8
Nr. 07/08 vom 15. Juli 2014 Kampf um den Mindestlohn geht weiter Einberufung zur Außerordentlichen Gesamtmitgliederversammlung Kommunalwahl Der Stadtvorstand DIE LINKE. Leipzig beruft die Außerordentliche Gesamtmitglieder- versammlung zur Teilneuwahl der Stadtratswahl im Wahlkreis 9 am 12. Oktober 2014 ein. Die Außerordentliche Gesamtmitgliederversammlung findet am Donnerstag, dem 31. Juli 2014, ab 18:00 Uhr im Technologiezentrum GaraGe, Karl-Heine-Straße 97, 04229 Leipzig, statt. Es ist folgende Tagesordnung vorgesehen: 1. Eröffnung und Begrüßung 2. Konstituierung 3. Wahl der KandidatInnen für den Wahlkreis 9 zum Stadtrat zu Leipzig 4. Schlusswort Im Wahlbezirk 9 (Mockau-Süd, Mockau-Nord, Gohlis-Mitte, Eutritzsch, Seehausen, Wiede- ritzsch) ist eine Neuwahl notwendig, weil einer der Kandidaten, der am 25. Mai zur Wahl angetreten war, zu jenem Zeitpunkt nicht wählbar war. Der Stadtrat hat als Termin für die Neuwahl den 12. Oktober 2014 festgelegt. Die Mitglieder müssen BürgerInnen eines Staates der Europäischen Union mit Hauptwohn- sitz in der Stadt Leipzig, zum Zeitpunkt der Außerordentlichen Gesamtmitgliederversamm- lung am 31. Juli 2014 mindestens 18 Jahre und Mitglieder der Partei DIE LINKE sein. Der 3. Juli 2014 hätte ein wirklich histo- rischer Tag für die soziale Gerechtigkeit in Deutschland werden können, wenn im Bun- destag ein flächendeckender Mindestlohn ohne Ausnahmen in Höhe von 10 Euro ver- abschiedet worden wäre. Bekanntlich ge- schah das aber nicht. Vielmehr gibt es nun einen Mindestlohn von 8,50 Euro mit viel zu vielen Ausnahmen. Anstatt fünf Millionen Menschen vom Hungerlohn zu befreien, werden es vermutlich nur 2,5 Millionen sein, denn ganze Personengruppen sind ausgenommen: so sollen Langzeit- arbeitslose den Mindestlohn erst nach sechs Monaten erhalten und unter 18jährige werden überhaupt nicht berücksichtigt. Für Erntehel- fer können die Kosten für Unter- kunft vom Lohn abgezogen werden und für Zeitungsausträger beginnt die Regelung erst zwei Jahre spä- ter. Seinen massiven Protest artiku- lierte der DGB wenige Tage vor der Beschlussfassung des Gesetzes di- rekt vor dem Kanzleramt. Zwei Busse aus Leipzig waren ebenfalls vor Ort, darunter auch mehrere mitgereiste Mitglieder der Leipziger LIN- KEN. Scharfe Töne schlug der neue DGB- Vorsitzende Reiner Hoffmann an: „Die Ein- führung des gesetzlichen Mindestlohns ist eine historische Sozialreform, für die die Gewerkschaften lange gekämpft haben und die wir begrüßen. Leider haben sich mächtige Lobbygruppen in den letzten Wo- chen auf den Weg gemacht, um das Min- destlohngesetz wieder zu durchlöchern. Es bleibt dabei: Der DGB lehnt die geplanten Ausnahmen vom Mindestlohn ab, und wir werden bis zur letzten Stunde dafür kämp- fen, dass es keine Ausnahmen geben wird. Der gesetzliche Mindestlohn ist als unterste Anstandsgrenze ein wichtiger Baustein für eine neue Ordnung der Arbeit und gegen Lohndumping. Er darf nicht zerschossen werden durch immer neue Ausnahmen für diejenigen, die am lautesten jammern. Denn Würde kennt keine Ausnahmen.“ Am Rande der Protestkundgebung kam es zu vielen interessanten Gesprächen, dar- unter auch mit unseren beiden Bundestags- abgeordneten Sabine Zimmermann und Klaus Ernst. Nach der Anhörung zum Min- destlohn-Gesetz im Ausschuss für Arbeit und Soziales hatte der stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE erklärt: „Mit ihrem Mindestlohn-Gesetz konterka- riert die Koalition das Vorhaben, durch eine gesetzliche Untergrenze für alle Lohndum- ping zu beenden. Durch die Vielzahl willkür- licher Sonderregelungen werden Anreize für Unterbezahlung ausgerechnet in den Berei- chen geschaffen, die den Mindestlohn am dringendsten brauchen. Die Aushöhlung des flächendeckenden Mindestlohns ist ein Desaster für das Niedriglohnland Deutsch- land. Die SPD hat sich zum Hampelmann der Koalition degradiert.“ Mit der Einführung eines ungenügenden, zerstückelten Mindestlohnes ab 1. Januar 2015 – DIE LINKE stimmte im Bundestag mit Enthaltung – sind die Auseinan- dersetzungen der nächsten Jahre vorgezeichnet. Da 8,50 Euro unter- halb der Armutsgrenze liegen, for- dern wir 10 Euro und eine jährliche Anpassung unter Beachtung der Inflationsrate. Für die Zukunft muss es darum gehen einen wirklich flä- chendeckenden Mindestlohn durchzusetzen. Der Kampf darum hat mit dem jetzigen Mindestlohn bei aller Kritik bessere Ausgangs- bedingungen. Darüber hinaus ist es entscheidend, dass die gewerk- schaftliche Durchsetzungsmacht im Kampf um bessere Tariflohner- höhungen und Arbeitsbedingungen wieder gestärkt werden. Dazu müssen prekäre Ar- beitsverhältnisse beendet werden, also Schluss mit sachgrundloser Befristung, Leiharbeit, Werkverträgen usw. Nutzen wir die Landtagswahlen am 31.August, um auch bei diesem wichtigen gesellschaft- lichen Thema ein Zeichen zu setzen! Dr. Volker Külow Dr. Volker Külow und der ver.di Vorsitzende Frank Bsirske auf der Demo

Kampf um den Mindestlohn geht weiter - DIE LINKE. Leipzig · Kampf um den Mindestlohn geht weiter Einberufung zur Außerordentlichen Gesamtmitgliederversammlung Kommunalwahl Der Stadtvorstand

  • Upload
    others

  • View
    7

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Kampf um den Mindestlohn geht weiter - DIE LINKE. Leipzig · Kampf um den Mindestlohn geht weiter Einberufung zur Außerordentlichen Gesamtmitgliederversammlung Kommunalwahl Der Stadtvorstand

Nr. 07/08 vom 15. Juli 2014

Kampf um den Mindestlohn geht weiter

Einberufung zur Außerordentlichen Gesamtmitgliederversammlung KommunalwahlDer Stadtvorstand DIE LINKE. Leipzig beruft die Außerordentliche Gesamtmitglieder-versammlung zur Teilneuwahl der Stadtratswahl im Wahlkreis 9 am 12. Oktober2014 ein. Die Außerordentliche Gesamtmitgliederversammlung findet amDonnerstag, dem 31. Juli 2014, ab 18:00 Uhr im Technologiezentrum GaraGe,Karl-Heine-Straße 97, 04229 Leipzig, statt.Es ist folgende Tagesordnung vorgesehen:

1. Eröffnung und Begrüßung2. Konstituierung3. Wahl der KandidatInnen für den Wahlkreis 9 zum Stadtrat zu Leipzig4. Schlusswort

Im Wahlbezirk 9 (Mockau-Süd, Mockau-Nord, Gohlis-Mitte, Eutritzsch, Seehausen, Wiede-ritzsch) ist eine Neuwahl notwendig, weil einer der Kandidaten, der am 25. Mai zur Wahlangetreten war, zu jenem Zeitpunkt nicht wählbar war. Der Stadtrat hat als Termin für dieNeuwahl den 12. Oktober 2014 festgelegt.Die Mitglieder müssen BürgerInnen eines Staates der Europäischen Union mit Hauptwohn-sitz in der Stadt Leipzig, zum Zeitpunkt der Außerordentlichen Gesamtmitgliederversamm-lung am 31. Juli 2014 mindestens 18 Jahre und Mitglieder der Partei DIE LINKE sein.

Der 3. Juli 2014 hätte ein wirklich histo-rischer Tag für die soziale Gerechtigkeit inDeutschland werden können, wenn im Bun-destag ein flächendeckender Mindestlohnohne Ausnahmen in Höhe von 10 Euro ver-abschiedet worden wäre. Bekanntlich ge-schah das aber nicht. Vielmehr gibt es nuneinen Mindestlohn von 8,50 Euro mit viel zuvielen Ausnahmen. Anstatt fünf MillionenMenschen vom Hungerlohn zu befreien,werden es vermutlich nur 2,5 Millionensein, denn ganze Personengruppen sindausgenommen: so sollen Langzeit-arbeitslose den Mindestlohn erstnach sechs Monaten erhalten undunter 18jährige werden überhauptnicht berücksichtigt. Für Erntehel-fer können die Kosten für Unter-kunft vom Lohn abgezogen werdenund für Zeitungsausträger beginntdie Regelung erst zwei Jahre spä-ter.

Seinen massiven Protest artiku-lierte der DGB wenige Tage vor derBeschlussfassung des Gesetzes di-rekt vor dem Kanzleramt. ZweiBusse aus Leipzig waren ebenfallsvor Ort, darunter auch mehreremitgereiste Mitglieder der Leipziger LIN-KEN. Scharfe Töne schlug der neue DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann an: „Die Ein-führung des gesetzlichen Mindestlohns isteine historische Sozialreform, für die dieGewerkschaften lange gekämpft habenund die wir begrüßen. Leider haben sichmächtige Lobbygruppen in den letzten Wo-chen auf den Weg gemacht, um das Min-destlohngesetz wieder zu durchlöchern. Es

bleibt dabei: Der DGB lehnt die geplantenAusnahmen vom Mindestlohn ab, und wirwerden bis zur letzten Stunde dafür kämp-fen, dass es keine Ausnahmen geben wird.Der gesetzliche Mindestlohn ist als untersteAnstandsgrenze ein wichtiger Baustein füreine neue Ordnung der Arbeit und gegenLohndumping. Er darf nicht zerschossenwerden durch immer neue Ausnahmen fürdiejenigen, die am lautesten jammern.Denn Würde kennt keine Ausnahmen.“

Am Rande der Protestkundgebung kam

es zu vielen interessanten Gesprächen, dar-unter auch mit unseren beiden Bundestags-abgeordneten Sabine Zimmermann undKlaus Ernst. Nach der Anhörung zum Min-destlohn-Gesetz im Ausschuss für Arbeitund Soziales hatte der stellvertretenderVorsitzender der Fraktion DIE LINKE erklärt:„Mit ihrem Mindestlohn-Gesetz konterka-riert die Koalition das Vorhaben, durch einegesetzliche Untergrenze für alle Lohndum-

ping zu beenden. Durch die Vielzahl willkür-licher Sonderregelungen werden Anreize fürUnterbezahlung ausgerechnet in den Berei-chen geschaffen, die den Mindestlohn amdringendsten brauchen. Die Aushöhlungdes flächendeckenden Mindestlohns ist einDesaster für das Niedriglohnland Deutsch-land. Die SPD hat sich zum Hampelmannder Koalition degradiert.“

Mit der Einführung eines ungenügenden,zerstückelten Mindestlohnes ab 1. Januar2015 – DIE LINKE stimmte im Bundestag

mit Enthaltung – sind die Auseinan-dersetzungen der nächsten Jahrevorgezeichnet. Da 8,50 Euro unter-halb der Armutsgrenze liegen, for-dern wir 10 Euro und eine jährlicheAnpassung unter Beachtung derInflationsrate. Für die Zukunft musses darum gehen einen wirklich flä-chendeckenden Mindestlohndurchzusetzen. Der Kampf darumhat mit dem jetzigen Mindestlohnbei aller Kritik bessere Ausgangs-bedingungen. Darüber hinaus ist esentscheidend, dass die gewerk-schaftliche Durchsetzungsmachtim Kampf um bessere Tariflohner-

höhungen und Arbeitsbedingungen wiedergestärkt werden. Dazu müssen prekäre Ar-beitsverhältnisse beendet werden, alsoSchluss mit sachgrundloser Befristung,Leiharbeit, Werkverträgen usw. Nutzen wirdie Landtagswahlen am 31.August, umauch bei diesem wichtigen gesellschaft-lichen Thema ein Zeichen zu setzen!

Dr. Volker Külow

Dr. Volker Külow und der ver.di Vorsitzende Frank Bsirske auf der Demo

Page 2: Kampf um den Mindestlohn geht weiter - DIE LINKE. Leipzig · Kampf um den Mindestlohn geht weiter Einberufung zur Außerordentlichen Gesamtmitgliederversammlung Kommunalwahl Der Stadtvorstand

Seite 2 15. Juli 2014Mitteilungsblatt - Doppelausgabe Nr. 07/08

Der Aufstieg der „Alternative für Deutschland“ - eine Herausfor-derung für unsere politische Praxis

Als rasant müssen Start und Auf-stieg der „Alternative für Deutschland“bezeichnet werden.

Im Februar 2013 gegründet, konntedie junge Partei bei der Bundestags-wahl im September 2013 aus demStand und mit Unterstützung konser-vativer Leitmedien 4,8 % erringen. Beiden Europawahlen waren es 7,1 %. Diebesten Stimmanteile generierte diePartei in Sachsen: 6,8 % bei der Bun-destagswahl und sogar 10,1 % bei denEuropawahlen. Mit sieben Abgeordne-ten ist die Partei nun im Europaparla-ment und mit 81 von bundesweit 485Mandaten nun auch Sachsens Kommu-nalparlamenten vertreten. Auch derEinzug in den Sächsischen Landtag imAugust 2014 scheint ausgemachte Sa-che.

Aber: wofür steht die AfD und wasfolgt daraus für unsere politische Praxis?

„Familienpolitik, Zuwanderungspoli-tik und Europapolitik sind große undwichtige Themenfelder für die Zukunftunseres Landes.“, so Bernd Lucke,VWL-Professor und einer der drei Par-teisprecher.

Längst ist es vorbei mit dem „Ein-Punkt-Profil“ als euroskeptische Partei.Fundamentale Positionen gegen EUWährungsunion oder Euro-RettungsMaßnahmen wurden zudem mit denProgrammatischen Leitlinien(vorgelegtauf dem Bundesparteitag im März2014 und bereits Ende April 2014 perMitgliederentscheid angenommen) ab-geschwächt. Im Europaparlament wur-de die Partei mittlerweile Mitglied inder gemäßigt europaskeptischen Frak-tion der Konservativen und Reformis-ten unter dem britischen Premier-minister David Cameron aufgenom-men.

Mit der Verbreitung ihres Themen-spektrums werden auch die politischenSpektren, aus denen sich die Parteispeist, sichtbar: eine Melange ausmarktradikalen Ökonomen und wert-bzw. christlich-konservativen Fundis,die die Gegnerschaft zum Euro und die

Stärkung des Nationalstaates gegendie Einflüsse der EU eint. Dabei radika-lisiert die AfD konservative und neoli-berale Ansätze, die die CDUvorsichtiger formuliert, abgeschwächtoder ganz verworfen hat.

Blickt man auf die AfDPositionier-ung zu Zuwanderung, die sich unterdem Slogan „Keine Einwanderung indie Sozialsysteme“ subsumieren lässt,erinnert man sich stark an die von derCSU zum Jahreswechsel 2013/14 auf-gemachte Debatte um die Freizügig-keit für Menschen aus Rumänien undBulgarien und den damit vermeintlichverknüpften Sozialleistungsbetrug. DieAfD holt weiter aus: EU-BürgerInnen,die hierzulande keine Steuern gezahlthaben, sollen kein Recht auf Sozialleis-tungen haben. Wer den eigenen Le-bensunterhalt nicht sichern kann, sollzurück in sein Herkunftsland. DieseLinie stellt die Freizügigkeit innerhalbder Europäischen Union infrage. In Sa-chen Asyl zieht die AfD sich auf dieherrschende Gesetzlichkeit, das seit

1993 faktisch nicht mehr existierendeGrundrecht auf Asyl, zurückzuziehen.Fast. Die auf diesem „Asylkompro-miss“ basierenden minimalen Aner-kennungsquoten für geflüchteteMenschen und die Führungsrolle Sach-sen bei Abschiebungen überzeugen dieNationalkonservativen nicht: es müsseSchluss sein mit der laxen Auslegung

des Asylrechts, so steht es im Land-tagswahlprogramm geschrieben. Erin-nert sei daran, dass auch dieCDU-SPD-Regierung derzeit an einerweiteren Schwächung des Asylrechtsarbeitet.Sozialpolitisch spielt die AfD mit Re-kurs auf Thilo Sarrazin mit dem Feuer.Die Schuld an Armutslagen wird indivi-dualisiert, die Reichen sollen durchSenkung der Einkommenssteuer ent-lastet werden. Jenseits der offiziellenProgrammatik sinnieren führende Prot-agonisten der Partei wie Sprecher Kon-rad Adam über den Entzug desWahlrechtes für Angehörige der „Un-terschicht“.Auch in der Bildungs- und Familienpoli-tik folgt die AfD dem Ansatz Starke undLeistungsfähige zu fördern und Be-nachteiligte sich selbst zu überlassen.Das dreigliedrige Schulsystem soll er-halten bleiben und der Zugang zuHochschulen erschwert werden. DerRechtsanspruch auf eine flächende-ckende Kita-Betreuung soll zugunstender familiären und privaten Kinderbe-treuung unterminiert werden. SolcheVorschläge folgen aus den reaktio-nären Vorstellung von Familie als„Keimzelle der Gesellschaft“ (BerndLucke). Durch diverse Anreize will dieAfD die traditionelle Ehe zwischenMann und Frau stärken und das Kin-derkriegen befördern. Selbstverständ-lich geht es auch hier um Kinder vonleistungsfähigen Schichten. Unter Be-zugnahme auf den so genanntenSchreiber Plan fordert die AfD in ihremLandtagswahlprogramm für Sachsendie Einführung einer Kinder- und Ju-gendrente. Der WirtschaftstheoretikerWilfried Schreiber schlug dieses Mo-dell 1957 unter Konrad Adenauer alsElement der „Bevölkerungspolitik“ vor.Die Höhe dieser Rente nach dem Ein-kommen der Eltern. Gutverdienendewerden begünstigt.

Ähnlich Gruseliges verbirgt sich hin-ter den Forderungen nach Volksent-scheiden über Moschee-Bauten odernach der Direktwahl von Bundes-präsident*in, Bundeskanzler*in oder

Page 3: Kampf um den Mindestlohn geht weiter - DIE LINKE. Leipzig · Kampf um den Mindestlohn geht weiter Einberufung zur Außerordentlichen Gesamtmitgliederversammlung Kommunalwahl Der Stadtvorstand

15. Juli 2014 Seite 3Mitteilungsblatt - Doppelausgabe Nr. 07/08

Ministerpräsident*innen. Hierbei gehtes nicht um die Maximierung demokra-tischer Spielräume für alle. In Wirklich-keit geht es der AfD um dieSchwächung der parlamentarischenStrukturen und von Minderheiten-rechten. Niemand anderes als derjüngst auf dem AfD-Ticket ins Europa-parlament eingezogene Hans-Olaf Hen-kel, ehemals Chef des Bundes derIndustrie, schlägt schon seit vielen Jah-ren die Einführung des Mehrheitswahl-rechtes und die Direktwahl vonFührungspositionen vor. Sein erklärtesZiel ist es damit Linksbündnisse zuverhindern und den neoliberalen Um-bau von Verwaltungen durch gestärkteFührungsfiguren zu erleichtern.Dieser kurze Exkurs in die Programma-tik der Alternative für Deutschlanddürfte verdeutlichen, dass die Parteisich nicht nur klar gegen die Prinzipieneiner solidarischen, gerechten und of-fenen Gesellschaft richtet, sie öffnetdarüber hinaus den Raum für Vorschlä-

ge, die zum Teil bis dato gesellschaft-lich geächtet sind. Kritik anFormulierungen wie „Entartung der De-mokratie“ (Bernd Lucke), „Bevölke-rungspolitik“ (Frauke Petry) oderSlogans wie „Selbstjustiz ist die neuePolizei“ (Junge Alternative) goutiert diePartei als „Gesinnungswächterei“ oder„Einschüchterung Andersdenkender“.Der Tabubruch ist bei der AfD Pro-gramm und verfolgt eine klare Strate-gie: das gesellschaftliche Klima für denAbbau des Sozialstaates und der De-mokratie zu bereiten.

Im Leipziger Stadtrat und wohl mög-lich im Sächsischen Landtag werdenauch wir als LINKE im Zukunft mit denProtagonist*innen der AfD zu tun ha-ben müssen. Aufgrund mangelnderPraxiserfahrungen ist es schwer mög-lich vorgefertigte Strategien für denUmgang mit diesem neuen politischenAkteur vorzuschlagen.

Fakt ist: die Alternative für Deutsch-land ist mit der NPD nicht auf eine

Stufe zu stellen. Darum scheint eineStrategie der Ausgrenzung, wie sie beider NPD praktiziert wurde, ungeeignet.Wir müssen uns vielmehr mit ihrer Pro-grammatik auseinandersetzen, ihreEntwicklung und das Agieren ihrer lo-kalen Protagonist*innen aufmerksambeobachten.

Wird es der AfD gelingen ihre großenThemenlinien auch auf die kommunaleEbene zu „übersetzen“? Wird es derPartei- Führungselite gelingen die hete-rogene Basis aus gut situiertenUnternehmer*Innen, Stammtischklien-tel, wirtschaftsliberalen, ultrakonserva-tiven bis hin zu extrem rechtenAkteuren unter einem Hut und vorallem im Zaum zu halten? Wird dieStrategie die CDU weiter nach rechtszu rücken aufgehen? Diese Fragendürften in der Praxis und auch für dielangfristige Etablierung der AfD ent-scheidend sein.

Jule Nagel

Das war das Pfingstcamp 2014

Bereits zum 16. Mal veranstaltetedie Linksjugend Sachsen ihr jährlichesPfingstcamp. Unter dem Motto „Fürimmer 16“ reisten über 600Teilnehmer_innen aus 14 Bundeslän-dern sowie aus Belgien und Großbritan-nien ins tschechische Doksy – so vielewie noch nie.

Wer bei diesem Ereignis jedoch anein reines Jugendcamp denkt, irrt sich.Durch den Anspruch, ein Freiraum füralle zu sein, konnten neben einigenBundestags- und Landtagsabgeord-neten auch viele dem Jugendalter ent-wachsenen Genossinnen undGenossen begrüßt werden. Zudem istdas Pfingstcamp als "politisches Festi-val" ein Ort für politisch Aktive jenseitsder Partei bzw dem Jugendverband.Dadurch entstand eine angenehme At-mosphäre zwischen Workshops undeinem Kochduell, Vorträgen und Partyssowie jeder Menge Raum für die eigeneKreativität. Begleitet wurde das Camprund um die Uhr vom „Hitradio Reh-schanze“, das sich mit Hintergrundbe-richten und einer seriösen

Berichterstattung in die Herzen derZuhörer_innen spielte.

Ein thematischer Schwerpunkt desCamps bildete die bevorstehendeLandtagswahl. Neben der Vorstellungdes Wahlkampfkonzeptes sollten Pra-xisworkshops zum Jugendwahlkampfalle Teilnehmer_innen auf die wahr-scheinlich wichtigste Wahl in diesemJahr vorbereiten.

Dank dem Stadtverband in Leipzigwaren wir in der Lage für alle einekostengünstige Anreise zu finanzieren.Dem Anspruch, dass das Pfingstcampfür alle möglich sein soll, wurde somitauch durch den SV Leipzig zur Realisie-rung verholfen.

Max und NadjaFür die linksjugend Leipzig

Leipziger LINKE trauert umPfarrer Christian Führer

Mit großer Bestürzung haben wir dieNachricht vom viel zu frühen Tod desehemaligen Pfarrers der NikolakircheChristian Führer vernommen. UnsereGedanken sind bei seiner Familie, derwir unser tief empfundenes Beileidund Mitgefühl anlässlich dieses über-aus schmerzlichen Verlustes ausspre-chen.Sein Tod hinterlässt eine nicht zuschließende Lücke – nicht nur in Leip-zig. Wir trauern um einen aufrechtenund aufrichtigen Menschen.Sein bis zum Schluss gelebtes Credo"Wir wollen die Friedliche Revolutionnicht ins Museum stellen, sondern wirwollen weiter gehen und auch heutezum Handeln anstiften“ bleibt mit der2009 von ihm gegründeten StiftungFriedliche Revolution dankenswerter-weise über seinen Tod hinaus leben-dig. Christian Führers langjährigesEintreten für Gewaltlosigkeit, Frieden,Demokratie und kulturelle Vielfalt bil-det auch für die Leipziger LINKE einewichtige Orientierung in ihrem wei-teren Wirken.Dr. Volker KülowVorsitzender DIE LINKE. Leipzig

Page 4: Kampf um den Mindestlohn geht weiter - DIE LINKE. Leipzig · Kampf um den Mindestlohn geht weiter Einberufung zur Außerordentlichen Gesamtmitgliederversammlung Kommunalwahl Der Stadtvorstand

Seite 4 15. Juli 2014Mitteilungsblatt - Doppelausgabe Nr. 07/08

Der Spagat ist unvermeidlich

Zum Ausgang der Wahlen in Leip-zig.

Am 25. Mai waren auch dieLeipziger*innen aufgefordert, ihre Stimmefür die Wahl zum Europäischen Parlamentund die Wahl des Stadtrates und der Ort-schaftsräte abzugeben. Davon machten beieiner Beteiligung von etwas mehr als 40%jedoch nicht einmal die Hälfte der Wahlbe-rechtigten Gebrauch. Diese ohnehin nied-rige Beteiligung schwankte auch in Leipzigsehr stark. So gaben bei der Stadtratswahlin Volkmarsdorf und Mockau-Süd nur 26%bzw. 28% der Wahlberechtigten ihre Stim-me ab, während die Beteiligung im Zen-trum-Nordwest, der Südvorstadt,Marienbrunn und Schleußig (dort 58%) teilsmehr als doppelt so viele waren.

Auch sonst zeigen sich signifikante Un-terschiede innerhalb Leipzigs. Während dieSPD gemessen an ihrer Größe vergleichs-weise geringe Schwankungen aufweist, zei-gen andere Parteien große Differenzen. Sonagt die CDU in der „konservativen Periphe-rie“ Leipzigs an den 50%, während sie imLindenau gerade etwas mehr als 11% holt.DIE LINKE bleibt in einigen der CDU Hoch-burgen deutlich unter 20% (Althen-Kleinpös-na: 14%), erreicht in ihren klassischenHochburgen in Grünau jedoch nach wie vorteils Resultate von über 35%. Die Grünenschaffen es in 6 Ortsteilen mit Ergebnissenvon teils über 28% (Südvorstadt, Zentrum-Nordwest) stärkste Partei zu werden, blei-ben woanders jedoch 5%-Partei (Hart-mannsdorf-Knautnaundorf: 4.4%). Die FDPschafft den Sprung über die (bei der Stadt-ratswahl rein imaginäre) 5%-Hürde nur nochin 4 Ortsteilen und muss sonst starke Ver-luste bis hin zu -14% verkraften. Das zuge-gebenermaßen nicht ganz humorlosePlakat der FDP zur Landtagswahl in Thürin-gen („Wir sind dann mal weg. FDP.“) trifftspätestens mit dieser Wahl auch auf dieFDP in der Leipziger Kommunalpolitik zu.Einen Teil des FDP-Klientels dürfte auch dieAfD abgegriffen haben, die in Leipzig bei derStadtratswahl zwar knapp 2.5% unter ihremEuropawahlergebnis liegt, aber dennoch auf6% kommt.

Die bisher dargestellten Ergebnisse sindteils unspektakulär. Seit gefühlten Ewig-keiten ist die CDU in den geographischenRandgebieten Leipzigs stark, während LIN-

KE und Grüne dort eher schwach sind. Den-noch gibt es einige relevanteVerschiebungen. So mussten die Grünenteils starke Verluste vor allem in ihren Hoch-burgen Schleußig, Connewitz und der Süd-vorstadt hinnehmen – wo vor allem DIELINKE kräftig zulegen konnte. Überhaupthatte DIE LINKE die größten Zugewinne vorallem in den zentrumsnahen, eher durchjunge Familien, Studierende und subkultu-rell geprägten Ortsteilen (Schleußig, Plag-witz, Lindenau, Altlindenau, Südvorstadt,Connewitz, Reudnitz-Thonberg) oder sol-chen, welche eine recht hohe Dynamikhinsichtlich der Bevölkerungsveränderungaufweisen (so z.B. auch Volkmarsdorf undNeustadt-Neuschönefeld). Zwar konnte DIELINKE bei den Stimmenanteilen auch in denGrünauer Hochburgen zulegen, musstedort in Summe jedochWähler*innenstimmen einbüßen. Letzterespassiert vor allem in Folge einer sinkendenZahl von Wahlberechtigten in Kombinationmit einer gegen den Trend rückläufigenWahlbeteiligung. Auch dadurch nimmt,ebenfalls durch Bevölkerungsverände-rungen aber auch durch die strukturell hö-here Wahlbeteiligung, die Bedeutung vonKlientel abseits unserer „klassischen Hoch-burgen“ weiterhin zu. Dabei ist es zu begrü-ßen, dass es bei Betrachtung dervorliegenden Wahlergebnisse gelungen ist,auch dort Fuß zu fassen. Gleichzeitigwächst dadurch jedoch auch die Schwierig-keit von Öffentlichkeitsarbeit – gerade inWahlkämpfen. Denn was in Grünau wun-derbar funktioniert, geht in Schleußig oderConnewitz möglicherweise in die Hose –was andersherum genauso gilt. Nur dieSensibilisierung für diese diffizile Problemla-ge, was neben der Programmatik auch inFragen von Erscheinungsbild und Personalniederschlagen muss, sichert dem Stadt-verband weitere Wahlerfolge in einer in sichsehr verschiedenen, ostdeutschen Groß-stadt wie Leipzig. Dabei muss man das Radnicht neu erfinden, sondern kann auf dieErfahrungen der Genoss*innen bezüglichder mittlerweile zwei Standbeine anStammklientel zurückgreifen. Einfach ge-sprochen: Weder Grünau noch Connewitzsind alleinig das Maß der Dinge - beide sindes. Wer das eine Standbein versucht gegendas andere auszuspielen, wird unweigerlichstolpern.

P.S.: Zum Ausgang von Europa- vonStadtratswahl, inklusive Ausblicks auf dieLandtagswahlen und die Wiederholungs-wahl im Wahlkreis 9 (Nord) bei der Stadt-ratswahl, gibt es erneut dieWahlauswertung „Einblick“, von der jedeBasisorganisation ein Exemplar bekommt.Andere Genoss*innen können es auf Nach-frage gerne auch bekommen, leider gibt esinsgesamt jedoch nicht viele Exemplare.

Tilman Loos

Page 5: Kampf um den Mindestlohn geht weiter - DIE LINKE. Leipzig · Kampf um den Mindestlohn geht weiter Einberufung zur Außerordentlichen Gesamtmitgliederversammlung Kommunalwahl Der Stadtvorstand

15. Juli 2014 Seite 5Mitteilungsblatt - Doppelausgabe Nr. 07/08

LWB-Verwaltung zieht an ihren Leuchtturm Hochhaus Wintergar-tenstraße

Der Wind, der bei derGrundsteinlegung zum neuen Ver-waltungsgebäude der LeipzigerWohnungs- und Baugesellschaft (LWB)blies, wurde von Gastgebern und

Gästen als frischer Wind gedeutet, derauch das kommunale Wohnungs-unternehmen erfasst hat. ZwanzigJahre hat es gebraucht, bis es Dank

aller Mitarbeiter und der ab 1993tätigen Geschäftsführungen mit

Unterstützung der Aufsichtsräte unddes Gesellschafters Stadt aus dem Talder Tränen und schierer Hoffnungs-losigkeit herausgekommen ist und seiteiniger Zeit festen Boden unter die

Füße bekommen hat.Die Situation war aufgrund schwerer

Managemententscheidungen zwischen1990 und 1993 entstanden. Stadträte

im Aufsichtsrat, wie die Vertreter derFraktion DIE LINKE Naomi-Pia Witte

und Siegfried Schlegel, der demAufsichtsrat seit 1994 angehört unddamit die Entwicklung des Winter-garten-Areals auch in Wett-bewerbsjurys aktiv begleitete, werdenweiterhin aktiv die Unter-nehmensführung unter-stützen undsind froh, dass es zukünftig nicht nurWohnungen verwaltet, sondern selbstaktiv den wachsenden Bedarf anbezahlbaren Wohnungen und Kita-Plätzen in Leipzig durch Neubaubefördern will. Beim jetzigen Neubaugründet sich der Optimismus auchdarauf, dass Frau Ines Gillner, einejahrzehntelang im LeipzigerWohnungsbau tätige Ingenieurin, alsProjektleiterin für das Vorhaben derLWB verantwortlich ist.

Vor 45 Jahren, also 1969, begannder Bau des WohnhochhausesWintergartenstraße, dessen Woh-nungen zum 30. Dezember 1971übergeben wurden, und in dem in den70er Jahren eine Umbauung mit Kita,Gaststätte „Stadt Dresden“, einerMocca-Milch-Eisbar sowie einerKaufhalle, die wegen der begehrtenProdukte aus Polen gern aufgesuchtwurde, entstand.

Nachdem in den 90er Jahren dieBasiszone verfiel und damit auch dieEingangszone für Bewohner und derenGäste jeglichen einladenden Charakterverloren hatte, drängten auchAufsichtsräte auf deren Abriss.Alternativ sollte das Hochhaus künftigfreistehend auf einem Platz von einerdie angrenzenden Straßen um-gebenden Bebauung umschlossenwerden. Die in den Folgejahrendurchgeführten Architekturwett-bewerbe folgten verschiedenen Nutz-ungsvorstellungen nach 1995 wieKino, Einkaufs- und Fitnesszentrenoder Hotels, welche die Investoren-interessen nicht zu stemmen ver-mochten. Ein Verkauf der Grundstückemit Baurecht für die Randbebauungund sogar des Wohnhochhausessollten mithelfen, die Schulden aus derTrabalski-Ära zu tilgen. 2004 wurdedas Wohnhochhaus als mögliches

Oberbürgermeister Burkhard Jung zwischen den beiden Geschäftsführerinnen der LWB GabrieleHaase und Ute Schäfer, rechts die Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau

Auszubildende der LWB bereiten den Grundstein zur Grundsteinlegung vor

Page 6: Kampf um den Mindestlohn geht weiter - DIE LINKE. Leipzig · Kampf um den Mindestlohn geht weiter Einberufung zur Außerordentlichen Gesamtmitgliederversammlung Kommunalwahl Der Stadtvorstand

Seite 6 15. Juli 2014Mitteilungsblatt - Doppelausgabe Nr. 07/08

Wohnhotel im Rahmen derOlympiabewerbung und -förderung saniert und inden Kernbestand aufge-nommen, wofür ich michauch jahrelang eingesetzthatte.

Als vor fünf Jahrenabsehbar wurde, dasszeitnah Neubauwohnungendringend gebraucht werdenund die LWB das Vorhabenmit eigenen Kräftenstemmen könnte, wurde2010 ein Wettbewerb zumStädtebau für das Arealdurchgeführt. Da dieVerwaltung in Zukunft einen neuenVerwaltungssitz benötigt, lag es nahe,dafür das eigene Grundstück in

zentraler Lage mit exzellenter ÖPNV-Anbindung in der Wintergartenstraßezu nutzen. Da alle drei neuen Gebäude

technisch und erschließ-ungsmäßig über das Keller-geschoss verbunden sind,wird nunmehr auch dieErrichtung der Wohnge-bäude gleich mit forciert.

Das Wohnhochhaus Win-tergartenstraße ist seitJahrzehnten ein Leuchtturmund Symbol des kom-munalen Wohnungsbauun-ternemens, dass für dieVerwaltung mit dem Büro-neubau auch eine eigeneAdresse inmitten der Stadterhält.

Text: Siegfried SchlegelFotos: Naomi-Pia Witte

Ein Kernanliegen der Partei DIE LIN-KE ist es, sich immer wieder gegenGewalt und Militarismus auszuspre-chen. Dies wird deutlich in der aktu-ellen Haltung zur Nato, wirdunterstrichen in den Abstimmungser-gebnissen zu Bundeswehrmandatenund in der Anwesenheit oder den Initi-ativen von Mitgliedern, Sympathisan-tInnen und der Parteispitzen beiDemonstrationen und Protesten ge-gen Kriege und Gewalt.

Vor diesem Hintergrund ist esschlichtweg absolut unverständlich,dass im Mitteilungsblatt Juni 2014 fürden “Verband zur Pflege der Traditi-onen der Nationalen Volksarmee undder Grenztruppen der DDR“ geworbenwird. Der Verband selbst begreift dieInnerdeutsche Grenze und die Repres-sion in der DDR nicht als Mangel anDemokratie und Schwäche der DDR.Vielmehr werden die Toten an derGrenzanlage als quasi notwendige Op-fer der Geschichte dargestellt.

Weiter wird die Abkehr vom autori-tären Staatssozialismus und „... dieAbkehr der SED/PDS von den wissen-schaftlichen Grundlagen des Marxis-mus unter dem Vorwand (!) der`Entstalinisierung`“ als Fehlentwick-lung interpretiert. Die historischen Be-gebenheiten, die zur Gründung der

NVA geführt haben, können als Reak-tionen auf den sich verschärfendenkalten Krieg betrachtet werden. Spä-testens jedoch ab 1961 ist die NVAals Teil der repressiven Politik gegendie Bürgerinnen und Bürger der DDRzu betrachten. Insbesondere dieGrenztruppen. Die Grenzanlagen wa-ren militärisch freundwärts (!) gesi-chert. Einen Schießbefehl gab es – erist mehrfach dokumentiert. Die meh-reren hundert Getöteten an der inner-deutschen Grenze sind schrecklicherBeweis für dieses unmenschliche Ver-fahren. Diese Verbrechen – das Tötenvon Grenzgängern durch Minen,Sprengfallen oder durch erschießen –dürfen nicht verharmlost werden.

Es ist unannehmbar, dass DIE LIN-KE in Leipzig für einen Verband wirbt,der die Verherrlichung einer solchenInstitution als Traditionspflege etiket-tiert. Militarismus sollte nicht zur Tra-dition werden.

Darüber hinaus sieht sich DIE LIN-KE immer wieder mit Argumentati-onen konfrontiert, die versuchen,Mitglieder und SympathisantInnen indie Nähe der ehemaligen DDR zu rü-cken, um sie oder ihre Argumente impolitischen Disput auf diesem Wegezu diskreditieren. Eine Partei, die, alseinzige im deutschen Bundestag, Ge-

walt und kriegerische Mittel konse-quent ablehnt, die ob ihrer Historieimmer aber wieder in die Ecke der„ewig gestrigen“ gedrängt wird; einePartei die trotzdem einem offen ge-schichtsrevisionistischen, militaristi-schen und die Toten verharmlosenden„Verein“ eine solche Plattform bietet,führt ihr bisheriges Schaffen ad absur-dum. Das Ringen der vielen Helfe-rInnen und WahlkämpferInnen umVertrauen, auf der Straße, im Wahl-kampf oder bei Veranstaltungen, imKontakt mit den Bürgerinnen und Bür-gern, vor allem auch in den alten Bun-desländern, wird hinfällig. Bereitserworbene Zustimmung bei Sympathi-santInnen oder AktivistInnen der Frie-densbewegungen wird fahrlässig aufsSpiel gesetzt. Wählerinnen und Wäh-ler denen diese auf Gewalt verzichten-de Position zugesagt hat, werden vorden Kopf gestoßen.

Die Nähe eines solchen Vereinsschadet der Partei. Ein möglicher Nut-zen ist, wenn überhaupt vorhanden,so marginal, dass der Schaden über-wiegt.

Matthias TutaBen Kretzschmar

NVA

Die Baustelle am Wintergartenhochhaus am Tag der Grundsteinlegung

Page 7: Kampf um den Mindestlohn geht weiter - DIE LINKE. Leipzig · Kampf um den Mindestlohn geht weiter Einberufung zur Außerordentlichen Gesamtmitgliederversammlung Kommunalwahl Der Stadtvorstand

15 . Juli 2014 Seite 7Mitteilungsblatt - Doppelausgabe Nr. 07/08

Tipps und TermineBeratung der Ortsvorsitzenden undSprecher der Zusammenschlüsse3. Dienstag, 18:30 UhrAG Antifamittwochs, 19:00 Uhr, linxxnetAG Behindertenpolitik3. Dienstag, 15:00 Uhr, WahlkreisbüroMdL Dr. Pellmann, Stuttgarter Allee 16Leipzig-GrünauAG Betrieb & Gewerkschaft1. Mittwoch, 18.00UhrAG Cuba si2. Dienstag, 18:00 UhrAG Frieden und Gedenken4. Dienstag, 17:30 UhrAG Junge GenossInnen1. Mittwoch, 18:30 UhrAG Kunst und Kultur1. Dienstag, 18:30 Uhr, LHL

AG Linke UnternehmerInnen3. Samstag, 10:00 Uhr, BürgerbüroDr. Runge, Gorkistraße 120Lisa emanzipatorische FrauengruppeDienstag, alle 14 Tage fortlaufend, Ort aufAnfrage: 0177 - 79 71 080AG Senioren1. Donnerstag, 9:00 UhrAG Soziale Politik1. Dienstag, 18:30 Uhr, LHL.GBM e. V. – Sprechstunden1. Montag, 9:15 bis 11:15 UhrGRH e. V. – Sprechstunden3. Mittwoch, 15:00 UhrISOR e. V.4. Mittwoch, 16:00 Uhr, Str. d. 18. Okt.Linksjugend - Plenum1. Donnerstag, 18:00 Uhr3. Donnerstag, 18:00 Uhr (Stammtisch)

Ökologische Plattform1. Mittwoch, 19:00 UhrMarxistisches Forum1. Dienstag, 18:00 Uhr, Wahlkreisbüro MdLConny Falken, Coppistraße 63Rentenberatungnach telefonischer VereinbarungDie Linke.SDSmittwochs, 19:00 Uhr, Geisteswissen-schaftliches Zentrum, Raum 2.116, Beet-hovenstraße 15Stadtvorstandssitzungjeden 2. Dienstag, 19:00 Uhr

Alle Veranstaltungen ohne Ortsangabe fin-den im Liebknecht-Haus (LHL) statt. Daslinxxnet befindet sich in der BornaischenStraße 3 d. Die Rosa-Luxemburg-Stiftung(RLS) hat ihren Sitz in der Harkortstraße 10.

In einer Pressemitteilung vom 6. Mai2014  habe ich auf die prekäre Situati-on in den Leipziger Bürgervereinen auf-merksam gemacht. Anlass war zudiesem Zeitpunkt die bevorstehendeAuflösung der Bürgervereine Möckern-Wahren und Gohlis. Inzwischen gab dieStadtverwaltung in der Antwort aufmeine Anfrage (DS V/1157) bekannt,dass auch der Bürgerverein Paunsdorfund der Bürgerverein Bachviertel be-reits Geschichte sind. Doch es trifftnicht nur die Bürgervereine, mittlerwei-le gehen nahezu täglich Nachrichten

ein, dass dieser oder jener Verein inseiner Existenz bedroht ist.

Die Ursachen sind vielfältig: Die Vor-stände der Vereine sehen sich zudemkaum mehr in der Lage, ihre Arbeitehrenamtlich wahrzunehmen. Diemeiste Zeit verbringen sie damit, Geldzu besorgen, um die Vereinsarbeit amLaufen zu halten. Sie bewältigen Bergevon Bürokratie und kommen immeröfter an die Grenze dessen,   was eh-renamtliche Arbeit zu leisten vermag,nicht zuletzt weil die lokale Wirtschaftnur in Einzelfällen in der Lage ist, nen-nenswerte Summen für die Vereinsar-beit bereitzustellen. Die inhaltlicheArbeit bleibt dabei immer häufiger aufder Strecke, die Vereine drohen zurHülse zu werden.

In den letzten Jahrzehnten wurdeseitens der Stadtverwaltung massiv beiden Vereinen geworben, auf arbeits-marktpolitische Instrumente zurückzu-greifen, um Personal einzustellen.Doch diese sind dem Grunde nachnicht dafür gedacht und eignen sichimmer weniger, weil die Laufzeiten kür-zer werden, sich die Einstellungsbedin-gungen verschärfen und keineVerlängerungen für eingearbeitete Per-sonen möglich sind. Die Vereine gera-ten in existenzielle Not bis hin zurAuflösung.

Um hier gegenzusteuern, ist zu-nächst eine Analyse der Mindestbe-darfe der Vereine notwendig, umübersichtlich darzustellen, welcherpersonellen und sachlichen Mittel esbedarf, um die Vereinsziele tatsächlichlangfristig gesichert umzusetzen. Auf-bauend auf der Analyse ist in einemzweiten Schritt die Erarbeitung einerStrategie möglich. Diese Strategie soll-te gemeinsam mit VertreterInnen derVereine ausgearbeitet werden.

Eine derartige Strategie muss dannaber auch berücksichtigen, dass nebender ehrenamtlichen Unterstützung vonVereinsarbeit, stabile personelle Struk-turen notwendig sind, die den Vereins-mitarbeiterInnen würdige Einkom-mens- und Arbeitsbedingungen ermög-lichen. Die aktuell aus der (Existenz-)Not heraus erzwungene Selbstaus-beutung in der Vereinsarbeit kannnicht länger als Normalität akzeptiertwerden.

Skadi Jennicke

Schutzschirm für Leipziger Vereine

Page 8: Kampf um den Mindestlohn geht weiter - DIE LINKE. Leipzig · Kampf um den Mindestlohn geht weiter Einberufung zur Außerordentlichen Gesamtmitgliederversammlung Kommunalwahl Der Stadtvorstand

Seite 8 Mitteilungsblatt - Doppelausgabe Nr. 07/08 15. Juli 2014

Impressum:

Herausgeber: DIE LINKE. Stadtvorstand Leipzig, Braustraße 15, 04107 Leipzig, Fon: 0341/14 06 44 11, Fax: 0341/14 06 44 18, web: www.dielinke-leipzig.de email: vorstand@ die-linke-in-leipzig.deSpendenkonto: Sparkasse Leipzig, Konto: 11 25 50 42 22, BLZ: 860 555 92Redaktion: Steffi Deutschmann, Nadja Guld, Dr. Christina Mertha, Sören Pellmann, Stephan Sander, Naomi-Pia Witte (V.i.S.d.P.), Simon ZeiseGestaltung: Naomi-Pia WitteDruck: Stadt LeipzigDas Mitteilungsblatt erscheint monatlich. Redaktionsschluss für die Nummer 09/2014 ist Montag, der 01. September 2014. Namentlich gezeichnete Beiträge entspre-chen nicht in jedem Falle der Meinung der Redaktion. Die Redaktion behält sich sinnerhaltende Kürzungen vor.

Besuch ehemaliger Leipziger jüdischen Glaubens

Die jüdische Gemeinde in Leipzig,die vor mehr als 150 Jahren gegründetwurde, war in den zwanziger Jahrendes vergangenen Jahrhunderts diesechstgrößte Gemeinde in Deutsch-land. Bedeutende Wissenschaftler,Künstler und Unternehmer gehörtenihr an und bereicherten durch ihr sozi-ales und kulturelles Engagement dasgesellschaftliche Leben Leipzigs. Infol-ge der antisemitischen und rassisti-schen Politik der Faschisten wurde dieGemeinde durch Flucht ins Exil oderTod in den Konzentrationslagern fastausgelöscht.

Die Stadt Leipzigist sich ihrer histo-rischen Verantwor-tung bewusst undmöchte durch die Ein-ladung der noch le-benden ehemaligenBürger jüdischer Her-kunft ihren Beitragzur Versöhnung undgegen das Vergessenleisten. Man ist sichdarüber im klaren,dass dies nur einesymbolische Gestesein kann - eine ange-messene Entschädi-gung für das er-fahrene Leid ist nichtmöglich.

Im Jahre 1992 be-gann die Stadt Leipzig ehemalige Leip-ziger jüdischer Herkunft in derenGeburtstadt einzuladen. Im November1992 kam dann auch eine erste kleineGruppe aus Israel, wo es seit 1953 den„Verband ehemaliger Leipziger in Isra-el“ gibt. In den Folgejahren erhielt dieStadt Leipzig mehrere hundert Anfra-gen ehemaliger Leipziger, mit der Bitteum eine Einladung in ihre Geburtstadt.

Von 1992 wurde kontinuierlich einmaljährlich - machmal auch zweimal jähr-lich in Anbetracht des hohen Alters derGäste - Besuchergruppen ehemaligerLeipziger eingeladen. Bis einschliess-lich 2013 besuchten rund 500 Gästeaus 18 Ländern die Stadt.

Seit 2009 gab es die Übereinstim-mung, dass das Besuchsprogramm fürdie ehemaligen jüdischen Leipzigernicht aufgrund sinkender Teilnehmer-zahlen allmählich auslaufen sollte. Et-wa zur gleichen Zeit begann die StadtLeipzig, neue Brücken nach Israel zubauen und durch die neu gewonnene

Freundschaften und zahlreiche Begeg-nungen konnte im Jahr 2011 die Städ-tepartnerschaft mit Herzliya offiziellbegründet werden.

In diesem Zusammenhang stehtauch die Modifizierung des Pro-gramms, welches für die Kinder unddie Enkelkinder der ehemaligen jü-dischen Leipziger, die Angehörigen derzweiten und dritten Generationen ge-

öffnet wurde und große Resonanz er-fährt. Die Stadt Leipzig möchte auchden Nachfahren ermöglichen, in Kon-takt mit Leipzig zu bleiben und den Ortentdecken zu können, an dem so wun-derbare wie furchtbare Erinnerungenihrer Familienhistorie hängen.

Für dieses Jahr stand dann auch wie-der ein volles Programm auf der Tages-ordnung für unsere Gäste. Zwischendem 03 bis zum 09 Juli gab es für sievielfältige Möglichkeiten, die Stadt, ih-re Menschen und die Leipziger Kulturzu erleben. Am Begrüßungsabend imRestaurant MAX ENK und bei der Ein-

tragung in das Gol-dene Buch der StadtLeipzig nahm ich ger-ne die Möglichkeitwahr und schlossmich der Besucher-gruppe an um mit denGästen ins Gesprächzu kommen, um „Ge-schichte aus ersterHand“ erfahren zukönnen. Besondersbeeindruckend emp-fand ich dabei die 90- jährige Chana Glido-ni, die ihr damaligesSchicksal mit demSatz : „Leipzig ist un-sere Geburts-, nichtHeimatstadt, hierwurden wir rausges-

chmissen“ auf den Punkt brachte. Umdann versöhnlich hinzuzufügen:„Deutschland ist ein anderes Land ge-worden, wir sind willkommen.“

Von 24 Mitgliedern im Mai 1945 istdie Leipziger jüdische Gemeinde heutewieder auf über 1.300 Mitglieder ange-wachsen. Für uns sollte das auch eineVerpflichtung sein.

Naomi-Pia Witte

Der Ratsplenarsaal im Leipziger Rathaus, Eintragung ins Goldene Buch der Stadt Leipzig.