12

Jana Veit - Katzenfreundschaften

Embed Size (px)

DESCRIPTION

Leseprobe Klappentext: Hallo! Ich bin Benni, ein junger Kater. Vor Kurzem lebte ich noch glücklich in meiner kleinen Familie und hatte viel Spaß mit meinem besten Freund Rolli. Vor Kurzem. Jetzt bin ich zusammen mit zwei durchgedrehten, rappenden Wellensittichen im Haus eines fremden Mannes eingesperrt und habe nicht die leiseste Ahnung, wie ich die anderen wiederfinden könnte. Wie soll ich mich hier bloß so ganz allein eingewöhnen? Und warum geschehen hier aller Pfote merkwürdige Dinge?

Citation preview

Page 1: Jana Veit - Katzenfreundschaften

1

Page 2: Jana Veit - Katzenfreundschaften

2

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Lektorat: Hedda EsselbornSatz: Sandy PennerIllustration: Stefanie MeisterTitelbild: Andrea Petrlik - Fotolia.com

1. Auflage 2011ISBN: 978-3-86196-081-2

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich ge-schützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urhe-berrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikrover-filmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektroni-schen Systemen.

Copyright (©) 2011 by Papierfresserchens MTM-Verlag GbRHeimholzer Straße 2, 88138 Sigmarszell

www.papierfresserchen.de [email protected]

Page 3: Jana Veit - Katzenfreundschaften

3

Jana Veit

Katzen-freundschaften

Die Lebensgeschichte eines jungen Katers

Page 4: Jana Veit - Katzenfreundschaften

4

Page 5: Jana Veit - Katzenfreundschaften

5

Ein schrecklicher Umzug

Als ich eines Morgens aufwachte und aus dem Fenster blickte, regnete es wie aus Eimern. „Na prima, Regen, pfui“, dachte ich. „Das wird bestimmt kein guter Tag.“

Aber jetzt musste ich erst einmal die anderen aufwe-cken. Zu Beginn natürlich meinen Bruder und gleichzeitig besten Freund: Rolli. Der Name passte zu ihm, denn er war, na ja, ein richtiger Fettsack eben. Wenn er so weiterfressen würde, könnte er sich bald nur noch rollend fortbewegen.

Also mal an die Arbeit: Ich lief ein paar Schritte zurück, ging in Startposition, streckte meinen Po in die Luft (wie Mama es mir beigebracht hatte), schrie laut „Abschuss!“ und sprang mit viel Karacho auf meinen besten Freund.

Die Folge war eine wenig freundliche Begrüßung: „Spinnst du, Alter? Wir haben zwölf Uhr und du weckst mich? Hast du nicht mehr alle Näpfe voll oder was?“

„An deiner Stelle würde ich mich langsam mal zusam-mennehmen und aufstehen. Die Milchbar kommt“, sagte ich. Bei diesem Satz war Rolli plötzlich hellwach. Die Milch-bar (unsere Mutter) bedeutete für ihn nämlich schlabbern nach Herzenslust. Inzwischen waren unsere anderen Ge-schwister auch schon aufgewacht und das übliche Drän-geln an der Milchbar begann.

Wir hatten bereits einige Male dieses pappige Futter aus der Dose zu fressen bekommen, aber es gab einfach nichts, was mit der warmen Muttermilch mithalten konnte.

Glücklich ließ ich mir den weichen, wohligen Geschmack auf der Zunge zergehen, ohne zu ahnen, dass dies zum letzten Mal in meinem Leben geschah.

Page 6: Jana Veit - Katzenfreundschaften

6

Ab und zu leckte uns unsere Mutter liebevoll und zärtlich mit ihrer warmen Zunge über die Köpfchen und stupste Rollis dickes Bäuchlein mit ihrer weichen Nasenspitze an. Dieser jedoch dachte gar nicht daran, mit dem Trinken auf-zuhören, und so lächelte sie bloß und schnurrte zufrieden weiter.

Leider regnete es immer noch, das war ein sehr schlech-tes Zeichen.

Dass ich mit dieser Vermutung völlig richtig lag, erfuhr ich am Nachmittag. Rolli, Moni, Nelli und ich hatten gerade aufgegeben, das kleine, braune Schränkchen mit den Le-ckerlis öffnen zu wollen und waren damit beschäftigt, mit der bunten Stoffmaus zu spielen. Ich befand mich kurz da-vor, sie den flinken Mädels wegzuschnappen, als plötzlich ein schrilles „Ding Dong“ aus Richtung Tür ertönte.

Unser Spiel schien zu erstarren, niemand rührte sich, bis: „Guten Tag!“ Eine fremde Stimme!

„Die Entführer!“, schrie Moni und versteckte sich unter dem kleinen Leckerlischrank. Nelli rannte hinterher.

„Alarm, Alarm! Hilfe, die Entführer kommen!“, rief Rolli erschrocken und blickte sich nach mir um. „Benni, versteck dich!“ Er kroch unter ein kleines Kissen.

Weil mir nichts Besseres einfiel, wollte ich mich zu ihm quetschen. Das war ein Fehler. Rolli war zu fett. „Mach Platz da!“, brüllte ich ihn panisch an.

Als ich gerade den Kopf unter das Kissen gesteckt hatte, wurde ich unsanft von einem Mann hochgerissen. „Hey, Kleiner, bleib da!“, sagte eine Person, deren Geruch mir völlig fremd war.

„Oh nein“, dachte ich. Jetzt war ich verloren. Das letzte Mal, als die Entführer da gewesen waren, hatten sie Milli von uns gerissen. Von diesem Tag an hatten wir Milli nie wieder gesehen.

Page 7: Jana Veit - Katzenfreundschaften

7

Die Person öffnete einen kleinen Käfig. Milli hatten sie damals auch in so ein Ding gestopft. Voller Panik schlug ich mit den Pfoten um mich. Nein! Es durfte nicht noch einmal geschehen. Nein! Doch schwuppdiwupp war ich in dem Gefängnis drin und die Öffnung wurde mit einem Gitter ge-schlossen. „Hilfe!“, schrie ich. „Lasst mich hier raus!“

Ich hatte panische Angst. Ich kratzte an dem Gitter, warf mich dagegen, nichts half. Hektisch drehte ich mich nach links, nach rechts, aber ich fand keinen weiteren Ausgang.„Rolli, hilf mir! Ich will hier raus!“

Zwei Menschen unterhielten sich: „Sind Sie sich sicher? ... Gut, dann viel Spaß mit ihm“, sagte die Frau, die immer mit uns gespielt hatte.

„Rolli!“, brüllte ich. „Hilfe! Hilf mir!“Der Käfig wurde hochgehoben. Ich rutschte zur Seite

und stieß mir den Kopf mit einem lauten Rums an der har-ten Plastikwand. Ich versuchte, durch das Gitter zu schau-en, doch der Käfig schwankte so heftig hin und her, dass mir ganz übel wurde und ich nur noch verschwommen sah.

„Nein, ich will hier raus!“Der fiese, fremde Mann sagte: „Gut, dann vielen Dank.“Ich merkte, wie ich Treppen hinuntergetragen wurde,

und nahm den Geruch der Blumen und Gräser wahr. Von fern hörte ich Vogelgezwitscher. „Es ist zu spät“, sagte ich mir. Wir waren schon im Freien.

Plötzlich durchdrang ein Fauchen das Gezwitscher. „Au!“, rief der Mann und drehte sich um.„Rolli, lass das!“, schimpfte jemand.„Miiiaauuuu“, heulte Rolli.„Du lässt dich jetzt gefälligst hochheben! Zurück ins Haus

mit dir!“, befahl die Frauenstimme. Der Käfig wurde auf einem Sitz, der sich in einer dieser

fahrenden Maschinen der Zweibeiner befinden musste, abgestellt.

Page 8: Jana Veit - Katzenfreundschaften

8

„Rolli! Rolli!“, kreischte ich. Was konnte ich nur tun?„Nein! Nein! BENNI!“, hörte ich meinen besten Freund

verzweifelt schreien.Mit einem lauten Knall wurde eine Tür vor meinen Augen

zugeschlagen und weg war es, mein altes liebevolles Zu-hause. Benommen starrte ich geradeaus. Es konnte nicht wahr sein, das konnte einfach nicht die Wirklichkeit sein. Konnte das gemütliche Leben denn so ein abruptes Ende nehmen? Ein Ende ohne Abschied? Mama hatte schon oft davon gesprochen, von dem neuen Leben, das uns bald erwarten würde. Doch ich wollte kein neues Leben. Nicht alleine und einsam. Ich hatte doch alle so gemocht und so viel Spaß mit ihnen gehabt. So viele schöne Momente. Soll-te nun alles vorbei sein? Wie sollte es weitergehen? Ich hatte keine Vorstellungen. Ging es überhaupt weiter? Das waren viel zu viele Gedanken für den Kopf eines kleinen Katers, der fast noch ein Baby war.

Ich fing an zu schniefen. Ich wollte zurück. Nur zurück. Zu Mama, zu Nelli, zu Moni und vor allem zu Rolli.

Doch den Gefallen tat man mir nicht.Die nächste Zeit in meinem Käfig war schrecklich. Es

rumpelte und polterte fürchterlich. Vor den eisernen Git-terstangen, die mein Gefängnis verschlossen, konnte ich nichts als eine schwarze Tür erkennen. Auch wenn ich nicht wusste, wo ich war, war mir klar, dass ich mich immer wei-ter von all jenen entfernte, die mich kannten und liebten.

Auf einmal hörte das Wackeln mit einem Ruck auf. Die schwarze Tür öffnete sich, mein Käfig wurde hochgehoben und in ein großes Haus getragen. Dann stellte der Mann mein Gefängnis behutsam auf den Boden, öffnete das Git-ter und sagte: „Na, komm schon raus, Benni.“

„Pah, ich denke nicht daran!“ Ich beschloss, so lange in dem Käfig zu bleiben, bis Rolli da war. Auch wenn es den Rest meines Lebens dauern würde.

Page 9: Jana Veit - Katzenfreundschaften

9

Der Mann fuchtelte mir mit einem kleinen Ding vor der Nase rum: „Komm schon raus, Benni. Komm, dann gibtʼs Leckerli.“

„Das ist Erpressung!“, dachte ich. „Na ja, dann komm eben, wenn du willst.“ Der Mann leg-

te das Ding vor meinem Käfig ab und ging fort.„Hey Pit, der Neue!“ Eine seltsame Krächzstimme, die

unmöglich von einem Menschen, geschweige denn einer Katze stammen konnte, meldete sich zu Wort.

„Hä, der Neue?“ Noch eine verzogene Piepsstimme die-ser Art.

„Ja, Mann, das isʼ doch der Neue. Scheint ein ganz schö-ner Angsthase zu sein.“

„Ich würde eher sagen Angstkater. Haa, ha, haa. Ver-stehst du? Angstkater!“

„Hey, komm schon raus du braver, kleiner Schnurri!“„Genug“, dachte ich. „Es reicht!“Ich rannte aus meinem Gefängnis und brüllte: „Noch ein

Ton und der brave Schnurri wird zu einem bösen Faucher!“„Reg dich ab, Alter“, sagte einer der beiden vorwitzigen

Wellensittiche, die mich aus ihrem Käfig anstarrten, als wäre ich ein Verrückter. „Also, was du bist, wissen wir ja schon. Du bist ein Staubwedel, ist ja nicht zu übersehen. Nun stellen wir uns erst mal vor.“

Was jetzt kam, machte mich baff: ein Wellensittich-Rap!

„Jo, jo, jo, jo

Wir sind die coolen Vögelund heißen Pit und Pat.Wir erobern die Lüfteund machen alle platt.

Wir sind die coolen Flieger,

Page 10: Jana Veit - Katzenfreundschaften

10

niemand fliegt wie wir!Wir können ganz toll fliegenim Gegensatz zu dir!

Wir sind die coolen Vögelund heißen Pit und Pat.Wir erobern die Lüfte,Schachmatt!“

„Ach ja? Gut, dass ich das weiß“, probierte ich so un-beeindruckt wie möglich zu sagen und schritt an diesen Verrückten vorbei. Ich wollte mein neues Heim erkunden. Einen Versuch war es ja wert. Vielleicht hatten sie Milli da-mals ja auch hierher entführt. Und wenn ich sowieso schon aus meinem Käfig raus war, konnte ich mich ja mal auf die Suche nach etwas Essbarem machen, denn meiner Erfah-rung nach befand sich dort, wo es etwas zu fressen gab, auch meistens Rolli.

Zum Glück fand ich nach wenigen Minuten die Küche, in der ein randvoll mit Katzenfutter gefüllter Napf stand. Sie war, wie auch das Wohnzimmer, ein lichter Raum mit hellbeigen Möbeln. Doch von Rolli gab es keine Spur. So machte ich mich alleine über die üppige Menge an Fressen her. Rolli hätte es hier sicherlich gefallen.

Als ich gerade fertig gefressen hatte und mich auf eine weitere Entdeckungstour machen wollte, wurde ich plötz-lich von dem Mann hochgenommen.

„Na, mein Kleiner“, sagte er. Er streichelte mich liebevoll.„Oh nee. Immer dieses Eingeschleime“, dachte ich und

versuchte, mich loszureißen. „Denkt der, er könnte mich hochnehmen und mich wie eines dieser lächerlichen Schoßhündchen betüddeln. Pah! Nicht mit mir!“

„Langsam, Kleiner, langsam. Willst wohl das Haus erkun-den. Na gut“, sagte der Mann und ließ mich endlich los.

Page 11: Jana Veit - Katzenfreundschaften

11

Ich warf ihm über die Schulter einen wütenden Blick zu und schritt hoch erhobenen Hauptes ins Wohnzimmer.

„Ach du lieber Hund! Was ist denn das?“, fragte ich.„Musik“, sagten die Wellensittiche, die gerade eine Mi-

schung aus verschiedenen Schrei- und Krächztönen von sich gegeben hatten.

„Musik, die in den Ohren wehtut! Wirklich bewunderns-werte Komponisten seid ihr!“

„Du bist ein musikalischer Nackedei“, sagte Pit.„Du störst“, schimpfte Pat.„Ihr nervt“, sagte ich und ging unbeeindruckt weiter.

Ich beschloss, mir den ersten Stock anzusehen, denn dort hatte ich noch nicht nach Milli, Rolli oder den anderen ge-sucht.

Ich sprang die Treppen hoch und blickte mich um. Von dem cremefarben gestrichenen Flur gingen drei Türen ab. In einem der Räume stand ein großer rechteckiger Schlaf-kasten, in dem die Zweibeiner oft ihre Nickerchen hielten. Das andere Zimmer war weiß gefliest. Darin befanden sich komische Geräte, die ich schon von meinem alten Zuhau-se her kannte, da mein Frauchen oft Wasser daraus hatte laufen lassen. Pfui! Aber der dritte Raum wirkte am inter-essantesten. Große Schränke und Regale mit allerlei Krims-krams standen vor den hellgelben Wänden. Ich tapste hi-nein.

Auf dem weißen Teppichboden lag ... ja, tatsächlich: eine Spielmaus!

Sie roch furchtbar lecker nach Katzenminze. Der Duft machte mich neugierig. Ich sprang auf die Maus, biss ihr in den Po und warf sie durch die Luft. Sie landete, äh, auf einem Dings eben. Auf einem großen Dings, das nach Katze roch. Es hatte mehrere Bretter und Leitern zum Klettern sowie Plätze zum Liegen. Von einem hing ein gepunkteter Stoffball an einem Seil herunter. Ob ich da hochklettern

Page 12: Jana Veit - Katzenfreundschaften

12

durfte? Na, egal. Ich kletterte auf das große Dings hinauf und fand, dass ich ein richtig guter Kletterer war.

Oben angekommen setzte ich mich erschöpft neben die Maus und betrachtete sie. Sie sah fast so aus wie die Maus, mit der ich vor wenigen Stunden mit Moni, Nelli und Rolli gespielt hatte.

Ich seufzte wehmütig. „Na ja, vielleicht kommt Rolli noch nach“, dachte ich und schlief ein.