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4/2017 Kinder- und Jugendhilfe auf neuen Wegen Jugend Seite 16 Soziales Interview: Betreuungsvereine in der Krise Seite 8 Integration Geschäftsbericht des KVJS-Integrations- amtes 2016/17 Seite 12 Fortbildung KVJS-Fortbildung große Nachfrage und neue Angebote Seite 20

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4/2017

Kinder- und Jugendhilfe auf neuen Wegen

Jugend

Seite 16

SozialesInterview: Betreuungsvereine in der KriseSeite 8

IntegrationGeschäftsbericht des KVJS-Integrations-amtes 2016/17Seite 12

FortbildungKVJS-Fortbildung – große Nachfrage und neue AngeboteSeite 20

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2 KVJS aktuell

Impressum

KVJS aktuellSeptember 2017Herausgeber:Kommunalverband für Jugendund Soziales Baden-WürttembergÖffentlichkeitsarbeitLindenspürstraße 3970176 Stuttgartwww.kvjs.de

Verantwortlich:Heide Trautwein

Redaktion:Monika Kleusch

Mit Beiträgen von:Gabriele Addow (add)Monika Kleusch (mok)Sylvia Rizvi (syr)

Titelfoto: Fotolia

Layout:Waltraud Gross

Bestellungen und Adressänderungen:Petra WagnerTelefon 0711 [email protected]

Druck:Texdat-Service gGmbH, Weinheim

Redaktioneller Hinweis:Wir bitten um Verständnis, dass aus Gründen der Lesbarkeit auf eine durch-gängige Nennung der weib-lichen und männlichen Bezeichnungen verzichtet wird. Selbstverständlich beziehen sich die Texte in gleicher Weise auf Frauen und Männer.

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4/2017 3KVJS aktuell

KVJS

Inhaltsverzeichnis

KVJS 4 Viele Wege führen auf den Arbeitsmarkt 5 KVJS-Bildungszentrum Flehingen: Klaus Boch macht den Abflug 6 Neue Heimat für Menschen mit Behinderungen in Munderkingen

SOZIALES 8 Interview: Betreuungsvereine in der Krise

INTEGRATION 11 Robin Ketterer zieht´s durch 12 Prävention wirkt: Geschäftsbericht des KVJS-Integrationsamtes 14 Behindertenfreundlicher Arbeitgeber: Alles, außer angestaubt

JUGEND 16 Kinder- und Jugendhilfe auf neuen Wegen 18 Hinweise zur örtlichen Umsetzung einer neuen SGB II-Leistung erschienen

FORSCHUNG 19 Rege Beteiligung bei Forschungsvorhaben zur KiTa-Planung

FORTBILDUNG 20 KVJS-Fortbildung – große Nachfrage und neue Angebote

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4/20174 KVJS aktuell

KVJS

Viele Wege führen auf den ArbeitsmarktNeu: Online-Kompass Übergang Schule-Beruf

Für junge Menschen mit Behinderung oder sozialen Schwierigkeiten gibt es verschie-dene Wege auf den Arbeitsmarkt. Die Dezernate Jugend, Soziales und Integration des KVJS verfügen dazu über unterschiedliche Unterstützungsmöglichkeiten. Welche, zeigt ein neuer Online-Kompass.

Berufliche Inklusion beginnt schon in der frü-hen Bildungsphase eines Menschen. Der KVJS begleitet Menschen mit Behinderungen und ihre Ansprechpartner in verschiedenen Lebensphasen mit dem Ziel der langfristigen beruflichen Inklu-sion. Der neue Online-Kompass zeigt das breite Angebot im Überblick.

Der Kompass weist die Wege in Richtung der Ziele Schule, Ausbildung, Arbeit, Rente, soziales Umfeld und Fortbildung. An jedem dieser Ziele finden unterschiedliche Zielgruppen wie Jugendliche und Erwachsene, Fachkräfte von Institutionen und Stadt- und Landkreisen oder Arbeitgeber Links auf die Angebote des KVJS, die für sie interessant sind. So soll das umfangreiche Angebot des KVJS für alle Bedürfnisse einfach zugänglich gemacht werden.

Von der Schule bis zur Rente sind alle Lebensla-gen abgedeckt: Welche Programme unterstützen einen jungen Menschen bei seiner Schullaufbahn? Was kein ein Arbeitgeber an Unterstützung erwar-ten, der einen Praktikumsplatz, einen Ausbil-dungsplatz oder einen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt? Bis hin zu Frage, wie der Übergang von der Werkstatt für behinderte Menschen in die Rente gestaltet werden kann.

mok

Weist den Weg: der neue Internetkompass.

INFO Den Online-Kompass finden Sie unter:

www.kvjs.de/themen/berufliche-inklusion/

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4/2017 5KVJS aktuell

Klaus Boch startet mit seinem Drachen zu einem Rundflug im Schweizer Kanton Graubünden. Foto: privat

KVJS

Klaus Boch macht den Abflug

Ende August trat der Leiter des KVJS-Bildungszentrums Schloss Flehingen in den Ruhe-stand. Klaus Boch steuerte 24 Jahre die Geschicke der Erwachsenenbildungsstätte.

Der Pädagoge war seit 1993 Chef des badischen KVJS-Tagungshauses

Der Diplom-Pädagoge Klaus Boch gestaltete die Curricula der dortigen Fachschulen, sorgte für modern ausgestattete Räume, war Gastgeber für unzählige KVJS-Fortbildungsveranstaltungen und hielt das Haus bau- und veranstaltungstechnisch auf dem neuesten Stand. Mit sicherem Gespür für Harmonie und Design entstand unter seiner Ägide ein historischer Tagungsort in stilvollem Ambi-ente.

Klaus Boch leitete das KVJS-Bildungszentrum im denkmalgeschützten Wasserschloss in Oberder-dingen-Flehingen im Kreis Karlsruhe seit 1. August 1993. Es beheimatet in seinen Räumen drei Fach-schulen und steht Kommunen, der freien Wohl-fahrtspflege sowie Verbänden, Vereinen und Fir-men als Tagungsstätte zur Verfügung.

Im Ruhestand will sich Klaus Boch seiner Familie widmen und sich noch stärker als bis-her um hope e. V. kümmern (www.hope-deutschland.de). Der Diplom-Pädagoge hat das Hilfsprojekt in Kenia 2010 mit seiner Frau und fünf Freunden ins Leben gerufen. Der Verein unterstützt über 200 Aids-Wai-sen in Westkenia.

Auch für Hobbies bleibt Boch mehr Zeit. Neben dem Drachenflugsport will der sportlich-schlanke Mann vermehrt paddeln und segeln gehen. Nicht zuletzt wartet sein Garten auf die gestaltende Hand des Hobbygärtners. syr

Klaus Boch. Foto: KVJS

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4/20176 KVJS aktuell

KVJS

Neue Heimat für Menschen mit Behinderungen in MunderkingenLWV.Eingliederungshilfe eröffnet Wohnprojekt

Einfach war es nicht, aber mit viel Engagement und Durchhaltevermögen aller Beteilig-ten ist eine Erfolgsgeschichte daraus geworden: Das Alte Krankenhaus der Stadt Mun-derkingen im Alb-Donau-Kreis wurde seiner neuen Bestimmung übergeben. Der Tan-nenhof Ulm betreibt dort nun ein Wohnprojekt für 20 erwachsene Menschen mit einer geistigen oder Mehrfachbehinderung.

„Barrierefreiheit hat für uns nicht nur eine bau-liche und technische Seite. Ebenso entscheidend ist, dass Menschen mit Behinderung sich ins Gemeinwesen einbringen können und in allen Bereichen am Leben in unserer Stadt teilnehmen können. Dies gelingt am besten dort, wo die Wege kurz sind, eine vielfältige Nachbarschaft vorhan-den ist und Menschen sich ohne Vorurteile im Alltag begegnen können“, sagt Norbert Peichl, Bereichsmanager Wohnen und Soziale Dienste bei der LWV.Eingliederungshilfe.

In den Grußworten wurde hervorgehoben, mit welcher Hartnäckigkeit alle Beteiligten über die Jahre an der Idee festgehalten und um Lösungen für die aufgetretenen Probleme gerungen haben. Landrat Heiner Scheffold betonte die Bedeutung für das soziale Angebot der gesamten Raumschaft. Dieter Steck, stellvertretender Verbandsdirek-tor des KVJS, dankte der LWV.Eingliederungshilfe dafür, dass sie „in vorderster Reihe steht, wenn es gilt, die politischen Forderungen nach Inklusion und Teilhabe in die Praxis umzusetzen“.

Dass sich das Engagement gelohnt hat, zeigt die große Nachfrage. Seit die ersten Wohnungen Ende vergangenen Jahres bezugsfertig waren, hat sich das Wohnprojekt kontinuierlich gefüllt. Auch die erhofften Kontakte der neuen Bewohner ins Mun-derkinger Gemeinwesen gibt es schon.

In Munderkingen werden die Klienten in die Gestaltung des Tagesablaufs einbezogen und bekommen mehr Verantwortung bei der Bewäl-tigung ihres Alltags. „Sie wagen etwas Neues und nehmen ihr Leben künftig noch mehr in die eige-nen Hände, als dies bisher möglich war“, sagte Joachim Kiefer, Geschäftsführer der LWV.Einglie-derungshilfe. Fachlich steht hinter dem Wohnpro-jekt die Kompetenz des traditionsreichen Ulmer Tannenhofs, dem das Munderkinger Haus als Außenstelle angegliedert ist.

LWV.EH

(v.li.) Bürgermeister Dr. Michael Lohner, Investor Andreas Dünkel, stellv. KVJS-Verbands-direktor Dieter Steck, LVW.EH-Geschäftsführer Joachim Kiefer und Landrat Heiner Schef-fold. Foto: LWV.EH

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4/2017 7KVJS aktuell

SOZIALES

Ein erfolgreiches Projekt für Karin GlöklerMüssen Menschen mit Schwerst- und Mehrfach-behinderungen auf die Berufstätigkeit verzichten? Nein, fanden drei vom KVJS geförderte Projekte in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) heraus. Sie hatten neue Ansätze zur Integration in die Werkstätten erprobt. Auf der KVJS-Fachtagung zum Bundesteilhabegesetz in Stuttgart Anfang Juli erfuhren mehr als 100 Teilnehmende vom erfolgreichen Abschluss der Projekte in den Land-kreisen Biberach, Lörrach und Alb-Donau.

„Unser Projekt war ein Erfolg“, sagt KVJS-Pro-jekt-Koordinatorin Bettina Süßmilch. „Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, können auch Menschen mit schweren Beeinträchtigungen das

geforderte Mindestmaß an wirtschaftlich verwert-barer Arbeit erbringen. Und davon profitieren alle am Projekt Beteiligten.“ Die „Arbeitsgruppe Durchlässigkeit“ des KVJS befasst sich seit einigen Jahren mit der Teilhabe von Menschen mit hohem Hilfebedarf am Arbeitsleben. Wissenschaftlich be-gleitet wurden die Landkreise durch Prof. Gregor Renner von der Katholischen Hochschule Freiburg. Sein ausführlicher Projektbericht befindet sich zur Zeit im Druck.

„Ich kann mehr, als ihr denkt“ – Den Kurzfilm mit Projekt-Teilnehmerin Karin Glökler aus Ehingenwww.youtube.com/user/KommunalverbandKVJS

Süssmilch/syr

Leben im Alter: Weiterhin Geld für innovative Projekte Das Ministerium für Soziales und Integration stellt zur Weiterentwicklung der Infrastruktur von Ange-boten der Unterstützung, Betreuung und Pflege auch im Jahr 2018 Zuwendungsmittel im Rahmen des Innovationsprogramms Pflege zur Verfügung. Das Land hat den KVJS damit beauftragt, das För-derverfahren für das Programm durchzuführen. Bewerbungsschluss ist der 31. Oktober 2017.Das Land will die Mittel für Projekte und Maßnah-men einsetzen, die zum Ziel haben, sozialraumo-rientierte und innovative Versorgungsstrukturen weiterzuentwickeln. Außerdem können ambulant betreute Wohngemeinschaften und Angebote der Tages-, Nacht- und Kurzzeitpflege gefördert werden. Bei den Wohngemeinschaften fördert das Land erstmals den Prozess der Initiierung und Umsetzung einer Wohngemeinschaft. Bewerben können sich potenzielle Träger wie Stiftungen, Vereine, Stadt- und Landkreise oder auch Privat-personen.

INFO Unterlagen zum „Innovationspro-

gramm Pflege 2018“ Die Ausschreibung, den Bewerbungsbogen und die Merkblätter zu den einzelnen Förderschwerpunkten, die Förderkriterien und Hinweise zum Verfahrensablauf finden Sie beim Landessozialministerium unter www.sozialministerium.baden-wuerttemberg.de/de/gesundheit-

Ein Ziel des Programms ist es, häusliche Pflegear-rangements im Rahmen von Quartiersentwicklung zu unterstützen und zu stärken. Ansprechpartnerin beim KVJS ist Ebru Kahraman, [email protected]. syr

pflege/pflege/pflegeinfrastruktur/innovationsprogramm-pflege/

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4/20178 KVJS aktuell

SOZIALES

Betreuungsvereine in der KriseÜber die Zukunft zwischen Staat und Markt

Die Vereine müssten sich völlig neu aufstellen, fordert Prof. Dr. Reiner Adler. Beim KVJS-Fachtag Querschnittsarbeit in Stuttgart diskutierten im Juli über 100 Fachleute aus Betreuungsvereinen, -behörden und -gerichten mit dem Verwaltungswissenschaftler und Soziologen.

25 Jahre nach Inkrafttreten des Betreuungs-gesetzes stecken die Betreuungsvereine in der Krise. Viele haben wenige Mitglieder, hängen am staatlichen Fördertropf oder schlittern Richtung Insolvenz. Herr Prof. Adler, was machen Betreuungsvereine Ihrer Meinung nach falsch?

Rückblickend haben die Betreuungsvereine aus der gesetzlichen Funktion zur Ehrenamtsbeschaffung fälschlicherweise eine auskömmliche Bestands-garantie als „drittes Strukturelement“ an der Seite der Betreuungsgerichte und -behörden abgelei-tet. Die Positionierung der Betreuungsvereine als dienstbare Geister des Staates bietet aber weder eine ideelle noch eine wirtschaftliche Perspektive. Betreuungsvereine wurden aber vom Gesetzgeber nicht an die Seite des Staates, sondern zwischen Staat und Markt gestellt. Diesen Dritten Sektor im Betreuungswesen gilt es, mit einer dritten Logik der Zivilgesellschaft zu besetzen.

Trifft Ihre Analyse für ganz Deutschland zu oder ist die Lage in Baden-Württemberg besser?

In Ost-Deutschland werden die systemischen Probleme deutlicher als im Westen. Vereinskul-tur, bürgerschaftlicher Habitus und Trägerstruk-turen sind nicht so weit entwickelt, Subsidiarität hat weniger Bedeutung. Vielleicht aber nehmen die ostdeutschen Betreuungsvereine die Entwick-lung in Deutschland vorweg. Auch westdeutsche Vorstände lassen sich die Funktion des Betreu-ungsvereins vom Gesetz und den Behörden vor-schreiben, ohne einen eigenen Beitrag für das

Betreuungswesen zu formulieren.

Wie könnten sich die Vereine aus der Misere retten?

Erfolgreiche Betreu-ungsvereine zeichnen sich durch eine auf Wachstum gestellte Mitgliederbasis aus. Ihre Verwurzelung strebt in die Zivilgesell-schaft, die Lebenswelt der Betroffenen und Ratsuchenden. Damit geht ein erfolgreiches Fundraising durch Spenden, Bußgelder und Mitgliedsbeiträge einher, was auf eine große bürgerschaftliche Attraktivität verweist. Diese Betreuungsvereine münzen gezielt die Unterstüt-zung ihrer Klientel in Mitgliedschaft und Förde-rung um, und zwar unabhängig vom tatsächlichen Finanzierungsbedarf.

Betreuungsvereine produzieren nämlich Sozialka-pital, nicht ehrenamtliche Betreuer. Ihre Kernkom-petenz liegt in der autonomen Schnittstelle zur Zivilgesellschaft, der Vereinsrechtsform und der Gemeinnützigkeit. Sie machen dem Betreuungs-wesen ein eigenes höchstmoralisches Angebot solidarischer Netzwerke und bürgerschaftlichen Engagements. Entsprechend sollten sich Betreu-

„Betreuungsvereine sollten sich als Politi-kum verstehen und kritisch am kommuna-len Diskurs beteiligen“, sagt der Soziologe Prof. Dr. Reiner Adler. Fotos: Rizvi

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4/2017 9KVJS aktuell

Rege Diskussionen gab es in den Workshops des Fachtags Querschnittsarbeit 2017.

SOZIALES

ungsvereine als Politikum verstehen und kritisch am kommunalen Diskurs beteiligen, statt brav Erfüllungsgehilfen der Betreuungspolitik zu sein.

Welcher konkrete Schritt sollte für einen Betreuungsverein der erste sein?

Der zivilgesellschaftliche Betreuungsverein hat spe-zifische Aufgaben und muss sich rechnen, denn was nichts kostet, ist nichts wert. Betreuungsver-eine brauchen eine Vergütungsordnung für Bera-tungsangebote, wie Ärzte und Notare. Sie sollten nicht nur zu Vollmachten beraten, sondern diese auch beglaubigen dürfen und als Hinterlegungs-stelle fungieren. Deshalb brauchen die Vereins-mitarbeiter ein Zeugnisverweigerungsrecht und Beschlagnahmeverbot nach §§ 53, 97 StPO. Not-wendig ist ein Schulterschluss der Behörden und Betreuungsvereine, damit deren Position nicht wei-ter, insbesondere von Banken, untergraben wird.

Wie sehen Sie die Funktion von Betreuungs-vereinen und Berufsbetreuern mit Blick auf die Zukunft?

Betreuungsvereine sind Weichensteller in die Zivil-gesellschaft: Deshalb sollten vorläufige Betreu-ungen vorrangig Vereinsbetreuern übertragen werden. Werden sie Berufsbetreuern übertra-gen, werden sie zum Einfallstor in die marktliche Berufsbetreuung. Auch bei Verfahrenspflegschaf-ten sollten viel öfter Mitarbeiter von Vereinen die Interessen der Betroffenen vertreten. Denn wenn vor dem Betreuungsgericht ein Betreuer bestellt oder eine Unterbringung angeordnet werden soll, geht es immer um Eingriffe in Bürgerrechte. Ein Betreuungsverein sollte besonders dann beteiligt

oder bestellt werden, wenn eine Betreuung in allen Angelegenheiten angestrebt wird, schließlich droht der weitgehende Entzug der Bürgerrechte. Betreu-ungsvereine müssen sich also zum Ausgangs- und Fluchtpunkt eines zivilgesellschaftlichen Verständ-nisses des Betreuungswesens entwickeln.

Fanden Ihre provokanten Thesen auf dem Fach-tag kräftig Contra?

Der Workshop zeigte das Interesse an zivilgesell-schaftlichen Argumenten für Betreuungsvereine. Betriebswirtschaftliche Sachzwänge, örtliche und verbandliche Verstrickungen limitieren freilich die Spielräume. Manche Betreuungsvereine machen sich bereits auf den Weg, jetzt geht es um die kon-sequente zivilgesellschaftliche Interpretation. Der Weg wird kein leichter sein, aber vielleicht ist er ohne Alternative.

Das Interview führte Sylvia Rizvi

INFO

Die Dokumentation zur Jahrestagung Querschnittsarbeit finden Sie unter www.kvjs.de/soziales/service-betreuungsrecht/fachtag

Der BetreuungsvereinDie 77 anerkannten Betreuungsvereine in Baden-Württemberg haben nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch den Auftrag, Ehrenamtliche als rechtliche Betreuer zu gewinnen, zu beraten und zu begleiten. Ihre fest angestellten Mitarbeiter führen selbst rechtliche Betreuungen.

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4/201710 KVJS aktuell

SOZIALES

Ambulant unterstützte Wohnformen im Quartier einrichten Mit ambulant betreuten Wohngemeinschaften und deren Gründung im Quartier beschäftigt sich die Herbsttagung der Stuttgarter Fachstelle ambu-lant unterstützte Wohnformen (FaWo). Sie findet am 5. Dezember 2017 im Hospitalhof in Stuttgart statt. Vollständig selbstverantwortete Wohngemein-schaften und anbietergestützte ambulant betreute Wohngemeinschaften ermöglichen den Aufbau kleinteiliger kollektiver Wohnformen für Menschen mit Pflegebedarf und Behinderungen, die im gewohnten Quartier bleiben möchten. Die ganztägige Fachtagung stellt ambulant betreute Wohngemeinschaften als entscheidende Ele-mente der Quartiersentwicklung vor. Die FaWo gewann hierzu unter anderen die renommierte

Expertin Frau Ursula Kremer-Preiß vom Kuratorium Deutscher Altershilfe (KDA) aus Köln. Ergänzend stellen erfahrene Projekt-Akteure interessante Pro-jekte vor.

Darüber hinaus bietet die vom Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg und der Fachstelle veranstaltete Tagung Gelegenheit zum Austausch und zur Vernetzung.

Die Teilnahme ist kostenlos, um eine Anmeldung bei der FaWo wird gebeten.

Anmeldung und weitere Informationen: www.kvjs.de/soziales/fawo-fachstelle-fuer-ambulant-unterstuetzte-wohnformen.html

syr/Fawo

Nach 23-jähriger Tätigkeit für das Inklusionsunter-nehmen ZEMO mit Sitz in Ellwangen hat sich der kaufmännische Geschäftsführer Albert Lenz in den Ruhestand verabschiedet. Ihm folgt JoachimKiefer nach, der als Geschäftsführer der LWV.Ein-gliederungshilfe GmbH und des Inklusionsunter-nehmens Insiva umfangreiche Erfahrung mit-bringt. Er bildet gemeinsam mit Hans Löcher, der dem Unternehmen als technischer Geschäftsfüh-rer erhalten bleibt, die Leitung des Unternehmens, das sich vor allem der Metallbearbeitung widmet.

„Wir freuen uns, dass wir mit Joachim Kiefer einen kompetenten Geschäftsführer gewinnen konnten, der eines der traditionsreichsten Inklusionsunter-

Neue Geschäftsführung beim Inklusionsunternehmen ZEMO nehmen Deutschlands in die Zukunft führen wird“, sagte Dieter Steck, stellvertretender KVJS-Ver-bandsdirektor, anlässlich der Einsetzung.

Im kommenden Jahr begeht die ZEMO (der Name steht für „Zerspanung und Montage“) ihr 25-jähri-ges Firmenjubiläum. Die inzwischen 28 Mitarbei-ter bezogen vor gut drei Jahren ein neues Domizil im Gewerbegebiet „Virngrund“, das gemeinsam mit der Werkstatt für Menschen mit Behinderung des Ellwanger Rabenhofs und der Insiva GmbH als weiterem Inklusionsunternehmen genutzt wird. Als Zulieferer arbeitet die ZEMO GmbH für mehr als 80 Firmen im Ostalbkreis und weit darüber hin-aus. LWV.EH

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4/2017 11KVJS aktuell

Robin Ketterer (Bildmitte) legt Hand an sein neues Arbeitsgerät. Foto: Cornelia Putschbach, Südkurier

INTEGRATION

Robin Ketterer zieht´s durchBauhof Unterkirnach hat Zuwachs bekommen

Treckerfahren. Klingt wie ein typischer Jungstraum. Für Robin Ketterer wurde er wahr. Er arbeitet auf dem Bauhof in Unterkirnach. Das KVJS-Integrationsamt bezuschusste sein wichtigstes Arbeitsgerät – einen Traktor.

Zunächst war Robin Ketterer nur Praktikant auf dem Bauhof der Gemeinde Unterkirnach. Der Integrationsfachdienst Schwarzwald-Baar-Heu-berg hatte dem geistig behinderten jungen Mann den Platz vermittelt – und damit offenbar einen Glücksgriff getan. Denn Bürgermeister Andreas Braun wie Bauhofleiter Manfred Riehle waren sich einig, dass Robin Ketterer für den Bauhof wie für die Gemeinde „eine absolute Bereicherung“ dar-stellt. Robin Ketterer sollte bleiben, aus seinem Praktikum eine feste Anstellung bei der Gemeinde werden.

Erfolgreiche KVJS-Aktion

Robin Ketterer profitiert von dem Programm „Aktion 1000 – Perspektive 2020“ des KVJS-Inte-grationsamtes. Er war Teilnehmer des während der Aktion entwickelten berufsbildenden Angebots der Berufsvorbereitenden Einrichtung und der daran anschließenden Kooperativen Beruflichen Bildung und Vorbereitung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt (KoBV). Wichtiger Bestandteil des Programms ist die intensive Begleitung durch den Integrationsfachdienst und Praktika, um verschie-dene Berufsfelder kennen zu lernen.

Die Gemeinde Unterkirnach bekommt aber nicht nur einen motivierten Mitarbeiter. Sie wird auch durch den Integrationsfachdienst und das KVJS-Integrationsamt kompetent beraten. Das Inte-grationsamt gab auch einen kräftigen Zuschuss für Robin Ketterers Arbeitsgerät auf seiner neu geschaffenen Stelle: einen funkelnagelneuen Trak-tor mit Automatikgetriebe, inklusive Zusatzaus-stattungen für den Grünbereich und Winterdienst.

In den ersten drei Jahren des neuen Arbeitsver-hältnisses zahlt die Agentur für Arbeit einen Ein-gliederungszuschuss, danach kommen Lohnkos-tenzuschüsse vom KVJS-Integrationsamt und dem Landkreis.

Seit Start der Aktion im Jahr 2005 konnten bereits rund 4.100 meist junge Menschen mit Behinde-rung erfolgreich auf den allgemeinen Arbeits-markt vermittelt werden. Robin Ketterer ist nun einer von ihnen.

mok

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4/201712 KVJS aktuell

INTEGRATION

Prävention wirktGeschäftsbericht des KVJS-Integrationsamtes 2016/17 erschienen

Sie werden immer weniger: die Anträge auf Zustimmung zur Kündigung schwerbehin-derter Beschäftigter, die beim KVJS-Integrationsamt eingehen. Dafür ist seine Expertise bei der Prävention immer stärker gefragt. Offenkundig mit Erfolg.

Die Rahmenbedingungen, in denen das KVJS-Integrationsamt arbeitet, sind weiterhin durch die hohe Arbeitslosigkeit unter schwerbehinderten Menschen gekennzeichnet. Auch der allgemeine gute Arbeitsmarkt und die Konjunktur in Baden-Württemberg haben hier keine Verbesserung gebracht. Die Beschäftigungsquote in Baden-Württemberg betrug 2015 bei den Arbeitgebern der Privatwirtschaft 4,15 Prozent (Vorjahr: 4,16 Prozent) und bei den Arbeitgebern des Öffent-lichen Dienstes 5,55 Prozent (Vorjahr: 5,66 Pro-zent).

Gleichzeitig sind aber die Anträge der Arbeitgeber auf Zustimmung zur Kündigung weiterhin rück-läufig. Die Nachfrage nach den Beratungsdienst-leistungen und den Leistungen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben des Integrationsamtes ist weiterhin deutlich angestiegen. Mit 2.862 Anträ-gen auf Zustimmung zur Kündigung schwerbehin-derter Menschen wurde 2016 ein Zehn-Jahres-Tief erreicht. Weniger Antragseingänge gab es zuletzt im Jahr 2007 (2.758 Anträge). Das ist nicht nur der guten Konjunktur geschuldet, sondern auch den Auswirkungen von Prävention und Betrieblichem Eingliederungsmanagement (BEM).

In den Präventionsverfahren aus personenbeding-ten Gründen werden die Kompetenz und die In-strumentarien des KVJS-Integrationsamtes beson-ders wirksam. Von den 714 Präventionsfällen, die das KVJS-Integrationsamt 2016 abschließen konnte, wurden 88 Prozent erfolgreich stabilisiert. In 513 Fällen konnte nach umfangreicher Beratung das Arbeitsverhältnis ohne weitere Maßnahmen

gesichert werden. In 99 Fällen wurde das Arbeits-verhältnis durch Leistungen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben gesichert. 15 Fälle gingen an den zuständigen Rehabilitationsträger. Lediglich 87 Fälle mündeten in eine Kündigung.

Aktion 1000: Erfolg verstetigt

Bereits seit 2005 unterstützt das KVJS-Integra-tionsamt den Übergang von Beschäftigten in der Werkstatt für behinderte Menschen und von Schü-lern mit sonderpädagogischem Förderbedarf auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Im Rahmen der KVJS-Aktion 1000 wurden neue Instrumente ent-wickelt und sehr erfolgreich eingesetzt. Nun hat auch der Gesetzgeber diese Thematik im Bundes-teilhabegesetz aufgegriffen. Etwa mit der Beteili-gungsmöglichkeit des Integrationsamtes an den Leistungen zur beruflichen Orientierung sowie an einem sogenannten Budget für Arbeit, das die Träger der Eingliederungshilfe für die Arbeitgeber erbringen. Eine wichtige Aufgabe im laufenden Jahr 2017 ist es daher, Regelungen zu finden, wie die erfolgreichen Instrumente der „Aktion 1000“ des KVJS mit der neuen gesetzlichen Regelung in Einklang gebracht werden können. Kernstück wird dabei die Verlängerung des Förderprogramms „Aktion Arbeit“ in Baden-Württemberg sein, für das das KVJS-Integrationsamt erhebliche Mittel aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stellen wird. Der bisherige Ansatz des KVJS und der neue Ansatz des BTHG sollen miteinander verbunden und die Zusammenarbeit der Beteiligten weiter verbessert werden.

mok

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4/2017 13KVJS aktuell

INTEGRATION

Neuer CAP-Mart in Karlsruhe-Rintheim eröffnet

Der inklusive Markt im Rintheimer Feld bietet acht Menschen – davon vier mit Handicap – einen sicheren Arbeitsplatz. Und die örtliche Bevölkerung freut sich über einen Nah-versorger.

Einkaufen Inklusiv

Betrieben wird der neue Supermarkt vom Inklu-sionsunternehmen Beschäftigungszentrum Karls-ruhe gGmbH (BZKA), deren Gesellschafter die Lebenshilfe Karlsruhe, Ettlingen und Umgebung ist. „Ich bedanke mich bei allen die zum Gelingen des neuen Marktes beigetragen haben. Unser Ziel ist eine Inklusion, in der jeder seine Kompeten-zen einbringen kann“, sagte BZKA-Geschäftsführer Frank Schäfer. Er konnte als sichtbaren Beitrag des KVJS-Integrationsamtes den Förderbescheid von Dezernent Karl-Friedrich Ernst entgegen nehmen.

Beeindruckt vom Interesse der Anwohner zeigte sich Michael Kaiser, Leiter der städtischen Wirt-

schaftsförderung. „Wir fanden das Konzept in Sachen Inklusion sehr überzeugend. Dies wird die Nahversorgung ver-bessern und schließt auch den Technologie-park mit ein.“ Auch der Bürgerverein war vom Pro-jekt angetan. Lange sei über die mangelnde Nah-versorgung im Quartier diskutiert worden. „Mit dem neuen Nahversorger sind wir sehr zufrieden“, so Helmut Rempp, der auch die Volkswohnung für die Realisierung des Projekts lobte.

mok

Gebärdensprachdolmetscher und Arbeitsassistenz: Integrationsamt passt Gebührensätze anDas KVJS-Integrationsamt hat zum 1. Juli 2017 die Gebührensätze für Gebärdensprachdolmetscher angehoben. Sie erhalten statt 60 Euro nun 75 Euro pro voller Einsatzstunde einschließlich der Fahrt- und Wartezeiten. Die neuen Sätze entsprechen den mittlerweile in den meisten Bundesländern üblichen.

Auch Personen, denen das KVJS-Integrations-amt ein persönliches Budget für Arbeitsassistenz

gewährt, können ihren Assistenten mehr bezah-len. Beim Arbeitgebermodell wird ein Assistenz-lohn bis 14 Euro (vorher: 12,62 Euro) pro Stunde einschließlich Sozialversicherungsanteilen des Arbeitgebers vom KVJS-Integrationsamt aner-kannt, beim Dienstleistermodell ein Stundensatz bis 25 Euro (vorher: 20,00 Euro) pro Stunde ein-schließlich der Umsatzsteuer.

mok

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4/201714 KVJS aktuell

INTEGRATION

Serie Ausgezeichnet!

Alles, außer angestaubtBei einem beispielhaft behindertenfreundlichen Arbeitgeber

Nach einer turbulenten Geschäftsentwicklung mit Höhen und Tiefen besteht die Mann-schaft zur Zeit aus acht Personen, davon drei der vier Vollzeitmitarbeiter mit Behinde-rung. Aber Innofil, Spezialist für innovative Entstaubungsanlagen in Schwetzingen, ist gerade dabei, ganz groß durchzustarten.

An seine ersten Fachleute für seinen Betrieb in Schwetzingen kam Andreas Müller, Inhaber, Hirn und Herz der LWK Innofil GmbH, über einen alten Schulfreund, mittlerweile Dozent bei der Stiftung Rehabilitation Heidelberg (SRH). Als der 2008 beim traditionellen Weihnachtfrühschoppen des Freundeskreises davon hörte, dass Müller sein Unternehmen in Schwetzingen ansiedeln wollte, empfahl er spontan Absolventen seines Lehrgangs zum Technischen Produktdesigner.

Die Ausbildung gehört zum breitgefächerten Weiter-bildungs- und Studienangebot des SRH-Berufsför-derungswerks. Dort können sich Menschen für eine neue Tätigkeit qualifizieren, die ihren ursprüngli-chen Beruf aus Krankheits- oder Behinderungsgrün-den nicht mehr ausüben können. Zusätzlich kann der Arbeitgeber noch finanzielle Unterstützung durch das Integrationsamt bei der Arbeitsplatzaus-stattung und bei behinderungsbedingten Leistungs-schwächen des Arbeitnehmers erhalten.

Hat ein Händchen für neuartige Filteranlagen: Andreas Müller. Foto: Kleusch

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4/2017 15KVJS aktuell

INTEGRATION

Der Diplomingenieur wollte die kleine Firma für Filteranlagen, die er zwei Jahre zuvor im Raum Böblingen übernommen hatte, ins heimatliche Schwetzingen verlagern. Von den Beschäftig-ten mochte niemand ins Badische umziehen. Der Unternehmer brauchte neue Leute. Müller zögerte nicht lange und fand über die SRH bald passende Kandidaten. Dass er mit der neuen Sekretariats-kraft eine dritte schwerbehinderte Mitarbeite-rin eingestellt hatte, erfuhr er erst später, als die Dame im Bewerbungsverfahren bereits erfolgreich mehr als 100 Mitbewerber ausgestochen hatte. Sein Kommentar: „Für mich ist wichtig, dass die Arbeit richtig und zuverlässig gemacht wird.“ Was zählt, ist Kompetenz.

Müller weiß, dass es für – fast – jedes Problem eine passgenaue Lösung gibt. Immerhin ist das seine Geschäftsgrundlage. Der leidenschaftliche Tüft-ler hat ein neuartiges selbstreinigendes Staubfil-tersystem entwickelt. Mal filtert es Mehlstaub in einer Waffelfabrik, mal den Steinstaub in einem Steinmetzbetrieb oder explosive Metallstäube bei einem Oberflächenveredler. „Unsere Filtersysteme sind im Vergleich mit Standard-Anlagen sehr klein und kompakt und lassen sich auch dort noch auf-stellen, wo andere Systeme zu groß sind. Sie spa-ren außerdem im Vergleich zu den alten Systemen 30 Prozent Energie und die Abluft hat dazu noch Reinluftqualität.“, sagt er über seine professionel-len Entstaubungsanlagen. Entstaubungsanlagen

von Innofil sind weltweit im Einsatz. In Schwetzin-gen werden sie geplant, konstruiert und die klei-neren auch montiert.

Mit dem SRH-Berufsbildungswerk ist der vielbe-schäftigte Ingenieur weiter im Kontakt: „Wir haben immer wieder auch Praktikanten von dem Berufs-bildungswerk“, erklärt er. „Wenn sie sich gut anstel-len und ins Team passen, dann haben sie durchaus die Chance übernommen zu werden.“ Schließlich werden die Auftragsbücher immer voller. Andreas Müller wird wohl bald wieder neue Leute brau-chen.

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FO

Beispielhaft behindertenfreundliche Arbeitgeber …

… zeichnet der KVJS in jedem Jahr aus. Die Preisträger haben mehr Beschäftigte mit Behinderung, als gesetzlich vorgeschrieben und ragen durch besonderes Engagement bei der beruflichen Inklusion dieser Mitarbei-ter hervor.Die Preisträger werden von einer Jury bestimmt, die mit Vertretern von Gewerkschaft, Arbeitgebern, VdK und KVJS besetzt ist.

Bildungsmesse in StuttgartAm 17. November 2017 findet zum zweiten Mal die Fachmesse „Orientierung, Qualifizierung und Arbeit für Menschen mit Behinderung“ statt. Diesmal in den Räumen der IHK Region Stuttgart, Jägerstraße 30. Geboten wird ein breites Ange-bot an Informationen, Erfahrungsberichten und Praxisbeispielen. Außerdem bieten sich vielfältige Möglichkeiten, Kontakte zu knüpfen. Anschaulich dargestellte Musterarbeitsplätze und Infostände vermitteln einen Blick in die Praxis.

Ein paralleler Fachtag für Arbeitgeber bietet Infor-mationen zur Arbeitsgestaltung, dem Ausgleich von Leistungsminderungen und Fördermitteln, sowie den damit zusammenhängenden Pflichten des Arbeitgebers. Auch das KVJS-Integrations-amt wird mit Fachvorträgen und einem Infostand dabei sein.Der Eintritt ist kostenlos. Weiter Informationen unter www.stuttgarter-fachmesse.de/

mok

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4/201716 KVJS aktuell

JUGEND

Kinder- und Jugendhilfe auf neuen WegenKVJS unterstützt sechs Modellvorhaben

Das Landesjugendamt des KVJS fördert in diesem Jahr sechs neue Modellvorhaben zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe mit insgesamt rund 340.000 Euro. Das hat der Landesjugendhilfeausschuss beschlossen. Die Vorhaben haben eine Laufzeit von drei Jahren.

Die Förderung betrifft Vorhaben aus den vier thematischen Schwerpunkten „Inklusive Ansätze im Gemeinwesen/im Sozialraum“, „Armuts- und Risikolagen im jungen Erwachsenenalter“, Parti-zipation von Mädchen und Jungen“ und „Integra-tion von Kindern, Jugendlichen und Familien mit Fluchterfahrung“. Alle Vorhaben werden von Fach-kräften des Landesjugendamtes begleitet und sollen Ergebnisse erzielen, von denen auch andere Regionen zum Beispiel in Form von Tagungen, Leitfäden und Handreichungen profitieren.

Folgende Ansätze unterstützt der KVJS als Modellvorhaben:

FSAD Hilfe (Träger: Fazit GmbH Stuttgart)

In einer landesweiten Beratungsstelle sollen Präven-tion und Öffentlichkeitsarbeit zum Fetalen Alkohol-

syndrom (FASD) intensiviert werden. Wichtige wei-tere Zielsetzung ist die Beratung des Bezugs- und Helfersystems sowie von Betroffenen. Das Projekt bezieht regionale Netzwerke mit ein und berück-sichtigt dabei die besondere Situation von Mäd-chen und Jungen sowie die kulturellen Kontexte.

Die Stimme der Adressaten (Träger: Landrat-samt Böblingen in Kooperation mit sieben freien Jugendhilfeträgern)

Das Vorhaben möchte praxistaugliche Instru-mente und Verfahren für eine Befragung der Nut-zer von Jugendhilfeleistungen sowie deren Eltern entwickeln. Ziel ist es, die Wirkung der Jugendhilfe aus Sicht der Betroffenen zu bewerten. Die Pla-nung und Steuerung der Hilfen lässt sich dadurch optimieren und es können passgenaue Hilfen angeboten werden.

Der KVJS fördert jedes Jahr innovative Projekte der Jugendhilfe. Foto: Fotolia

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4/2017 17KVJS aktuell

JUGEND

Suchtprävention für geflüchtete Mädchen und Jungen (Träger: Baden-Württembergischer Lan-desverband, Fachstelle Sucht Villingen-Schwen-ningen)

Bewährte Methoden der Suchtprävention sollen für die Zielgruppe der geflüchteten Mädchen und Jungen im Schwarzwald-Baar-Kreis weiterentwi-ckelt werden. Es ist unter anderem vorgesehen, aufgrund der mangelnden Sprachkenntnisse mit bild- und filmgestütztem Material auf die migra-tions- und geschlechtsspezifische Situation im Hinblick auf den Suchtmittelkonsum einzugehen.

Systemgrenzen für junge Menschen mit beson-deren Herausforderungen im Landkreis Reut-lingen überwinden (Träger: pro juwenta gGmbH)

Jugendliche, die sämtliche Systeme der Jugend-hilfe zu sprengen scheinen, wechseln häufig Ein-richtungen und Bezugspersonen. Das Scheitern hinterlässt Spuren auf beiden Seiten. Das soll im Landkreis Reutlingen anders werden. Geplant ist, ein effektiveres Fallmanagement aufzubauen und dabei die Maßnahmen-, Träger- und Profes-sionsgrenzen bewusst zu überschreiten. Für jeden betroffenen Jugendlichen wird ein individuelles Hilfesystem gebaut, das wandlungsfähig genug ist, um mit den überraschenden Wendungen in der Lebensgeschichte mitzuhalten und System-wechsel zu verhindern.

Lernfamilie als Praxismodell (Träger: Sophien-pflege, Evangelische Einrichtung für Jugendhilfe e. V., Tübingen)

Im Fokus stehen die Lernfamilien, in den Schüle-rinnen und Schüler der Klassenstufen 1 bis 4 des sonderpädagogischen Bildungs-und Beratungs-zentrums (SBBZ-mit Förderschwerpunkt sozial emotionale Förderung) ganztägige Bildung und Förderung erhalten. In den Lernfamilien arbeiten Sonderpädagogen und Fachleute der Kinder- und Jugendhilfe an einem gemeinsamen Bildungs-, Erziehungs- und Unterstützungsauftrag. Metho-

den wechseln im Tagesablauf: Arbeits- und Spiel-phasen, Gruppenangebote, Einzelförderung, Ruhe und Bewegung. Ziel ist auch die schnellere Rück-führung in die Regelschule. Die Förderung der Kin-der erfolgt kooperativ aus einer Hand.

Konzepte der Integration von UMA’s im Boden-seekreis und in Konstanz (Träger: Linzgau-Kin-der- und Jugendheim e. V.)

Flucht-, herkunfts- und bildungsspezifische, aber auch ausländerrechtliche Aspekte und Medien-kompetenz sind Herausforderungen, die sich bis-her kaum in den Konzeptionen zur Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Ausländer (UMA) widerspiegeln. Es gilt daher, bedarfsgerechte Kon-zepte zu entwickeln, die vor allem auch auf die Integration der UMA im Gemeinwesen (Schule, Ausbildung, Vernetzung, Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen), zielen und die Übergänge nach der Jugendhilfe mit bedenken.

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INFO Modifizierte Förderschwerpunkte für 2018

Das Thema Partizipation hat sich in der fachlichen Diskussion inzwischen weiterentwickelt und soll auf das Ziel der Demokratiebildung und Aktivie-rung junger Menschen hin erweitert werden. Und: Inklusion bedeutet Teil-habe für alle und bezieht sich nicht nur auf Menschen mit Behinderung. Die aktuellen Förderschwerpunkte für die Modellvorhaben 2018 werden daher entsprechend modifiziert.

Weitere Informationen finden Sie unter www.kvjs.de/jugend/modellvorhaben/

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4/201718 KVJS aktuell

JUGEND

Damit kein junger Mensch verloren gehtHinweise zur örtlichen Umsetzung einer neuen SGB II-Leistung erschienen

Zum 1. August 2016 traf der Gesetzgeber mit Paragraf 16h SGB II eine neue Regelung zur Förderung schwer erreichbarer junger Menschen. Jetzt sind Hinweise zur Umsetzung in Baden-Württemberg erschienen. Der KVJS hat sie gemeinsam mit der Agentur für Arbeit, den Kommunalen Landesverbänden sowie dem Sozial- und Wirtschaftsministerium erar-beitet.

Von zuhause ausgerissen und wohnungslos? Den Kontakt zum Jobcenter abgebrochen? Bereits in der Schule den Anschluss verloren, weil einen die üblichen Lehrformen nicht erreicht haben und man aufgegeben hat? Landesweit gibt es ein brei-tes und differenziertes Angebot an Leistungen und sozialpädagogischen Hilfen für junge Men-schen. Trotzdem gibt es Jugendliche und junge Erwachsene, die von den herkömmlichen Angebo-ten der Sozialleistungssysteme nicht erreicht wer-den. Mit der Förderung möchte der Gesetzgeber diese Lücke schließen „Es ist notwendig, diesen jungen Menschen einen Zugang zu den Angebo-ten der Jugendhilfe, des Bildungssystems und der Arbeitsförderung zu ermöglichen“ sagt Andreas Pchalek vom KVJS-Landesjugendamt.

Die enge Kooperation der Jugendhilfe, der Jobcen-ter und der Arbeitsförderung bildet die Basis für die Umsetzung der neuen Leistung. Die gemein-sam auf Landesebene erarbeiten Hinweise sollen der Praxis vor Ort einen Rahmen geben, für diese

Zielgruppe passgenaue Hilfen zu entwickeln, Abstimmungsprozesse fachgerecht zu handhaben und Finanzierungen – auch im Rahmen des Euro-päischen Sozialfond (ESF) – zu ermöglichen.

Die Hinweise sind im Internet eingestellt unter www.kvjs.de/jugend/arbeitshilfen-formulare-rundschreiben-newsletter-tagungsunterlagen/rundschreiben/ add

INFO Welche Hilfe für wen?

Seit 2007 erstellt der Arbeitskreis Jugendberufshilfe in Baden-Württem-berg unter der Federführung des KVJS regelmäßig einen Überblick über die Programme, Angebote und Hilfen in der Jugendberufshilfe. In der Übersicht werden unter anderem die Ziele und Inhalte der Leistungen beschrieben, die jeweiligen Zielgruppen vorge-stellt und die Finanzierungsquellen benannt. Das sorgt für Transparenz und trägt sowohl bei der individuellen Hilfe als auch bei der Projektgestal-tung zu passgenauen Lösungen vor Ort bei. Die aktuelle Übersicht sowie weitere Informationen zur Jugendbe-rufshilfe finden Sie unter: www.kvjs.de/jugend/jugendarbeit-jugendsozialarbeit/jugendberufs-hilfe/

Neue SGB II-Leistung möchte schwer erreichbare junge Leute fördern. Foto: Fotolia

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4/2017 19KVJS aktuell

FORSCHUNG

Auf dem WegRege Beteiligung bei Forschungsvorhaben zur KiTa-Planung

Ein gutes und bedarfsgerechtes Betreuungsangebot für Kinder ist ein nicht zu unter-schätzender Standortvorteil für eine Gemeinde. Im April 2016 brachte der KVJS deshalb ein Forschungsvorhaben dazu auf den Weg. Den aktuellen Stand zeigte nun ein Fachtag.

Das KVJS-Forschungsvorhaben „integrierte und beteiligungsorientierte Planung in der Kinderta-gesbetreuung in Baden-Württemberg“ holt in den beteiligten Landkreisen alle relevanten Akteure aus den Bereichen Betreuung, Erziehung und Bil-dung an einen Tisch. Mittels Befragung von Eltern, Fachkräften und Leitungskräften der Kindertages-stätten der neun Städte und Gemeinden sowie dem intensiven Austausch mit den Planungsver-antwortlichen vor Ort und der Kitafachberatung der Kreise sollen die Grundlagen für ein Handbuch zur Planungspraxis geschaffen werden.

Hoher Rücklauf

„Der Rücklauf von 74 Prozent bei den Leitungs-kräften ist sensationell“, freut sich Frau Prof. Dr. Silvia Wiedebusch von der Hochschule Osnabrück auf dem Fachtag zum KVJS-Forschungsvorhaben im Juli. Die Hochschule hat die quantitative Erhe-bung übernommen, das Institut für Soziale Arbeit (ISA e. V.) aus Münster die qualitativen Interviews vor Ort. Der Rücklauf der Eltern- und der Fach-kräftefragebögen war ebenfalls überdurchschnitt-lich: „Ich bin sehr zufrieden. Das Engagement aller Beteiligten ist offensichtlich sehr hoch.“, erklärt Dr. Joachim Fiebig, Projektleiter beim KVJS-Landes-jugendamt. Immerhin erfolgt die Bearbeitung der Fragebögen auf rein freiwilliger Basis.

Fünf Gemeinden aus dem Enzkreis und vier Gemeinden aus dem Landkreis Göppingen neh-men an der Studie teil. Das macht gut 100 Kin-dertageseinrichtungen. Das Ziel: „Wir wollen ein differenziertes Bild haben“, so Silvia Wiedebusch.

Denn von den Ergebnissen des bis September 2018 laufenden Forschungsvorhabens sollen alle profitieren, die sich in Baden-Württemberg mit der Planung von Tagesbetreuungsplätzen für Kinder beschäftigen.

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INFO Die beteiligten Gemeinden

Enzkreis: Königsbach-Stein, Engels-brand, Heimsheim, Mühlacker und StraubenhardtLandkreis Göppingen: Eislingen, Göppingen, Heiningen und Saalach

Die professionell gestalteten Poster der teilnehmenden Gemeinden stießen auf großes Interesse. Foto: Kleusch

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4/201720 KVJS aktuell

FORTBILDUNG

Gut aufgestelltKVJS-Fortbildung – große Nachfrage und neue Angebote

Die Gewährleistung eines bedarfsgerechten Fortbildungsangebots ist eine gesetzliche Aufgabe des KVJS. Das KVJS-Angebot unterstützt die fachliche Arbeit der Kreise. Es wird ständig aktualisiert und weiterentwickelt.

Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Kinderta-gesbetreuung, Entwicklung inklusiver Gemeinwe-sen, Ausbau der Ganztagsschulen, Integration von Flüchtlingen: Gesellschaftliche, sozialpolitische und rechtliche Veränderungen vollziehen sich in den letzten Jahren mit zunehmender Dynamik. Diesen Herausforderungen müssen sich die Kreise und Kommunen stellen. Fachlicher Austausch, Fort- und Weiterbildung sind wichtige Vorausset-zungen, damit dies gelingt. Denn: „Sie bieten den Fach- und Leitungskräften das erforderliche Rüst-zeug, um angemessene Lösungsstrategien zu ent-wickeln und Arbeitsweisen effektiv zu gestalten“, sagt Heide Trautwein, zuständig für die fachliche Koordination der KVJS-Fortbildung.

Die Nachfrage nach KVJS-Fortbildung ist daher in den vergangenen Jahren ständig gestiegen: Nahmen 2009 noch 8.900 Teilnehmer das Fort-bildungs- und Tagungsangebot des KVJS in Anspruch, so sind es derzeit bereits 15.700. „Diese Entwicklung war auch deshalb möglich, weil das KVJS-Angebot stets aktuell, praxisnah und preis-wert auf die Bedarfe der KVJS-Mitglieder ausge-richtet wird“, erklärt Heide Trautwein.

Differenzierte Veranstaltungsformate

Das KVJS-Fortbildungsprogramm entsteht auf der Basis eines kontinuierlichen Austausches mit der Fachpraxis. Auch der Kontakt zu Hochschu-len und der bundesweite Austausch in Fachgre-mien geben wichtige Hinweise. Nicht zuletzt fließen Erkenntnisse aus der KVJS-Forschung in die Fortbildung ein und geben wichtige Impulse Das KVJS-Fortbildungsangebot wird ständig aktualisiert und weiterentwickelt

Foto: Fotolia

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4/2017 21KVJS aktuell

FORTBILDUNG

zur Weiterentwicklung der Angebote. So führt der KVJS in diesem Jahr erstmals Praxisentwicklungs-tage durch – angeregt durch das Forschungs-vorhaben „Beteiligung leben! Beteiligungs-und Beschwerdeverfahren in der Heimerziehung“. Hier werden Fachkräfte öffentlicher und freier Träger der Jugendhilfe in regionalen Teams gemeinsam fortgebildet und bei der Entwicklung kooperativer Konzepte beraten.

Das KVJS-Fortbildungsprogramm ermöglicht mit unterschiedlichen Veranstaltungsformaten passgenaue Qualifizierungen. Neben den ein- bis zweitägigen Anpassungsfortbildungen werden vermehrt anspruchsvolle Formate wie zum Bei-spiel Fortbildungsreihen, mehrjährige Qualifizie-rungsprogramme und Coaching angeboten. „Die Veranstaltungen bieten stets auch einen Rahmen für den überregionalen fachlichen Austausch und geben neue fachliche Impulse zur Weiterentwick-lung der Praxis vor Ort“ so die Fortbildungskoordi-natorin.

Träger der Sozial- und Jugendhilfe, die auf ihren spezifischen Bedarf hin ausgerichtete zeitnahe, passgenaue und flexibel zugeschnittene Seminare suchen, setzen auf die KVJS-Inhouse-Seminare. Sie eignen sich vor allem für Themen, die in einem gemeinsamen Prozess vor Ort vorangebracht werden sollen. Inhouse-Seminare sind als Veran-staltungspaket zu bestimmten Schwerpunktthe-men buchbar oder inhaltlich und methodisch frei wählbar. „Beide Konzepte sind bis heute sehr gut nachgefragt und werden künftig noch an Bedeu-tung gewinnen“, so die Einschätzung von Heide Trautwein.

Auch 2018 viele neue Angebote

Fortbildungskoordinatorin Heide Trautwein sieht optimistisch in die Zukunft: „Mit Blick auf die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes und die SGB VIII-Reform wird der Bedarf für KVJS-Fort-bildungsveranstaltungen weiterhin zunehmen“. Anspruch des KVJS ist es, die Änderungen und

Auswirkungen durch das BTHG in allen hierfür in Frage kommenden und bewährten fachbezoge-nen Fortbildungsveranstaltungen zu thematisie-ren und zu integrieren. Außerdem wird es neu-artige Veranstaltungen geben. Exemplarisch zu nennen sind hier Seminare für die Sozial- und Ein-gliederhilfe zu den Konzepten und der Methode der ICF, zur Gesprächsführung mit Menschen mit psychischer Behinderung oder für neue Fachkräfte im Bereich Vertragswesen, die mit Entgeltverhand-lungen und Vertragswesen befasst sind.

Selbstverständlich greift der KVJS eine Vielzahl weiterer relevanter Themen auf, im Bereich der Jugendhilfe zum Beispiel „Minderjährige und dro-hende Zwangsheirat“ oder „Trauma-Pädagogik“. Auch neue Veranstaltungsformate sind im Ange-bot, zum Beispiel „Selbstorganisation für Leitungs-kräfte“ mit individuellem Telefon-Coaching sowie „Praxisberatung Jugendhilfeplanung“. Außerdem werden Ergebnisse des KVJS-Forschungsvorha-bens "Schulsozialarbeit in Baden-Württemberg – sozialraumorientierte Konzepte und ihre Wirkung" im Rahmen einer Fachtagung präsentiert. Aktua-lisiert wurde die sehr gut nachgefragte „Fortbil-dungsreihe Trägerkompetenz für den Betrieb von Kindertageseinrichtungen“: Neu ist ein Baustein zur Sicherung von Trägerqualität. Im Rahmen der neuen Angebote „Inklusive Sozialraumplanung

INFO Ausführliche Informationen zur KVJS-

Fortbildung vermittelt die Broschüre „Fortbildung – Spezial“ die voraus-sichtlich im November dieses Jahres erscheinen wird.

Informationen zum aktuellen Fortbil-dungsprogramm erhalten Sie unter www.kvjs.de/fortbildung/veranstaltungssuche/

Ihre Ansprechpartnerin: Heide Trautwein

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4/201722 KVJS aktuell

FORTBILDUNG

und Bedarfsplanung von Kinderbetreuungsange-boten“ und „Bildungsräume als Chance für gelebte Vielfalt und Unterschiedlichkeit in der Kita“ wer-den grundlegende Fragestellungen der Inklusion von Kindern behandelt.

Im Betreuungsrecht wird es Veranstaltungen zur Sozialdiagnostik und zum Case Management/Unterstützungsmanagement geben sowie Work-shops zum „Digitalen Nachlass“ und zur „Digitali-sierung in der Arbeit mit ehrenamtlichen Betreue-rinnen und Betreuern“.

Mit Blick auf die Neuwahl der Schwerbehinder-tenvertretungen bietet das KVJS-Integrationsamt 2018 zahlreiche Informationsveranstaltungen an. In den nachfolgenden Grundkursen zum Schwer-behindertenrecht können die Teilnehmenden nicht nur Rechtskenntnisse rund um das Ehren-amt erwerben. Auch der Austausch zwischen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ist ein wichti-ges Element auf dem Weg zur inklusiven Beschäf-tigung schwerbehinderter Menschen.

add/Trautwein

Großgruppenmethoden erfolgreich umsetzenDie Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an örtlichen Planungen, die sie betreffen, ist Aufgabe von Kommunalen Jugendreferaten. Doch wie kön-nen Beteiligungsverfahren in der Praxis gestaltet werden? Welche Methoden sind geeignet? Die KVJS-Fortbildung „Beteiligungsprozesse gestalten – Moderation von Großgruppen“ am 9. Oktober bis 10. Oktober 2017 in der Evangelischen Aka-

demie Bad Boll vermittelt das notwendige Know-How!

Weitere Informationen und Buchung unterwww.kvjs.de/fortbildung/veranstaltungssuche/detail/kurs/17-4-JA8-1s/

add

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NEU ERSCHIENEN

Beim KVJS erschienenAlle aufgeführten Publikationen des KVJS sind kostenlos. Sie stehen auch im Internet unter www.kvjs.de/service/publikationen.html zum Herunterladen zur Verfügung.

Behinderung und Arbeit

Geschäftsbericht 2016/17. Zahlen – Daten – Fakten zur Arbeit des Integrationsamtes, 2017.Der Geschäftsbericht enthält relevante Daten zur Beschäftigungssituation schwerbehinderter Men-schen in Baden-Württemberg und zur Arbeit des KVJS-Integrationsamtes.

Kostenlos zu beziehen beim KVJS Manuela WeimarTelefon: 0721 [email protected]

Soziales, Behinderung, Pflege

Praxisinformationen für ambulant betreute Wohngemeinschaften in Baden-Württemberg, Hrsg.: Fachstelle ambulant unterstützte Wohn-formen, 2017a) Konzeptionb) Planung und Gestaltungc) Finanzierungsstruktur und Fördermöglichkeiten. Die drei voneinander unabhängig bestellbaren Broschüren möchten Initiatoren und Projektgrup-pen eine Orientierungshilfe sein und sie bei ihren Vorhaben unterstützen.

Kostenlos zu beziehen beim KVJS Fachstelle ambulant unterstützte WohnformenTelefon 0711 [email protected]

Jugendhilfe

Der Naturkindergarten, aktualisierte Auflage 2017.Die Broschüre informiert auf 39 Seiten über Kon-zeption, Gründung und Betrieb.

Kostenlos zu beziehen beim KVJSRuth Völkle-WeiblenTelefon 0711 [email protected]

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Lindenspürstraße 3970176 Stuttgart (West)Telefon 07 11 63 75-0

[email protected]