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Das Themenmagazin von Ketchum Pleon | Juni 2013 Inspire #03 Nie mehr allein ? Schwerpunkt Allianzen

Inspire magazin#3 Ketchum Pleon

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"Nie mehr allein" - so der Titel des Inspire Magazines, Ausgabe nummer 3, von Ketchum Pleon. Und dieses Mal geht es um Allianzen. Allianzen in der Kommunikation, im Marketing, im Unternehmen, der Agentur und zwischen allen diesen - für mehr Wachstum.

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Das Themenmagazin von Ketchum Pleon | Juni 2013

Inspire #03

Nie mehr allein?Schwerpunkt Allianzen

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2 // SCHWERPUNKT ALLIANZEN

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

„Nie mehr allein?“, fragen wir uns in dieser Ausgabe. Denn die Kommunikationsbranche setzt aktu­

ell auf neue Zusammenschlüsse, überraschende Querverbindungen, Perspektivwechsel und auf

die Kombination aus vermeintlich Unvereinbarem. Kurz: auf neue Allianzen.

Damit sind nicht etwa Bündnisse für die Ewigkeit gemeint, sondern kollektive, spontane Zusammen­

schlüsse für gemeinsame Vorhaben. Diese nehmen wir in Inspire etwas genauer unter die Lupe.

Unsere Autoren untersuchen zum Beispiel das Verhältnis von Journalismus und PR. Sie plädieren

für kreative Kooperationsansätze, streiten für ein neues Verständnis von Employer Branding und

fordern Rückzugsräume für die Entwickler politischer Inhalte. Sie rufen zum gemeinsamen Handeln

für Corporate Social Responsibility auf und beschwören die Kraft von Videoformaten, die Ziel­

gruppen einbinden.

Unsere These: Es ist zwar meistens friedlicher allein, aber oft ist die Friedhofsruhe dann nicht mehr

weit entfernt. Wer seine Ziele erreichen will, kommt an Allianzen nicht länger vorbei. Denn künftige

Chancen für die Kommunikation liegen nicht unbedingt in originär neuen Ansätzen und Ideen. Sie

liegen vielmehr in der intelligenten Verknüpfung und Verzahnung von Inhalten, Tools, Medienkanä­

len und vor allem von Menschen – unabhängig davon, ob es sich dabei um eigene Mitarbeiter,

Zielgruppen und Multiplikatoren oder Berater in Agenturen handelt.

Wir wünschen viel Spaß bei der Lektüre und würden uns freuen, wenn wir künftig gemeinsam

Allianzen schmieden können. Lesen dürfen Sie aber erst mal in Ruhe allein.

Ihr Inspire­Team von Ketchum Pleon

PS: Die digitale Version des Magazins finden Sie auf unserem Blog

www.kpg-blog.de.

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// 3 INHALT

4 Was Journalismus braucht, ist professionelle PR … sagt einer, der es wissen muss: UIf Brychcy kennt beide Seiten der Kommunikation.

6 Video sellsBewegtbild in der Kommunikation gehört heute zum guten (Social Media)­Ton. Was dabei nicht vergessen werden sollte ...

8 Wirf das Handy in den Dreck Ein Fallbeispiel von unseren Wiener Nachbarn: Wie ein Video die magische Millionengrenze bei YouTube knackt.

10 Der Club der neuen Denker Zeit für mehr Rückzug und mehr Inhalte, sagen unsere Autoren in ihrem Plädoyer für mehr politische Allianzen.

12 Vom digitalen Spillover­Effekt „Die Social Networks verlassen den Screen“, sagt unser Kollege, der auszog, die digitale Entwicklung zu suchen.

14 Weckruf: Employer Branding Über die Kunst, keine Azubi­Videos zu machen und die eigene Kultur des Unternehmens zu finden.

16 Reden – und Rudern Solange der schwarze Peter weiter zwischen NGOs, Unternehmen und Politik hin­ und hergeschoben wird, ändert sich nichts.

18 Bis die Idee uns eint Kreativität ist Agenturen vorbehalten? Glauben wir nicht. Aber lesen Sie selber.

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4 // CONTENT UNSER

Herr Brychcy, seit diesem März sind Sie nun Pressesprecher der

BBDO. Wie fühlt man sich als erfahrener Journalist in der PR?

Ich fühl mich sehr wohl. Natürlich hilft es mir bei meinen Aufgaben,

dass ich bereits als Journalist und auch als Pressesprecher gearbeitet

habe. Ich kenne also beide Seiten des Schreibtisches.

Aber es heißt doch immer: Journalisten und PR-Menschen

trennen Welten …

Das ist mir viel zu apodiktisch. Beide sind Teil der Informations­

gesellschaft: Der PR­Mitarbeiter kommuniziert die Botschaften

seines Auftraggebers. Der Journalist nutzt diese Informationen, um

seinen Lesern, Hörern oder Zuschauern Nachrichten zu bieten und

Geschichten zu erzählen, die deren Bedürfnissen entsprechen.

Also unabhängiger Journalismus hier, interessengeleitete Auf-

tragskommunikation dort?

Machen wir uns nichts vor: Journalismus ist selten vollkommen

unabhängig, schon aus ökonomischen Gründen. Medienunterneh­

men müssen Geld verdienen. Und sie sind Tendenzbetriebe, sorgen

so für publizistische Vielstimmigkeit – in einer demokratischen

Gesellschaft unverzichtbar.

Ist der freie Journalist denn nur noch ein Mythos?

Nein. Der Journalist entscheidet in der Regel, an welcher Geschichte

er arbeitet. Und er legt fest, welche Informationen er dafür braucht

und wie er recherchiert. Dafür kann er auf PR­Agenturen zurück­

greifen – muss es aber nicht.

„WAS JOURNALISMUS BRAUCHT, IST PROFESSIONELLE PR“Ulf Brychcy, Pressesprecher BBDO Germany und langjähriger Wirtschaftsjournalist, über das besondere Verhältnis von Presse und PR.

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// 5 jOURNALISMUS UND PR

Also braucht der Journalismus die PR eigentlich nicht?

Was der Journalismus vor allem braucht, ist professionelle PR.

Und was zeichnet professionelle PR aus?

Die Themen sollten eine Relevanz besitzen. Der PR­Mitarbeiter

sollte sich darüber im Klaren sein, für wen seine Geschichte eine

Geschichte sein könnte. Professionelle PR liefert dem Journalisten

Fakten, Hintergründe und Einblicke, die er so nur vom Kommuni­

kations­Profi bekommt. Damit wird der PR­Mitarbeiter zum verläss­

lichen Ansprechpartner für Journalisten.

Wann nervt PR?

Es nervt, wenn die PR­Agentur um 16 Uhr in der Redaktion anruft,

um ein Thema anzubieten. Da platzt man mitten in die Stressphase

der Journalisten, die gerade die Zeitung von morgen oder den

Online­Auftritt des Abends erstellen. Was Journalisten auch nervt:

Der Beitrag wird mit der Streubüchse angeboten, nach dem Motto:

Irgendwo wird sich schon irgendwer dafür interessieren. So füllt

man nur Papierkörbe und Spamordner. Dafür hat ein Journalist in

den Redaktionen von heute keine Zeit mehr.

Und wie geht es besser?

Als Agenturmensch muss ich erst einmal meine Botschaft auf den

Punkt bringen: Was ist das Neue an meiner Geschichte? Und wen

könnte das weshalb interessieren? Wenn ich dann auch noch den

richtigen Ansprechpartner in der Redaktion erreiche, habe ich schon

gewonnen. Wer seine Autogeschichte beim Feuilletonredakteur

anbietet, leider nicht ...

Wozu braucht die PR den Journalismus?

Ganz einfach: Es sind immer noch die Journalisten, die den

Zugang zu den meisten Lesern, Zuschauern, Hörern und Online­

Nutzern verschaffen.

Der Journalist als Gatekeeper …

Ja, immer noch. Aber er hat hier kein Monopol mehr. Wenn ein

Unternehmen etwas mitteilen will, hat es heute viele Möglich­

keiten, den klassischen Journalismus zu umschiffen. Im Netz kann

jeder selbst kommunizieren – weltweit. Das macht dem Journa­

listen natürlich zu schaffen, weil das auch mit Bedeutungsverlust

zu tun hat.

Müssen sich Journalisten deshalb breiter aufstellen: Print, Online,

Social Media?

Natürlich brauchen sie die technischen Fertigkeiten, auch online

und in Social Media zu kommunizieren. Entscheidend bleiben

aber die Inhalte. Die Informationsflut der Neuen Medien zwingt

den Journalisten stärker denn je, sauber zu analysieren, zu

bewerten und auch mal Unausgegorenes auszusortieren. Präzise

einzuordnen ist wichtiger, als vermeintliche News möglichst

schnell rauszuhauen.

Wie beeinflusst das Social Web die journalistische Arbeit?

Es ermöglicht eine direkte, schnelle und persönliche Kommunika­

tion. Daraus lassen sich zusätzliche Informationen ziehen, die

Recherche kann einfacher und unmittelbarer werden.

Sehen Sie in Social Media eher Chancen als Risiken?

Früher gab es für Journalisten, die über Unternehmen schreiben,

relativ wenige Informationskanäle. Es gab die Presseabteilung und

ein paar Kontakte, die man auch mal „Off the Record“ anrufen

konnte. Heute mailen oder bloggen Mitarbeiter von Unternehmen,

um auf Missstände hinzuweisen. Über solche Quellen freuen sich

Journalisten natürlich. Bei Pressesprechern sorgt das allerdings bis­

weilen für einen Anstieg des Stresspegels.

Und wo liegt das Risiko?

Man muss halt genau hinschauen: Wie authentisch ist das, was da

aus dem Netz kommt? In Zeiten von Big Data und Narrative Science

ist es unerlässlich, Information gegenzuchecken. So wächst mit den

Recherchemöglichkeiten auch die Verantwortung. Und wir müssen

nicht immer gleich auf jeder Welle reiten – das gilt übrigens für

Journalisten und PR­Mitarbeiter gleichermaßen.

Noch ein Profi-Tipp zum Schluss: Eine gute Pressemitteilung …

… ist kurz, präzise und relevant – daran ändern auch die Neuen

Medien nichts. //

Weiterführende Links

@Ulf BrychcyDirector Corporate Communica­tions beim Agenturnetzwerk BBDO Germany. Als Pressesprecher war er bereits auch bei der DirectGroup Bertelsmann tätig. Journalistische Stationen: „Financial Times Deutsch­land“ und „Süddeutsche Zeitung“.

@Ulrich Nitscheist als Leitender Redakteur am Standort Düsseldorf Spezialist für Corporate Communication und Corporate Publishing. Zuvor war er acht Jahre Redakteur beim Wirtschaftsmagazin „Capital“ und Textchef beim Bauer Verlag.

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6 // DIE ZWEI TÜRME

VIDEO SELLS!tl;dr1 ist mehr als nur eine Abkürzung. Warum es sich lohnt, in bewegten Bildern zu denken.

Video ist derzeit der hellste Stern am Content­Himmel. Keine Web­

site, keine Kampagne, die nicht ohne Bewegtbild auskommt. Im

Jahr 2013 ist das keine wirkliche Überraschung mehr. Spätestens

seit der Einführung von AT&Ts Picturephone in den 1970er­Jahren

denken Unternehmen darüber nach, wie sie bewegte Bilder für ihre

Kommunikation einsetzen können. Durch die rasend schnelle Ver­

breitung mobiler Endgeräte hat das Thema aber zuletzt noch einmal

deutlich an Dynamik gewonnen: Die Analysten von comScore haben

errechnet, dass der durchschnittliche Internetnutzer 2012 jeden

Monat 22 Stunden Video­Content konsumiert. Für das Videoschauen

per Internet in Deutschland verzeichnete die Online-Studie von

ARD und ZDF eine Zunahme um 30 Prozent gegenüber 2007.

das Prinzip der radikalen Verkürzung

Der Siegeszug des Online­Videos geht einher mit einer Entwicklung,

die auf den ersten Blick kurios erscheint: Die Filme im Netz werden

immer kürzer. Die mittler­

weile eingestellte Plattform

12seconds.tv war 2008 eine

der ersten, die das Tweet­

Prinzip auf das Videoformat

übertragen wollten. Je kürzer die Botschaft, desto größer die Wahr­

scheinlichkeit, dass sie im Social Web empfangen und, viel wichtiger,

geteilt wird.

1 tl;dr: Abkürzung für „too long; didn’t read“, Internet­Idiom für die Kennzeichnung von als langweilig empfundenen, zu langen Texten.

Auch in kurzer Zeit lassen sich gute Geschichten erzählen

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// 7

Nicht jedes Format muss von einer 15­köpfigen Crew umgesetzt werden

Ein Video allein ist noch keine erfolgreiche Kommunikation

VIDEO SELLS

Heute gibt es dafür die Video-App VINE. Sie erlaubt es, Videos mit

einer Länge von maximal sechs Sekunden zu versenden.

Zahlreiche Beispiele belegen, dass der Inhalt dabei nicht zwangs­

läufig auf der Strecke bleiben muss. Auch in kürzester Zeit lassen

sich gute Geschichten erzählen.

das liebe Budget

Indes: Gute Ideen wollen professionell ins Bild gesetzt werden. Das

heißt jedoch nicht, dass die Produktion guten Video­Contents auto­

matisch aufwendig und teuer ist. Nicht jedes Format muss von einer

15­köpfigen Crew umge­

setzt werden. Entscheidend

ist die Geschichte. Keine

Frage: Imagevideos brau­

chen nach wie vor eine pro­

fessionelle Produktion, ein Storyboard, mehrere Drehorte und einen

Regisseur. Kleinere Storys wie Kunden­ oder Mitarbeiterporträts

oder Event­Reports lassen sich mit weniger Aufwand realisieren.

Das Team des Berliner Interviewmagazins „Freunde von Freunden“

zeigt regelmäßig, wie sich emotionale Porträts stimmungsvoll und

ohne aufwendige Effekte erzählen lassen (www.freundevonfreunden.

com). Fazit: Man braucht heute keine immensen Budgets mehr,

wenngleich es ganz ohne handwerkliche Grundlage auch nicht geht.

Schnitt, Ton und im Idealfall eine Prise Postproduktion sind für jedes

Video ein Gewinn.

die Aufgabe: storytelling und User engagement

Angesichts des durchschlagenden Erfolgs der Online­Videos ist der

Auftrag für Kommunikatoren klar: Wir müssen unsere Themen

konsequent in Bildern und Bildsequenzen denken. Es gilt, Inhalte

zu schaffen, die Geschichten erzählen und Menschen emotional

berühren. Ein eindrucksvolles Beispiel ist die Kampagne „Meet the

Superhumans“, mit der der britische TV­Sender Channel 4 die

Übertragung der Paralympics 2012 bewarb.

Dank des technologischen Fortschritts werden die Hürden für die

Produktion hochwertiger Videos immer niedriger, sowohl für Unter­

nehmen und Institutionen als auch die Nutzer selbst. Nicht zuletzt ist

es deswegen für Unternehmen unerlässlich, die Codes und Mecha­

nismen des Social Web immer im Hinterkopf zu behalten, also die

Nutzer viel stärker teilhaben zu lassen. Das Potenzial ist gigantisch:

Allein auf YouTube wurden 2012 minütlich 72 Stunden Videomate-

rial hochgeladen. Für Unternehmen bietet sich die Chance, diese

Kreativität zu nutzen um neue Allianzen zwischen Marken und

Zielgruppen zu schmieden. Wie das aussehen kann, hat Montblanc

2011 zur Markteinführung einer Kollektion von Luxusuhren mit der

Kampagne „The Beauty of a Second“ gezeigt. Nutzer konnten

Clips mit einer Maximaldauer von einer Sekunde auf einer Website

hochladen, aus den verfügbaren Schnipseln eigene Filme zusammen­

stellen und diese direkt über Facebook und Twitter teilen. So ent­

stand hoch emotionaler Video­Content, der sich im Netz verbreitete.

Die Nutzer wurden zudem zu digitalen Markenbotschaftern. Und

das freiwillig.

Ohne strategie geht es nicht

Zusammengefasst: Videos liegen im Trend. Wie also darauf reagieren?

Das Imagevideo auf der Unternehmenswebsite zu aktualisieren,

reicht kaum aus, auch die

schnelle Produktion von ein

paar Videos und der Upload

in den YouTube Channel ist

keine gute Antwort. Denn

ein Video allein ist noch keine erfolgreiche und erst recht keine wirk­

same Kommunikation. Die tatsächliche Herausforderung liegt darin,

eine übergreifende Storyline zu entwickeln, die Video als ein zentrales

Element begreift. Die aber auch auf anderen Kanälen und Medien

erzählt wird. Es geht am Ende also um integrierte Kommunikation

und crossmediales Storytelling. Kerrin Sheldon, Kogründer von

Humanity.TV, bringt es auf den Punkt: „To create truly high-qua-

lity content, you must be a storyteller.“ //

Weiterführende Links

Worauf es bei erfolgreichem Video­Content ankommt, erläutert die New York Times: http://nyti.ms/10RVcup

Das Tech­Blog „All Twitter“ über VINE: http://bit.ly/XPPhp3

Die 13 Trends im Bereich Video­Content werden auf Smartblogs beschrie­ben: http://bit.ly/ZkLX9A

@Markus FischerConsultant am Standort Düsseldorf und Verfechter von guten Videos sowie Prezi. Wenn Inhalt und Hand­werk stimmen.

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// 9 WIRf DAS HANDY IN DEN DRECK

WIRF DAS HANDY IN DEN DRECK Die Erfolgsgeschichte eines ungewöhnlichen Handy-Crashtest-Videos mit über 1,2 Millionen Views auf YouTube (http://bit.ly/L5gcWO). Ein Gastbeitrag von Klaus Kraigher, Ketchum Publico, Wien.

Heute reicht es kaum aus, nur Fakten und Informationen zu Unter­

nehmen oder Produkten zu erzählen – denn dafür begeistern sich die

wenigsten Leser oder User. Was stattdessen gefragt ist und was der

Markt erwartet, sind kreative Geschichten, die neugierig machen

und Emotionen wecken. So stehen wir vor der Herausforderung,

selbst spannende Inhalte zu produzieren – Inhalte, die unsere Ziel­

gruppen unbedingt sehen und am besten auch verbreiten möchten.

Wie genau das erfolgreich funktioniert, zeigt das Beispiel der „Sony

Xperia go Outdoor Challenge“. Ketchum Publico hat sie für den öster­

reichischen Kommunikationsanbieter A1 entwickelt – und damit

weltweit für Aufsehen gesorgt.

der Job: smartphone und Provider in szene setzen

Der Kommunikationsanbieter A1 hat regelmäßig die neuesten

Smartphone­Modelle im Angebot. Bei einem Produktlaunch werden

üblicherweise der Hersteller sowie die Handy­Features in den Vor­

dergrund gerückt. Die besondere Herausforderung bestand nun aber

darin, als Provider und Marke gegenüber dem Smartphone kommu­

nikativ auf Augenhöhe aufzutreten. Zusätzlich sollte die Zielgruppe

involviert und nach Möglichkeit ein Viral­Hit gelandet werden. Das

wäre dann alles ...

die idee: Wir machen das, was sie sich nie zu trauen wagten ...

Wir produzieren ein Crashtest­Video. Aber nicht irgendeins, son­

dern das erste „crowdgesourcte“. Das heißt: Wir haben die A1­Face­

book­Community gefragt, wie man die Outdoor­Fähigkeiten eines

Smartphones am besten testen könnte. Die am häufigsten gemach­

ten Vorschläge wurden in einem actionreichen und ungewöhnlichen

Video umgesetzt. Da gibt es Handy­Weitwurf, Treppensturz, Fußball­

spielen, Versenken im Wasser und Vergraben im Sandkasten – alles

kein Problem für das Smartphone. Auch 5 bar Wasserdruck der Frei­

willigen Feuerwehr können dem Gerät nichts anhaben. Denn zum

Beweis, dass das Handy noch funktioniert, erscheint nach jeder

Challenge auf dem Bildschirm das Marken­Logo. Erst, als ein Auto

das Smartphone überrollt, bleibt der Monitor dunkel ...

Das fertige Video begeisterte die Community, denn sie erkannte,

dass ihre Vorschläge umgesetzt worden waren. Zudem wurde es

national und international an Technik­Journalisten und Blogger

gestreut, ein „Making­of“­Video publiziert und der Film auf allen

Kommunikationsplattformen des Unternehmens verlinkt. So erreichte

die Kampagne mit niedrigem Mitteleinsatz eine außergewöhnlich

hohe Reichweite.

die Zahlen sprechen für sich

Mehr als 1,2 Millionen Views und 4.000 „Likes“ auf YouTube hat die

Social­Media­Buzz­Kampagne inzwischen erreicht. Auch zahlreiche

begeisterte Kommentare auf Facebook zeigen, wie sehr die Story

die User begeistert. Die Kreativität der User scheint dabei grenzen­

los zu sein: So wurde das Ursprungs­Video in einem thailändischen

YouTube-Spot „gesampelt“, ein Clip aus Südafrika geht noch

weiter und übernimmt die komplette Idee. Klassische Medien­

berichte gab es natürlich auch und sogar die Auszeichnung als Sieger

beim österreichischen Staatspreis Public Relations 2012. Was den

Kunden aber vermutlich am meisten freut – es wurden doppelt so

viele Smartphones verkauft als ursprünglich kalkuliert.

Warum es funktioniert hat

Aus Kommunikationsperspektive kommen hier mehrere Erfolgsfak­

toren zusammen: Die Challenge trifft den Nerv der Zielgruppe.

Denn die Überempfindlichkeit vieler Smartphones sorgt immer

wieder für Diskussionsstoff. Wie kann dieses Alleinstellungsmerk­

mal aber glaubwürdig verdeutlicht werden? Mit einer ganz klaren

und nutzerbestimmten Beweisführung. Denn es gibt Dinge, die

würde man selber nie (mehr) mit seinem Handy tun. Aber wenn

sich die Gelegenheit bietet und man direkt dazu aufgefordert wird,

Vorschläge abzugeben, siegt die Neugier. Die Kampagne löst sich

dabei deutlich von klassischen „glatten“ Produktpräsentations­

formaten. Sie nutzt spielerische und involvierende Elemente, die

gerade bei technikaffinen Zielgruppen sehr gut ankommen. Die

Kür, den Auftraggeber A1 ebenfalls ins Spiel zu bringen, ist dank

authentischer Produktmanager und der Einblendung des Logos als

Funktionsbeweise („Es geht noch immer!“) perfekt gelungen.

Letztendlich dürfen bei allen viralen Effekten auch die professionelle

Vermarktung des Videos, seine Einbindung in alle Unternehmens­

kanäle sowie vor allem die kontinuierliche Kommunikation mit der

Community nicht außer Acht gelassen werden. Ein Videoerfolg

kommt selten von allein ... //

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10 // ZIEMLICH BESTE fEINDE?

DER CLUB DER NEUEN DENKER Ein Plädoyer für mehr Allianzen im politischen Raum.

Deutschland ist das Land der Verbände. Menschen, die etwa ein

Hobby oder einen Beruf teilen, organisieren sich, um gemeinsam

ihren Interessen nachzugehen. Schätzungen zufolge gibt es hierzu­

lande mehr als 15.000 solcher Gruppierungen, Tendenz steigend.

Aber ist das eigentlich noch zeitgemäß?

Noch bis vor wenigen Jahren war die Verbandsarbeit auch für Unter­

nehmen das Mittel der Wahl, um sich am politischen Diskurs zu

beteiligen. Bis heute hat das Wort eines Bundesverbands der Indus­

trie (BDI), einer Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberver­

bände (BDA) oder eines Verbandes der Automobilindustrie (VDA)

Gewicht. Denn es spiegelt in der Regel die Meinung der bedeu­

tendsten Unternehmen, Arbeitgeber und Steuerzahler Deutschlands

wider. Es dürfte somit kaum verwundern, dass politische Arbeit

heutzutage vielfach darin besteht, unterschiedliche Ansprüche in

Einklang zu bringen. Denn nicht nur Unternehmen, auch andere

gesellschaftliche Gruppierungen organisieren sich, um ihre Interes­

sen wahrzunehmen. Das Motto: Gemeinsam sind wir stärker. Mit­

hilfe von Kommunikations­ und Public­Affairs­Instrumenten werben

sie um die Aufmerksamkeit der Legislative.

Zunehmend an Bedeutung gewinnen vor diesem Hintergrund strate­

gische Allianzen: kurz­ bis mittelfristige, häufig wechselnde Zusam­

menschlüsse zu konkreten Problemfeldern. Sie stellen eine effiziente

und effektive Alternative zur zeit­ und ressourcenaufwendigen Ver­

bandsarbeit dar, die aus Sicht der Beteiligten ohnehin viel zu häufig in

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// 11 DER CLUB DER NEUEN DENKER

müden Kompromissen mündet. Und: Strategische Allianzen werden

den aktuellen politischen Rahmenbedingungen weit besser gerecht,

da sich Entscheidungskompetenzen auf mehrere Ebenen verlagert

und Handlungsspielräume des Einzelnen verkleinert haben.

herausforderung komplexität

Die flexiblen Bündnisse haben sich in der politischen Interessenver­

tretung mittlerweile etabliert und professionalisiert. Beobachten ließ

sich dies zuletzt am Beispiel der Debatte um das Leistungsschutz-

recht. Sowohl Befürworter als auch Gegner versuchten, über Allian­

zen Einfluss und Aufmerksamkeit zu gewinnen. Auf der einen Seite

stand die „Initiative gegen ein Leistungsschutzrecht“, angeführt

von Google. Auf der anderen Seite koalierten die großen Verlags-

häuser unter der Führung von Axel Springer und Burda. Die beiden

Bündnisse setzten die Politik unter Zugzwang. Und beide sahen sich

am Ende als Gewinner der Debatte. Offen bleibt, ob die Ergebnisse

insgesamt sinnvoll umzusetzen sind und ob sie auch denen gerecht

werden, die in dieser Debatte wenig Beachtung erhalten haben.

Die Politik hat dieser Bildung von Allianzen häufig noch wenig ent­

gegenzusetzen. Hier macht sich bemerkbar, dass die Herausforde­

rungen immer komplexer werden. Beispielhaft genannt seien die

internationale Finanzkrise, die umfassende Neugestaltung der

Energiepolitik und die Reform des Gesundheitssystems in einer

alternden Gesellschaft. Drei Themen, die eine Bildung von Allian­

zen geradezu herausfordern. Doch auf Ebene der politischen Ent­

scheider, ob in Regierungen oder Parlamenten, agieren eher Einzel­

kämpfer oder versprengte Häuflein. Das Ergebnis sind einsame

„Top­down­Entscheidungen“, die der zunehmenden Komplexität

nur unzureichend gerecht werden und die in der Umsetzung

schnell an Grenzen der Machbarkeit und Akzeptanz stoßen.

Andere, weniger im Fokus des öffentlichen Interesses liegende

Fragen nimmt die oberste Leitungsebene mangels Zeit und Res­

sourcen gar nicht erst in den Blick.

Wider die igeltaktik

Erschwerend kommt hinzu, dass die politische Entscheidungsebene

dazu neigt, „Flaschenhälse“ zu bilden. An der Person eines Bürolei­

ters beispielsweise führt kein Weg vorbei, an ihm oder ihr darf keine

Information vorbeilaufen. Die Kommunikation erfolgt häufig über

einen erlesenen Kreis von Personen innerhalb des Apparats. Die

Gründe hierfür sind vielschichtig: So zieht der Büroleiter seine Reputa­

tion oftmals daraus, dass er jeden Informationswunsch seines Vorge­

setzten sofort bedienen kann. Oder es mangelt an der Bereitschaft,

interdisziplinär zu denken und zu arbeiten. Bisweilen fehlen die Solida­

rität und der Wille, sich selbst zurückzunehmen. Nicht zuletzt findet

der notwendige personelle Austausch zwischen Regierung bezie­

hungsweise Parlament und Wirtschaft selten bis gar nicht statt. Der

Hauptgrund für die fehlenden Allianzen auf politischer Ebene ist aber,

dass die Entscheider keine Rückzugsräume mehr haben. Selbst

vermeintlich vertrauliche Äußerungen gelangen sofort an die Öffent­

lichkeit. Zu groß ist der Nachrichtenwert, zu groß ist teilweise das

Mitteilungsbedürfnis. Alle Möglichkeiten der modernen Kommuni­

kation – Twitter lässt grüßen – werden genutzt, um Halbgares, Kon­

zeptfragmente oder erste Überlegungen zu verbreiten. Regen sich

Protest und Widerstand, müssen die Äußerungen schnell wieder

kassiert werden. So steht eine moderne Interessenvertretung mit

starken Allianzen mitunter politischen Entscheidern gegenüber, die

sich immer stärker einigeln, damit möglichst wenig nach außen

gelangt. Das führt zu problematischen Ungleichgewichten.

interessenvermittlung der nächsten Generation

Um die Ungleichgewichte beseitigen und eine Interessenvermitt­

lung der nächsten Generation zu etablieren, müssen deshalb

zunächst wieder Rückzugsräume geschaffen werden: parteiunab­

hängig, interdisziplinär an der Schnittstelle zwischen Politik, Wirt­

schaft und Gesellschaft und organisiert durch eine neutrale Instanz.

Bereits bei der Planung dieser Rückzugsräume gilt es, die Pluralität

der Lösungsansätze und Meinungen zu berücksichtigen. Durch effi­

zientes Wissensmanagement und Partizipation wird so eine ganz­

heitliche Betrachtung komplexer Problemfelder möglich – frei von

der Notwendigkeit, fortlaufend über Arbeitsstände und fragmentari­

sche Überlegungen zu berichten. Diese Rückzugsräume sind Gegen­

stand neuer Formate im Bereich der Interessenvermittlung, die als

Teil einer vermittelnden Interessenvertretung entwickelt und eta­

bliert werden. //

Weiterführende Links

Ein weiteres Beispiel – in Form eines offenen Briefes – für eine interessante Allianz aus dem Bereich Energieeffizienz findet sich hier: http://bit.ly/11bjNz8.

@Thomas HelmUnser Head of Governmental Affairs mit Sitz in Berlin freut sich über Ihre Meinung zum Thema: [email protected]. Wie sieht der Rückzugsraum der Zukunft aus?

@Anatol Ittenist Consultant und Mediator am Standort Berlin. Sein Interesse gilt vor allem der Energiepolitik und den nationalen und internationalen Zusammenschlüssen zwischen politischen Akteuren.

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12 //

Wer deutsche Kongressgepflogenheiten gewohnt ist, dem treibt die

US­amerikanische SXSW wahre Freudentränen in die Augen. Nicht

1990er­Jahre­Auslegeware und brachiales Neonlicht bestimmen das

Bild, vielmehr herrscht Festival­Atmosphäre: Die digitale Boheme

darf hier frei zwischen Vorträgen und Start­up­Präsentationen wech­

seln oder Ausstellungen und Unternehmens­Lounges besuchen.

Doch von vorn: Die Fachmesse South by Southwest® (SXSW®) Inter-

active gilt als Pulsmesser der Digital­ und Kreativwirtschaft. Sie

nimmt Technologietrends, Innovationen und digitale Entwicklungen

unter die Lupe. Mehr als 25.000 internationale Besucher strömen

alljährlich nach Austin, Texas. Sie treibt die Hoffnung, als Erste das

„nächste große Ding“ – the next big thing – kennenzulernen. Immer­

hin wurden auf der SXSW in der Vergangenheit zum Beispiel Four ­

square und Twitter erstmals einer großen Öffentlichkeit vorgestellt.

entwicklung in die fläche

Konnte die diesjährige SXSW die hohen Erwartungen einlösen? Nur

zum Teil, denn es gab keine originären Innovationen aus dem

Dschungel der Digital­Schmieden. Das „Festival der vielen kleinen

Neuigkeiten“, wie es Die Zeit nannte, präsentierte aber zahlreiche

neue Nutzungsangebote. Sie tragen die heute verfügbaren tech­

nologischen Möglichkeiten in die Fläche – das heißt, sie machen

diese für ganz unterschiedliche Lebensbereiche anwendbar.

soLoMo: Weiter beobachten

Beinahe alle vorgestellten neuen Tools und Gründerideen folgen

dabei dem SoLoMo (SocialLocalMobile)­Gedanken, der die orts­

DER DIGITALE SPILLOVERRüdiger Maeßen, Standortleiter Düsseldorf/Bonn und Head of Digital & Social Media, über Trends von der SXSW Interactive, der weltweit größten Technologie- und Digital-Messe in Texas.

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// 13 DER DIGITALE SPILLOVER

abhängige Bereitstellung von Informationen über mobile Geräte

wie Smartphones und Tablets beschreibt. In seinem Keynote-Inter-

view prophezeit der CEO und Mitgründer von Foursquare, Dennis

Crowley, dieser intelligenten Nutzung von Orten und Plätzen für die

Kommunikation eine große Zukunft. Modernes Storytelling und

Consumer­Engagement würden künftig nicht umhinkommen, auf die

unmittelbare räumliche Umgebung der Zielgruppe einzugehen und

darauf in den Kommunikationsangeboten Bezug zu nehmen. Das

sagt natürlich der Richtige: Wer mit der Anwendung Foursquare nur

„Majorships“ und „Badges“ verbindet, verkennt das Potenzial des

Service, der sich in Deutschland noch nicht ganz durchgesetzt hat.

Die Technologie hinter Foursquare steckt schon heute in vielen

Applikationen und Tools, die auch für das Marketing und die

Kommunikation („Sage mir, wo du bist, und ich sage dir, was ich hier

für dich habe“) immer interessanter werden.

Big data: Wunderlampe oder Pandoras Büchse?

Auch im internationalen Umfeld ist der Umgang mit Daten ein

Dauer brenner. Ideen zur Aufbereitung der Daten nehmen dabei mit­

unter futuristische Züge an: Foursquare kann beispielsweise auf

Basis von Datenanalysen zeigen, wie sich Nutzerströme in Metropo­

len wie New York und Tokio bewegen und mit was sich diese gerade

beschäftigen. Interessant für Marketeers: Wenn sie wissen, wann,

wo und wohin sich ihre Zielgruppe bewegt, lassen sich daraus stra­

tegische Schlüsse für die Kommunikationsaktivi­

täten ziehen. Neue Werbeformen und Erlös­

modelle drängen sich geradezu auf: Es wäre

beispielsweise technisch möglich, die Werbung

nicht „per Klick“ zu bezahlen, sondern je nach

tatsächlich geleisteter Transaktion, die vor Ort bei einem Händler

durchgeführt und via Check­in bei Foursquare bestätigt wurde. Trotz

der Faszination zielgruppenspezifischer Datensätze bleibt die

gesamte Thematik – insbesondere in Deutschland – mit Vorsicht zu

genießen. Wer Datenvertraulichkeit und Persönlichkeitsrechte miss­

achtet, öffnet vielleicht die Büchse der Pandora.

Wenn der kühlschrank spricht – internet of things

Die digitale Vernetzung von technischen Geräten beziehungsweise

Gebrauchsgegenständen (der intelligente Kühlschrank) ist bereits

seit Jahren ein Thema. Die „Google Glasses“ oder die, Gerüchten

zufolge, schon bald kommende Armbanduhr von Apple stehen wei­

terhin hoch im Kurs. Sie sind Ausdruck der logischen Konsequenz in

der Abkehr vom Single Device (einem stationären Online­Zugang)

hin zur mobilen Nutzung verschiedener Devices. Vor diesem Hinter­

grund werden Gesundheitsdaten grundsätzlich immer interessanter,

Stichwort „Quantified Self“ – das messbare Selbst. Was mit dem

Nike­Schrittzähler am iPod vor einigen Jahren anfing, geht jetzt über

in intelligente Kleidung mit Sensoren, die zum Beispiel Körpertem­

peratur und Pulsschlag messen und in Verknüpfung mit der entspre­

Die Social Networks haben den Screen verlassen

chenden App Empfehlungen zu Ernährung und Bewegung abgibt.

Dieser aufkeimende „Körperkult“ sollte Healthcare­Unternehmen

und Anbieter von Gesundheitsprodukten in die Startlöcher treiben.

08/15 ist nicht mehr. die neue „Maker Culture“

Die Personalisierung sämtlicher Produkte und der Trend zum Selber­

machen sind weiterhin auf dem Vormarsch. Zusätzlich an Fahrt

gewinnen sie durch Technologien, die mehr und mehr massentauglich

werden, darunter beispielsweise 3­D­Drucker. Mit Kosten zwischen

2.000 und 4.000 Euro sind diese Geräte mittlerweile sogar er­

schwinglich. Einsteigermodelle sind ab 1.000 Euro erhältlich. Die

Preisentwicklung erinnert stark an die bei LED­Fernsehern, die für

Privatpersonen einst unerreichbar waren und mittlerweile zur Stan­

dardausstattung gehören. Der neuen Druckergeneration werden

spannende Einsatzbereiche vorhergesagt, zum Beispiel im didakti­

schen und medizinischen Bereich. Mal ganz davon abgesehen, dass

sich mit einer massentauglichen 3­D­Technologie auch der Dienst­

leistungssektor massiv verändern wird. Stellen Sie sich vor, Sie gehen

zum 3­D­Copyshop und drucken sich in Zukunft Ihre Schuhe oder

Handys nach eigenem Bauplan selbst aus.

Was bleibt festzuhalten? Die SXSW ist trotz zunehmender Infiltrie­

rung durch interessierte Privatpersonen weiterhin ein Pulsmesser

für globale Entwicklungen und Trends. Zwar weisen diese nicht

mehr den Innovationswert der ersten Jahre auf –

aber die jetzigen Entwicklungen gehen tiefer und

erfassen als Spillover­Effekte alle Lebensbereiche.

Die Social Tools gehen neue Allianzen ein mit Haus­

haltsgegenständen und Alltagsgewohnheiten –

selbst derjenigen, die um soziale Netzwerke weiterhin einen

Bogen machen. Anders formuliert: Die Social Networks haben den

Screen verlassen. //

Weiterführende Links

Interview mit Dennis Crowley, Co­Founder und CEO Foursquare bei SXSW 2013: http://bit.ly/10tiKKQ

Ein schönes Beispiel für die Nutzung von digitalen Tools im Alltag haben unsere US­Kollegen für ein Food­Unternehmen in die (nahe) Zukunft projiziert: http://bit.ly/12n7MBW.

Mehr Informationen rund um digitale Trends und Entwicklungen sowie Berichterstattung zu nationalen und internationalen Kongressen und Konferenzen finden Sie auf dem neuen kpg­digital­blog.de.

@Rüdiger Maeßenist Standortleiter Düsseldorf/Bonn und Head of Digital & Social Media.

Page 14: Inspire magazin#3 Ketchum Pleon

DENKEN SIE GROSS

WECKRUF: EMPLOYER BRANDING – MACHT ES ENDLICH RICHTIG!Warum für Kommunikation und HR ein neues Verständnis des eigenen Employer Branding zwingend erforderlich ist.

Sie singen gerne? Bei der Arbeit? Mit den Kollegen? Jetzt mal ehrlich:

Machen Sie doch wirklich nicht so gerne, oder? Außer vielleicht bei

der Betriebsfeier. Nach Mitternacht. Und eigentlich wollen Sie am

nächsten Morgen auch nicht daran erinnert werden. Warum, um

Himmels willen, kommen Unternehmen dann auf die Idee, ihre Azu­

bis einen Rap­Song aufnehmen zu lassen und das Ganze dann unter

den Stichworten Employer Branding und Mitarbeiter­Involvierung aus­

zuflaggen? Ist so ein Lied erst einmal veröffentlicht, wird es im Netz

schnell zur Lachnummer. O. k., kann ja mal passieren, ein bisschen

Schwund ist immer. Viel entscheidender ist aber, dass diese Songs

unglaubwürdig sind und weder potenzielle Bewerber noch geneigte

Konsumenten überzeugen. Oder haben Sie schon einmal einen

Edeka­Azubi beim Einräumen von Joghurtbechern rappen gehört und

dann gleich ein Bewerbungsschreiben aufgesetzt? Wir nicht.

hauptsache glaubwürdigDamit sind wir schon beim Kern des Employer Branding. Der heißt

schlicht: Authentizität. Viel beschworen, selten eingelöst. Meist ver­

sprechen einschlägige Kampagnen Bewerbern erst das Blaue vom

Himmel und dann droht die Hölle auf Erden – erhellend ist im Vorfeld

ein Blick bei Kununu. Und dann sollen es authentische Mitarbeiter

richten? Ja, gelegentlich klappt das sogar. Etwa bei Ikea. Das etwas

andere Möbelhaus zeigt Mitarbeiter mit etwas anderen Biografien.

Quereinsteiger erzählen von den Brüchen in ihrem Leben. Volltref­

fer! Hier kommen Markenkern und Mitarbeiter auf ideale Weise

zusammen. Neudeutsch heißt das dann Behavioral Branding: die

Mitarbeiter als Markenbotschafter. Die Idee ist gar nicht so neu. In

Berlin gibt es beispielsweise die Siemensstadt, in Essen den Stadt­

teil Margarethenhöhe – gebautes Employer Branding. Die Arbeiter,

Lieber Mitarbeiter.

Wo wollen wir hin?

Page 15: Inspire magazin#3 Ketchum Pleon

// 15

die in den Werkswohnungen von Krupp und Siemens lebten, waren

die besten Markenbotschafter, die man sich denken konnte. Sie

nannten sich stolz Siemensianer oder Kruppianer. Man darf vermuten,

dass die Testimonials Papa und Opa für die Söhne und Töchter ziem­

lich authentisch und glaubwürdig waren, denn vielfach hatten drei

Generationen aus einer Familie den gleichen Arbeitgeber. Warum

war das eigentlich so?

Basisbedürfnisse befriedigen

Die Antwort ist simpel: Den Altvorderen ging es damals in erster Linie

darum, ihre Grundbedürfnisse abzusichern – Werkswohnung, flie­

ßend Wasser, der kleine Garten, die Betriebsrente. Und heute? Ist es

eigentlich nicht viel anders. Umso unglaublicher ist, dass viele Emplo­

yer­Branding­Kampagnen immer noch an den wirklichen Bedürfnissen

ihrer Zielgruppen vorbeikommunizieren. Bewerber wollen in der Regel

keine Rap­Songs singen. Sie wollen nicht gesagt bekommen, dass ihr

Arbeitgeber das größte, beste, innovativste Unternehmen der Welt

ist. Was viele Mitarbeiter heute interessiert, ist zum Beispiel die Ver­

einbarkeit von Familie und Beruf, sind Wertschätzung und Lob, neue

Führungsmodelle und die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung.

einen schritt zurück

Oft scheitert der Employer­Branding­Ansatz jedoch bereits an der ver­

meintlichen Zielgruppe – die es oft gar nicht (mehr) gibt: jung und

dynamisch, sieben Sprachen statt Dialekt, Harvard statt Hannover,

weit gereist statt fest verwurzelt. Wie wäre es stattdessen, wenn

Unternehmen den Schatz in ihren eigenen Werkshallen, Entwick­

lungsbüros und Agenturräumen heben würden? Bei den Frauen zum

Beispiel. Warum gibt es in den Werbeagenturen eigentlich kaum Frauen,

die Mitte dreißig sind? Und keine Menschen über 45? Bei der NASA

dagegen werden Ältere „Deep Smarts“ genannt. Weil sie alle kannten,

weil sie alles wussten, weil sie schon einmal einen Menschen auf den

Mond geschossen hatten. Folglich: Auch in der eigenen HR­Kommu­

nikation heißt es, die eigene Zielgruppe neu zu definieren und ent­

sprechend auch die Inhalte, die dieser Zielgruppe wichtig sind.

harte fakten zählen

Wer eine Employer­Branding­Strategie aufsetzen möchte, sollte des­

halb zunächst die Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

erfragen. Auf dieser Analyse kann dann die eigentliche Strategie auf­

setzen, die eine Kommunikation nach innen und außen sowie die

erforderlichen Veränderungen im Unternehmen umfassen sollte.

Beides gehört zusammen und das Zusammenspiel ist extrem wich­

tig, denn Unternehmen müssen ihre bunten Bilder mit harten Fakten

beweisen können.

Schauen Sie deshalb, wo sich „Quick Wins“ für die Kolleginnen

und Kollegen erzielen lassen, zum Beispiel durch Homeoffice­

Regelungen. So merkt die Belegschaft, dass sich etwas verändert  –

die Voraussetzung für eine gelungene interne Kommunikation,

die sich dann ihren Weg nach außen sucht. Sie wird unterstützt

durch klassische Werbung, Social Media und PR, die jetzt auf den

intern vorbereiteten, fruchtbaren Boden fallen. Dann können Sie

die größeren Herausforderungen angehen, etwa Modelle zur Ver­

einbarkeit von Familie und Beruf oder Vorsorgesysteme, die

Bedürfnisse älterer Arbeitnehmer in Ihrem Unternehmen berück­

sichtigen. Denn im demografischen Wandel benötigen Sie vor

allem das Wissen Ihrer „Deep Smarts“, Mitarbeiter jenseits der

50  Jahre, die über einen reichen Erfahrungsschatz verfügen. Diese

sind in der Regel treuer als die jungen Top­Talente, die längst wissen,

dass sie von Unternehmen immer stärker umworben werden, und

deshalb schnell weiterziehen.

Mehr als kommunikation

Die Wahrheit ist: Richtiges Employer und Behavioral Branding

bedeutet nicht, bunte Bilder zu produzieren, sondern beinhaltet viel­

mehr den kompletten Umbau Ihres Unternehmens. Klingt hart, ist

aber so. Angesichts der demografischen Entwicklungen müssen

Unternehmen diese Entwicklung vollziehen, wenn sie wettbewerbs­

fähig bleiben wollen. Bedeutet das auch einen kompletten „Mental

Change“? Nicht unbedingt: Im Idealfall können Unternehmen an die

gute alte Unternehmenskultur anknüpfen, die Menschen bei ihren

Bedürfnissen abholt, sie zu guten Testimonials macht und sie dann

kommunizieren lässt: bei ihren Freunden, in der Nachbarschaft, im

Verein oder im Szeneklub. Denn eigentlich ist gutes Employer Bran­

ding nicht mehr als gute Mund­zu­Mund­Propaganda. Also fangen

Sie an zu flüstern. //

WECKRUf EMPLOYER BRANDING

Weiterführende Links

Noch ungenutztes Potenzial sieht die „Personalwirtschaft“ im Employer Branding: Wie die Realität hingegen oftmals aussieht, zeigt der Stepstone Report 2011.

Wer tiefer in die Thematik einsteigen möchte, dem sei das Buch „Behavioral Branding: Wie Mitarbeiterverhalten die Marke stärkt“ empfohlen.

@Christof Biggelebenhat als Head of Campaigning das richtige Gespür für gute Kampag­nen – egal ob intern oder extern.

@Maria Poppverantwortet als Personalreferentin Recruiting das Employer Branding und organisiert die prämierte Trainee­Ausbildung bei Ketchum Pleon.

Page 16: Inspire magazin#3 Ketchum Pleon

16 // REDEN – UND RUDERN

REDEN – UND RUDERNDie deutsche Erfindung Nachhaltigkeit feiert dieses Jahr ihr 300-jähriges Jubiläum. Ein guter Zeitpunkt für alle Akteure zu handeln – und zwar gemeinsam.

Temperatur und Meeresspiegel steigen, Ressourcen und Artenvielfalt

sinken – und jeder fragt sich, wer ist schuld? Das ist die falsche Frage,

denn: Nachhaltigkeit geht alle an. Und da wir alle im selben Boot sitzen,

sollte niemand allein rudern – sonst kommt niemals Land in Sicht.

Ein Blick auf die Karten. Auf dem Papier sind alle einig: Bei Nachhal­

tigkeit geht es um die Wettbewerbs­ und Zukunftsfähigkeit des

Standorts Deutschland. Und die kann ja nicht Sache Einzelner sein.

Wenn aber Taten folgen sollen, mündet die Einigkeit schnell in vor­

nehme Zurückhaltung – oder wechselseitige Schuldzuweisung. Den

schwarzen Peter bekommt am Ende oft die Wirtschaft zugesteckt,

trotz zahlreicher CSR­Projekte, Mitarbeiterprogramme, Lieferanten­

Audits, Nachhaltigkeitsberichte und so weiter. Warum ist das so?

In der Tat: Viele Unternehmen haben sich in Sachen Nachhaltigkeit

etwas zuschulden kommen lassen beziehungsweise verabsäumt.

Immerhin hat die Wirtschaft bereits in den 1990er­Jahren das heutige,

ganzheitliche Begriffsverständnis mit geprägt: Nachhaltigkeit meint

Schonung natürlicher Ressourcen und Sicherheit am Arbeitsplatz,

Suppenküche und Supply Chain. Dennoch werden Unternehmen

nur selten gehört, wenn sie ihr nachhaltiges Engagement dokumen­

tieren möchten. Noch seltener lösen sie damit Begeisterung aus.

Die Nachhaltigkeitskommunikation der Wirtschaft trifft auf eine

Gemengelage mit vielfältigen Interessen: Vorneweg marschieren

NGOs. Ihre Arbeit und Expertise ist unabdingbar, ihre Rolle als

Watch Dogs zur Beschleunigung der Thematik elementar. Inzwi­

schen haben viele NGOs sich selbst zu Markenartiklern gemausert

– und zu wahren Meistern des Campaigning, die immer stärker

Themen treiben; nicht immer auf die feine Art, aber verständlich,

schließlich geht es in der Aufmerksamkeitsökonomie auch für sie

um Share of Voice, Reputation und schlussendlich um Spendengel­

Bild

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GU

Page 17: Inspire magazin#3 Ketchum Pleon

// 17 REDEN – UND RUDERN

der. NGOs kaufen der Politik oft den Schneid ab, die dann beim

Agenda Setting das Nachsehen hat. Kompetenzgerangel ent­

steht – entweder durch schnelle NGO­Formationen provoziert oder

zwischen einzelnen Ressorts. Das Ergebnis ist häufig Aktionismus.

Verschiedene Initiativen im Kontext Verbraucherschutz bieten hier

aktuelle Beispiele.

Könnten die Medien hier vermitteln? Sie könnten – nur sind viele

Redaktionen im Kampf um Aufmerksamkeit (= Reichweite = Media

Budgets) zum Ereignisjournalismus übergegangen – ein „Genre“, in

dem das pointierte Stichwort

einer NGO allemal mehr zählt

als die PC­konforme Presse­

verlautbarung eines Unter­

nehmens. Und die Bürger als

Taktgeber für Wort und Tat?

Wir sind gleichzeitig Wähler,

Spender, Leser oder Zuschauer, Verbraucher – und selbst noch weit

davon entfernt, „grün, schlau und sexy“ (so der Wahlspruch einer

deutschen Online­Community für nachhaltigen Konsum) zu sein. Wir

bilden uns unsere Meinung – immer stärker informell über soziale

Medien, wir „liken“ viel und handeln wenig. Und auch im Internet

sind die NGOs meist schnell, oft gut und kreativ aufgestellt. Unter­

nehmen laufen dagegen häufig unter ferner liefen – es sei denn, sie

geraten ins Visier der nächsten Kampagne.

Dies alles spielt sich vor dem Hintergrund überbordender Informati­

onsfluten ab, deren Wellen tagein, tagaus über uns zusammenschla­

gen. Was bedeutet das für eine Nachhaltigkeitskommunikation der

Wirtschaft, die nicht nur rapportieren oder reagieren, sondern die

bewegen will?

Inhalte: Verdichtung und Vermittlung müssen in den Vordergrund

treten. Nachhaltigkeitskommunikation muss stärker dazu übergehen,

die Welt kompakt und nachvollziehbar zu erklären, anstatt nur epi­

sche Zahlenkolonnen zu reporten.

Wege: Unternehmen sollten Formate und Kanäle dringend überden­

ken. Hand aufs Herz: Welcher Bürger liest Nachhaltigkeitsberichte?

In Summe muss es aber eben dieser Bürger richten – als Verbrau­

cher. Was er dafür braucht, sind Information und auch Motivation,

um selbst aktiv zu werden.

Schulterschluss: Weil Unternehmen in der Sache (aber auch kom­

munikativ) mehr erreichen, wenn sie gemeinsam mit anderen Exper­

tiseträgern handeln, sollten sie auf Alleingänge verzichten. Dafür

herrschen zu viel Dünkel und Sippenhaft­Reflex bei den Adressaten.

Dazu ermutigen können Positivbeispiele für neue Ansätze in der Auf­

bereitung des komplexen Themas Nachhaltigkeit: Jüngst präsen­

tierte der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale

Umweltveränderungen (WBGU) die verbraucherfreundliche Variante

seines Hauptgutachtens – als Comic mit dem Titel „Die Große

Transformation. Klima – kriegen wir die Kurve?“. Eine anregende

und empfehlenswerte Lektüre.

Bereits im Jahr 2006 erschien die Studie „Zukunftsfähiges Deutsch­

land in einer globalisierten Welt“ des Wuppertal Instituts. Zunächst

als recht umfängliche Publikation aufgelegt, gibt es sie inzwischen

als kompakte Fibel. Ein hoch konzentrierter Impuls; nicht nur für

aufgeweckte Schulkinder, sondern generell für Menschen mit wenig

Zeit. Wirtschaftsentscheider sollen ja zu Letzteren zählen.

Eine Supermarktkette kam auf die pfiffige Idee, Klebebildchen

nebst informativem Sammelalbum zu bedrohten Tierarten aufzule­

gen. Natürlich mit Gütesiegel einer Umwelt­NGO versehen. Zwar

rettet man auch mit Panini nicht die Welt. Aber es spricht nichts

dagegen, das Bewusstsein für die Umwelt bereits im Kindesalter

zu schärfen. Mit einem bemerkenswerten Nebeneffekt: Es ent­

standen von Kunden initiierte Tauschbörsen am Point of Sale für

die Bilder. Die Aktion „Tier­Abenteuer“ ist auf der Website des

WWF beschrieben.

Tatsächlich können Unternehmen zu einer nachhaltig handelnden

Gesellschaft viel mehr beitragen als in den Führungsetagen oft

angenommen wird. Sie sollten das tun, nicht nur aus kaufmänni­

schen, sondern schon aus moralischen Gründen. Insgesamt sollten

Wirtschaft, Staat und Gesellschaft uneitler werden, pragmatischer

und vor allem: zielorientierter. Denn das Ergebnis zählt. Über die

erzielten Fortschritte können sie dann auf Basis einer zeitgemäßen

Nachhaltigkeitskommunikation gerne gemeinsam berichten. //

Unternehmen können zu einer nachhaltig handelnden Gesellschaft viel mehr beitragen als oft angenommen wird

Weiterführende Links

Der WBGU­Comic beschreibt in modernem Graphic­Novel­Stil die Herausforderungen des Klimawandels. Eine aufmerksam­keitsstarke Form der Wissensvermittlung. Neugierig? Schrei­ben Sie uns gern in einem Satz, warum Sie diesen Comic lesen müssen – unter allen Einsendern verlosen wir drei Exemplare. Mehr unter www.die­grosse­transformation.de und als kleiner Film hier www.wbgu.de/en/vorschau­comic­transformation.

Zum Thema nachhaltiger Konsum lohnt auch ein Blick auf die persönliche CO2­Bilanz: www.wwf.de/CO2­Rechner sowie in einen verantwortungsvoll befüllten Einkaufswagen: www.nachhaltiger­warenkorb.de. Auf www.uto­pia.de trifft sich zudem eine nachhaltige Konsumentengemeinschaft.

@Karsten Tappeist Director CSR mit Sitz am Ketchum Pleon Standort in Düsseldorf. Den vollständigen Artikel des Autors finden Sie auf der neuen CSR­Platt­form von Ketchum Pleon Deutsch­land: www.kpg­responsebility.de.

Page 18: Inspire magazin#3 Ketchum Pleon

18 // BIS DIE IDEE UNS EINT

Stecken wir vielleicht sogar in einer kreativen Sackgasse? Nein,

sagen zwei, die es wissen müssen: Claudia Geidel, Senior Consul­

tant Creativity bei Ketchum Pleon München, und Kerstin Steglich,

Standortleiterin von Ketchum Pleon Dresden.

Hand aufs Herz: Brauchen Unternehmen beim Thema Kreativi-

tät die Hilfe einer Agentur?

Claudia Geidel: Grundsätzlich ist Kreativität in Organisationen reich­

lich vorhanden. Dennoch werden Unternehmen nicht unbedingt kre­

ativer. Und zwar aufgrund von zu effizienten Strukturen, festgelegten

Prozessen, perfektem Management. Prozessoptimierung und Kos­

tendruck sind Handlungsmaximen, die kreatives Potenzial einschrän­

ken. Oft geht es nur darum, „wie“ etwas umgesetzt werden kann.

Warum man es so macht und ob es

nicht vielleicht noch andere, bessere

Wege gäbe, wird zu selten gefragt.

Hier können wir als Agentur unvoreingenommen denken und Ideen

entwickeln, Dinge besser infrage stellen.

Kerstin Steglich: In Bezug auf ihre Kommunikationsarbeit sind die

Unternehmen in den letzten zehn Jahren professioneller geworden.

Das hat die Zusammenarbeit mit Agenturen verändert. Unsere

BIS DIE IDEE UNS EINTUm das magische Dreieck Kunde-Agentur-Kreativität ranken sich viele Vorurteile, Mythen und Missverständnisse: Unternehmen sind nicht kreativ, Agenturen liefern utopische Ideen und umgesetzt wird am Ende nur der kleinste gemeinsame Nenner. Ist das wirklich so?

„Wir sind ja kein Ponyhof!“

Page 19: Inspire magazin#3 Ketchum Pleon

// 19 // 19TERMINE

Expertise ist heute verstärkt gefragt, wenn es um das Betreten von

Neuland geht, um Umbrüche, Wandel, Krisen, neue Dienstleistun­

gen oder Produkte. Agenturen haben hier oft schon Erfahrungen

gesammelt und sind es gewohnt, um die Ecke und auch gerne mal

anders zu denken.

Bremst Effizienz die Kreativität aus?

Kerstin Steglich: Effizienz und Kreativität sind kein Widerspruch an

sich. Manager sollten aber im Hinterkopf behalten, dass Kreativität

anders funktioniert als Ressourcen­ und Budgetplanung. Kreativität

braucht Freiheit und lässt sich nicht durchplanen. Die Ergebnisse

eines Kreativprozesses sind oft weitaus effektiver als der vorher

beschrittene Standardweg. Übrigens: Effizienz bestimmt auch unser

Handeln – das Agenturleben ist kein Ponyhof!

Was verändert sich derzeit im Kreativprozess?

Claudia Geidel: Unternehmen und Agenturen rücken näher anei­

nander. Das bedeutet für Agenturen, dass sie vom hohen Ross der

Kreativität herabsteigen müssen. Unternehmen bestellen heute

seltener die ultimative Idee, denn die wollen sie mitgestalten.

Gefragt ist die Agentur als Partner,

der Kunden hilft, Ideen zu schaffen

und Realität werden zu lassen. Die

geniale Schöpfung hinter verschlossenen Agenturtüren, in der krea­

tiven Black Box, hat vielfach ausgedient.

Kerstin Steglich: Das sehe ich ähnlich, Ideen werden gemeinsam

weiterentwickelt. Dabei ist es zweitrangig, ob es im Kern um eine

kreative Kommunikationskampagne, Veränderungsprozesse im

Unternehmen oder ums Recruiting geht. Denn nicht nur das Endpro­

dukt ist kreativ im Sinne von neu, anders und aufmerksamkeitsstark.

Kreativität steckt jetzt auch im Ideenfindungsprozess. Nicht ohne

Grund werden Innovationsmanagement und Ideenlabore immer

wichtiger für Unternehmen.

Worin besteht das Risiko bei dieser Entwicklung?

Claudia Geidel: Wenn man nicht aufpasst, verliert die Idee in der

Umsetzung ihre Kraft. Das Umfeld für Kommunikation ist heute sehr

komplex: Viele Akteure, zahlreiche Stimmen und persönliche Befind­

lichkeiten wollen Einfluss auf den Prozess nehmen. Alle, die an der

Idee arbeiten, brauchen daher ein gemeinsames Verständnis davon,

warum sie für diese Idee kämpfen sollen.

Wie aber kommt die kreative Idee auf die Straße?

Claudia Geidel: Zwei Faktoren sind wichtig: Zunächst einmal geht

es darum, eine Allianz für die Idee zu bilden – mit Menschen inner­

halb und außerhalb der eigenen Organisation. Der zweite wichtige

Faktor ist die Einsicht, dass sich Alleingänge nicht lohnen, Zusam­

menarbeit – neudeutsch Collaboration – zahlt sich aus. Doch gerade

im Bereich der Kreativität ist das nicht immer einfach. Es erfordert

Mut, die eigene Idee von anderen mitgestalten – co­kreieren –

zu lassen. Dabei ist es enorm wichtig, den Ideenkern, den man

behalten will, zu kennen und gestalterische Flexibilität an anderen

Stellen zu erlauben.

Kerstin Steglich: Doch bei aller Co­Creation – irgendwann ,muss

auch einer entscheiden. Dabei geht es aber weniger um das „So

geht das nicht!“, sondern vielmehr um das „So machen wir es jetzt!“.

Die kreative Idee muss einfach, sofort verständlich und aus sich her­

aus überzeugend sein. Die Eier legende Wollmilchsau hat ausge­

dient, sie ist zu gewöhnlich. Für solche Entscheidungsprozesse

braucht es Mut, Diskussionsbereitschaft und durchaus auch mal die

Bereitschaft zu Reibereien um die Sache. Das war früher einfacher ...

Künftig also nie mehr allein?

Claudia Geidel: Seltener allein und öfter gemeinsam. Das bedeutet

in der Konsequenz: eine enge Verbindung zwischen allen Beteilig­

ten, ein besseres Verständnis für die Ausgangssituation, kürzere

Abstimmungsprozesse sowie eine enorme positive Energie durch

den schöpferischen Akt. Wir haben damit bereits sehr gute Erfahrun­

gen gemacht. Wobei es natürlich nach wie vor auch Spaß macht,

Unternehmen mit außergewöhnlichen Ideen zu verblüffen – das

können und wollen wir uns auch in Zukunft nicht verkneifen.

Kerstin Steglich: Da schließe ich mich an, dieses kreative Miteinan­

der bringt viele Player an einen Tisch – unterschiedliche Abteilungen,

Disziplinen, Blickwinkel und Erfahrungen. Und da reden wir weder

über DEN Kunden noch DIE Agentur – sondern nur noch über

UNSERE Idee. //

BIS DIE IDEE UNS EINT

„So machen wir es jetzt!“

Weiterführende Links

Was zeichnet kreatives Arbeiten aus? Bestimmte Einstellungen und Heran­gehensweisen, so die FastCompany. Ideen und Inspirationen finden sich auch auf dem Blog http://www.fastcocreate.com/

Wer sich gerne blättern zurückzieht, mag einen Blick in diese Auswahl der Autoren werfen, zum Beispiel „Wenn Ideen Sex haben: Wie Fortschritt entsteht und Wohlstand vermehrt wird“, als TED­Vortrag auch hier.

Für die Methodikfreunde interessant ist „Creativity Today“, eine unterhalt­same Zusammenstellung verschiedener Kreativitätstechniken.

@Claudia Geidelist Senior Consultant Creativity mit Leidenschaft für kreative Ideen und das Entwickeln selbiger. Manchmal auch im Dunkeln. www.kpg­blog.de/darkroom/.

@Kerstin Steglichleitet den Dresdner Standort und ist mit ihrem Team berüchtigt für verrückte Kampagnen mit Herz.

Page 20: Inspire magazin#3 Ketchum Pleon

Juni 2013

Ketchum Pleon GmbHBahnstraße 2

40212 Düsseldorf

Konzept und Realisierung: Business Development

Schlussredaktion: Ulrich Nitsche, Thomas Fischer

Layout: Yasmine Cordes, Mario Föllmer

Illustration:

Yasmine Cordes

Produktion: Stefanie Strieker