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ISSN 1437-8019 · Einzelverkaufspreis 4,– TZM Wenn ein Kind stirbt Das Kinderpalliativzentrum in München-Großhadern ist vor einem Jahr eröffnet worden Stiftungsprofessur für Spiritual Care wieder besetzt Die LMU hat den Religionspsychologen Constantin Klein berufen „Dichotome Erklärungsmuster greifen in der Immuntherapie zu kurz“ Interview zum ITOC-4 mit Sebastian Kobold und Volkmar Nüssler Klartext zu Palbociclib, Obinutuzumab und Cabozantinib Rachel Würstlein, Till Seiler, Martin Dreyling und Michael Staehler über wichtige Neueinführungen Ausgabe 2 2017 www.tumorzentrum-muenchen.de News Zeitschrift des Tumorzentrums München an den Medizinischen Fakultäten der Ludwig-Maximilians-Universität und der Technischen Universität

ISSN 1437-8019 · Einzelverkaufspreis 4,– Ausgabe 2 2017 · eschw., Subileus, reduzierte Sehschärfe, Giemen. Häufigs Warnhinweis: Enth. Sucrose. v.. zusätzl.: Enth. Lacto ht

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ISSN 1437-8019 · Einzelverkaufspreis 4,– €

TZM

Wenn ein Kind stirbtDas Kinderpalliativzentrum in München-Großhadern ist vor einem Jahr eröffnet worden

Stiftungsprofessur für Spiritual Care wieder besetztDie LMU hat den Religionspsychologen Constantin Klein berufen

„Dichotome Erklärungsmuster greifen in der Immuntherapie zu kurz“Interview zum ITOC-4 mit Sebastian Kobold und Volkmar Nüssler

Klartext zu Palbociclib, Obinutuzumab und CabozantinibRachel Würstlein, Till Seiler, Martin Dreyling und Michael Staehler über wichtige Neueinführungen

Ausgabe 2 2017

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News

Zeitschrift des Tumorzentrums München an den Medizinischen Fakultäten der Ludwig-Maximilians-Universität

und der Technischen Universität

Page 2: ISSN 1437-8019 · Einzelverkaufspreis 4,– Ausgabe 2 2017 · eschw., Subileus, reduzierte Sehschärfe, Giemen. Häufigs Warnhinweis: Enth. Sucrose. v.. zusätzl.: Enth. Lacto ht

    

   

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: Schm. im Oberbauch, thesie, Schlaflosigk., Miosis, Übelk., sensor.

w.. b. Kdrn. u. Jugendl.: Schluckauf, ose .Währ. u. bis 2 Mon. nach letzter Dosis pt. notw. Verschreibungspflichtig. Stand:

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; Gewichtsabn.; erniedr. Neutrophilenzahl; Glukose im UrÜberempf.-keitsreakt. einschl. anaphylakt. Reakt. Pruritus

r. w.. häufiger als unter Ormgeräusche, Obstipation, Dysarthrie, Dyspnoe, Hypoästeschw., Subileus, reduzierte Sehschärfe, Giemen. Häufigs

Warnhinweis: Enth. Sucrose. v.. zusätzl.: Enth. Lactoht hormonelle unterstützende Maßnahmen zur Kontrazep

ie vor Verordnung von EMEND® die Fachinformatio

her Unternehmer:& Dohme Limited, HoddesdonEN11 9BUönigreich

echpartner: & DOHME GMBH, Lindenplatz 1, 85540 Haar

    

   

    

   

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(nicht anzuwenden bei Kindern unter 6 kg)

    

   

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EMEND® 125 mg Hartkapseln/EMEND® 80 mg HartkapselnEMEND® 125 mg Pulver zur Herstellung einer Suspension zum EinnehmenWirkstoff: Aprepitant. Zus.: -Kps.: Arzneil. wirks. Bestandt.: 1 Kps. enth. 80 mg/125 mg Aprepitant. Sonst. Be-standt.: Kps.-inhalt: Sucrose, mikrokristalline Cellulose (E 460), Hyprolose (E 463), Natriumdodecylsulfat. Kps.-hülle (125  : Gelatine, Titandioxid (E 171), Eisen(III)-oxid (E 172), Eisen(III)-hydroxid-oxid x H2O (E 172). Kps.-hülle (80 mg): Gelatine, Titandioxid (E 171). Drucktinte: Schellack, Kaliumhydroxid, Eisen(II,III)-oxid (E 172). -Pulv.: Arzneil. wirks. Bestandt.:1 Beutel enth. 125 mg Aprepitant (nach Rekonstitution: 1 ml Suspension enth. 25 mg Aprepitant). Sonst.Bestandt.: Hyprolose (E 463), Natriumdodecylsulfat (E  487), Sucrose, Lactose (wasserfrei), Eisen(III)-oxid (E  172), Natriumstearylfumarat (E 485). Anw.: Als Teil einer Komb.-ther. zur Prävent. v. Übelk. u. Erbr. b. hoch u. moderat emetogener Chemother. -Kps.: Erw. u. Jugendl. ab 12 J. v.: Sgl., Kleinkdr. und Kdr. von ≥ 6 Mon. u. ≥ 6 kg KG bis < 12 J. Gegenanz.: Überempf.-keit gg. d. Wirkstoff od. e. d. sonst. Bestandt. Komb. mit Pimozid, Terfenadin, Astemizol od. Cisaprid. Schwangerschaft. Vorsicht bei: Mäßiger bis schw. Leberfunkt.-stör. Komb. mit oral verab-reichten CYP3A4-Substraten mit geringer ther. Breite (wie Ciclosporin, Tacrolimus, Sirolimus, Everolimus, Alfentanil, Mutterkornalkaloid-Derivate, Fentanyl u. Chinidin). Komb. m.: Irinotecan, Warfarin, hormonalen Kontrazeptiva. Nicht empf.: Stillzeit. Fructose-Intoleranz, Glucose-Galactose-Malabsorpt., Saccharase-Isomaltase-Mangel. v.. zusätzl.:Sgl., Galactose-Intoleranz, Lactase-Mangel. Nebenw.: In Studien u. nach Markteinführung m. Aprepitant: Häufig:Vermind. Appetit. Kopfschm. Schluckauf. Obstipat.; Dyspepsie. Abgeschlagenh. Erhöh. ALTT-Werte. : FebrileNeutropenie; Anämie. Angstgefühl. Schwindelgefühl; Somnolenz. Palpitationen. Hitzewall./Hitzegefühl. Aufstoßen; Übelk.; Erbr.; gastroösophag. Refluxerkrank.; Abdominalschm.; Mundtrockenh.; Flatulenz. Ausschlag; Akne. Dysurie. Asthenie; Unwohlsein. Erhöh. AST-Werte, erhöh. Werte d. alkal. Phosphatase im Blut. Selten: Candidiasis; Staphylo-kokkeninfekt. Polydipsie. Orientierungsstör.; euphor. Stimmung. Kognitive Stör.; Lethargie; Geschmacksstör. Konjunk-tivitis. Tinnitus. Bradykardie; kardiovask. Erkrank. Schm. im Oropharynx; Niesen; Husten; postnasale Schleimbil-dung; Rachenreizung. Ulcus duodeni m. Perforat.; Stomatitis; aufgetrieb. Bauch; harter Stuhl; neutropen. Kolitis. Lichtempf.-keitsreakt.; Hyperhidrosis; Seborrhö; Hautläsion; Hautausschlag m. Juckreiz; SJS/TEN. Muskelschwäche;Muskelspasmen. Pollakisurie. Ödeme; Brustkorbbeschw.; Gangstör. Erythrozyten im Urin nachweisbar; Natrium im

Blut erniedrigtNicht bekannt:

v.. Üveränderte DaStör., MagenbeHitzegefühl. Walternative nic03/2016

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Liebe Leserin, lieber Leser,der weltgrößte Krebskongress, die Jahrestagung der US-amerika -nischen Gesellschaft für klinische Onkologie, ist vorbei, einige vonIhnen haben die ASCO-Jahrestagung 2017 wahrscheinlich auch inForm zusammenfassender Workshops hier in Deutschland schonkurz Revue passieren lassen – und so langsam entschleunigt sichauch der klinisch-wissenschaftliche Betrieb ein wenig, will sagen:Viele von uns steuern auf die Sommerpause zu.

Ganz bewusst haben wir uns in diesem Jahr dazu entschieden, diese„Zeit der Leichtigkeit“ mit einem auf den ersten Blick schwerenSchwerpunktthema anzugehen: Wir berichten über das mittlerweilegut ein Jahr alte Kinderpalliativzentrum der LMU in München-Großhadern. Es handelt sich nach der Etablierung der spezialisiertenambulanten pädiatrischen Palliativversorgung (SAPPV) um einenweiteren Meilenstein in der Geschichte der palliativmedizinischenVersorgung von Kindern und Jugendlichen. Lesen Sie, was die Leiterin des Zentrums, Professorin Monika Führer, über diese Versorgungsform berichtet.

Die mittlerweile in der klinischen Wirklichkeit angekommene Immuntherapie ist Thema unseres Rückblicks auf die vierte Immunotherapy of Cancer Conference (ITOC-4), die Ende März erstmals außerhalb von München in der Moldau-Metropole Pragstattfand. Dass dichotome Erklärungsmuster in der Immuntherapiemeist zu kurz greifen, erläutern Priv.-Doz. Sebastian Kobold undProfessor Nüssler im Interview.

Am Ende dieser Ausgabe finden Sie schließlich unsere Rubrik „Klartext“, in der klinisch und wissenschaftlich erfahrene Expertin-nen und Experten über vergleichsweise neu zugelassene Therapie -optionen berichten.

Wir wünschen Ihnen eine erholsame Sommerzeit und melden unsmit der Herbstausgabe der TZM-News Ende September bei Ihnenzurück.

HerzlichstIhre

Thomas Kirchner Volkmar Nüssler

Schwerpunkt

Pädiatrische Palliativmedizin: Wenn ein Kind stirbtSeit 15 Jahren entsteht in Bayern die Infrastruktur zur palliativmedizinischen Betreuung von Kindern und Jugendlichen.Ludger Wahlers

TZM intern

Das war der Patiententag 2017Stiftungslehrstuhl für Spiritual Care wiederbesetztNeue ManualeAlle Manuale auf einen BlickAlle Projekt- und Arbeitsgruppen auf einen Blick

Interview

„Dichotome Erklärungsmuster greifen in der Immuntherapie zu kurz“Interview mit Priv.-Doz. Dr. med. Sebastian Kobold und Prof. Dr. med. Volkmar Nüssler

Klartext

Palbociclib (Ibrance®) Therapie des metastasierten Hormonrezeptor-positiven und HER2-negativen Mammakarzinoms Dr. med. Rachel Würstlein

Obinutuzumab (Gazyvaro®)Therapie der chronischen lymphatischen Leukämie und des follikulären Lymphoms Dr. med. Till Seiler, Prof. Dr. med. Martin Dreyling

Cabozantinib (Cabometyx®)Therapie des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms Prof. Dr. med. Michael Staehler

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Editorial

Prof. Dr. Thomas KirchnerProf. Dr. Volkmar Nüssler

Impressum

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TZM-NewsISSN: 1437-8019© 2017 by Tumorzentrum München und LUKON Verlagsgesellschaft mbH, München

RedaktionProf. Dr. med. Volkmar Nüssler (verantwortlich), Günter Löffelmann, Petra Möbius, Hermann Werde-ling, Ludger Wahlers, Tina Schreck (CvD), Anschriftwie Verlag

AnzeigenReinhard Bröker (Fon: 089-820737-20;[email protected]), Anschrift wie Verlag

HerausgeberGeschäftsführender Vorstand des Tumorzentrums München, c/o Geschäftsstelle des Tumor zentrums München, Pettenkoferstraße 8 a, 80336 München, Fon: 089-44005-2238, Fax: 089-44005-4787tzmuenchen@med.uni-muenchen.dewww.tumorzentrum-muenchen.de

VorsitzenderProfessor Dr. med T. Kirchner, Direktor des Pathologischen Instituts der LMU

1. stellvertretende VorsitzendeProf. Dr. med. S. E. Combs, Direktorin der Radioonkologie und Strahlentherapie am Klinikumrechts der Isar der TU München

2. stellvertretender VorsitzenderProf. Dr. med. J. E. Gschwend, Direktor der Urologischen Klinik und Poliklinik des Klinikums rechts der Isar der TU München

SekretärProf. Dr. med. Ch. Peschel, Direktor der 3. Medizini-schen Klinik der Technischen Universität München

SchatzmeisterProf. em. Dr. med. R. Gradinger

Direktor CCCLMU und CCC MünchenProf. Dr. med. V. Heinemann, Direktor Krebs zentrum CCCLMU, Klinikum der Universität München, Großhadern

Direktor RHCCC und CCC München (Stellvertreter)Prof. Dr. rer. soc. P. Herschbach, Direktor Roman-Herzog-Krebs zentrum, Klinikum rechts der Isar der TU München

Leitung TRMProf. Dr. med. J. Engel, Tumorregister München, Klinikum der Universität München, Großhadern

Geschäftsführender KoordinatorProf. Dr. med. V. Nüssler (Anschrift wie Herausgeber)

VerlagLUKON Verlagsgesellschaft mbHLandsberger Straße 480 a, 81241 München, Fon: 089-820 737-0, Fax: 089-820 737-17E-Mail: [email protected], www.lukon-verlag.de

AbonnementDie TZM-News erscheint viermal jährlich zum Ein-zelpreis von 4,00 €. Der Preis für ein Jahresabonne-ment beträgt 15,00 €. Die genannten Preise verstehensich zuzüglich Versandkosten: Inland 3,00 €; Aus-land: 12,00 €. Die Bezugs dauer beträgt ein Jahr. DerBezug verlängert sich automatisch um ein weiteresJahr, wenn das Abonnement nicht spätestens sechsWochen vor Ablauf des Bezugsjahres schriftlich ge-kündigt wird. Für Mit glieder des Tumor zentrumsMünchen ist der Bezug der TZM-News im Mitglieds-beitrag bereits enthalten.

Layout und IllustrationCharlotte Schmitz, 42781 Haan

BildnachweisAlle Grafiken und Illustrationen: Charlotte Schmitz,Haan; Titel links, S. 4/5 oben: Klinikum der Univer-sität München; Titel rechts, S. 8: S. Kobold, München;S. 5 unten: Pixabay – CC0 PublicDomain; S. 6: Lisa Möbius, Pfaffenhofen, Seite 13 unten: Gabriel Caponetti

DruckFlyeralarm, 97080 Würzburg; Printed in Germany

Urheber- und VerlagsrechtDie Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheber rechtlich ge-schützt. Mit Annah me des Manuskripts gehen dasRecht zur Veröffent lichung sowie die Rechte zurÜbersetzung, zur Vergabe von Nach druck rechten, zur elektro nischen Speiche rung in Datenbanken, zur Her stellung von Sonder drucken, Fotokopien undMikrokopien an den Verlag über. Jede Verwer tungaußer halb der durch das Urheber rechts gesetz fest -geleg ten Grenzen ist ohne Zu stim mung des Verlagsunzulässig. In der unaufge for derten Zusendung vonBeiträgen und In formationen an den Verlag liegt dasjederzeit widerrufliche Ein verständnis, die zugesand-ten Beiträge beziehungs weise Informationen inDaten banken einzustellen, die vom Verlag oder Dritten geführt werden.

Auflage 2.500 Exemplare

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Ein gutes Jahr nach der Eröffnungfreut sich die Leiterin des Zen-trums Monika Führer darüber, dass

sich das Angebot für betroffene Kinder undJugendliche sowiederen Familien erheb-lich verbessert hat. InMünchen-Großhadernwird nicht nur diestationäre Versorgungangeboten; im Erdge-schoss der Klinik sitztaußerdem das Teamder spezialisiertenambulanten pädiatri-

schen Palliativversorgung (SAPPV). Von hieraus werden derzeit 50 Kinder und Jugendli-che im östlichen und südlichen Oberbayernbetreut. Dabei geht es nicht ausschließlichum die Notfallversorgung. Vielmehr suchendie Teams ihre Patienten auch auf, um diebestehende Therapie gegebenenfalls zu op-timieren, aber auch, um zu erwartende Kom-plikationen sozusagen im Voraus zu planen,sodass echte Notfallsituationen möglichstvermieden werden.

Zum Beispiel LauraWie zum Beispiel bei Laura: Das 7-jährigeMädchen litt an einem Kopf-Hals-Tumor, ge-nauer an einem Rhabdomyosarkom. Im Ver-lauf der Erkrankung hatte der Tumor sichso weit ausgebreitet, dass sie auf dem rech-ten Auge erblindet war. Das Wachstum desTumors war nicht aufzuhalten, und es standzu befürchten, dass er über den oberen Gau-men in die Mundhöhle einwachsen würde.Damit bestand das Risiko einer massivenEinblutung in den Rachen mit resultierenderakuter Erstickungsgefahr. Klassischerweiseerfolgt in einer solchen Situation die Verle-gung in eine Kinderklinik, um bei einer aku-ten Blutung die verängstigte Patientin aufder Intensivstation versorgen zu können.Doch das hätte bedeutet, dass Laura ihreletzten Lebenstage nicht zuhause mit ihrerFamilie und ihrem geliebten Hund hätte ver-bringen können.

In der damaligen Situation hat das betreu-ende SAPPV-Team nach intensiver Rückspra-che mit den Eltern einen Weg gefunden, Laura– ihrem eigenen Wunsch entsprechend – bis

zu ihrem Tod zuhause zu versorgen und diebeschriebene Notfallsituation so gut vorzu-bereiten, dass die Versorgung auch in dieserkritischen Situation zuhause möglich war.Doch selbst bei bester Unterstützung durchdas ambulante Palliativteam fühlen sichnicht alle Eltern in einer solchen Krise zu-hause ausreichend sicher. Wären die Elternunsicher geworden, gäbe es für Laura heutedie Möglichkeit stationär aufgenommen zuwerden, und zwar in eine Umgebung, dieweniger an ein Krankenhaus als an ein Zu-hause auf Zeit erinnert. In jedem der 8 Zim-mer des Kinderpalliativzentrums könnenbeide Elternteile bei ihrem Kind übernach-ten. Darüber hinaus gibt es zwei Elternap-partements, ebenso ein großes Wohnzimmer,in dem auch Geschwister spielen können.

Ringen um die richtige EntscheidungEin multiprofessionelles Team sorgt dafür,dass das Kind in seiner letzten Lebensphasenur so viel Fremdbestimmung erleben musswie unbedingt nötig und so viel wie möglichentspannte Zeit mit Eltern und Vertrauten

Wennein Kind stirbtKinder mit lebensverkürzenden Krankheiten sind keine extreme Seltenheit. In Deutschland sterben jährlichetwa 3.500 Patienten unter 20 Jahren an solchen Erkrankungen. Etwa 500 pro Jahr sind es in Bayern. Wenn klarist, dass sich ein kuratives Behandlungsziel nicht mehr erreichen lässt, benötigen die jungen Patienten undihre Eltern eine besondere Betreuung. Die dazu notwendige Infrastruktur ist seit etwa 15 Jahren in Bayern kon-tinuierlich aufgebaut worden. 2004 startete der Arbeitskreis Pädiatrische Palliativmedizin, fünf Jahre späterbegann der flächendeckende Aufbau der spezialisierten ambulanten pädiatrischen Palliativversorgung (SAPPV),und im April 2016 eröffnete am Campus Großhadern der LMU das Kinderpalliativzentrum München.

Pädiatrische Palliativmedizin

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Projektgruppen TZM News 3 / 2008 (10

verbringen kann. Das Team besteht aus Kin-derärzten, Krankenschwestern, Physiothera-peuten, Sozial- und Heilpädagoginnen undPsychologinnen, die zusätzlich in Palliativ-versorgung ausgebildet sind, sowie auch zweiSeelsorgerinnen, die, so Führer, „ein sehr of-fenes Seelsorgekonzept“ vertreten. 8 Kinderkönnen auf der Station gleichzeitig betreutwerden. Im ersten Jahr wurden 80 junge Pa-tienten mit lebensverkürzenden Erkrankun-gen dort versorgt. Manche blieben nur 2 Tage,einige mehrere Monate lang. Und 90% dieserKinder konnten in gebessertem Zustand wie-der nach Hause entlassen werden.

Die Arbeit im Kinderpalliativzentrum ist füralle Teammitglieder eine besondere Heraus-forderung. Die emotionale Belastung ist er-heblich, zudem sind viele der Kinder beat-met, was einen hohen medizinischen undpflegerischen Aufwand erfordert. MonikaFührer stellt fest: „Unsere Teammitgliedermachen eine hervorragende Arbeit, die trotzaller Belastungen immer wieder als sehr be-reichernd empfunden wird.“ Nicht vergessendürfe man, dass an diesem Ort Kinder ster-ben, dass jede Therapieentscheidung ein Rin-gen um den richtigen Weg mit einer sehrgroßen Verantwortung sei.

Familien in ExtremsituationenHinzu kommt, dass die gesamte Familie desPatienten sich in einer absoluten Extremsi-tuation befindet und häufig ihrerseits Hilfebenötigt. „Manchmal“, so Führer, „machenwir vielfältige Unterstützungsangebote, müs-sen aber erkennen, dass dies nicht aus-reicht.“ Im Verlauf der schweren Erkrankungihrer Kinder kann die Belastung der Ange-hörigen so groß werden, dass möglicherweiseauch eine körperliche oder psychische Er-krankung auf Seiten der Eltern entsteht.„Das sind Situationen, da sind wir dringendauf die Kooperation mit Therapeuten und

den Kollegen aus der Erwachsenenmedizinangewiesen“, unterstreicht Monika Führer.

Auf dieser Station ist den Ärzten und auchallen anderen Mitgliedern des Teams bewusst,dass es nicht mehr um Kuration, sondern umPalliation geht. Im Kinderpalliativzentrumgelten andere Erfolgskriterien: Es gehtdarum, das krankheitsbedingt verkürzteLeben zu einem möglichst guten Leben zumachen. „Worüber wir uns allerdings sehrfreuen“, so Führer, „ist die Erfahrung, dassviele Kinder durch gute Symptombehandlungihre Prognose zum Teil um Jahre überleben.“In diesem Bemühen kann es auch schon ein-mal geschehen, dass der emotionale Bezugder Teammitglieder zu Patienten und Ange-hörigen sehr eng wird. Supervision für dasgesamte Team und auf Wunsch auch Einzel-supervision finden deshalb regelmäßig statt.

Finanzierungsgespräche mit KostenträgernIm Kinderpalliativzentrum geht es offen-sichtlich sehr professionell und gleichzeitigachtsam und warmherzig zu. Wie ist einesolche beispielhafte Versorgung finanziert?Monika Führer sieht dazu dringenden Ge-sprächsbedarf. „Es gibt die ganz normalenFallpauschalen, die als Finanzierungsinstru-ment für die Palliativmedizin grundsätzlichungeeignet sind, und ein Zusatzentgelt fürdie multiprofessionelle Palliativbetreuung,über das jedoch der hohe personelle Aufwandnicht annähernd zu finanzieren ist.“ Zudemsei die Arbeit mit den Familien im beschrie-

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TZM News 2 / 2017 (19 Jg.)

benen Umfang aus diesen Mitteln nicht zufinanzieren. Keine Krankenversicherung be-zahle beispielsweise eine Heilpädagogin, diesich nicht nur mit dem Patienten beschäftigt,sondern auch dessen Geschwister in die Be-treuung mit einbezieht und so die Elternenorm entlastet. Ohne die massive Unterstüt-zung durch die Spenden aus dem Fördervereinwären solche Angebote nicht möglich.

Monika Führer ist davon überzeugt, dass mitden Kostenträgern Gespräche über die wei-tere Finanzierung des Zentrums notwendigsind. Und sie wünscht sich einen ähnlich in-tensiven Austausch und konstruktiven Ver-lauf wie bei der SAPPV-Einführung vor 8 Jah-ren. Anders als vielleicht mancher Kranken-versicherungsrepräsentant befürchtet, müs-sen solche Gespräche nicht in eine Zunahmeunvorhersehbarer Zusatzausgaben münden,so Führer. In Südbayern sei sicher kein zwei-tes Kinderpalliativzentrum notwendig. Dieverfügbaren 8 Betten reichten für die sta-tionäre Versorgung völlig aus.

Forschung und LehreDas Kinderpalliativzentrum ist nicht zufälligals Einrichtung der LMU entstanden; denngerade im Bereich Kinderpalliativmedizingibt es Führer zufolge großen Forschungs-bedarf: Advanced Care Planning – unter an-derem also die Versorgungsplanung in zu er-wartenden Risikosituationen – ist einThema, mit dem man sich nun im Rahmeneines BMBF-Forschungsprojektes beschäftigt.Mittlerweile ist das Team des Kinderpallia-tivzentrums auch in der studentischen Aus-bildung engagiert und bietet für Kinderärztespezielle Weiterbildungsmodule für pädia-trische Palliativmedizin.

Weitere Infos unter www.klinikum.uni-muenchen.de/Kinderpalliativzentrum

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TZM News 2 / 2017 (19 Jg.) TZM intern

Etwa 400 Menschen mit Krebs, ihre

Angehörigen und Freunde, aber

auch Ärzte waren Anfang April der

Einladung des Tumorzentrums

München und der Bayerischen

Krebs gesellschaft e.V. zum Gesund-

heitsgespräch im Hörsaalgebäude

des Klinikums recht der Isar gefolgt.

Was kann ich selbst für mein

Wohlbefinden tun? Mögliche

Antworten auf diese Frage standen

im Mittelpunkt der Veranstaltung.

Als regelrechter Brückenbauer

zwischen den Experten und dem

interessierten Publikum erwies

sich Werner Buchbauer, heute

Vizepräsident der Bayerischen

Krebs gesellschaft e.V. und zuvor

Leiter des Gesundheitsressorts im

Bayerischen Rundfunk.

Dass der wichtigste Inhaltsstoff der

diätetisch genutzten Gelbwurz, das

Curcumin, auch in der Tumorthera-

pie eingesetzt werden kann, machte

Professorin Beatrice Bachmeier

deutlich. Insgesamt wurde wieder

einmal deutlich, dass gesunde

Ernährung, Bewegung, die Spaß

macht, und echte Entspannung auch

für Menschen mit Krebs die tragen-

den Säulen für Gesundheit und

Wohlbefinden sind.

6 . P a t i e n t e n t a g 2 0 1 7

Brücken bauenzwischen Experten und Patienten

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W. Zuckschwerdt Verlag GmbH Industriestraße 1 82110 Germering www.zuckschwerdtverlag.de

Endokrine Tumoren3. Auflage 2013, 246 Seiten, 24,90 €ISBN 978-3-86371-080-4

Gastrointestinale Tumoren9. Auflage 2013, 360 Seiten, 27,90 €ISBN 978-3-86371-106-1

Hirntumoren und spinale Tumoren4. Auflage 2016, 284 Seiten, 24,90 €ISBN 978-3-86371-199-3

Knochentumoren und Weichteil sarkome5. Auflage 2011, 168 Seiten, 24,90 €ISBN 978-3-86371-033-0

Kopf- und Hals-Malignome5. Auflage 2014, 396 Seiten, 27,90 €ISBN 978-3-86371-133-7

Leukämien, myelodysplastische Syndromeund myeloproliferativeNeoplasien4. Auflage 2015, 252 Seiten, 24,90 €ISBN 978-3-88603-160-3

Maligne Lymphome10. Auflage 2015, 272 Seiten, 24,90 €ISBN 978-3-86371-185-6

Maligne Melanome 6. Auflage 2011, 164 Seiten, 19,90 €ISBN 978-3-88603-995-1

Maligne Ovarialtumoren10. Auflage 2014, 156 Seiten, 18,90 €ISBN 978-3-86371-111-5

Malignome des Corpus uteri3. Auflage 2007, 88 Seiten, 19,90 €ISBN 978-3-88603-906-7

Mammakarzinome15. Auflage 2015, 396 Seiten, 27,90 €ISBN 978-3-86371-178-8

Multiples Myelom5. Auflage 2017, 308 Seiten, 24,90 €ISBN 978-3-86371-211-2

Psychoonkologie3. Auflage 2009, 296 Seiten, 18,90 €ISBN 978-3-88603-964-7

Supportive Maßnahmen in derHämatologie und Onkologie2. Auflage 2014, 182 Seiten, 24,90 €ISBN 978-3-86371-129-0

Tumoren der Lunge und des Mediastinums11. Auflage 2017, 340 Seiten, 24,90 €

ISBN 978-3-86371-209-9

Urogenitale Tumoren4. Auflage 2008, 372 Seiten, 18,90 €ISBN 978-3-88603-941-8

Malignome der Vulva und Vagina2. Auflage 2011, 76 Seiten, 14,90 €

ISBN 978-3-86371-009-5

Zervixkarzinom2. Auflage 2004, 96 Seiten, 25,10 €

ISBN 978-3-88603-839-4

TZM intern

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TZM News 2 / 2017 (19 Jg.)

Die 6. Auflage des Manuals „Knochentumoren und Weichteilsarkome“ wird amMittwoch, den 27. September 2017 am Campus Großhadern im Rahmen eines Symposiums präsentiert. Herausgegeben wird das Manual von der ProjektgruppeKnochentumoren und Weichteilsarkome unter der Leitung von Herrn Professor Lars Lindner.

Vorstellung neuer Manuale im Herbst

Knochentumoren und Weichteilsarkome

Die 16. Auflage des Manuals „Mammakarzinome“ wird am Samstagvormittag, den 21. Oktober 2017 am Campus Großhadern im Rahmen eines interdisziplinärenSymposiums vorgestellt. Das Manual wird von der Projektgruppe Mamma-karzinome unter der Leitung von Herrn Dr. Ingo Bauerfeind neu aufgelegt.

Mammakarzinome

Die 4. Auflage des Manuals „Endokrine Tumoren“ wird am Mittwoch, den 8. November 2017 am Campus Großhadern im Rahmen eines Symposiums derÖffentlichkeit vorgestellt. Das Manual wird von der Projektgruppe EndokrineTumoren unter der Leitung von Herrn Professor Heinrich Fürst herausgegeben.

Nähere Infos zu den drei Veranstaltungen finden sich auf der Homepage des Tumorzentrums München: www.tumorzentrum-muenchen.de.

Endokrine Tumoren

Spiritual CareStiftungsprofessur wiederbesetzt

Nach rund zweijähriger Vakanz ist zum 1. Mai 2017die Stiftungsprofessur für Spiritual Care an der Klinikund Poliklinik für Palliativ-medizin des Klinikums derUniversität München wiederbesetzt worden. Die Ludwig-Maximilians-Universität hat den ReligionspsychologenConstantin Klein (40) auf die Professur be-rufen.

Zu Kleins Forschungsfeldern gehört insbe-sondere die Untersuchung des Verhältnissesvon Religiosität und Spiritualität zu Gesund-heit und Krankheit. Daher möchte Klein Spiritual Care auch nicht exklusiv auf dieBegleitung sterbender Patienten beschränktwissen, sondern als grundlegende Dimen-sion der Betreuung von der Geburt bis zumLebensende verstehen und dabei gleicher-

maßen Potenziale wie auch Ri-siken von Religiosität und Spi-ritualität in den Blick nehmen.

Professorin Claudia Bause-wein, Direk torin der Klinikund Poliklinik für Palliativme-

dizin am LMU-Klinikum in Groß hadern,begrüßt die Berufung des neuen Kollegenund seine Projektideen: „Wir in der Pallia-tivmedizin freuen uns sehr, dass es gelungenist, die Professur nun endlich wieder zu be-setzen. Mit Constantin Klein haben wir einenkompetenten und tatkräftigen Partner hin-zugewonnen und freuen uns auf die Zu-sammenarbeit. Spiritualität ist eine wichtigeDimension in der Betreuung leidender undschwer kranker Patienten und hat daher füruns in der Palliativmedizin eine besondere Bedeutung.”

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Hat sich für das ITOC-Meeting der Ausflug nach Prag gelohnt?

Kobold: Wir haben auf jeden Fall eine Menge gelernt; nichtnur fachlich, sondern auch in Sachen Kongressorganisation.

Nüssler: Nun, zunächst malwaren wir von der Qualität desPrager Kongresszentrums sehrangetan. Alles lief sehr professio-nell, wir haben uns dort sehrwohl gefühlt.

Aber?Nüssler: Wir hatten mit mehr jungen Teilnehmern aus den Forschungseinrich-tungen der Region gerechnet. Insgesamtwar die Resonanz der Wissenschaftler undÄrzte vor Ort zwar nicht schlecht, aber wirhatten in erster Linie Instituts- und Kli-nikleiter beim Kongress, die wirklich imLabor tätigen Kolleginnen und Kollegenwaren deutlich unterrepräsentiert.

Über die Gründe können Sie wahrscheinlich nur spekulieren?

Nüssler: Darüber haben wir in der Orga-Kommission ausführlich diskutiert. Klarist jedenfalls, dass wir die jüngeren Ziel-gruppen bei künftigen Meetings eindeu -tiger ansprechen werden.

Kommen wir zu den inhaltlich wichtigen Fragen. Welche praktischenNeuigkeiten waren für Sie wichtig?

Kobold: Die Kombinationstherapie ausPD-1-Inhibitor und CTLA4-Inhibitor istfür Melanom-Patienten sicher ein riesen-großer Fortschritt, wenngleich die Toxi-zitäten nach wie vor ein sehr sorgfältigesMonitoring erforderlich machen. Insge-samt gesehen nimmt die Zahl der Indika-tionen, in denen die PD-1- und PD-L1-Blockade eine Rolle spielen, ebenso zu wie die Zahl der verfügbaren Präparate.Das ist insgesamt begrüßenswert, könntefür Kliniker allerdings irgendwann un-

Interview

„Dichotome Erklärungsmustergreifen in der Immuntherapie zu kurz“

übersichtlich werden. Denn es ist nicht zu erwarten, dass zwei Checkpoint-Inhibi -toren, die dasselbe Target adressieren,gegeneinander geprüft werden.

Vor Toxizitäten wird häufig gewarnt,gleichzeitig kann man auf Kongressenden Eindruck gewinnen, dass speziellGrad-3/4-Nebenwirkungen unter Immuntherapie seltener sind als unterChemo- oder zielgerichteter Therapie.

Kobold: Das gilt vor allem für die Thera-pie mit PD-1- oder PD-L1-Inhibitoren allein, nicht für die Kombinationstherapie,erst recht nicht für die Kombination vonPD-1-/PD-L1- mit CTLA4-Inhibitoren.Klinisch ist es im Zweifelsfall deshalbwichtig, die Therapiezeiten so zu wählen,dass Patienten auch nachbeobachtet werden können. Entscheidend ist es auch, Patienten für Nebenwirkungen zu sensi -bilisieren und sie aufzufordern, sich –gleich zu welcher Tages- oder Nachtzeit –lieber einmal zu viel als zu wenig an

Die diesjährige Immunotherapy ofCancer Conference fand Ende März in derMoldau-Metropole Prag und damit zumersten Mal außerhalb von München statt.Im beeindruckenden Kongresszentrumder Hauptstadt Tschechiens trafen sichetwa 600 Ärzte und Wissenschaftler, umsich über klinische und translationale For-schungsergebnisse zur Immuntherapiegegen Krebs auszutauschen. VolkmarNüssler und Sebastian Kobold sind Mit-glied im Scientific Committee des Kon-gresses. Im Gespräch mit Ludger Wahlersberichten sie unter anderem über mehroder weniger einfache Erklärungsmusterin der Immuntherapie.

Interview mit Priv.-Doz. Dr. med. Sebastian Kobold und Prof. Dr. med. Volkmar Nüssler anlässlich des ITOC-4

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OPDIVO® 10 mg/ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung. Wirkstoff : Nivolumab. Sonst. Bestandteile: Natriumcitratdihydrat, Natriumchlorid, Mannitol, Pentetsäure, Polysorbat 80, Natriumhydroxid, Salzsäure und Wasser für Injektionszwecke. Anwendungsgebiete: Melanom: OPDIVO® ist als Monotherapie oder in Kombination mit Ipilimumab bei Erwachsenen für die Behandlung des fortgeschrittenen (nicht resezierbaren oder metastasierten) Melanoms indiziert. Im Vergleich zur Nivolumab Monotherapie wurde in der Kombination Nivolumab mit Ipilimumab nur bei Patienten mit niedriger Tumor PD-L1-Expression ein Anstieg des progressionsfreien Überlebens (PFS) gezeigt (siehe Abschnitte 4.4 und 5.1). Nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom (NSCLC): OPDIVO® ist als Monotherapie zur Behandlung des lokal fortgeschrittenen oder metastasierten nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms nach vorheriger Chemotherapie bei Erwachsenen indiziert. Nierenzellkarzinom (RCC): OPDIVO® ist als Monotherapie bei Erwachsenen zur Behandlung des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms nach Vortherapie indiziert. Klassisches Hodgkin-Lymphom (cHL): OPDIVO® ist als Monotherapie zur Behandlung des rezidivierenden oder refraktären klassischen Hodgkin-Lymphoms bei Erwachsenen nach einer autologen Stammzelltransplantation (ASCT) und Behandlung mit Brentuximab Vedotin indiziert. Plattenepithelkarzinom des Kopf-Hals-Bereichs (SCCHN): OPDIVO® ist als Monotherapie zur Behandlung des Plattenepithelkarzinoms des Kopf-Hals-Bereichs bei Erwachsenen mit einer Progression während oder nach einer platinbasierten Therapie indiziert (siehe Abschnitt 5.1). Urothelkarzinom: OPDIVO® ist als Monotherapie zur Behandlung des lokal fortgeschrittenen nicht resezierbaren oder metastasierten Urothelkarzinoms bei Erwachsenen nach Versagen einer vorherigen platinhaltigen Therapie indiziert. Gegenanzeigen: Überempfi ndlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile. Weitere Hinweise: Wenn Nivolumab in Kombination mit Ipilimumab angewendet wird, lesen Sie vor Behandlungsbeginn die Fachinformation für Ipilimumab. Bei Anwendung von Nivolumab in Kombination mit Ipilimumab wurden höhere Häufi gkeiten von immunvermittelten Nebenwirkungen beobachtet als bei der Nivolumab-Monotherapie. Patienten sollten engmaschig überwacht werden (mindestens bis zu 5 Monate nach der letzten Dosis), da Nebenwirkungen unter Nivolumab oder Nivolumab in Kombination mit Ipilimumab jederzeit während oder nach der Behandlung auftreten können. Nebenwirkungen: Sehr häufi g: Nivolumab-Monotherapie: Neutropenie, Diarrhoe, Übelkeit, Hautausschlag, Juckreiz, Müdigkeit, Hypokalziämie, Lymphopenie, Leukopenie, Thrombozytopenie, Anämie, Hyperkalzämie, Hyperkaliämie, Hypokaliämie, Hypomagnesiämie, Hyponatriämie, Veränderung der Laborwerte. Nivolumab in Kombination mit Ipilimumab: Hypothyreose, verminderter Appetit, Kopfschmerzen, Kolitis, Diarrhoe, Erbrechen, Übelkeit, Bauchschmerzen, Hautausschlag, Juckreiz, Arthralgie, Müdigkeit, Pyrexie, Anstieg des Gesamt-Bilirubins, Lymphopenie, Leukopenie, Neutropenie, Thrombozytopenie, Anämie, Hypokalziämie, Hyperkaliämie, Hypokaliämie, Hypomagnesiämie, Hyponatriämie, Veränderung der Laborwerte. Häufi g: Nivolumab-Monotherapie: Infektionen der oberen Atemwege, infusionsbedingte Reaktion, Hypersensibilität, Hypothyreose, Hyperthyreose, Hyperglykämie, verminderter Appetit, periphere Neuropathie, Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Hypertonie, Pneumonitis, Dyspnoe, Husten, Stomatitis, Erbrechen, Bauchschmerzen, Obstipation, trockener Mund, Vitiligo, trockene Haut, Erythem, Alopezie, Muskel- und Skelettschmerzen, Arthralgie, Pyrexie, Ödeme (einschließlich peripheres Ödem), Anstieg des Gesamt-Bilirubins, Hypermagnesiämie, Hypernatriämie, Gewichtsverlust. Nivolumab in Kombination mit Ipilimumab: Pneumonie, Infektionen der oberen Atemwege, Eosinophilie, infusionsbedingte Reaktion, Hypersensibilität, Nebenniereninsuffi zienz, Hypophyseninsuffi zienz, Hypophysitis, Hyperthyreose, Thyroiditis, Hyperglykämie, Dehydrierung, Hepatitis, periphere Neuropathie, Schwindelgefühl, Uveitis, verschwommenes Sehen, Tachykardie, Hypertonie, Pneumonitis, Lungenembolie, Dyspnoe, Husten, Stomatitis, Gastritis, Obstipation, trockener Mund, Vitiligo, trockene Haut, Erythem, Alopezie, Urtikaria, Muskel- und Skelettschmerzen, Nierenversagen, Ödeme (einschließlich peripheres Ödem), Schmerzen, Hyperkalzämie, Hypermagnesiämie, Hypernatriämie, Gewichtsverlust. Gelegentlich: Nivolumab-Monotherapie: Pneumonie, Bronchitis, Nebenniereninsuffi zienz, Hypophyseninsuffi zienz, Hypophysitis, Thyroiditis, Dehydrierung, metabolische Azidose, Hepatitis, Polyneuropathie, Uveitis, verschwommenes Sehen, trockene Augen, Tachykardie, Pleuraerguss, Kolitis, Pankreatitis, Erythema multiforme, Psoriasis, Rosazea, Urtikaria, rheumatische Polymyalgie, Arthritis, tubulointerstitielle Nephritis, Nierenversagen, Schmerzen, Schmerzen in der Brust. Nivolumab in Kombination mit Ipilimumab: Bronchitis, Sarkoidose, diabetische Ketoazidose, Diabetes mellitus, Guillain-Barré-Syndrom, Polyneuropathie, Neuritis, Peroneuslähmung, autoimmune Neuropathie (einschließlich Gesichtsnerv- und Abduzensparese), Enzephalitis, Arrhythmie (einschließlich ventrikulärer Arrhythmie), Vorhoffl immern, Myokarditis, Pleuraerguss, Pankreatitis, Darmperforation, Duodenitis, Psoriasis, Spondyloarthropathie, Sjögren-Syndrom, Arthritis, Myopathie, Myositis, Rhabdomyolyse, tubulointerstitielle Nephritis, Schmerzen in der Brust. Selten: Nivolumab-Monotherapie: Histiozytär nekrotisierende Lymphadenitis (Kikuchi-Lymphadenitis), Eosinophilie, anaphylaktische Reaktion, Diabetes mellitus, diabetische Ketoazidose, Cholestase, Guillain-Barré-Syndrom, Demyelinisierung, myasthenes Syndrom, autoimmune Neuropathie (einschließlich Gesichtsnerv- und Abduzensparese), Enzephalitis, Arrhythmie (einschließlich ventrikulärer Arrhythmie), Vorhoffl immern, Myokarditis, Vaskulitis, Lungeninfi ltration, Gastritis, Zwölffi ngerdarmgeschwür, toxische epidermale Nekrolyse, Stevens-Johnson-Syndrom, Myopathie, Myositis, Rhabdomyolyse. Nivolumab in Kombination mit Ipilimumab: Toxische epidermale Nekrolyse, Stevens-Johnson-Syndrom. Nicht Bekannt: Nivolumab-Monotherapie: Abstoßung eines soliden Organtransplantats. Nivolumab in Kombination mit Ipilimumab: Abstoßung eines soliden Organtransplantats.Weitere Hinweise siehe Fachinformation. Verschreibungspfl ichtig. Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung über das nationale Meldesystem anzuzeigen. Pharmazeutischer Unternehmer: Bristol-Myers Squibb Pharma EEIG, Uxbridge Business Park, Sanderson Road, Uxbridge UB8 1DH, Vereinigtes Königreich. Stand des Textes: v9 aktuelle Fachinformation.1. OPDIVO®-Fachinformation, aktueller Stand 2. Bristol-Myers Squibb, data on fi le, wird auf Anfrage gerne zur Verfügung gestellt ©

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InterviewTZM News 2 / 2017 (19 Jg.)

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eine spezialisierte Ambulanz oder Klinikzu wenden, wenn sie den Verdacht aufeine Nebenwirkung haben. Es bestehtallerdings kein Anlass zur Panik. Onkolo-gisch tätige Ärzte haben es gelernt, mitden teilweise gravierenden Nebenwir-kungen und Langzeitnebenwirkungenvon Polychemotherapien umzugehen,sind also erfahren im Nebenwirkungs-management. Man muss nur wissen, dassbei der Immuntherapie andere, sprichhauptsächlich autoimmun vermittelteNebenwirkungen auftreten können.

Der CTLA4-Inhibitor Ipilimumab ver -ursacht schwerere Nebenwirkungen alsPD-1- und PD-L1-Inhibitoren, weil ervorzugsweise in der Priming-Phase imLymphknoten wirkt. Stimmt das so?

Kobold: So wird es gern in Übersichts -arbeiten dargestellt, weil es eingängig und

leicht zu merken ist. Richtig ist daran, dass die Liganden für CTLA4, also die Co-Stimulationsantigene CD80 bezie-hungsweise CD86 in der Peripherie sehrviel weniger häufig vorkommen als in denLymphknoten. Daraus kann man schlie-ßen, dass Ipilimumab als CTLA4-Anti -körper vorzugsweise in oder an Zellenwirkt, die im Lymphknoten lokalisiertsind. Und weil es sich dort um die Pri-ming-Phase handelt, kann man auch postulieren, dass die Nebenwirkungenstärker sind als wenn die Checkpoint-Blockade vorzugsweise in der Peripheriegeschieht.

Und das ist ja bei PD-1- beziehungs-weise PD-L1-Inhibitoren der Fall.

Kobold: Ja und nein. Tatsächlich ist es so,dass PD-1 und PD-L1 nicht nur aufImmun- beziehungsweise Tumorzellen

in der Peripherie, sondern auch auf Zellenin den Lymphknoten sehr häufig vor -kommen. Nach dem gängigen Erklärungs-muster müssten also auch PD-1- und PD-L1-Inhibitoren ähnlich schwereNebenwirkungen verursachen wieCTLA4-Inhibitoren. Tun sie aber nicht. So ein einfaches dichotomes Erklärungs-muster greift leider zu kurz, auch wenn eszunächst sehr überzeugend klingt.

Warum aber machen PD-1- und PD-L1-Inhibitoren so viel wenigerNebenwirkungen?

Kobold: Das ist meines Erachtens nachwie vor nicht verstanden. PräklinischeDaten deuten darauf hin, dass ein CTLA4-Inhibitor, also der Antikörper Ipilimumab,mehr tut, als nur die Blockade der Co-Stimulation aufzuheben. Ipilimumabkönnte zusätzlich auch immunsuppressivwirkende regulatorische T-Zellen deple -tieren und damit stärkere autoimmuneNebenwirkungen verursachen. Verschie-dene Arbeitsgruppen haben dazu Datenveröffentlicht. Ipilimumab löst die Im-munbremse sozusagen zweifach und hatvermutlich deshalb mehr Nebenwirkun-gen als PD-1- oder PD-L1-Inhibitoren al-lein.

Sie sagten anfangs, dass die Zahl derIndikationen für die Checkpoint-Inhibi-tion immer weiter zunimmt. Eigentlichheißt es doch, dass diese Therapie nurbei Tumoren mit hoher Mutationslastwirksam ist, weil das Immunsystem nurbei hoher Mutationsrate in der Lage ist,den Tumor als etwas zu Bekämpfendeszu „erkennen“.

Kobold: Auch hier gilt, dass die reindicho tome Betrachtungsweise „hohe Mutationslast gleich hohe Ansprechrate“und umgekehrt zu kurz greift. Hohe Mutationslast ist ein Indikator für einwahrscheinliches Ansprechen, aber wennSie entsprechende Daten genau anschau-en, dann wird klar, dass in Gruppen mitniedriger Mutationslast eine signifikanteZahl an Respondern zu finden ist und in

Posterpreisträger beim ITOC-4

Erster Preis

Célia Jacoberger-FoissacLaboratory of Conception and Application ofBioactives Molecules, Illkirch-Graffenstaden,France

“Development of a novel immunothera-py with Toll-like and Nod-like receptorssynergy for targeted cancer therapy”

Zweiter Preis

Johannes LaengleMedical University of Vienna, Austria

“GBP1 expression in colorectal cancerliver metastasis associates with increased CD8+ lymphocyte invasionand confers better prognosis”

Dritte Preise

Felicitas RatajKlinikum der Universität München, Germany

“Preclinical characterization of a PD-1-CD28 fusion receptor for T cell-based immunotherapy of Non- Hodgkin Lymphoma”

Michael RuzickaLudwig-Maximilians-Universität München,Germany

“Immunotherapy targeting RIG-I in a mouse model of acute myeloidleukemia”

Auch in diesem Jahr hat das Tumor zentrum München Preise für heraus -ragende Posterbeiträge gestiftet. Da zwei dritte Preise vergeben wurden,wurden vier junge Forscherinnen und Forscher ausgezeichnet.

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Interview

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Gruppen mit hoher Mutationslast aucheine signifikante Zahl von Non-Respon-dern existiert. Das heißt: Wenn man denCutoff-Wert für einen Behandlungsver-such zu hoch legt, läuft man immer Ge-fahr, einer Reihe von Patienten ein Verfah-ren vorzuenthalten, von dem sie profitie-ren würden. In Bezug auf die PD-1-/PD-L1-Blockade gibt es kaum eine Tumorart,die nicht zumindest in geringem Maßeanspricht. Bei CTLA4 ist das natürlich anders.

Aber klinisch sind Unterschiede imAnsprechen ja durchaus relevant. Wenndie Mutationslast kein hinreichendesKriterium für solche Unterschiede dar-stellt, wie forscht man dann systema-tisch? Geht es dann einfach nach trialand error?

Kobold: In gewisser Weise ja. Ganz prak-tisch untersucht man zunächst nach einerArt Basket-Verfahren, schließt also alle Pa-tienten ein. Dort, wo sich Aktivität detek-tieren lässt, initiiert man dann eine zusätz-liche Studie.

Das hört sich sehr langwierig an.

Kobold: Das ist es auch. Aber trotzdemgibt es ja mittlerweile eine ziemlich langeListe mit unzweifelhaften respektive inDeutschland und Europa zugelassenen Indikationen für eine Immun-Check -point-Blockade. Dazu gehören das malig-ne Melanom, das Nierenzellkarzinom, dasnicht kleinzellige Lungenkarzinom undübrigens auch das Hodgkin-Lymphom,das eine extrem niedrige Mutationslasthat, bei dem aber fast alle Zellen PD-L1exprimieren und das deshalb ein echterSonderfall ist. Bei Kopf-Hals-Tumorensprechen Plattenepithelkarzinome gut an– die sind meist rauch- oder alkoholge-trieben und haben eine hohe Mutations-last. Auch bestimmte Kolonkarzinomesprechen auf eine Immuntherapie gut an,nämlich die Mikrosatelliten-instabilenKarzinome, die sich ebenfalls durch einehohe Mutationslast auszeichnen. PositiveDaten gibt es schließlich noch beim

Magenkarzinom, beim hepatozellulärenund beim ösophagealen Karzinom undauch beim Merkelzellkarzinom. Beim tripelnegativen Mammakarzinom ruhenviele Hoffnungen auf der Kombinationvon Immun- und Chemotherapie.

Herr Professor Nüssler, ist die Immuntherapie ein ähnlicher Fortschrittwie vor 60, 70 Jahren die Einführungder Chemotherapie?

Nüssler: Ich glaube zumindest, dass es inder Geschichte der Krebstherapie weniggibt, das sich mit der Immuntherapie ver-gleichen lässt. Es gab vor einigen Jahrendas Konzept der Anti-Angiogenese, aberdas ist mit Ausnahme von Bevacizumabeinigermaßen verpufft. Die zielgerichteteTherapie mit Tyrosinkinase-Inhibitorenhat einen sehr hohen Stellenwert, aller-dings wirken TKI meist nur sehr selektivbei kleinen, exakt definierten Gruppen. Ja, man kann die Immuntherapie, wie wirsie seit etwa 3 Jahren klinisch anwenden,durchaus vergleichen mit dem Beginn derChemotherapie. Auch damals, zu Zeitenvon Sidney Farber, haben sich die Thera-piemöglichkeiten exponentiell vermehrt.Und hätte man seinerzeit alle möglichenKombinationen ausprobieren wollen,hätte das 100 Jahre gedauert. In dieser Situation sind wir heute wieder: Wirhaben ein wachsendes Armamentariumund immer mehr Situationen, in denenman es wirksam anwenden kann. Was amEnde des Tages davon übrig bleibt, bleibtabzuwarten. Denn wir können sicher sein,dass ständig neue Medikamente mitneuen Wirkmechanismen auf den Marktkommen.

Herr Professor Nüssler, Herr Dr. Kobold,haben Sie herzlichen Dank für das Gespräch.

Alle Projekt- und Arbeitsgruppen des Tumorzentrums Münchenauf einen Blick

Endokrine TumorenHerr Prof. Dr. H. Fü[email protected]

Gastrointestinale TumorenHerr Prof. Dr. J. [email protected]

HirntumorenHerr Prof. Dr. J.-C. [email protected]

Knochentumoren / WeichteilsarkomeHerr PD Dr. L. [email protected]

Kopf-Hals-MalignomeHerr Dr. Dr. G. [email protected]

Leukämien und MDSHerr Prof. Dr. K. [email protected]

Maligne LymphomeHerr Prof. Dr. M. [email protected]

Maligne MelanomeFrau Prof. Dr. C. [email protected]

Maligne OvarialtumorenHerr Dr. A. [email protected]

MammakarzinomeHerr Dr. I. [email protected]

Multiples MyelomHerr Prof. Dr. Ch. [email protected]

Psycho-OnkologieFrau Dr. D. Pouget-Schors [email protected]

Supportive Maßnahmen in der Hämatologieund OnkologieHerr Prof. Dr. H. [email protected]

Tumoren der Lunge und des MediastinumsHerr Prof. Dr. R. M. [email protected]

Urogenitale TumorenHerr PD Dr. S. [email protected]

UterusmalignomeHerr Prof. Dr. Ch. [email protected]

AG Ernährung und KrebsHerr Prof. Dr. H. [email protected]

AG KomplementärmedizinFrau Prof. Dr. S. [email protected]

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TZM News 2 / 2017 (19 Jg.)

KLARTEXTIn dieser Rubrik stellen wir Ihnen regelmäßig wichtige Neuzulassungen aus Hämatologie und Onkologie vor, undzwar von unabhängigen Autoren und ohne jeglichen Einfluss der Herstellerfirmen. Dem Tumorzentrum Münchenliegt daran, Ihnen validierte Informationen aus erster Hand zukommen zu lassen.

Palbociclib (Ibrance®)

Palbociclib ist inDeutschland undEuropa seit No-vember 2016 zu-

gelassen zur Therapie des metastasierten Hor-monrezeptor-positiven und HER2-negativenMammakarzinoms.

Unsere Expertin Dr. med. Rachel Würstleinist Oberärztin in der Frauenklinik des Klini-kums der Universität München sowie ge-schäftsführende Oberärztin des Brustzentrumsder Universität. Sie gibt einen Überblick zumStellenwert des Präparates.

1. Wie wirkt Palbociclib?Palbociclib inhibiert beim Hormonrezep-tor-positiven Mammakarzinom die Phos-phorylierung von Rb (Retinoblastompro-tein) durch den beim Mammakarzinom ak-tivierten Komplex aus Cyclin D1 und denCyclin-abhängigen Kinasen 4 und 6. Es wirddeshalb als CDK4/6-Inhibitor bezeichnet.Palbociclib hemmt so die Zellzyklusprogres-sion von der G1- in die S-Phase. Damit ver-langsamt die Substanz das Wachstum derHormonrezeptor-positiven Brustkrebs zellen.

Eingesetzt wird Palbociclib beim metasta-sierten Hormonrezeptor-positiven undHER2-negativen Mammakarzinom in Kom-bination mit Aromataseinhibitoren oder Ful-vestrant, bei prämenopausalen Patientinnenzusätzlich mit GnRH-Analoga. Die Ergeb-nisse zu zwei weiteren CDK4/6-Inhibitoren –Ribociclib und Abemaciclib – bestärken denStellenwert dieser neuen Therapieform. Bis-her ist Palbociclib die einzige zugelasseneSubstanz dieser Klasse. Palbociclib ist in dreiDosierungen (75, 100, 125 mg) verfügbarund wird alle 28 Tage von Tag 1 bis Tag 21eingenommen.

2. Wie groß ist der zu erwartende Nutzenfür Patienten? Palbociclib wurde in zwei Phase-III-Stu-dien, der Paloma-1- sowie der Paloma-3-Studie, untersucht, und zwar bei Frauen mitmetastasiertem Hormonrezeptor-positivemund HER2-negativem Brustkrebs. PrimäresStudienziel war jeweils die Verlängerung desprogressionsfreien Überlebens (PFS).

In der ersten Studie mit 521 Patientinnenwurde entweder Palbociclib plus Fulvestrantoder Placebo plus Fulvestrant (bei präme-nopausalen Frauen zusätzlich GnRH-Ana-loga) verabreicht. Das PFS in der Palboci-clib-Gruppe betrug median 11,2 Monate,in der Placebo-Gruppe dagegen nur 4,6Monate.

An der zweiten Studie nahmen 666 post-menopausale Frauen mit metastasiertemBrustkrebs teil. Sie erhielten Palbociclib inder Erstlinie, genauer: Palbociclib plus Le-trozol oder Placebo plus Letrozol. In derPalbociclib-Gruppe betrug das medianePFS 24,8 Monate, in der Placebo-Gruppe14,5 Monate.

Der besondere Nutzen dieser neuen Sub-stanzklasse liegt zudem in der hohen Le-bensqualität bei gut beherrschbarem Neben-wirkungsprofil für die Patientin in der meta-stasierten Situation. Aktuelle Lebensquali-tätsdaten bestätigen den Vorteil aus Patien-tensicht.

3. Gibt es Patientengruppen, bei denen das Präparat besonders gut wirkt? Palbociclib wirkt ausschließlich bei Patien-tinnen mit Hormonrezeptor-positiven undHER2-negativen Tumoren. Die Wirkungist in allen Subgruppen nachweisbar, ins-besondere auch bei viszeraler Metastasie-rung. Die Daten sind überzeugend sowohlbei prä- wie postmenopausalen Frauen.

4. Was müssen verabreichende Ärzte besonders beachten?Voraussetzung für die Therapieeinstellungauf Palbociclib ist eine gute Adhärenz derPatientin unter oraler Medikation mit fes -ten Einnahme-Intervallen und einer gege-benenfalls notwendigen Dosisanpassung.Studien wie PRECYCLE suchen Ansätze,diese Adhärenz im Routine-Einsatz vonPalbociclib zu optimieren.

Notwendig sind regelmäßige Blutbildkon-trollen und daraus resultierende Dosisan-passungen. Daher sollte die Substanz nurin erfahrenen Zentren/Praxen eingesetztwerden. Auch die antihormonelle Basis-medikation (Aromatasehemmer, GnRH-Analoga, Fulvestrant) mit ihren Kontrain-dikationen muss berücksichtigt werden(zum Beispiel Antikoagulation bei intra-muskulären Gaben).

Bei prämenopausalen Patientinnen ist diezusätzliche Applikation von GnRH-Analogaerforderlich. Besondere Hinweise auf Wech-selwirkungen zum Beispiel mit Grapefruit,Johanniskraut, aber auch mit Medikamen-ten zum Magenschutz sind in der Fachin-formation berücksichtigt.

5. Welche unerwünschten Nebenwirkungen sind zu erwarten?Wir klären Patientinnen vor allem auf überBlutbildveränderungen (Neutro-/Leuko-penie, Anämie, Thrombopenie), Infektio-nen, Alopezie, Stomatitis, Hautausschläge,Diarrhö und Fatigue. Das Neutropenieri-siko ist eine sehr häufige schwere Neben-wirkung ohne subjektive Beeinträchtigung.Schwere Infektionen entwickeln sich aller-dings nur selten. Vor Therapiestart solltedie kardiale Funktion eingestellt sein.

Klar

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Klartext

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TZM News 2 / 2017 (19 Jg.)

6. Wie lange muss das Präparat ange-wandt werden?Palbociclib kommt zum Einsatz in den obengenannten Kombinationsmöglichkeiten biszum Progress unter der entsprechenden re-gelmäßigen onkologischen Überwachungund muss bei hoher Toxizität gegebenenfallsabgesetzt werden.

7. Wie hoch sind die Therapiekosten?Etwa 5400 Euro pro Monat sowie zusätz-lich die Kosten für die Begleitmedikation(Aromatasehemmer, Fulvestrant und ge-gebenenfalls GnRH-Analoga).

Palbociclib zeichnet sich aus durcheine relevante Verlängerung des PFS(first line: 10 Monate) und wurdedaher trotz noch ausstehender Datenzum Gesamtüberleben im November2016 zugelassen. Die breite Kombi-nationsmöglichkeit, sein bei prä- undpostmenopausalen Frauen möglicherEinsatz, die subgruppenunabhängigenErfolgsraten sowie die hohe Lebens-qualität machen die Substanz in derErstlinienkombination, aber auch inspäteren Linien zum neuen Standardfür Patientinnen mit Hormonrezep-tor-positivem und HER2-negativemmetastasiertem Mammakarzinom.

Entsprechende Empfehlungen findensich auch in nationalen wie interna-tionalen Leitlinien (www.ago-online.de) Die HauptnebenwirkungNeutropenie ist durch erfahrenesonkologisches Management unter derVoraussetzung einer guten Patien-ten-Adhärenz durch entsprechendeIntervall- und Dosisanpassungen be-herrschbar. Immer wichtiger wirddie Frage der Biomarkersuche undder optimalen Therapiesequenz zurTherapieindividualisierung bei meta-stasiertem Brustkrebs.

Obinutuzumab (Gazyvaro®)

Der AntikörperObinutuzumabist in Deutsch-land und Euro-

pa bereits seit Juli 2014 als Gazyvaro® zuge-lassen, und zwar zur Therapie von nicht vor-behandelter chronischer lymphatischer Leu-kämie (CLL) bei Patienten, die für eine Flu -d arabin-haltige Therapie nicht geeignet sind,sowie zur Behandlung von Patienten mit follikulärem Lymphom (FL), die auf eine Rituximab-haltige Therapie nicht angespro-chen haben oder innerhalb von 6 Monatennach dieser Behandlung progredient werden.

Unsere Experten Prof. Dr. med. MartinDreyling und Dr. med. Till Seiler von derIII. Medizinischen Klinik und Poliklinik desKlinikums der Universität München gebeneinen Überblick zu den Charakteristika desPräparats.

1. Wie wirkt Obinutuzumab?Obinutuzumab ist ein sogenannter Typ-II-CD20-Antikörper. Durch das differente Bin-dungsverhalten kommt es im Gegensatz zuRituximab nicht zu einer Aggregation vonCD20 in lipid rafts, sondern zu einer homo-typischen Zellaggregation. Dadurch scheintObinutuzumab eine höhere direkte Zytoto-xizität zu besitzen, allerdings eine geringereAktivierung des Komplementsystems. Durchein sogenanntes Glycoengineering des Fc-Anteils hat der Antikörper eine erhöhte Affinität für den Fcγ-Rezeptor IIIa. Dadurchkommt es zu einer verstärkten Aktivierungvon Effektorzellen.

2. Wie groß ist der zu erwartende Nutzenfür Patienten? Die Zulassungsstudie bei der CLL unter-suchte ein älteres Patientenkollektiv mitdeutlicher Komorbididtät. In einem drei-armigen Design wurde eine Monotherapiemit Chlorambucil (Clb) verglichen miteiner Immunchemotherapie mit Rituximabund Clb (R-Clb) sowie Obinutuzumab undClb (G-Clb). Dabei zeigte sich beim pro-gressionsfreien Überleben (PFS) ein signi-fikanter Vorteil zugunsten von G-Clb gegen-über R-Clb (28,7 versus 15,7 Monate, HR0,46, p<0,0001). Im Gesamtüberleben (OS)fand sich kein Unterschied [1].

Beim Follikulären Lymphom (FL) liegenPhase-III-Daten zu Rituximab-refraktärenPatienten vor [2]. Behandelt wurden Pa-tienten, die nicht auf eine R-haltige Therapieangesprochen hatten oder ein Rezidiv inner-halb von 6 Monaten nach der Behandlungerlebt hatten – unabhängig davon, ob dasRezidiv während einer R-haltigen Induk-tionstherapie oder einer R-Erhaltungsthe-rapie auftrat. Die Patienten erhielten eineMonotherapie mit Bendamustin oder eineKombination aus Obinutuzumab und Ben-damustin gefolgt von einer Obinutuzu mab-Erhaltungstherapie. In dieser Studie zeigtesich ein signifikanter Vorteil im PFS (25,3versus 14 Monate, HR 0,52, p<0,0001) undim OS (64 versus 39 Monate, HR 0,58,p=0,0061) zugunsten der Immunchemo-therapie.

In der Primärtherapie zeigte sich bei Patienten mit behandlungsbedürftigem,fortgeschrittenem FL ein signifikanter Vor-teil der Kombination Obinutuzumab plus Chemotherapie gegenüber Rituximab plusChemotherapie, jeweils gefolgt von einerAntikörpererhaltungstherapie: das progres-sionsfreie 3-Jahres-Überleben betrug 80%versus 73,3%, HR 0,66; p=0,0012 [3]. EineZulassung für die Primärtherapie ist aufGrundlage dieser Daten zu erwarten.

Klar

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5. Welche unerwünschten Nebenwirkun-gen sind zu erwarten?Neben den erwähnten Infusionsreaktionenkommt es häufiger zu Zytopenien.

6. Wie lange muss das Präparat ange-wandt werden?Die Therapiedauer ist vergleichbar mit einerRituximab-haltigen Therapie. Allerdingswird Obinutuzumab im ersten Zyklus zumAufdosieren mehrfach gegeben. Eine Erhal-tungstherapie ist bei der CLL nicht indi-ziert.

7. Wie hoch sind die Therapiekosten?Die Therapiekosten von Obinutuzumabbetragen pro Einzeldosisetwa 3996 Euround liegen damit über denen von Rituxi-mab, wo eine Dosis für einen Patienten mit2 m2 Körperoberfläche mit 3066 Euro zuveranschlagen ist.

Obinutuzumab ist in der Kombi-nation mit Chlorambucil eine gutverträgliche Therapie bei älterenPatienten mit CLL. Die bisher enggefasste Zulassung beim Rituxi-mab-refraktären FL wird durch dieErgebnisse der Gallium-Studieausgeweitet werden.

Literatur:1. Goede V, et al. (2014) Obinutuzumab plusChlorambucil in Patients with CLL and CoexistingConditions. New Engl Jl Med 370:1101-11102. Sehn L, et al. (2016) Obinutuzumab plus ben-damustine versus bendamustine monotherapyin patients with rituximab-refractory indolentnon-Hodgkin lymphoma (GADOLIN): a rando-mised, controlled, open-label, multicentre, phase3 trial. Lancet Oncol 17(8):1081-10933. Marcus R, et al. (2016) Obinutuzumab-BasedInduction and Maintenance Prolongs Progres-sion-Free Survival (PFS) in Patients with Pre-viously Untreated Follicular Lymphoma: PrimaryResults of the Randomized Phase 3 GALLIUMStudy. Blood, ASH annual meeting abstract #6

*Lynparza beim Platin-sensitiven Ovarialkarzinom-Rezidiv mit BRCA Mutation

Verlängert das PFS auf 11,2 Monate1

Orale, gut verträgliche Therapie1

Erster zugelassener PARP-Inhibitor2

GETESTET auf BRCA

THERAPIERT mit Lynparza*

Erste zielgerichtete Erhaltungstherapie

3. Gibt es Patientengruppen, bei denen das Präparat besonders gut wirkt? Wie bei Rituximab liegt die Stärke von Obi -nutuzumab nicht in der Monotherapie,sondern in der Kombinationstherapie.CLL-Patienten mit del(17p) oder p53-Mu-tation sollten allerdings bevorzugt miteinem Inhibitor des BCR-Signalpfades the-rapiert werden.

4. Was müssen verabreichende Ärzte besonders beachten?Im Gegensatz zu Rituximab zeigt sich unterObinutuzumab häufiger eine stärkere Aus-prägung der Infusionsreaktionen. Diese sindvor allem bei der CLL aufgrund der Aus-schwemmung der Lymphomzellen ins Bluthäufiger zu erwarten. Daher sollte die ersteGabe unter sorgfältiger Prämedikation undgesplittet über 2 Tage gegeben werden. Ge-gebenenfalls kann bei sehr hohen Lympho-zytenwerten erwogen werden, den erstenZyklus ohne Antikörper zu verabreichen.

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TZM News 2 / 2017 (19 Jg.)

Cabozantinib istin Deutschlandund Europa seit

September 2016 als Cabometyx® zur The-rapie des fortgeschrittenen Nierenzellkarzi-noms bei Erwachsenen nach vorangegange-ner zielgerichteter Therapie gegen VEGF(vaskulärer endothelialer Wachstumsfaktor)zugelassen.

Unser Experte Prof. Dr. med. Michael Staehlerist Leiter des Nierentumorzentrums am Klinikum der Universität München. Er gibteinen Überblick zu den Charakteristika desPräparats.

1. Wie wirkt Cabozantinib?Cabozantinib ist ein kleines Molekül, dasmehrere Rezeptor-Tyrosinkinasen (RTK)hemmt, die an Tumorwachstum und An-giogenese, am pathologischen Knochenum-bau, an Arzneimittelresistenz und der Ent-wicklung von Metastasen bei der Krebser-krankung beteiligt sind. Cabozantinibhemmt neben den Kinasen der VEGF-Re-zeptoren 1–3 auch die Aktivität der Tyro-sinkinasen MET (Hepatozyten-Wachstums-faktor-Rezeptorprotein) und AXL (ur-sprünglich abgeleitet vom griechischen „an-exelekto” = unkontrolliert).

2. Wie groß ist der zu erwartende Nutzenfür Patienten? Sicherheit und Wirksamkeit von Cabozan-tinib wurden in einer randomisierten, of-fenen, multizentrischen Phase-III-Studieuntersucht. Patienten (n=658), die ein fort-geschrittenes RCC mit einer Klarzellkom-ponente aufwiesen und die zuvor mindes-tens einen VEGF-Rezeptor-Tyrosinkinase-Inhibitor (VEGFR-TKI) erhalten hatten,wurden randomisiert (1:1) mit Cabozan-tinib (n=330) oder Everolimus (n=328) be-handelt. Die Patienten konnten schon an-dere Vortherapien, einschließlich Zytokinenund Antikörper, die gegen VEGF oder denProgrammed-Death-1(PD-1)-Rezeptor be-ziehungsweise seine Liganden gerichtetsind, erhalten haben.

Patienten in der Cabozantinibgruppe pro-fitierten im Sinne eines verlängerten pro-gressionsfreien Überlebens und auch einesverlängerten Gesamtüberlebens (Abb. 1und 2).

3. Gibt es Patientengruppen, bei denendas Präparat besonders gut wirkt? Alle Patientengruppen profitieren von Ca-bozantinib. Besonders hervorzuheben istder Effekt bei Patienten mit Knochenme-tastasen.

Cabozantinib (Cabometyx®)

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Cabozantinib Everolimus

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4. Was müssen verabreichende Ärzte besonders beachten?Die Therapie erfolgt analog der bekanntenBehandlung mit anderen Multikinase-In-hibitoren. Ein sorgfältiges Nebenwirkungs-management ist erforderlich. Eine tempo-räre Dosisreduktion auf 40 mg scheint denErfolg der Therapie nicht zu schmälern.

5. Welche unerwünschten Nebenwirkun-gen sind zu erwarten?Die häufigsten schwerwiegenden Nebenwir-kungen sind abdominale Schmerzen (3%),Pleuraerguss (3%), Diarrhö (2%) und Übel-keit (2%). Die häufigsten Nebenwirkungenjeden Grades (die bei mindestens 25% derPatienten auftraten) umfassten Diarrhö(74%), Müdigkeit (56%), Übelkeit (50%),Appetitabnahme (46%), palmar-plantaresErythrodysästhesie-Syndrom (PPES) (42%),Hypertonie (37%), Erbrechen (32%), Ge-wichtsabnahme (31%) und Obstipation(25%).

6. Wie lange muss das Präparat angewandt werden?Die Therapie wird so lange fortgesetzt, bises zu einem Progress der behandelten Er-krankung kommt, eine Unverträglichkeitbesteht oder sonstige klinische Umständeeine weitere Therapie unmöglich machen.

7. Wie hoch sind die Therapiekosten?Eine Packung Cabozantinib für 30 Tagekostet die gesetzliche Krankenversicherungrund 8500 Euro.

Cabozantinib ist der erste und einzigeMultikinase-Inhibitor zur Therapiedes metastasierten Nierenzellkarzi-noms, der in der Zweitlinie das pro-gressionsfreie Überleben und das Gesamtüberleben verlängert unddarüber hinaus noch eine Remissionbei 57% der Patienten bewirkt. Eshat die höchste Empfehlungsstufezur Zweitlinientherapie in den Guide -lines der EAU, des NCCN, und derESMO.

Abbildung 1: Progressionsfreies Überleben in derZulassungsstudie für Cabozantinib. Adaptiertnach Choueiri TK, et al.; Lancet Onc. 2016 Jun 5;S1470-2045(16)30107-3.

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Abbildung 2: Gesamtüberleben in der Zulas-sungsstudie für Cabozantinib. Adaptiert nachChoueiri TK, et al.; Lancet Onc. 2016 Jun 5;S1470-2045(16)30107-3.

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Pemphigoid, SJS sowie folg. Grad ≥ 3 Nebenw.: Pruritus, Hautausschl., general. Hautausschl. u. makulo-papulöser Hautausschl.); Vitiligo (Hautdepigmentier., Haut hypopigmentier. sowie Hypopigmentier. d. Augenlids); trock. Haut; Erythem; Ekzem. Myositis (Myalgie, Myopathie, Polymyalgia rheumatica u. Rhabdomyolyse); muskuloskelett. Schm. (muskuloskelett. Beschw., Rücken-schm., muskuloskelett. Steifheit, muskuloskelett. Brustschm. sowie Torticollis); Schm. in d. Extremitäten; Arthritis (Gelenkschwel-lung, Polyarthritis sowie Gelenkerguss). Asthenie; Ödeme (periphere Ödeme, generalisierte Ödeme, Überwässerung, Flüssig-keitsretention, Augenlid- u. Lippenödeme, Gesichts ödeme, lokalisierte Ödeme sowie periorbitale Ödeme); Fieber; grippeähnl. Erkrank.; Schüttelfrost. Erhöh. Werte von: ALT, AST, alkal. Phosphatase im Blut, Kreatinin im Blut. Gelegentl.: Neutropenie; Leukopenie; Thrombozytopenie; Lymphopenie; Eosinophilie. Hypophysitis (Hypophysenunterfunkt.); Nebenniereninsuff.; Thyreoi-ditis. Typ-1-Diabetes mellitus (diabetische Ketoazidose); Hyponatriämie; Hypokaliämie; Hypokalz ämie. Schlaflosigk. Epilepsie; Lethargie; periph. Neuropathie. Uveitis (Iritis u. Iridozyklitis). Hypertonie. Pankreatitis (auto immune Pankreatitis u. akute Pankreatitis). Hepatitis (autoimmune Hepatitis u. arzneimittelinduz. Leberschädig.). Lichenoide Keratose (Lichen planus u. Lichen sclerosus); Psoriasis; Alopezie; Dermatitis; akneiforme Dermatitis; Änderungen d. Haarfarbe; Papeln. Tendosynovitis (Tendonitis, Synovitis sowie Sehnenschm.). Nephritis (autoimmune Nephritis, tubulointerstit. Nephritis u. Nierenversagen od. akutes Nierenversagen mit Anzeichen einer Nephritis). Erhöh. Werte von: Amylase, Bilirubin im Blut; Hyper kalz ämie. Selten: Immunthrombozytopen. Purpura; hämolyt. Anämie. Guillain-Barré-Syndrom; Myasthenie-Syndrom. Dünndarmperforation. Erythema nodosum. Zusätzl.: Fokale Krampfanfälle b. einem Pat. mit Entzündungsherden im Hirnparenchym. Ther.-bedingte Antikörper. Atypisches Ansprechen (im Sinne eines anfängl. vorübergeh. Tumorwachstums od. kleiner neuer Läsionen innerh. d. ersten wenigen Monate mit anschl. Tumorregression). Warnhinw.: Zuverlässige Verhütungsmethode b. Frauen im gebärf. Alter währ. u. bis 4 Mon. nach Behandl.-ende. Hinw.: NSCLC-Pat. sollten für eine Behandl. aufgrund einer mittels eines va-lidierten Tests bestätigten PD-L1-Expression d. Tumoren selektiert werden. KEYTRUDA muss als i.v.-Infusion über 30 min gegeben werden u. darf nicht als i.v. Druck- oder Bolusinjektion gegeben werden. Verschreibungspflichtig. Stand: 02/2017

Bitte lesen Sie vor Verordnung von KEYTRUDA® die Fachinformation!

Pharmazeutischer Unternehmer: Merck Sharp & Dohme Limited, Hertford Road, Hoddesdon, Hertfordshire EN11 9BU, Vereinigtes Königreich

Lokaler Ansprechpartner: MSD SHARP & DOHME GMBH, Lindenplatz 1, 85540 Haar

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