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Kausale Psychotherapie – eine Einführung in zentrale Konzepte Dr. Christiane Eichenberg Institut für Klinische Psychologie & Psychol. Diagnostik Veranstaltungen: Prof. G. Fischer, SS 2009

Kausale Psychotherapie – eine Einführung in zentrale Konzepte Dr. Christiane Eichenberg Institut für Klinische Psychologie & Psychol. Diagnostik Veranstaltungen:

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Kausale Psychotherapie – eine Einführung in zentrale

Konzepte

Dr. Christiane EichenbergInstitut für Klinische Psychologie & Psychol. Diagnostik

Veranstaltungen: Prof. G. Fischer, SS 2009

Gliederung

Begriffsbestimmungen

Kausale Psychotherapie

1. Was ist kausale Psychotherapie?

2. Nosologische Pyramide: Eine Klassifikation psychischer Störungen nach ätiologischen Gesichtspunkten

3. Ätiologramm

Begriffsbestimmungen (1/2)

Ätiologie (v. altgr. aitia = Ursache)Lehre von den Krankheitsursachen kausale Behandlung (causa (lat.) = Ursache)

Pathogenese (v. griech. Pathos = Leid, Schmerz; genesis = Ursprung, Entstehung)Krankheitsentstehung/-entwicklung, Vermittlungsgröße zw. Ä. und S.

Symptom (v. griech. Hinweis)subjektiv empfundene Beschwerde, Auswirkung einer Krankheit oder einer Verletzung

NOSOLOGIE

v. altgr. nosos= Krankheit;Lehre der Klassifikation v.Krankheiten

Begriffsbestimmungen (1/2)

Symptomatologie Ätiologie

Unterschiedliche Ätiologien können gleiche Symptombilder verursachen

mögliche Klassifikation nach Symptom (Symptomatologie), Ursache (Ätiologie), Verlauf (Pathogenese)

Prävention: Ohne Kenntnisse von Ätiologie u. Pathogenese keine Prävention!

Was ist kausale Psychotherapie? (1/3)

Gegensatz zur lediglich symptombezogenen Behandlung = palliativSymptomtherapie beschränkt sich darauf, das Erscheinungsbild der psychischen Störung oder Krankheit zu modifizieren.

Ziel der KP: wesentliche Bedingungen einer psychischen Störung beseitigen = kausal

moderne Traumatherapie als ein Modell

Was ist kausale Psychotherapie? (2/3)

Zwei Einstellungsmuster behinderten KP:1. symptomfixierte Sichtweise: „Es ist ausreichend, ein Symptombild dadurch

zum Verschwinden zu bringen, dass man die Bedingungen beseitigt, die es aktuell aufrecht erhalten.“ = Gegenwart

2. lösungsfixierte Sichtweise: Versuch, ein Problem zu lösen, ohne seine Ursache in Betracht zu ziehen = vorprofessionell= Zukunft

KP: determinativer / ätio-pathogenetischer Prozess wird berücksichtigt, mit dem Ziel ihn in dialektische Selbstregulation zurückzuverwandeln.= dialektische Zusammenspiel v. Gegenwart, Vergangenheit u. Zukunft

Ziel: restitutio ad integrum

Was ist kausale Psychotherapie? (3/3)

KP ist im Regelfall vorzuziehen

orientiert sich stärker an Bedürfnissen des Patienten und Struktur des Störungsbildes

bietet Möglichkeit Schulenaufspaltung zu überwinden

Behandlung der gestörten Passung von Subjekt und Objekt aus ihrem determinativen Kontext heraus

= Störungsspezifische Manuale, denn: Symptom nur die pathologische Endstrecke eines Krankheitsprozesses

! Therapieplanung !

Nosologische Pyramide (1/4)

1. Basis: 4 große ätiologische Einflusssphären (Ätiologramm)

Nosologische Pyramide (2/4)

2. Ebene: Zuordnung von Pathodynamik zu Ätiologien

Nosologische Pyramide (3/4)

3. Ebene: „pathologische Endstrecke“ mit Symptomatiken

Nosologische Pyramide (4/4)

Ätiologramm: Klassifikation psychischer Störungen nach

ätiologischen Einflüssen

D: Untersozialisation

B: Übersozialisation

C: biologisch

A: psychotraumatisch

eigenständige ätiologische Einflussgröße

bringt nicht nur die Diagnose einer PTBS hervor, sondern ein sehr breites Spektrum psychischer und somatischer Störungen (Filetti et al., 2004: landesweite epidemiologische Studie in den USA: nicht nur Morbidität, sondern auch Mortalität korreliert hoch bei zahlreichen Erkrankungen mit einem aus Belastungen und Traumata in der Kindheit gebildeten Index)

biologische Prädisposition o. prätraumatische Persönlichkeitsstörung nicht zwingend

ätiologieeigene phasenspezifische Intervention: MPTT (Fischer, 2000)1. Stabilisierung u. kognitives Durcharbeiten der traumat. Erfahrung, 2. Gestaltbildung der traumatischen Situation, 3. Traumabearbeitung u. emotionales Durcharbeiten, 4. Integration der traumatischen Erfahrung in die Persönlichkeit u. Reintegration der traumatisierten Persönlichkeit in ihr soziales Umfeld.

A: Psychische Traumatisierung

Allgemeines dominiert Besonderes strenger, rigider Erziehungsstil Vitalität der Persönlichkeit wird unterdrückt Triebimpulse und Fantasiemuster kommen nicht

zum Ausdruck Verdrängung neurotische Störung: EOIS

B: Übersozialisation

Ausgewogene Balance von Sozialisation u. Individuation: Gesunde Entwicklung.

Bsp.: Schnittmenge A+B = rigide Erziehungsnormen, die mit körperlichen Strafendurchgesetzt werden.

Besonderes dominiert Allgemeines = Sein das Handeln

Prototyp: „verwöhnte“ Kinder evtl. im Wechsel mit Vernachlässigung („laissez-faire“)

Folge: Mangel an Empathie, Normenverständnis

bei Verwahrlosung evtl. dissoziale Karriere

Verhaltenstherapeutische Maßnahmen: „Ich-Pädagogik“: TOIS

D: Untersozialisation

C: Biologische Faktoren

genetisch angeborene Faktoren

erworbene, physiologisch verankerte Dispositionen

gehen engere oder weitere Verbindungen mit übrigen ätiologischen Kontexten ein

ergänzende Pharmakotherapie

Ätiologie und Handlungspathologie

A: Psychotraumatisch: Die unterbrochene Handlung(dissoziierte Handlungsfragmente)

B: Übersozialisation: Die gehemmte Handlung(Irrationalität der Mittel)

C: Untersozialisation: Die enthemmte Handlung(Irrationalität der Ziele)

D: Biologisch: Die blockierte Handlung (z.B. Psychose)

Zusammenfassung: Ätiologramm

bilaterale Schnittmengen zwischen den vier ätiologischen Ellipsen ergeben 11 mögliche Konstellationen, die Ausgangspunkt psychischer Fehlentwicklungen sein können

bilden damit die klinischen Phänomene ab.

weitere Differenzierung nicht ausgeschlossen

Fazit

Kausale Psychotherapie mit ihren theoretischen Fundierungen als praktikable Therapieform, die verschieden Ansätze vereinen kann.

KP ist sowohl an Bedürfnissen der Patienten orientiert, als auch praktikabel im klinischen Alltag (Dokumentation, Therapieplanung u. Evaluation z.B. mit KÖDOPS).

„Da Psychotherapie ein individuelles, auf die einzelne Persönlichkeit abgestimmtes Vorgehen verlangt, erfährt eine ätiologieorientierte Therapieführung im Modell der „nosologischen Pyramide“ eine weitere Begründung“.

Fischer, G. (2006). Kausale Psychotherapie. Heidelberg: Asanger.

Psychische Traumatisierung

Einführung

anhand des Films

„NEUE WEGE NACH DEM TRAUMA“