Upload
sven-volmering
View
221
Download
4
Embed Size (px)
DESCRIPTION
Strategie „Digitales Lernen“: Digitale Bildung und Medienkompetenz in der frühkindlichen, schulischen, akademischen sowie Aus- und Weiterbildung – von Sven Volmering MdB
Citation preview
Seite 1
Sven VolmeringMitglied des Deutschen Bundestages
INITIATIVPAPIER
Strategie „Digitales Lernen“: Digitale Bildung und
Medienkompetenz in der frühkindlichen, schulischen,
akademischen sowie Aus- und Weiterbildung
Stand: 01.07.2014
1. Einleitung
Aus unserem alltäglichen Leben sind digitale Technologien nicht mehr
wegzudenken. Sei es nun, dass im privaten Bereich über soziale Netzwerke
Kontakte zu alten Freunden und Bekannten gehalten wird, via Smartphone
Abfahrtzeiten des öffentlichen Nahverkehrs abgerufen oder im Job eine E-Mail
nach der anderen bearbeitet werden: Das Internet und die damit verbundenen
Programme und digitalen Endgeräte sind zu selbstverständlichen Begleitern
geworden.
Digitale Anwendungen erleichtern aber nicht nur die Bewältigung des Alltags. Sie
bieten enorme Potentiale für Lehre und Forschung. So können Technologien und
Programme neue, alternative Möglichkeiten eines flexiblen, zeit- und
ortsunabhängigen Lernens erschließen und so für alle Altersgruppen unserer
Gesellschaft individuelle Lebenswege besser begleiten. Kleine Kinder im
vorschulischen Alter können über Lernspiele an die digitale Mediennutzung
behutsam herangeführt werden; im Schulbereich befähigen digitale Datenbanken
die eigenständige Wissensaneignung und -produktion von Kindern und
Seite 2
Sven Volmering MdB
Initiativpapier „Digitales Lernen“
Jugendlichen; im Hochschulumfeld lassen sich mit Online-Vorlesungen die
Zeiteinteilung von Studierenden flexibilisieren und überfüllte Hörsäle vermeiden;
der Einsatz digitaler Medien und Programme kann für Auszubildende in
ländlichen Regionen die Anzahl langer Fahrtzeiten zu Berufsschulen und
Bildungszentren minimieren und so eine höhere Verfügbarkeit für die
ausbildenden Betriebe garantieren; Beschäftigte, insbesondere Eltern oder
Erziehungsberechtigte, die durch längere Auszeiten nicht im Berufsleben stehen
konnten, bieten digitale Medien die Chance, durch orts- und zeitunabhängige
digitale Weiterbildungsprogramme leichter in den Beruf zurückzukehren; aber
auch Seniorinnen und Senioren können durch Nutzung digitaler Medien einfacher
und länger Teil der Informations-, Wissens- und Kulturgesellschaft bleiben. Die
Beispiele bilden selbstverständlich nur einen kleinen Teil der
Nutzungsmöglichkeiten digitaler Medien im Konzept des lebenslangen Lernens
ab.
Die fortschreitende Entwicklung zu einer digitalen Gesellschaft bringt viele
Vorteile mit sich, birgt aber zum Beispiel in Bezug auf Fragen des Datenschutzes
und der Datensicherheit Risiken. Gerade jungen Menschen, die mit digitalen
Medien aufwachsen – sogenannte „digital natives“ – fehlt es oftmals an
Kenntnissen eines verantwortungsvollen und sicheren Umgangs mit diesen. Die
Förderung der Medienkompetenz ist hier vordringlich.
Bei der Definition des Begriffs Medienkompetenz folgt dieses Initiativpapier dem
Drei-Ebenen-Modell von Jarren und Wassmer1, welches sich in die Ebene der
instrumentellen Medienkompetenz, die persönliche Ebene der reflexiven
Medienkompetenz und abschließend die soziale Ebene der
Vermittlungskompetenz untergliedert. Mit dem Begriff Medienkompetenz ist
immer Wissen im Bereich des Urheberrechts und des Datenschutzes verbunden.
Unbedingt mitgedacht werden muss bei dem Begriff im Fokus auf die Kompetenz,
dass diese nicht einmalig erworben wird, vielmehr diese ständiger Auffrischung
1 Vgl.: Otfried Jarren, Christian Wassmer: Medienkompetenz – Begriffsanalyse und Modell. medien +
erziehung, Heft 03/2009, S. 46–51.
Seite 3
Sven Volmering MdB
Initiativpapier „Digitales Lernen“
und Fortbildung bedarf, weil sich natürlich ihr Bezug, das (digitale) Medium,
ständig im Wandel befindet.
Medienkompetenz muss die Grundvoraussetzung sein, um an den Möglichkeiten
und Ausgestaltungen der digitalen Gesellschaft partizipieren zu können. Der
Umgang mit digitalen Medien und Medienkompetenzen sind
Schlüsselqualifikationen für Schule, Studium, Aus- und Weiterbildung sowie den
späteren Berufsweg.
Um digitale Medien im Konzept des lebenslangen Lernens dauerhaft zu
verankern, die Chancen der neuen Medien für gute Bildung entschlossen zu
nutzen, zu entwickeln und umzusetzen sowie Nutzern von Jung bis Alt einen
kompetenten Umgang mit diesen zukommen zu lassen, bedarf es – in
Zusammenarbeit mit wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und gesellschaftlichen
Akteuren – einer gemeinsamen Strategie „Digitales Lernen“.
In den folgenden Abschnitten sollen deshalb für den Bereich der frühkindlichen
und schulischen Bildung, der Hochschulbildung sowie der Aus- und Weiterbildung
Konzepte, Wegweiser und Handlungsoptionen für die Strategie „Digitales Lernen“
aufgezeigt werden, derer es zum Erreichen der oben genannten Ziele braucht.
2. Frühkindliche Bildung und digitale Medien
Erziehung zur Mediennutzung und der richtige Umgang mit Medien ist keine
Aufgabe, die erst im schulischen Alter von Kindern beginnt. Die Grundlagen für
die Art und Weise sowie Intensität der Mediennutzung werden bereits im
Vorschulalter gelegt. Deshalb sollte bereits im Rahmen der frühkindlichen Bildung
ein Fokus auf die Arbeit mit digitalen Medien gelegt werden.
Grundsätzlich muss bei der Thematik festgehalten werden, dass die Basis
jeglicher Erziehung (nicht nur) im Bereich des kompetenten Umgangs mit
digitalen Medien zuallererst immer noch von den Eltern ausgeht. Die Eltern
Seite 4
Sven Volmering MdB
Initiativpapier „Digitales Lernen“
tragen zentral die Verantwortung dafür, dass ihre Kinder mit dem wesentlichen
Rüstzeug für ein Leben in der (digitalen) Gesellschaft ausgestattet werden.
Allerdings ist dies unglücklicherweise nicht immer gegeben, sei es aus Unkenntnis
der Eltern oder aus anderen Beweggründen. Untersuchungen haben ergeben,
dass der Fernsehkonsum in Familien mit einem geringen sozioökonomischen
Status dominiert, während in Familien, die einen höheren sozio-ökonomischen
Status aufweisen, stärker Bücher und Computer genutzt werden.2 Weiterhin kann
nachgewiesen werden, dass in bildungsfernen Elternhäusern Medien eher
rezeptiv und konsumorientiert genutzt werden, in bildungsnahen Familien stehen
eher informative und interaktive Aspekte der Mediennutzung im Vordergrund.3 In
diesem Zusammenhang kann festgehalten werden, je höher das Bildungsniveau
der Eltern ist, desto größer bzw. sicherer sind diese auch bei der Einschätzung des
persönlichen Wissens um die Thematik „Kinder und Medien“. Dennoch sprechen
sich knapp 70 Prozent der befragten Haupterzieher dafür aus, gerne oder sehr
gerne weitere Kenntnisse hierüber zu erhalten.4
Um jedem Kind die gleichen Startvoraussetzungen zukommen zu lassen und
damit den Aspekt der Chancen- und Bildungsgerechtigkeit Rechnung zu tragen,
braucht es bereits in der frühkindlichen Bildung ein Heranführen und eine
Auseinandersetzung mit digitalen Medien.
Dies nicht zuletzt, weil Kinder immer früher damit in Berührung kommen: Im Jahr
2011 hat erstmals die KidsVerbraucheranalyse (KidsVA) rund 1,4 Millionen
2 Vgl.: Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest: KIM-Studie 2012. Kinder + Medien,Computer + Internet. Basisuntersuchung zum Medienumgang von Kindern im Alter zwischen sechsund 13 Jahren, S.62. Online abrufbar unter: http://www.mpfs.de/fileadmin/KIM-pdf12/KIM_2012.pdf..3 Vgl. Helga Theunert, Kathrin Demmler: Frühkindliche Medienaneignung. (Interaktive) Medien imLeben Null- bis Sechsjähriger. In: Herzig, Bardo/Grafe, Silke: Digitale Medien in der Schule.Standortbestimmung und Handlungsempfehlungen für die Zukunft. Studie zur Nutzung digitalerMedien in allgemein bildenden Schulen in Deutschland. Im Auftrag der Deutschen Telekom AG. Bonn:2007, S. 140. Online abrufbar unter: http://www.uni-paderborn.de/fileadmin/kw/institute-einrichtungen/erziehungswissenschaft/arbeitsbereiche/herzig/downloads/forschung/Studie_Digitale_Medien.pdf4 Vgl. KIM Studie 2012, S.70.
Seite 5
Sven Volmering MdB
Initiativpapier „Digitales Lernen“
Vorschulkinder nach ihrer Computernutzung befragt.5 Die Studie kam zu dem
Ergebnis, dass jedes vierte Kind unter sechs Jahren gelegentlich den Computer
der Eltern nutzen darf. 20 Prozent der Befragten gaben an, das Internet zu
nutzen. Bemerkenswert ist die Entwicklung der Zahlen, wenn die Kinder
eingeschult werden: 81 Prozent der Kinder und Jugendlichen zwischen dem
sechsten und dem dreizehnten Lebensjahr haben Erfahrungen mit dem Computer
gesammelt, 74 Prozent der Alterskohorte surften oder surfen im Internet und
ganze 32 Prozent hiervon taten oder tun dies sogar täglich.
Kinder sind also bereits in ihrer Entwicklung früh dem Medienkonsum ausgesetzt.
Ihnen muss deshalb das Rüstzeug für einen kompetenten und kritischen Umgang
mit digitalen Medien mitgegeben werden, um sie bei der Entwicklung zu einer
digitalen Selbstständigkeit zu unterstützen. Digitale Selbstständigkeit heißt in
diesem Zusammenhang die Fähigkeit eines jeden Bürgers, alle Möglichkeiten der
digitalen Gesellschaft weitgehend eigenständig zu nutzen, sich aber auch vor den
damit verbundenen Risiken entsprechend gut schützen zu können.
Um die Basis eines kompetenten Umgangs mit digitalen Medien in der
frühkindlichen Bildung zu legen, sollten folgende Maßnahmen und
Handlungsmöglichkeiten in der Strategie „Digitales Lernen“ zum Tragen kommen:
1. Bei der Medienerziehung stehen immer zuerst die Eltern oder
Erziehungsberechtigten eines Kindes an erster Stelle. Diese müssen in die Lage
versetzt werden – sofern es nötig ist – eine altersgerechte Begleitung des
Medienumgangs des Kindes leisten zu können. Hier bedarf es einer
Bestandsaufnahme und Wirkungsanalyse darauf abzielender bestehender
Projekte und Initiativen, um auf dieser Basis gegebenenfalls weitere
unterstützende Maßnahmen und Angebote der medienpädagogischen Eltern-
und Familienarbeit zu schaffen.
5 Vgl.: Egmont-MediaSolutions: KidsVerbraucher- Analyse 2011. Pressemitteilung vom 9. August 2011.
Online abrufbar unter: http://www.egmont-mediasolutions.de/news/pdf/ Pressemeldung_KVA2011.pdf.
Seite 6
Sven Volmering MdB
Initiativpapier „Digitales Lernen“
2. Darüber hinaus müssen die Vermittlung von Medienkompetenz und der
Umgang mit digitalen Medien in frühkindlichen Bildungs- und
Betreuungsinstitutionen ansetzen. Zuallererst müssen hier die bestehenden
Programme zur Förderung von Medienkompetenz in Kitas evaluiert und
ausgebaut werden. Die Bundesländer werden darüber hinaus dazu
aufgefordert, den Umgang mit digitalen Medien und die Vermittlung
medienpädagogischer Basiskompetenzen in die Studiengangs- und
Ausbildungscurricula sowie Prüfungsordnungen von Sozialpädagogen,
Sozialarbeitern sowie Erziehern aufzunehmen bzw. weiter auszubauen. Da
gerade digitale Medien einem ständigen Veränderungs- und
Erweiterungsprozess unterworfen sind, sollten für die Erziehungs- und
Lehrkräfte Schulungsangebote im Bereich der Medienerziehung und -
kompetenz geschaffen werden, sodass sie ihre diesbezüglichen Fähigkeiten
und Kenntnisse regelmäßig auffrischen und aktualisieren können.
3. Wenn digitale Medienerziehung im frühkindlichen Bildungsbereich stattfinden
soll, bedarf es schlussfolgernd einer besseren technischen Ausstattung der
Bildungs- und Betreuungseinrichtungen. Hier muss weiterhin zusammen mit
Unternehmen, Verbänden und Stiftungen eruiert werden, wie altersgerechte
Hardware, Software sowie digitale Inhalte didaktisch ausgestaltet sein müssen
und bereitgestellt werden können.
4. Eine besondere Rolle spielt in der frühkindlichen Bildung das spielerische
Entdecken und Lernen. Anzuerkennen sind die bisherigen hochwertigen
Angebote, besonders im Bereich pädagogisch wertvoller Computerspiele
sowie damit verbunden die hohe technische Kompetenz und große kreative
Leistung der betreffenden Spieleentwickler. Dies gilt es – beispielsweise mit
dem Deutschen Computerspielpreis – weiterhin zu fördern. In diesem
Zusammenhang muss auch geprüft werden, inwieweit eine verpflichtende
Altersfreigabe bei den gekennzeichneten Info- und Lehrprogrammen
notwendig ist.
Seite 7
Sven Volmering MdB
Initiativpapier „Digitales Lernen“
5. Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Initiative „Ein Netz für Kinder“
weiterhin zu unterstützen und zu verbreitern, um in Zusammenarbeit von
Politik, Wirtschaft und Institutionen qualitätsvolle, altersgerechte und
interessante digitale Angebote für Kinder zu schaffen.
6. Bisher sind die wissenschaftlichen Aspekte der Medienbildung und
Medienkompetenz – insbesondere im frühkindlichen Bereich – in der
Bildungsforschung noch nicht umfassend betrachtet worden. Neben der
Grundlagenforschung zu den verschiedenen Dimensionen der
Medienkompetenz muss ein Schwerpunkt auf das informelle Lernen und
insbesondere auf die Untersuchung des Aufwachsens in digitalen
Gesellschaften über Längsschnittstudien gelegt werden. Hierfür braucht es
geeignete Instrumente zur Erfassung der Nutzung digitaler Medien sowie die
Umsetzung der entsprechenden Forschungsergebnisse in der Praxis.
3. Digitale Medien in der Schule
Das Internet nutzen heute 98 Prozent der 14 bis 24-Jährigen. Die Nutzung des
Internets wird mit zunehmendem Alter der Kinder und Jugendlichen zunehmend
integraler Bestandteil ihres Alltags. Durch die Entwicklung mobiler Endgeräte,
insbesondere des Smartphones, unterscheiden Kinder und Jugendliche nicht
mehr zwischen On- und Offlinezeiten, vielmehr verschwimmt die Grenze
zwischen realer und virtueller Welt.6.
Konträr zu dieser Feststellung steht, dass die Nutzung von elektronischen Medien
und der Erwerb entsprechender Kompetenzen in der Schule – insbesondere im
Primarbereich – eher eine untergeordnete Rolle spielen wie bereits der erste
Bildungsbericht der Bundesregierung aus dem Jahr 2006 festgestellt hat.
6 Vgl.: DIVSI U25-Studie: „Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in der digitalen Welt,Grundlagenstudie des SINUS-Instituts Heidelberg im Auftrag des Deutschen Instituts für Vertrauen undSicherheit im Internet (DIVSI), Hamburg 2014, S. 4-5. Online abrufbar unter: https://www.divsi.de/wp-content/uploads/2014/02/DIVSI-U25-Studie.pdf.
Seite 8
Sven Volmering MdB
Initiativpapier „Digitales Lernen“
Im allgemeinschulischen Bereich muss zum erfolgreichen Einsatz digitaler Medien
und der Vermittlung von Medienkompetenz in drei Handlungsfeldern angesetzt
werden: Im Bereich der Hardware, im Bereich der Software und im Bereich des
Lehrpersonals.
Im Hard- und Softwarebereich lässt sich feststellen, dass 89,5 Prozent der
deutschen Schulen zwar über den Zugang zu Computern verfügen, jedoch kommt
es sehr selten vor, dass jeder Schüler im Klassenzimmer Zugang zu einem PC,
Notebook oder Netbook hat (7,5 Prozent).7 In einem Viertel der Schulen steht
zumindest ein technisches Endgerät in jedem Klassenzimmer, die große Mehrheit
der Schulen verfügt noch über eigene Computerräume, die sich alle Schulklassen
teilen müssen. Hierdurch wird der Einsatz dieser Technik und damit digitaler
Medien im Unterricht erschwert, Nutzungsbedarf der Computerräume muss oft
vom Lehrpersonal mit einer Vorlaufzeit angemeldet werden. Zudem macht es die
beschränkte Zugangszeit schwieriger, gesteckte Lernziele für alle Schüler zu
erreichen, denn die Heranwachsenden lernen mit einem unterschiedlichen
Tempo. Während beispielsweise einige Abc-Schützen innerhalb einer
Unterrichtsstunde die Funktionsweise von Suchmaschinen verstehen, brauchen
einige Heranwachsende dafür mehr Zeit. Dadurch könnten bei diesen Schülern
Hemmschwellen aufgebaut werden, sich weiterhin mit der Nutzung dieser
technischen Geräte zu befassen, sodass daraus in letzter Konsequenz ein
Bildungsnachteil entstehen könnte.
Dabei bietet der Einsatz elektronischer Medien viele Vorteile und positive
Aspekte: Nicht nur, dass elektronische Lehrmaterialien größere Aktualität
aufweisen bzw. schneller und leichter auf den neuesten Stand gebracht werden
können.8 Zudem ist die Motivation der Schüler im Unterricht größer, wenn mit
7 Vgl. Initiative D21 (2011): Bildungsstudie. Digitale Medien in der Schule – Eine Sonderstudie imRahmen des (N)Onliner Atlas 2011. S. 9. Online abrufbar unter: http://www.initiatived21.de/wp-content/uploads/2011/02/NOA_Bildungsstudie_140211.pdf.8 Vgl. im Folgenden: BITKOM Research Studie: Digitale Schule – vernetztes Lernen. Berlin 2014. Onlineabrufbar unter:http://www.bitkom.org/files/documents/BTIKOM_Charts_PK_Digitale_Schule_07_05_2014.pdf.
Seite 9
Sven Volmering MdB
Initiativpapier „Digitales Lernen“
digitalen Medien gearbeitet wird, zumindest gemessen anhand der subjektiven
Empfindungen der Lehrkräfte. Zusammenhänge können durch digitale Medien
vom Lehrpersonal besser dargestellt werden sowie Schüler auch individuell
besser gefördert werden. Weiterhin besitzen Apps das Potential, vormals teure
technische Anschaffungen für die Unterrichtsverwendung (wie bspw. den
grafikfähigen Taschenrechner) kostengünstig zu kompensieren.
Beim Lehrpersonal (zumindest im Sekundarbereich I) hat die Nutzung
elektronischer Technik im privaten Bereich und bei der Unterrichtsvorbereitung
ebenfalls Einzug gehalten. 93 Prozent nutzen den Computer mittlerweile täglich
oder regelmäßig hierfür. Im Vergleich zur letzten Erhebung 2011 stehen
mittlerweile 95 Prozent zumindest prinzipiell dem Einsatz elektronischer Medien
im Unterricht positiv oder eher positiv gegenüber (2011: 77 Prozent). Allerdings
geben 47 Prozent des von BITKOM befragten Lehrpersonals auch an, dass sie
zwar gerne neue Medien im Unterricht einsetzen würden, allerdings ein Viertel
hiervon den Zeitkosten-Nutzen-Faktor als negativ betrachtet, wiederum etwas
mehr als ein Viertel derjenigen die Vorteile digitaler Medien für den Unterricht
nicht erkennt und immerhin noch 14 Prozent offen zugeben, dass die eigenen
Technik-Kenntnisse hierfür nicht ausreichen.
Im Unterricht dominieren deshalb nach wie vor die analogen Medien. Diese
Medien werden zumeist zu Präsentationszwecken verwendet, beispielsweise für
Schülerreferate. Smart- bzw. Whiteboards kommen nur in rund 52 Prozent zum
Einsatz, die Arbeit mit sozialen Netzwerken fällt mit 12 Prozent weit ab.
Diese Erkenntnisse sind auch im Zusammenhang mit den Wünschen des
Lehrpersonals an die Schulpolitik zu sehen: 89 Prozent der Lehrkräfte sprechen
sich dafür aus, die Vermittlung von Medienkompetenz stärker im Unterricht
einfließen zu lassen. Ebenfalls befürworten 82 Prozent bundeslandübergreifende,
einheitliche Standards für elektronische Lehrmittel. Da Mediennutzungsdefizite in
der Schule vor allem aus der mangelhaften strukturellen Verankerung in der
Ausbildung des Lehrpersonals entstehen sehen zwei Drittel der Lehrkräfte
Seite 10
Sven Volmering MdB
Initiativpapier „Digitales Lernen“
Handlungsbedarf in der Lehrerausbildung: Das Lehramtsstudium soll besser auf
den Einsatz elektronischer Medien im Unterricht vorbereiten.
Im Rahmen der Strategie „Digitales Lernen“ müssen aufgrund der oben
aufgezeigten Sachverhalte und Entwicklungen folgende Handlungsoptionen und
Maßnahmen Berücksichtigung finden:
1. Im digitalen Zeitalter ist es unerlässlich, dass kein Schüler mehr die Schule
verlässt, ohne eine grundlegende Medienbildung genossen zu haben sowie
ohne mit der Nutzung von digitalen Medien im Unterricht in Berührung
gekommen zu sein. Zuallererst müssen die bestehenden Programme zur
Förderung von Medienkompetenz an Schulen evaluiert und ausgebaut
werden. Oberster Grundsatz muss es sein, dass der Einsatz digitaler Medien
und die Vermittlung von Medienkompetenz fächerübergreifend und -
integrativ erfolgt.
2. Die Länder müssen bundesländerübergreifende, verbindliche, regelmäßig zu
aktualisierende Mindeststandards zur Medienkompetenz für die
unterschiedlichen Altersstufen der Heranwachsenden festlegen. Der
Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) „Medienbildung in der Schule“9
aus dem Jahr 2012 ist nicht mehr als ein erster Schritt. Die Beschlüsse der
KMK sind eher als Empfehlungen zu betrachten und damit zu wenig
verbindlich. Ebenfalls zeigt sich, dass die Beschlüsse der KMK zu unregelmäßig
aktualisiert und überprüft werden. Weitergedacht müssen Medienbildung
und Medienkompetenzentwicklung in den länderspezifischen
Qualitätsrahmen zur Schulentwicklung und in die Lehrpläne für alle Fächer
verankert werden. Jede Schule sollte in Konsequenz hieraus ein jahrgangs-
und fächerübergreifendes Medienbildungskonzept als Schulprogrammteil
kreieren.
9 Vgl. „Medienbildung in der Schule“, Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 08.03.2012, abrufbarunter:http://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2012/2012_03_08_Medienbildung.pdf.
Seite 11
Sven Volmering MdB
Initiativpapier „Digitales Lernen“
3. Sind diese Mindeststandards entwickelt, müssen diese regelmäßig
wissenschaftlich überprüft und angepasst werden. Hier muss schul- und
medienpädagogische Forschung geeignete Maßnahmen und Instrumente für
diese Überprüfung erarbeiten.
4. Die Bundesländer werden zudem aufgefordert, den pädagogisch sinnvollen
Einsatz digitaler Medien im Lernprozess der Schüler und die Vermittlung
weitergehender Medienkompetenzen in die Studiengangcurricula sowie
Prüfungsordnungen der Lehrkräfte aufzunehmen bzw. weiter auszubauen.
Durch den ständigen technischen Veränderungs- und Erweiterungsprozess,
sollten für die (bereits ausgebildeten) Lehrkräfte Schulungsangebote im
Bereich der Medienkompetenz und des Einsatzes digitaler Medien im
Schulunterricht geschaffen werden, sodass sie ihre diesbezüglichen
Fähigkeiten und Kenntnisse regelmäßig auffrischen und aktualisieren können.
5. Die Bundesländer werden weiterhin dazu aufgefordert, langfristig dafür zu
sorgen, dass jeder Schüler in der Sekundarstufe I und II dauerhaft mobile
Endgeräte nutzen kann. Zu prüfen ist, ob dieses Ziel nach dem Vorbild des
Ausbildungspaktes ein Pakt für Digitale Bildung geschaffen werden kann.
Wirtschaftsunternehmen schließen sich zu einer übergreifenden Stiftung
zusammen und leisten einen Beitrag zur Entwicklung und Finanzierung der
benötigten Hard- und Software. Die Beschaffenheit dieses mobilen Computers
muss gemeinsam mit den entsprechenden industriellen Unternehmen unter
den speziellen Ansprüchen der Mobilität, Robustheit, des softwarebezogenen
Jugend- und Datenschutzes und der Kosten-Nutzen-Effizienz entwickelt
werden. Die Bedarfsprüfung, Beschaffung und Wartung bzw. der regelmäßige
Austausch dieser Geräte kann – um sie wirtschaftlich zu gestalten –
gegebenenfalls bundeseinheitlich über eine entsprechende
Koordinierungsstelle erfolgen. Im Rahmen des Paktes für Digitale Bildung sind
die Stiftungsteilnehmer darüber hinaus angehalten zu prüfen, inwieweit es
sinnvoll erscheint, Stiftungsprofessuren für den Bereich Digitale
Didaktik/Digitales Lernen an Hochschulen mit Lehrerausbildung einzurichten
Seite 12
Sven Volmering MdB
Initiativpapier „Digitales Lernen“
und zu finanzieren, um einen positiven Impuls auf die Lehrerausbildung zu
generieren.
6. Um die Nutzungsmöglichkeiten der mobilen Computer vollständig
auszureizen, muss natürlich immer auch der Zugriff auf einen entsprechend
leistungsstarken WLAN-Zugang möglich sein. Da ein unbeschränkter
Internetzugang und eine unbeschränkte Nutzung der Programme der mobilen
Computer nicht zum eigentlichen Nutzungszweck bei den Schülern beitragen
würde, ist es notwendig, auch eine entsprechende Zugangsbeschränkung bzw.
Blockung von Programmen im Schulraum über entsprechende
Softwareprogramme zu vollziehen, um eine kontrollierte, digitale
Lernumgebung an den Schulen zu schaffen. Weiterhin stellt sich inhaltlich die
Frage nach der Digitalisierung von Schulbüchern und Lehr- und Lerninhalten
sowie wie die Frage nach der (freien) Zugänglichkeit dieser Inhalte (Stichwort:
Educational Resources). Um die digitale Medienbildung von Schülern weiter
zu unterstützen, wird die Bundesregierung aufgefordert, die bisherige
„Nationale Initiative Printmedien“ weiterzuentwickeln und hier insbesondere
die Medienkompetenzvermittlung von Kindern und Jugendlichen in den Blick
zu nehmen.
7. Mit der Umsetzung der vorangegangenen Punkte empfiehlt es sich für die
Bundesländer, über eine Abstimmung der IT-Systeme ihrer Schulen
nachzudenken. Die Kultusministerkonferenz (KMK) wird deshalb dazu
aufgefordert, mindestens bundeslandeinheitliche bzw. bundeseinheitliche IT-
Standards für allgemeinbildende Schulen festzulegen.
8. Darauf aufbauend werden die Bundesländer dazu aufgefordert,
bundeslandzentrale IT-Kompetenzzentren für die Betreuung dieser Systeme
und als technische Supportansprechpartner für die Schulen einzurichten. In
diesem Zusammenhang empfiehlt sich, dass die Länder eine eigene Fachkraft
an jeder Schule für diesen Bereich implementieren. Diese können das oben
erwähnte Medienbildungskonzept einer Schule mit entwickeln, fortschreiben
und umsetzen. Für die dafür notwendigen Zusatzqualifikationen braucht es
Seite 13
Sven Volmering MdB
Initiativpapier „Digitales Lernen“
ein entsprechend attraktives, von den Bundesländern koordiniertes Aus- und
Weiterbildungsangebot. Als Beispiele für eine solche Fachkraft können hier
die Medienpädagogisch-Informationstechnischen Berater (kurz MIB) in Bayern
genannt werden oder die Medienberater / Medienscouts in Rheinland-Pfalz
und dem Saarland.
9. Die KMK muss weiterhin prüfen, ob digitale Lehrinhalte und Lehrangebote
verstärkt in „Schul-Clouds“ zusammengefasst werden können. Damit auf
solche „Schul-Clouds“ zugegriffen werden kann, braucht es ein schul- und
länderübergreifendes Zugriffssystem auf die sich darin befindlichen Angebote
und Inhalte sowie multilaterale Vereinbarungen zwischen den daran
beteiligten Schulen und Bundesländern. Nachgedacht werden muss unter
diesem Aspekt über betreffende urheber- und lizenzrechtliche Anpassungen
für die Einrichtung und Nutzung solcher „Schul-Clouds“.
10. Der Einsatz und pädagogische Nutzen der Computertechnik und digitaler
Medien in Lernarrangements muss wissenschaftlich weiter erforscht und
begleitet werden. Hier sollten sich die Bundesländer deshalb zum einen auf
eine Ländervergleichsstudie einigen, um zu untersuchen, inwieweit
medienpädagogische Inhalte in der pädagogischen Ausbildung und in den
relevanten pädagogischen Studiengängen bereits vorhanden
sind/fehlen/verankert werden. Zum anderen sollten die Maßnahmen und
Fortschritte der Länder zur Stärkung der Medienbildung evaluativ begleitet
werden und in regelmäßigen Abständen von der KMK veröffentlicht werden.
In einem nächsten Schritt muss eine europäische und internationale
Vergleichbarkeit hergestellt werden. Vorzustellen wäre hier der Anstoß
entsprechender europaweiter Datenerhebungen zur Medienbildung und zu
medienpädagogischen Inhalten in den Bildungssystemen der europäischen
Mitgliedsstaaten.
11. Ziel muss es sein, wie in Punkt 1 bereits erwähnt, dass kein Schüler mehr die
Schule verlässt ohne eine grundlegende Medienbildung und -
kompetenzentwicklung genossen zu haben. Die andere Seite der Medaille
Seite 14
Sven Volmering MdB
Initiativpapier „Digitales Lernen“
„Digitale Bildung / Digitales Lernen“ ist neben der Basisausbildung die
Exzellenzförderung. Wie der Antrag der Regierungsfraktionen von CDU/CSU
und SPD „Technologie-, Innovations- und Gründungsstandort Deutschland
stärken – Potenziale der Digitalen Wirtschaft für Wachstum und nachhaltige
Beschäftigung ausschöpfen und digitale Infrastruktur ausbauen“ richtig
hervorgehoben hat, ist für Deutschlands (wirtschaftliche) Zukunft die digitale
Wirtschaft von entscheidender Bedeutung. Diese schafft Chancen für kreative
und innovative Ideen neuer Techniken, Produkte sowie Dienstleistungen und
bietet deshalb ein enormes Potential für neue Unternehmensgründungen und
somit letztendlich Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum. Hierfür braucht
es exzellente Fachkräfte. Diese können gewonnen werden durch die frühe
Förderung spezieller Talente und Fähigkeiten. Deshalb sollen mit den
Bundesländern Gespräche geführt werden über die Einführung von
Profilschulen im Bereich IT/Digital nach dem Vorbild der Eliteschulen des
Sports.
12. Die Bundesregierung wird aufgefordert, ein „Modellprojekt Freiwilliges
Soziales Jahr Digital“ anzustoßen, damit junge Menschen ihre technischen
Fertigkeiten und Fähigkeiten im Umgang und in der Anwendung von neuen
Medien in den Dienst von gemeinnützigen Einrichtungen stellen und diese bei
der Umsetzung von digitalen Projekten und der Vermittlung von
Medienkompetenz unterstützen.
13. Abschließend muss die Förderung von Wissenschaftskompetenz von der
Grundschule bis zur Hochschule unterstützt werden. Deshalb sollen
Programme und Wettbewerbe in den MINT-Fächern und ein zeitgemäßer
Informatikunterricht ab der Grundschule sowie der Einsatz digitaler Medien in
den sprachlichen und gesellschaftswissenschaftlichen Fächern gefördert
werden.
Seite 15
Sven Volmering MdB
Initiativpapier „Digitales Lernen“
4. Digitale Bildung im Hochschulbereich
In der Hochschullehre in Deutschland trifft man bei heutigen Studierenden kaum
jemanden, der in seinem Studium noch nie mit E-Learning in Berührung
gekommen ist. Sei es das Herunterladen von bereitgestellter Literatur zur
Vorbereitung des nächsten Kurstermins auf einer Lernmanagementplattform, der
Erstellung eines Wikis zusammen mit Kommilitonen bis hin zum Nachhören der
digitalen Aufzeichnung der letzten Vorlesungseinheit eines Dozenten.
E-Learning ist für die meisten Hochschulen zu einer Selbstverständlichkeit
geworden. Fast alle deutschen Hochschulen besitzen sogenannte
Lernmanagementsysteme (LMS), d.h. Online-Plattformen, über die Materialien,
Präsentationen, Videos, Podcasts und andere Dokumente zum Vor- oder
Nachbereiten von Vorlesungen eingestellt werden können. Es wird geschätzt,
dass an deutschen Hochschulen zwischen 30 und 50 Prozent aller in einem
Semester angebotenen Lehrveranstaltungen mittlerweile von einem
Lernmanagementsystem begleitet werden. Aufgrund der Heterogenität der E-
Learning-Strukturen in den einzelnen Bundesländern als auch innerhalb dieser,
gibt es allerdings zwischen den Hochschulen sehr große Unterschiede in der
Ausgestaltung und Qualität der Lernmanagementsysteme. Die Nutzung dieser ist
übergreifend bei den Studierenden vorhanden: So hat sich die
Nutzungsbereitschaft digitaler lehrveranstaltungsbegleitender Materialien durch
die Studierenden deutlich erhöht. Lagen die Zugriffszahlen 2004 bei rund 68
Prozent, griffen vier Jahre später 93 Prozent der Studierenden auf solche
Materialien zurück.10
Hier sei darauf hingewiesen, dass der Begriff des E-Learning nicht eindeutig
definiert ist. In einer weiteren Fassung beschreibt er quasi als kleinster,
gemeinsamer Nenner die Nutzung von Hardware (sei es nun ein Computer,
Laptop, Tablet, Smartphone) und Software zur medialen Unterstützung des
10 Vgl. Bernd Kleimann, Murat Özkilic, Marc Göcks: Studieren im Web 2.0. Studienbezogene Web‐ und E‐Learning‐Dienste, HISBUS‐Kurzinformation Nr. 21, Hannover 2008, S.10. Online abrufbar unter: https://hisbus.his.de/hisbus/docs/hisbus21.pdf.
Seite 16
Sven Volmering MdB
Initiativpapier „Digitales Lernen“
Lernprozesses. In einem engeren Verständnis bezeichnet E-Learning eine
spezifische Lernmethodik, die das Ziel hat, die räumlichen und zeitlichen
Beschränkungen solcher traditioneller Lernformen aufzuheben, die nur auf dem
Lehrbuch beziehungsweise der persönlichen Instruktion durch einen Lehrer
basieren.
Die Etablierung und Nutzung von E-Learning-Angeboten in der Hochschullehre
kann nicht nur dazu beitragen, die Präsenzlehre und das Selbststudium durch den
digitalen Zugriff auf Informationsressourcen und Lernobjekte zu bereichern,
sondern dadurch ergibt sich auch eine Verbesserung der Betreuung der
Studierenden zwischen den Lehrveranstaltungsphasen, sowohl dahingehend,
dass durch E-Learning-Angebote Lehrende mit größeren Zeitressourcen
ausgestattet sind, um diese für den Austausch mit ihren Studierenden zu nutzen,
als auch, dass durch digitale Programme neue Kommunikationsplattformen
geschaffen werden, die es den Studierenden ermöglichen, einen schnelleren und
häufigeren Kontakt zu den Lehrenden herzustellen. Positiv zu beurteilen ist die
Nutzung von digitalen Medien und damit verbunden E-Learning-Programmen
dahingehend, dass die Aktualität und der Umfang der Lehre gesteigert werden
kann. Einen großen Beitrag können diese zur Bildungsgerechtigkeit leisten:
Studierende, die durch Umstände nur eingeschränkt am Präsenzstudium
teilnehmen können, erhalten durch E-Learning-Angebote verbesserte
Partizipationschancen. Außerdem können diese Programme von den
Hochschulen genutzt werden, um passende Lernangebote für interessierte Nicht-
Studierende oder Alumni anzubieten und damit einen Beitrag zum lebenslangen
Lernen zu leisten.
Die Einrichtung und Betreuung von E-Learning-Angeboten ist allerdings mit hohen
finanziellen Kosten und damit hohen technischen Ausstattungsvoraussetzungen
verbunden. Hinzu kommt ein enormer Zeitaufwand bei der Entwicklung von
elektronischen Lehrangeboten, der Pflege und regelmäßigen Aktualisierung
dieser, abgesehen von dem technischen und didaktischen Hintergrundwissen, das
es braucht, um diese Angebote zu entwickeln und zu betreuen.
Seite 17
Sven Volmering MdB
Initiativpapier „Digitales Lernen“
Die Wichtigkeit der didaktisch auf das Format passenden Erstellung und
regelmäßigen Pflege der Inhalte von E-Learning-Angeboten erkennt man daran,
dass dort, wo sich häufig nur auf die technologischen Voraussetzungen für diese
Angebote konzentriert wird, diese von den potentiellen Nutzern nicht
angenommen werden und damit im Endeffekt nicht der gewünschte
Entlastungseffekt für die Hochschule und die Lehrenden auftritt.11 Die Studien der
Universität Karlsruhe, die Nutzungsintensität von knapp 50 IT- und
Mediendiensten für die Jahre 2009 und 2011 untersucht haben, verweisen auf
den Umstand, dass insbesondere diejenigen Medienangebote sehr gut abgerufen
werden, die sich um die Präsenzlehre ansiedeln und diese ergänzen, das
sogenannte blended learning.12 Ebenfalls erstaunlich ist die Entwicklung des
Besitzes von mobilen Internetflatrates. Diese stieg im Vergleich zu 2009 um 24,7
Prozent an. Aus diesem Anstieg kann abgeleitet werden, dass das mobile Lernen
immer wichtiger für die Studierenden wird. Untermauert werden kann diese
Vermutung dadurch, dass der stationäre Desktop-PC allmählich durch mobile
Hardware verdrängt wird.
Die E-Learning-Landschaft der deutschen Hochschulen gestaltet sich recht
unterschiedlich. Dies liegt vor allem daran, dass wie oben bereits erwähnt,
verschiedene Auffassungen des E-Learning-Begriffs vorliegen und damit
verbunden unterschiedliche Schwerpunkte in den Bundesländern und an den
einzelnen Hochschulen gesetzt werden. In mehreren Ländern gibt es bereits
Landesinitiativen zur Förderung des Einsatzes von E-Learning-Angeboten an
Hochschulen.13 In manchen Bundesländern allerdings herrscht eine
Einzelprojektförderstruktur vor. Unterstützt wurde die Etablierung digitaler
Bildungsangebote an den Hochschulen auch von Bundesseite, so beispielsweise
11 Vgl. Bericht der Enquete-Kommission „Internet und Digitale Gesellschaft“, Band 6: Bildung undForschung, 17. Wahlperiode, 08.01.2013, S.22.12 Vgl. Gerd Gidion, Michael Grosch: Welche Medien nutzen die Studierenden tatsächlich? Ergebnisseeiner Untersuchung zu den Mediennutzungsgewohnheiten von Studierenden, in: Forschung & Lehre,19. Jahrgang, Nr. 6/2012, S. 450-451.13 Vgl. Claudia Bremer, Marc Göcks, Paul Rühl, Jörg Stratmann (Hrsg.): Landesinitiativenfür E-Learning an deutschen Hochschulen, Medien in der Wissenschaft; Band 57, Münster2010.
Seite 18
Sven Volmering MdB
Initiativpapier „Digitales Lernen“
durch das Programm „E-Learning-Dienste für die Wissenschaft“ mit einem
Fördervolumen von 40 Mio. Euro, welches zwischen 2005 und 2008 unter
anderem eine Optimierung und Professionalisierung der infrastrukturell bereits
vorhandenen E-Learning-Programme verfolgte.
Durch die unterschiedlichen Rahmenbedingungen, wie beispielsweise die
Förderfinanzkraft der Länder, aber auch die räumliche Struktur, die
demographische Entwicklung und natürlich durch den unterschiedlichen
politischen Willen der Bundesländer, gestaltet sich der Auf- und Ausbau von
hochschulübergreifenden E-Learning-Strukturen sehr schwierig.
Bei der Vielzahl von E-Learning-Angeboten sind als besonders neue und
innovative Angebote MOOCs hervorzuheben. MOOCs oder Massive Open Online
Courses sind interaktive Online-Kurse mit offenem Zugang und unbegrenzter
Teilnehmerzahl. MOOCs zeichnen sich durch eine Art Workshop-Charakter aus:
Über Quizzes und Tests können die Teilnehmer Aufgaben lösen, deren Ergebnisse
sie gegenseitig bewerten können. MOOCs haben eine hohe Nutzungsflexibilität.
Positiv zu beurteilen ist weiterhin der relativ barrierefreie Zugang zu MOOCs. Die
Kurse bieten die Möglichkeit der weiteren Verwertung. Das heißt, sind sie einmal
erstellt, können sie immer wieder genutzt werden. Hochschulen können
beispielsweise so untereinander verschiedene Grundlagenkurse austauschen,
entweder entgeltlich oder zum kostenlosen Nutzen. Ebenfalls können
immatrikulationsfreie MOOCs für Hochschulen eine Art Aushängeschild sein.
Gute Professoren können damit für das Ansehen ihrer Hochschule werben. Auch
können elektronische Lehrangebote der Hochschulen im europäischen und
internationalen Kontext Vorteile bringen im Rahmen der Vorbereitung von
Studierenden auf ein Auslandssemester. Besonders erwähnenswert ist der Vorteil
solcher E-Learning-Angebote im Kontext von Studienvorbereitungskursen. Hier
können MOOCs genutzt werden, um einen Basiswissensstand bei den
Studierenden aufzubauen und im eigentlichen Semester an diesen anzuknüpfen
und vertiefend in die Lehre einzusteigen.
Seite 19
Sven Volmering MdB
Initiativpapier „Digitales Lernen“
Bei MOOCs, die als akademisch anrechenbare Leistungen anerkannt werden
sollen, stellt sich allerdings die Frage nach der Abnahme einer Prüfung. Will man
diese nicht in Test-Centern abhalten, so bedarf es doch eines technischen
Aufwands, um die einwandfreie Identität des Kursteilnehmers festzustellen. Der
dabei entstandene „digitale Fingerabdruck“ tangiert aber gewisse
Datenschutzfragen. Ein weiterer datenschutzrechtlicher Kritikpunkt bei der
MOOCs-Nutzung ist, dass durch die Teilnahme an solchen Kursen vielschichtige
Informationen über die Nutzer abgeleitet werden können, in etwa, wie lange der
Nutzer für die Bearbeitung einer Aufgabe benötigt, wie oft er eine Frage falsch
beantwortet, wie viele Rechtschreibfehler er macht. Problematisch an MOOCs ist
weiterhin, dass oftmals Themen, die sich in der Präsenzlehre über ein Semester
erstrecken würden, in einer Online-Vorlesung abgehandelt werden. Dadurch
leiden die Qualität und die Umfänglichkeit der digitalen Vorlesung. Die
Produktion von MOOCs ist kostenintensiv. Neben der erforderlichen Technik sind
Kosten für die Kompetenzentwicklung von Lehrenden, die Schaffung von
infrastrukturellen Rahmenbedingungen und Qualitätssicherung zu
berücksichtigen.
Die Entwicklung und Nutzung von MOOCs müssen sicherlich – wie die
abflachende Anfangseuphorie in den USA zeigt – längerfristig beobachtet und
einer ständigen Überprüfung unterzogen werden. Auf dem langen Weg hin zu
einem womöglich zukünftigen Open-University-Modell über die Nutzung von
MOOCs können diese heute schon einen positiven und wichtigen Beitrag im
Bereich der schulischen sowie akademischen Bildung und in der Aus- und
Weiterbildung leisten.
Um die oben aufgezeigten Möglichkeiten und Vorteile von E-Learning-Strukturen
für die Hochschullehre in vollem Umfang dauerhaft und effizient nutzbar zu
machen bei gleichzeitiger Geringhaltung der infrastrukturellen, zeitlichen und
finanziellen Kosten sollten im Rahmen der Strategie „Digitales Lernen“ aufgrund
der oben aufgezeigten Sachverhalte und Entwicklungen folgende Prüfpunkte,
Handlungsmöglichkeiten und -strategien zum Tragen kommen:
Seite 20
Sven Volmering MdB
Initiativpapier „Digitales Lernen“
1. Um für Lehrende und Studierende gleichermaßen den Zugang zu digitalen
Inhalten zu ermöglichen, bedarf es einer entsprechenden technischen
Ausstattung der Bildungs- und Forschungseinrichtungen. Hier empfiehlt es
sich, den Hochschulen sowie dessen Trägern und allen an der Verwaltung der
Hochschulen Beteiligten, die technische Ausstattung hochschulübergreifend
zumindest innerhalb eines Bundeslandes – möglichst jedoch
länderübergreifend – kompatibel auszulegen. Deshalb müssen die zu
setzenden politischen Rahmenbedingungen eine hochschulübergreifende
Vernetzung ermöglichen und damit verbunden einheitliche Standards für die
kompatible übergreifende Nutzung der IT-Systeme und Internet-basierter
Services festgelegt werden. Hier muss betont werden, dass diese Standards
als Basis dienen sollen. Jeder Hochschule sollte es darüber hinaus selbst
überlassen bleiben, wie sie die Services im Einzelnen ausgestaltet. Geprüft
werden sollte in diesem Zusammenhang, ob auch auf verbreitete Open-
Source-Lösungen zurückgegriffen werden kann bzw. durch entsprechend
aufzulegende Förderprogramme Open-Source-Lösungen entwickelt werden
können, um Medienbrüche zu verhindern.
2. Wegen der Überalterung von Software an vielen Hochschulen sollte den
Ländern der Vorschlag an die Hand gegeben werden, die Hochschulen mit
zeitgemäßer Software im Bereich ihrer Lernmanagementsysteme
auszustatten. Damit verbunden ist die Ausstattung der Hochschulen mit
ausreichend frei zugänglicher Hardware bzw. deren Finanzierung, um den
Zugriff von digitalen Lehr- und Informationsinhalten auch denjenigen
Studierenden möglich zu machen, die (noch) über keine eigene technische
Ausstattung verfügen. Im gleichen Atemzug muss die Bereitstellung frei
zugänglicher Software genannt werden, hier sollten die Bundesländer und die
Hochschulen dazu angeregt werden, über eine stärkere Förderung von Open
Courseware nachzudenken.
3. Aufgrund der Lieferung von wichtigen Beiträgen zur Erreichung des
Lernerfolges von Studierenden durch E-Learning sollte mit den Bundesländern
Seite 21
Sven Volmering MdB
Initiativpapier „Digitales Lernen“
und den Vertretern der Hochschulen darüber gesprochen werden, E-Learning-
Angebote verbindlich in die Hochschulentwicklungsplanungen einzubeziehen.
4. Um E-Learning-Angebote für die Hochschullehre im besten und
erfolgreichsten Maße nutzbar zu machen, braucht es vor allem geschultes
Lehrpersonal, das einen kompetenten und sicheren Umgang mit E-Learning-
Möglichkeiten und deren Einsatz vorweisen kann. Hier müssen didaktische
Konzepte weiterentwickelt werden, denn die simple Übertragung von
traditionellen Lehrmethoden auf digitale Formate führt in der Regel nicht zum
Erfolg einer breiten Annahme von E-Learning-Angeboten. Dabei müssen die
Curricula angepasst werden.
5. Auf der anderen Seite braucht es Anlaufstellen, die den Lehrenden eine
Hilfestellung bieten bei der Erstellung und Betreuung von E-Learning-
Angeboten, beispielsweise durch entsprechende Fortbildungsmöglichkeiten
und Schulungen. Hier empfiehlt sich – aufgrund der Zersplitterung der
Informationsangebote im Bereich E-Learning – die Einrichtung eines
nationalen Kompetenzzentrums, angelehnt an den in Großbritannien
etablierten Joint Informations Systems Committee (JISC). Mit einem solchen
Kompetenzzentrum können die bereits vorhandenen IT-Ressourcen und
entwickelten Programme einem größeren Kreis von Hochschulen zur
Verfügung gestellt werden. So können hochschulübergreifende Dienste,
insbesondere im Bereich des E-Learning, zusammengeführt werden. Um
Doppelungen zu vermeiden und Synergieeffekte zu schaffen, könnte dieses
Kompetenzzentrum nicht nur für die Hochschulen zuständig sein, sondern
auch im schulischen und frühkindlichen Bildungsbereich wirken und zusätzlich
im internationalen Bereich als zentraler Ansprech- und Kooperationspartner
fungieren. Ziel muss es sein, ein digitales Wissenschaftsarchiv zu schaffen,
dass aus der Vielzahl bestehender E-Learning-Angebote eine zertifizierte
Bestenauswahl schafft, die in allen Bildungssektoren genutzt werden kann.
6. Immer mitgedacht werden muss bei der Einrichtung eines nationalen
Kompetenzzentrums zur praktischen effektiven und erfolgreichen Nutzung
Seite 22
Sven Volmering MdB
Initiativpapier „Digitales Lernen“
von digitalen Medien und E-Learning-Angeboten die wissenschaftliche
Begleitung dieses Prozesses. Kritisch überprüft werden muss in
Langzeitstudien – neben einer Bestandsaufnahme der gegenwärtigen
Situation als Ausgangsgrundlage – wie sich die digitale Mediennutzung der
Studierenden entwickelt, welche (veränderten) Lernerfolge über E-Learning-
Programme erzielt werden können und wie überhaupt mit unterschiedlichen
Programmen gelernt und Wissen erfahren wird. Gerade bei der rapiden
Entwicklungsgeschwindigkeit im IT-Bereich ist eine konstruktive sowie
kritische Überprüfung und Auseinandersetzung mit den Technologien
zwingend erforderlich. Bei der Nutzung digitaler Lehrangebote muss die
Forschung für wissenschaftliche Erkenntnisse sorgen, die der
Weiterentwicklung dieses Themengebietes dienlich sind.
7. Aber nicht nur die Vernetzung zum Austausch und gegenseitigem Nutzen von
IT-Ressourcen und elektronischen Programmen würde einen wichtigen
Beitrag für die Zukunftsfähigkeit der Hochschullehre leisten, sondern auch die
Vernetzung und der Austausch von konkreten, freien Lehrinhalten, den
sogenannten Open Educational Resources (OER). In diesem Zusammenhang
muss der Anteil digitaler Fachinformationen in Bibliotheken weiter erhöht
werden, speziell zu nennen ist hier der Zugriff auf E-Books, E-Journals und die
Lizensierung von Datenbanken. Die Bundesregierung wird dazu aufgefordert,
den Auf- und Ausbau und die koordinierte nationale, europäische und
internationale Vernetzung von offenen (Forschungs-)Datenbanken,
Repositorien und Open-Access-Zeitschriften der Forschungseinrichtungen und
der Hochschulen sind im Rahmen eines eigenen Programms zu fördern.
8. Die Länder und die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) werden dazu
aufgefordert zu prüfen, ob digitale Lehrinhalte verstärkt in „Hochschul-
Clouds“ zusammengefasst werden können. Damit auf solche „Hochschul-
Clouds“ zugegriffen werden kann, braucht es ein hochschul- und
bundesländerübergreifendes Zugriffssystem auf die sich darin befindlichen
Angebote und Inhalte sowie multilaterale Vereinbarungen zwischen den
daran beteiligten Hochschulen. Als mögliches Beispiel eines solchen
Seite 23
Sven Volmering MdB
Initiativpapier „Digitales Lernen“
Zugriffssystems kann hier das eduroam WLAN-Netzwerk angeführt werden.
Nachgedacht werden muss aber unter diesem Aspekt über betreffende
urheber- und lizenzrechtliche Anpassungen für die Einrichtung und Nutzung
solcher „Hochschul-Clouds“.
9. Um eine Qualitäts- und Quantitätssteigerung von E-Learning-Angeboten,
insbesondere bei MOOCs, zu erreichen, bedarf es der Möglichkeit der
Anrechenbarkeit von digitalen Lehrveranstaltungen für ein Studium. Hier
muss geprüft werden, inwieweit die Notwendigkeit und Möglichkeit einer
nationalen Akkreditierungsagentur für diese E-Learning-Angebote in
Deutschland besteht.
10. Es ist weiterhin zu prüfen, inwieweit im Rahmen eines Förderprogramms des
Bundesministeriums für Bildung und Forschung MOOCs oder andere E-
Learning-Angebote unterstützt und prämiert werden können, die sich speziell
an Schüler richten. Die gezielte Entwicklung von elektronischen
Einstiegsvorlesungen für Schüler könnte diesen bei der
Ausbildungswahlentscheidung bzw. Studiengangwahl helfen. Durch ein
„Hereinschnuppern“ in die altersgerecht-vermittelte Lehre eines Studiengangs
hätten die Schüler Unterstützung bei der Entscheidung, ob sie studieren
wollen und falls ja, welcher akademische Bereich für sie interessant wäre.
Hierhinter steht der Gedanke, mögliche spätere Studiengangwechsel oder
sogar Studienabbrüche zu verringern.
11. Ebenfalls werden die Bundesländer dazu aufgefordert, die Entwicklung eines
Förderprogramms auf europäischer Ebene zur digitalen Mediennutzung im
Bereich der kulturellen Bildung und Völkerverständigung anzuschieben. Der
Einsatz von MOOCs oder anderer E-Learning-Angebote könnte dahingehend
genutzt werden, dass sich Schulen der europäischen Mitgliedsstaaten zu
Kooperationspartnerschulen zusammenschließen und europäische Themen
und gemeinsame historische Vergangenheiten, wie beispielsweise den Ersten
oder Zweiten Weltkrieg, behandeln. Gleichzeitig könnten damit
Fremdsprachenkenntnisse erweitert, Medienkompetenz gestärkt und zur
Seite 24
Sven Volmering MdB
Initiativpapier „Digitales Lernen“
kulturellen Verständigung beigetragen werden. In Kooperation zwischen Bund
und Ländern soll ein Förderprogramm verbunden mit einer Auszeichnung
eines exzellenten Angebots an E-Learning-Angeboten im Bereich des
Hochschulstudiums, der Aus- und Weiterbildungsangebote und im Kontext
des Lebenslangen Lernens und zur Überwindung der digitalen Spaltung
(beispielsweise für Senioren, die sich geistig weiterbilden möchten, aber
körperlich nicht mehr in der Lage sind, eine Vorlesung an einer Hochschule zu
besuchen) ausgelobt werden.
12. Die Auswirkungen der Digitalisierung betreffen alle Bereiche des
gesellschaftlichen Lebens und sind in ihren Auswirkungen noch längst nicht
erfasst. Dies bietet den Hochschulen die Möglichkeit, neue Studiengänge
einzurichten, die den MINT-Bereich mit dem gesellschaftspolitischen Bereich
stärker verknüpfen. Zu prüfen wäre daher, im Rahmen eines bundesweiten
geförderten Wettbewerbs, aus jedem Bundesland eine Hochschule dafür zu
gewinnen, ein Querschnittsstudiengang „Digitale Informationsgesellschaft“ zu
entwickeln. Möglich wäre hierbei z.B. eine Anbindung an Innovationszentren,
um die Gründung von Start-Ups zu erleichtern.
13. Abschließend, um die Zahl der IT-Fachkräfte zu erhöhen, braucht es
ausreichend Master-Studienplätze im Bereich IT. Zielgerichtet sollen vor allem
Mädchen und junge Frauen für diese Berufsfelder begeistert werden. Der
Aufbau eines Mentorinnen-Netzwerks in der digitalen Wirtschaft ist dabei
eine geeignete Maßnahme. Der Anteil von Studentinnen zum Beispiel bei
Informatik und Elektrotechnik soll erhöht werden. Auch in den MINT-Fächern
soll der Fokus verstärkt auf die junge Schülerinnen und Studentinnen gelegt
werden.
6. Aus- und Weiterbildung
Digitale Lernmedien und -technologien eröffnen in der beruflichen Aus- und
Weiterbildung vielschichtige neue Möglichkeiten der Wissensvermittlung auf der
Seite 25
Sven Volmering MdB
Initiativpapier „Digitales Lernen“
einen Seite und den Möglichkeiten der Formen des Wissensmanagements für die
konkrete Anwendung im Arbeitsleben auf der anderen Seite. Der Einsatz von
Lernmedien unterliegt in der beruflichen Ausbildung unterschiedlichen
Rahmenbedingungen, nicht nur im Bereich des allgemeinen und beruflichen
Kompetenzniveaus des Auszubildenden, sondern auch im Bereich der
Anforderungen des beruflichen Umfeldes selbst, nicht zuletzt aufgrund der
Einführung der gestaltungsoffenen Ausbildungsordnungen Ende der 1990er
Jahre.
Heute existieren in der beruflichen Aus- und Weiterbildung unterschiedliche
digitale Lehr- und Lernmanagementsysteme, die je nach der betreffenden
Berufsbranche variieren. Initiiert wurde ein nicht unbedeutender Teil dieser Lehr-
und Lernmanagementsysteme durch Förderprogramme der Bundesregierung, zu
nennen wären hier beispielsweise die Programme „Neue Medien in der Bildung“,
„Digitale Medien in der beruflichen Qualifizierung“ oder „Lernet“. Trotzdem ist
die Nutzung von IKT-Systemen in der beruflichen Aus- und Weiterbildung heute
noch keine Selbstverständlichkeit. Auf der Nutzerseite können gewisse
Fertigkeiten bei den Auszubildenden heutzutage schon vorausgesetzt werden,
beispielsweise Recherchekenntnisse im Internet.
Die Nutzung von digitalen Medien und Lerninfrastrukturen bringt im Bereich der
beruflichen Aus- und Weiterbildung viele Vorteile mit sich: Hierdurch kann die
interaktive Kommunikation zwischen Auszubildenden/Weiterbildenden, Aus- und
Weiterbildern sowie dem Lehrpersonal vereinfacht und intensiviert werden.
Durch die Elektronisierung der Ausbildungsverläufe und Lernzwischenstände in
sogenannte e-portfolios könnten die Entwicklungen des Auszu- und
Weiterbildenden schneller und transparenter für alle Beteiligten nachvollzogen
werden und ggf. bei Problemen im Entwicklungsverlauf in einer höheren
Geschwindigkeit interveniert werden. Eventuelle gemeinsame Zugriffsrechte auf
die digital erfassten Entwicklungsdaten könnten es damit ermöglichen, den
Verlauf der Ausbildung individuell angepasster zu planen und zu fördern.
Seite 26
Sven Volmering MdB
Initiativpapier „Digitales Lernen“
Hinzuzufügen ist im Besonderen, dass der Mehrwert digitaler Lerninfrastrukturen
und Medien in ihrer Flexibilität liegt. Diese können orts- und zeitunabhängig
genutzt werden. Auszubildende können sich damit ihre Lerneinheiten freier
einteilen. Dies hat den Vorteil, dass beispielsweise bei einer hohen Auftragslage
ihres Ausbildungsunternehmens die Lehrlinge für Unterrichtseinheiten nicht
immer zwangsläufig aus dem laufenden Betrieb gezogen werden, sondern diesen
in arbeitsintensiven Zeiträumen zur Verfügung stehen können. Außerdem spielt
die Ortsunabhängigkeit von E-Learning-Programmen gerade in
strukturschwachen Räumen und in Nischenberufen eine bedeutende Rolle, da
hier die berufsschulische Ausbildung sich an wenigen Standorten konzentrieren
muss und damit Auszubildende mitunter weite Wege auf sich nehmen müssen,
um eine passende Berufsschule zu besuchen. Durch den Einsatz von E-Learning-
Elementen können diese Wege verringert werden.
Digitale Medien und Lerninfrastrukturen halten nicht nur für Erstauszubildende
viele Vorteile bereit, sondern gerade auch in der Weiterbildung für Fach- und
Führungskräfte kann E-Learning genutzt werden, um sich neben dem Beruf weiter
zu qualifizieren. Auch für Berufswiedereinsteiger – insbesondere sind hier Eltern
und/oder Erziehungsberechtigte zu nennen, die aufgrund von
Kindererziehungszeiten längerfristig am Arbeitsleben nicht teilnehmen konnten –
bieten E-Learning-Programme zeit- und ortsunabhängige Möglichkeiten, sich auf
den Wiedereinstieg in die Berufswelt vorzubereiten.
Im Bereich der Weiterbildung weisen digitale Lernformate bei
Weiterbildungsanbietern einen enormen Zuwachs auf, 59 Prozent aller Anbieter
stellen mittlerweile schon digitale Lernformate bereit. Wikis, Blogs und Soziale
Medien verzeichnen die größte Steigerungsrate. Allerdings bieten nur rund 12
Prozent der Weiterbildungsanbieter Social Media Lernformate an, sogar nur 4
Prozent stellt die Nutzung von Mobile Learning zur Verfügung.14 Bezeichnend ist,
14 Stefan Koscheck, Meike Weiland: Ergebnisse der wbmonitor Umfrage 2013 „Lerndienstleistungenund neue Angebotsformen“, Bundesinstitut für Berufsbildung, S.7-8. Online abrufbar unter:http://www.bibb.de/dokumente/pdf/wbmonitor_Ergebnisbericht_Umfrage_2013_mit_URN.pdf.
Seite 27
Sven Volmering MdB
Initiativpapier „Digitales Lernen“
dass im Bereich der allgemeinen Weiterbildung IT-(Grund)-Wissen zu den
häufigsten Angeboten mit rund 50 Prozent zählt.15
Um diese positiven Aspekte der digitalen Aus- und Weiterbildung nutzen zu
können, muss darüber nachgedacht werden, einzelne Berufsschulen übergreifend
zu entsprechenden Kompetenzzentren auszubauen, wie es beispielhaft schon in
Berlin und Niedersachsen der Fall ist. Durch die Vernetzung mit anderen
Kompetenzzentren können so Synergieeffekte geschaffen werden, sowohl in der
Hard- und Softwareausstattung, als auch in der gemeinsamen Nutzung digitaler
Lerninhalte.
Die Förderung digitaler Medien in der beruflichen Aus- und Weiterbildung hängt
aber nicht alleine von der Hard- und Softwareausstattung ab. Es muss deutlich
gemacht werden, dass der kompetente Umgang mit diesen, sprich
Medienkompetenz, eine Schlüsselrolle zukommt. Nicht nur von Seiten der sich
Auszu- und Weiterbildenden, sondern gerade beim entsprechenden
Berufslehrpersonal und bei den ausbildenden Fachkräften in den Betrieben
selbst. Insbesondere sind hier kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zu
nennen, die erfahrungsgemäß geringere Berührungspunkte mit digitalen Medien
und Lernprogrammen und damit weniger Erfahrung und Kompetenz aufweisen.
Der didaktisch abgesicherte, gezielte Einsatz digitaler Medien findet in diesen
Unternehmen noch nicht in erheblichem Umfang statt, obwohl in Handwerks-
und mittelständischen Betrieben rund 65,8 Prozent der
sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer und sogar 83 Prozent aller
Auszubildenden in Deutschland beschäftigt sind.16 Soll das Ziel eines erfolgreichen
und effektiven Einsatzes digitaler Medien im Aus- und Weiterbildungsbereich
umgesetzt werden, bedarf es vor allem eines betrieblichen
Bildungsmanagements, welches Hand in Hand mit einer unablässigen
organisatorischen Entwicklung geht. Es zeigt sich, dass vor allem integrative
Konzepte vermisst werden, die dieses Ziel verfolgen. Hierbei könnten die über
15 Vgl. Ebd., S. 9.16 Vgl. Bericht der Enquete-Kommission „Internet und Digitale Gesellschaft“, Band 6: Bildung undForschung, 17. Wahlperiode, 08.01.2013, S.33.
Seite 28
Sven Volmering MdB
Initiativpapier „Digitales Lernen“
800 überbetrieblichen Bildungsstätten (ÜBS), neben anderen Institutionen im
Ausbildungsbereich, eine wichtige Rolle spielen. Die bundesweite Infrastruktur
der ÜBS könnte genutzt werden, um diese Bildungsstätten als
Kooperationspartner für die einzelnen Unternehmen mit ihrem
Ausbildungspersonal zur Vermittlung von Medienkompetenz zu etablieren. Es
empfiehlt sich daher abschließend, nachfolgende Ansatzpunkte für die berufliche
Aus- und Weiterbildung in der Strategie „Digitales Lernen“ mit einzubinden:
1. Die Bundesregierung sollte im Rahmen der Strategie „Digitales Lernen“ – wie
bereits in der Vergangenheit – Fördermaßnahmen in Zusammenarbeit mit den
Partnern des dualen Ausbildungssystems ergreifen, die die Etablierung und
Nutzung von digitalen Medien und Lernstrukturen in der beruflichen Aus- und
Weiterbildung unterstützen. Diese Fördermaßnahmen müssen insbesondere
bei der inhaltlichen Ausgestaltung die besonderen Bedürfnisse kleiner und
mittelständischer Unternehmen berücksichtigen. Gerade die KMUs haben, im
Gegensatz zu Großunternehmen, oftmals nicht die Möglichkeit, systematisch
und langfristig digitale Medien und Programme einzusetzen, aufgrund der
zumeist fehlenden Einbettung dieser in die Unternehmensfunktionen und -
infrastruktur und der Unterwerfung eines ständig wechselnden
Tagesgeschäfts in der Ausbildung und Facharbeit.
2. Im Zuge der angesprochenen Fördermaßnahmen müssen damit verbunden
Investitionen in die digitale Grundausstattung von Berufsschulen,
Fachschulen, öffentlichen überbetrieblichen Ausbildungsstätten und
öffentlichen Weiterbildungsträgern getätigt werden. In diesem
Zusammengang muss darüber nachgedacht werden, inwieweit digitale
Lehrmaterialien und Programme frei zugänglich gemacht werden können.
3. In Kooperation mit den überbetrieblichen Ausbildungsstätten sollten Aus- und
Fortbildungsangebote im Bereich der Nutzung digitaler Medien und
Medienkompetenz für das Ausbildungs- und Lehrpersonal geschaffen werden.
Die Bundesregierung und die Bundesländer werden dazu aufgefordert, die
überbetrieblichen Berufsbildungsstätten und Kompetenzzentren so
Seite 29
Sven Volmering MdB
Initiativpapier „Digitales Lernen“
auszustatten, dass sie die dazu erforderlichen Qualifizierungsmaßnahmen flä-
chendeckend übernehmen können. Weiterhin muss im Zuge des Gedankens
der Fachkräfteausbildung und Förderung in Zusammenarbeit mit den
Industrie- und Handelskammern geprüft werden, ob es sich empfiehlt, einen
Ausbildungsgang Dateningenieure zu schaffen, um ggü. dem allgemeinen
Informatikstudium ein attraktives, spezifisches Ausbildungsangebot zu
schaffen.
4. Zu prüfen ist, inwieweit Berufsbildungszentren und Ausbildungsbetriebe
miteinander vernetzt werden können, um eine Koordination der
Ausbildungsinhalte, die gemeinsame Entwicklung von Lernaufgaben und
weitere Organisationsmöglichkeiten zu schaffen. In Verbindung hiermit
müssen vorab persönlichkeits- und datenschutzrechtliche Problemstellungen,
beispielsweise bei der Erstellung und Bearbeitung von Ausbildungsportfolios
mit differenzierten Zugriffsrechten, Klärung erfahren.
Seite 30
Sven Volmering MdB
Initiativpapier „Digitales Lernen“
Sven Volmering
Mitglied des Deutschen Bundestages für Bottrop, Dorsten und Gladbeck
Platz der Republik 1 · 11011 Berlin
Tel: +49 30 227-74457 · Fax: +49 30 227-76459
E-Mail: [email protected] · www.sven-volmering.de
Facebook: www.facebook.com/volmering.sven
Twitter: www.twitter.com/SvenVolmering