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Bindung und Bindungsstörungen Karl Heinz Brisch Kinderklinik und Poliklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital Abteilung Pädiatrische Psychosomatik und Psychotherapie Ludwig-Maximilians-Universität München

Karl Heinz Brisch · Bindung und Bindungsstörungen Karl Heinz Brisch Kinderklinik und Poliklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital Abteilung Pädiatrische Psychosomatik und Psychotherapie

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Bindung und Bindungsstörungen

Karl Heinz Brisch

Kinderklinik und Poliklinikim Dr. von Haunerschen Kinderspital

Abteilung Pädiatrische Psychosomatik und PsychotherapieLudwig-Maximilians-Universität

München

Übersicht

• Bindung

• Bindungsqualitäten

• Trauma

• Bindungsstörungen

• Prävention

• Videobeispiele

Copyright KH Brisch, LMU München 2018

BindungstheorieJohn Bowlby

• Ein Säugling entwickelt im Laufe des ersten Lebensjahres eine spezifische emotionale Bindung an eine Hauptbindungsperson

• Die emotionale Bindung sichert das Überleben des Säuglings

• Die Bindungsperson ist der

„sichere emotionale Hafen“für den Säugling

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Bindungstheorie I

• Durch Angst und Trennung wird das Bindungsbedürfnis aktiviert

• Durch körperliche Nähe zur Bindungsperson wird das Bindungsbedürfnis wieder beruhigt

• Die primäre Bindungsperson muss nicht die leibliche Mutter/Vater sein

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Bindung Erkundung

Bindungaktiviert

Bindungde-aktiviert

Erkundungaktiviert

Erkundungde-aktiviert

„Bindungs - Explorations -Wippe“

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Feinfühligkeit

• Die Pflegeperson mit der größten Feinfühligkeit in der Interaktion wird die Hauptbindungsperson für den Säugling

• große Feinfühligkeit fördert eine sichere Bindungsentwicklung

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Feinfühligkeit II

• Verhalten

• Sprache

• Rhythmus

• Blickkontakt

• Berührung

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Bindungsqualitäten I

• Sicher (ca. 60%)• Unsicher

– Vermeidend (ca. 20%)– Ambivalent (ca. 10%)

• Beginnende Psychopathologie– Desorganisiert (ca. 5-10%)

• Psychopathologie– Bindungsstörung (ca. 3-5%)

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Video-Demonstration

• Bindungsqualität des 14 Monate alten Säuglings in der „Fremden Situation“

• Zweimalige Trennung von der Mutter

• Beobachtung der Trennungs- und Begrüßungsreaktion

• Wechsel von Bindung und Erkundung

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Bindung und psychische Entwicklung

• SichereBindung SCHUTZ

• Un-sichere Bindung RISIKO

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Folgen der Bindungsentwicklung (1)

• Sichere Bindung– Schutzfaktor bei Belastungen– Mehr Bewältigungsmöglichkeiten– Sich Hilfe holen– Mehr gemeinschaftliches Verhalten– Empathie für emotionale Situation von anderen

Menschen– Mehr Beziehungen– Mehr Kreativität– Mehr Flexibilität und Ausdauer– Mehr Gedächtnisleistungen und Lernen

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Folgen der Bindungsentwicklung (2)

• Un-Sichere Bindung– Risikofaktor bei Belastungen– weniger Bewältigungsmöglichkeiten– Lösungen von Problemen eher alleine– Rückzug aus gemeinschaftlichen Aktivitäten– weniger Beziehungen– Mehr Rigidität im Denken und Handeln– Weniger prosoziale Verhaltensweisen– schlechtere Gedächtnisleistungen und Lernen– Störungen in der Sprachentwicklung

Copyright KH Brisch, LMU München 2018

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Ursachen der desorganisierten Bindung

• Ungelöstes Trauma der Eltern• Auffälligkeiten der Pflegeperson in der

Interaktion mit dem Kind– Angstmachendes Verhalten – Ängstliches Verhalten – Hilfloses Verhalten

• In einzelnen Episoden Wiederholung des Traumas mit eigenem Kind (Gewalt)

Verhalten des Kindes bei desorganisierter Bindung I

• Widersprüchliches, nicht voraussagbares und rasch wechselndes Verhalten zwischen Nähesuche, Vermeidung, Ignorieren der Bindungsperson

• Stereotype motorische Verhaltensweisen• "Unterwasser-Bewegungen" (verlangsamte

Motorik)• Wiederholt für einig bis viele Sekunden wie im

Halbschlaf oder Tagtraum („Trance“, dissoziativer Zustand)

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Bindung zwischen den Generationen

• Zusammenhang zwischen Bindung der Eltern und des Kindes– sichere Eltern mit sicheren Kindern

• Mutter-Kind ca. 75%

• Vater-Kind ca. 65%

– unsichere Eltern mit unsicheren Kindern

– traumatisierte Eltern mit desorganisierten Kindern

– Bindungsgestörte Eltern mit bindungsgestörten Kindern

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Ursachen von Bindungsstörungen

• Multiple unverarbeitete Traumatisierungen von Kindern durch Bindungspersonen– Massive Vernachlässigung– Sexuelle Gewalt– Körperliche Gewalt– Emotionale Gewalt– Häufig wechselnde Bezugssysteme– Multiple Verluste von Bezugspersonen– Zeugenschaft von Gewalt

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Folgen von Bindungsstörungen -Schwerwiegende Gefährdung des

Kindeswohls• mangelnde Beziehungsfähigkeit

• weniger pro-soziales Verhalten im Konflikt

• Geringe Stresstoleranz bei Belastungen

• Risiko für psychosomatische Störungen

• Risiko für dissoziative Erkrankungen

• Gefahr von Missbrauch und Misshandlung

• Weitergabe an die nächste GenerationCopyright KH Brisch, LMU

München 2018

Bindungsstörungen

• ohne Bindung

• Promiskuität

• Übererregung

• Hemmung

• Aggression

• Unfall-Risiko

• Rollenwechsel

• Sucht

• Psychosomatik

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SICHERE AUSBILDUNG

FÜR ELTERN

Modellprojekt zur Prävention von Bindungsstörungen

SAFE

Karl Heinz BrischKinderklinik und Kinderpoliklinik

im Dr. von Haunerschen Kinderspital

Abteilung Pädiatrische Psychosomatik und Psychotherapie

Ludwig-Maximilians-Universität München

©

Multiplikatoren

• Weiterbildung in SAFE für Menschen, die mit Schwangeren, Eltern und Säuglingen arbeiten– Schwangerschaftsberaterinnen – Hebammen und Stillberaterinnen– Krankenschwestern– Geburtshelfer– Psychologen – Kinderärzte– Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten– Sprachheilpädagogen und Sprachtherapeuten

SAFE - Mentor-

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Baby -Beobachtung im Kindergarten und in der

SchuleVorbeugung von aggressiven und ängstlichen Verhaltensstörungen

www.base-babywatching.de

B.A.S.E.Babywatching

®

John Bowlby (1980)„Emotionale Bindungen an andere Menschen sind der Dreh- und Angelpunkt im Leben eines Menschen, nicht nur in der Säuglingszeit oder im Kindergartenalter, sondern auch in der Schulzeit und Jugend sowie im Erwachsenleben bis ins hohe Alter.

Aus diesen emotionalen Bindungen schöpft ein Mensch Kraft und Lebenszufriedenheit, und er kann hieraus auch wieder anderen Menschen Kraft und Lebensfreude schenken. Dies sind Themen, in denen sich die Erkenntnisse der modernen Wissenschaft und traditionaler Weisheit treffen und übereinstimmen….“

„Wir hoffen daher, dass unser gegenwärtiges Wissen – trotz aller Unzulänglichkeiten – schon umfassend genug sein möge, um uns in unseren Anstrengungen zu leiten, denjenigen zu helfen, die bereits große psychische Schwierigkeiten haben und noch mehr andere Menschen davor zu bewahren, solche Schwierigkeiten zu bekommen.“

• In J. Bowlby (1980) Attachment and loss. Vol. III: Loss: Sadness and depression(pp. 442). New York: Basic Books. Copyright KH Brisch, LMU

München 2018

Zusammenfassung

• Eine sichere Bindung ist ein gutes Fundament für die Entwicklung der Persönlichkeit

• Bindung ist die Voraussetzung für Bildung und Autonomie

• Die sichere therapeutische Bindung ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie und BeratungStationäre Intensiv-Psychotherapie hilft schwer traumatisierten Kindern in eine positive Entwicklung

• Prävention durch SAFE und B.A.S.E.-BabywatchingCopyright KH Brisch, LMU

München 2018

Copyright KH Brisch, LMU München 2018

Copyright KH Brisch, LMU München 2018

Copyright KH Brisch, LMU München 2018

Literatur

Lektüre für Eltern und Pflegepersonen

Internationale Bindungskonferenz 05. - 07. Oktober 2018 in Ulm

BINDUNG und SCHEIDUNG

www.bindungskonferenz.de

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

www.safe-programm.dewww.base-babywatching.de

www.khbrisch.de