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9. Grundlagen der Thermodynamik - Einige Begriffe - Der 0. Hauptsatz und seine mikroskopische Interpretation - Der 1. Hauptsatz: System, Systemgrenzen, Zustands- und Transfergrössen - Der 2. Hauptsatz: spontane und reversible Prozesse, die freie Enthalpie G = H - TS - Der 3. Hauptsatz: Mikroskopische Interpretation der Entropie - Anwendungen Lit.: P. Atkins, J. de Paula, “Atkins‘ Physical Chemistry”, Oxford Univ. Press, Oxford, 7th ed., 2002, Teile der Kapitel 1 bis 5. I. Tinoco, K. Sauer, J.C. Wang, J.D. Puglisi “Physical Chemistry, Principles and applications in biological sciences”, Prentice-Hall, New Jersey, 4th ed., 2002, Chapter 2 to 5 H.D. Försterling und H. Kuhn, “Moleküle und Molekülanhäufungen. Ein Einführung in die physikalische Chemie”, Springer-Verlag, Berlin, 1983, Teile der Kapitel 12 bis 14, S.163ff. Ergänzendes Material: Blätter: K9-1 bis K9-17 Einige Begriffe: System: Ein von der “ Umgebung ” durch die Systemgrenzen abgegrenzter makroskopischer Raum enthält normalerweise eine Menge Moleküle in der Grössenordnung der Avogadroschen Konstanten. Ein System ist offen, wenn es eine permeable Wand hat, d.h. Materialaustausch mit der Umgebung möglich ist, geschlossen, wenn Materialaustausch mit der Umgebung unmöglich, jedoch Energieaustausch möglich ist, abgeschlossen oder isoliert, wenn weder Material- noch Energieaustausch mit der Umgebung möglich ist. Eine adiabatische Wand verunmöglicht, eine diatherme ermöglicht Wärmeaustausch. Eine bewegliche Wand ermöglicht mechanische Arbeitsleistung. Ein System befindet sich in irgendeinem Zustand, der mit den Zustandsvariablen, z.B. Druck P, Volumen V, Temperatur T, Molzahl n, beschrieben wird. Bei einer isobaren Zustandsänderung bleibt P, bei einer isochoren V und bei einer isothermen T konstant. Extensive Grössen haben einen zur Materialmenge proportionalen, intensive einen von der Materialmenge unabhängigen Wert. Ein System befindet sich im thermodynamischen Gleichgewicht, wenn keine makroskopische Änderung mit der Zeit eintritt, auch nicht, wenn man den Kontakt mit der Umgebung unterbricht. Wenn zwar der erste, nicht aber der zweite Punkt erfüllt ist, haben wir es mit einem Fliessgleichgewicht (“steady state”) zu tun. Wird ein Gleichgewicht nur wenig gestört, kehrt es von selbst in den ursprünglichen Zustand zurück. E i n f ü h r u n g i n d i e P h y s i k a l i s c h e C h e m i e K9-1 Grundlagen der Thermodynamik

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9. Grundlagen der Thermodynamik- Einige Begriffe- Der 0. Hauptsatz und seine mikroskopische Interpretation- Der 1. Hauptsatz: System, Systemgrenzen, Zustands- und Transfergrössen- Der 2. Hauptsatz: spontane und reversible Prozesse, die freie Enthalpie G = H - TS- Der 3. Hauptsatz: Mikroskopische Interpretation der Entropie- Anwendungen

Lit.: P. Atkins, J. de Paula, “Atkins‘ Physical Chemistry”, Oxford Univ. Press, Oxford, 7th ed., 2002, Teile der Kapitel 1 bis 5.I. Tinoco, K. Sauer, J.C. Wang, J.D. Puglisi “Physical Chemistry, Principles and applications in biological sciences”, Prentice-Hall, New Jersey, 4th ed., 2002, Chapter 2 to 5H.D. Försterling und H. Kuhn, “Moleküle und Molekülanhäufungen. Ein Einführung in die physikalische Chemie”, Springer-Verlag, Berlin, 1983, Teile der Kapitel 12 bis 14, S.163ff.

Ergänzendes Material:Blätter: K9-1 bis K9-17

Einige Begriffe:System: Ein von der “Umgebung” durch die Systemgrenzen abgegrenzter makroskopischer Raum enthält normalerweise eine Menge Moleküle in der Grössenordnung der Avogadroschen Konstanten. Ein System ist offen, wenn es eine permeable Wand hat, d.h. Materialaustausch mit der Umgebung möglich ist, geschlossen, wenn Materialaustausch mit der Umgebung unmöglich, jedoch Energieaustausch möglich ist, abgeschlossen oder isoliert, wenn weder Material- noch Energieaustausch mit der Umgebung möglich ist. Eine adiabatische Wand verunmöglicht, eine diatherme ermöglicht Wärmeaustausch. Eine bewegliche Wand ermöglicht mechanische Arbeitsleistung.

Ein System befindet sich in irgendeinem Zustand, der mit den Zustandsvariablen, z.B. Druck P, Volumen V, Temperatur T, Molzahl n, beschrieben wird. Bei einer isobaren Zustandsänderung bleibt P, bei einer isochoren V und bei einer isothermen T konstant.

Extensive Grössen haben einen zur Materialmenge proportionalen, intensive einen von der Materialmenge unabhängigen Wert.

Ein System befindet sich im thermodynamischen Gleichgewicht, wenn keine makroskopische Änderung mit der Zeit eintritt, auch nicht, wenn man den Kontakt mit der Umgebung unterbricht. Wenn zwar der erste, nicht aber der zweite Punkt erfüllt ist, haben wir es mit einem Fliessgleichgewicht (“steady state”) zu tun. Wird ein Gleichgewicht nur wenig gestört, kehrt es von selbst in den ursprünglichen Zustand zurück.

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Der 0. Hauptsatz der Thermodynamik (Modell für den Temperaturausgleich)

Der “Nullte Hauptsatz der Thermodynamik“ besagt, dass zwei Teilysteme verschiedener Temperatur, die im Wärmekontakt stehen, einem Gleichgewichtszustand zustreben, welcher durch eine einheitliche Temperatur charakterisiert ist. Es soll im folgenden mit einem statistischen Modell gezeigt werden, dass dieser Zustand einer maximalen Wahrscheinlichkeit entspricht.

Die Temperatur lässt sich als kinetische Energie der Teilchen interpretieren. Wir betrachten deshalb zwei identische Systeme von je 6 Teilchen, welche je drei Energieniveaus aufweisen: E1 = 0, E2 = a, E3 = 2a (vgl. das Modell im Kapitel “Boltzmann-Statistik“). Die gesamte für beide Systeme verfügbare Energie betrage 6a; sie sei zunächst auf das “heisse System“ beschränkt:

Niveau Heisses System (1) Kaltes System (2) Energie

E3 •• 2aE2 •• aE1 •• ••• ••• 0

Eheiss = 6a Ekalt = 0

Jedes System für sich ist im Gleichgewicht (sonst könnte man keine Temperatur definieren), deshalb sind die gezeigten Verteilungen einer Boltzmann-Verteilung mit hoher resp. tiefer Temperatur nach-gebildet.“Wärmekontakt“ soll bedeuten, dass die Gesamtenergie sich nicht ändert, aber auf die zwei Systeme aufgeteilt werden kann. Die Teilsysteme seien geschlossen, d.h. sie bestehen auch im Kontakt aus je 6 Teilchen; ein Teilchenaustausch zwischen (1) und (2) sei nicht möglich (diatherme Wand). Wir wollen zeigen, dass statistisch eine gleichmässige Energieverteilung (je 3a in beiden Teilen) am wahrscheinlichsten ist.

In jedem Teilsystem sind die folgenden Energien (max. 6a) und Realisierungsmöglichkeiten denkbar:

E =  0, Ω(0)  = 1 Alle 6 Teilchen in E1. 1a, Ω(1a) = 6 5 Teilchen in E1, 1 Teilchen in E2; 6 Realisierungen.

2a, Ω(2a) = 21 5*E1, 1*E3 (6 Realis.) oder 5*E1, 2*E2 (15 Realis.)3a, Ω(3a) = 50 etc.4a, Ω(4a) = 905a, Ω(5a) = 126 Zahl der Realisierungen Ω (E): 6a, Ω(6a) = 141 Zahl der verschiedenen möglichen Anordnungen numerier-.... .... ter Teilchen über die Energieniveaus mit Gesamtenergie E

(Formeln der Kombinatorik).

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Fortsetzung: Modell für den Temperaturausgleich

Eine Gesamtenergie von Etot = 6a, verteilt über beide Teilsysteme, lässt sich wie folgt realisieren:

(E(1) = 0) + (E(2) = 6a) ⇒ Ωtot = Ω(1) * Ω(2) = 1 * 141 = 141 (3%)(E(1) = 1a) + (E(2) = 5a) “ 6 * 126 = 756 (9%)(E(1) = 2a) + (E(2) = 4a) “ 21 * 90 = 1890 (23%)(E(1) = 3a) + (E(2) = 3a) “ 50 * 50 = 2500 (31%)(E(1) = 4a) + (E(2) = 2a) “ 90 * 21 = 1890 (23%) etc. ... ... .... .... ...... .......

(Da ein Teilchenaustausch zwischen den beiden Teilen nicht erlaubt ist, errechnet sich die Zahl der Realisierungsmöglichkeiten für das gesamte System (1) + (2) als Produkt der Realisierungsmöglich-keiten in den Teilsystemen).

Der Energieverteilung “3a + 3a“ entspricht in der Tat die grösste Zahl der Realisierungen und damit die grösste Wahrscheinlichkeit.

Solch kleine Modellsysteme wie das hier gezeigte sind natürlich sehr künstlich; sie werden verwendet, weil man die Zahl der Realisierungsmöglichkeiten unschwer berechnen kann. Die Schlussfolgerung aber ist allgemeingültig:

Die Situation des Temperaturausgleichs entspricht der grössten Zahl von Realisierungsmöglichkeiten und ist somit statistisch am wahrscheinlichsten. Das Modell beschreibt einen Energietransport als Folge einer Temperaturdifferenz. Man nennt dies einen Wärmefluss, denn der Energietransport hat zu keiner makroskopischen Arbeitsleistung geführt (der Temperaturausgleich kann auch ablaufen, wenn beide Teilsysteme in ein Gefäss mit starren Wänden eingeschlossen sind). Dies ist ein irreversibler Vorgang, denn seine Umkehrung würde von einem Zustand hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Zustand niedrigerer Wahrscheinlichkeit führen und deshalb nicht spontan ablaufen.

Alle Systeme, die sich mit einem gegebenen System im thermischen Gleichgewicht befinden, stehen auch untereinander im thermischen Gleichgewicht. Diese Systeme haben eine gemeinsame Eigenschaft, die man Temperatur nennt.

E i n f ü h r u n g i n d i e P h y s i k a l i s c h e C h e m i e K9-3 Grundlagen der Thermodynamik

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Der 1. Hauptsatz der Thermodynamik (Erhaltungssatz der Energie)

Der “Erste Hauptsatz der Thermodynamik” besagt, dass die Energie in einem System erhalten bleibt, wenn weder Wärme noch Arbeit zugeführt wird, bzw. dass die Energie um die zugeführte Wärme und Arbeit zunimmt. Er ist eng mit der Definition des Systems verbunden.

Das System wird von der Umgebung durch die Systemgrenzen abgetrennt. Diese sind beliebig wählbar, aber dann verbindlich (dicke schwarze Linien):

Grössen, die den Zustand des Systems im Gleichgewicht beschreiben, nennt man Zustandsgrössen. Die frei gewählten Zustandsgrössen nennt man Zustandsvariabeln, die dadurch bestimmten, Zustandsfunktionen. Grundsätzlich kann jede Zustandsgrösse als Variable gewählt, oder durch solche bestimmt werden. Beispielsweise kann das Molvolumen durch die Temperatur und den Druck bestimmt werden, Vm(P,T), oder der Druck durch das Molvolumen und die Temperatur, P(Vm,T), etc. Weitere Beispiele von Zustandsgrössen sind U, H, F, G, S.Die Wärme Q und die Arbeit W sind keine Zustandsgrössen, sondern Transfergrössen. Sie werden über die Systemgrenzen dem System zu- oder aus dem System weggeführt. Man kann nicht sagen, das System enthält soundsoviel Wärme oder Arbeit, sondern nur soundsoviel Energie. Die Transfergrössen sind nach dem Transfer, wenn sich das Gleichgewicht eingestellt hat, nicht mehr als solche erkennbar, sondern manifestieren sich als Energie.

Für kleine Änderungen gilt:

dU =δq+δw , wo q für die Wärme und w für die Arbeit stehtBeachten sie die unterschiedlichen Symbole: d = totales Differential (U ist eine Zustandsfunktion)

δ = Transfergrösse (q und w sind keine Zustandsfkt.) ∂ = partielle Ableitung

Die innere Energie U ist eine Zustandsgrösse

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TurbineGenerator

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Spontane Prozesse

Naturbeobachtung :Bei gegebenen Bedingungen gibt es Prozesse, die spontan, d.h. ohne unser Zutun ablaufen, während andere nur unter Zwang erfolgen.

Bsp. 1 Ein heisser Körper kühlt sich auf Umgebungstemperatur ab.

Bsp. 2 Ein kalter Körper erwärmt sich auf Umgebungstemperatur.

Bsp. 3 Die Moleküle einer offenen Parfumflasche verteilen sich im ganzen Zimmer.

Bsp. 4 1 dm3 Wasser und 1 dm3 Äthanol mischen sich, wenn sie nicht durch eine Trennwand separiert werden.

Bsp. 5 Ein Gemisch von H2 und O2 reagiert zu H2O.

- “spontan” sagt nichts aus über die Geschwindigkeit, mit der der Prozess abläuft ! Der Prozess in Bsp. 5 läuft normalerweise sehr langsam ab; ein Zündfunke kann ihn jedoch gewaltig beschleunigen.

- ein spontaner Prozess läuft bei den gegebenen Bedingungen nie von selbst in der umgekehrten Richtung ab, d.h. er ist irreversibel.

Gibt es eine Möglichkeit, die Richtung in welcher der Prozess spontan abläuft vorauszusagen ?

Hypothese : Wie in der Mechanik ein Körper bestrebt ist, sich in einer Lage mit möglichst kleiner potentieller Energie aufzuhalten, so wird ein chemischer Prozess so verlaufen, dass das System möglichst geringe Enthalpie besitzt, d.h. exotherm.

Überprüfen Sie diese Hypothese kritisch an obigen Beispielen !

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Prinzip von Thomsen und Berthelot

1854 äusserte Julius Thomsen (1826-1909) die Vermutung, dass alle spontanen Reaktionen exotherm seien. Er wurde 1867 von Marcellin Berthelot (1827-1907) unterstützt. Berthelot schrieb 1878 in seinem “Essai de Mecanique chimique”: “Jede chemische Reaktion, die ohne Einfluss von äusserer Energie abläuft, ist bestrebt, den Körper oder das System von Körpern zu bilden, die am meisten Wärme freisetzen.” Diese Ansicht wurde weitherum, besonders in Frankreich, bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts akzeptiert. Kritisieren Sie die Aussage anhand folgender Beispiele:

ΔrHθ (kJ/mol)Verbrennung von Rohrzucker :C12H22O11(s) + 12 O2(g) → 11 H2O(l) + 12 CO2(g) -5646 (298 K)Verbrennung von Methan :CH4(g) + 2 O2(g) → 2 H2O(l) + CO2(g) -891.0 (298 K)Zerfall von Wasserstoffsuperoxid :2 H2O2(l) → 2 H2O(l) + O2(g) -196.1 (298 K)Lösen von Schwefelsäure in Wasser :H2SO4(l) → 2 H+(aq) + SO42-(aq) -95.28 (298 K)

Zerfall von N2O5 :N2O5 (s) → 2 NO2(g) + 1/2O2(g) 109.61 (298 K)Lösen von Ammoniumchlorid in Wasser :NH4Cl (s) → NH4+(aq) + Cl-(aq) 15.16 (298 K)Verdampfen von Wasser aus einer offenen Schale :H2O(l) → H2O(g) 44.05 (298 K)

3/2H2(g) + 1/2N2(g) → NH3(g) K = 770 -46.1 (298 K)3/2H2(g) + 1/2N2(g) → NH3(g) K = 0.0065 -55.6 (723 K)

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Eine Formulierung des 2. Hauptsatzes:

Bei einem spontanen (irreversibeln) Prozess wird im System mehr Wärme erzeugt, als beim

entsprechenden reversibeln Prozess. (Plausibilitätsstichwort: Innere Reibung)

Wir vergleichen als Beispiel folgende Prozesse:

Ein Mol eines idealen Gases befinde sich bei 298 K in einem thermostatisierten Gefäss mit einem

Kolben. Bei einem Druck von 105 Pa nimmt es ein Volumen von 24.77 dm3 ein.

Exotherm:

a) Das Gas werde durch langsames Zufügen von kleinen Gewichten auf einen Zehntel seines

Anfangsvolumens zusammengepresst. Dies ist ein isothermer, reversibler Vorgang, der gemäss [1]

zu einer Wärmeabgabe ΔQrev = -5705 J/mol aus dem System (Gas) ins Wärmebad führt.

b) Es werde durch plötzliche Erhöhung des Aussendrucks um einen Faktor 10 auf 106 Pa dieselbe

Kompression bewirkt. Gemäss [2] ist dann die Wärmeabgabe ΔQirr = -22293 J/mol.

Es gilt ΔQirr < ΔQrev. Beim irreversiblen Prozess wird im System mehr Wärme produziert, die aus dem

System weggeführt wird (negatives Vorzeichen), um die Temperatur konstant zu halten!

Endotherm:

a) Das Gas werde durch langsames Wegnehmen von kleinen Gewichten auf das Zehnfache seines

Anfangsvolumens expandiert. Dies ist ein isothermer, reversibler Vorgang, der gemäss [1] zu einer

Wärmeaufnahme ΔQrev = +5705 J/mol aus dem Wärmebad ins System (Gas) führt.

b) Es werde durch plötzliche Erniedrigung des Aussendrucks um einen Faktor 10 auf 104 Pa dieselbe

Expansion bewirkt. Gemäss [2] ist dann die Wärmeaufnahme ΔQirr = +2292 J/mol.

Es gilt ΔQirr < ΔQrev. Beim irreversiblen Prozess wird im System mehr Wärme produziert, sodass

weniger zugeführt werden muss (positives Vorzeichen), um die Temperatur konstant zu halten!

An diesem Beispiel sehen wir, dass trotz verschiedener Vorzeichen allgemein gilt:

ΔQirr < ΔQrev , bzw. ΔQ ≤ ΔQrev , bei T konstant

[1] Blatt “Energetik idealer Gase” Fall c): ΔQ = nRT.ln(Ve/Va)

[2] Blatt “Energetik idealer Gase” Fall a): ΔQ = PoΔV

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Verschiedene Formulierungen das 2. Hauptsatzes

- Ein Prozess, bei dem lediglich Wärme aus einem Reservoir entnommen und vollständig in Arbeit umgewandelt wird, ist unmöglich. (Formulierung von Kelvin (William Thomson) gemäss Atkins)

- It is impossible to devise an engine which, working in a cycle, shall produce no effect other than the extraction of heat from a reservoir and the performance of an equal amount of work.(William Thomson gemäss Walter J. Moore -> Es gibt kein Perpetuum Mobile 2. Art)

- Man kann nicht Wärme von einem kalten Körper auf einen warmen Körper übertragen, ohne Arbeit für diese Übertragung zu leisten.(Rudolf Clausius gemäss Dickerson, Gray, Darensbourg, Darensbourg)

- It is impossible to devise an engine which, working in a cycle, shall produce no effect other than the transfer of heat from a colder to a hotter body.(Rudolf Clausius gemäss Walter J. Moore)

- Bei einer freiwilligen Zustandsänderung nimmt die Entropie eines abgeschlossenen Systems zu, ΔSgesamt > 0. Dabei ist Sgesamt die Gesamtentropie des abgeschlossenen Systems, welches das betrachtete Teilsystem enthält.(Atkins)

- a) the entropy S is a function of stateb) the entropy of a system in an adiabatic enclosure can never decrease; it increases in a irreversible process and remains constant in a reversible one.(K. Denbigh)

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Die Freie Enthalpie G = H - TS

Sie wurde von Josiah Willard Gibbs (1839-1903) eingeführt und wird deshalb auch Gibbssche freie Energie genannt. So wie eine Standardreaktionsenthalpie aus der “stöchiometrischen Summe” der Standardbildungsenthalpien der Reaktanden erhalten wird, so kann eine freie Standardreaktionsenthalpie aus den freien Standardbildungsenthalpien berechnet werden. Sie entspricht der Änderung der freien Enthalpie bei einem Formelumsatz der reinen ungemischten Edukte zu den reinen ungemischten Produkten bei Standardbedingungen. Bei 298 K findet man die freien Standardbildungsenthalpien vieler Stoffe tabelliert. Die freie Bildungsenthalpie kann bei gegebener Temperatur auch aus ΔH und ΔS berechnet werden:ΔG = ΔH-TΔS z.B. ΔrGθ = ΔrHθ-TΔrSθ, wo ΔrSθ wieder als “stöchiometrische Summe” tabellierter Standardentropien gebildet werden kann.

ΔrGθ (kJ/mol)Verbrennung von Rohrzucker :C12H22O11(s) + 12 O2(g) → 11 H2O(l) + 12 CO2(g) -5796 (298 K)Verbrennung von Methan :CH4(g) + 2 O2(g) → 2 H2O(l) + CO2(g) -817.9 (298 K)Zerfall von Wasserstoffsuperoxid :2 H2O2(l) → 2 H2O(l) + O2(g) -233.6 (298 K)Lösen von Schwefelsäure in Wasser :H2SO4(l) → 2 H+(aq) + SO42-(aq) -54.5 (298 K)

Zerfall von N2O5 :N2O5 (s) → 2 NO2(g) + 1/2O2(g) -30.3 (298 K)Lösen von Ammoniumchlorid in Wasser :NH4Cl (s) → NH4+(aq) + Cl-(aq) -6.8 (298 K)Verdampfen von Wasser aus einer offenen Schale :H2O(l) → H2O(g) 8.6 (298 K)

3/2H2(g) + 1/2N2(g) → NH3(g) K = 770 -16.5 (298 K)3/2H2(g) + 1/2N2(g) → NH3(g) K = 0.0065 30.3 (723 K)

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Die mikroskopische Interpretation der EntropieBeispiel : Ein Wasserkristall und ein Alkoholkristall aus je 2 Molekülen mischen sich

Es wird angenommen, dass jede Anordnung gleich wahrscheinlich sei, da kein Grund zum Gegenteil vorhanden ist. Da es bei Entfernung der Wand 4 mögliche Anordnungen gibt, die im Vergleich zur vorgegebenen Wand als Mischungen bezeichnet werden müssen, ist der gemischte Zustand der wahrscheinlichere. Bei mehr Teilchen wird der Unterschied viel drastischer, und die Wahrscheinlichkeit, dass sich der ungemischte Zustand wieder einmal einstellt praktisch null! Die Unordnung steht also als treibende Kraft hinter der spontanen Durchmischung zweier Stoffe.

Ludwig Boltzmann (1844 - 1906) hat in seiner berühmten Formel den Bezug zwischen Entropie und Unordnung mathematisch festgehalten:

S = k ln W

k = Boltzmannkonstante W = Anzahl Anordnungen

Die Entropieänderung in obigem Prozess beträgt also beispielsweise : ΔS = k ln 6 - k ln 1 = k ln 6

Die Entropie ist ein Mass für die Unordnung. Die Natur strebt spontan zu immer grösserer Unordnung.

Eine Formulierung des 2. Hauptsatzes :Die Entropie (dS = δqrev/T) ist eine Zustandsfunktion. Die Entropie eines adiabatisch abgeschlossenen Systems kann niemals abnehmen; in einem irreversiblen Prozess nimmt sie zu, in einem reversiblen bleibt sie konstant.

Eine Formulierung des 3. Hauptsatzes :Die Entropie eines idealen Kristalls am absoluten Nullpunkt besitzt den Wert null.( W = 1 S = k ln W = k ln 1 = 0 )

E i n f ü h r u n g i n d i e P h y s i k a l i s c h e C h e m i e K9-10 Grundlagen der Thermodynamik

Wand

entfernen

W

W

W

W

WW W

W W W WW

W WA

A

A

A A A A

A A A

A

A A

A

1 Anordnung 6 Anordnungen

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Molare Entropie und physikalische Eigenschaften (J mol-1 K-1)

A. Die Entropie erhöht sich bei der Verdampfung oder Sublimation zu einem Gas:

I2(s) I2(g) Br2(l) Br2(g) H2O(l) H2O(g) CH3OH(l) CH3OH(g)

116.8 260.8 152.4 245.3 69.9 188.8 126.9 237.8

B. Die Entropie erhöht sich bei der Auflösung eines Festkörpers oder einer Flüssigkeit in Wasser:

HCOOH(l) HCOOH(aq) CH3OH(l) CH3OH(aq) NaCl(s) Na+(aq)+Cl-(aq)

129.04 163.7 126.9 132.3 72.4 60.3 + 55.3

C. Die Entropie nimmt ab bei der Auflösung eines Gases in Wasser:

HCOOH(g) HCOOH(aq) CH3OH(g) CH3OH(aq) HCl(g) H+(aq)+Cl-(aq)

251.2 163.7 237.8 132.3 186.7 0 + 55.3

D. Die Entropie erhöht sich mit der Masse:

F2(g) Cl2(g) Br2(g) I2(g) O(g) O2(g) O3(g) P4(g) As4(g)

203.5 223.2 245.3 260.8 161.2 205.2 237.8 280.1 288.9

E. Die Entropie ist in Netzwerkfestkörpern niedriger als in metallischen Festkörpern:

C(gr) C(dia) Sn (weiss, metallisch) Sn (grau, Diamant)

5.69 2.43 51.5 44.8

F. Die Entropie erhöht sich mit der Schwäche der Bindungen zwischen den Atomen:

C(dia) W(s) SiO2(s) Pb(s) Hg(l) Hg(g)

2.43 33.5 41.9 64.9 77.5 175.0

G. Die Entropie erhöht sich mit der chemischen Komplexität einer Verbindung:

Mg(s) NaCl(s) MgCl2(s) AlCl3(s) CuSO4(s) CuSO4.H2O(s) CuSO4.3H2O(s)

32.7 72.4 89.6 167 113.5 149.9 225.2

CuSO4.5H2O(s) CH4(g) C2H6(g) C3H8(g) n-C4H10(g) iso-C4H10(g)

305.6 184.2 229.9 270.0 310.2 294.8

E i n f ü h r u n g i n d i e P h y s i k a l i s c h e C h e m i e K9-13 Grundlagen der Thermodynamik

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Energetik idealer GaseFormelsammlung für idealisierte Zustandsänderungen mit idealem Gas (n Mole): Das Gas der Temperatur T = Ta expandiert vom Anfangsvolumen Va zum Endvolumen Ve (oder es wird kompri-miert). Angegeben sind Arbeitsleistung ΔW, Wärmeaustausch ΔQ, Endtemperatur Te und Entropie-änderung ΔSS des Systems (Gases) sowie ΔSU der Umgebung. Die gesamte Entropieänderung ist die Summe ΔSTot = ΔSS + ΔSU. Ein Prozess mit ΔSTot > 0 kann spontan ablaufen. ΔW und ΔQ werden je nach Vorzeichen dem System zugeführt (Δ > 0) oder vom System an die Umgebung abgegeben (Δ < 0): “Das System ist die Bank“. ΔU = ΔW + ΔQ = 0 bei isothermen Prozessen mit idealem Gas (ist nicht allgemein gültig).

Isotherm bedeutet im Wärmekontakt mit einem Wärmebad der Temperatur Ta (Umgebung). Adiaba-tisch meint eine Zustandsänderung, bei welcher der Wärmeaustausch mit der Umgebung nicht mög-lich ist. Reversibel heisst eine Zustandsänderung, wenn sie über lauter Gleichgewichte durchgeführt wurde; andernfalls handelt es sich um eine irreversible Zustandsänderung.

Resultate, die unabhängig sind von der Annahme eines idealen Gases, werden unterstrichen.

ΔW ΔQ Te ΔSS, ΔSU 1)

a) Isotherm, -PoΔV +PoΔV Ta = T +nR.ln(Ve/Va)Po = const. - ΔQ / T

b) Isotherm -nRT.ln(Ve/Va) +nRT.ln(Ve/Va) Ta = T +nR.ln(Ve/Va)reversibel -nR.ln(Ve/Va)

c) Isotherm 0 0 Ta = T +nR.ln(Ve/Va)irreversibel 0

d) Adiabatisch n.CV(Te - Ta) 0 Ta.(Va/Ve)R/CV 0reversibel 0

e) Adiabatisch 0 0 Ta +nR.ln(Ve/Va)irreversibel 0

1) Obere Zeile ΔSS, untere Zeile ΔSU; ΔSS + ΔSU = 0 bei reversiblen Prozessen.Zu a) Expansion oder Kompression bei konstantem äusserem Druck Po. ΔV > 0 bei Expansion,

ΔV < 0 bei Kompression. c,e) irreversibel: Hier Ausströmen ins Vakuum ohne Arbeitsleistung. d) ΔS = 0 als exakte Kompensation von ΔS (Temperaturänderung) durch ΔS (Druckänderung). e) keine Abkühlung des idealen Gases, wenn keine Arbeit geleistet wurde.

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Isotherme Expansion eines idealen Gases

1 mol eines ideales Gases werde bei 293 K von 6 auf 24 dm3 expandiert.a) reversibel b) in Stufen (s.Bild) c) in einem Schritt spontan

P1=4 atm P2=3 atm P3=2 atm P4=1 atm 1 atm ≈ 105 PaV1=6 dm3 V2=8 dm3 V3=12 dm3 V4=24 dm3

a) -ΔWSystem,rev = nRT ln(V4/V1) = 8.314 . 293 . ln(24/6) J = 3377 J

Da T = konstant und U eines idealen Gases nur von T abhängig : ΔU = 01. Hauptsatz : ΔU = ΔW+ΔQ = 0 ⇒ ΔQSystem,rev = -ΔWSystem,rev = 3377 J

ΔSSystem = ΔQrev/T = 3377/293 J/K = 11.5 J/KIm reversiblen Prozess ändert die Totalentropie nicht ⇒ ΔSUmgebung = -11.5 J/KΔStotal = 0 J/K

c) Das System befindet sich am Anfang und am Schluss im selben Zustand wie bei a) und da S eine Zustandsfunktion ist folgt ΔSSystem = 11.5 J/K

-ΔWSystem = P ΔV = 105 Pa . 18 10-3 m3 = 1800 J = ΔQSystem = -ΔQUmgebung

Die Umgebung liefert bei konstanter Temperatur ΔQ ins System. Die Umgebung ist im thermodynamischen Gleichgewicht, d.h. in der Umgebung läuft der Vorgang reversibel ab:

ΔSUmgebung = ΔQUmgebung /T = -1800/293 J/K = -6.1 J/KΔStotal = 5.4 J/K

b) wie c) aber in Stufen : ΔSSystem = 11.5 J/K

-ΔWSystem = ΣPΔV = (3.2+2.4+1.12).100 J = 2600 J = ΔQSystem = -ΔQUmgebung

ΔSUmgebung = ΔQUmgebung /T = -2600/293 J/K = -8.9 J/KΔStotal = 2.6 J/K

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Adiabatische Zustandsänderung idealer GaseKompression eines wärmeisolierten Sytems: Die aufgewendete Kompressions-Energie bleibt im System und erhöht dessen Temperatur. Formal: Setze die differentielle Kompressionsarbeit dA = - P.dV und die Erhöhung der inneren Energie dU = n.CV,m.dT (für n Mole Gas) einander gleich (weil dU =

δQ - P.dV und

δQ = 0 angenommen); dann P = nRT/V ersetzen, Variablen trennen und umformen:

dT - R dVn.CV,m.dT = - nRT.dV/V ⇒ ___ = _____ . ___

T CV,m V

Integriere vom Anfangszustand Ta, Va, (Pa) bis zum Endzustand Te, Ve, (Pe);CV,m konstant für ideales Gas. Ferner ln(Ve / Va) = - ln(Va / Ve).

Te dT - R Ve dV Te R Va∫ ___ = _____ ∫ __ ⇒ ln __ = _____ . ln __

Ta T CV,m Va V Ta CV,m Ve

Definition: Poisson-Zahl γ ≡ CP/CV. Wegen R = CP,m - CV,m (gültig für ideale Gase) folgt

R CP,m - CV,m _____ = ___________ = γ - 1 CV,m CV,m

Exponentieren (damit ln verschwindet) führt zur Adiabatengleichung

Te

Ta

=Va

Ve

γ −1

resp.

T ⋅V γ −1 = const. (T-V-Form)

Pe

Pa

=Va

Ve

γ

resp.

P ⋅V γ = const. (P-V-Form)

Te

Ta

=Pe

Pa

γ −1( )γ

resp.

Pγ −1( )

γ

T = const. (P-T-Form)

Alle drei Formen sind äquivalent. Die zweite resp. dritte Form folgt aus der ersten, wenn man ersetzt T = PV/nR resp. V = nRT/P (ideales Gasgesetz).

Bemerke: Die Adiabatengleichung ersetzt die Zustandsgleichung idealer Gase nicht, sondern ergänzt sie. Die Zustandsgleichung gilt in jedem Fall; eine einfache Behandlung ist jedoch nur für ideale Gase möglich.

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Lernziele Kapitel 9

- Was ist ein offenes, was ein geschlossenes und was ein abgeschlossenes oder isoliertes System?

- Was ist eine permeable, was eine adiabatische Wand?

- Was ist isobar, isochor bzw. isotherm?

- Was sind extensive, was intensive Grössen?

- Wann befindet sich ein System im thermodynamischen Gleichgewicht bzw. Fliessgleichgewicht?

- Wodurch unterscheiden sich Zustands- von Transfergrössen? Beispiele?

- Was sind Systemgrenzen? Welche Bedeutung haben sie in Bezug auf die obigen Grössen?

- Wozu benutzen wir die folgenden Symbole:

Δ,d,∂ und δ ?

- Warum ist folgende Aussage falsch: „Das System enthält 50 kJ Wärme.“?

- Was ist ein reversibler Prozess?

- Wie lautete der 0. Hauptsatz? Was wird damit definiert?

- Mit welchem Modell kann er mikroskopisch interpretiert werden?

- Wie lautet die Formel für die „Volumenarbeit“?

- Wie gross ist ΔW (bzw. ΔQ, ΔSS, ΔSU) in den Fällen a) - e) auf dem Blatt „Energetik idealer Gase“?

- Wie lautet die Boltzmann-Formel für die Entropie? Wie lautet der 3. Hauptsatz? Zusammenhang?

- Was ist ein spontaner Prozess?

- Welcher Prozess auf dem Blatt „Spontane Prozesse“ ist nicht exotherm?

- Was ist das „Prinzip von Thomsen und Berthelot“? Gültigkeit?

- Warum braucht man für die Ammoniaksynthese einen Katalysator?

- Wie berechnet man die Entropie als Funktion der Temperatur? Welche Grössen benötigen Sie dazu?

- Wie verändert sich (qualitativ) die Entropie eines idealen Gases mit dem Druck?

- Wie lautet der 2. Hauptsatz in der Formulierung mit der „inneren Reibung“?

- Was ergibt sich daraus für eine Beziehung zwischen spontanem und reversiblem Wärmetransfer?

- Welche Bedingung für einen spontan ablaufenden Prozess erhält man daraus (mit ΔH und ΔS)?

- Definition der freien Enthalpie? Bei welchen Bedingungen ist sie die wichtige Grösse?

- Wie verhält sie sich im Gleichgewicht bzw. im spontanen Prozess?

- Diskutieren Sie das Isomerisierungsgleichgewicht von n- zu iso-Butan mit Enthalpie und Entropie!

- Warum kann warme Luft mehr Wasserdampf aufnehmen?

- Wie ändert sich die Entropie bei a) Verdampfung?

b) der Auflösung eines Festkörpers in Wasser?

c) der Auflösung eines Gases in Wasser?

- Wie ändert sich S mit der a) Masse? b) Stärke der Bindung? Komplexität der Verbindung?

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