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Intensivtherapie nach neurochirurgischen Eingriffen: elektive Kraniotomie, intrakranielle Blutung, Schädel-Hirn-Trauma, Ruckenmarkverletzung S. Pilge* und G. Schneider Klinik fur Anästhesiologie, Helios Klinikum Wuppertal, Universität Witten/Herdecke, Wuppertal, Deutschland 1 Allgemeine Aspekte der neurochirurgischen Intensivmedizin In der Behandlung neurochirurgischer Patienten steht die Wiederherstellung oder Aufrechterhaltung adäquater zerebraler Perfusion im Mittelpunkt. Die Ursachen einer ischämischen Schädigung sind so heterogen wie die Patienten der neurochirurgischen Intensivmedizin und können beispielsweise trau- matischer, vasospastischer, entzundlicher oder neoplastischer Genese sein. Nahezu alle diese Ursachen munden letztlich in einer gemeinsamen Endstrecke: der zerebralen Minderperfusion. Mit dieser gemein- samen Endstrecke fällt auch die pathophysiologische Antwort des zentralen Nervensystems (ZNS) auf ischämische Noxen weitgehend uniform aus: nach Ausschöpfung zerebraler Regulationsmechanismen entsteht ein Hirnödem, es folgen Anstieg des regionalen oder globalen Hirndruckes, ggf. mit Einblutungs- gefahr. Deshalb bilden die allgemeingultigen Prinzipien der Physiologie und Pathophysiologie des ZNS die gemeinsame Grundlage neurochirurgischer Intensivmedizin. 1.1 Physiologie und Pathophysiologie des ZNS Fur eine umfassende Darstellung wird auf Kap. (Zerebrales und neurophysiologisches Monitoring) und Sektion VI (Störungen des ZNS und neuromuskuläre Erkrankungen) verwiesen. Die im Zusammen- hang mit neurochirurgischer Intensivmedizin wesentlichen Aspekte werden im Folgenden nochmals als Grundlagen zusammengefasst dargestellt. 1.1.1 Zentralnervöse Regulationsmechanismen Die Hirndurchblutung wird global durch den zerebralen Blutuss (CBF) bestimmt. Dieser beträgt ca. 1520 % des HZV, ca. 4560 ml/min/100 g Gehirn (kritischer Wert 18 ml/min/100 g fur reversible neuronale Schädigung, einhergehend mit EEG-Veränderungen und Verlust von evozierten Potenzialen; <6 ml/min/100 g irreversibler Neuronenuntergang). Der CBF wird innerhalb der Grenzen zerebraler Autoregulation (MAP 50150 mm Hg) unabhängig vom zerebralen Perfusionsdruck (CPP) v. a. durch metabolische (CMRO 2 = zerebrale Sauerstoffaufnahme), aber auch chemische und neurogene Faktoren bestimmt. Außerhalb des Bereiches oder bei Störung der Autoregulation ist der CBF direkt druckabhängig. Sowohl einen Abfall des MAP (mit zerebraler Minderperfusion) als auch einen erhöhten CBF (mit Hyperperfusion) gilt es zu verhindern. Letzterer kann bei defekter Blut-Hirn-Schranke ein Hirnödem aggravieren oder durch Vasodilatation im gesunden Gewebe ein Steal-Phänomen bewirken. Cave: bei 50 % der Patienten mit schwerem SHT ist die Autoregulation gestört (Mascia et al. 2000). Auch bei intakter Autoregulation steigt pro Anstieg des p a CO 2 um 1 mm Hg der CBF um 12 %. *E-Mail: [email protected] Die Intensivmedizin DOI 10.1007/978-3-642-54675-4_95-1 # Springer Berlin Heidelberg 2015 Seite 1 von 38

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Intensivtherapie nach neurochirurgischen Eingriffen: elektiveKraniotomie, intrakranielle Blutung, Schädel-Hirn-Trauma,R€uckenmarkverletzung

S. Pilge* und G. SchneiderKlinik f€ur Anästhesiologie, Helios Klinikum Wuppertal, Universität Witten/Herdecke, Wuppertal, Deutschland

1 Allgemeine Aspekte der neurochirurgischen Intensivmedizin

In der Behandlung neurochirurgischer Patienten steht die Wiederherstellung oder Aufrechterhaltungadäquater zerebraler Perfusion im Mittelpunkt. Die Ursachen einer ischämischen Schädigung sind soheterogen wie die Patienten der neurochirurgischen Intensivmedizin und können beispielsweise trau-matischer, vasospastischer, entz€undlicher oder neoplastischer Genese sein. Nahezu alle diese Ursachenm€unden letztlich in einer gemeinsamen Endstrecke: der zerebralen Minderperfusion. Mit dieser gemein-samen Endstrecke fällt auch die pathophysiologische Antwort des zentralen Nervensystems (ZNS) aufischämische Noxen weitgehend uniform aus: nach Ausschöpfung zerebraler Regulationsmechanismenentsteht ein Hirnödem, es folgen Anstieg des regionalen oder globalen Hirndruckes, ggf. mit Einblutungs-gefahr. Deshalb bilden die allgemeing€ultigen Prinzipien der Physiologie und Pathophysiologie des ZNSdie gemeinsame Grundlage neurochirurgischer Intensivmedizin.

1.1 Physiologie und Pathophysiologie des ZNSF€ur eine umfassende Darstellung wird auf Kap. (▶Zerebrales und neurophysiologischesMonitoring) undSektion VI („Störungen des ZNS und neuromuskuläre Erkrankungen“) verwiesen. Die im Zusammen-hang mit neurochirurgischer Intensivmedizin wesentlichen Aspekte werden im Folgenden nochmals alsGrundlagen zusammengefasst dargestellt.

1.1.1 Zentralnervöse RegulationsmechanismenDie Hirndurchblutung wird global durch den zerebralen Blutfluss (CBF) bestimmt. Dieser beträgtca. 15–20 % des HZV, ca. 45–60 ml/min/100 g Gehirn (kritischer Wert 18 ml/min/100 g f€ur reversibleneuronale Schädigung, einhergehend mit EEG-Veränderungen und Verlust von evozierten Potenzialen;<6 ml/min/100 g irreversibler Neuronenuntergang). Der CBF wird innerhalb der Grenzen zerebralerAutoregulation (MAP 50–150 mm Hg) unabhängig vom zerebralen Perfusionsdruck (CPP) v. a. durchmetabolische (CMRO2 = zerebrale Sauerstoffaufnahme), aber auch chemische und neurogene Faktorenbestimmt.

Außerhalb des Bereiches oder bei Störung der Autoregulation ist der CBF direkt druckabhängig.Sowohl einen Abfall des MAP (mit zerebraler Minderperfusion) als auch einen erhöhten CBF (mitHyperperfusion) gilt es zu verhindern. Letzterer kann bei defekter Blut-Hirn-Schranke ein Hirnödemaggravieren oder durch Vasodilatation im gesunden Gewebe ein Steal-Phänomen bewirken. Cave: bei50 % der Patienten mit schwerem SHT ist die Autoregulation gestört (Mascia et al. 2000). Auch beiintakter Autoregulation steigt pro Anstieg des paCO2 um 1 mm Hg der CBF um 1–2 %.

*E-Mail: [email protected]

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" Damit stellt der paCO2 einen wesentlichen Faktor zur Anpassung der regionalen Durchblutung unddamit der CBF-Steuerung dar.

1.1.2 Intrakranieller Druck (ICP)Der intrakranielle Raum wird durch die drei Kompartimente bestimmt:

– Hirngewebe (ca. 88 %),– Liquor (9–10 %) und– Blutvolumen (2–3 %, hauptsächlich venöses Niederdrucksystem).

Der physiologische intrakranielle Druck (ICP) beträgt weniger als 15 mmHg. Die Elastance (elastischeR€uckstellkraft) beschreibt die Veränderung des ICP als Funktion von Veränderungen des intrakraniellenVolumens (dP/dV).

Drücke Der ICP ist neben dem arteriellen Mitteldruck (MAP) eine wesentliche Determinante deszerebralen Perfusionsdruckes (CPP):

CPP ¼ MAP� ICPþ ZVDð Þ

Ohne Vorliegen entsprechender Pathologie beträgt der ZVD auf Höhe des Bulbus der V. jugularisNull, daher darf als Näherung

CPP ¼ MAP� ICP

ben€utzt werden. Der CPP gilt als treibende Kraft f€ur den zerebralen Blutfluss (CBF).

CBF ¼ CPP=CVR

(CVR = zerebrovaskulärer Widerstand)

Eine ICP-Erhöhung kann nach Volumenzunahme einzelner Kompartimente erfolgen, z. B.

– Hirngewebe: Tumor, Hirnödem,– Liquor: Störung von Liquorproduktion, -resorption, -abfluss,– Blutvolumen: Hyperämie, Hämatom.

Einem akuten ICP-Anstieg liegt meistens eine Blutung zugrunde. Druckanstiege, die sich €uber einenlängeren Zeitraum entwickeln, sind häufig durch Liquorzirkulationsstörungen oder ein progredientesHirnödem bedingt. Ein langsamer Druckanstieg kann besser durch Volumenabnahme anderer Kompar-timente kompensiert werden, z. B. durch Verdrängung von zerebralem Liquorvolumen durch das Fora-men magnum in den spinalen Subarachnoidalraum (Monroe-Kellie-Hypothese):

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Monroe-Kellie-Hypothese

Gesamt� ICP ¼ pGehirn þ pBlut þ pLiquorcerebrospinalis

Hyperventilationstherapie Das zerebrale Blutvolumen (CBV) kann €uber Steuerung des paCO2 beein-flusst werden (CO2-Reaktivität der Gefäße). Durch Hyperventilation lässt sich somit beim kontrolliertbeatmeten Patienten das intrakranielle Blutvolumen reduzieren.

"Cave Allerdings birgt die Hypokapnie die Gefahr des kapillären Kollapses mit konsekutiver zerebralerIschämie und Ödembildung.

Die meist uniforme pathophysiologische Antwort auf zerebrale Ischämie/Neurotrauma besteht ausneuronaler und interstitieller Laktatazidose, Hyperämie (Vasoparalyse) und Beg€unstigung eines Hirn-ödems. Die Hyperventilationstherapie zielt daher durch die induzierte Hypokapnie mit respiratorischerAlkalose auf Reduktion der Laktatazidose sowie die Umverteilung des CBF in ischämische und damitmaximal vasodilatierte Regionen und Senkung des ICP. Um die positiven, nicht jedoch die negativenEffekte zu induzieren, wird nur milde, vor€ubergehende Hyperventilation (paCO2 30–32 mm Hg) beiakuten Hirndruckkrisen empfohlen.

Allerdings d€urfte bei fast allen Patienten mit zerebralen Noxen initial als Folge eines reduziertenzerebralen Metabolismus auch der CBF reduziert sein. Diese Patienten profitieren nicht von einerHyperventilation. Im Gegenteil drohen kapillärer Kollaps und Ischämie. Nach dieser Akutphase kommtes bei 45 % zu einer posttraumatischen Hypoperfusion. Auch hier gilt die induzierte Hypokapnie alskontraindiziert. Bei 55 % der Patienten liegt in der postakuten Phase eine zerebrale Hyperämie vor, hierprofitieren Patienten von Hyperventilation.

" Eine generelle, präventive, forcierte Hyperventilation bei der Behandlung des erhöhten ICP giltfolglich mittlerweile als obsolet.

Weiter limitierend ist die Tatsache, dass es nach 6–8 h durch den Ausgleich der pH-Verschiebungendurch zerebrale Pufferungssysteme (verstärkte Bicarbonatsekretion in den Liquor) zu einem Wirkungs-verlust der induzierten Hypokapnie kommt. Die milde Hyperventilation wird deshalb bis zur differen-zierten Diagnostik (zwischen Ischämie, Hyperämie oder Ödem) nur noch zur Kupierung von ICP-Krisenempfohlen, bis unter zerebralem Monitoring (z. B. jugularvenöse Sättigung, TCD, zerebrale Mikro-dialyse) Normokapnie wieder erreicht werden kann.

"Cave Abruptes Beenden der Hyperventilation kann durch Hyperämie ein Rebound-Phänomen mitICP-Anstieg induzieren.

1.1.3 Optimierung des zerebralen Perfusionsdruckes (CPP): Lund vs. Rosner und Brain TraumaFoundationDas CPP-Konzept nach Rosner setzt eine intakte Autoregulation voraus: Durch Erhöhung des MAP>70mmHg (durch Katecholamine/Fl€ussigkeit) kommt es idealerweise zu einer Reduktion des ICP durchautoregulatorische zerebrale Vasokonstriktion:

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Zerebraler Perfusionsdruck (CPP)

CPP ¼ MAP� ICP

Das Lund-Konzept zielt auf die Reduktion des posttraumatischen vasogenen Hirnödems in derErholungsphase der defekten Blut-Hirn-Schranke durch Reduktion des ICP. Dies wird durch 3 Maß-nahmen angestrebt:

– Reduktion des zerebralen Blutvolumens (Venokonstriktion) durch Infusion von Dihydroergotamin.– Reduktion des kapillären hydrostatischen Drucks durch Infusion des a2-Agonisten Clonidin und des

b1-Antagonisten Metoprolol.– Stabilisierung des physiologischen kolloidosmotischen Drucks (Plasmaalbuminkonzentration >40 g/l).

" Die scheinbar diametralen Konzepte könnten nach Diagnostik der Intaktheit zerebrovaskulärer Auto-regulation und der Blut-Hirn-Schranke differenziert eingesetzt werden.

Die Leitlinien der Brain Trauma Foundation nennen einen Zielwert von 60–70 mm Hg f€ur den CPP(Guidelines for the management of severe traumatic brain injury 2007). Arterielle Hypotension (SAP<90 mm Hg) ist unbedingt zu vermeiden, doch auch CPP-Werte >70 mm Hg sind wegen möglicherpulmonaler Komplikationen nicht indiziert.

1.1.4 Zentrale Regulationsstörungen

Atemregulation In- und Exspiration werden durch 2 Atemzentren im Hirnstamm koordiniert (Abb. 1):Das bulbäre Atemzentrum liegt rostral in der Medulla oblongata: In- und Exspirationszentrum sind durchwechselseitigen Einfluss f€ur Initiierung und Aufrechterhaltung der Atmung verantwortlich. Das pneumo-taktische Atemzentrum der Pons modifiziert die Aktivität des bulbären Zentrums. Dieses Zusammenspielvermittelt u. a. eine Hemmung der Inspiration bei Schlucken oder Erbrechen. Eine Störung dieser Zentrenbei Erkrankungen des ZNS oder durch Anästhetika bedingt ein erhöhtes Aspirationsrisiko.

Über periphere und zentrale Chemorezeptoren und zentrale Mitinnervation (limbischer Kortex,Dienzephalon) wird das Atemzeitvolumen insbesondere €uber den pCO2 an den Bedarf angepasst. CO2

kann im Gegensatz zu Protonen die Blut-Hirn- und die Blut-Liquor-Schranke frei passieren. Der zentralepCO2 liegt ca. 10 mm Hg €uber dem paCO2. Im Liquor entstehende Kohlensäure dissoziiert, die H+-Ionenkönnen wegen der fehlenden Pufferkapazität des Liquors nicht abgefangen werden und stimulieren diezentralen Chemorezeptoren. Nach 1–2 min ist die Steigerung des Atemantriebes mit Steigerung vonAtemfrequenz und Atemzugvolumen voll ausgeprägt.

" Bis zu einem paCO2 von 60–70mmHg ist die Beziehungmit einer Steigerung der Ventilation um 2–3 l/min/mm Hg CO2 linear.

Bei Störung des zentralen Atemzentrums, pharmakologischer Blockade (v. a. durch Opioide) oderchronischer Hyperkapnie bei COPD kann der hyperkapniebedingte Atemantrieb vermindert biserloschen sein.

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Schwächere chemosensitive Parameter sind paO2 und Blut-pH. H+-Ionen können die Blut-Hirn-Schranke nicht passieren, dadurch erklärt sich die geringere Atemantriebssteigerung. Die peripherenChemorezeptoren befinden sich beidseits im Glomus caroticum (Afferenzen via N. XI) und in paraaorta-len Ganglien des Aortenbogens (Afferenzen via N. X). Im Gegensatz zu den zentralen Chemorezeptorenwerden sie am stärksten durch den paO2 stimuliert, f€uhren aber meist erst bei einem paO2 < 65 mmHg zueinem zusätzlichen Atemanreiz. Sie reagieren ebenfalls sehr schnell, binnen Sekunden, und auch dannnoch, wenn die zentrale Antwort weitgehend ausgeschaltet ist. Allerdings reicht die hier erzielte Steige-rung der Spontanatmung (Atemfrequenz und -zugvolumen) meist zur Vermeidung einer Hypoxämienicht aus.

Bilaterale kardiovaskuläreRegionen

Bilaterale resppratorischeRegionen

Dorsalansicht des Hirnstamms ohne Kleinhirn

Rhythmogenese

ventraleresp. Gruppe

RVLM

zentraleChemorezeption

ventraleresp. Gruppe

PBC

afferenteEingänge

afferenteEingänge

DRG, NTSUmschaltneurone

kaudale VRGresp. Netzwerk

bronchomot. Neurone

kontralateraleretikulospinale

Projektionkardiale

Vagusneurone

NTSUmschaltneurone

RVLMsympatho-

exzitatorischeNeurone

Sympathikotonus

adrenergeModulatoren

PRG

2 mm

Abb. 1 Lokalisation des kardiorespiratorischen Netzwerkes in der Medulla oblongata und der Pons. Im rechten Teil ist dieLokalisation der respiratorischen Neuronengruppen auf die dorsale Oberfläche des Hirnstamms projiziert. In dem Quer-schnittsschema sind rechts das respiratorische Netzwerk und links das kardiovaskuläre Netzwerk markiert, um auf ihrebenachbarte Lokalisation aufmerksam zu machen. Sowohl das respiratorische wie auch das kardiovaskuläre Netzwerk sindjedoch bilateral angelegt. Die Rhythmogenese der Atmung erfolgt wahrscheinlich im PBC (5 M = Nucl. motorius trigemini,5ST = Tractus spinalis trigemini, A = Nucl. ambiguus, AP = Area postrema, BC = Brachium conjunctivum, BP = Bra-chium pontis, C = Nucl. cuneatus, Coll. inf. = Colliculus inferior, DRG = dorsale respiratorische Gruppe, ICP =Pedunculus cerebelli inferior, IO = Nucl. olivaris inferior, KF = Nucl. Kölliker-Fuse, LC = Locus coeruleus, LRN = Nucl.reticularis lateralis, NTS = Nucl. tractus solitarius, P = Tractus pyramidalis, PBC = Prä-Bötzinger-Komplex, PBM = Nucl.parabrachialis medialis, Ph = Nucl. praepositus hypoglossi, PRG = pontine respiratorische Gruppe, RVLM = rostroventro-laterale Medulla, SO = Nucl. olivaris superior, TB = Corpus trapezoideum, TS = Tractus solitarius, VL = Nucl. vestibu-laris laterlais, VM = Nucl. vestibularis medialis, VRG = ventrale respiratorische Gruppe, X = Nucl. dorsalis vagi, XII =Nucl. hypoglossi). (Aus Schmidt und Lang 2007)

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Zentralnervöse Atemstörungen Zentralnervöse Atemstörungen können durch Hirnstammläsionen be-dingt sein, finden sich aber auch medikamentös bedingt, bei Hypothyreose, metabolischer Alkalose,Hungerzuständen oder Schlafapnoe (Tab. 1). Sie sind bei der klinischen (Erst-) Untersuchung hilfreich zukennen und u. U. richtungsweisend bei der weiteren Diagnostik.

Cheyne-Stokes-Atmung Die Cheyne-Stokes-Atmung ist charakterisiert durch periodisch zu- und abneh-mende Atemzugvolumina, ausgehend von einer Apnoephase. Zugrunde liegt eine gestörte CO2-Reagi-bilität des zentralen Atemzentrums. Erst eine CO2-Akkumulation während einer Apnoephase steigert denAtemantrieb, durch zunehmende Ventilation sinkt der paCO2 und damit der Atemantrieb bis zur nächstenApnoephase. Klinische Korrelate sind meist akute Läsionen von oberer Pons oder bihemisphärischenKortexarealen, hypertensive Enzephalopathie oder beginnende transtentorielle Herniation.

Zentrale Hyperventilation Die zentrale Hyperventilation ist meist durch Läsionen des zentralen Hirn-stamms bedingt und klassischerweise gekennzeichnet durch Erhöhung des paO2 bei gleichzeitigerHypokapnie und respiratorischer Alkalose. Hier kann die Gabe von Neuroleptika oder Benzodiazepinenerfolgreich sein. Meist sind Tachypnoe und Hypokapnie allerdings mit normalen oder gar erniedrigtenpaO2-Werten assoziiert, somit reflektorische Atemantwort auf Hypoxämie.

Ataktisches Atemmuster Biot hat das ataktische Atemmuster bei schweren Meningitiden beschrieben,seltener tritt dies auch bei zentralen Traumata auf. Es zeigen sich ein unregelmäßiges Muster vonAtemfrequenz und -amplitude, verminderte Reaktion auf Stimulation der Chemorezeptoren und ver-stärkte Wirkung atemdepressiver Pharmaka. Häufig liegen Läsionen der Formatio reticularis (Sitz desmedullären Atemzentrums) zugrunde.

Apneusis Eine sog. Apneusis tritt ebenfalls bei Hirnstammschädigungen im Bereich des Atemzentrumsauf, ist aber charakterisiert durch periodische Atmung mit langer, tiefer Inspiration und langen Atem-pausen.

Undine-Syndrom Das Undine-Syndrom, ein sehr selten beschriebener Verlust unwillk€urlicher Atmung,wird v. a. im Schlaf symptomatisch. Seine Existenz beruht auf der anatomischen Trennung von willk€urli-

Tab. 1 Ursachen von Atemstörungen

Differenzierung vonAtemstörungen Erkrankungen

Zentral Affektion der zentralen Atemzentren oder der neuronalen Verbindungsbahnen (Unreife beiFr€uhgeborenen, Ischämien, Blutungen, Trauma, Entz€undungen, postoperativ) oder imRahmen von Vigilanzminderung/Koma u. a.

Metabolisch/Endokrin Metabolische Neuropathien (Diabetes mellitus, Urämie, Porphyrie), metabolisches Koma,Hypothyreose u. a.

Neuromuskulär Myopathien, neuromuskuläre Übertragungsstörungen (Myasthenia gravis, Lambert-Eaton-Syndrom), periphere Neuropathien (Critical-illness-Polyneuropathie, Guillain-Barré-Syndrom, Neuropathie N. phrenicus), Vorderhornzellerkrankungen (amyotropheLateralsklerose, spinale Muskelatrophie, Poliosyndrom) u. a.

Pulmonal Ventilations-, Perfusions- und Diffusionsstörungen, Pneumothorax, Infektionen, ALI/ARDSu. a.

Andere Intoxikationen (Alkohol, Drogen, Botulismus), Anästhetika (ZNS-Dämpfung),neuromuskuläre Blockaden durch Muskelrelaxanzien, funktionelle Störungen(Hyperventilationssyndrom), Hungerzustände, Schlafapnoe u. a.

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cher und unwillk€urlicher Atmung. Es kann passager beobachtet werden, bei Persistenz besteht dieMöglichkeit der Implantation von Zwerchfellschrittmachern.

" Unabhängig von der Genese der Atemstörung gestaltet sich die Therapie zur Sicherung der Atemwegesowie Aufrechterhaltung von Normokapnie und ausreichender Oxygenierung symptomatisch.

Neurogene Lungenfunktionsstörungen/neurogenes Lungenödem Pulmonale Komplikationen tretenbei Intensivpatienten mit akuten ZNS-Läsionen häufiger auf als bei anderen Intensivpatienten. Ursächlichkönnen u. a. direkte Parenchymläsionen oder ein neurogenes Lungenödem sein. Es besteht ein erhöhtesAspirationsrisiko durch verminderte Vigilanz und fehlende Schutzreflexe bei Störungen der Atemzentrenoder kaudaler Hirnnerven. Immobilität und ein verändertes Atemmuster beg€unstigen die Entstehung vonAtelektasen und das pulmonale Infektionsrisiko. Bewusstseinsgetr€ubte Patienten haben durch die ofterforderliche Sicherung der Atemwege durch Intubation/Tracheotomie und durch eine prolongierteWeaning-Phase ein deutlich höheres Risiko f€ur eine beatmungsassoziierte Pneumonie (VAP durchBaro-, Volu-, Atelekt-, Biotrauma), zumal die Freisetzung inflammatorischer Mediatoren bei akutenZNS-Läsionen diskutiert wird.

Die Genese des neurogenen Lungenödems („neurogenic pulmonary edema“; NPE) kann bislang nochnicht hinreichend ergr€undet werden. Das NPE tritt charakteristischerweise innerhalb von Minuten bisStunden nach einer akuten ZNS-Läsion ein, meist nach Schädel-Hirn-Trauma, epileptischen Krampfan-fällen und zerebralen Blutungen (v. a. SAB), ohne direkte Traumatisierung der Lunge.

Differenzialdiagnostisch m€ussen Aspirationspneumonitis oder ARDS in Betracht gezogen werden.Rascher Beginn und meist auch Abklingen helfen bei der differenzialdiagnostischen Abgrenzung vonanderen möglichen Ursachen. Beim NPE fehlen initial meist Fieber und interstitielle Infiltrate. Leit-symptom ist die Dyspnoe, manchmal begleitet von milden Hämoptysen. Klinisch zeigen sich Tachypnoe,Tachykardie und feuchte Rasselgeräusche, radiologisch typischerweise ein normal konfiguriertes Herzmit bilateralem, alveolärem Lungenödem. Allerdings kann sich das NPE auch als radiologisches Bildeiner dekompensierten Herzinsuffizienz darstellen. Die Diagnose wird oftmals retrospektiv durch dasschnelle Abklingen der Symptome binnen 48–72 h bekräftigt. Dadurch wird die Inzidenz in der Literatursehr unterschiedlich angegeben – von 0,1–0,8 % nach SHT (Brambrink und Dick 1997) bis zu 20 % nachschwerem SHT (Bratton und Daves 1997).

Behandlung der neurogenen Lungenfunktionsstörung Die Therapie ist symptomatisch: Siche-rung einer ausreichenden Oxygenierung und hämodynamische Stabilisierung.

Eine große Herausforderung stellt die Therapieoptimierung bei folgenden Limitationen dar:

– Fl€ussigkeitsrestriktion bei Lungenödem vs. Aufrechterhaltung des CPP oder Triple-H nach SAB.– Lungenprotektive Beatmung mit permissiver Hyperkapnie vs. notwendige Normokapnie bei

erhöhtem ICP.– Mechanische Beatmung mit hohem PEEP kann den zerebralvenösen R€uckstrom behindern.

Eine systemische Hypotension mit konsekutiver zerebraler Minderperfusion gilt es unter allen Um-ständen zu vermeiden. Experimentelle Befunde weisen auf die Wirksamkeit einer a-adrenergen Blockadehin. Allgemeine Therapieoptionen bestehen in: ICP-Senkung, Senkung kardialer Vor- und Nachlast(Diuretika, a2-Rezeptoragonisten, Hämofiltration), Steigerung der myokardialen Inotropie (b-adrenergeMedikamente, z. B. Dobutamin) und Verringerung der Gefäßendothelpermeabilität (klinisch nichtbelegt).

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Die Prognose ist in erster Linie abhängig von der zugrundeliegenden zerebralen Erkrankung. Aller-dings wird bei Patienten mit NPE eine 3-fach höhereMortalitätsrate bzw. vegetativer Zustand beschrieben(Bratton und Daves 1997).

Zentrale Temperaturregulationsstörungen Die Thermoregulation ist ein sehr komplexes System mit3 wesentlichen Subsystemen:

– Thermoafferenz (Messf€uhler),– zentrale Regler (Informationsverarbeitung) und– Thermoefferenz (Stellglieder).

Störungen der Temperaturregulation können daher auf verschiedenen Ebenen begr€undet sein – indiesem Kapitel werden nur Grundz€uge der zentralen Thermoregulation erläutert.

Der Hypothalamus beinhaltet die wichtigsten zentralen Temperaturkontrollzentren. Bei Ausfall dieserZentren verändern sich v. a. die sog. Trigger-Schwellen f€ur thermoregulatorische Prozesse wie Schwit-zen, Vasodilatation, Vasokonstriktion und Kältezittern. Alle Anästhetika – inhalative wie intrave-nöse – erhöhen dosisabhängig die Kerntemperaturschwellen f€ur Wärmereaktionen und erniedrigen dieseanalog f€ur Kältereaktionen. Deshalb eignen sich Anästhetika, um ein Kältezittern unter therapeutischerHypothermie zu vermeiden (entsprechende Vorsicht ist bei Sedierungsr€ucknahme geboten).

Neurogenes Fieber ist nicht infektiösen Ursprungs und tritt bei 4–37 % der Patienten nach SHT auf.Als ursächlich werden Läsionen im Bereich der Thermoregulationszentren des Hypothalamus angenom-men (Childers et al. 1994). Eine erhöhte Inzidenz an posttraumatischem neurogenem Fieber konnte beidiffusem axonalem Schaden und Läsionen im Bereich des Frontallappens beobachtet werden (Thompsonet al. 2003). Oftmals wird eine passagere Krankheitsphase mit spontanem Abklingen beschrieben.

" Bei vorhandener zerebraler Schädigung sollte – wegen des erhöhten Sauerstoffbedarfs bei Fieber– jeder Temperaturanstieg €uber 37 �C therapiert werden (pro Zunahme der Körpertemperatur um1 �C Anstieg des Sauerstoffverbrauchs um 7–12 %), um eine zerebrale Hypoxämie zu vermeiden.

In klinischen Studien konnte – im Gegensatz zur Datenlage nach kardiopulmonaler Reanimation – derNutzen einer Senkung der Körpertemperatur beim SHT nicht nachgewiesen werden. Bei Drucklegungdes Kapitels läuft eine europäische Studie (Eurotherm3235), die diesen Nachweis bringen soll. Da keinekausalen Therapieoptionen bestehen, muss symptomatisch therapiert werden. Im klinischen Alltag hatsich eine Kombination aus Opioid/Neuroleptikum (Reset oder Verstellen der zentralen Temperatur-schwellen plus periphere Vasodilatation, z. B. Pethidin/Atosil) und physikalischer K€uhlung (u. U. auchdurch kalte Magen- und Blasensp€ulungen, intravenöse K€uhlkatheter) als erfolgreich erwiesen. Mitunterkann aber eine Temperatursenkung nur sehr m€uhsam und unzureichend erzielt werden. Andererseitsm€ussen Maßnahmen zur Unterdr€uckung von Kältezittern getroffen werden (Sedierung, vegetative Blo-ckade), da auch dies zu einem starken Anstieg des Sauerstoffverbrauchs f€uhren kann.

1.1.5 Elektrolyt- und Säure-Basen-HaushaltAllgemeine Störungen des Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts werden in Kap. ▶Blutgasanalysegeschildert. Bei Behandlung des Fl€ussigkeits- und Volumenhaushaltes eines Patienten mit neurologi-schen/neurochirurgischen Erkrankungen gelten als oberste Gebote Aufrechterhaltung der Plasmaosmola-rität und Vermeidung der Zufuhr von hypoosmolaren Lösungen (Ringer-Laktat) oder freiem Wasser(Glukoselösungen), um der Ausprägung eines Hirnödems entgegenzuwirken (Chappell et al. 2008; Jacobet al. 2007).

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" UmHypovolämie (mit Abnahme des CPP) oder Hypervolämie (mit erhöhter Inzidenz kardiopulmona-ler Komplikationen und Hirnödemen) zu vermeiden, bedarf es eines kontinuierlichen intensivmedizi-nischen Monitorings. Fl€ussigkeitsrestriktion per se ist nicht geeignet zur Hirnödemprophylaxe und-therapie.

Natriumkonzentration und Osmolalität der Extrazellulärfl€ussigkeit stellen die wichtigsten Stellgrößenim Wasser- und Elektrolythaushalt dar und werden durch Verschiebungen des Gesamtkörperwasserskonstant gehalten. Die Volumenregulation ist hierbei von der Osmoregulation zu unterscheiden: DasECF-Volumen bestimmt bei intakter Nierenfunktion die Urin-Natrium-Ausscheidung, mit Sensoren inVas afferens der Glomeruli, Karotissinus und Vorhöfen sowie Effektoren via Sympathikus, RAAS-System sowie ANP und ADH unter pathologischen Bedingungen. Eine konstante Plasmaosmolalitätwird insbesondere bestimmt durch die Serum-Natrium-Konzentration (effektive Plasmaosmolalität =2 � Na + Glc/18). Hypothalamische Messsensoren steuern €uber ADH und Durstempfinden die Urinos-molalität und Wasseraufnahme.

Zentrale Regulationsstörungen des Wasser- und Elektrolythaushaltes (SIADH, Diabetes insipidus,Salzverlustsyndrom) stellen die häufigsten extrakraniellen Komplikationen nach schwerem SHT undneurochirurgischen Eingriffen dar (Piek et al. 1992). Erkrankungen/Verletzungen des ZNS gehen insbe-sondere mit Störungen des Natriumhaushaltes einher, was zu gravierenden Dysbalancen der Plasmaos-molalität und Verschlechterung des neurologischen Outcomes f€uhren kann. Eine Hypernatriämie(>150 mmol/l) tritt bei Diabetes insipidus, eine Hyponatriämie (<135 mmol/l) bei Salzverlustsyndromund Schwartz-Bartter-Syndrom (SIADH) auf.

Diabetes insipidus Der zentrale Diabetes insipidus f€uhrt durch einen kompletten oder partiellen Ausfallder ADH-Sekretion zur Diurese von bis zu 20 l hypoosmolaren Urins (Diagnosekriterium) und manifes-tiert sich als hypernatriämische hyperosmolare Dehydratation (Rose 1986). Hauptursächlich sind hypo-physenchirurgische Eingriffe, aber auch SHT (2 % der Patienten).

Erste klinische Symptome der Hypernatriämie mit konsekutiv osmotisch bedingtem neuronalemWasserentzug sind Lethargie, Schwäche und Gereiztheit. Die Therapie besteht bei einer Diurese bis zu4 l/Tag in derWiederherstellung der Normovolämie. Dar€uber hinaus ist die Gabe von Desmopressinacetat(Minirin) indiziert, z. B. fraktioniert 0,5–2 mg i.v., alternativ intranasal, s.c. oder i.m. Die niedrigstewirksame Dosis sollte verabreicht werden, um eine Hyponatriämie und Wasserretention zu vermeiden.

Schwartz-Bartter-Syndrom (SIADH) Dem Schwartz-Bartter-Syndrom liegt eine pathologisch gestei-gerte ADH-Sekretion zugrunde (Differenzialdiagnose ADH-Sekretion durch Schmerzen, Stress, Hypo-tonie). Zugrundeliegende Pathomechanismen sind nicht hinreichend geklärt, als ursächlich diskutiertwerden atriale und zerebrale natriuretische Peptide. Klinisch f€uhrend sind hohe Natriumkonzentration imUrin (>25 mmol/l), trotz niedriger Serum-Natrium-Konzentration und Serumosmolalität<280 mosmol/l(höhere Urin- als Serumosmolarität); normales bis gesteigertes extrazelluläres Fl€ussigkeitsvolumen ohneperiphere Ödembildung bei normaler Nieren-, Nebennieren- und Schilddr€usenfunktion. Normalerweisewird ADH bei Hyponatriämie nicht sezerniert, der Nachweis im Serum trägt zur Diagnosesicherung bei.

Die Therapie besteht primär aus Fl€ussigkeitsrestriktion bei liberaler Salzzufuhr. Parenterale Natrium-substitution (mit 3%iger Kochsalzlösung, ggf. Furosemid zumWasserentzug) ist erst ab einem Serumwertvon 115 mmol/l, bzw. dar€uber bei neurologischen Symptomen, indiziert (Bartter und Schwartz 1967;Schwartz et al. 2001).

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"Cave Die Korrektur der Serum-Natrium-Konzentration sollte sehr langsam mit maximal 2 mmol/l/herfolgen und 12 mmol/Tag am 1. Tag nicht €uberschreiten, sonst drohen schwerste, z. T. irreversibleneurologische Schäden bis hin zur zentralen pontinen Myelinolyse (Narins 1986).

Zerebrales Salzverlustsyndrom Bei einer Hyponatriämie gilt es differenzialdiagnostisch das zerebraleSalzverlustsyndrom („cerebral salt wasting“; CSW) abzugrenzen. Allerdings können SIADH und CSWauch kombiniert oder in Folge auftreten, was Diagnostik und Therapie zusätzlich erschwert. Das CSWgiltals selten und ist in seiner Existenz nicht unumstritten (Harrigan 1996; Oh und Carroll 1999). Amhäufigsten wird es nach SAB beschrieben, als ursächlich gilt die inadäquate Freisetzung zerebralernatriuretischer Peptide (Singh et al. 2002).

Auch eine Triple-H-Therapie bei Patienten mit SAB und erhöhte Plasmakatecholaminspiegel könneneine Natriurese induzieren. Es handelt sich letztlich um eine Ausschlussdiagnose. Differenzialdia-gnostisch sind kardiale, renale oder hepatogene Erkrankungen und eine Nebennierenrindeninsuffizienzals Ursachen einer vermehrten Kochsalzausscheidung auszuschließen. Im Gegensatz zur Normo- bisHypervolämie beim SIADH herrscht beim CSW ein Volumenmangelstatus mit hohem Hämatokrit undhoher Urin-Natrium-Konzentration.

Die Therapie ist auf den Ausgleich des Volumen- und Natriummangels ausgerichtet. Auch hier gilt es,eine zu schnelle Natriumkorrektur zu vermeiden.

1.2 Allgemeine klinische Aspekte

1.2.1 Neurologische Beurteilung

" Im Zentrum jeder neurologischen Beurteilung steht die klinisch-neurologische Untersuchung desPatienten. Die Basisuntersuchung ist einfach erlernbar und schnell durchf€uhrbar. Sie sollte täglichmindestens einmal erfolgen und sorgfältig dokumentiert werden, um bei Veränderung des klinischenBildes schnell diagnostische oder therapeutische Maßnahmen einleiten zu können.

Außerordentlich wichtig ist deshalb auch neurologisch geschultes Pflegepersonal, um eine engmaschigeklinische Überwachung zu gewährleisten. Es empfiehlt sich, zur Dokumentation standardisierte neuro-logische Überwachungsbögen einzusetzen.

Die klinische Untersuchung dient der Beurteilung des Bewusstseinszustandes und der Erkennung fokalneurologischer Defizite. Die Übersicht zeigt die relevanten neurologischen Untersuchungsparameter.

Hauptkriterien der klinischen neurologischen Untersuchung

– Pupillengröße, ‐form und -reaktion (weit/mittel/eng, rund/entrundet, normal/träge/fehlend)– Spontane Augenbewegungen (z. B. konjugiert, unkonjugiert)– Meningismus– Kornealreflex– Okulozephaler Reflex– Atemmuster (Abschn. 1.1.4)

(Fortsetzung)

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– Spontanbewegungen (gerichtet, ungerichtet, symmetrisch, asymmetrisch, Streck- oder Beuge-synergismen)

– Muskeleigenreflexe– Pyramidenbahnzeichen– Reaktion auf Schmerzreiz (gerichtet, ungerichtet)

Bewusstseinsminderungen gliedern sich in „Somnolenz“, „Sopor“ und „Koma“. Als somnolent wirdein schläfriger Patient beschrieben, der durch Ansprache erweckbar ist – er öffnet die Augen und verhältsich adäquat. Ein soporöser Patient öffnet erst bei kräftiger Stimulation (Schmerzreiz) kurzzeitig dieAugen und zeigt eine gerichtete motorische Abwehr – außer Verbalisieren von Lauten ist keine Kommu-nikation möglich. Findet keine Reaktion auf stärkste Reize oder nur eine ungezielte Abwehr statt, liegt einkomatöser Zustand vor.

Zur differenzierten Beurteilung des Komagrades werden zusätzlich Kriterien wie das Vorhandenseinvon Spontanbewegungen, Hirnstammreflexen, Körperhaltung, Muskeltonus und Spontanatmung heran-gezogen. Beurteilung von Augenöffnen auf Ansprache, verbale Antwort und motorische Reaktion bildetdie Grundlage der Glasgow Coma Scale (GCS; Kap. ▶ Schädel-Hirn-Trauma) (Teasdale und Jennett1974; Teasdale et al. 1983). Diese ist einfach in der Anwendung und erleichtert eine standardisierte undreproduzierbare Beurteilung. Die GCS wurde allerdings f€ur die Beurteilung des akuten SHT entwickeltund ber€ucksichtigt keine fokal neurologischen Defizite.

Insbesondere bei Blutungen sind Schweregrad der Blutung sowie der klinische Zustand bei Aufnahmeprognostisch wichtige Kriterien und Grundlage f€ur therapeutische Maßnahmen. Eine erste Einteilung desSchweregrades einer Subarachnoidalblutung (SAB) erfolgte durch Hunt u. Hess, sie beruht auf klinischenKriterien (Tab. 2 und 3) (Hunt undHess 1968). Obwohl Hunt-u.-Hess-Grad und Letalität bzw.Morbiditätnach SAB gut korrelieren, ist die Einteilung nicht unumstritten: Die Skala ist in verschiedenen Punktennicht eindeutig, weshalb die World Federation of Neurosurgical Surgeons (WFNS) eine ebenfalls 5-stufige Schweregradeinteilung einf€uhrte, die nun bei allen größeren kontrollierten Studien zurSubarachnoidalblutung Verwendung findet. Die WFNS-Skala (Tab. 3) beruht auf einer Kombinationaus Glascow Coma Scale (GCS) und fokal neurologischem Defizit und hat sich auch im klinischen Alltagweitgehend durchgesetzt (Teasdale et al. 1988).

Die Einteilung nach Fisher klassifiziert die CT-Befunde bei SAB (Tab. 4) (Fisher et al. 1980).

Tab. 2 Skala nach Hunt und Hess. Die Skala nach Hunt und Hess klassifiziert den Schweregrad nichttraumatischerSubarachnoidalblutungen nach der neurologischen Symptomatik

Hunt-u.-Hess Skala Neurologische Symptomatik

1 Asymptomatisch oder geringe Kopfschmerzen, leichter Meningismus

2 Moderate bis schwere Kopfschmerzen, NackensteifeKeine neurologischen Defizite außer Hirnnervenausfällen

3 Bewusstseinseintr€ubung (Somnolenz)Mildes fokal neurologisches Defizit

4 StuporModerate bis schwere Hemiparese

5 KomaDezerebrationskrämpfe

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Die Grundlagen apparativer Diagnostik und Überwachung werden in Kap. ▶Zerebrales und neuro-physiologisches Monitoring behandelt, ferner in Kap. ▶Koma, metabolische Störungen und Hirntod.

Jeder Intensivmediziner und jeder neurologische Untersucher sollte mit den Kriterien des Hirntodes(u. a. Verlust von Hirnnerven- und Hirnstammfunktionen sowie des Atemantriebes) vertraut sein, ummögliche Organspender zu erkennen und zu melden (gesetzliche Meldepflicht nach § 11, Abs. 4, TPG).Die Hirntoddiagnostik wurde 1997 von der Bundesärztekammer in der 3. Fortschreibung der Richtlinienzur Feststellung des Hirntodes (1998) festgeschrieben. Bez€uglich Kriterien und Ablauf der Hirntoddiag-nostik wird auf Kap. Hirntodfeststellung und intensivmedizinische Behandlung von Organspendernverwiesen.

1.2.2 Basistherapie

Homöostase, Beatmung, Lagerung

" Primäres Ziel bei der intensivmedizinischen Behandlung von neurochirurgischen/-traumatologischenPatienten ist die Minimalisierung des sekundären Hirnschadens durch den Erhalt der Homöostase unddamit vorrangig die Prävention von Hypotension, Hyper-/Hypokapnie, Hypoxämie, Hyper-/Hypogly-kämie und Hyperthermie.

Daher ist die Indikation zur Intubation und/oder invasiven Beatmung im Zweifelsfall großz€ugig zustellen, zwingend bei einem GCS <8. Um ICP-Anstiege durch Stress und Stimuli im Rahmen der

Tab. 3 Klinische Stadien der akuten Subarachnoidalblutung

Nach Hunt u. Hess Klinische Befunde NachWFNSa (GlasgowComa Scale)

Grad Symptome ScoreMotorischesDefizit

1 Leichter Kopfschmerz/MeningismusKein neurologisches Defizit

15 Keines

2 Mäßiger bis schwerer Kopfschmerz/MeningismusKein neurologisches Defizit außerHirnnervenstörungKeine Bewusstseinsveränderung

14–13 Keines

3 Somnolenz oder Verwirrtheit und/oderneurologische Ausfälle

14–13 Vorhanden

4 Sopor, schwere neurologische AusfälleVegetative Störungen

12–7 Keines odervorhanden

5 KomaStrecksynergismen

6–3 Keines odervorhanden

aWorld Federation of Neurological Surgeons

Tab. 4 Einteilung nach Fisher. Die Gradeinteilung einer SAB nach Fisher basiert auf dem initialen Befund des nativen CCT

Fisher Grad Zugrundeliegender CT-Befund

1 Keine Blutung evident

2 Subarachnoidales Blut <1 mm Dicke

3 Subarachnoidales Blut >1 mm Dicke

4 Subarachnoidales Blut jeder Dicke mit Ventrikeleinbruch oder Parenchymblutung

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Laryngoskopie zu vermeiden, sind ausreichende Sedierung, Analgesie und vegetative Abschirmungerforderlich. Bei Verdacht auf eine Verletzung der Halswirbelsäule ist die fiberbronchoskopische Intuba-tion das Verfahren der Wahl, bei einer konventionellen Intubation ist auf eine konsequenteHWS-Stabilisierung zu achten (manuelle In-line-Stabilisierung).

Eine 25�–30� Oberkörperhochlagerung wird empfohlen: Sie beg€unstigt die hirnvenöse Drainage,reduziert das intrakranielle Volumen und somit den ICP. Ein relevanter Abfall des arteriellen Mitteldrucks(CPP = MAP–ICP) bei Lagerungsmaßnahmen, insbesondere im Rahmen einer Hypovolämie oderKreislaufinstabilität, muss z€ugig therapiert werden.

Die Anwendung positiv-endexspiratorischen Druckes (PEEP) ist auch bei neurochirurgischen/-traumatologischen Patienten immer dann indiziert, wenn sie zu einer Verbesserung der Lungen-Compliance (Rekrutierung von Alveolen) und Reduktion der inspiratorischen Sauerstoffkonzentrationbeiträgt. Bedenken im Sinne einer reduzierten hirnvenösen Drainage mit konsekutivem ICP-Anstieg sindhier nicht gerechtfertigt. Die Anwendung eines PEEP von 10–15 cm H2O wird als unkritisch angesehen,v. a. wenn ein kontinuierliches ICP-Monitoring gewährleistet ist. Unter Ber€ucksichtigung desICP-Verlaufs ist somit sowohl eine R€ucken-, Seit- oder Bauchlage vorstellbar, insbesondere bei Patientenmit respiratorischer Globalinsuffizienz. In jeder dieser Positionen muss eine neutrale Position im Atlan-tookzipitalgelenk ohne Torsion des Halses konsequent aufrechterhalten werden.

Die Beatmung kann volumen- oder druckkontrolliert erfolgen. In jedem Fall ist es elementar, dieAufrechterhaltung einer Normokapnie engmaschig zu €uberpr€ufen, Sedierungstiefe und Invasivität derBeatmung zu evaluieren und an den aktuellen (neurologischen) Zustand des individuellen Patienten zuadaptieren.

" Stress durch unzureichende Sedierung, Analgesie oder vegetative Abschirmung, verbunden mit einererschwerten Beatmungssituation (inkonstante Beatmungsparameter, Pressen gegen das Beatmungsge-rät mit Druckspitzen und Gefahr eines Pneumothorax) verschlechtern das Patienten-Outcome und sinddaher unbedingt zu vermeiden.

Antikoagulation Die Inzidenz thromboembolischer Komplikationen ist bei neurochirurgischen oderneurotraumatologischen Patienten sehr hoch, bedingt durch Lähmung und Immobilisation, aber auchdurch Gerinnungsstörungen (Kap. ▶ Intensivtherapie nach neurochirurgischen Eingriffen: elektive Kra-niotomie, intrakranielle Blutung, Schädel-Hirn-Trauma, R€uckenmarkverletzung). Sie wird mit 10–20 %bei Patienten mit spinalem Trauma (Powell et al. 1990) und bis zu 50% bei Patienten mit SHTangegeben.Entsprechend hoch ist das Risiko einer fulminanten Lungenembolie (50 % Letalität). Die Inzidenzthromboembolischer Komplikationen erreicht ihren Gipfel zwischen 72 h und 14 Tage nach dem traum-atischen Ereignis (spinales Trauma/SHT) (Velmahos et al. 2000). Die Thromboseprophylaxe sollte daherfr€uhestmöglich bei allen Patienten begonnen werden, erfordert aber häufig sorgfältiges Abwägen zwi-schen Antikoagulation einerseits und erhöhtem Risiko intrakranieller Blutungen andererseits.

Allgemein gilt, die Thromboseprophylaxe erst ab 36 h nach einem Trauma zu beginnen, abhängig vomGrad der intrakraniellen Mitbeteiligung oder Gerinnungsstörungen. Nach elektiven neurochirurgischenEingriffen ist der Beginn nach Absprache mit dem Operateur in der Regel fr€uher möglich. MechanischeVerfahren (Kompressionsstr€umpfe, Mobilisation, Physiotherapie) bilden die Basis, sind aber allein beilängerer Immobilität nie ausreichend.Meist werden niedermolekulare Heparine (NMH) eingesetzt, wobeidie Wahl des Pharmakons nicht entscheidend zu sein scheint (Bullock und Povlishock 2007). Beierhöhtem Blutungsrisiko ist eine intravenöse, nicht PTT-wirksame Heparinisierung besser steuerbar.

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1.2.3 Sedierung und NeuroprotektionAllgemein ist es sinnvoll, standardisierte Beurteilungsbögen zur Dokumentation des neurologischenZustandes und der Sedierungstiefe zu verwenden. Es wurde bereits die Notwendigkeit einer adäquatenSedierungstiefe unterstrichen. Deshalb ist es wichtig, den klinischen Zustand sorgfältig zu erheben und zudokumentieren, um damit u. a. das Sedierungsregime zu begr€unden. Die S3-Leitlinie der DeutschenGesellschaft f€ur Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) und der Deutschen InterdisziplinärenVereinigung f€ur Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) zu Analgesie, Sedierung und Delirmanagement inder Intensivmedizin empfiehlt:

Das Monitoring sollte regelmäßig (z. B. 8-st€undlich) erfolgen und dokumentiert werden. Dabei ist immer einSedierungs- und Analgesieziel f€ur jeden Patienten individuell festzulegen und €uber ein regelmäßiges Monitoring zu€uberpr€ufen und zu dokumentieren und ggf. an neue Bedingungen zu adaptieren (DGAI und DIVI 2009).

Die neurologische Beurteilbarkeit ist andererseits beim wachen, nicht sedierten Patienten am bestengewährleistet und dann der wichtigste, kontinuierliche Parameter, der großen Einfluss auf Diagnostik undTherapie hat. Besteht die Indikation zur Sedierung, sollten die gewähltenMedikamente gut steuerbar sein,um Aufwachversuche zur neurologischen Beurteilung („neurologische Fenster“) zu ermöglichen. Aufeine neuromuskuläre Blockade sollte verzichtet werden. Unter pharmakokinetischen Gesichtspunktensind Substanzen mit kurzer kontextsensitiver Halbwertszeit und ohne aktive Metabolite wie Propofol,Sufentanil und Remifentanil sinnvoll. Auch die inhalative Sedierung (AnaConDa) kann angewandtwerden, wenn kurze Aufwachzeiten, rasche Erholung kognitiver Funktionen oder eine schnelle Mobili-sierung angestrebt werden, zudem inhalative Anästhetika eine gute hämodynamische Stabilität und einenpositiven Effekt auf die Lungenfunktion bieten.

Es gibt keine zeitliche Beschränkung der Anwendungsdauer. Allerdings stellt die inhalative Sedierungvon Intensivpatienten einen „off-label use“ dar. Deshalb sollte in diesem Fall die Indikation zur Sedierunggut €uberpr€uft und Hämodynamik, Beatmungsparameter sowie Leber- und Nierenwerte engmaschig€uberwacht werden.

Bei derWahl intravenöser Anästhetika und bei einer zu erwartenden begrenzten Sedierungsdauer solltebevorzugt Propofol eingesetzt werden, bis zu 7 Tage mit maximal 4 mg/kg KG/h (Cave: Propofolinfu-sionssyndrom). Es besteht keine Zulassung zur Sedierung bei Patienten <16 Jahre.

Ketamin wird bei kontrolliert beatmeten Patienten kein negativer Effekt auf den ICP zugeschrieben.Durch den supplementären Einsatz kann der Bedarf an Katecholaminen und Analgetika reduziert werden,was dann einen positiven Effekt auf den CPP und die Darmtätigkeit hat.

Opioide tragen in der Regel nicht zu einer hämodynamischen Instabilität und damit auch nicht zueinem ICP-Anstieg bei. Ein opioidinduzierter Abfall des CPP und die konsekutiv autoregulative Dilata-tion zerebraler Gefäße können jedoch zu einem ICP-Anstieg f€uhren.

Barbiturate haben keinen Stellenwert bei der Langzeitsedierung. Sie finden vielmehr Verwendung beider Senkung eines erhöhten ICP im Rahmen des sog. Barbituratkomas (Kap. ▶ Intensivtherapie beierhöhtem intrakraniellem Druck) unter EEG-Kontrolle. Eine prophylaktische Barbituratgabe wird nichtempfohlen (Roberts und Sydenham 2012). Durch Reduktion des zerebralen Stoffwechsels und desEnergiebedarfes kommt es zu einem Abfall der Hirndurchblutung und zu einer Umverteilung vonzerebralem Blutvolumen zugunsten von maximal vasodilatierten ischämischen Arealen, konsekutiv zueiner Reduktion des ICP. Diese Reduktion des zerebralen Stoffwechsels geht mit einer Reduktion derneuronalen Aktivität einher, bis „burst suppression“ im EEG erreicht wird. Eine Dosiserhöhung dar€uberhinaus bringt keinen Benefit. Liegt bereits eine Reduktion der hirneigenen elektrischen Aktivität durchdie Grunderkrankung vor, können auch Barbiturate keine weitere Suppression des zerebralen Stoff-wechsels erzielen.

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Eine Cochrane-Analyse hob den klaren Effekt der Barbiturattherapie bei der ICP-Senkung hervor,allerdings zeigte sich keine Verbesserung von Mortalität oder neurologischem Defizit im Vergleich zurStandardtherapie (Roberts und Sydenham 2012). Bei jedem 4. Patienten f€uhrt die Anwendung vonBarbituraten zum Blutdruckabfall, was trotz ICP-Senkung einen verminderten CPP zur Folge hat.

Tabelle 5 gibt eine Übersicht €uber die ZNS-Wirkung von Anästhetika.

Kriterien für die Auswahl geeigneter Substanzen zur Analgosedierung und Anästhesie desPatienten mit schwerem SHT

– Erhöhung der zerebralen Ischämietoleranz (Neuroprotektion)– Senkung des zerebralen Sauerstoffverbrauches (CMRO2)– Erhaltung von zerebralem Perfusionsdruck (CPP) und Blutfluss (CBF)– Senkung des intrakraniellen Blutvolumens (CBV)– Reduktion des intrakraniellen Druckes (ICP)– Erhaltung zerebrovaskulärer Regelmechanismen (Autoregulation, CO2-Reagibilität)

2 Spezielle Aspekte der neurochirurgischen Intensivmedizin

2.1 Elektive Kraniotomie

2.1.1 Allgemeine Prinzipien der postoperativen Überwachung nach elektiven EingriffenIn der unmittelbaren postoperativen Phase gilt es (neben den allgemeing€ultigen Prinzipien der intensiv-medizinischen Versorgung), intrakranielle Komplikationen so fr€uh wie möglich zu erkennen. Intraoperativ

Tab. 5 ZNS-Wirkung von Anästhetika

Anästhetika CMRO2 CBF CBV ICP Autoregulation Besonderheiten

Thiopental ↓ ↓ ↓ ↓ 0 Immunsuppression

Etomidat ↓ ↓ ↓ ↓ 0 Hemmung der Kortisolsynthese

Propofol ↓ ↓ ↓ ↓ 0 Propofolinfusionssyndrom

Ketamin 0 ↑ ? ↑ ? NMDA-Rezeptorantagonist

Isofluran ↓ ↑ ↑ ↑ – Kein Einfluss auf Autoregulation beivolatilen Anästhetika nur bei MAC<1,5 Vol.-%

Sevofluran ↓ ↑ ↑ ↑ –

Desfluran ↑↓ ↑ ↑ ↑ –

Stickoxydul ↓ ↑ ↑ ↑ – Pneumatozephalus ↑

Benzodiazepine ↓ ↑ ? ↑ ?

Fentanyl 0 ? (↑) 0

Alfentanil 0 ? (↑) 0

Sufentanil 0 ? (↑) 0

Remifentanil 0 ? (↑) 0

Succinylcholin ↑/0 0/↑ ? 0 ?

NichtdepolarisierendeRelaxanzien

0 0 ? 0 0

– nicht beeinträchtigt, 0 = keine Wirkung, ? = fragliche oder unbekannte Wirkung

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entstandene Läsionen sind fast immer direkt postoperativ erkennbar. Symptome durch Nachblutungen odersekundäre Ischämien entwickeln sich ebenfalls rasch. Die meisten postoperativen Nachblutungen treteninnerhalb der ersten 12 h nach dem operativen Eingriff auf (Kalfas und Little 1988). Ein postoperativesHirnödem hingegen ist meist €uber mehrere Tage progredient. Besonders häufig tritt Letzteres nach elektiverEntfernung intrakranieller Meningeome oder Metastasen auf, mit einem Maximum am 2. oder3. postoperativen Tag.

Nach jeder intrakraniellen Operation finden sich die radiologischen Zeichen eines Pneumatozephalus,in der Regel von geringem Volumen und daher ohne klinische Relevanz. Die intrakranielle Luft wirdmeist binnen weniger Tage resorbiert, nur selten verbleiben größere Luftansammlungen und f€uhren zuneurologischen Symptomen wie Lethargie, Verwirrtheit, Kopfschmerzen, Erbrechen oder Krampfanfällen.Auch dies bedingt die Notwendigkeit postoperativer Überwachung nach intrakraniellen Eingriffen.

" Prinzipiell besteht bei jedem intrakraniellen Eingriff die Gefahr gravierender Blutungskomplikationen,daher ist eine adäquate Überwachung zumindestens f€ur 12 h notwendig.

Dies bezieht sich auch auf kleinere Eingriffe wie die Entlastung eines chronisch subduralen Hämatoms,die Bohrlochtrepanation zur Anlage einer externen Ventrikeldrainage oder epilepsiechirurgischeEingriffe.

" Bei allen intrakraniellen Komplikationen gilt: Neben klinischen Zeichen einer intrakraniellen Hyper-tension sind fokal neurologische Defizite und epileptische Anfälle charakteristisch.

Bei der Übernahme aus dem OP muss eine genaue Übermittlung der relevanten Informationen durchOperateur und Anästhesie erfolgen. Diese umfasst

– den präoperativen Zustand – vorbestehende neurologische Ausfälle oder Epilepsie,– den intraoperativen anästhesiologischen Verlauf – Anästhesieverfahren bzw. möglicher Anästhetika-

oder Relaxans€uberhang, Blutverlust, Besonderheiten wie z. B. Elektrolytstörungen – insbesondereDiabetes insipidus, Gerinnungsstörungen – Cave: Nachblutung – oder Kreislaufdysregulation,

– den operativen Verlauf – Art und Umfang des Eingriffes, Anzahl und Lage der Drainagen, intraopera-tive Besonderheiten wie z. B. erschwerte Blutstillung, Gefäßverschl€usse, Hirnschwellung, Eröffnungvon Nebenhöhlen,

– die postoperativen Anordnungen durch Operateur und Anästhesie – Patientenlagerung, Umfang undArt der postoperativen Überwachung inklusive Art und Zeitpunkt der postoperativ notwendigenBildgebung wie CT-/MRT-Kontrolle, Notwendigkeit der postoperativen Nachbeatmung, Umgangmit Drainagen/Redons/EVD/lumbale Drainage: z. B. Höhe der EVD-Ableitung €uber dem Null-punkt = MAE, Redon mit/ohne Sog, Liegedauer; postoperative Medikation wie Antikonvulsiva,Antibiotika, Dexamethason oder Mannitol.

" Der neurologische Status sollte unmittelbar postoperativ mindestens 2-st€undlich €uberpr€uft und doku-mentiert werden. Die klinisch-neurologische Untersuchung spielt hierbei die wichtigste Rolle.

Bei jeder neurologischen Veränderung muss an eine Komplikation gedacht und rasch gehandeltwerden. Eine sofortige Revision ohne CT-Kontrolle kann bei fulminanten Verläufen wie z. B. Anisokorieauf der operierten Seite, einhergehend mit Vigilanzminderung, gerechtfertigt sein.

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Besonderes Augenmerk gilt auch der Funktion der vorhandenen Drainagen (z. B. Redon-, Robinson-,Jackson-Pratt-Drainage mit oder ohne Sog angeordnet, EVD, lumbale Drainage). Hier sind v. a. Mengeund Art des geförderten Sekretes zu beachten. Die Liquor€uberdrainage einer EVD kann gew€unscht seinim Sinne einer möglichen Reduktion vasospasmogener Substanzen oder einer intrakraniellen Hyperten-sion, andererseits aber durch Stimulation der Liquorproduktion die Entwicklung eines shuntpflichtigenHydrozephalus fördern.

Die Detektion von Liquorbeimengungen in Redon-, Robinson- oder Jackson-Pratt-Drainagen lieferteinen wichtigen Hinweis auf Liquorfisteln. Der sorgfältige Umgang bei der Beobachtung und Pflege derDrainagen ist generell sehr wichtig. Der Sog muss mit dem Operateur abgesprochen und meist mildeeingestellt werden. Bei unkontrolliertem Einsatz drohen ebenfalls Komplikationen bis hin zu einerpseudohypoxischen Hirnschwellung bei exzessiver intrakranieller Hypotension (van Roost et al. 2003).

Primäres Ziel der postoperativen intensivmedizinischen Überwachung nach neurochirurgischen Ein-griffen ist die Überwachung des Therapieerfolges, d. h. die Verbesserung oder der Erhalt des neurologi-schen Zustandes, bei intrakraniellen Eingriffen insbesondere des Bewusstseins. Die kontinuierlicheklinische Überwachung hat prä- wie postoperativ höchste Priorität. Die Notwendigkeit einer Sedierungund invasiven Beatmung muss regelmäßig evaluiert und abgewogen werden.

Bei Patienten, die präoperativ nicht intubiert waren oder bei denen postoperativ die präoperativenGr€unde f€ur die Intubation wegfallen (Stabilisierung von Frakturen), sollte eine rasche Ausleitung derNarkose möglichst noch im OP angestrebt werden. Allerdings muss diese Entscheidung immer mitR€ucksicht auf den Gesamtkontext der klinischen Situation (abhängig vom Operationsverlauf und derkardiopulmonalen Situation) getroffen werden. Ferner ist die Notwendigkeit einer unmittelbar postope-rativ notwendigen Diagnostik (Angiographie, CT/MRT) mit dem Operateur abzuklären. Meist sind dieseUntersuchungen kurz nach der Extubation durch die oftmals noch mangelnde Compliance der Patientenerschwert und daher nicht zielf€uhrend.

Als Indikationen zur Nachbeatmung bzw. protrahierter Extubation auf der Intensivstation geltenintraoperative chirurgische oder kardiopulmonale Komplikationen, intrakranielle Hypertension, mög-liche Hirnnervenausfälle nach Operationen am Hirnstamm (und damit Beeinträchtigung der Schutz-reflexe) oder Hinweise auf einen Pneumo- oder Hämatothorax (z. B. nach Anlage eines zentralenVenenkatheters, mit der Notwendigkeit einer unmittelbaren postoperativen Thoraxröntgenkontrolle).

Die Indikation postoperativer Anfallsprophylaxe wird international sehr kontrovers diskutiert. Nachderzeitiger Datenlage f€uhrt die prophylaktischen Gabe von Antikonvulsiva zu keiner Verbesserung desLangzeitergebnisses nach elektiven Eingriffen (Pulman et al. 2013), SHT (Schierhout und Roberts 2001)oder SAB (Ratilal et al. 2013). Besteht präoperativ jedoch bereits ein Anfallsleiden, so muss dieMedikation perioperativ unbedingt weitergef€uhrt werden. Phenytoin ist mit einer FV III-Hemmungassoziiert und sollte daher bei intrakraniellen Eingriffen wegen der erhöhten Blutungsgefahr nur nachR€ucksprache mit dem Operateur eingesetzt werden (North et al. 1983). Die Inzidenz einer Erstmanifes-tation postoperativer Anfälle nach supratentoriellen Eingriffen beträgt ca. 18 %, das höchste Risiko habenPatienten mit SAB nach Aneurysmaoperation, mit SHT und GCS 10 und nach Meningeomoperation.

Bez€uglich Grundlagen und Möglichkeiten des zerebralen und neurophysiologischen Monitorings seiauf Kap.▶Zerebrales Monitoring, neurophysiologisches Monitoring verwiesen.

2.1.2 Postoperative eingriffspezifische Überwachung

Postoperative Überwachung nach supratentoriellen Eingriffen Nach supratentoriellen Eingriffenwird das Risiko einer postoperativen intrakraniellen Nachblutung mit 0,8–1,1 % beschrieben. Hierbeihandelt es sich meist um intraparenchymale Hämatome (43–60 %), epidurale (28–33 %) oder subduraleHämatome (5–7 %) (Palmer et al. 1994). Nach jedem supratentoriellen Eingriff sammelt sich serös-

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blutige Fl€ussigkeit epidural, dies sollte aber nicht zu einer Abdrängung der Dura f€uhren (intraoperativwird dies durch Durahochnähte am Trepanationsrand oder Mittelhochnähte der Dura im Bereich desKnochendeckels verringert).

Subdurale Hämatome, die mit einer klinischen Verschlechterung einhergehen, bed€urfen meist deroperativen Revision. Meist erscheinen sie im CT kleiner als intraoperativ. Subdurale Hämatome außer-halb des Operationsgebietes können klinisch stumm und ohne operative Konsequenz bleiben. Sie zeigenTendenz zur spontanen R€uckbildung.

Intrazerebrale Hämatome entstehen bevorzugt im Bereich von Tumoroperationen. Die Größe desHämatoms hat Einfluss auf die perifokale Ödembildung, daher sollte eine Revision erwogen werden.

Extrakranielle Nachblutungen treten in bis zu 11 % der Fälle auf. In der Regel wird bei einer Standard-trepanation ein subgaleales Redon f€ur 24 h eingelegt. In den ersten 4 postoperativen Stunden sollte dieFördermenge 100 ml nicht €uberschreiten.

Subdurale Hygrome, meist frontotemporoparietal, werden bei 17 % der Patienten nach supratentoriel-len Eingriffen beobachtet. Charakteristischerweise treten Kopfschmerzen ca. 1 Woche postoperativ auf.Ohne Vigilanzminderung oder Mittellinienverlagerung ist initial die Gabe von Analgetika oder Steroidenmöglich, in <3 % ist eine subdurale Drainage erforderlich.

Ein postoperatives Hirnödem tritt häufig nach supratentoriellen Tumoroperationen auf. Die präoperativmeist begonnene Therapie mit Dexamethason muss fortgesetzt werden. Alle Faktoren, die zu einerAggravierung f€uhren könnten, m€ussen konsequent therapiert werden: Hyperkapnie, Hyperthermie,Hypoxie, Stress und Agitation des Patienten. Der Entstehung eines postoperativen Hirnödems könnenaber auch venöse (Sinusvenenverletzungen, Sinusvenenthrombosen) oder arterielle (Gefäßverschl€usse,Störung der Mikrozirkulation, langer Druck auf das Hirngewebe durch Hirnspatel) Durchblutungsstö-rungen zugrunde liegen.

Postoperative Überwachung nach infratentoriellen Eingriffen Eingriffe bei infratentoriellen Pro-zessen können je nach Lokalisation und Art auch in sitzender Position oder in Bauch- oder Seitlageerfolgen. Bei sitzender Lagerung ist die Gefahr von (paradoxen) Luftembolien und Pneumenzephalus mitentsprechenden postoperativen Folgen zu beachten. Bei massiven, meist intraventrikulären und bifronta-len Luftansammlungen besteht die Möglichkeit eines Spannungspneumenzephalus durch Ausdehnungder Luft bei Erwärmung auf Körpertemperatur nach Duraverschluss. Hier besteht die Indikation zurEntlastung, meist durch ein Bohrloch. Luftembolien können neben einem arteriellen Blutdruckabfalldurch paradoxe Embolien mit entsprechenden fokal neurologischen Ausfällen durch einen gestörtenpulmonalen Gasaustausch f€ur die postoperative Überwachung relevant sein.

Weitere postoperative Komplikationen sind möglich durch einen Hydrocephalus occlusus, postopera-tive Blutungen oder Hirnnervenausfälle. Ein Hydrocephalus occlusus tritt häufig bei Erkrankungen derhinteren Schädelgrube auf und muss bei der prä- wie postoperativen Versorgung dieser Patienten beachtetwerden. Eine besonders kritische Situation entsteht bei Patienten mit beidem: einer akuten Raumforde-rung in der hinteren Schädelgrube und einem begleitenden Hydrozephalus. Beides kann ursächlich f€ureine klinische Verschlechterung sein, und beides muss entlastet werden. Die Anlage einer externenVentrikeldrainage allein könnte die transtentorielle Herniation infratentorieller Strukturen beg€unstigen,ebenso zu einer Tumoreinblutung f€uhren. Erfolgt eine Anlage präoperativ, muss die Entlastung vorsichtigund druckkontrolliert erfolgen bzw. die Drainage erst nach Duraeröffnung geöffnet werden. Die initialeSymptomatik einer Hirnstammkompression besteht in Störungen der Blutdruckregulation und derAtmung, aber auch in Herzrhythmusstörungen.

" Durch das geringe Reservevolumen der hinteren Schädelgrube f€uhren raumfordernde postoperativeBlutungen viel schneller zu Komplikationen als supratentoriell lokalisierte Raumforderungen.

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Während supratentorielle Prozesse auch klinisch durch Störung von Bewusstsein oder Pupillomotorik,aber auch durch fokal neurologische Symptome und ICP-Anstieg auffällig werden, fehlt dies als „Warn-symptomatik“ bei infratentoriellen Prozessen, es droht das unvermittelte Auftreten einer lebensbedroh-lichen Symptomatik. Da Raumforderungen in der hinteren Schädelgrube häufig mit Liquorabflussstö-rungen einhergehen, ist eine Ventrikeldrainage meist sinnvoll. Der gemessene Druck ist jedoch nichtrepräsentativ, da oft keine freie Kommunikation supra- und infratentoriell möglich ist.

Postoperative Ausfälle insbesondere der Hirnnerven III–XII sind nach infratentoriellen Eingriffenmöglich. Augenmuskelparesen beispielsweise können nach Läsionen der Nn. III, IV und VI, aber auchnach Schädigung der Hirnnervenkerne oder des Fasciculus longitudinalis medialis resultieren. Einedifferenzierte neurologische Untersuchung ist essenziell. Hervorzuheben sind Schäden des N. vagus:Durch einen unvollständigen Glottisschluss sind stille Aspirationen mit pneumonischen Komplikationenmöglich. Ferner gehen Schäden von Nn vagus und glossopharyngeus mit einer Beeinträchtigung derpharyngealen und trachealen Schutzreflexe einher. Im Rahmen der Narkoseausleitung sind letztereKriterien unmittelbar postoperativ nicht immer suffizient zu beurteilen, was eher f€ur eine protrahierteExtubation auf der Intensivstation spricht.

Postoperative Überwachung nach Eingriffen im Bereich der Mittellinie Eingriffe im Bereich derMittellinie betreffen meist Hypothalamus, Hypophyse oder 3. Ventrikel. Häufig sind hierbei Adenome,die funktionell in hormonell inaktive und hormonell aktive Tumoren (Wachstumshormon, Prolaktin,ACTH, LH, FSH, TSH) unterteilt werden. Hormonell inaktive Adenome f€uhren zu einer Hypophysen-vorderlappeninsuffizienz und zu einer Kompression der Sehbahn. Hormonell aktive Tumoren gehen mitspezifischen Krankheitsbildern und einer erhöhten Mortalität einher, z. B. M. Cushing, Akromegalieoder Störung der ADH-Freisetzung mit konsekutiver Störung des Natrium- und Wasserhaushaltes(Abschn. 1.1.4). Bei Aufnahme auf die Intensivstation ist die Kenntnis der präoperativen klinischenund endokrinologischen Situation sowie der präoperativen Substitutionstherapie essenziell.

" Wichtig sind st€undliche Visuskontrollen: Sekundärer Visusverlust und retroorbitale Kopfschmerzensind alarmierende Hinweise auf eine Nachblutung. Wie bei allen intrakraniellen Eingriffen ist post-operativ die st€undliche Kontrolle von Bewusstsein, Pupillenreaktion und Motorik indiziert.

Bez€uglich der medikamentösen hormonellen Therapie sei auf weiterf€uhrende fachspezifische Literatursowie Abschn. 1.1.4 verwiesen. Hervorzuheben ist, dass im Rahmen einer Hypophysenunterfunktioneine Hypothyreose erst nach einigen Tagen postoperativ laborchemisch messbar ist, eine Nebennierenrin-deninsuffizienz durch die kurze Halbwertszeit des freien Hormons hingegen rasch zu dramatischenFolgen f€uhren kann. Bei der Substitutionstherapie mit Hydrokortison nach Schema gilt es, einen erhöhtenTagesbedarf durch perioperativen Stress, Fieber oder Infektionen zu beachten.

Bei der postoperativen Betreuung von Patienten mit Morbus Cushing muss Augenmerk auf bestehendeImmunsuppression mit erhöhter Rate an Pneumonien und Meningitis sowie auf die Komplikationendurch Diabetes mellitus, Hyperkoagulabilität, Kapillarfragilität und gastrointestinale Ulzera gelegt wer-den. Bei Akromegalie stehen neben Organkomplikationen respiratorische Einschränkungen und Intuba-tionsschwierigkeiten im Vordergrund.

Weitere Komplikationen nach Eingriffen im Bereich der Schädelbasis sind Liquorfisteln mit entz€und-lichen Komplikationen wie Hydrocephalus hypersecretorius oder Meningitis (1–3 %). Bei Blutkontami-nation im 3. Ventrikel nach transventrikulären Eingriffen am/in der Nähe des Hypothalamus wird die sog.hypothalamische Hyperthermie beschrieben (Diagnose: Ausschlussverfahren und mikrobiologischeLiquoruntersuchung). Hypothalamische Läsionen können eine charakteristische Trias aus Hyperthermie,Hypernatriämie und Koma bedingen und sind dann mit einer schlechten Prognose assoziiert.

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Postoperative Überwachung nach epilepsiechirurgischen Eingriffen Epilepsiechirurgie umfasst imwesentlichen 3 Therapieformen:

– Resektion des epileptogenen Gewebes (v. a. temporal),– funktionelle Verfahren (Dekonnektion, funktionelle Hemisphärektomie) und– stimulierende Verfahren (z. B. Tiefenhirnstimulation).

Fazit Generell sollten Patienten nach Kraniotomien mindestens 12 h €uberwacht werden.Spezielle postoperative Komplikationen sind abhängig von Verfahren und operativem Zugangsweg:

Seh- und Sprachstörungen, kontralaterale Hemiparese, Verschlusshydrozephalus, Störungen der Pupillo-motorik und psychiatrische Komplikationen, ferner Blutungen und Infektionen.

2.1.3 Spezielle Aspekte: postoperative Infektionen und MeningitisBei intrakraniellen Infektionen handelt es sich meist um sekundäre bakterielle Meningitiden nach intra-kraniellen Eingriffen, als Komplikationen eines (offenen) SHT (offene Impressionsfrakturen, Schädel-basisfrakturen mit Liquorfisteln, Nasennebenhöhlenverletzungenmit Inokulation von Keimen des Nasen-Rachen-Raums) oder Folge externer Drainagen. Die beiden wichtigsten Risikofaktoren sind peri- bzw.postoperative Liquorfisteln und die Notwendigkeit von Revisionseingriffen. Präoperative Antibiotika-prophylaxe konnte bei neurochirurgischen Patienten zwar die Rate an Hautinfektionen, nicht jedoch dieRate an tiefergelegenen Infektionen senken (Korinek et al. 2008).

Das mikrobielle Spektrum beinhaltet häufig Keime des Nasen-Rachen-Raums oder typische Kranken-hauskeime (Pneumokokken, Meningokokken, Gruppe-B-Streptokokken, Listeria monocytogenes, Sta-phylokokken und gramnegative Enterobakterien). Die klassischen Symptome einer Meningitis sindKopfschmerzen, Erbrechen, Nackensteife, Fieber, sekundäre Bewusstseinseintr€ubung, Krampfanfälleoder fokal neurologische Defizite.

"Cave Die bakterielle Meningitis ist ein absoluter Notfall: Der meist schwere Verlauf erfordert eineextrem rasche Diagnostik und Therapie. Durch den geringen Gehalt an Immunglobulinen und Kom-plementfaktoren im Liquor f€uhren septische Kontaminationen zu dramatischen mikrobiellen Prolife-rationen.

Besteht der Verdacht, sollte binnen 1 h die Antibiotikatherapie begonnen werden – eine Verzögerungdes Therapiebeginns um mehr als 3 h nach Krankenhausaufnahme ist mit einem signifikant schlechterenOutcome assoziiert und muss vermieden werden (Auburtin et al. 2006). Noch amAufnahmetag muss einebildgebende Diagnostik durchgef€uhrt werden, in der Regel ein Schädel-CT mit Knochenfenster, auch umdifferenzialdiagnostisch einen Abszess oder ein Empyem bzw. andere Ursachen einer Raumforderung(z. B. Hydrozephalus) auszuschließen.

Eine Lumbalpunktion (Cave: erhöhter ICP und schlechter Gerinnungsstatus bei Sepsis) und dieAbnahme von Blutkulturen sind obligat. Pathognomonische Liquorbefunde f€ur eine bakterielle Infektionsind tr€uber Liquor mit einer Pleozytose von >1000 Zellen/mm3), erhöhter Eiweißgehalt (>100 mg/dl)und erniedrigter Glukosegehalt (<40 mg/dl). Die adjuvante Therapie mit Kortikosteroiden reduziert dieZahl schwerer Hörstörungen und neurologischer Residualsymptome, zeigt jedoch keine eindeutigeReduktion der Mortalität (Brouwer et al. 2013). Eine positive Wirkung von Dexamethason bei derMeningokokkenmeningitis konnte nicht belegt werden.

Analog wird bei Patienten mit einer Meningitis als Folge einer bakteriellen Endokarditis und bei derbakteriellen Meningitis im Neugeborenenalter der Einsatz von Kortikosteroiden nicht empfohlen. BeiVerdacht auf eine bakterielle Meningitis (d. h. klinischer Verdacht plus tr€uber Liquor) sind 10 mg

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Dexamethason i.v. unmittelbar vor Gabe des Antibiotikums vorgesehen und dann 10 mg alle 6 h €uber4 Tage. Eine Stressulkusprophylaxe wird empfohlen, ferner eine Low-dose-Heparinisierung zur Throm-boseprophylaxe.

Bei primär bewusstseinsgetr€ubten Patienten oder bei Vorhandensein von fokal neurologischen Defizi-ten sollten vor einer Lumbalpunktion im CT raumfordernde Prozesse und ein erhöhter Hirndruckausgeschlossen werden (Einklemmungsgefahr). In diesem Fall sollte nach der Abnahme von Blutkulturensofort mit der Gabe von i.v. Dexamethason und der i.v. Antibiotikatherapie begonnen werden.

Die antibiotische Therapie muss initial nach Gewinnung von mikrobiologischem Probematerial raschhochdosiert, „kalkuliert ungezielt“ und intravenös erfolgen. Die empirische Therapie sollte gemäß denLeitlinien der Deutschen Gesellschaft f€ur Neurologie gewählt werden. Sie ist abhängig vom Alter desPatienten und unterscheidet zwischen ambulant erworbener (Cephalosporin plus Ampicillin) und noso-komialer bakterieller Meningitis (Meropenem plus Vancomycin, plus Metronidazol bei operativemZugangsweg durch Schleimhäute) (Leitlinien f€ur Diagnostik und Therapie in der Neurologie 2008).Möglichst schnell sollte ein Grampräparat angefertigt werden, um das Erregerspektrum weiter einzu-grenzen.

" Nach dem Infektionsschutzgesetz besteht Meldepflicht bei laborchemischem Nachweis vonN. meningitidis, Listeria monocytogenes und Haemophilus influenzae in Blut oder Liquor.

Nach Therapiebeginn sollte die Fokussuche komplementiert werden, durch z. B. eine HNO-ärztliche-Konsiliaruntersuchung oder CT/MRT (parameningeale Entz€undungsherde: Sinusitis). MöglicheCCT-Befunde bei bakterieller Meningoenzephalitis sind:

– Hirnschwellung (Hirnödem; Hirnvolumenzunahme bei Sinus-/Venenthrombose),– Hydrozephalus,– Infarkte (bei zerebraler Vaskulitis oder septisch-embolischer Herdenzephalitis oder Stauungsinfarkte

bei Sinus-/Venenthrombose),– intrazerebrale Blutung (bei Verbrauchskoagulopathie; Stauungsblutung bei Venenthrombose),– Zerebritis,– Ventrikulitis,– Hirnabszess,– subdurales Empyem (mit sekundärer Meningitis) oder parameningeale Infektionsherde im

Knochenfenster (Sinusitis, Mastoiditis).

Ebenfalls relevant bei der Diagnostik zerebrovaskulärer Komplikationen sind: MRT, TCD, Audiome-trie oder akustisch evozierte Hirnstammpotenziale.

Bei der intensivmedizinischen Versorgung m€ussen auch extrakranielle Komplikationen der bakteriel-len Meningitis, v. a. in der Akutphase, erkannt und therapiert werden. Im Vordergrund stehen

– septische Organkomplikationen,– Elektrolytstörungen (insbesondere SIADH, zerebrales Salzverlustsyndrom, zentraler Diabetes

insipidus),– Sehstörungen (zerebrale Vaskulitis),– Hörminderungen, aber auch– spinale Komplikationen (Myelitis, spinale Vaskulitis).

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Ein erhöhter intrakranieller Druck muss entsprechend therapiert und ggf. eine externe intraventrikuläreLiquordrainage gelegt werden (ICP-Messung, Entlastung eines Hydrozephalus). F€ur die arteriellenzerebralen Gefäßkomplikationen (Arteriitis, Vasospasmus) gibt es bislang keine gesicherten Therapieop-tionen. Eine PTT-wirksame Heparinisierung ist bei septischen Sinus-sagittalis- oder Sinus-cavernosus-Thrombosen oder kortikalen Venenthrombosen indiziert.

Bei Pneumokokken- und Listerienmeningitiden beträgt die Letalität 20–40 %; bei Meningokokken-meningitiden 3–10 % (Stephens et al. 2007). Neurologische Residuen (insbesondere Hörstörungen,neuropsychologische Auffälligkeiten, Hemiparese, epileptische Anfälle, seltener Ataxie, Hirnnervenpa-resen und Sehstörungen wie z. B. homonyme Hemianopsie) werden bei 20–40 % aller Patienten nachbakterieller Meningitis beschrieben.

Differenzialdiagnostisch gilt es, andere Ursachen einer Meningitis abzugrenzen, z. B.

– Pilzmeningitis (viral oder aseptisch),– postoperatives aseptisches Meningismussyndrom nach Eingriffen an der hinteren Schädelgrube bei

30 % aller Kinder mit typischem Liquorbefund einer bakteriellen Meningitis.

Die Diagnose erfolgt durch negativen mikrobiologischen Nachweis, die Therapie mit Glukokortikoi-den. Weitere Differenzialdiagnosen umfassen tuberkulöse Meningitis; parameningeale Eiterherde; intra-kranielle Abszesse (Hirnabszess, subdurales Empyem, epiduraler Abszess); spinale Abszesse oderNeuroborreliose. Wegweisend sind in der Regel Klinik (Exposition, Hauteffloreszenzen), mikrobiologi-scher Keimnachweis in Blutkultur oder Liquor (Grampräparat, Antigennachweis mit der Latexagglutina-tionsmethode, PCR, Kultur) oder Procalcitonin-Bestimmung (bei der Differenzialdiagnose zwischenbakteriell und viral). Bez€uglich Diagnose und Therapie anderer Ursachen einer Meningitis muss aufKap. ▶ Intensivtherapie bei Infektionen des ZNS sowie auf weiterf€uhrende Fachliteratur und Leitlinienverwiesen werden.

2.2 Intrakranielle BlutungDie differenzierte Betrachtung intrakranieller Blutungen lässt eine Einteilung nach ihrer Lokalisation(epidurale, subdurale, subarachnoidale und intrazerebrale Blutungen) oder gemäß dem zugrundeliegen-den Pathomechanismus (spontane versus traumatische Blutung) zu. Nicht selten treten kombinierteBlutungen auf. Epi- und subdurale Blutungen sind meist traumatischer Genese (Kap. ▶ Schädel-Hirn-Trauma). Dieses Kapitel thematisiert intrazerebrale (ICB) und subarachnoidale Blutungen (SAB).

2.2.1 Intrazerebrale Blutung (ICB)Einer spontanen intrazerebralen (Massen)Blutung (hämorrhagischer Apoplex) liegt häufig eine hyper-tensive Vasopathie zugrunde, aber auch Gerinnungsstörungen (meist im Rahmen einer Antikoagulanzien-therapie), Aneurysmen, zerebrale Amyloidangiopathie, Tumoren/Metastasen, Stauungsblutungen beiVenen- oder Sinusthrombose, Vaskulitis oder andere Gefäßanomalien wie Angiome, AV-Malfor-mationen, Durafisteln und Kavernome.

Es gibt nur eine geringe Anzahl randomisierter kontrollierter Studien zur Therapie der ICB, sodassbislang auch nicht die Wirksamkeit von verschiedenen Behandlungsstrategien nachgewiesen werdenkonnte. Auch konnte trotz Verbesserungen im Bereich der Akutversorgung von Schlaganfallpatientenund der intensivmedizinischen Versorgung keine signifikante Verbesserung der Mortalität nach ICBerzielt werden (Davis et al. 2006).

Die ICB hat eine ung€unstige Prognose: 50 % der Patienten sterben, meist innerhalb der ersten 30 Tage.Die akute raumfordernde Wirkung der Blutung einerseits und diejenige sekundärer Effekte (perifokalesHirnödem oder Liquorzirkulationsstörungen) können neben der lokalen Gewebedestruktion zu einem

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kritischen ICP-Anstieg mit Gefahr der transtentoriellen Herniation f€uhren. Eine sekundäre Verschlechte-rung kann durch letztere sekundäre Effekte, aber auch durch eine erneute Blutung in den ersten Tagen,v. a. in den ersten 6 h, bedingt sein und ist ein prognostisch ung€unstiges Zeichen f€ur ein schlechtesOutcome.

" Meist ist die Blutungszunahme unmittelbar nach der Diagnosestellung am größten. Dieses Wissen istvon großer Relevanz, da genau in dieser kritischen Phase Patienten sehr häufig im Rahmen derDiagnostik transportiert, gelagert und von wechselndem ärztlichem Personal betreut werden. Genauin dieser Phase ist es wichtig, eine kontinuierliche neurologische Überwachung und intensivmedizini-sche Versorgung zu gewährleisten.

Typisch f€ur die ICB ist die Entstehung eines perifokalen Hirnödems, meist innerhalb der ersten 24–48 hnach dem initialen Blutungsereignis undmit einer maximalen Ausbreitung oftmals nach einerWoche. Diezugrundeliegende Pathophysiologie ist noch nicht hinreichend erklärt, am ehesten vermutet man eineentz€undliche oder ischämische Genese, ferner immunologische Phänomene oder exzitatorische Trans-mitter (v. a. Glutamat, im Rahmen von Apoptosephänomenen).

Das klinische Korrelat sind sekundäre klinische Verschlechterungen. Tierexperimentelle Therapiean-sätze umfassen NMDA-Rezeptor-Antagonisten, Kalziumantagonisten, hyperbaren Sauerstoff oderImmunsuppressiva. Eine fr€uhe chirurgische Hämatomentlastung scheint die Entwicklung des perifokalenÖdems zu verringern. Eine Therapieempfehlung f€ur Kortikosteroide analog zum perifokalen Ödem beiintrazerebralen Tumoren existiert nicht.

Die Symptomatik der ICB hängt von der anatomischen Lokalisation und der Größe der Blutung ab, trittaber meist rascher ein als beim ischämischen Ereignis, das hier die wichtigste Differenzialdiagnosedarstellt. Daher muss vor Therapiebeginn mit Antikoagulanzien bei Verdacht auf ein ischämischesEreignis unbedingt eine Blutung durch bildgebende Verfahren ausgeschlossen werden.

Sowohl bei der Akutversorgung als auch bei der intensivmedizinischen Therapie stehen neben einerdifferenzierten neurologischen Diagnostik im Vordergrund:

– Sicherung der Vitalparameter,– Gerinnungsdiagnostik und ggf. hämostatische Therapie,– Blutdruckmanagement sowie– Prävention und Therapie von Sekundärkomplikationen.

Bislang gibt es keine verbindlichen Richtlinien hinsichtlich des Blutdruckmanagements. Es herrschtjedoch die allgemeine Annahme, dass eine zu rasche und starke Blutdrucksenkung v. a. bei großenBlutungen vermieden werden sollte, um einen ausreichenden zerebralen Perfusionsdruck zu gewährleis-ten. In der Akutphase empfehlen die aktuellen Richtlinien der American Stroke Association (Morgensternet al. 2010) eine aktive Blutdrucksenkung erst bei Werten>200 mm Hg systolisch (MAP>150 mm Hg).Ohne Hinweise auf eine ICP-Erhöhung kann dann der systolische Blutdruck unter Werte von160–180 mm Hg eingestellt werden, sonst nur unter Hirndruckmonitoring. Alle Richtlinien beruhenbislang auf Konsens und nicht auf wissenschaftlicher Evidenz. Der Vorteil der ICP-Messung bei intra-zerebraler Blutung konnte bislang nicht belegt werden.

Die begleitende sympathikoadrenerge Stressreaktion verkompliziert die Blutdruckeinstellung. Zurmedikamentösen Therapie eignen sich in der Initialphase gut steuerbare Substanzen wie z. B. Urapidilund Clonidin, alternativ auch b-Blocker. Vasodilatanzien wie Nifedipin, Nitroglycerin oder Nitroprussidkönnen im Rahmen der Akutversorgung in der Notaufnahme oder durch den Notarzt verwendet werden.Danach gelten sie wegen möglicherweise ICP-erhöhender Wirkung als 2. Wahl.

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Patienten mit einer ICB m€ussen engmaschig €uberwacht werden (Stroke Unit). Bei bereits bestehenderVigilanzminderung oder ausgedehnten Befunden ist die Aufnahme auf eine Intensivstation indiziert. Esgilt zu beachten, dass sekundäre Verschlechterungen häufig und mitunter erst nach einigen Tagenauftreten, sodass von einer fr€uhzeitigen R€uckverlegung auf eine Normalstation Abstand genommenwerden sollte, insbesondere bei Hinweisen im CT auf eine Liquorzirkulationsstörung.

Der Hydrocephalus obstructivus stellt eine häufige Komplikation intrazerebraler Blutungen dar,entweder durch Kompression der Liquorabflusswege durch den raumfordernden Prozess selbst oderdurch intraventrikuläres Blut. Die Indikation zur Anlage einer externen Ventrikeldrainage oder einesShunts muss mit den Kollegen der Neurochirurgie diskutiert werden, ebenso die Indikation zur chirurgi-schen Hämatomausräumung.

Bislang existieren keine evidenzbasierten Empfehlungen. Die Konsensusrichtlinien der AmericanHeart Association sprechen sich nur bei Kleinhirnblutungen >3 cm Durchmesser mit neurologischerBeeinträchtigung oder Liquorabflussstörungen bzw. Hirnstammkompression f€ur eine sofortige Hämato-mausräumung aus; ein möglicher Benefit wird ebenfalls bei lobären Blutungen <1 cm unter der Hirn-oberfläche gesehen (Morgenstern et al. 2010). Auch bei supratentoriell gelegenen Blutungen mit pro-gredienter klinischer Verschlechterung kann ein operatives Vorgehen indiziert sein. Bei Thalamus- undHirnstammblutungen, großen Befunden in der dominanten Hemisphäre oder initial komatösen Patienten(mit bilateralen Störungen der Pupillomotorik) ist eher Zur€uckhaltung geboten.

2.2.2 Subarachnoidalblutung (SAB)Das Auftreten einer SAB wird in allen Altersgruppen mit einem Häufigkeitsgipfel zwischen dem 40. und70. Lebensjahr beschrieben und ist nur sehr selten bei Kindern zu beobachten. Frauen erkranken etwa2-mal so häufig wie Männer. Zudem gibt es Hinweise auf jahreszeitliche und zirkadiane Einfl€usse:Blutungsgipfel morgens sowie im Winter und im Fr€uhjahr.

Im Gegensatz zur ICB hat sich die Prognose der akuten SAB in den letzten Jahren dank interventionell-radiologischer und mikrochirurgischer Behandlungsmethoden deutlich verbessert. Als Hauptursacheeiner SAB findet sich in 80 % der Fälle die Ruptur eines zerebralen Aneurysmas, seltener andereGefäßanomalien (zerebrale oder spinale Angiome). Ursächlich können auch Traumata sein, Tumoren,venöse Thrombosen, Infektionen oder Bluterkrankungen. Die pathophysiologischen Grundlagen(kongenital vs. erworben) konnten noch nicht hinreichend ergr€undet werden. Bei 33 % der histopatho-logischen Untersuchungen des Bindegewebes von Patienten mit SAB ließen sich strukturelle Verände-rungen ähnlich denen des Marfan-Syndroms nachweisen. In der Tat gibt es kongenital auftretendeErkrankungen wie das Marfan-, Ehler-Danlos-Syndrom oder die fibromuskuläre Dysplasie, die häufigmit intrazerebralen Aneurysmen assoziiert sind. Prädilektionsstellen f€ur Aneurysmen, die sich meistlangsam €uber Jahre entwickeln, sind die Gabelungen der intrakraniellen Arterien des Circulus arteriosusWillisii: A. communicans anterior (36 %), A. carotis interna (16 %), A. communicans posterior (16 %)und A. cerebri media (13 %).

" Pathognomonisch ist der plötzliche diffuse Vernichtungskopfschmerz. Noch charakteristischer alsseine Intensität ist das perakute Auftreten mit Erreichen des Schmerzmaximums binnen wenigerSekunden. 2/3 der Patienten zeigen eine verminderte Bewusstseinslage bei Aufnahme. Andere typischeErstsymptome sind Übelkeit, Erbrechen, Nackensteife und Krampfanfälle.

Bei immerhin 30 % wird allerdings die Diagnose im Rahmen der Erstabklärung nicht gestellt. Sehrhäufig werden retrospektiv sog. Warnblutungen, d. h. kleinere Blutungsereignisse, beschrieben. Fokalneurologische Symptome im Sinne von Fr€uhwarnzeichen sind eher selten, aber bei Aneurysmen imBereich der A. carotis interna mit Affektion des N. occulomotorius durch Sehstörungen möglich.

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Die prognostisch bedeutsame Klassifikation des klinischen Schweregrades erfolgt nach den Skalen vonHunt und Hess (1968) oder der World Federation of Neurological Surgeons (Teasdale et al. 1988)(Abschn. 1.2.1 sowie Tab. 2 und 3). 10–15 % der Patienten sterben noch vor Erreichen der Klinik. Die30-Tages-Letalität inklusive Prähospitalphase beträgt 45–50 %.

Oberste Priorität bei der Diagnostik hat das CT mit einer sehr hohen Sensitivität bereits am 1. Tag.Beim Nachweis einer SABmuss zur Lokalisation der Blutungsquelle eine DSA (zerebrale Angiographie)erfolgen; in 25 % der Fälle finden sich auch multiple Aneursymen.

Die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten und -risiken sollten interdisziplinär diskutiert werden.An dieser Stelle werden nur einige Grundgedanken formuliert, f€ur detaillierte Angaben wird auf dieweiterf€uhrende fachspezifische Literatur verwiesen. F€ur die Aneurysmaausschaltung sind derzeit 2Verfahren etabliert:

– endovaskuläres Coiling und– mikrochirurgisches Clipping.

Die prospektiv randomisierte, multizentrische ISAT (I)-Studie (Molyneux et al. 2002, 2005) zeigte,dass zumindest bei SAB-Patienten, f€ur die klinisch und angiographisch nach neurochirurgischer undneuroradiologischer Meinung beide Verfahren in Frage kommen, das Coiling die besseren klinischenLangzeitergebnisse liefert. Der Outcome-Vorteil bleibt €uber mindestens 7 Jahre bestehen und wird auchnicht durch die in der Coiling-Gruppe häufiger auftretenden SAB-Rezidive und Reinterventionenzunichte gemacht (Campi et al. 2007; van der Schaaf et al. 2005).

Die Intervention wird in zeitlicher Anlehnung an das Auftreten von Sekundärkomplikationen durch-gef€uhrt:

– In den ersten 4 Wochen nach einer Aneurysmaruptur kommt es ohne Aneurysmaausschaltung inca. 40 % der Fälle zu einer Reruptur, dann mit einer noch schlechteren Prognose als das Erstereignis.Das kumulative Risiko in den ersten 2 Wochen liegt bei 19 %.

– Das Auftreten von Vasospasmen (Verengungen der subarachnoidalen Arterien) zwischen Tag 4 undTag 14 f€uhrt zu Perfusionsminderungen und „verzögerten ischämischen neurologischen Defiziten“.Hieraus generiert sich die Empfehlung einer möglichst raschen Aneurysmaausschaltung innerhalb derersten 72 h nach der Blutung, d. h. noch vor Einsetzen der Vasospasmen. Streng genommen handelt essich somit um Sekundärprophylaxe und keine Therapie des Krankheitsbildes SAB.

Patienten, die bereits zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme bewusstlos sind, haben eine sehrschlechte Prognose. Bei den initial noch wachen Patienten wird die Morbidität und Letalität nicht mehrvon der Schwere der initialen Blutung bestimmt, sondern vielmehr von Sekundärkomplikationen undsekundären Hirnschäden, die im Zusammenhang mit der Aneurysmaausschaltung auftreten. Die wesent-lichen Faktoren sind: Rezidivblutung, mit der Aneurysmaausschaltung assoziierte Komplikationen(z. B. akutes fokales neurologisches Defizit, AFND), vasospasmusbedingte ischämische neurologischeDefizite, posthämorrhagischer Hydrozephalus und intensivmedizinische Komplikationen.

In die ISAT (I)-Studie wurden im Rahmen des „uncertainty principle“ v. a. Patienten in relativ gutemneurologischem Zustand (88 %WFNS-Grade 1–2) und mit relativ kleinen Aneurysmen (92 %<11 mm)der vorderen Zirkulation (97 %) eingeschlossen. Allerdings wurde ein Großteil der Patienten nichtrandomisiert, da bei ihnen nicht beide Verfahren als gleichwertig erachtet wurden. Somit sind inISAT (I) Patienten €uber 70 Jahre und mit vertebrobasilären Aneurysmen unterrepräsentiert, ebensoPatienten mit Aneurysma der A. cerebri media, die häufig primär operiert werden. Dennoch wirdISAT (I) häufig herangezogen, um eine generelle Überlegenheit interventionell neuroradiologischer

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Verfahren zu postulieren. Bef€urworter primär endovaskulären Vorgehens merken zudem an, dass techni-sche Fortschritte die Vorteile auch bei erweiterter Indikation zeigen d€urften, da inzwischen sogar dieTherapie breitbasiger Aneurysmen möglich ist. Dies soll nun in der ISAT (II)-Studie geklärt werden. Indiese prospektive randomisierte Studie werden auch Patienten eingeschlossen, die in der ISAT (I)-Studienicht randomisiert worden waren (Darsaut et al. 2013). Die Studie wird an mindestens 50 Zentrendurchgef€uhrt, dennoch beträgt die geplante Laufzeit 12 Jahre.

Komplikationen der Aneurysmaausschaltung

Nachblutung Wie bereits erwähnt, geht eine Nachblutung mit einer hohen Letalität einher, das höchsteRisiko besteht in den ersten Tagen nach dem initialen Blutungsereignis. Man vermutet arterielle Blut-druckanstiege als die häufigste Ursache. Eine invasive Blutdruckmessung ist daher obligat. SystolischeBlutdruckspitzen >160 mm Hg sollten vermieden werden. Oberstes Ziel ist die Aufrechterhaltung einesadäquaten zerebralen Perfusionsdruckes (CPP = MAP–ICP). Bei Normotonikern scheint ein MAP von70–80mmHg ausreichend, bei primär komatösen Patientenmit Hypertonus wird einMAP von 90mmHgnahegelegt, um zerebrale Ischämien zu vermeiden. Die Inzidenz an Nachblutungen hat durch diezunehmende Praxis an Fr€uhoperationen innerhalb der ersten 72 h und der Möglichkeit des fr€uhenendovaskulären Aneurysma-Coilings deutlich abgenommen.

Hydrozephalus Die klinische Symptomatik eines Hydrozephalus entspricht derjenigen einer intrakra-niellen Druckerhöhung: Kopfschmerzen, Erbrechen, M€udigkeit, zunehmende Vigilanzminderung bis hinzur Bewusstlosigkeit. Bezogen auf das zeitliche Auftreten unterscheidet man einen akuten (binnen derersten 3 Tage), einen subakuten (nach 4–13 Tagen) und einen chronischen (ab 14 Tage) Hydrozephalus.Bei bis zu 25 % aller Patienten mit SAB ist bereits im Aufnahme-CT ein akuter Hydrozephalus apparent,allerdings wird dies nur bei 40 % der Betroffenen klinisch symptomatisch. Ein akuter Hydrozephalusf€uhrt nicht in jedem Fall zu einem chronischen Verlauf: Bei 14–21 % aller SAB-Patienten wird dieIndikation f€ur einen ventrikuloperitonealen Shunt gestellt. Das Risiko hierf€ur ist abhängig von: Lebens-alter, WFNS-Grad, Hydrozephalus bei Aufnahme und Art der Aneurysmaausschaltung.

Bei endovaskulärer Versorgung ist signifikant häufiger eine dauerhafte Liquorableitung notwendig alsbei chirurgischer. Als Therapie der Wahl bei der Akutversorgung gilt die Anlage einer externen Ven-trikeldrainage. Sie dient sowohl der Hirndruckmessung und Liquoranalyse als auch der Drainage vonblutigem Liquor aus dem Subarachnoidalraum. Letzteres wird als therapeutische Maßnahme diskutiert,aufgrund einer signifikanten Korrelation zwischen subarachnoidaler Blutmenge und Inzidenz einessymptomatischen Vasospasmus.

Akut fokales neurologisches Defizit (AFND) Akute fokal neurologische Defizite beschreiben neuro-logische Defizite, die sich akut binnen weniger Stunden als direkte Folge einer SAB oder der Aneurysma-versorgung präsentieren. Ein AFND geht mit einer schlechten Prognose einher, begr€undet durch dieBeobachtung, dass die häufigste Ursache (intrazerebrale Blutung nach Aneurysmaruptur in 20–40 %) mitschweren neurologischen Beeinträchtigungen vergesellschaftet ist.

Operativ oder interventionsbedingte Ursachen sind Clip-Stenosen mit konsekutiver territorialer Isch-ämie, thrombotisch bedingte Gefäßstenosen oder Coiling-assoziierte Gefäßkomplikationen. Postoperativoder postinterventionell sollte daher umgehend eine neurologische Untersuchung, möglichst am wachenPatienten, durchgef€uhrt und bei Verdacht auf ein neu aufgetretenes neurologisches Defizit z€ugig einediagnostische Abklärung (CT-Angiographie, Kontrollangiographie) veranlasst werden. Differenzialdia-gnostisch sind v. a. Vasospasmen, Hydrozephalus oder Meningitis abzugrenzen.

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Vasospasmen Vasospasmen treten zwischen dem Tag 4 und 14 nach dem initialen Blutungsereignis auf.Verengungen der subarachnoidalen Arterien f€uhren konsekutiv zu regionalen zerebralen Perfusions-minderungen und damit v. a. bei eingeschränkter zerebraler Autoregulation zu „verzögerten ischämi-schen neurologischen Defiziten“ („delayed ischemic neurological deficit“; DIND). Aufgrund des ver-minderten Nachblutungsrisikos infolge der Fr€uhversorgung gelten Vasospasmen als dieHauptkomplikation nach SAB. Sie sind bei fast 75 % aller betroffenen Patienten angiographischnachweisbar, jedoch nur bei 30 % klinisch apparent als DIND.

Die Symptomatik ist jeweils abhängig vom Versorgungsgebiet der betroffenen Gefäße (A. cerebrianterior: Antriebsminderung, hirnorganisches Psychosyndrom; A. cerebri media: kontralaterale Hemi-symptomatik, ggf. Sprachstörungen) und kann blutdruckabhängig reversibel sein. Das Risiko steigt mitder Menge subarachnoidalen Blutes (CCT, Einteilung gemäß Fisher-Skala). Als zusätzlich beg€unstigendeFaktoren werden Hypovolämie in der postoperativen Phase und Hyperglykämie angesehen.

Als wichtigste diagnostische Maßnahme zur Fr€uherkennung und Verlaufsbeurteilung, v. a. beibewusstseinsgetr€ubten Patienten, gilt die transkranielle Dopplersonographie (Anstieg der mittleren Blut-flussgeschwindigkeit >200 cm/s bzw. signifikanter Anstieg > ca. 50 % im Verlauf, Nachteil: keinekontinuierliche Messmethode; Kap. ▶Zerebrales und, neurophysiologisches Monitoring). In letzter Zeitnimmt hier auch die zerebrale Mikrodialyse einen zunehmenden Stellenwert ein.

Die Diagnose „symptomatischer Vasospasmus“ kann aber nicht allein durch Messbefunde, sondernimmer nur im Zusammenhang mit einer neurologischen Verschlechterung gestellt werden. Erst dannsollte eine (modifizierte) „Triple-H-Therapie“ begonnen werden.

Therapie des Vasospasmus Die (klassische) Triple-H-Therapie (arterielle Hypertension, Hypervolämie undHämodilution) galt lange als Behandlung der Wahl bei symptomatischem Vasospasmus, obwohl ihr Nutzennicht in prospektiven, kontrolliert randomisierten Studien bewiesen ist. Auch ihre Durchf€uhrung variiertstark. So ist unklar, welchen Anteil Hämodilution und Perfusionssteigerung am Therapieerfolg haben. Imklinischen Alltag scheinen sich ischämische Symptome zu mildern oder voll reversibel zu sein, wennfr€uhzeitig innerhalb von Stunden nach Auftreten eines DIND mit der Therapie begonnen wird. Die genaueBetrachtung der (noch unzureichenden) Datenlage zeigt jedoch, dass die Hypervolämie keinen positivenEffekt hat, imGegenteil die Tendenz zur Verschlechterung besteht. Deshalb wird nicht mehr empfohlen, €uberdie Kompensation bestehenden Volumenverlustes hinaus zu infundieren (Rinkel et al. 2004).

Die Prophylaxe vasospasmusbedingter ischämischer neurologischer Defizite und Hirninfarkte erfolgtmittels oraler Gabe des Kalziumantagonisten Nimodipine (Nimotop) (6-mal 60mg/Tag f€ur 21 Tage). Einesuffiziente Blutdruckerhöhung hat Priorität vor Nimodipin-Gabe. Auch wenn die Therapie nicht unum-stritten ist, wird sie angesichts der geringen Risiken empfohlen. Sie f€uhrt zur signifikanten Senkung derHäufigkeit verzögerter ischämischer neurologischer Defizite („number needed to treat“; [NNT] = 20)(Dorhout et al. 2007). Diese Ergebnisse beruhen aber v. a. auf einer großen Nimodipin-Studie. DieMechanismen bleiben jedoch unklar. Die Wirkung resultiert eher aus einer Erhöhung der Ischämie-toleranz (Neuroprotektion) und der Verbesserung der pialen Kollateralisierung als einer direkten Beein-flussung des Vasospasmus. Patienten in schlechtem klinischem Zustand (Schweregrade nach Hunt u.Hess 4–5), die das höchste Risiko eines Vasospasmus aufweisen, sind in den existierenden Studien nichtausreichend repräsentiert. Die Wirksamkeit von zermörserten Tabletten, die €uber die Magensonde ver-abreicht werden, ist zwar eingeschränkt (Angabe des Herstellers), der positive Effekt f€ur intravenösesNimodipin jedoch nicht ausreichend belegt.

Eine prophylaktisch induzierte Triple-H-Therapie hat weder Einfluss auf die Inzidenz und die Aus-prägung eines symptomatischen Vasospasmus noch auf das Outcome der Patienten und wird nichtempfohlen. Einer Hypovolämie hingegen muss unbedingt entgegengewirkt und eine Normovolämieaufrechterhalten werden. Antihypertensive Pharmaka sollten aus diesem Grunde zur€uckhaltend einge-

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setzt werden, v. a. da bei Patienten mit symptomatischem Vasospasmus sehr häufig die zerebraleAutoregulation gestört und die zerebrale Perfusion somit vom arteriellen Blutdruck abhängig ist.

In spezialisierten Zentren besteht die Möglichkeit, Vasospasmen endovaskulär zu behandeln mittelstransluminaler Ballondilatation und intraarterieller Gabe vasodilatatorischer Substanzen. Die Ballondi-latation kann insbesondere bei fr€uhzeitigem Einsatz innerhalb von 2 h nach Auftreten eines DINDenggestellte Gefäßsegmente effektiv und anhaltend aufweiten und damit die neurologische Symptomatikverbessern. Die Methode ist aber f€ur distale Gefäßabschnitte und diffuse Spasmen weniger geeignet.Bislang fehlen kontrollierte Studien zum neurologischen Outcome. Komplikationen treten in ca. 5 % derFälle auf, sind dann aber besonders schwerwiegend (Gefäßdissektion, ‐ruptur).

Die intraarterielle Gabe von Kalziumantagonisten oder von Papaverin kann auch distale Segmente oderlangstreckige Spasmen erreichen, ist daf€ur aber von zeitlich begrenzter Wirkung (ca. 3 h). Erfahrungenmit dieser Behandlung haben den Charakter von Fallberichten.

Weitere Forschungsansätze zur Reduktion des Risikos verzögerter ischämischer Defizite (DIND)umfassen: Statintherapie (Pravastatin 40 mg/Tag) in den ersten 3 Tagen, intravenöse Magnesiumbe-handlung und selektive ETA-Rezeptor-Antagonisten. F€ur keinen der genannten Ansätze kann derzeit eineHandlungsempfehlung gegeben werden. Ein weiterer erfolgversprechender Ansatz zur Prophylaxe desVasospasmus ist die Implantation von „slow-release pellets“ intrazisternal während der operativenAneurysmaversorgung, die den vasodilatierendenWirkstoff (z. B. Nicardipine) kontinuierlich €uber einenZeitraum von 2–3 Wochen freisetzen.

Neurologische Komplikationen

Meningitis Hier sei auf Kap. ▶ Intensivtherapie nach neurochirurgischen Eingriffen: elektive Kranioto-mie, intrakranielle Blutung, Schädel-Hirn-Trauma, R€uckenmarkverletzung verwiesen. Die klassischenSymptome einer Meningitis finden sich auch als Reizreaktion auf subarachnoidales Blut, dies wird dannals aseptische Meningitis bezeichnet. Die Inzidenz f€ur eine bakterielle Meningitis liegt bei 6–22 %. Siesteigt mit der Liegedauer einer Liquordrainage >15 Tage sowie bei einer Liquorfistel oder Katheterob-struktion (z. B. durch einen Blut-Clot), jedoch nicht mit dem Vorhandensein von Blut im Liquor odereiner ICB. Da in den ersten Tagen nach Anlage einer externen Ventrikeldrainage das Meningitisrisikoniedrig ist und häufige Liquorabnahmen das Infektionsrisiko erhöhen können, wird eine seltenereLiquorabnahme (z. B. 2-mal in der 1. Woche und täglich ab jedem weiteren Tag) empfohlen. Die externeVentrikeldrainage sollte insbesondere bei abzusehender längerer Drainagepflichtigkeit fr€uhzeitig(z. B. nach 7 Tagen) gewechselt werden bzw. in eine lumbale Drainage umgewandelt werden, wasallerdings nicht immer effektiv ist, da €uber die lumbale Drainage häufig keine ausreichend hohe Draina-gemenge zu realisieren ist.

Krampfanfälle und intrakranielle Hypertension Krampfanfälle werden bei bis zu 26 % der Patientenmit aneurysmatischer SAB beobachtet, insbesondere in Zusammenhang mit der Blutung bei linksseiti-gem Mediaaneurysma.

Die Routine-EEG-Diagnostik hat einen großen Stellenwert, insbesondere zum Ausschluss eines non-konvulsiven Status epilepticus. Bei der SAB wird auch das Auftreten einer sog. „cortical spreadingdepression“ als Ursache einer neurologischen Verschlechterung bzw. DIND diskutiert.

Zum Thema intrakranielle Hypertension sei auf Kap. ▶ Intensivtherapie bei erhöhtem intrakraniellemDruck) verwiesen.

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Nicht neurologische Komplikationen Neurogen-extrazerebrale Organfunktionsstörungen nach SABbetreffen v. a. das kardiopulmonale System (myokardiale Nekrosen, verminderte Herzauswurfleistung,neurogenes Lungenödem).

Pulmonale Komplikationen 22 % der Patienten mit aneurysmatischer SAB erleiden pulmonale Kom-plikationen, zunehmend mit Lebensalter und Schweregrad der SAB. Dies ist dann mit einem schlechtenklinisch-neurologischen Endergebnis assoziiert (Friedman et al. 2003). Nosokomiale Pneumonien, kar-diogenes und neurogenes Lungenödem sowie Aspirationspneumonie sind zusammen f€ur 85 % allerpulmonalen Komplikationen nach SAB verantwortlich. Die hohe Letalität begr€undet sich auf die mög-lichen Organdysfunktionen wie ARDS, SIRS, Sepsis oder (Multi-) Organversagen.

"Cave Bei 35 % der Patienten nach SAB finden sich Hinweise auf eine Herzinsuffizienz. Bei fehlenderkardialer Abklärung und aggressiver Triple-H-Therapie besteht die Gefahr der kardiopulmonalenDekompensation (Lungenödem).

Elektrolytstorungen Oft zeitlich koinzident mit dem Vasospasmus entwickeln sich eine Natriurese,Hyponatriämie und Hypovolämie. Diese Komplikationen sind pathophysiologisch nur zum Teil ver-standen (Abschn. 1.1.5) und beg€unstigen die sekundären Ischämien.

Hyperglykämie 80–100% der SAB-Patienten weisen bei stationärer Aufnahme eine Hyperglykämie auf.Dies wird assoziiert mit einer Vielzahl extrakranieller Komplikationen wie Lungenödem, Pneumonie undschweren neurologischen Komplikationen. Bei Patienten mit hochgradiger SAB und schweren fokalenDefiziten treten Hyperglykämien im Blut bei gleichzeitig kritisch erniedrigten Hirngewebsglukosespie-geln auf. Die Methode der zerebralen Mikrodialyse kann in diesen Fällen dazu beitragen, Patienten mitzerebral ausgeschöpfter Glukoseverstoffwechselung zu identifizieren und die Insulintherapie zu optimie-ren, um eine zerebrale metabolische Entgleisung zu vermeiden.

Kardiale Komplikationen 35 % der Patienten mit SAB weisen Zeichen einer Herzinsuffizienz auf.Besonders am 1. und 2. postoperativen Tag werden kardiale Arrhythmien (30 %, davon 5 % lebens-bedrohlich), gefolgt von Lungenödem (23 %), Veränderungen der Leberwerte (24 %) sowie Nieren-funktionsstörungen (7 %) beschrieben. Die Häufigkeit des Auftretens von EKG-Veränderungen korreliertmit der Menge an subarachnoidalem Blut im CT nach der Fisher-Skala und wird mit bis zu 67 %angegeben (in 30 % Arrhythmien). Troponin I als Marker einer Myokardschädigung ist bei 20–30 %der Patienten nach SAB erhöht und wird als Prädiktor f€ur das Auftreten pulmonaler und kardialerKomplikationen diskutiert. In der Regel ist eine Normalisierung der EKG-Veränderungen im Verlaufohne spezifische Therapie zu beobachten.

2.3 Schädel-Hirn-TraumaHier sei auf Kap. ▶ Schädel-Hirn-Trauma verwiesen, das bereits die wichtigsten Aspekte von Erstver-sorgung bis Beginn der Intensivtherapie, Prinzipien des Monitorings, Indikationen zur operativen Ver-sorgung und die Basistherapie behandelt. An dieser Stelle werden nur einige Themen ergänzt bzw.hervorgehoben. Bei primär bewusstlosen Patienten oder bei Patienten, bei denen die Indikation zurSedierung besteht, ist eine engmaschige neurologische Untersuchung essenziell. Eine neu aufgetreteneAnisokorie muss dringlichst abgeklärt werden, durch bildgebende Verfahren, aber auch durch neuro-logische und augenärztliche Konsiliarärzte (Bulbustrauma).

"Cave Die Gabe eines Mydriatikums muss beim bewusstlosen Patienten vermieden werden.

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" 10 % der Patienten mit SHT weisen eine begleitende Verletzung der Halswirbelsäule auf.

Auf Besonderheiten in Diagnostik und Therapie des Schädel-Hirn-Traumas bei Kindern kann an dieserStelle nicht eingegangen werden.

2.3.1 Zerebrale KrampfanfälleDie posttraumatische Epilepsie nach SHT ist besonders häufig bei Patienten mit Kontusionen (fokaleLäsionen). Fr€uhe zerebrale Krampfanfälle innerhalb der 1. Woche nach dem traumatischen Ereignis sindin bis zu 30 % der Fälle beschrieben (Bullock und Povlishock 2007). Die prophylaktische Gabe vonAntikonvulsiva in der Fr€uhphase nach SHTwird sehr kontrovers diskutiert, reduziert sie zwar signifikantdie Inzidenz, f€uhrt jedoch nicht zur Verbesserung des neurologischen Outcome. In der Spätphase, ab7 Tage nach SHT, treten zerebrale Krampfanfälle ebenfalls relativ häufigmit 9–42% auf. Hier konnte eineprophylaktische Gabe das Auftreten nicht signifikant verringern. Generell kann somit keine Empfehlungzur Prophylaxe ausgesprochen werden (Pulman et al. 2013). Treten allerdings Krampfanfälle auf, solltendiese therapiert werden und eine antikonvulsive medikamentöse Einstellung erfolgen. Hierbei wird dieAnlehnung an die neurologischen Leitlinien zur Therapie von Epilepsie empfohlen.

" Bei anhaltender Bewusstlosigkeit, Änderungen der Vigilanz oder unklaren Änderungen neurokogniti-ver Funktionen muss differenzialdiagnostisch ein nonkonvulsiver Status epilepticus ausgeschlossenwerden (mittels EEG).

Gerinnungsstörungen bei SHT Nach einem Schädel-Hirn-Trauma sind z. T. gravierende Gerinnung-störungen bis hin zu einer Verbrauchskoagulopathie mit DIG beschrieben. Allerdings fehlen randomi-sierte Studien zur Diagnostik und Therapie. Eine ausgeprägte Gerinnungsstörung gilt als Kriterium f€ureinen prognostisch ung€unstigen Verlauf durch Verzögerung der operativen Versorgung und der Ag-gravierung von Sekundärschäden.

Im Tierexperiment finden sich Hinweise auf Aktivierung der Gerinnungskaskade, insbesondere €ubertraumatisch freigesetztes zerebrales Gewebethromboplastin (Faktor III). Zu den weiteren möglichenMechanismen der Gerinnungsaktivierung zählt die Aktivierung des endogenen Gerinnungssystems undder Thrombozyten durch Faktor XII nach Schädigung des Gefäßendothels; Freisetzung von Plättchen-faktoren (Phospholipiden) aus v. a. Thrombozyten, Leukozyten und Erythrozyten; Aktivierung vonZytokinen mit vermehrter Expression von Thromboplastin; Aktivierung der Gerinnungskaskade aufverschiedenen Ebenen durch zerebrale Hypoxie, Gewebeazidose und Störungen des zerebralen Blut-flusses.

Die Größe der Hirnläsion scheint mit dem Ausmaß einer Gerinnungsstörung assoziiert zu sein. Zudemscheint die Lokalisation der zerebralen Gewebsverletzung eine Rolle zu spielen: So findet sich eine DIGhäufiger bei Verletzung thromboplastinreicher Areale, analog häufiger bei intra- vs. extrakraniellen Ver-letzungen. Dem Verletzungsmuster wird ebenfalls Bedeutung zugemessen: die Verletzung großer Gefäßeträgt zu einer Verlustkoagulopathie bei; bei Schussverletzungen f€uhrt die Mitbeteiligung von multiplenGefäßen entlang des Schusskanals zu einer Störung der Blut-Hirn-Schranke und beg€unstigt damit dieEinschwemmung von v. a. Gewebsthromboplastin.

Studien zeigen eine signifikante Korrelation zwischen dem Ausmaß der Gerinnungsstörung (gemessenan einem sog. DIG-Score) und dem initialen GCS-Score (Selladurai et al. 1997). Am häufigsten verwen-det wird der sog. modifizierte DIG-Score nach Kearney (Hulka et al. 1996). Dieser umfasst 5 Parameter

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(Thrombozytenzahl, Prothrombinzeit, aPTT, Fibrinspiegel, D-Dimer-Spiegel) und vergibt eine Punktzahlvon 0–15 (5 Punkte sind hier Indikator einer Gerinnungsstörung).

Die Therapie der Gerinnungsstörung muss an den 3-Phasen-artigen Verlauf der DIG angepasst werden:Gabe von Gerinnungsinhibitoren (AT III) bzw. Antifibrinolytika, Gabe von niedrig dosiertem Heparinund Substitution reduzierter Gerinnungsfaktoren.

2.3.2 ThromboseprophylaxeNeurotraumatologische Patienten haben ein hohes Thromboserisiko: bis zu 50 % ohne Prophylaxe. DerBeginn einer Thromboseprophylaxe wird in der Regel erst ab 36 Stunden nach dem Trauma empfohlen,allerdings sind hier häufig sehr individuelle Entscheidungen zu treffen. Bei hohem Blutungsrisiko wirdeiner nicht PTT-wirksamen i.v. Heparinisierung dem Vorzug vor NMH gegeben.

2.4 Rückenmarkeingriffe und -verletzungen (spinales Trauma, spinale Blutung)

2.4.1 Epidemiologie und PathogeneseR€uckenmarkverletzungen bei Intensivpatienten sind meist traumatischer Genese, seltener handelt es sichum Patienten mit spinalen Raumforderungen, arteriovenösen Malformationen oder Hämatomen.

Die Häufigkeit von R€uckenmarkverletzungen wird in Industrieländern mit 50 Neuerkrankungen proJahr pro 1 Mio. Einwohner angegeben, die Inzidenz kompletter Querschnittslähmungen mit 10–15. InDeutschland werden ca. 1200 traumatische Querschnittslähmungen pro Jahr gemeldet, bedingt durchVerkehrs- und Arbeitsunfälle, Suizidversuche, Sport- und Badeunfälle (Beschleunigungsverletzungen,Sturz aus großer Höhe). F€uhrend handelt es sich um Polytraumatisierte mit Begleitverletzungen anWirbelsäule und R€uckenmark, aber auch pulmonale Komplikationen bei isolierten höhergelegenen Ver-letzungen des Zervikalmarks bed€urfen oftmals einer intensivmedizinischen Versorgung.

Bei Vorliegen eines SHTweisen 10 % der Patienten begleitende Wirbelsäulenverletzungen auf, meistder HWS. Verletzungen der BWS gehen häufig mit einem Thoraxtrauma einher, bei Verletzungen derLWS gilt es, eine intraabdominelle Verletzung oder ein retroperitoneales Hämatom auszuschließen(Deutsche Gesellschaft f€ur Unfallchirurgie 2011).

2.4.2 Klassifikation und ErstversorgungBei traumatischen R€uckenmarkverletzungen bestimmen v. a. folgende Faktoren die weitere Diagnostikund Therapie:

– Höhe der Verletzung,– Alter und Stabilität der Fraktur sowie– Ausprägung der neurologischen Komplikationen und Begleitverletzungen.

Hier sei auf Kap. ▶Querschnittslähmung: Akutbehandlung und Rehabilitation verwiesen.

" Die wesentliche Frage bei der Erstversorgung ist, ob es sich um eine stabile oder eine operativversorgungspflichtige Wirbelsäulenverletzung handelt.

Bei Übergabe des Patienten auf die Intensivstation muss daher besprochen werden, ob es sich um einestabile oder instabile Fraktur handelt, ob oder welche operative Stabilisierungsmaßnahmen ergriffenwurden und inwieweit eine Mobilisation des Patienten erlaubt ist.

Die gleiche Sorgfalt ist bei nichttraumatischen postoperativen oder konservativen R€uckenmark-patienten anzuwenden. Mögliche Ursachen f€ur Raumforderungen sind Hämatome, Pus (Abszesse) oder

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Tumoren, häufig auch Metastasen. Tumorbedingte Kompressionen entstehen selten innerhalb desR€uckenmarks selbst, meist kommt es zu einer Einengung durch umgebende Strukturen.

Zur Klassifikation der Wirbelsäulenverletzungen muss auf weiterf€uhrende Fachb€ucher verwiesenwerden. F€ur die einzelnen Abschnitte der Wirbelsäule existieren verschiedene Einteilungen, meist mitentsprechenden Leitlinien zur Versorgung. Erwähnt seien Verletzungen der thorakolumbalen Wirbelsäule:Die häufigsten Frakturen treten am Übergang auf. Operativ versorgt m€ussen Kompressionsfrakturen mitkomplettem Berstungsbruch (Typ A3), Distraktions- (Typ B) und Rotationsverletzungen (Typ C). Ver-letzungen der oberen HWS (Okziput – HWK 2) sind €uberproportional häufig mit anderen Wirbelsäulen-verletzungen assoziiert. Im Bereich der unteren HWS sind häufig degenerative Veränderungen vorbe-stehend (Myelopathie, Spinalkanalstenose). In diesem Fall können bereits geringere Auslöser wieHWS-Distorsionen zu gravierenden neurologischen Komplikationen f€uhren. Beschrieben sind auchneurologische Ausfälle ohne radiologisches Korrelat (SCIWORA: „spinal cord injury without radio-graphic abnormality“), oft bedingt durch transiente ligamentäre Deformationen, häufiger bei Kindern.

Ziel der Erstversorgung bei vermutetem spinalem Trauma ist die rasche Sicherung der Diagnose. ImVordergrund steht die Prävention von Sekundärschäden (Hadley und Walters 2013). Die amerikanischenLeitlinien stellen die klinische Symptomatik in den Vordergrund. Beim wachen asymptomatischenPatienten, der weder Nackenschmerzen noch Druckschmerz angibt, keine Auffälligkeiten bei der neuro-logischen Untersuchung zeigt und keine Verletzung oder Erkrankung hat, die eine exakte Evaluierungerschwert, wird bei erhaltener funktioneller Beweglichkeit keine radiologische Diagnostik der zervikalenWirbelsäule empfohlen (Hadley und Walters 2013).

Bei jedem Patienten mit frischem spinalem Trauma m€ussen Mehrfachverletzungen vermutet werden:SHT, Rippenfrakturen, (Spannungs-)Pneumothorax, intraabdominelle Organmitbeteiligung (Milzruptur,Leberkapselhämatom) oder z. B. Ureterenverletzung. Deshalb ist neben dem genauen neurologischenAufnahmebefund (lokale Verletzungszeichen, Motorik, Sensibilität, Reflexstatus, Blasen-Mastdarm-Funktion, kardiopulmonaler Status) ein genaues Bild €uber die bereits stattgefundene Diagnostik zuerheben und diese ggf. z€ugig zu komplettieren (Ultraschall Abdomen, Thoraxröntgenaufnahme, konsi-liarische Stellungnahmen durch z. B. Chirurgie, Urologie, Ophthalmologie).

Nach der Diagnosesicherung eines spinalen Traumas ist es in der Fr€uhphase wichtig, engmaschigneurologisch zu €uberwachen, um klinische Befundverschlechterungen erfassen zu können. Diesen Ver-schlechterungen können die Entwicklung eines spinalen Hämatoms oder das Dislozieren instabilerFrakturen zugrunde liegen. Sie bed€urfen einer weiteren Abklärung und ggf. operativen Versorgung.

F€ur die Beschreibung des neurologischen Status wird die Klassifikation der American Spinal InjuryAssociation empfohlen (Hadley und Walters 2013) (ASIA, Kap. ▶Querschnittslähmung: Akutbehand-lung und Rehabilitation). Das Ausmaß der Lähmung lässt sich nach funktionellen Kriterien in 5 Schwere-grade einteilen (Frankel et al. 1969):

– A: vollständige Lähmung,– B: motorisch komplette und sensibel inkomplette Lähmung,– C: motorisch inkomplette Lähmung ohne Funktionswert,– D: motorisch inkomplette Lähmung mit Funktionswert,– E: keine Lähmung/vollständige Erholung.

Die AISA-Klassifikation basiert auf einem Punktesystem f€ur motorische und sensible Funktionen undist wesentlich komplexer. Beide Einteilungen eignen sich auch zur Verlaufsbeobachtung.

Die Behandlung von R€uckenmarkverletzungen in einem Zentrum ist nach fr€uhestmöglicher Verlegungerstrebenswert, sowohl f€ur die Akuttherapie als auch f€ur die Fr€uhrehabilitation. Unter http://www.dmgp.at/zentren.htm findet sich eine Liste der deutschsprachigen Querschnittsgelähmtenzentren.

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Gabe von Kortikosteroiden nach akuten spinaler Traumatisierung In den MultizenterstudienNASCIS I–III (National Spinal Cord Injury Study) wurde die Wirksamkeit von Methylprednisolon nachakuten (nicht penetrierenden) R€uckenmarkverletzungen analysiert. Die NASCIS-II-Studie (Brackenet al. 1990) (NASCIS-II-Schema: Bolus 30 mg/kg KG Methylprednisolon, Infusion 5,4 mg/kg KG/h€uber 23 h) konnte einen geringf€ugig positiven Effekt auf Sensorik und Motorik bis zu 6 Monate nachTrauma zeigen, nach 1 Jahr noch eine leicht verbesserte Motorik gegen€uber der Kontrollgruppe. Diesepositiven Effekte zeigten sich jedoch nur bei Therapiebeginn innerhalb von 8 h. PolytraumatisiertePatienten wurden nicht von der Studie ausgeschlossen, sind aber unterrepräsentiert.

In der NASCIS-III-Studie zeigte sich jedoch 6 Wochen nach einem spinalen Trauma eine höhereKomplikationsrate an schwerer Sepsis und schwerer Pneumonie bei >48 h mit Methylprednisolon imVergleich zu >24 h behandelten Patienten (Bracken et al. 1997).

In der aktuellen S3-Leitlinie Polytrauma wird Methylprednisolon nicht mehr empfohlen:

Eine Methylprednisolon-Gabe („NASCIS-Schema“) ist nicht mehr Standard, kann aber bei neurologischem Defizit undnachgewiesener Verletzung innerhalb von 8 Stunden nach dem Unfall eingeleitet werden.

In den Leitlinien der amerikanischen Neurochirurgen wird vonMethylprednisolon (MP) klar abgeraten(Hadley und Walters 2013; Hurlbert et al. 2013):

Die Anwendung von Methylprednisolon (MP) zur Behandlung der akuten R€uckenmarksverletzung wird nicht empfoh-len. Kliniker, die Therapie mit MP erwägen, sollten bedenken, dass das Medikament keine FDA-Zulassung f€ur dieseAnwendung besitzt. Es gibt keine Klasse-I- oder Klasse-II-Evidenz f€ur einen klinischen Nutzen von MP in der Therapieder akuten R€uckenmarksverletzung. Vereinzelte Berichte (Klasse-III-Evidenz) reklamieren inkonsistente Effekte, diewahrscheinlich auf Zufallsbefunde oder Selektionsbias beruhen. Im Gegenteil besteht Klasse-I-, ‐II- und -III-Evidenz,dass hochdosierte Steroidgabe gesundheitsschädliche Nebenwirkungen bis hin zum Tod haben.

Falls dennoch eine Therapie bei nicht penetrierenden Verletzungen erwogen wird, sollte diese fr€uhest-möglich, aber spätestens binnen 8 h begonnen und nicht länger als 24 (�36) h fortgef€uhrt werden. ZurOrientierung wird das in der NASCIS-II-Studie gebrauchte Dosierungsschema empfohlen.

Analog zu intrakraniellen Prozessen kommt den Kortikosteroiden in der Therapie spinaler Kompres-sion bei Tumorerkrankungen eine weniger umstrittene wichtige Rolle zu. Neben einer hochdosiertenTherapie mit Dexamethason kommen hier Radiotherapie und Chemotherapie zum Einsatz, in seltenenFällen ist ein operatives Vorgehen (Tumor-Debulking und anteriore Stabilisierung, Dekompressions-laminektomie) indiziert.

2.4.3 Komplikationen und LangzeitverlaufDie Fr€uhletalität von Patienten mit spinalem Trauma beträgt zwischen 4–20 % und wird v. a. bestimmtdurch Patientenalter, Höhe der R€uckenmarkläsion und Grad der Begleitverletzungen. Verglichen mitPatienten mit thorakalen Läsionen haben Patienten mit C1- bis C3-Läsionen ein 6,6-fach, mit C4- bisC5-Läsionen ein 2,5-fach erhöhtes Letalitätsrisiko in der Akutphase. Im weiteren Verlauf bestimmenOrgankomplikationen das Outcome, f€uhrend sind Sepsis, Lungenembolie und Pneumonie.

Kardiopulmonale Komplikationen

Kardiovaskuläre Komplikationen Neben möglichen kardiovaskulären Komplikationen erfordern häufigpulmonale Probleme eine intensivmedizinische Behandlung. Eine hämodynamische Instabilität ist häufigbei polytraumatisierten Patienten, bedingt durch den Blutverlust oder die Begleitverletzungen. Hypoten-sive Phasen mit konsekutiver spinaler Minderperfusion sollen so rasch wie möglich behoben werden(Anhebung des systolischen Blutdrucks auf >90 mm Hg). F€ur die Dauer von 7 Tagen nach akutemspinalem Trauma wird die Aufrechterhaltung eines mittleren Blutdrucks von 85–90 mm Hg empfohlen

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(Ryken et al. 2013). Primär durch die R€uckenmarkverletzung bedingte kardiovaskuläre Komplikationender Akutphase sind der spinale Schock und bradykarde Herzrhythmusstörungen. Der sog. spinale Schockmit Hypotension, Bradykardie und Hypothermie folgt nach maximaler Vasoparalyse ohne möglichesympathikotone Gegenregulation. Diese Phase kann Tage bis Wochen dauern.

Bradykarde Herzrhythmusstörungen treten nicht selten bei hohen zervikalen Läsionen (C1–C5) inner-halb von 2 Wochen nach einem spinalen Trauma auf. Meist handelt es sich um Bradyarrhythmien oderSinusbradykardien, ein primärer Sinusarrest wird seltener beobachtet. Häufig wird dies auch bei Patientenmit thorakalen Läsionen bei Th1–Th4 in der Akutphase beschrieben, mit Tendenz zum Abklingen nachEnde des spinalen Schocks. Bei Manipulationen am Patienten (Kopflagerung, Absaugen) ist eine erhöhteEmpfindlichkeit f€ur eine vagale Stimulation zu beachten. Bei wirkungsloser medikamentöser Stimulation(Atropin, Orciprenalin) ist ein externer Pacer und u. U. die Implantation eines permanenten Herzschritt-machers erforderlich. Bei heterogener Genese kardiovaskulärer Komplikationen ist die Therapie symp-tomatisch.

" Oberstes Gebot ist die rasche hämodynamische Stabilisierung und Aufrechterhaltung von Normoten-sion sowie optimaler Oxygenierung.

Pulmonale Komplikationen Diese können neben einer möglichen Lähmung der Interkostal- oderZwerchfellmuskulatur auch bedingt sein durch Verletzungen des knöchernen Thorax und/oder derLungen (Rippenserienfrakturen, Pneumothorax, Hämatothorax, Lungenkontusionen). Die Intubations-maßnahmen erfordern höchste Vorsicht, als Methode der Wahl gilt die fiberoptisch gest€utzte Intubation.

In den ersten 12–24 h nach einem spinalen Trauma kann Succinylcholin verwendet werden. Binnen derersten 3 Tage jedoch kann es zur peri- und extrajunktionalen Neubildung von Acetylcholinrezeptorenkommen. Diese neu gebildeten Rezeptoren vom fetalen Typ besitzen eine längere Öffnungszeit undinduzieren damit einen etwa 2-fach höheren Kaliumefflux aus der Muskelzelle mit der Gefahr derHyperkaliämie.

Bei Läsionen zwischen C5 und Th1 ist bei (in-)kompletter Lähmung der Interkostalmuskulatur beierhaltener Zwerchfelltätigkeit eine suffiziente Spontanatmung initial oft möglich. Das Zwerchfell alswichtigster Motor der Inspiration wird innerviert aus den Segmenten C3–C5; die Mm. intercostalesexterni aus Th1–Th11. Die Exspiration erfolgt passiv. Aktive Exspiration z. B. f€ur den Hustenstoß,erfolgt mit Hilfe der Abdominalmuskulatur (Th7–L1). Im Verlauf kommt es deshalb häufig zu einerrespiratorischen Verschlechterung.

In der Fr€uhphase sind auch akute, mitunter fulminante pulmonale Störungen beschrieben im Sinneeines neurogenen Lungenödems (Abschn. 1.1.4). Bei einer Mitbeteiligung des Zwerchfells bei Läsionenoberhalb von C4 ist keine Spontanatmung möglich, die Langzeitprognose ist hier schlecht. Die fr€uhzei-tige Anlage eines plastischen Tracheostomas ist bei pulmonalen Komplikationen indiziert.

Bei der Prävention oder Therapie pulmonaler Komplikationen stehen Basismaßnahmen wie rascheMobilisierung und intensive Physiotherapie im Vordergrund. Eine rasche operative Stabilisierung derWirbelsäule ist hier sehr wichtig. Bis dahin oder falls dies nicht möglich ist, werden 2-st€undlicheachsengerechte Lagerungsmaßnahmen (z. B. mit Hilfe von Rotationsbetten) empfohlen. Begleitmaßnah-men bestehen in der Gabe von Sekretolytika (i.v. oder per inh.), guter Mund-, Rachen- und Bronchial-toilette, Vermeidung eines Subileus zum Erhalt der Zwerchfellmobilität und Förderung des spontanenHustenstoßes (z. B. durch tägliche Aufwachversuche). Die regelmäßige mikrobiologische Untersuchungvon Sputum oder Trachealsekret (mindestens 1-mal/Woche) ermöglicht im Fall einer Pneumonie dierasche antibiotische Therapie nach Resistenzlage. Spätestens jedoch vor Beginn einer Antibiotikatherapiesollte eine mikrobiologische Probengewinnung erfolgen.

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Gastrointestinale Komplikationen Gastrointestinale Komplikationen werden am häufigsten in Formvon Motilitätsstörungen oder Stressulzera beobachtet. 10 % der Patienten mit spinalem Trauma entwi-ckeln Stressulzera, daher besteht die Indikation zur medikamentösen Ulkusprophylaxe. Die Diagnosekann bei einer Sickerblutung und bei gleichzeitig eingeschränkter Algesie erschwert sein. Eine Sub-ileussymptomatik tritt bei fast allen Patienten in der Fr€uhphase auf, deshalb sollten von Anfang anunterst€utzende Maßnahmen getroffen werden. Ein akutes Abdomen stellt in 10–15 % der Fälle dieTodesursache nach R€uckenmarkverletzungen dar (Juler und Eltorai 1985).

Thromboembolische Komplikationen Details (Abschn. 1.2.2).

Urovesikale Komplikationen Details Kap.▶Querschnittslähmung: Akutbehandlung undRehabilitation.Ein transurethraler Dauerkatheter sollte im Rahmen der Erstversorgung bei Aufnahme bei einem

spinalen Trauma gelegt werden (zur Bilanzierung, insbesondere bei schlaffer Blasenlähmung), nach48 h empfiehlt sich zur Vermeidung von häufigen Komplikationen wie Blaseninfektionen oder Ureth-rastrikturen eine suprapubische Ableitung oder, falls ausreichend, sterile intermittierende Katheterisieren.

Dekubitalulzera Das Risiko f€ur die Entwicklung von Dekubitalulzera ist bereits in der Fr€uhphase sehrhoch, bedingt durch verminderte Hautdurchblutung bei Hypotension, Immobilisation, Hautreizungen beiInkontinenz. Es empfiehlt sich der Einsatz von speziellen Betten, um 2-st€undliche Lagerungswechsel zugewährleisten.

Spastik/autonome Hyperreflexie Die Therapie einer muskulären Spastik erfolgt neben der intensivenPhysiotherapie medikamentös mit Baclofen (Therapiebeginn 3-mal 5 mg p.o., Steigerung einer Einzel-dosis um 5 mg alle 3 Tage, maximal 30–75 mg/Tag, Dosisreduktion bei Leber- und Niereninsuffizienz).Bei fehlendem Erfolg nach oraler Applikation besteht der nächste Schritt in der intrathekalen Gabe. Eskönnen mitunter erhebliche Nebenwirkungen auftreten, sodass die Therapie damit vertrauten Zentrenvorbehalten sein soll.

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