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Junge Menschen und Psychiatrie J. Jungmann 28.03.2009 Landespsychiatrietag

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Junge Menschen und Psychiatrie

J. Jungmann

28.03.2009

Landespsychiatrietag

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Verhaltensauffälligkeiten im Urteil der Eltern von 14.478 Kindern und

Jugendlichen (3-17 Jahre) (Quelle:KIGGS, 2007)

Mädchen Jungen

Gesamt auffällig 11,5 % 17,8 %

Emotion. Probleme 9,7 % 8,6 %

Verhaltensprobleme 11,9 % 17,6 %

Hyperaktivität 4,8 % 10,8 %

Probleme im Umgang mit Gleichaltrigen

9,9 % 13,1 %

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Auftretenshäufigkeit spezifischer psychischer Auffälligkeiten in %

(Quelle: BELLA-Studie, 2007, n= 2863)

Störungen des Sozial-verhaltens

Depression Ängste ADHS

Jungen 7,9 5,4 10,1 2,9

Mädchen 7,2 5,3 10,0 1,4

7-10 Jahre

7,9 5,2 9,3 3,5

11-13 Jahre

7,5 5,2 12,0 1,7

14-17 Jahre

7,4 5,6 9,4 1,4

Gesamt 7,6 5,4 10,0 2,2

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Verhaltensauffälligkeiten im Urteil der Eltern von 14.478 Kindern

und Jugendlichen (3-17 Jahre)

(Quelle:KIGGS, 2007)

Sozioökonomischer Status

niedrig mittel hoch

12,6 % 8,5 % 6,4 %

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Kinder und Jugendliche in Praxen für KJPP - 438 Patienten

(Quelle: Jungmann & Roosen-Runge, 2004)

Schichtzugehörigkeit Patientenfamilien vs. Bundesdurchschnitt

05

101520253035404550

Un

- u

nd

ang

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nte

Arb

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An

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rneh

mer

Pro

zent

der

Fam

ilien Patienteneltern

Bundesdurchschnitt

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Psychische Störungen bei Kindern und Jugendlichen in der stationären

Jugendhilfe

• Ulmer Heimkinderstudie:

– 82% klinisch auffällig– CBCL: 30% mit T-Wert >70 (vgl.

Allgemeinbevölkerung: 2%)– ICD-10: 37,7% erfüllen

Diagnosekriterien für psychische Störungen von Krankheitswert

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Gemeinsame Klientel von KJPP und JH

• Anstieg psychisch Kranker junger Menschen in Jugendhilfeeinrichtungen von 15% auf ca. 30% in den letzten 15 Jahren (Fegert & Schrapper, 2004)

• Nur 1/3 erhielt im Vorfeld KJPP - Diagnostik • Kinder u. Jugendliche in der stat. JH mit ICD-10-

Diagnose (Nützel et al., 2005)

– 14,7% : vorausgegangene vollstationäre KJPP– 2,6% : vorausgegangene teilstationäre KJPP– 16,6% : ambulante KJPP

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Wahrscheinlichkeit für komplexen Hilfebedarf: JH-Bedarf nach KJPP-Klinikbehandlung (Beck & Warnke, 2009)

KJPP- Klinikbehandlung n = 776

Mit Bedarf anschl. JH-Maßnahme

Ohne Bedarf anschl. JH-Maßnahme

Eltern getrennt/geschieden/nie zusammen gelebt

48,7% 29,7%

Psychische Krankheit in der Familie

49% 38%

Untere Schichtzugehörigkeit: An- und ungelernte Arbeiter

26% 16,8%

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Wahrscheinlichkeit für komplexen Hilfebedarf: JH-Bedarf nach

KJPP-Klinikbehandlung (Beck & Warnke, 2009)

Klinik + Belastungsfaktoren KJPP- n = 776 Odds ratio

Externale Störung 3,23

Abweichende Elternsituation 2,32

Störung im Kindergarten 2,27

Un- und angelernte Arbeiter 1,80

Psychische Krankheit eines Elterteils 1,59

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Der Auftrag der Politik

• Jugendministerkonferenz am 12./13. Mai 2005 in München TOP 7:

• Kinder und Gesundheit Gesundheitsförderung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe - Mitverantwortung der Kinder- und Jugendhilfe

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Jugendministerkonferenz am 12./13. Mai 2005 in München

• Die JMK hält es „für erforderlich, Gesundheitsförderung interdisziplinär und sozialraumorientiert in Kooperationsstrukturen auszubauen“

• Vorrangig zu behandelnde Themen: – „Verstärkung von Gesundheitsaspekten in der

Aus-, Fort- und Weiterbildung der (sozial-) pädagogischen Fachkräfte...“

– „Konzepte zur Verstetigung einer flächendeckenden Zusammenarbeit zwischen KJ und öffentlichem Gesundheitsdienst“

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Krankheitsbilder nach WHO ICD 10

• F6 Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen

• F5 Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren

• F1 Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen

• F8 Entwicklungsstörungen• F7 Psychische Störungen bei

Intelligenzminderung

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Krankheitsbilder nach WHO ICD 10

• F4 Neurotische, belastungs- und somatoforme Störungen

• F3 Affektive Störungen• F9 Verhaltens- und emotionale

Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend

• F2 Schizophrene, schizotype und wahnhafte Störungen

• F0 Organische und symptomatische psychische Störungen

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Psychosoziales FunktionsniveauMAS-ICD-10, sechste Achse

• 0 gute soziale Funktionen• 1 mäßige soziale Funktionen• 2 leichte soziale Beeinträchtigung• 3 mäßige soziale Beeinträchtigung• 4 ernsthafte soziale Beeinträchtigung• 5 durchgängige soziale Beeinträchtigung • 6 funktionsunfähig in den meisten Bereichen• 7 schwere durchgängige soziale

Beeinträchtigung• 8 tiefe und durchgängige soziale

Beeinträchtigung• 9 nicht einschätzbar

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Multifaktorielle Syndromgenese

Kategorien derAnlagefaktoren

Dimensionen der syndromgenetischen

Faktoren

Psycho-patho-

logisches Syndrom

Organische Faktoren

Persönlichkeitsfaktoren

Anlagefaktoren

Biographische Faktoren

Umweltfaktoren

Psychische Vulnerabilität

Heriditäre Faktoren

Intelligenz

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Risikoerhöhende und risikomildernde Faktoren in der Kindlichen Entwicklung

(modifiziert nach Petermann, 1997)

Risikoerhöhende Faktoren

Kindbezogen(Vulnerabilität)

Risikomildernde Faktoren

Phasen erhöhter Vulnerabilität

Umgebungsbezogen(Risikofaktoren)

Kindbezogen

Resilienz

Umgebungsbezogen(Schutzfaktoren)

Bilanz: Belastungen vs. Ressourcen- Gesamtbelastbarkeit des Kindes und seiner Familie

- Anstrengungen zur Belastungsbewältigung- Entwicklungsprognose des Kindes

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Störungsbereich/Störungsgrad

Mögliche Symptomatik

Soziale Regulation (SS) Störungen der Interaktion; dominant, oppositionell-verweigernd, aggressiv, Lügen/Betrügen, Stehlen, andere Regelüber tretungen, gehemmtes Verhalten, zurückgezogen, autistisches Verhalten

Emotionale Regulation (ES) Angststörungen; Störungen von Stimmung und Affekt; Zwangsimpulse, Zwangshandlungen, Selbstschädigung, Suizidalität

Motivationale Regulation (MS) Störungen von Antrieb, Aufmerksamkeit und Impulskontrolle; Weglaufen/Schule schwänzen (Ausweichverhalten); Missbrauch von psychotropen Substanzen

Körperliche Regulation (SS) Erhöhte Nahrungsaufnahme, Heisshunger- und Essattacken, verminderte Nahrungsaufnahme; Einnässen, Einkoten, verringerte Eigenhygiene, Schlafstörungen; Schmerzstörungen; Störungen der Psycho motorik; Abhängigkeit von psychotropen Substanzen

Kognitive Regulation (KS) Formale Denkstörungen; inhaltliche Denkstörungen; Sinnes täuschungen, Merkfähigkeits-, Orientierungs- und Bewusstseinsstörungen oder Störungen der Wachheit, Körperschemastörung

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Folgen psychischer Krankheit auf die Teilhabefähigkeit

• Verlust von Leistungsfähigkeit• Misserfolgsempfindlichkeit• Emotionale Irritierbarkeit• Sozialer Rückzug• Ausgrenzung• Absinken des psychosozialen

Funktionsniveaus

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Lebens-situation

der Kinder im

Eltern-urteil 438

Patienten in der KJPP (Quelle:

Jungmann & Roosen-

Runge, 2004)

0

10

20

30

40

50

60

soziale Anpassung

Fam

ilie

peer-group

Beschäftigung

alleine

Schulleistungen

körperlicheG

esundheit

nervliche u.seelische

Verfassung

Gesam

tverfassungsehr schlecht

schlecht

mittel

gut

sehr gut

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Zielbereiche der durch die Behandlung angestrebten Verbesserung

438 Patienten in der KJPP (Quelle: Jungmann & Roosen-Runge, 2004)

0

10

20

30

40

50

60

70

80

Sozia

lverh

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Leis

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Em

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Körp

erg

esundheit

häuslic

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Schule

Eltern

Kinder

Therapeut

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Wie fühlst Du Dich zur Zeit ? Psychisch kranke Jugendliche nach mehrjährigem Krankheitsverlauf und

qualifizierter sozialpädagogischer Betreuung; n =32; Angaben in % (Jugendhilfeeinrichtung „Obermühle“ der Evangelischen Jugendhilfe

Friedenshort; EREV, Schriftenreihe 2/2008)

0

5

10

15

20

25

30

35

40

Körperlich nervlich krankheitsbedingt insgesamt

sehr gut

eher gut

teils/teils

eher schlecht

sehr schlecht

keine Angabe

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Teilhabefähigkeit Psychisch kranke Jugendliche nach mehrjährigem Krankheitsverlauf und

qualifizierter sozialpädagogischer Betreuung; n =32; Angaben in % (Jugendhilfeeinrichtung „Obermühle“ der Evangelischen Jugendhilfe

Friedenshort; EREV, Schriftenreihe 2/2008)

0

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Schule/Beruf Kameraden Familie eigene Interessen

sehr gut

eher gut

teils/teils

eher schlecht

sehr schlecht

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Kinder- und Jugendpsychiatrieund PsychotherapieAmbulant/stationär

JugendhilfeAmbulant/stationär

Erziehungsberatung

SchuleSonderpäd. DiensteSchulpsychologie

PädiatrieSPZ

NichtärztlichePsychotherapeuten

AndereTherapeuten

Andere Psycho-soziale Fachdienste

Kind/Jugendlicher/Heranwachsender/

Eltern/Sorgeberechtigte

Kinder- u. Jugendärztlicher

Dienst

Sozialhilfe

Die Dienste und ihre „Hilfeempfänger“Die Dienste und ihre „Hilfeempfänger“

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Schnittstellenmanagement

• Bei ausgeprägten Störungen des Sozialverhaltens sind häufiger langfristige Hilfen notwendig, die eine Kooperation mit der Jugendhilfe erfordern und die Hilfe zur Erziehung bzw. Eingliederungshilfe entsprechend § 27 bzw. 35 a nach SGB VIII erfordern.(Leitlinie KJPP)

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Die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und

Gesundheit (ICF) der WHO (2001)

• Die ICF ergänzt die ICD• Zusätzlich zur bio-medizinischen

Betrachtungsweise der ICD (Köperfunktionen und -strukturen) werden in der ICF Aspekte des Menschen als handelndes Subjekt (Aktivitäten) unter der Maßgabe von Selbstbestimmung und Gleichberechtigung in der Gesellschaft (Teilhabe) einbezogen (bio-psycho-soziale Betrachtungsweise)

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Gesundheitsproblem

Körperfunktionen Aktivitäten Teilhabe

UmweltfaktorenPersonenbezogene

Faktoren

Wechselwirkungen zwischen den Komponenten des ICF