Erfolg. Das mag Riggen-

bach gemeinsam mit dem SIA dazu verleitet

haben, Ende der 1860er-Jahre dem Bundes-

rat eine Alpenüberquerung mittels Zahnrad-

bahn vorzuschlagen und die Betriebsfähigkeit

langer Tunnels zu bezweifeln. Doch bereits

1882 fuhr die Gotthardbahn über die noch

heute funktionierende, von Ingenieur Louis

Favre konzipierte Strecke mit ihren Kehr-

tunnels. Die Eröffnung des seit 1947 als Idee

existierenden Basistunnels ist für 2016 ge-

plant. Mit einer Weltrekordlänge von 57 km

wird er die Nord-Süd-Strecke zusammen mit

den neuen Basistunnels Zimmerberg und

Ceneri definitiv modernisieren.

www.alptransit.ch

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Der harzige Weg zur Autobahn

Eine längere Geschichte hat das schweize-

rische Autobahnnetz. Bereits 1927 förderte ein

eigens gegründeter Verein den Bau einer Au-

tostrasse von Basel an die italienische Grenze.

Die damit verbundene Initiative zum Bau

einer kreuzungsfreien Autostrasse von Muri

bei Bern nach Thun wurde während Jahren

diskutiert und letztlich durch die kantonale Re-

gierung verunmöglicht. Eine 1934 eingereichte

eidgenössische Volksinitiative für den Ausbau

der Alpenstrassen und seiner Zufahrtsstrassen

fiel dem Gegenvorschlag des Bundes zum

Opfer, der bloss den Ausbau der Bergstrassen

vorsah. 1937 verlangte ein Postulat, die Fern-

verkehrsstrassen Basel-Luzern-Chiasso und

vom Bodensee zum Genfersee mit Bundeshil-

fe auszubauen, damit die Schweiz nicht um-

fahren werde. Stände- und Bundesrat lehnten

dies am 12. Dezember 1937 rundweg ab. Die

Schweiz brauche das nicht, wurde argumen-

tiert, weder seien Millionenstädte noch Indus-

triezentren vorhanden, die dies rechtfertigten.

Gebaut wurde das erste Autobahnstück 1955

als Schnellstrasse aufgrund eine Projekts

(1952) des Luzerner Kantonsingenieurs Otto

Enzmann. Heute ist das Autobahnnetz der

Schweiz eines der dichtesten weltweit. Die im

Gebirgsland Schweiz zahlreich notwendigen,

spektakulären Brücken in diesem Netz sind

Meisterwerke der Ingenieurbaukunst.

www.infra-schweiz.ch

www.autobahnen.ch

Die erste Metro der Schweiz

Lausanne besitzt seit 2008 die kleinste auto-

matisch gesteuerte Metro der Welt, die M2.

Das knapp 6 Kilometer lange Trassee mit 14

Stationen verbindet die Schifflände von Ouchy

über den Bahnhof Lausanne und die Altstadt

mit dem Ortsteil Croisette. Der Höhenunter-

schied beträgt 336 Meter, die durchschnitt-

liche Steigung 5,7 bis maximal 12 Prozent.

Das sind Rekordzahlen, es handelt sich um

die weltweit steilste Adhäsionsbahn. Rund

zur Hälfte verläuft diese Metro unterirdisch.

Die neue Bahn entstand aus dem kompletten

Umbau der bereits bestehenden 1,5 km

langen Zahnradbahn Lausanne-Ouchy und

deren Verlängerung bis nach Epalinges. 590

Millionen Franken kostete das Ende 2002 vom

Volk angenommene Projekt. Die Bauarbeiten

begannen im März 2004, eröffnet wurde die

Bahn im Herbst 2008. Das Netz der Lausanner

Transportbetriebe TL wird mit dem Bau der

M2 tief greifend verändert und modernisiert,

wie die Verantwortliche der TL, Ingenieurin

Marielle Desbiolles, darlegt.1

1 Vgl. Marielle Desbiolles: Intégration du m2 au résau

des TL, TRACÉS 15/16 2008

Basistunnel am Gotthard.

A16 Transjurane, Zwillingsbrücke bei Boncourt (Viaduc des Grand’Combes), geplant durch das Ingenieurbüro GVH Delémont.

Bahnbrücke unter der Pont Bessières mit führerlosem Zug der Metro Lausanne.

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Herausgeber

Berufsgruppe Ingenieurbau im SIA

Zürich 2009 / 2015

Fachliche Begleitung

Salome Hug-Meier

Bauingenieurin, Basel

Otto Künzle

Bauingenieur, Zürich

Claudia Schwalfenberg

Germanistin, Verantwortliche Baukultur,

SIA Zürich

Text und Fotos

Charles von Büren

Fachjournalist/Redaktor, Bern

Layout und Grafik

Viviane Ceccaroni

New Media Gestalterin, SIA Zürich

Druck

Schwabe AG, Muttenz

Bildnachweis

S. 3: ETH-Bibliothek Zürich Bildarchiv; S. 5:

Reinhard Zimmermann, Adliswil; S. 7: A16

info, Delémont; S. 9: Reinhard Zimmermann,

Adliswil; S. 11 oben: SIA Kommunikation

(Laurence Bonvin, Genf); S. 11 unten v.l.n.r.:

Thomas Jantscher; Nüssli Schweiz; AlpTransit

Gotthard AG, Luzern; Tiefbauamt Graubün-

den.; S. 13 oben: Berner Fachhochschule

Architektur, Holz und Bau, Burgdorf/Biel; S. 13

unten: ETH Zürich, Fotoarchiv; S. 14: AlpTran-

sit Gotthard AG, Luzern, (A16) Fachverband

infra, Zürich. (Metro) tl, Transports publics,

Lausanne.

www.sia.ch/bgi

Selnaustrasse 16, Postfach, 8027 Zürich

Cette brochure est également disponible en

français et peut être commandée à l’adresse

suivante: [email protected]

Berufsgruppe Ingenieurbau

Die Berufsgruppe Ingenieurbau, kurz BGI, ist

mit gut 3500 Mitgliedern die zweitgrösste von

insgesamt vier Berufsgruppen im Schweize-

rischen Ingenieur- und Architektenverein SIA.

Die BGI sieht es als ihre wichtigste Aufgabe

an, die Stellung des Ingenieurs in der Gesell-

schaft zu verbessern. Innerhalb des SIA nimmt

die BGI die berufsspezifischen Interessen von

Bauingenieuren und Bauingenieurinnen wahr.

Der BGI sind sechs autonome Fachvereine

zugeordnet: die Fachgruppe für Brückenbau

und Hochbau (FBH), die Fachgruppe für die

Erhaltung von Bauwerken (FEB), die Fach-

gruppe für Untertagbau (FGU), Geotechnik

Schweiz (GS), die Schweizer Gesellschaft für

Erdbeben-Ingenieurwesen und Baudynamik

(SGEB) sowie das Stahlbauzentrum Schweiz

(SZS).

schweizerischer ingenieur- und architektenverein

berufsgruppe ingenieurbau

société suisse des ingénieurs et des architectes

groupe professionnel génie civil