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Islamismus im Wandel - Universität Erfurt · 1 Islamismus im Wandel Die überraschenden gesellschaftlichen Umbrüche im arabischen Raum besiegelten bislang das Ende von vier despotischen

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Islamismus im Wandel

Die überraschenden gesellschaftlichen Umbrüche im arabischen Raum besiegelten bislang das

Ende von vier despotischen Regimen und schufen Möglichkeiten für neue politische

Konstellationen. Eine nichtideologisierte Jugend erhob sich 2010/2011 auf den Straßen von

Tunis, Kairo und andernorts, um bessere Lebensbedingungen, Demokratie, Freiheit und

Schutz der Menschwürde zu fordern. Die von diesen jungen Menschen in Gang gesetzten

demokratischen Transformationsprozesse bescherten jedoch Islamisten historische Wahlsiege

und politische Vitalität.

Islamisten verstehen den Islam als umfassendes gesellschaftspolitisches Programm, das alle

Aspekte individuellen Lebens und kollektiver Ordnung durchdringt und als Weltanschauung

mit Ideologien westlicher Herkunft konkurrieren soll. Diese Weltanschauung wurde aus der

europäischen Perspektive stets als Bedrohung für die demokratischen Errungenschaften

hiesiger Gesellschaften wahrgenommen. Nicht zuletzt aufgrund der tragischen Ereignisse des

11. September 2001 festigten sich sicherheitspolitische Überlegungen als Eckpfeiler

europäischer Beziehung zum arabischen Raum. So stand die Vorbeugung islamistischer

Machtzunahme im Fokus des europäischen Interesses. Jede Auseinandersetzung mit dem

Phänomen des Islamismus wurde vor dem Hintergrund eines terroristischen

Bedrohungsszenarios geprägt. Dies galt auch für die heutigen Transformationsländer.

Deutschland setzte beispielsweise u.a. in Ägypten und Tunesien auf die Förderung von

säkularen zivilgesellschaftlichen Strukturen als Gegenkraft zu islamistischen Bewegungen.

Auch despotische Machthaber wurden legitimiert und stabilisiert. Unter Ausschluss der

Islamisten wurde der interkulturelle Dialog mit den säkularen Eliten geführt. Ein Ziel des

interkulturellen Austausches war es, den islamistischen Diskurs zu schwächen und

Machtbestrebungen von Islamisten entgegenzuwirken. Nun ändern sich die politischen

Gegebenheiten. Islamistische Bewegungen sind starke zivilgesellschaftliche Akteure in den

aktuellen Transformationsprozessen. Durch demokratische Wahlen unter hoher

Volksbeteiligung sind sie zu legitimierten staatstragenden Kräften geworden.

Im Fokus dieses internationalen Kolloquiums stehen die Transformationsprozesse in Ägypten

und Tunesien. Dabei wird ein besonderes Augenmerk auf die Entwicklungen im

islamistischen Spektrum in den beiden Ländern sowie auf die sich daraus ergebenden

Herausforderungen für Deutschland gelegt.

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Mit namhaften WissenschaftlerInnen aus Ägypten, Deutschland und Tunesien wird den

folgenden Fragen nachgegangen:

• Wo verläuft die Grenze zwischen Islam und Islamismus innerhalb der Bevölkerung?

• Wie lässt sich das aktuelle islamistische Spektrum beschreiben und welche Rolle

nehmen Salafisten darin ein?

• Sind islamistische Akteure und Organisationen tatsächlich dazu bereit,

antidemokratische Haltungen aufzugeben und sich der Demokratie zu öffnen?

• Ist die Demokratie für Islamisten ein Mittel zum Zweck, um langfristig autokratisch zu

regieren?

• Wie lassen sich die Wahlerfolge der Islamisten in Ägypten und Tunesien erklären?

• Warum ist es den säkularen Kräften nicht gelungen, sich in freien Wahlen zu

behaupten?

• Handelt es sich um ein "islamisches (Wieder)Erwachen" oder geht es den Wählern um

die Suche nach einer Alternative zu bisherigen politischen Eliten?

• Wie kann Deutschland auf Transformationen im arabischen Raum reagieren?

• Was bedeutet die islamistische Machtzunahme in Tunesien und Ägypten für die

Zukunft des interkulturellen Dialogs?

• Welche Implikationen haben die Entwicklungen in Ägypten und Tunesien für die

Ableger islamistischer Bewegungen in Deutschland?

Im Rahmen der dreitätigen Veranstaltung erhalten WissenschaftlerInnen aus Ägypten,

Deutschland und Tunesien die Möglichkeit, sich über diese Fragen auszutauschen, andere

Perspektiven kennenzulernen und sich untereinander zu vernetzen. Die interkulturelle und

transdisziplinäre Ausrichtung der Veranstaltung kommt durch die Teilnahme ausgewiesener

GeisteswissenschaftlerInnen unterschiedlicher Fachdisziplinen aus den genannten Ländern

zum Ausdruck und verspricht interessante Ergebnisse.

Lehrstuhl für Islamwissenschaft, Universität Erfurt

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DIENSTAG, 8. JANUAR 2013 Bis 13:30 Uhr Ankunft, Registrierung und Mittagsimbiss 13:30-14:00 Uhr Eröffnung und Grußworte 14:00-14:45 Uhr Eröffnungsvortrag: „Der Koran als politischer Faktor“ Prof. Dr. Stefan Wild, Universität Bonn 14:45-16:15 Uhr Religion und Politik in den Transformationsländern Ägypten und Tunesien Moderation: Dr. Marwan Abou Taam

• Transformation: Eine neue Ära im Verhältnis von Religion und Staat in Ägypten? Prof. Dr. Mahmoud Azab, Al-Azhar-Zentrum für Dialog / Universität Al-Azhar

• Die Revolution und die Politisierung des Religiösen in Tunesien Prof. Dr. Amel Grami, Universität La Manouba 16:15-16:45 Uhr Kaffeepause 16:45-17:15 Uhr Schariareferenzen im Transformationsprozess Dr. Raja Sakrani, Käte Hamburger Kolleg "Recht als Kultur" 17:15-18:45 Uhr Panel: Islam und Islamismus – Grenzziehung im akademischen und gesellschaftlichen Diskurs Moderation: Dr. Marwan Abou Taam Mit: Prof. Dr. Peter Waldmann, Universität Augsburg Dr. Salem Labiadh, Universität Tunis El-Manar Mehdi Ben Abdeljawad, Universität La Manouba MITTWOCH, 9. JANUAR 2013 09:00-10:30 Uhr Islamismus und Herrschaft: Türkei als Vorbild? Moderation: Dr. Ahmed Abd-Elsalam, Universität Münster

• Die türkische AKP als erste islamisch-konservativ-demokratische Partei mit Vorbildcharakter Loay Mudhoon, Universität zu Köln

• Die tunesische Ennhada: Ein Abbild der türkischen AKP? Prof. Dr. Mohamed Haddad, Universität La Manouba

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10:30-11:00 Uhr Kaffeepause 11:00-12:30 Uhr Religion und Politik im Zeichen des Wandels Moderation: Dr. Assem Hefny, Philipps-Universität Marburg

• Muslimbrüder und Salafisten: Zwei Strategien, ein Ziel? Dr. Ammar Ali Hassan, Universität Kairo

• „Moderate“ Islamisten zwischen politischem Pragmatismus und Wertekonservatismus Prof. Dr. Mohamed Kamal Al-Din Emam, Universität Alexandria

12:30-14:00 Uhr Mittagspause 14:00-15:30 Uhr Politische Auswirkungen und regionale Machtverschiebung Moderation: Prof. Dr. Stefan Reichmuth, Ruhr-Universität Bochum

• Geopolitische Konsequenzen des Aufstiegs islamistischer Kräfte Safaa Khalifa, Universität Alexandria

• Reaktionen in der jihadistischen Szene auf die Transformationsprozesse im arabischen Raum Nico Prucha, Universität Wien

15:30-16:00 Uhr Kaffeepause 16:00-16:30 Uhr Säkulare Strömungen in Transformationsprozessen Dr. Raja Ben Slama, Universität La Manouba 16:30-18:00 Uhr Panel: „Die gescheiterten Säkularisten“ – Ursachen und Auswege Moderation: Dr. Armina Omerika, Ruhr-Universität Bochum Mit: Prof. Dr. Mona Abou Zeid, Universität Helwan PD Dr. Jochen Hippler, Universität Duisburg-Essen Dr. Raja Ben Slama, Universität La Manouba Dr. Thomas Scheffler, Orient-Institut Beirut DONNERSTAG, 10. JANUAR 2013 09:00-10:30 Uhr Transformation und Medien Moderation: Aladdin Sarhan

• Die Rolle der (neuen) Medien im Kontext der Volksaufstände Albrecht Metzger, freier Journalist

• Die Darstellung der arabischen Aufstände in den deutschen Medien Abdul-Ahmad Rashid, ZDF

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10:30-11:00 Uhr Kaffeepause 11:00-11:30 Uhr Islamistische Organisationen in Deutschland Dr. Olaf Farschid, Senatsverwaltung für Inneres, Berlin 11:30-13:00 Uhr Panel: Deutsch-arabische Beziehungen in Zeiten des Umbruchs Moderation: Dr. Michael Kiefer, Universität Osnabrück Mit: Prof. Dr. Mahmoud Azab, Al-Azhar-Zentrum für Dialog / Universität Al-Azhar Prof. Dr. Ahmed Driss, Universität Tunis El-Manar Katrin Buchholz, Auswärtiges Amt 13.00-13:15 Uhr Schlusswort und Verabschiedung 13:15-14:30 Uhr Stehimbiss 14:30-16:30 Uhr Kulturelles Programm Erfurt – Rendezvous in der Mitte Deutschlands Erkundungen im Rahmen einer kleinen Stadtführung Das Kolloquium wird vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) aus Mitteln des Auswärtigen Amtes gefördert und im Rahmen des DAAD-Programms zur Förderung der Transformationsländer Ägypten und Tunesien durchgeführt.

Die Veranstaltung wird simultan gedolmetscht (Arabisch/Deutsch). Wir danken dem Sparkassen- und Giroverbandes Hessen-Thüringen und dem Katholischen Forum im Land Thüringen / Akademie des Bistums Erfurt für die Unterstützung unserer Veranstaltung durch die Bereitstellung der Mittel für die Dolmetschertechnik.

Da die Platzkontingente begrenzt sind, wird um Voranmeldung bis zum 21. Dezember 2012 per E-Mail gebeten an: [email protected]. Bei Teilnahme an der Veranstaltung entstehen lediglich Verpflegungskosten in Höhe von 35,50 Euro. Dieser Betrag muss bis zum 21. Dezember 2012 an das Bildungshaus St. Ursula überwiesen werden. Bankverbindung: Pax Bank eG Erfurt, Bankleitzahl: 37 060 193. Kontonummer: 50 40 069 013, Verwendungszweck: Kolloquium Uni Erfurt

Teilnahme nur nach Erhalt einer Anmeldebestätigung möglich.