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Kinematographie der Befruchtung und Zellteilung. Von Dr. reed. Julius gies Assistent am Physiolog. Institut der Universit~t Bern. Hierzu Tafel I, IA und 12 Textfiguren. Als ich im Mhrz des Jahres 1907 an der Zoologischen Station zu Neapel das erste Mal die Befruchtung am klassischen 0bjekte, dem Seeigelei, beobachtete, war ich yon dem Anblicke dieses wunderbaren Vorganges und der sich daran anschliessenden Segmentierung ganz ~iberw~ltigt. Man kann die Zell- und Kernteilung noch so gut in dell Vorlesungen gehSrt haben oder aus den Bt~chern herausstudieren, so stellt man sich diesen Vorgang doch niemals klar vor. Unvergleichlich besser ist schon die direkte, subjektive Be- obachtung im Mikroskope; doch geht einerseits manches im lebenden Objekte zu schnell vor sich, wahrend anderseits die ibrtschreitende Seg~entierung die Aufmerksamkeit des Beobachters stundenlang in Anspruch nimmt. Auf diese Weise verwischen sich die Eindrt~cke und man ermtidet. Versucht man aber einzelne Bilder durch Zeichnen festzuhalten, so erhalt man zum Schlusse doch nur Kompositionen aus Erinnerungsbildern. Die Segmentierung geht eben so schnell vor sich, dass auch der schnellste Zeichner mit dem Vorgange nicht Schritt halten kann. Wenn man aber bedenkt, dass die Zelltheorie doch eines der Fundamente der Biologie und t~ber- haupt jedes medizinischen Denkens ist, so kann man es nur bedauern, dasses so wenigen Medizinern verg~nnt ist, w~hrend ihrer Universit~tsstudien die Yorgange in der lebenden Zelle be- obachten zu kSnnen; und so bleiben die meisten Errungenschaften tier Forschung auf diesem Gebiete ffir den Studenten Wahrheiten, an die er glauben muss, ohne sich selbst davon tiberzeugen zu kSnnen. A.rchJ.v f. mikrosk. A.ma~. Bd. 7~. 1

Kinematographie der Befruchtung und Zellteilung

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Kinematographie der Befruchtung und Zellteilung. Von

Dr. reed. Julius gies Assistent am Physiolog. Inst i tut der Universit~t Bern.

Hierzu Tafel I, IA und 12 Textfiguren.

Als ich im Mhrz des Jahres 1907 an der Zoologischen Station zu Neapel das erste Mal die Befruchtung am klassischen 0bjekte, dem Seeigelei, beobachtete, war ich yon dem Anblicke dieses wunderbaren Vorganges und der sich daran anschliessenden Segmentierung ganz ~iberw~ltigt.

Man kann die Zell- und Kernteilung noch so gut in dell Vorlesungen gehSrt haben oder aus den Bt~chern herausstudieren, so stellt man sich diesen Vorgang doch niemals klar vor.

Unvergleichlich besser ist schon die direkte, subjektive Be- obachtung im Mikroskope; doch geht einerseits manches im lebenden Objekte zu schnell vor sich, wahrend anderseits die ibrtschreitende Seg~entierung die Aufmerksamkeit des Beobachters stundenlang in Anspruch nimmt.

Auf diese Weise verwischen sich die Eindrt~cke und man ermtidet. Versucht man aber einzelne Bilder durch Zeichnen festzuhalten, so erhalt man zum Schlusse doch nur Kompositionen aus Erinnerungsbildern. Die Segmentierung geht eben so schnell vor sich, dass auch der schnellste Zeichner mit dem Vorgange nicht Schritt halten kann. Wenn man aber bedenkt, dass die Zelltheorie doch eines der Fundamente der Biologie und t~ber- haupt jedes medizinischen Denkens ist, so kann man es nur bedauern, dasses so wenigen Medizinern verg~nnt ist, w~hrend ihrer Universit~tsstudien die Yorgange in der lebenden Zelle be- obachten zu kSnnen; und so bleiben die meisten Errungenschaften tier Forschung auf diesem Gebiete ffir den Studenten Wahrheiten, an die er glauben muss, ohne sich selbst davon tiberzeugen zu kSnnen.

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Daher" ging mein Bestreben schon damals dahin, gerade die Segmentierung auch weit weg yore Meere, in Gegenden, wo keine so gtinstigen Objekte vorhanden sind, zeigen zu kSnnen.

Ich verlangte von der Verwaltung der Station einen Kine- matographen, doch war ein kinematographischer Aufnahmeapparat in Neapel nicht zu bekommen.

Ich fixierte daher m6glichst viele Furchungsstadien und bekam auf diese Weise die schOnsten Dauerpraparate vom Momente der Befruchtung an bis zur Morulabildung. Doch ist ein gewaltiger Unterschied noch zwischen dem besten fixierten Prttparat und dem lebenden. Ausser den vielen Kunstprodukten, die dem toteu fixierten Praparate anhaften, unterscheidet es sich noch vom lebenden durch die Bewegungslosigkeit. Als ich im Herbste 1907 in Villefranche Herrn Professor K r o n e c k e r die Befruchtung im Mikroskope demonst~ieren konnte, riet er mir, diese Bewegungs- vorgange im Institut Marey kinematographisch aufzunehmen und zu reproduzieren. Das Institut Marey in Boulogne s. Seine bei Paris hat spezielle Einrichtungen zum Studium yon Bewegungen. Dart erhielt ich den Schweizerischen Arbeitsplatz, woftir ich schon an dieser Stelle dem Hohen Bundesrate meinen ergebensten Dank aussprechen m0chte.

Wahrend der Osterferien 1908 ging ich hin. Am schwierigsteu war die Beschaffung des n0tigen Materials. Das Maritime Labora- torium am nahen Atlantischen Ozean sandte mir zwar taglich Seeigel, doch kamen sie immer entweder in unreifem Zustande oder verdorben an.

In den Zentralmarkthallen yon Paris bekam ich endlich ziemlich gutes Arbeitsmaterial und so gelang es mir nach vielen Versuchen und Anderungen die ersten kinematographischen Auf- nahmen der Befruchtung anzufertigen.

Da aber die Eier wahrscheinlich yon der Eisenbahnfahrt and dem Wassermangel gelitten, fand erstens die Befruchtung nicht an jedem Ei statt und zweitens war die Segmentation nicht nur stark verlangsamt, sondern in den meisten Fallen auch patho- logisch verandert.

~Nachdem ich im Institut Marcy die n6tige ~'bung im Um- gange mit dem Kinematographen erlangt und endlich die ein- fachste Art der Aufnahme gefunden hatte, zudem die Leitung des Institutes mir die Apparate ftir kurze Zeit tiberliess, ent-

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schloss ich reich zur Reise nach der in Stidfrankreich an der spanischen Grenze gelegenen Maritimen Station in Banvuls s. Mer. Diese Station gehOrt der, Pariser Universititt und ist ausgezeichnet eingerichtet. Die ~Ieeresfauna in Banyuls ist ungemein reich.

Hier hatte ich Echinodermen im tJberflusse und konnte meine Arbeit erfblgreich fortsetzen.

Die Direktion des Laboratoire Arago in Banyuls sur Mer iiberliess mir in fi'eundlichster Weise den ftir meine Zwecke ausserordentlich gut geeigneten mikrophotographischen Pavilion. Dieser Bau ist flit mikrophotographische Arbeiten geradezu ideal

Fig. 1. DS.J .~ , ~

eingerichtet. F,r steht yon allen tibrigen Geb~uden getrennt auf einem Felsen und ist vSllig erseh~tterungslos. In diesem Baue sind die besten mikrophotographischen Apparate yon Zeiss unter- gebracht.

Leitungen ftir S~ss- und Seewasser, Elektrizit~t und Acetylen sind vorhanden.

Ich will versuchen, die Anordnung der Apparate fiir meine kinematographischen Aufnahmen zu beschreiben. Auf einer schweren horizontalen Tischplatte befindet sich das Mikroskop in vertikaler Stellung. Damit die Segmentation mSglichst normal vor sich gehe, brachte ich die Versuchsobjekte in eine feuchte

1.

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4 J u l i u s R ies :

Kammer, welche ziemlich viel Seewasser enthielt. Wie aus der obenstehenden schematischen Zeichnung (Textfig. 1) ersichtlich, ist fiber dem Okular ein Prisma befestigt, welches dem horizon- talen Kinematographen das mikroskopische Bild zuwirft. Um scharf einstellen zu k(innen, reflektierte ich durch einen um 45 o drehbaren Spiegel, welcher in einem Ki~stchen zwischen Balg- auszug und Kinematograph angebracht war, das mikroskopische Bild auf eine runde Glasscheibe. Wenn sich das Ei zur Teilung anschickte, wendete ich den Spiegel und liess die Strahlen aus dem Mikroskop wieder direkt auf den Film im Kinemato- graphen fallen. Von Zeit zu Zeit kontrollierte ich das Fort- schreiten tier Teilung im Spiegel. Dieser Spiegel bewahrt sich auch gut zur Zentrierung beim Einstellen.

Den kinematographischen Apparat selbst will ich nicht naher beschreiben, es war der gewi~hnliche Lumier'sche.

Zur regelmassigen Bewegung des Mechanismus im Kine- matographen wendete ich ein Uhrwerk an.

Wahrend die rotierende Kinematographenverschlussscheibe das mikroskopische Bild nicht zuliess, wurde an Stelle des bereits vorher benfitzten Films immer wieder eine frische unbelichtete Stelle gebracht. Auf diese Weise bewegte sich tier Filmstreifen nur absatzweise, so das wahrend tier Belichtung der Film ruhig stand. - -

Das Uhrwerk drehte die Kurbel des Kinematographen sieben- real in der Minute um. Zwar genfigen sieben Aufnahmen in einer Minute durchaus nicht; ich konnte aber bei der mangelhaften Beleuchtung (elektr. Metallfadenlampe) nicht schneller arbeiten. Es wird jetzt im Institut M a r e y mit Berficksichtigung der yon mir gemachten Erfahrungen ein spezieller Kinematographenapparat ffir mikroskopische Aufaahmen bei Sonnen- und Bogenlicht aus- gefiihrt, welcher die Verwendung starker Objektive gestatten und die fortwahrende (auch wahrend der Aufnahme) Beobachtung erlauben wird. Ein grosser Vorteil des neuen Apparates ist die M(iglichkeit, die Zahl der Aufnahmen in der Sekunde beliebig regulieren zu k(innen. Wenn dieser Apparat noch durch einen Heliostat komplettiert wfirde, bin ich fiberzeugt, dass es ein leichtes sein wird, alle mikroskopischen Bewegungen zu fixieren.

Mich interessieren hierbei besonders die kinematographischen Momentbilder der Spermien-Bewegungs a r t e n verschiedener Tier- klassen.

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Zu solchen Versuchen gehSren aber grSssere Filmvorrate als die beschr~nkten, die mir zur Verffigung standen, ich musste immer sparen und konnte nur photographieren, wahrend aunge- sprochene Bewegungnerncheinungen sichtbar waren.

Beim Befruchtungs- und Furchungs-Vorgang kann man zwei Phanen unterscheiden: eine, in welcher man deutliche Ver- ~mderungen nieht - - die ander% wo das Ei (bei schwacher Ver- grSsnerung) scheinbar unbeweglich ist. Diese Phasen wechseln sehr regelm~tssig ab. Dan Einbohren des Spermium und die Bildung der Befruchtungnmembran dauert einige Minuten -- worauf bin zur Bildung der ernten Teilungsfurche eine Stunde vergeht. Die EinnchnOrung geht wieder sehr rasch yon statten und dann vergeht wieder eine Stunde bis zur zweiten Teilung usw., wobei aber, je kleiner die Teilzellen werden, die Ruhepausen sich verkOrzen.

Da ich mir bei der subjektiven Beobachtung im Mikroskop die Zeitabnt~mde der periodisch wiederkehrenden Teilungen merkte, so komlte ich bei den Aufnahmen fast mit Sicherheit den Gang des Uhrwerkes im richtigen Momente entweder in Bewegung netzen oder unterbrechen.

Selbstverstandlich musste ich nichts destoweniger fortwhhrend das sich verandernde mikroskopische Bild und dessen Einstellung dutch den oben beschriebenen Spiegel kontrollieren.

Was in der kurzen Zeit, die mir zur Verfi'~gung stand, mit dem unvollkommenen Kinematographen und der ungen~lgenden Beleuchtung zu erreichen war, sollen die Abbildungen auf Tar. I zeigen.

Gewisn sind das nur die ersten Versuche, ich glaube aber, dass die Figuren doch schon beweisen, wie brauchbar diese Methode ft~r die weitere mikroskopische Forschung ist.

In der beigegebeuen Tafel sind nur die wichtigsten Ab- schnitte meiner (manchesmal bis zu zwanzig Meter langen)Films abgebildet.

Doch gew~thren diese Bilder keine richtige Vorstellung yon dem, was ich erreichen wollte, ich hoffe aber, dass die Zeit nicht ferne ist, in welcher ein Kinematograph zur Ausr~istung eines naturwissenschaftlichen Institutes gerade so unentbehrlich sein wird, wie jetzt ein Projektionsapparat.

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Der Vorteil eines Kinematographen liegt doch auf der Hand; man kann mit demselben erstens wie mit einem gewShnlichen Projektionsapparat die einzelnen Momentbilder dem Auditorium zeigen und zweitens, und das ist die Hauptsache, aus all diesen Einzelbildchen den wirklichen Bewegungsvorgang rekonstruieren.

Sogar bei der Demonstration meiner nur zwanzig Meter langen Films, deren Abwicklung hSchstens zwei Minuten in An- spruch nahm, war der Effekt ein t~berraschender; am gleichen Ei ist die Bildung der Befruchtungsmembran und die fort- schreitende Segmentierung bis zur Morula sichtbar. Man ~aubt fSrmlich ein lebendes sich entwickelndes Ei vor sich zu haben.

Was das Eindringen des Spermium in das Ei, die Bildung der Astrospharen und die sonstigen merkwtu'digen Bewegungen

Fig. 2. Zweimal vergrSsserte Bildchen aus Streifen 18 der Taf. I.

SpermienkSpfe sichtbar.

der Spermien anbelangt, so war die VergrSsserung, die ich an- wendete (Kompensat.-0kul. 4, Apochromat Zeiss 16), zu gering. Doch war dieselbe durch die mangelhafte Lichtquelle bedingt.

Starkere 0bjektive waren bei der Ktirze der einzelnen Aufnahmen nur mit Sonnenlicht verwendbar, und ein Heliostat fehlte, wie gesagt. Die Bilder der Streifen h~r. 17 u. 18 zeigen in der Umgebung der Befruchtungsmembran viele kleine Ptinktchen, das sind die SpermienkSpfe.

Zum besseren Verst~tndnis der durch den Kinematographen gewonnenen Abbildungen will ich hier eine Beschreibung des Befruchtungsvorganges folgen lassen. Wie gesagt, sind die Auf- nahmen nur bei schwacher VergrSsserung gemacht, wahrend die

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meisten genaueren Untersuchungen ich mit den st',~rksten Objek- riven ausgeftihrt habe.

Das unreife Ei yon Strongylocentrotus lividus ist yon einer glasigen Zona radiata umgeben, ausserdem ist das Ei in einer siebartigen Membran eingeschlossen. Im Ooplasma selbst konnte ich beim reifen Eie mehrere Schichten nachweisen:

a) eine die Hauptmasse des Eies biIdende zentrale dotter- reiche Schicht, in der das Kernbl~ischen liegt;

b) eine hellere Schicht, welche eigenttimlich glanzende Granula einschliesst; I Rinden-

c) eine ~ussere, dtinne Lage, in der die Granula / schicht r~di~r angeordnet sind. !

Meiner Ansicht nach ist diese Schichtung yon hoher physio- logischer Bedeutung. Das Ei, als Zelle, wschst, nimmt Nahrungs- stoffe auf, speichert Dotter an und g i b t S t o f f w e c h s e l - p r o d u k t e ab. Nun denke ich, dass die Rindenschicht der Ausscheidungsapparat des Eies ist. ~)

J~hnliche Schichtungen hat W a l d e y e r am Teleos.tierei beschrieben, wobei er nachgewiesen hat, dass die hellglhnzenden Granula in der Rindenschicht nicht DotterkSrnchen sind, da sie im Wasser stark quellen. Diese Granula bilden sich im El, sammeln sich an der Peripherie und werden durch die ~ussere radialstreifige Lage der Rindenschicht and dutch die siebartige Eimembran ausgepresst, wodurch die jetzt quellenden Massen ein radi~trgestreiftes Aussehen bekommen und die Zona radiata bilden.

Bei der Eireife verschwindet allm~thlich die Zona radiata; durch weiteres Aufquellen der ausgeschiedenen Massen verliert die Streifung immer mehr an DeutIichkeit und wie aus um- stehender Textfig. 3 ersichtlich, tritt an Stelle der Zona ein aus ihr hervorgegangener breiter Hof. Das reife Ei ist also yon einer durch lttngeres Verweilen im Wasser gequollenen durch- sichtigen homogenen Masse umgeben, die, wie oben gezeigt, dutch allmhhliches AuflSsen der Zona radiata entstanden ist. Diese Schleimhfille ist bei der mikroskopischen Beobachtung unsichtbar und wurde ich auf deren Vorhandensein nur dadurch aufmerksam

~) l~/~heres siehe in meinem Buche: Beitriige zur Histophysiologie der Befruchtung and Furchung. Bern 1908. Verlag d. s Buchhandlung yon l~Iax DrechseI.

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gemacht, dass reife Eier sich niema.ls bertihrten. Sie bewahrten immer einen gewissen Abstand voneinander (Fig. 4).

Lebende Spermien kSnnen diese Schleimhtille durchdringen; man sieht aber, dass sie in der Umgebung des Eies sich doch langsamer bewegen, anscheinend mtissen sie einen Widerstand tiberwinden. Verunreinigungen des Wassers bleiben ausserhalb dieser Hfille liegen. Auch L (i w e n s t e i n ') hat nachweisen kSnnen, dass tote Spermien in einer gewissen Entfernung yore Eie liegen bleiben, w~hrend um abgestorbene Eier diese Zone fehlte und die Spermiea in tier N~he des Eies gteichmassig YerteiIt waren. Es ist mir gelungen, diese Schleimhiille aucl~ intravital zu farben und dadurch sichtbar zu machen.

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Fig. 3.

An iatravital gefarbten Eiera sieht man, wie die Schleim- hirile sich yon aussen her allmah[ich auflost, dabei behalt sie lange Zeit ihren Umfang unver~tndert, woraus ich den Schluss ziehe, dass durch die Eimembran immerfort, solange das Ei lebensfahig, diese quellende Substanz abgeschieden wird.

Nach Zusatz yon lebenden Spermien zu reifen Eiern sieht man wie die Spermien sofort yon allen Seiten zu den einzelnen Eiern hin schwimmen. Bei der Schleimhiille angelangt, mtissen die meisten das Vordringen aufgeben und nur relativ wenige k()nnen diese Gallerte tiberwinden und bis zur Eimembran vordringen. Nachdem sich die Spermien bis zur Eimembran

') Arnold LSwens t e in : Versuche tiber Beziehungen zwischen Eiern und Samenf'~den bei Seeigeln. Archiv ftir Entwicklungsmechanik der Organismen 1907. XXIV. Bd.

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durchgearbeitet haben, heften sie sich an dieselbe an und be- ginnen eine merkwtirdige Bewegung: man sieht den Kopf an einem Punkte festsitzen, wahrend der Schwanz mit grosser Schnelligkeit kreisende Bewegungen ausfOhrt. 1) Man kann diese Bewegung mit einem leicht herzustellenden klodelle nachahmen, indem man einen I-Iolzkreisel, wie ihn die Schulknaben zum Spielen bentitzen, mit einem Strohhalme versieht und ihn auf dem eingedrfickten Pole einer Metallkugel rotieren lasst (Fig. 9, B).

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Fig. 4.

Den schnell sich drehenden Kreisel photographierte ich in kurzen Intervallen (20 bis 40 real) 1/,oo Sekunde fang nach M a r e y s Methode auf e ine Platte. Das so gewonnene Bild l',tsst Strahlen erkennen, die yon einem Punkte ausgehen.

Nur dasjenige Spermium, dem es als erstem gelingt, die Membran zu durchbohren, kann eindringen. An der Stelle, wo der Spermienkopf eingedrungen ist, buchtet sich die Eiobertiache ein und presst eine homogene durchsichtige Masse aus, welche

*) In meinem Buche ,Zur ttistophysiologie etc. ~ bringe ich eine Anzahl Milcrophotographien dieses Vorganges.

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das Spermium umfliesst. Diese Masse, welche die Eimembran abhebt, quillt immer starker und verbreitet sich an der ganzen Eioberflache zwischen Membran und Dotter. Auf diese Weise entsteht der perivitelline Raum.

Alles Nahere tiber diese so oft umstrittene Frage der Membranabhebung werde ich bei der Beschreibung der kinemato- graphischen Fixierung dieses Vorganges mitteilen.

Im Gegensatze zu den bisherigen Beobachtungen konnte ich bei Anwendung starkster Vergrtisseruugen (Zeiss' Apochromat 2 ram) nachweisen, dass das ganze Spermium in das Seeigelei ein- dringt und nicht, wie frtiher angenommen wurde, der Spermien- schwanz beim Eindringen abgestossen wird.

Es ware auch sonderbar, wenn dieses so widerstandsfahige eigentliche Fortbewegungsorgan gerade im notwendigsten Momente versagen sollte.

Dasjenige, was bisher in der ausgeschiedenen glashellen Masse ftir den abgeworfenen Schwanz gehalten wurde, ist die abgestreifte Spermienhtille.

Auf diese Weise gelangt das Spermium, bestehend aus Kopf, Zentrosomen und Achsenfaden, h t i l l e n l o s ins Eiinnere.

Mit diesem Befunde tibereinstimmend ist das Eindringen des ganzen Spermium ins Ei auch bei anderen Tierklassen yon G e r l a c h , van d e r S t r i c h t , R u b a s c h k i n u n d K o s t a n e c k i beobachtet worden. Es sei mir an dieser Stelle gestattet, in Ktirze auch die Ergebnisse meiner Spermien-Untersuchungen hier wiederzugeben, damit meine Hypothese der Kern- und Zellteilung auch von dieser Seite eine Sttitze erhalt.

Die Erscheinungen des mitotischen Druckes, die so schSn an den kinematographischen Abbildungen der Segmentierung fixiert sind, werden ganz besonders vergtandlich nach Annahme der Funktionstheorie, die ich den Spermienzentrosomen zuschreibe.

Eine gemeinsame tttille tiberzieht Kopf, Hals und Schwartz der Spermien (Textfig. 5, 1). Der Vorderteil des Kopfes ist hell, tier hintere dunkel; mit den zwei ZentralkSrperchen im Halsteil ist das dunkle Kopfende durch zwei Brtieken verbunden, die wohl zu unterscheiden sind yon den zwei hchsenfaden, aus denen der Schwanz besteht. Um eine deutliche u yon der Struktur des Spermienkopfes zu erhalten, habe ich einen Tropfen Sperma

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zwischen zwei Deckglaschen gebracht und dieselben auseinander gezogen. Durch diesen Zug werden stets einige K0pfe uus den Htillen gerissen. In Textfig. 5 (Abbildungen 1--5) sieht man die einzelnen Phasen dieses Prozesses. In Abbildung 2 (Textfig. 5) sieht man den Kopfsack, das heisst den Kopffeil der Gesamthtille, an einer Stelle durchrissen~ und der helle Vorderteil (Schneide des Perforatorium) tritt unverandert heraus, wahrend der dunkle Teil, da er rtickw~trts an die ZentralkSrper befestigt ist, in die L~tnge gezogen erscheint. Pr~tparat 3 (Textfig. 5) zeigt ein weiteres Stadium des Kernaustritts. Wit sehen die jetzt gr0sser erscheinende Schneide, sowie die noch mehr gedehute dunkle Masse. Vom Schwanze ist die Htille verschwunden, und die beiden Achsen- f~tden liegen getrem~t. In Abbildung 4 (Textfig. 5) unterscheidet man eine vordere Scheibe, die, ent- blSsst, fast so gross ist wie

sonst der ganze Kopf. Diese Scheibe l~tsst sich mit

Protoplasmafarbstoffen tingieren. Bei ihrem Vor- dringen aus der schmalen Sack0ffnung wird die sonst auf dem hinteren Ende liegende weiche Masse ab- gestreift. Da sie aber, wie aus Textfigur 5 (4a) er-

7. 2. 5. 4. 5.

4 0

Fig. 5.

sichtlich, an die Scheibe vermittelst einer Brticke befestigt ist, kann sie sich nicht abtrennen, sondern wird nachgezogen. Dort wo sie die HtillenSffnung passiert, ist die Masse am dtinnsten, davor und dahinter verdickt. Daraus und aus dem Umstande, dass nach dem vollendeten Austritte der Kopf wieder die ursprting- liche Form hat Fig. 5 (5), schliesse ich, dass diese Masse, im Gegensatze zur Scheibe, e l a s t i s c h und d i c k f l t i s s i g ist. Diese Masse farbt sich intensiv mit Kernfarbstoffen. Daher ist sie als das Chromatin des Spermienkernes anzusehen. Das Chromatin ist in normalen Spermienk0pfen verschieden verteilt, wie die

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schematischen en face-Zeichnungen 6 und 7 und die Profil- zeichnungen 6a und 7 a in der Textfig. 6 zeigen. Das Chromatin ist entweder mehr am rtickwartigen Teile der Scheibe angesammelt

~'. 00. Z 7a.

8.' D. Fig. 6.

oder mehr gleichmassig auf der ganzen Scheibe aus- gebreitet. Ich stelle mir das Chromatin bei ein und demselben Spermium bald mehr vorgeflossen, bald mehr zuriickgezogen vor. Textfig. 6 (8) zeigt grob- schematisch das regel-

m~ssige Vorfliessen der Chromatinmasse auf tier Scheibe, Textfig. 6 (9) da-

gegen unregelm~ssige Stromfaden. Einzelne Stromzweige kSnnen sich wieder vereinigen und dann entsteheu Lttcken, durch welche man die Scheibe sieht.

Fig. 7.

Diese hellen runden Stellen, die sich sehr haufig in Spermien- k~pfen vorfinden und auch an lebenden Spermien deutlich sicht- bar sind, wurden yon verschiedenen Autoren fttr Einschlttsse oder Vakuolen gehalten. Die Textfig. 7 zeigt solche Spermienk0pfe,

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die unter Anwendung yon Zeiss' Apochromat 2, Kompensations- okular 18, mit Abb~s Zeichenapparat hergestellt sind.

Meiner Meinung nach sind diese hellen Flecke leer gebliebene Stellen der Protoplasmascheibe, die durch das unregelm~ssige VorstrSmen des Chromatins bedingt sind, und nicht Einschliisse

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Fig. 8.

besonderer Massen oder Vakuolen.

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15.

Bei der Befruchtung dringt also nicht nur chromatische, sondern auch eine ganz erhebliche Menge achromatischer Substanz in das Ei. Ich denke mir, class das Protoplasma der Scheibe besonders feste Beschaffenheit hat.

Wenn die Briicken, die den rfickwartigen dunkeln Kopfteil mit den beiden (bei der Erklarung yon Textfig. 5 beschriebenen)

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Zentralk(irperchen verbinden, reissen, der Kopfsack aber intakt bleibt, so kann der Kopf im Sacke sich verlagern und Ansichten geben, in welchen der Kopf seitlich auf dem Verbindungssttick sitzt. Mit andern Worten: der Kern balanziert in tier gemein- samen Hiille auf den Endkn(ipfen der Achsenfaden. Fig. 8 (Ab- bildungen 44, 46, 51 aus R e t z i u s ) .

In jedem Sperma-Praparate finder man viele Bruchstticke, in welchen ZentralkOrperchen und Achsenfaden vereint geblieben sind und n u r d e r Kopf abgetrennt erscheint. Dies Verhalten zeigen die Abbildungen 5, 6, 7, 8 und 9 der Textfig. 8 auf das deutlichste. Man sieht, wie entweder der Kopf mit dem Kopf- sacke abgerissen (8, 9), oder aber der Kopf aus dem Sacke nut herausgeschltipft ist (5, 6, 7). A u s s o l c h e n B i l d e r n g l a u b e i c h s c h l i e s s e n zu d i i r f e n , d a s s z w i s c h e n M i t t e l s t t t c k und S c h w a n z e i n e f e s t e r e V e r b i n d u n g b e s t e h t a l s z w i s c h e n M i t t e l s t t i c k u n d Kopf . Es ist bekannt, dass bei der Befruchtung, vor der Vereinigung der Ei- und Samenkerne, alas Mittelsttick sich vom Kopfe trennt. Nun sieht man aber solche Bruchstiicke (ZentralkSrperchen und Achsenfaden) auch im frischen Sperma, unc[ zwar in gerade so lebhafter Bewegung wie die ganzen Spermien. Die Bewegung einer Spermie geht also aus yon dem Protoplasma des Mitten sttickes, bedarf hierzu des Kopfes nicht (E i m e r).

Abbildung 10 der Textfig. 8 zeigt den leeren Protoplasma- mantel einer Spermie, in dem weder Kopf, ZentralkSrperchen noch Achsenfaden sichtbar sind. Man sieht manchmal an lebenden Spermien einen unbewegten schwanzartigen Anhang, welcher der LUnge nach durchrissen und als Htille aufzufassen ist. Aus diesem ragt kopfwarts der bewegliche Schwanz heraus. D e r S p e r m i e n s c h w a n z i s t e in aus zwei A c h s e n f a d e n zu - s a m m e n g e s e t z t e s G e b i l d e , das yon d e r g e m e i n - s a m e n S p e r m i e n h t i l l e t i b e r z o g e n ist . An Praparaten, die durch schnelle Fixierung lebender Spermien hergestellt wurden, sieht man selten etwas yon der zusammengesetzten Struktur des Schwanzes und Mittelstticks. Praparate yon langer gestandenem Sperma hergestellt, zeigen dagegen fast konstant zwei Zentral- kSrperchen, yon denen zwei Achsenfaden zusammenlaufen.

Die ungemein haufigen zweischwanzigen Spermien halte ich nicht fiir Missbildungen, sondern entstanden durch extraovine,

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vorzeitige Teilung des Schwanzes, nachdem die Hiille abgefallen ist. Die Abbildungen 3~ 9, 11--15 der Textfig. 8 zeigen einige doppelschwanzige Spermien.

Zweischw~nzige Spermien konnte ich im Sperma aller yon mir untersuchten Tiere nachweisen. Ich stelle mirvor, class der Samen- faden stets doppelt angelegt nur durch die Htille zusammen- gehalten wird. Bei der Befruchtung yon Seeigeln sah ich die ganze Spermie in alas Ei eindringen. ~Nur die Htille bleibt zurtick. Es ist bekannt, dass im befruchteten Eie das vom Kopfe gel6ste Mittelsttick der Spermie zwei Zentrosome enthML die nun auseinanderrticken.

Wie ich gezeigt zu haben glaube, sind diese Zentrosome fest mit den Spermienach.~enfaden verbunden und dringen letztere bei der Befruchtung mit ins Ei. Im folgenden werde ich diese Gebilde G e i s s e l z e n t r o s o m e nennen.

S o b o t t a beschreibt die weiteren Veranderungen des Spermium im Ei foIgendermassen: ,,Bald nach dem Eindringen des Spermatozoon in das Ei gehen seine einzelnen Bestandteile Veranderungen ein. Der Schwanzfaden, soweit er mit eingedrungen war, entzieht sich bald spurlos den Blicken des Beobachters und wird wahrscheinlich im Eiplasma aufgelbst. Aus dem Kopf bildet sich ein chromatisches KSrperchen, das allmahlich Kerngestalt annimmt und dann den Samenkern darstellt; aus dem Verbindungs- stfick bildet sich ein meist yon einer dichten Strahlung umgebenes Zentrosom. Wahrend letzteres anfangs am h i n t e r en E n d e des Spermatozoon liegt, erfolgt alsbald eine D r e h u n g , so d a s s das Z e n t r o s o m nun dem E i i n n e r n z u g e k e h r t i s t , ein Vorgang, der bei mehreren Vertebraten bereits in Ubereinstimmung mit vielen Evertebraten konstatiert worden ist".

D i e s e D r e h u n g des Spermium im Eiinnern ist ftir meine Hypothese tier Astrosph~rel~bildung yon grosset Bedeutung. Denn diese Rotation des Mittelst(~ckes in Verbindung m i t d em v o r - h a n d e n e n S a m e n f a d e n lasst die Entstehung der Aureola versti~ndlicher erscheinen.

Bei der Beobachtung der Astrospharenbildung im lebenden Ei, aber auch an fixierten Praparaten aus der ersten Zeit nach der Befruchtung, sieht man wie die Dotterki)rnchen sich allm~hlich zur Strahlung ordnen. Doch ist es keine voll- standige Aureola, sondern ein spitzer Strahlenkegel, der stumpfer werdend gleichzeitig sich vorwarts und dadurch yon der

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Peripherie zum Zentrum r~ickt (Textfig. 9). In O. H e r t wi g s Handbuch der Entwicklungslehre Fig. 165 III, S. 507, sieht man ein Stadium, in welchem die Strahlen schon fast eine Sphare bilden; doch fehlt noch ein zum Eizentrum gerichteter Kegel. Erst nacbdem auch in diesem Kegel sich Strahlen gebildet, sieht man das Sonnenstadium. Auch in anderen Abbildungen vieler Autoren konnte ich solche Kegelbildungen finden, ohne dass dieselben irgendwie beschrieben werden, ffir meine Anschauungen aber sind die- selben yon grosser Wichtigkeit.

Wer sich die MSglichkeit der Entstehung der Strablung durch die Rotation des Spermien- schwanzes und die damit verbundene Bildung solcher Kegelfiguren leicht verstandlich machen will, kann dies mit Hilfe eines leicht herstell- baren Modelles erreichen. Eine Modellierwachs- kugel stellt das Ei vor, eine lange Nadel mit Doppelknbpfchen vertritt das Spermium, wobei also die beiden Kn0pfchen Kopf und Zentrosom, die Nadel den Spermienfaden darstellt. Wenn die Nadel mit dem KnSpfchen voran yon einem Pole (Nord) bis zum Mittelpunkte der Kugel vorgestossen wird, so dass die Nadelspitze an der EinstichSffnung noch herausragt, so kann man die bei der Befruchtung beschriebene Drehung des Kopfes und Zentrosoms ausfiihren. Mit der Spitze der Nadel beschreiben wir yore Nordpole ausgehend eine Spirate an der 0berfl~che tier KugeI fiber dell Aquator zum anderen Pole. Die an der Nadel befestigten KnSpfchen (die wir uns im Zentrum wie in einem Kugelgelenke bewegt denken k0nnen) haben der Nadelbewegung folgen m~issen, haben eine Drehung vollfiihrt und das Zentrosom ist jetzt dem S~dpole zugekehrt.

Wenn wir durch die yon dieser Schrauben- bewegung imWachs hinterlassene Spur einen Quer- schnitt machen, erhalten wir eine Strahlenfigur.

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Kinematographie tier Befruchtung und Zellteilung. 17

War die Drehung in irgend einem Stadium unterbrochen, so resultiert eine den oben beschriebenen ~hnliche Kegelfigur. Daher sind die Astrospharen meiner Ansicht nach nichts anderes als die im dickfit~ssigen Dotter hinterlassenen Spuren der Schwanz- bewegung.

Im unfixiertea Ei verschwindet allm~thlich die Strahlung, wie jede Spur in einem dickflt~ssigen Medium dutch Zusammen- fliessen.

Wenn man die Astrospharen bei starker VergrSsserung langere Zeit beobachtet, so sieht man deutlich, dass die einzelnen Strahlen keine bleibenden Gebilde sind, sondern einen HShepunkt der Deutlichkeit besitzen, worauf die Kontur eines Strahles immer verschwommener wird, um endlich ganz zu verschwinden. In seiner Umgebung erscheinen neue Strahlen, die allm,~hlich auf gleiche Weise verblassen wie der vorher beobachtete. Das Auf- treten erfolgt pl6tzlich, das Verschwinden allmahlich.

Der Vorgang spielt sich in folgender Weise ab: Im kSrnigen Dotter werden die Kiigelchen durch zentrifugal verlaufende, bandf6rmige, leicht wellige, homogene Strahlen auseinander- gedrangt. Dieselben stehen mit dem Kerne im Zusammenhange. Bald verandert sich L n g e uad Form des Bandstrahls. Die Wellen werden flacher und schm~ler, indem die Plasmagranulationen wieder zusammenfliessen. Der gerade gestreckte Strahl wird durch die andringenden Dotterkiigelchen ausgel6scht.

Die achromatischen Fasern der Astrospharen sind nur der Ausdruck von Bewegungsvorgangen.

Ist dem so, dann hat es keinen Sinn, yon wirklichen Fasern oder FibriUen zu reden, denn solchen mt~sste irgend eine Art morphologischer Selbstandigkeit zukommen. Die Strahlen besitzen diese aber zweifellos nieht.

Nach den Untersuchungen yon H e r t w i g , W i l s o n , Teich- m a n n, B e t h e etc. ist es bekannt, dass die Astrospharen bei Ab- kiihlung oder Narkotisierung vollkommen verschwinden. Wenn die Sti'ahlen ausgefhlltes Material w~ren, so w~irde dies Verschwinden recht unverst~ndlich sein, denn wir kennen sehr wenig Aus- fhllungen, die z. B. beim Abktthlen sich ira Fallungsmittel wieder 16sen. Ganz unverst~ndlich w~tre aber, dass die Yaden beim Er- warmen oder Aufheben der Narkose wieder sichtbar werden, wie die genannten Forscher bemerkt haben.

& r ~ h i v f. m i k r o s k . A n ~ ; . Bd. 74. 9~

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Bei Annahme meiner Hypothese von der Bildung der Astrospht~ren dutch die l~otation des Spermienschwanzes werden auch diese Erscheinungen erklarbar.

O. H e r t w i g hat n~mlich beobachten kJnnen, class die Spermien ausseren Eingriffen gegeniiber sehr widerstandsftihig sind. Wenn man z. B. Samen gefrieren l~sst and wieder auftaut, kehrt die Bewegung der Samenf~den wieder. Narcotica in starker Kon- zentration und bei tttngerer Einwirkung machen die Fttden bewegungslos, ohne sie aber zunlichst abzut6ten; denn durc5 Entfernung des sch~digenden ~Iittels kann man sie wiederbeleben.

Wir sehen also, dass das Verschwinden und Wiederauftreten der Strahlungen iibereinstimmt mit den Bewegungserscheinungen der Spermien.

~aeh der ~ollstandigen Drehung des Spermienkopfes befindet sich derselbe in der Nahe des Eikernes. Zwischen mannlichem und weiblicbem Kerne ist das Halssttick des Spermium ein- gelage~t. Es: l~st s[eh jetzt yore Spermiumkopfe ab und teilt sich in di~e zwei yon Anfang an doppelt angelegten Zentrosome. M i t d i e s e r T e i l u n g g e h t a u c h d i e S p a l t u n g d e s S p e r m i e z l s c h w a n z e s H a l l d in H a n d .

Die heiden Achsenfi~den bleiben mit den dazu geh6rigen Zentrosomen vereint und bilden so die G e i s s e 1 z e n t r o s o me. Der Spermienkopf wandelte sich mittlerwefle zu einem Kern- blaschen um und dieses vereinigt sich nunmehr mit dem Eikerne zum ersten Furchnngskerne.

Die frtihere ausgebildete Astrosph~re ist verschwunden und an Stelle derselben bemerkt man an den Polen des Furchungs- kernes das Auftreten zweier frischer Strahlungen. Meiner Meinung nach rtihren dieselbert yon der fortgesetzten Rotation der ge- trennten Achsenf~tden her.

Das Chromatin des Kernes ist in Form yon Chromosofnen einem ~Netzwerke feiner Lininfaden auigelagert; an die Faden dieses Netzes setzen sich die beiden polstandigen, yon einer Strahlung umgebenen Geisselzentrosome fest. Und indem diese mit ihren Geisseln spiralige Bewegungen ausfiihren (deren Folge die Strahhng ist), ziehen sie die Lininfaden und die Chromosomen zu den Kernspindeln aus.

Durch eine besondere Farbungsmethode ist es mir gelungen, den Unterschied der achromatischen Fasern in tier Kernspindel

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und den Fasern der Polstrahlungen besonders deutlich hervor- zuheben. W~hrend auf der beigegebenen Mikrophotographie (Fig. 10) die Polstrahlungen farblos erscheinen, sind die Fasern des mittleren Kernspindelbezirkes deutlich gefttrbt (diese Mikro- photographie ist mit Zeiss' Apochromat 2, Kompensations-Okular 2 aufgenommen, gef~trbt: erstens Hamatoxylin Ben d a, Lichtgrfin und zum Schluss J e n n e rsche L6sung yon G ri ibler. Alle Schnitte dutch gleiche Kernteilungsstadien zeigten die oben beschriebene ausgesprochene Farbbarkeit des erwahnten Abschnittes).

Nach der Ausbildung der Kernspindel beginnt auch das Protoplasma sich einzuschniiren, auf diesen Vorgang jedoch will ich erst bei der Besprechung der zugehSrigen kinematographischen Aufnahmen zuriickkommen.

Sobald die Durchschnfirung vollendet, bilden sich in denTochter- zellen die R u h e k e r n e aus, auch die Polstrahlungen verschwinden.

Die ganze Tochterzelle (Proto- plasma, Kern und Geisselzentrosom) bedarf eben der Ruhe. Das Wieder- einsetzen der Tatigkeit beginnt auch in der Tochterzelle damit, dass das einfache Geisselzentrosom sich spaltet~ die auf diese Weise

Fig. 10

entstandenen Geisselfaden beginnen zu rotieren. Auf dieselbe Weise wie frtiher bilden sich die Polstrahlungen und die Kernspindel!

Meine Hypothese behauptet daher, dass nicht nur die Astrospharen im befruchteten Ei Spuren bewegter Geisseln sfr,d, sondern dass iiberall wo bei der Karyokinese Astrospharen auf- treten, auch Geisselzentrosome sein miissen.

Dass solche Geisselzentrosome als physiologisch vorhandene Zellorgane vorkommen, wurde von Professor K. W. Z i m m e r m a n n 1) bei ausserembryonalen Zellen mit Bestimmtheit nachgewiesen. Als Beispiel sei nur angefiihrt, dass die Zellen s~mtlicher Niereu- kanalchen, des Pankreas-Ausftihrungsgangsystems und der Samen- blasen solche Geisselzentrosome zeigen. Z i m m e r m a n n kommt

1) Dieses Archly, Bd. 52, 1898. Beitr~ge zur Kenntnis einiger Driisen and Epithelien.

2*

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20 fful ius Ries :

zu dem Schlusse, dass diese Geisselzentrosome das motorische Zentrum, also das K i n o z e n t r u m der Zelle sind.

Auf Abbildungen, die Z i m m e r m a n n s Arbeit beigegeben sind, sehe ich Zentralkiirperchen, die yon einer Astrosphare um- geben sind und solche~ die geschwanzt sind, keine Sphare besitzen. Diese Bilder widersprachen anscheinend meiner Ansicht, doch denke ich mir, dass in einer ruhenden Zelle die Zentralgeissel uuch bewegungslos ist, wie z. B. ohne chemischen Anreiz der SamensMte (Prostatasaft etc.) die Spermien im Hoden ruhig daliegen. Wenn abet beispielsweise die Zelle reif wird, die Kern- membran platzt -- so tritt tier Kernsaft aus und dient den Zentralgeisseln als Reiz; die Bewegung beginnt, es bilden sich durch dieselbe Spharen, und wir bekommen das Bild tier Kernteilung.

Bei der Befruchtung vereinigen sich die yon den zwei Ge- schlechtsdrtisen ausgearbeiteten Vererbungstoffe, ausserdem abet hat derHoden die spezielle Funktion fibernommen, den motorische~ Apparat (Geisselzentrosom) zu bilden, welcher ftir die nachfolgenden Zellteilungen notwendig ist, w~thrend das 0varium in der Eizelle, wie bekannt, das bTahrungsmaterial aufspeichert. Die Geissel- zentrosome der unbefruchteten Eizelle sind ftir selbstandige normale Teilungen zu schwach und k6nnen nur dutch reizende Einwirkungen in Tatigkeit gesetzt werden. Bis zu einem gewissen Grade schreitet dann die Teilung vor sich (ktinstliche Purtheno- genese). Viele Eier sind aber auch hierzu nicht bef~thigt; dutch die wiederholte Spaltung der abgeschw~tchten Geisselzentrosome kommt es nur zur Bildung von Astrosphi~ren, die aber zu keiner rrotoplasma-Einschntirung ftihren. Bei der natiirlichen Partheno- genese gentigt eine Kopulation zweier verschiedener Geschlechts- zellen ftir mehrere Generationen; in diesem Falle mtisste die GeschlechtsdriIse des mannlichen Tieres die Fhhigkeit besitzen, Geisselzentrosome mit einem hierftir gentigenden Energievorrat auszubilden. Ich wiederhole nochmals, dass jede teilungsfahige Zelle: Kern, Protoplasmamasse und G e i s s e 1 z e n t r o s o m besitzt, d i e yon d e r e r s t e n F u r c h u n g s z e l l e in direkter Linie ab- stammen. Die Zellen des Organismus sind verschieden differenziert und jede derselben hat spezifische Funktionen. Ich habe oben versucht, die Funktionen tier HodenzeUe anzudeuten.

Man kann meiner Kern- und Zellteilungstheorie auch die Erscheinungen der normalen Polyspermie entgegenstellen. Bei

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einer Mehrzahl yon Geisselzentrosomen sollte doch, wenn meine huffassung richtig ist, der Kern nach vielen verschiedenen Seiten gezogen werden.

Bei den meisten Eiarten, die viel Dotter enthalten, ist es nachgewiesen worden, dass bei der Befruchtung in der Regel mehrere Spermien ins Ei dringen (physiologische Polyspermie); hierbei haben R ti c k e r t und 0 p p e 1 die interessante Beobachtung gemacht, dass yon allen eingedrungenen Samenfaden mit dem Eikern nur ein Spermium kopuliert, die tibrigen bleiben im Dotter liegen. Es daft also angenommen werden, dass der normale Eikern irgend eine Schutzvorrichtung besitzt. Dass der Kern einen ungemein komplizierten Bau besitzt, ersieht man aus der Mikrophotographie Nr. 11. Die Figur stellt ein unreifes Ei mit grossem Kernblaschen dar. Der Nukleolus wurde bisher meines Wissens bei Seeigeleiern immer als dunkler homogener Fleck dargestellt. Hier dagegen sieht man erstens eine vier- fache Schichtung und ausserdem noch fiinf kleine helle Gebilde.

Bei dotterarmen Eiern hat, wie dies 0. H e r t w i g nachwies, nicht der Kern, sondern das ganze Proto- plasma die Fahigkeit, tiberschtissige Spermien aufzuhalten. Bei diesen Eiern dringt normalerweise n u r e i n

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Fig. 11.

S p e r m i u m i n s Ei. Durch mechanische, chemische und thermische Schadigungen

ist es t t e r t wig gelungen, die Schutzvorrichtungen des Plasmas dieser Eier zu zerst6ren, und er stellte den Satz auf, dass, je starker die Schadigung, desto mehr Spermien ins Ei eindringen kOnnen.

Nun ki~nnen aber auch dotterreiche Eier o d e r di e v o n i h n e n a b s t a m m e n d e n Z e l l e n g e s c h a d i g t w e r d e n , in d i e s e m F a l l e v e r l i e r t d e r K e r n d ie F a h i g k e i t , die vorhandenen fiberzahligen Geisselzentrosome fern zu halten.

An den Lininchromatinknttuel heften sich nicht wie normaler- weise zwei Zentrosome, sondern drei, vier, ftinf, so dass die Chromatinsubstanz nach drei (Triaster) oder mehreren Richtungen ausgezogen wird. Selbstverstandlich geht dann die Kernteilung

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immer schneller vorwarts. Diese Bilder sehen wir bei den malignen Tumoren: Carcinom etc.

Die nun folgende Besprechung der

k i n e m a t o g r a p h i s c h e n A b b i l d u n g e n

beginne ich mit der Beschreibung des Streifens Fig. 12, auf welchem die Membranabhebung fixiert ist.

Gleich nach dem Eindringen des Spermium f~tngt die Membran- abhebung an. Diese Abhebung der Eihaut rtihrt her yon einem Druck, der vom Ei aus wirkend, die Haut ausspannt. Dieser Druck kann nur yon einer Absonderung aus dem Eiinuern her- rtihren. Der Prozess der Absonderung wird ausgelSst durch die Perforation der Eihaut. Beim Passieren der Eihaut wird die Spermiumhtille, wie oben beschrieben, abgestreift.

Diese Htille bildet f t i r e i n e n M o m e n t e i n e n P o r e n - k a n a l in alas I r ~ n e r e d e s E i e s h i n e i n und dutch diesen ist ein Eintritt yon Wasser erm6glicht. Bis dahin war das Ei durch die Zellhaut gegen das umgebende Wasser vollstimdig ab- geschlossen. Unterhalb tier Eihaut liegt die S c h i c h t der hellen gl~nzenden K~rnchen. Diese besitzen die bemerkenswerte Eigen- schaft, im Wasser s~fort machtig aufzuquellen.

Diese Eigenschaft der Granula unterscheidet dieselben don den DotterkSrnchen im Innern des Eies, die im Wasser nicht quellen.

Wie ich soeben ausftihrte, gelangt nach Eintritt des Spermium eiu kleines Quantum Wasser durch den so entstandenen Poren- kanal in die Granulaschicht.

Dieses Wassertr~pfchen gentigt vollkommen, um die Granula vor allem in diesem Bereiche zum Aufquellen zu veranlassen. So entsteht an der Eiperipherie dieser bestimmten Stelle unter- halb tier Membran eine plStzliche Volumzunahme, die einen er- hShten Druck nach allen Seiteu zur Folge hat. Dieser Druck macht sich sichtbar einerseits durch eine Eiubuchtung des Ei- inhaltes und andererseits durch eine betrachtliche Ausweitung der Eimembran (an der Eintrittsstelle).

Diese Verhaltnisse sind nun im kinematographischen Streifen Fig. 12 abgebildet. Auf dem ersten Bildchen, das kurz nach dem Eintritte des Spermium aufgenommen ist, tritt deutlich her- vor, wie an einer lokalen Stelle links unten eine Quellung ein- getreten ist.

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Kinematographie der Befruchtung und Zellteilung. 23

Die Volumzunahme ist schuld, dass die ~ Eimembran an dieser bestimmten Stelle ab-

gehoben erscheint, ebenso zeigt die Gestalt des Eies, verglichen mit dem Habitus des unbefruchteten Eies, eine wesentliche Ver- anderung; es erscheint links unten abgeplattet oder leicht eingedrtickt.

Auch dieses Aussehen ist, wie ich oben schon angedeutet, auf die (~uellung der Granula zurtickzuftihren. Die Eihaut besitzt eben eine gewisse Z~thigkeit, die eine Ausdehnung erlaubt, sie aber vor allzu grosser lJberspannung schtitzt. Der Druck verteilt sich auf diese Weise sowohl auf die Membran (nach aussen) als auch direkt auf das Ei selber (nach innen).

Wenn wir die weiteren Vorgange un- unterbrochen mikroskopisch verfolgen, so be- merken wir, wie nach und m~ch yon dieser Stelle aus die Quellung nach allen Seiten

~b sukzessive fortschreitet. Damit geht nattirlich Hand in Hand auch das Abheben der Eihaut. Schon Bildchen 2 deutet dieses Abheben an, indem der Raum zwischen Membran und Ei nicht nur links unten erscheint, sondern dieser Zwischenraum ist auch an etwas mehr rtick- warts gelegenen Stellen bemerkbar. Bildchen 3 zeigt nun ganz deutlich wie die Membran sich ringsum infolge der Quellung yon der Ei- peripherie gel0st hat, allerdings ist bier und in den zwei folgenden Bildern die primare $telle noch gut erkennbar, well hier der Abstand yon der Membran zur Eiperipherie auf den ersten Blick noch grOsser erscheint, als an den iibrigen Stellen. In den folgendenBildern, z.B.Bildchen 6, fallt dieser grosse Abstand nicht mehr so sehr auf, da sich die Membran mittlerweile auch an den anderen Stellen weiter yon der Ei- peripherie abgehoben hat. Auf diese Weise

a hat sich die Quellung in der Grafmlaschicht

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24 J u l i u s Ries :

gleichmassig auf die ganze Oberflache des Eies verteflt. Diese Tatsache erscheint auf der Photographie besonders gut in den beiden letzten Bildern dieses Streifens durch einen durchgehenden genau gleichgrossen Abstand der Membran yon der Eiperipherie illustriert.

Diese gleichm~tssige Quellung hat selbstverst~mdlich auch eine gteichm~ssige Verteilung des Druckes auf die ganze Eioberfl~che zur Folge, ein einseitiger Druck, wie wir ihn in Bild 1 vorfinden, der dann die Abplattung des Eies bewirkte, ist hier aufgehoben. Deshalb empfindet man es als nattirliche Folge, wenn nach und nach die eingedrtickte Eiflache wieder ihre if[there kreisrunde (kugelige) Gestalt einnimmt.

Mit diesem kinematographischen Streifen Textfig. 12 ist eine genaue e i n w a n d f r e i e Darstellung der sukzessiven Abhebung der Eimembran gegeben.

Es folgen zwei Tafeln, auf denen 18 kinematographische Streifen abgebildet sind (auf Taft I vereinigt).

Die Streifen 1--14 sind aus einer fortlaufenden Aufnahmen- reihe eines Films ausgewghlt. Man sieht auf denselben e in E i , welches in den ~ier ersten Bildchen des ersten Streifens noch unbefruchtet alle Phasen des Befruchtungsprozesses und der Segmentierung bis zur Morulabildung durchmacht.

Hierauf folgen Streifen 15 und 16, in denen zum Vergleiche mit den Streifen 7 und 8 die $egmentierung tier zwei ersten Tochterzellen eines anderen Eies noch einmal abgebildet sind.

Die nachsten Streifen 17 und 18 sind einem Film ent- nommen, welcher leider sehr kurz ist, aber an welchem ver- schiedene Details besonders scharf sichtbar sind. So z. B. sieht man die eigent~mliche sogenannte Hantelfigur des sic]] teilenden Kernes h e l l im dunklen Protoplasma hervortreten. Auch die abgehobene Eimembran und die veranderliche Form des peri- vitellinen Raumes, auf deren Bedeutung ich spater noch zurtick- kommen werde, sind sehr deutlich abgebildet.

In der Umgebung der Membran sind vide kleine Ptinkt- chen sichtbar, welche die SpermienkSpfe vorstellen.

S t r e i f e n 1. Wie gesagt, stellen die vier ersten Bildchen das Ei im unbefruchteten Zustande dar.

Das Ei des Bildchen 5 zeigt rechts unten eine kleine Abflachung, die ich bei der Besprechung der Abhebung der Eimembran n~ther erlautert babe.

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Diese Abplattung wird im nachsten Bildchen etwas breiter, um in den folgenden drei letzten Bildern wieder allmi~hlich zu verschwinden. Leider war bei der Aufnahme dieses Streifens die Einstellung nicht auf die Eiperipherie gerichtet, so dass die Ab- hebung der Eihaut selbst unsichtbar ist. Ich glaube aber doch, dass die Ver~ffentlichung dieses Streifens dutch die Abbfldung des noch unbefruchteten Eies, dessen GrSsse zu vergleichenden Messungen verwendet werden kann, eines gewissen Wertes nicht entbehrt.

In den vier ersten Figuren des zweiten Streifens ist keine merkliche Veranderung der ausseren Gestalt, sowohl des Eies wie auch des perivitellinen Raumes samt der diesen iiberkleidenden Eimembran zu bemerken. Im Inneren des Eies hingegen kann ein geschultes Auge eine Veranderung in der frtiher eintSnigen Flache des Eiinhaltes feststellen.

Es zeigt sich namlich schon in Streifen 2 Bildchen 1 im Inneren des Eies eine hellere Figur, die sich bei n~herem Zusehen in zwei einander gegentiberstehende helle Flecken auflSst. Der enge Raum zwischen diesen beiden hellen Partien erscheint natur- gemi~ss dunkler als die tibrige Eimasse.

Diese beiden im lebenden Ei bei schwacher Vergr(isserung durch die hellere Fi~rbung hervortretenden Stellen entsprechen der in fixierten Praparaten sichtbaren Kernspindel.

Die im lebenden Ei sichtbare Figur hat eine gewisse )~hn- lichkeit mit den beim Turnen gebrauchten Eisenhanteln und wird haufig nach diesen genaant.

Diese Hantelfigur steht auf einem Durchmesser des Eies, den wir in den vorliegenden Abbildungen yon links unten nach rechts oben ziehen kSnnen.

Die beiden entgegengesetzten Punkte dieses Durchmessers stellen die Eipole dar. In den letzten vier Figuren des zweiten Streifens zeigt sich in der Gestalt der Eimasse eine immer deut- licher werdende Verimderung.

Die Kugelgestalt des Eies, die wir in den frfiheren Stadien antreffen, erfahrt hier yon zwei Seiten her eine Abplattung. Diese abgeflachten Seiten laufen mit dem vorhin angegebenen Durchmesser der Kernspindel parallel. Bei genauen Messungen ergibt sich nun, class dieser Durchmesser verglichen mit dem- selben Durchmesser in den frtiheren Figuren eine Verlangerung

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erfahren hat. Messen wir aber den Durchmesser der auf den vor- genannten senkrecht zu stehen kommt yon rechts unten nach links oben und vergleichen wir dieses Marl mit tier frtiheren GrSsse, so zeigt sich, dass dieser zweite Durchmesser im Laufe der Entwicklung eine Verkiirzung erfahrt. Das heisst also, der EikSrper hat seine regelmassige Kugelform verlassen und den einen Durchmesser auf Kosten des anderen verlangert.

Messen wir aber in gleicher Weise die aufeinander senkrecht stehenden Durchmesser des gesamten Eies (EikOrper, perivitelliner Raum und Membran) und vergleichen ihre Langen miteinander, so finden wir in den beiden Maiden k e i n e n Unterschied. Die Eimeinbran als ausserste Begrenzung des Eies hat mithin im Gegen- satze zum EikSrper im Inneren die Kreisform n i c h t verlassen!

Die Ausdehnung des EikOrpers in der Richtung des einen Durchmessers, die wir oben durch Messung bewiesen, erfolgt an den beiden Polen hinaus in den perivitellinen Raum. In den Figuren des Streifens 3 sieht man, dass dieser Raum an dieser, beiden Stellen eine Verengerung erfahrt. Durch dieses lokale Vordringen des EikOrpers wird natfirtich an den beiden bestimmten Stellen auf die Gallerte des perivitellinen Raumes ein erhOhter Druck ausgetibt. Dieser Druck wird sich durch diese gequollene Masse selbstverstandlich bis zur Eimembran fortpiianzen. Da aber diese ausserste Htille nach den vorhin angegebenen Messungen k o n s t a n t in i h r e r K r e i s f o r m b e h a r r t , so ergibt sich daraus, dass sie diesen Druck aushalt, das heisst, ihn einzig auf die Gallertschicht zurtickleitet.

Der Inhalt des perivitellinen Raumes ist vermSge seiner gallertartigen Beschaffenheit einer allfalligen Umlagerung sehr zuganglich, deshalb muss wohl die Gallerte durch den Druck an den beiden Polen veranlasst werden, die Lokalitat des Druck- maximums zu verlassen. Es wird sich in der Gallertschicht eine StrOmung bemerkbar machen, die yon den beiden Punkten des Druckmaximums nach den gegentiberliegenden Stellen des Druck- minimums tendiert, um so in den Spannungsverhaltnissen Gleich- gewicht herzustellen.

Wir finden demnach an den beiden abgeplatteten Seiten des Eik(irpers eine Anhaufung yon Gallerte, die hier wieder sowohl auf die Eimembran als auch auf alas Ei selbst einen Druck austtbt. Aber auch hier verbleibt die Eimembran in ihrer

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urspr~nglichen Kreisform und der Druck wird einseitig auf die Masse des Eies konzentriert. Deshalb verstehen wit es, wenn die vorhin erwahnte Abplattung, die zuerst in einer Ebene lag~ immer mehr eine konkave Gestalt annimmt.

Die minimale griibchenartige Vertiefung in der Aquator- gegend wird nach und nach immer tiefer. Sie wird in den letzten Bildern des Streifens 4 zu einer recht erheblichen Ein- schniirung.

Der Durchmesser der Aquatorialgegend wird dadurch Stiick fftr Sttick bis zur v~lligen Abschniirung der beiden Tochterzelle~ verringert (letztes Bild im Streifen 5).

In diesem Streifen ebenso wie im entsprechenden Streifen lS sieht man, wie an den Polen der EikOrper die Eimembran bertihrt ; die ganze Gallerte ist yon diesen Stellen nach der AquatoriM- gegend verdrangt.

Textfig. 9 ZeichnungA zeigt schematisch die Druckverhaltnisse~ und die Str~)mungsrichtungen im perivitellinen Raume durch Pfeile angegeben.

Nachdem die Abschnilrung vollzogen, sieht man in den Figuren des Streifens 6 die beiden Tochterzellen sich in tier -~quatorialebene wieder nahern und gegenseitig abplatten. Dieser Vorgang ist nattirlich durch die innerea Vorgange im EikSrper, die Einstellung der beiden neuen Kernspindetn hervorgerufen und bedingt neuerdings eine Umlagerung der Gallertmassen.

Auf diese Weise sieht man im Streifen 7 (dasselbe auch im Streifen 15) einen Teil der in tier J(quatorgegend angesammelten Gallerte yon hier wegstrOmen und sich zu tier Gegend des jetzigen Druckminimums hinziehen. Die zwei Tochterzellen werden gerade so wie die Mutterzelle durch die Gallertmasse eingeschnfirt, welche zu deren Aquatorialgegend hingestr0mt ist. Der mitotische Druck ist, wie ich bei tier Beschreibung meiner Kernteitungs- hypothese naher ausgefilhrt habe, dutch die an den Kern ansitzenden und in entgegengesetzter Richtung sich fortbewegenden Geisselzentrosome hervorgerufen. Die so eingetretene Gallert- verteilung bringt es mit sich, class auch zwischen den vier kugeligen Furchungszellen ein mit Gallerte ausgefi~llter Raum sich ausbildet (vergl. die letzten drei Figuren des Streifens 7 und alle Figuren der Streifen 8 und 16).

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Die nun folgenden weiteren Teilungen in den Streifen 9 bis 14 will ich nicht naher erlautern, ich mache nur auf das Bestehenbleiben tier immer kugelig bleibenden Membran bis ins Morulastadium aufmerksam. Zwar ist die Wiedergabe derselben auf diesen Bildern sehr schlecht gelungen, aber an einzelnen Stellen, wie z. B. bei den Bfldern 3--6 des Streifens 13 ist sie schwach angedeutet. Bei der subjektiven Beobachtung ist es mir gelungen, diese Membran auch bei der Blastula nachzuweisen.

Ich sah beim Eintrocknen des Objektes um dasselbe die kreisfi)rmige Membran, bei Wasserzusatz quollen wieder die Zellen bis zur Membran und dieselbe wurde wieder unsichtbar.

Auf diesen 14 Streifen, welche die fortlaufende Entwicklung eines Eies zeigen, wird man unwillk~irlich zu einem Vergleiche der Gr~)ssen des unbefruchteten Eies und der Morula hingeleitet.

Dass die Ausdehnung der Eihaut nicht betrachtlich zu- genommen hat, ist leicht nachzuweisen. Ich glaube auch, dass die Zellmasse wenig an Volumen zunahm.

Was man aber in den Bildern dieser 14 Streifen sieht, ist ein allmahliches Hellerwerden der Furchungszellen. Bei ver- schiedener Einstellung der Mikrometerschraube sieht man natfirlich entweder mehr oder weniger yore im Inneren gelegenen Gallert- kern (Se lenka) , aber auch in den Figuren des Streifens 14 sieht man in der Mitte der einzelnen Bilder diesen Gallertkern durch- schimmern.

Bis hierher habe ich die Segmentierung kinematographisch verfolgen kSnnen, in einer spateren Arbeit hoffe ich mi t einem besseren Apparate und grSsserem Filmvorrate diese Untersuchungen weiterzufiihren.

An dieser Stelle erffille ich die angenehme Pflicht, den Direktionen des Institutes Marey, Paris, und des Laboratoire Arago, Banyuls s. Mer fiir deren Unterst~tzung meiner Arbeiten herzlichsten Dank auszusprechen. Meinem Freunde, Herrn Dr. L. B u l l , Assist. des Institutes Marey, der mich in liebens- w~rdigster Weise die Handhabung des kinematographischen Apparates lehrte, sei hiermit auch nochmals gedankt.

B e r n , 28. Dezember 1908.

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Nachtrag.

Die vorstehende Arbeit tiber die ,Kinematographie der Befruchtung und Zellteilung" konnte ich anfangs Januar 1909 der Redaktion dieser Zeitschrift tibergeben. Die VerSffentlichung der Arbei't kann abe l wie mir der Verlag mitteilt, erst im Mai oder Juni 1909 erfolgen. Es sei mir daher gestattet, diese VerzOgerung damn zu benutzen, dass ich einzelne Ergebnisse meiner seither angestellten Untersuchungen insoweit hier im Nachtrage mitteile, als dieselben meine Astrosph~renbildungs- hypothese beriihren.

Es lag mir daran, meiner Arbeit einige Abbildungen yon mit F~tden versehenen (geschwanzten) Diplosomen verschiedener somatischer Zellen beizugeben. Das Vorhandensein solcher ge- schwanzter Diplosome ist unbedingtes Erfordernis meiner Hypothese.

Ich wandte mich daher an Herrn Prof. K. W. Z i m m e r m a n n (Berner Anat. Inst.) mit der Bitte, mir Praparate mit deutlichen Zentralgeisseln resp. geschwanzten Diplosomen zu demonstrieren. Es kostete mich aber anfangs grosse Mtihe, diese feinsten Gebilde wahrzunehmen, und erst nachdem Prof. Z i m m e r m a n n meine Aufmerksamkeit auf die einzelnen Stellen lenkte, sah ich die Faden. Nachdem ich dieselben aber einmal gesehen, war es mir unbe- greiflich, wie ich friiher diese Faden tibersehen konnte, denn sie erschienen als zwar ungemein feine, aber dennoch scharf ge- zeichnete Gebilde. Das Pr~tparat, welches mir Prof. Z i m m e r m a n n demonstrierte, war ein Schnitt durch eine Meerschweinchenniere. Herr cand. reed. D a l b k e r m e i e r , welcher dieses Praparat im Zimm er m an n schen Laboratorium anfertigte, wird in einer dem- nhchst erscheinen den Publikation genaueres hierfiber ver6ffentlichen.

Ich er]aubte mir daher nur, zwei Stellen des Prhparates abzuzeichnen. Die Abbildung 1, Taf. IA zeigt einen S c h n i t t durch ein Sammelr6hrchen der Niere, der eingezeichnete Pfeil deutet auf die Zelle, in welcher das Diplosoma mit den beiden F/iden getroffen wurde. Selten sind am Diplosom beide Faden so sch0n wie in diesem Schnitte sichtbar, denn gew6hnlich liegen sie in verschiedenen Ebenen. Ich habe mir die grOsste Miihe

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gegeben, mit dem Abbd-Zeichenapparat die Geisseln mtiglichst getreu wiederzugeben und glaube, dass es mir, was Form und Lage betrifft, gelungen ist. Aber auf der Zeichnung erscheinen sie noch viel zu dick. Mikrophotographisch ist es mir nicht gelungen, -- trotz vieler Versuche - - die Geisseln genf~gend scharf auf die Platte zu bekommen.

Fig. 2 bei st~rkerer Vergr(~sserung eine andere Zelle des- selben Praparates.

Prof. Z i m m e r m a n n ist es gelungen, nicht nur in allen mSglichen Drttsenzellen (Thyreoidea, Pankreas etc.) und Epithelien Geisselzentrosome zu finden, sondern auch in Bindegewebszellen. Diese Zeichnungen mit den Z i m m e r m a n n s c h e n Geissel- zentrosomen sollen also den Typus normaler, teilungsffthiger Zellen darstellen, in dem meiner Ansicht nach: in jeder Zelle, so wie ich es auf S. 19 dargestellt babe, anfgtnglich ein Geisselzentrosom vorkommt, welches sich spater in zwei spaltet (Diplosoma). An dieser Stelle erlaube ich mir, Herrn Prof. Z i m m e r m a n n ftir die giitige Erlaubnis zur Ver0ffentlichung dieser Pr~tparate zu danken. Aber ich ftthle reich noch zu weiterem Danke Prof. Z i m m e r m a n n gegentiber verpflichtet, denn nachdem ich an seinen Praparaten gelernt habe, auf solche feinste Gebilde zu achten und dieselben zu sehen, ist es mir gelungen, in Praparaten, die ich vorher unzahligemal geprttft hatte, ohne etwas weiteres zu bemerken, neues zu finden.

Ich untersuchte neuerdings Paraffinschnitte yon Strongy- locentrotus liv.-Eiern, die ich bei meinem Neapeler Aufenthalte in Pikrin-Essigsaure-Sublimat 8 Minuten nach der Befruchtung fixiert hatte. Zum Farben benutzte ich B e n d a - Hamatoxylin mit nachfolgender Tingierung in der J e n n e r schen L0sung (G r it b 1 e r). Zunachst beobachtete ich Eier mit vielen schwarzen KOrnchen, deren Beschaffenheit mir unklar war. Einige dieser KSrnchen l(~sten sich bei genauerem Zusehen in DoppelkSrner auf. Einzelne batten ganz kurze, fadenf0rmige Fortsatze. In einem Ei konnte ich zw61f solcher KSrnchen mit diesen kurzen Geisseln zahlen. Dann traf ich auch Schnitte an, in welchen man das ganze eingedrungene Spermium sah. Der Spermien- kopf ist in diesen Schnitten stark gequollen und um denselben sind die DotterkSrnchen weggedr~tngt, so dass der Kopf yon einem hellen Hole umgeben ist. In einiger Entfernung vom

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Kopfe sieht man das abgelSste Zentrosom mit dem gestreckten oder manchmal gewundenen Schwanze. Wenn man bei solchen Eiern aueh auf die Verteilung und Anordnung der DotterkSrnchen achtet, so sieht man haufig auch die Strasse, auf welcher das Spermium eingedrungen; der k0rnchenfreie Hof um den Kopf wird am Halsteile immer schmMer und verschwindet allm'~thlich ungefahr in der Mitte des Schwanzes. Die hinterlassene Spur wird dana durch eine starkere KSrnchenansammlung gebildet, welche deutlich vom eigentlichen Faden unterscheidbar ist.

Fig. 3 der Tar. I A stellt ein Ei vor, in welchem der Spermienkopf stark vergrSssert ist und um denselben ein kSrnchenfreier Hof sichtbar ist. Das Zentrosom ist geradeso wie der Schwanz gespalten. Da ht~ufig, eben wie in diesem Eie, weder um das Spermium noch sonst eine Astrosph;tre sichtbar ist, nehme ich an, dass das Spermium in diesen Eiern aus irgend einem Gru~de in Ruhe verharrt.

Interessante Bilder zeigen die Eier Nr. 4 und 5 tier Taf. I A. In beiden Figuren sind um das eingedrungeae Spermium Astrosph~tren ausgebildet. - - Aber keine vollstandigen, sondern mit strahlenlosen Kegeln. In den hellen Strahlen sieht man in beiden Eiern die Spermiengeisseln zum Zentrosom hinziehen.

Auf was ich hier besonders aufmerksam machen will, ist die Tatsache, dass die Geisseln sich dort befinden, wo der strahlenlose Kegel beginnt. Diese Bilder stimmen diesbeztiglich mit den schematischen Zeichnungen der Fig. 9 gut tiberein und hare ich diese Pr~parate fttr eine wichtige Stt~tze meiner Strahlenbildungshypothese.

Fig. 6 der Tar. I A stellt ein Ei nach der ersten Furchung dar. Die Kerne in den beiden Tochterzellen schicken sich zur zweiten Teilung an. Besonders in der unteren Tochterzelle sind beide Spharen gut im Schnitte getroffen. Im Zentrum der rechten Astrosph~re ist ein Geisselzentrosom vorhanden.

B e r n , 10. April 1909.

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Daher" ging mein Bestreben schon damals dahin, gerade die Segmentierung auch weit weg yore Meere, in Gegenden, wo keine so gtinstigen Objekte vorhanden sind, zeigen zu kSnnen.

Ich verlangte von der Verwaltung der Station einen Kine- matographen, doch war ein kinematographischer Aufnahmeapparat in Neapel nicht zu bekommen.

Ich fixierte daher m6glichst viele Furchungsstadien und bekam auf diese Weise die schOnsten Dauerpraparate vom Momente der Befruchtung an bis zur Morulabildung. Doch ist ein gewaltiger Unterschied noch zwischen dem besten fixierten Prttparat und dem lebenden. Ausser den vielen Kunstprodukten, die dem toteu fixierten Praparate anhaften, unterscheidet es sich noch vom lebenden durch die Bewegungslosigkeit. Als ich im Herbste 1907 in Villefranche Herrn Professor K r o n e c k e r die Befruchtung im Mikroskope demonst~ieren konnte, riet er mir, diese Bewegungs- vorgange im Institut Marey kinematographisch aufzunehmen und zu reproduzieren. Das Institut Marey in Boulogne s. Seine bei Paris hat spezielle Einrichtungen zum Studium yon Bewegungen. Dart erhielt ich den Schweizerischen Arbeitsplatz, woftir ich schon an dieser Stelle dem Hohen Bundesrate meinen ergebensten Dank aussprechen m0chte.

Wahrend der Osterferien 1908 ging ich hin. Am schwierigsteu war die Beschaffung des n0tigen Materials. Das Maritime Labora- torium am nahen Atlantischen Ozean sandte mir zwar taglich Seeigel, doch kamen sie immer entweder in unreifem Zustande oder verdorben an.

In den Zentralmarkthallen yon Paris bekam ich endlich ziemlich gutes Arbeitsmaterial und so gelang es mir nach vielen Versuchen und Anderungen die ersten kinematographischen Auf- nahmen der Befruchtung anzufertigen.

Da aber die Eier wahrscheinlich yon der Eisenbahnfahrt and dem Wassermangel gelitten, fand erstens die Befruchtung nicht an jedem Ei statt und zweitens war die Segmentation nicht nur stark verlangsamt, sondern in den meisten Fallen auch patho- logisch verandert.

~Nachdem ich im Institut Marcy die n6tige ~'bung im Um- gange mit dem Kinematographen erlangt und endlich die ein- fachste Art der Aufnahme gefunden hatte, zudem die Leitung des Institutes mir die Apparate ftir kurze Zeit tiberliess, ent-

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Daher" ging mein Bestreben schon damals dahin, gerade die Segmentierung auch weit weg yore Meere, in Gegenden, wo keine so gtinstigen Objekte vorhanden sind, zeigen zu kSnnen.

Ich verlangte von der Verwaltung der Station einen Kine- matographen, doch war ein kinematographischer Aufnahmeapparat in Neapel nicht zu bekommen.

Ich fixierte daher m6glichst viele Furchungsstadien und bekam auf diese Weise die schOnsten Dauerpraparate vom Momente der Befruchtung an bis zur Morulabildung. Doch ist ein gewaltiger Unterschied noch zwischen dem besten fixierten Prttparat und dem lebenden. Ausser den vielen Kunstprodukten, die dem toteu fixierten Praparate anhaften, unterscheidet es sich noch vom lebenden durch die Bewegungslosigkeit. Als ich im Herbste 1907 in Villefranche Herrn Professor K r o n e c k e r die Befruchtung im Mikroskope demonst~ieren konnte, riet er mir, diese Bewegungs- vorgange im Institut Marey kinematographisch aufzunehmen und zu reproduzieren. Das Institut Marey in Boulogne s. Seine bei Paris hat spezielle Einrichtungen zum Studium yon Bewegungen. Dart erhielt ich den Schweizerischen Arbeitsplatz, woftir ich schon an dieser Stelle dem Hohen Bundesrate meinen ergebensten Dank aussprechen m0chte.

Wahrend der Osterferien 1908 ging ich hin. Am schwierigsteu war die Beschaffung des n0tigen Materials. Das Maritime Labora- torium am nahen Atlantischen Ozean sandte mir zwar taglich Seeigel, doch kamen sie immer entweder in unreifem Zustande oder verdorben an.

In den Zentralmarkthallen yon Paris bekam ich endlich ziemlich gutes Arbeitsmaterial und so gelang es mir nach vielen Versuchen und Anderungen die ersten kinematographischen Auf- nahmen der Befruchtung anzufertigen.

Da aber die Eier wahrscheinlich yon der Eisenbahnfahrt and dem Wassermangel gelitten, fand erstens die Befruchtung nicht an jedem Ei statt und zweitens war die Segmentation nicht nur stark verlangsamt, sondern in den meisten Fallen auch patho- logisch verandert.

~Nachdem ich im Institut Marcy die n6tige ~'bung im Um- gange mit dem Kinematographen erlangt und endlich die ein- fachste Art der Aufnahme gefunden hatte, zudem die Leitung des Institutes mir die Apparate ftir kurze Zeit tiberliess, ent-

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Daher" ging mein Bestreben schon damals dahin, gerade die Segmentierung auch weit weg yore Meere, in Gegenden, wo keine so gtinstigen Objekte vorhanden sind, zeigen zu kSnnen.

Ich verlangte von der Verwaltung der Station einen Kine- matographen, doch war ein kinematographischer Aufnahmeapparat in Neapel nicht zu bekommen.

Ich fixierte daher m6glichst viele Furchungsstadien und bekam auf diese Weise die schOnsten Dauerpraparate vom Momente der Befruchtung an bis zur Morulabildung. Doch ist ein gewaltiger Unterschied noch zwischen dem besten fixierten Prttparat und dem lebenden. Ausser den vielen Kunstprodukten, die dem toteu fixierten Praparate anhaften, unterscheidet es sich noch vom lebenden durch die Bewegungslosigkeit. Als ich im Herbste 1907 in Villefranche Herrn Professor K r o n e c k e r die Befruchtung im Mikroskope demonst~ieren konnte, riet er mir, diese Bewegungs- vorgange im Institut Marey kinematographisch aufzunehmen und zu reproduzieren. Das Institut Marey in Boulogne s. Seine bei Paris hat spezielle Einrichtungen zum Studium yon Bewegungen. Dart erhielt ich den Schweizerischen Arbeitsplatz, woftir ich schon an dieser Stelle dem Hohen Bundesrate meinen ergebensten Dank aussprechen m0chte.

Wahrend der Osterferien 1908 ging ich hin. Am schwierigsteu war die Beschaffung des n0tigen Materials. Das Maritime Labora- torium am nahen Atlantischen Ozean sandte mir zwar taglich Seeigel, doch kamen sie immer entweder in unreifem Zustande oder verdorben an.

In den Zentralmarkthallen yon Paris bekam ich endlich ziemlich gutes Arbeitsmaterial und so gelang es mir nach vielen Versuchen und Anderungen die ersten kinematographischen Auf- nahmen der Befruchtung anzufertigen.

Da aber die Eier wahrscheinlich yon der Eisenbahnfahrt and dem Wassermangel gelitten, fand erstens die Befruchtung nicht an jedem Ei statt und zweitens war die Segmentation nicht nur stark verlangsamt, sondern in den meisten Fallen auch patho- logisch verandert.

~Nachdem ich im Institut Marcy die n6tige ~'bung im Um- gange mit dem Kinematographen erlangt und endlich die ein- fachste Art der Aufnahme gefunden hatte, zudem die Leitung des Institutes mir die Apparate ftir kurze Zeit tiberliess, ent-