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Klimawandel und Menschenrechte Die Folgen des Klimawandels für das Recht auf Nahrung und das Recht auf Wasser Anforderungen an die internationale, europäische und deutsche Klimapolitik

Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

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Klimawandel und MenschenrechteDie Folgen des Klimawandels fuumlr das Recht auf Nahrung und das Recht auf WasserAnforderungen an die internationale europaumlische und deutsche Klimapolitik

HerausgeberFIAN Deutschland eVBriedeler Straszlige 13 50969 Koumllnfi anfi ande wwwfi ande

AutorInnen Wolfgang Obergassel Dr Jeanette Schade (beide FIAN-Arbeitskreis Klima) Theresa SchulzeRedaktion Gertrud FalkLayout Silvia BodemerIllustrationen Mareike Walter Silvia Bodemer (S 7 9 20 32)

Copyright Fotos FIAN Deutschland oder siehe Bildunterschrift

Druck Haumluser KG Koumllnauf 100 Recyclingpapier

Gefoumlrdert durch Engagement Globalmit fi nanzieller Unterstuumltzung desBundesministeriums fuumlr wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Gefoumlrdert durch die Stiftung Umweltund Entwicklung Nordrhein-Westfalen

Gefoumlrdert mit Mitteln des evangelischenKirchlichen Entwicklungsdienstes und von Misereor

Gefoumlrdert mit Mittelnder Europaumlischen Kommission

Fuumlr den Inhalt dieser Publikation ist allein der Herausgeber verantwortlich Die hier dargestellten Positi-onen geben nicht den Standpunkt von Engagement Global gGmbH dem Bundesministerium fuumlr wirt-schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung der Europaumlischen Kommission der Stiftung Umwelt und Entwicklung NRW des evangelischen Kirchlichen Entwicklungsdienstes oder Misereor wieder

Koumlln Januar 2018

Klimawandel und MenschenrechteDie Folgen des Klimawandels fuumlr das Recht auf Nahrung und das Recht auf Wasser

Anforderungen an die internationale europaumlische und deutsche Klimapolitik

InhaltsverzeichnisZusammenfassung 4

Einleitung 6

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher 7

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser 10

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung 10

Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur 10

Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge 11

Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen 11

Anstieg des Meeresspiegels 11

Groumlszligere Wetterschwankungen 12

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser 12

Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels 12

Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur 12

Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge 13

Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels 13

Kleine Inselstaaten 13

Afrika 14

Suumldostasien 14

Suumldasien 14

Meilensteine der internationalen Klimapolitik 16

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik 18

Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte 18

Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts 19

Prinzipien der internationalen Menschenrechte 20

Allgemeine Prinzipien 20

Extraterritoriale Staatenpflichten 21

Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten 22

Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik 23

Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung 23

Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung 24

Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten 25

Internationale Klimafinanzierung 25

Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen 26

Der Clean Development Mechanism 28

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank 31

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU 32

Senkung der eigenen Emissionen 33

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens 34

Die Europaumlische Investitionsbank 35

Ausblick 36

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links 37

Zusammenfassung

Die Menschheit ist dabei durch den Ausstoszlig von Treibhausgasen (THG) wie Kohlendioxid (CO2) Methan (CH4) und Lachgas (N2O) einen Wandel des globa-len Klimas herbeizufuumlhren der in seiner Dimension dem Unterschied von heute zur letzten Eiszeit vergleichbar ist Die globale Durchschnittstemperatur ist seit Beginn der Industrialisierung um knapp 1 Grad Celsius gestiegen Wenn nicht gegengesteuert wird ist bis Ende dieses Jahrhunderts ein Anstieg um 4 bis 5 Grad Celsius zu erwarten Histo-risch betrachtet haben die traditionel-len Industrielaumlnder die meisten Treib-hausgase ausgestoszligen Inzwischen hat zwar China die USA als insgesamt groumlszligter Emittent abgeloumlst pro Kopf der Bevoumllkerung liegen die Emissionen der allermeisten Laumlnder des Globalen Suumldens aber immer noch deutlich unter denen der Industrielaumlnder

Der Klimawandel hat bereits heute spuumlrbare und in der Summe sehr nega-tive Auswirkungen auf die weltweiten Ernteertraumlge und die Verfuumlgbarkeit von Trinkwasser Wesentliche Auswirkungen sind zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge Zunahme der Haumlufi gkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereig-nissen wie Uumlberschwemmungen und Duumlrren der Anstieg des Meeresspiegels und das Abschmelzen der Gletscher Diese Entwicklungen werden sich in der Zukunft noch verstaumlrken und gerade die

armen Menschen in den Laumlndern des Globalen Suumldens am staumlrksten treffen obgleich diese am wenigsten zu den Ursachen der Erderwaumlrmung beigetra-gen haben In den meisten Laumlndern des Globalen Suumldens wird voraussichtlich bereits eine globale Erwaumlrmung zwi-schen 1 und 2 Grad Celsius zu erhebli-chen Ernteverlusten fuumlhren Mehr als ein Sechstel der Weltbevoumllkerung lebt in Flussgebieten in denen die Versor-gung mit Suumlszligwasser hauptsaumlchlich durch saisonale Abschmelzungen von Schnee und Gletschereis bereitgestellt wird Im Zuge des Klimawandels wer-den diese Wasserspeicher zunehmend verschwinden Auch die Existenz vieler kleiner Inselstaaten ist bedroht Der Klimawandel stellt damit die weltweite Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser vor betraumlchtliche Herausforderungen

Um angesichts des Klimawandels das Recht auf Nahrung und Wasser auch in Zukunft gewaumlhrleisten zu koumlnnen muumlssen Staaten also Maszlignahmen zum Klimaschutz ergreifen Interna-tional anerkannte Menschenrechte und Umweltvoumllkerrecht wirken hier ineinander Denn die Verwirklichung vieler Menschenrechte insbesondere auch des Rechts auf Nahrung haumlngen unmittelbar vom Zustand der natuumlrli-chen Umwelt ab Die Staaten der Welt sind aus menschenrechtlicher und aus

4 FIAN | Zusammenfassung

Zusammenfassung

klimapolitischer Perspektive verpflich-tet den Klimawandel zu stoppen und seine Wirkungen abzumildern Neben der Emissionsminderung gebieten die Menschenrechte besonders solche be-troffenen Bevoumllkerungsgruppen bei der Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels zu unterstuumltzen die hierfuumlr kaum Mittel haben

Aufgrund ihrer hohen Treibhausgas-emissionen und des Vorhandenseins umfangreicher technischer und wirt-schaftlicher Ressourcen haben Deutsch-land und die EU die Pflicht bei der Senkung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Auszligerdem kommt ihnen die Aufgabe zu die Laumlnder des Globalen Suumldens durch die vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und die Bereitstellung von Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Bemuumlhun-gen zu unterstuumltzen Treibhausgasemis-sionen zu vermeiden und sich an die Folgen des Klimawandels anzupassen

Daruumlber hinaus muumlssen die konkre-ten Klimaschutzmaszlignahmen mit den Staatenpflichten zur Verwirklichung der Menschenrechte in Einklang stehen Entsprechend ihrer menschenrechtli-chen Respektierungs- und Schutzpflicht sind die Staaten verpflichtet darauf zu achten dass Maszlignahmen zur Senkung der Treibhausgasemissionen ndash wie die Errichtung neuer Stromkraftwerke oder die Nutzung von Waumlldern als Kohlen-stoffspeicher ndash die Wahrnehmung von Menschenrechten im In- und Ausland nicht beeintraumlchtigen oder gar verlet-zen Klimaschutzmaszlignahmen duumlrfen nicht dazu fuumlhren dass Menschen die Existenzgrundlage entzogen wird Sie muumlssen die Rechte indigener Voumllker und lokaler Gemeinschaften auf ihr ange-stammtes Land natuumlrliche Ressourcen sowie ihre traditionelle Landnutzung anerkennen und respektieren Betrof-fene indigene Voumllker und lokale Ge-meinschaften muumlssen in alle Stufen der Entscheidungsfindung umfassend und effektiv einbezogen werden Fuumlr den

Fall von Konflikten muumlssen Verfahren zur Beilegung eingerichtet werden

Bisher waren Menschenrechte allerdings noch eine Leerstelle in der internationalen Klimapolitik Erst im Pariser Klimaabkommen von 2015 wurde ein Bezug zwischen Klimaschutz und Menschenrechten hergestellt Zwischenstaatliche und internationale Finanzierungsverfahren fuumlr Klima-schutzmaszlignahmen beinhalten bisher oft keine menschenrechtlichen Schutz-regeln In der Praxis kommt es immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen zum Beispiel durch Vertreibungen

Die Praumlambel des Pariser Abkom-mens fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Dieser Anspruch muss nun in die Tat umgesetzt werden Deutsch land und die EU muumlssen erstens dafuumlr Sorge tragen dass ihre eigenen Klimaschutz-maszlignahmen menschenrechtskonform gestaltet werden Zweitens muumlssen sie auf internationaler Ebene alle Moumlglich-keiten ausschoumlpfen um darauf hinzu-wirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber internationale Einrichtungen und Programme umgesetzt werden men-schenrechtskonform sind

Uumlberschwemmung im Gebiet des Laxmanpur-Damms in Nepal

Zusammenfassung | FIAN 5

Einleitung

Der Klimawandel und die Politik zu seiner Bekaumlmpfung haben zahlreiche Auswirkungen auf die Verwirklichung der Menschenrechte Einerseits gefaumlhr-den zum Beispiel der Anstieg des Meeresspiegels das Schmelzen der Gletscher und die Zunahme von Stuumlr-men und Duumlrren die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser Andererseits erfordert die Bekaumlmpfung des Klimawandels massive Investitionen zum Beispiel in die Energieversorgung oder in den Verkehr Groszliginvestitionen wie Staudaumlmme fuumlhren oft zu Vertreibungen und ande-ren negativen Folgen fuumlr die oumlrtliche Bevoumllkerung Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen hat daher seit 2008 mehrere Beschluumlsse zu diesem Thema verabschiedet

Von KlimapolitikerInnen werden diese menschenrechtlichen Auswirkun-gen jedoch nur zoumlgernd zur Kenntnis genommen Erst 2010 20 Jahre nach dem Beginn internationaler Verhand-lungen zum Klimaschutz wurde der Begriff Menschenrechte zum ersten Mal in einem internationalen Be-schluss erwaumlhnt Nach langen weiteren Verhandlungen hielten die Staaten schlieszliglich 2015 in der Praumlambel des Klimaabkommens von Paris fest dass bdquodie Vertragsparteien beim Vorgehen gegen Klimaaumlnderungen ihre jeweiligen Verpfl ichtungen im Hinblick auf die

Menschenrechte das Recht auf Gesund-heit die Rechte von indigenen Voumllkern lokalen Gemeinschaften MigrantInnen Kindern Menschen mit Behinderungen und besonders schutzbeduumlrftigen Men-schen und das Recht auf Entwicklung so-wie die Gleichstellung der Geschlechter die Staumlrkung der Rolle der Frau und die Gerechtigkeit zwischen den Generationen achten foumlrdern und beruumlcksichtigenldquo sollen

Die vorliegende Broschuumlre bietet eine Einfuumlhrung in die Zusammenhaumlnge zwischen dem Klimawandel und der Verwirklichung der Menschenrechte insbesondere der Rechte auf Nahrung und Wasser Die Broschuumlre stellt zu-naumlchst die Ursachen des Klimawandels und dessen Auswirkungen auf die Menschenrechte auf angemessene Nahrung und Wasser dar und untersucht die unterschiedlichen Auswirkungen auf regionaler und individueller Ebene Im Anschluss erfolgt eine Gegenuumlber-stellung bestehender Staatenpfl ichten aus den internationalen Umwelt- und Menschenrechtsabkommen aus denen Kriterien zur Bestimmung der Staa-tenpfl ichten in der nationalen und internationalen Klimapolitik abgeleitet werden Abschlieszligend werden die men-schenrechtlichen Verpfl ichtungen der deutschen Regierung und der Europaumli-schen Union herausgearbeitet

6 FIAN | Einleitung

Einleitung

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher

-06

-04

-02

-00

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04

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08

10

Jaumlhrlicher MittelwertMittelwert geglaumlttet uumlber 5 Jahre

Temperaturabweichung in degC relativ zu 1951ndash1980

20172000198019601940192019001880

Wichtig fuumlr das Verstaumlndnis des Klima-wandels ist die Begriffe Klima und Wetter voneinander abzugrenzen Der Begriff Wetter bezeichnet den kurzfris-tigen Zustand in Bezug auf Temperatur Niederschlag Luftdruck etc an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit Der Begriff Klima hingegen be-zeichnet vereinfacht gesagt den langjaumlhrigen Durchschnitt des Wetters uumlber Zeitraumlume von mindestens 30 Jah-ren Klimawandel bedeutet also eine Aumlnderung des langfristigen Durch-schnitts Seit Jahrzehnten steigt insbesondere der Durchschnitt der globalen Lufttemperatur trotz jaumlhrli-cher Schwankungen immer weiter an Aktuell liegt er rund 08 Grad Celsius uumlber dem Durchschnitt vor Beginn der Industrialisierung

Der Klimawandel kann also nicht durch ein besonders heiszliges oder kaltes Jahr bdquobewiesenldquo oder bdquowider-legtldquo werden Aussagekraumlftig ist nur der langfristige Trend Die Aumlnderung der globalen Durchschnittstemperatur sollte auch nicht an den Schwankungen der taumlglichen Temperatur gemessen werden Scheinbar geringe Aumlnde-rungen der Durchschnittstemperatur ziehen schnell betraumlchtliche Folgen mit sich Der Unterschied in der globalen Durchschnitts temperatur z wischen heute und den Eiszeiten in denen die Polargletscher bis Norddeutschland

reichten liegt nur bei 5 Grad Celsius Bereits die bisher eingetretene Erwaumlr-mung von weniger als 1 Grad Celsius hat deutliche Folgen fuumlr die Lebensmittel- und Wasserversorgung (siehe folgendes Kapitel)

Der Stand der Klimawissenschaft wird regelmaumlszligig vom so genannten Weltklimarat (Intergovernmental Panel on Climate Change IPCC) in dessen Sachstandsberichten zusammenge-stellt Die Aufgabe des Weltklimarats ist esbull die Risiken und Folgen des Klima-

wandels zu untersuchen

Globaler Temperaturindex Oberfl aumlchen-temperaturen Land und Ozean 1880-2017Datenquelle NASA Goddard Institute for Space Studies httpdatagissnasagovgistempgraphs

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher | FIAN 7

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher

bull Strategien und Maszlignahmen fuumlr die Vermeidung eines gefaumlhrlichen Kli-mawandels sowie fuumlr die Anpassung an den Klimawandel vorzuschlagen

Der Weltklimarat betreibt keine eigene Forschung sondern traumlgt die Ergebnis-se der wissenschaftlichen Forschung zusammen Sein neuester (fuumlnfter) Sachstandsbericht wurde 20132014 veroumlffentlicht

Zentral fuumlr den Klimawandel ist der so genannte Treibhauseffekt In einem Treibhaus passiert das Sonnenlicht die Glasdaumlcher und -waumlnde weitgehend un-gehindert und erwaumlrmt das Treibhaus Die Waumlrme kann durch die Daumlcher und Waumlnde nicht entweichen In der Atmo-sphaumlre ist ein aumlhnlicher Effekt aufgrund der so genannten Treibhausgase (THG) zu beobachten Von der Sonne faumlllt energiereiche kurzwellige Strahlung auf die Erde und dringt weitgehend ungehindert durch die Atmosphaumlre zur Erdoberflaumlche durch Die Erdoberflaumlche wiederum strahlt weniger energiereiche langwellige Strahlung ab Diese wird zu einem groszligen Teil durch die Treibhaus-gase in der Atmosphaumlre aufgenommen und dann wieder in alle Richtungen abgestrahlt Die Treibhausgase halten also einen Teil der Waumlrmeenergie auf der Erdoberflaumlche zuruumlck der sonst in den Weltraum abgestrahlt wuumlrde Das haumlufigste natuumlrlich vorkommende Treib-hausgas ist Wasserdampf (H2O g) Er

ist fuumlr rund zwei Drittel des natuumlrlichen Treibhauseffekts verantwortlich Andere Treibhausgase sind etwa Kohlendioxid (CO2) Methan (CH4) und Lachgas (N2O) Durch den natuumlrlichen Treibhauseffekt wurde das Leben auf der Erde in der heutigen Form uumlberhaupt erst moumlglich Er bewirkt eine Erwaumlrmung der Erdober-flaumlche um 33 Grad Celsius wodurch die durchschnittliche globale Temperatur auf 15 Grad Celsius angehoben wird Ohne den natuumlrlichen Treibhauseffekt laumlge sie bei minus 18 Grad Celsius

Auf diesen natuumlrlichen Effekt sattelt die Menschheit nun den menschenge-machten (anthropogenen) Treibhaus-effekt auf Durch verschiedene industri-elle und landwirtschaftliche Aktivitaumlten steigert der Mensch die Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphaumlre CO2 hat mit rund 60 Prozent den Haupt-anteil am anthropogenen Treibhaus-effekt Es wird durch die Verbrennung der fossilen Brennstoffe minus Braun- und Steinkohle Erdoumll und Erdgas minus so-wie die fortschreitende Rodung der Waumllder freigesetzt Seit Beginn der Industrialisierung hat der Mensch die atmosphaumlrische CO2-Konzentration von 280 ppm (parts per million dh Teile Kohlendioxid pro eine Million Atmo-sphaumlrenteile) auf uumlber 400 ppm erhoumlht Dieser Wert uumlbertrifft bei weitem die natuumlrliche Bandbreite der atmosphauml-rischen CO2-Konzentration der letzten 800000 Jahre die anhand von Eisboh-rungen ermittelt werden konnte

Wie oben erwaumlhnt wurde durch den Anstieg der Treibhausgas-Konzentra-tion in der Atmosphaumlre bereits eine Erwaumlrmung der mittleren globalen Luft-temperatur von fast 1 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter ausgeloumlst Bis zum Ende des 21 Jahr-hundert wird eine Erwaumlrmung von bis zu 4 Grad Celsius erwartet Solch eine Erwaumlrmung entspraumlche in der Groumlszligen-ordnung dem Temperaturunterschied zwischen dem Tiefpunkt der letzten Eiszeit und der derzeitigen Warmzeit Die Erhoumlhung der Temperatur seit der letzten Eiszeit dauerte 8000 Jahre ndash die Menschheit ist dabei einen ebenso

Atmosphaumlre

Treibhausgase

SonnenlichtWaumlrme von der Erde

Der natuumlrliche Treibhauseffekt(Grafik nach Lars EbbersmeyerWikimedia)

8 FIAN | Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher

groszligen Temperaturanstieg innerhalb von 200 Jahren hervorzurufen

Die Loumlsung des Klimaproblems ist unter anderem deswegen so schwierig weil bei nahezu allen wirtschaftlichen Aktivitaumlten Treibhausgase ausgestoszligen werden Mit einem Viertel der Emis-sionen hat die Erzeugung von Strom und Waumlrme den groumlszligten Anteil Nur knapp dahinter liegen mit 24 Prozent Land- und Forstwirtschaft Dies liegt vor allem an der Rodung der Waumllder in Laumlndern des Globalen Suumldens sowie an hohen Emissionen aus Viehwirtschaft und Reisanbau Weitere hohe Ausstoumlszlige kommen aus der Industrie mit 21 Pro-zent und dem Verkehr mit 14 Prozent

Aktuell verursacht China den groumlszlig-ten Ausstoszlig von Treibhausgasen gefolgt von den USA der EU und Indi-en Betrachtet man jedoch alle Emissi-onen seit dem Beginn systematischer Aufzeichnungen im Jahr 1850 so sind die Industrielaumlnder fuumlr rund drei Vier-tel davon verantwortlich Ein anderes Bild entsteht auch wenn man die Emissionen pro Kopf betrachtet Waumlh-rend in Deutschland im Durchschnitt 10 Tonnen CO2 pro Kopf ausgestoszligen

werden und in den USA sogar 18 Ton-nen sind es in China 8 Tonnen und in Indien nur rund 23 Tonnen Zudem ist es innerhalb dieser Laumlnder oft nur eine wohlhabende Minderheit die durch ihren energieintensiven Lebensstil am meisten zu den Emissionen beitraumlgt waumlhrend der arme Groszligteil der Bevoumll-kerung weiterhin nur einen geringen Anteil daran hat

25

21

14

16

Sonstige

Industrie

Verkehr

Strom- und Waumlrme-erzeugung

Land- und Forst-wirtschaft

24

Die Verbrennung fossiler Energietraumlger ist eine der wesentlichen Ursachen des menschengemachten Treibhauseffekts

Anteil verschiedener Wirtschaftssektoren an den TreibhausgasemissionenDatenquelle Weltklimarat

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher | FIAN 9

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Basierend auf den Analysen des Welt-klimarats (2007 und 2014) und dem Grundlagendokument der Ernaumlhrungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Food and Agricul-tural Organization FAO) zum Thema

Klimawandel und Ernaumlhrungssicherheit (2008) lassen sich im Wesentlichen fuumlnf Faktoren festmachen die die Wahrneh-mung des Rechts auf Nahrung vieler Menschen bedrohen

Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur

Die Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur hat regional stark unterschiedliche Auswirkungen In den mittleren und houmlheren Breitengraden Nordamerikas Europas Asiens und

Suumldamerikas verlaumlngert ein gemaumlszligigter Anstieg der mittleren globalen Lufttem-peratur zwischen 1 Grad Celsius und 2 Grad Celsius die landwirtschaftlichen Anbauphasen und koumlnnte zu houmlheren

Die Karte zeigt wie sich der Klimawandel bis 2100 voraussichtlich auf die Eignung fuumlr landwirtschaftliche Nutzung auswirken wird

Grafi k Dr Florian Zabel Ludwig-Maximilians-Universitaumlt Muumlnchen (LMU)

schlechter besser

Auswirkungen des Klimawandels auf die

Verwirklichung des Menschenrechts auf

Nahrung

10 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Ertraumlgen fuumlhren Demgegenuumlber fuumlhrt in den saisonal trockenen Laumlndern niedriger Breitengrade in denen sich die meisten Laumlnder des Globalen Suuml-dens befinden bereits eine Erwaumlrmung zwischen 1 Grad Celsius und 2 Grad Celsius zu erheblichen Ernteverlusten Dies ist vor allem auf eine staumlrkere Verdunstung in Verbindung mit der weit verbreiteten regenbewaumlsserten Land-wirtschaft in diesen Laumlndern zuruumlckzu-fuumlhren Die Ertraumlge werden auch beein-

traumlchtigt wenn die Tagestemperaturen gewisse Schwellenwerte uumlberschreiten die je Pflanzenart unterschiedlich sind Der Klimawandel hat zur Folge dass diese Werte haumlufiger uumlberschritten werden

Bei einem Temperaturanstieg von uumlber 2 Grad Celsius erwartet die Klima-wissenschaft in allen Klimazonen minus also auch in den houmlheren Breitengraden minus negative Auswirkungen auf die land-wirtschaftliche Produktion

Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge

Im Zuge des Klimawandels werden sich die Niederschlagsmuster sowohl jahres-zeitlich als auch raumlumlich veraumlndern Generell sagt die Klimaforschung voraus dass feuchte Regionen zukuumlnf-tig noch feuchter und trockene Regio-nen noch trockener werden Gleichzei-tig prognostiziert die Klimaforschung

dass die Niederschlaumlge staumlrker sowie die zeitlichen Abstaumlnde zwischen Regenfaumll-len insgesamt groumlszliger werden Dies wird mit groszliger Wahrscheinlichkeit eine Zunahme von Duumlrren und Uumlberschwem-mungen zur Folge haben die groszlige Verluste in der Land- und Viehwirtschaft hervorrufen werden

Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen

Die Klimaforschung sagt voraus dass die Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen wie starken Stuumlrmen und lang anhaltenden Regen-schauern auf allen Kontinenten zuneh-men wird In tropischen Regionen wird aufgrund der erhoumlhten Temperaturen und des ansteigenden Meeresspiegels eine Zunahme von Zyklonen prognosti-ziert die zu Ernteausfaumlllen auf dem Land sowie zur Zerstoumlrung der fuumlr die

Fischerei wichtigen Korallen beitragen werden Diese extremen Wetterereig-nisse beschaumldigen nicht nur die ange-bauten Feldfruumlchte und treiben die Erosion des Bodens voran sondern fuumlhren auch zu enormen Schaumlden an der Infrastruktur in den betroffenen Regionen Dies kann nicht nur den Zugang zu Maumlrkten verschlechtern sondern auch eine Notversorgung mit Lebensmitteln behindern

Anstieg des Meeresspiegels

Die Erhoumlhung der globalen Temperatu-ren fuumlhrt zur Ausdehnung der Wasser-massen der Ozeane (durch die Erwaumlr-mung einer Substanz erhoumlht sich ihr Volumen) sowie zum Abschmelzen des Polareises und der Gletscher Der dadurch ansteigende Meeresspiegel bedroht den Lebensraum der Bewohne-rInnen kleiner Inseln des pazifischen und indischen Ozeans sowie der Kuumlsten-bewohnerInnen Fruchtbares Tiefland wird uumlberschwemmt Ackerboumlden

versalzen Daruumlber hinaus wird voraus-gesagt dass die Fischereiwirtschaft zunehmend in Konkurrenz zum ver-staumlrkten Kuumlstenschutz stehen wird der durch den Klimawandel erforderlich wird Der Bau von Daumlmmen fuumlhrt zu Veraumlnderungen in den Ablagerungs-schichten des Meeresbodens sowie in der Versorgung kuumlstennaher Oumlkosyste-me mit Frischwasser und Naumlhrstoffen mit nachteiligen Folgen fuumlr die lokale Fischerei

Bereits jetzt hat der Klimawandel in einigen Regionen der Welt geringere Maisernten zur Folge

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 11

Groumlszligere Wetterschwankungen

Insgesamt bringen die klimatischen Veraumlnderungen instabilere Wetterver-haumlltnisse mit sich die die Wasserversor-gung sowie die Land- und Viehwirt-schaft in vielen Regionen erschweren

und Ernteertraumlge schwanken lassen Dies stellt ein Risiko fuumlr die Einkom-mensgrundlage der BaumluerInnen sowie fuumlr die Versorgung lokaler und regiona-ler Maumlrkte mit Nahrungsmitteln dar

Der Klimawandel hat einen enormen Einfluss auf den Zugang zu ausreichen-dem und sauberem Wasser Mit jedem Grad globaler Erwaumlrmung werden sich die erneuerbaren Trinkwasserressour-cen voraussichtlich fuumlr 7 Prozent der Weltbevoumllkerung um 20 Prozent verrin-gern Der Klimawandel verstaumlrkt die

bereits bestehenden Wasserprobleme in vielen Erdregionen die durch das hohe Bevoumllkerungswachstum das Anwachsen der Megastaumldte die Ausbreitung eines ressourcenintensiven Lebensstils und die Uumlbernutzung von Frischwasser durch die industrielle Landwirtschaft hervorgerufen werden

Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels

Neben der Uumlberschwemmung von Kuumlstengebieten sowie vieler kleiner Inseln des indischen und pazifischen Ozeans fuumlhrt der Anstieg des Meeres-spiegels in kuumlstennahen Gebieten auch

zur Versalzung des Grundwassers Frischwasser wird dadurch immer knapper und die Zahl der Menschen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser wird schnell steigen

Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur

Mehr als ein Sechstel der Weltbevoumllke-rung lebt in Flussgebieten die haupt-saumlchlich durch saisonale Abschmelzun-gen von Schnee und Gletschereis mit Suumlszligwasser versorgt werden Durch die ansteigende Lufttemperatur wird die Schneefallmenge in den Wintermonaten abnehmen Zudem wird sich der Abfluss des Schmelzwassers von den Bergen zunehmend von den Sommermonaten ndash in denen der Bedarf am groumlszligten ist ndash in den Fruumlhling verschieben Gleichzeitig wird der Temperaturanstieg zu einem weiteren Ruumlckgang der Gletscher fuumlhren die aufgrund ihrer Kapazitaumlt zur Speicherung von Suumlszligwasser eine zentrale Rolle bei der Trinkwasserver-

sorgung in den Flussgebieten spielen Bei einem Temperaturanstieg von 4 Grad Celsius koumlnnte der Umfang der Gletscher bis zum Ende des Jahrhun-derts weltweit um bis zu vier Fuumlnftel abnehmen Dies wird ein kurzfristiges Ansteigen der Flusslaumlufe zur Folge haben Langfristig wird sich die Wasser-menge der Fluumlsse jedoch verringern Schlieszliglich wird vorhergesagt dass das Ansteigen der Lufttemperatur und die abnehmende Wassermenge in den Suumlszliggewaumlssern zu starkem Algen- und Bakterienwachstum fuumlhren Dadurch wird sich die Wasserqualitaumlt in den betroffenen Regionen verschlechtern

Auswirkungen des Klimawandels auf die

Verwirklichung des Menschenrechts auf

Wasser

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta muss aufgrund des Klimawandels immer tiefer nach Trinkwasser graben

12 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge

Trockene Gebiete sowie Regionen mit geringen Suumlszligwasserspeichern in denen die Gewinnung von Trinkwasser unmit-telbar aus dem Regenwasser erfolgt werden mit groszliger Wahrscheinlichkeit besonders heftig von den abnehmen-den Niederschlaumlgen betroffen werden In tropischen Gebieten wiederum kann

die vorhergesagte Erhoumlhung der jahres-zeitlichen Niederschlagsmenge zu Uumlberschwemmungen fuumlhren Durch das Ausspuumllen der Boumlden der uumlberfluteten Landflaumlchen koumlnnen Schadstoffe in das Wasser gelangen die die Suumlwasserres-sourcen verschmutzen

Die Klimaaumlnderungen werden in der tropischen und subtropischen Klimazo-ne ndash in der sich die Mehrzahl der Laumlnder des Globalen Suumldens befindet ndash weit negativer ausfallen als in der gemaumlszligig-ten Klimazone in der uumlberwiegend Industriestaaten beheimatet sind Daruumlber hinaus verfuumlgen die Menschen in den Laumlndern des Globalen Suumldens aufgrund mangelnder finanzieller und technologischer Mittel uumlber eine nur geringe Anpassungsfaumlhigkeit an die

bevorstehenden Klimaaumlnderungen Es werden also gerade die Menschen am staumlrksten unter den Auswirkungen der Erderwaumlrmung leiden die am allerwe-nigsten zu deren Verursachung beige-tragen haben

Dem Weltklimarat zufolge sind die Arktis Afrika kleine Inseln sowie die groszligen asiatischen Flussdeltas die am staumlrksten vom Klimawandel betroffenen Regionen

Kleine Inselstaaten

Kleine Inselstaaten wie beispielsweise Vanuatu und Tuvalu sind bereits heute schon stark von den klimatischen Veraumlnderungen betroffen Der anstei-gende Meeresspiegel erhoumlht die Gefahr von Uumlberschwemmungen und Sturmflu-ten und stellt eine Bedrohung fuumlr die Wasserversorgung die Landwirtschaft und die gesamte Infrastruktur dar Die Wasserversorgung der Inseln wird zusaumltzlich dadurch erschwert dass durch die Klimaaumlnderungen Meereswas-ser in das Grundwasser dringt Denn gerade auf den kleinen Inseln und Atollen liegt der Grundwasserspiegel haumlufig nur etwa ein bis zwei Meter unter der Erdoberflaumlche

Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels

Die kleinen Inselstaaten sind aufgrund des Klimawandels vom Untergang bedroht

Die Regenfaumllle in Haiti werden heftiger undfuumlhren haumlufiger zu Uumlberschwemmungen

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 13

Daruumlber hinaus gefaumlhrden die vor-ausgesagten Veraumlnderungen der Nie-derschlagsmenge die Wasserversorgung der Inseln Denn auf den meisten Atol-len erfolgt die Trinkwassergewinnung durch das Auffangen von Regenwasser Des Weiteren beeintraumlchtigen die mit dem Meeresspiegelanstieg einherge-hende Versalzung der Boumlden und die

Unregelmaumlszligigkeiten der Niederschlaumlge die landwirtschaftliche Selbstversor-gung vieler Inseln Nicht nur die Ertraumlge der Agrarwirtschaft sondern auch die der Fischwirtschaft drohen aufgrund des temperaturbedingten Absterbens der Korallenriffe drastisch zuruumlckzuge-hen die vielen Fischen als Nahrungsre-servoir dienen

Afrika

Fuumlr das suumldliche Afrika wird vorherge-sagt dass der jaumlhrliche Niederschlag bei einer globalen Erwaumlrmung von 4 Grad Celsius um bis zu 30 Prozent abnehmen koumlnnte In Teilen des suumldli-chen und westlichen Afrikas koumlnnte sich die jaumlhrliche Wiederauffuumlllung des Grundwassers um 50 bis 70 Prozent vermindern Entsprechend erhoumlht sich das Risiko von Duumlrren Fuumlr das Horn von Afrika und das noumlrdliche Ostafrika sagen verschiedene Klimamodelle sehr unterschiedliche Folgen voraus Einige Modelle prognostizieren eine Verringe-rung der Niederschlaumlge andere eine Erhoumlhung Allerdings waumlre diese Erhouml-hung vermutlich nicht gleichmaumlszligig

uumlber das Jahr verteilt sondern wuumlrde sich in intensiven Regenperioden niederschlagen wodurch das Risiko von Uumlberflutungen steigen wuumlrde

Deutliche Auswirkungen auf die Landwirtschaft sind selbst bei niedri-gem Temperaturanstieg zu erwarten Bereits eine Erwaumlrmung von 15 Grad Celsius bis zum Jahr 2030 koumlnnte dazu fuumlhren dass 40 Prozent der Maisan-baugebiete nicht mehr fuumlr die derzeit angebauten Sorten geeignet waumlren Bei einer Erwaumlrmung von bis zu 2 Grad Celsius bis 2050 koumlnnten die Ertraumlge der gesamten Landwirtschaft um 10 Prozent abnehmen bei einer houmlheren Erwaumlr-mung um 15 bis 20 Prozent

Suumldostasien

Die dicht besiedelten Flussdeltas Suumldostasiens sind durch den ansteigen-den Meeresspiegel besonders gefaumlhr-det Denn dieser fuumlhrt zum Eindringen von Salzwasser und verstaumlrkt die Inten-sitaumlt von Wirbelstuumlrmen Zudem wird ein starker Anstieg von Hitzeextremen vorhergesagt Bereits bei einer globa-len Erwaumlrmung von 2 Grad Celsius werden 60 bis 70 Prozent der Region von Hitzeextremen und 30 bis 40 Pro-zent der Region von neuen Hitzerekor-den betroffen sein

Die Landwirtschaft wird durch diese Veraumlnderungen schwer getroffen werden So koumlnnte der Reisanbau im Mekongdelta der die Haumllfte des vietna-mesischen Reisertrags liefert bereits bis 2040 um rund 12 Prozent zuruumlck-gehen Auch die Fischwirtschaft wuumlrde durch die Erwaumlrmung und Versauerung des Wassers sowie das Absterben der Korallenriffe stark geschaumldigt Dadurch koumlnnte sich beispielsweise das Fangpo-tential in den suumldlichen Philippinen bis zum Jahr 2050 halbieren

Suumldasien

Auch in Suumldasien werden ungewoumlhnlich heiszlige Sommermonate in den naumlchsten Jahrzehnten vielfach haumlufiger auftre-ten Die regionalen und jahreszeitli-chen Schwankungen der Niederschlaumlge werden sich voraussichtlich deutlich

verstaumlrken Es wird erwartet dass bei einer globalen Erwaumlrmung von 4 Grad Celsius die Regenmengen in der trocke-nen Jahreszeit um 30 Prozent abneh-men und in der feuchten Jahreszeit um 30 Prozent zunehmen Diese Verschie-

Bewaumlsserungsmethoden der industriellen Landwirtschaft Afrikas verstaumlrken den Verlust des Zugangs zu Wasser der oumlrtlichen Bevoumllkerung

14 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

bung wird das Risiko von Duumlrren deut-lich erhoumlhen insbesondere fuumlr das nordwestliche Indien Pakistan und Afghanistan Fuumlr das suumldliche Indien wird eine houmlhere Feuchtigkeit vorhergesagt

Groszlige Fluumlsse wie der Ganges Indus und Brahmaputra haumlngen wesentlich von der sommerlichen Schnee- und Gletscherschmelze ab Bereits un-terhalb einer Erwaumlrmung von 2 Grad Celsius wird eine deutliche Erhoumlhung der Anzahl schneearmer Winter erwar-tet Dies wird zu deutlich niedrigeren Wasserstaumlnden in der trockenen Jahres-

zeit fuumlhren Wesentlich fuumlr die Land-wirtschaft sind auch das zeitige und regelmaumlszligige Eintreffen des Monsuns Dessen jaumlhrliche Schwankungen werden sich durch den Klimawandel deutlich verstaumlrken

Es wird erwartet dass die landwirt-schaftliche Produktion ohne den Klima-wandel bis zum Jahr 2050 um 60 Pro-zent steigen wuumlrde mit Klimawandel nur um 12 Prozent Durch den gleich-zeitigen Anstieg der Bevoumllkerung wird in der Folge die Produktion pro Kopf der Bevoumllkerung um ein Drittel abnehmen

Auswirkungen des Klimawandels auf Bangladesch

Bangladesch ist eines der Laumlnder die weltweit am staumlrksten durch den Klimawandel gefaumlhrdet sind Auf einer Flaumlche die etwa 40 Prozent der Groumlszlige Deutschlands entspricht leben 150 Millionen Menschen Das Land hat eine lange Kuumlste und die groszligen Fluumlsse Ganges Brahmaputra und Meghna muumlnden dort ins Meer und treten regelmaumlszligig uumlber die Ufer Schon ohne Klimawandel wird Bangla-desch immer wieder von Uumlberschwem-mungen Duumlrren und Wirbelstuumlrmen getroffen Im Durchschnitt werden jedes Jahr 20 bis 25 Prozent des Landes uumlberflutet Der Klimawandel fuumlhrt zu einem Anstieg des Meeres-spiegels und zur Zunahme von Mon-sunregen und Wirbelstuumlrmen Durch diese Faktoren koumlnnten in der Mitte des Jahrhunderts bei starken Fluten bis zu 80 Prozent des Landes uumlber-schwemmt werden Die Anzahl der Menschen die in Gegenden mit hohem Wirbelsturmrisiko leben koumlnnte von derzeit 87 Millionen auf uumlber 38 Milli-onen steigen

Daruumlber hinaus druumlckt der steigen-de Meeresspiegel vermehrt salziges Meerwasser in Bangladeschs Flussdel-tas Wo das Meerwasser nicht abflieszligt versalzen Boumlden und Suumlszligwasserquel-len Der Meeresspiegel koumlnnte bis 2050 um bis zu einem halben Meter

steigen Dadurch wuumlrde das Land 10 Prozent seiner Flaumlche verlieren was etwa der Groumlszlige Schleswig-Holsteins entspricht Davon waumlren 55 Millionen Menschen direkt betroffen und muumlss-ten umsiedeln

Die Kosten fuumlr die entstehenden Schaumlden und fuumlr die notwendigen Maszlignahmen zur Anpassung an den Klimawandel stellen Bangladesch vor eine enorme Herausforderung Als eines der aumlrmsten Laumlnder der Welt ist es bei der Bewaumlltigung dieser Aufgaben auf internationale finan-zielle und technische Unterstuumltzung angewiesen

Bangladeschs Fluumlsse drohen zu versalzen

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 15

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Die ersten Erkenntnisse zu den negati-ven Folgen des Klimawandels ruumlckten im Laufe der 1980er Jahre zunehmend ins Bewusstsein der Oumlffentlichkeit 1990 reagierte die Generalversammlung der Vereinten Nationen (United Na-tions UN) und beschloss ein interna-tionales Klimaschutzabkommen auszu-handeln Als Ergebnis wurde 1992 die Klimarahmenkonvention auf der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro (im Folgenden kurz Rio-Konferenz) verabschiedet

Die Klimarahmenkonvention ist gleichsam das Grundgesetz der inter-nationalen Klimapolitik Sie legt deren grundsaumltzliche Prinzipien fest (siehe folgendes Kapitel) und verpfl ichtet alle Staaten das Klima zu schuumltzen Daruuml-ber hinaus verpfl ichtet sie die traditio-nellen Industrielaumlnder dazu die Laumlnder des Globalen Suumldens fi nanziell tech-nologisch und durch Organisationsent-wicklung und Ausbildung zu unterstuumlt-zen Allerdings enthaumllt die Konvention keine konkreten Verpfl ichtungen fuumlr einzelne Staaten Solche Verpfl ichtun-gen sollten im Rahmen eines Zusatzpro-tokolls geregelt werden

Die Verhandlungen zu solch einem Protokoll wurden 1995 begonnen und 1997 im japanischen Kyoto abgeschlos-sen Das Kyoto-Protokoll verpfl ichtet die traditionellen Industrielaumlnder ihre Treibhausgasemissionen von 2008

bis 2012 um jeweils laumlnderspezifi sch defi nierte Werte zu senken Die Laumlnder koumlnnen diese Emissionsziele entweder auf ihrem eigenen Staatsgebiet erbrin-gen oder aber uumlber den so genannten Emissionshandel Emissionsminderun-gen aus anderen Laumlndern ankaufen Dazu wurden verschiedene Verfahren entwickelt (siehe Kapitel bdquoInternatio-nale Klimafi nanzierungldquo) Der damals groumlszligte Emittent die USA traten dem Abkommen jedoch nicht bei Zudem enthaumllt das Abkommen keine Verpfl ich-tungen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens

2007 wurden daher neue Verhand-lungen begonnen um ein global um-fassendes Klimaabkommen zu schaffen Das Abkommen sollte 2009 auf der Klimakonferenz in Kopenhagen ver-abschiedet werden dieses Vorhaben scheiterte jedoch Die Staaten konnten sich lediglich auf unverbindliche Zusa-gen einigen Allerdings legten erstmals auch viele Laumlnder des Globalen Suumldens Klimaschutzzusagen vor 2011 wurde ein neuer Anlauf gestartet ein um-fassendes Abkommen zu vereinbaren Gleichzeitig stimmten die EU und einige andere Industrielaumlnder zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020 neue ver-bindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

2015 einigten sich schlieszliglich alle Staaten auf das Pariser Klimaschutz-

16 FIAN | Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

3-SPALTIG1845mm times 90mm

Vereinte Nationen setzen Weltklimarat ein

unterzeichnet durch alle Staaten der Welt greift ab 2020

Pariser Klimaschutz-abkommen

Industrielaumlnder verpfl ichten sich ihre Treibhaus-gasemissionen von 2008 bis 2012 zu senken

Maumlngel Die USA haben nicht unterzeichnet und keine Verpfl ichtungen fuumlr den Globalen Suumlden

Verabschiedung

des

Kyoto Protokolls

1988

1992

1997

2011

2015

2016Beschluss der

Klimarahmenkonvention bei der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung (Rio-Konferenz)

Die EU und einige andere Industrielaumlnder stimmen zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020

neue verbindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

US-Praumlsident Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckzuziehen

abkommen Das Abkommen greift ab 2020 und verpflichtet alle Mitglieder Klimaschutzbeitraumlge vorzulegen Diese Beitraumlge sind allerdings rechtlich nicht verbindlich Stattdessen setzt das Abkommen auf transparente Berichter-stattung und oumlffentliches Anprangern um die Staaten anzuhalten ihre Vor-

haben auch tatsaumlchlich umzusetzen Inzwischen sind alle Staaten der Welt dem Pariser Abkommen beigetreten Allerdings hat der 2016 neugewaumlhlte US-Praumlsident Donald Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckziehen zu wollen

Die RegierungsvertreterInnen freuen sichuumlber die Verabschiedung des Klimaschutzabkommens von Paris Foto (ebenso S 16) IISDKiara Worth(enbiisdorgclimatecop21enb2dechtml)

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik | FIAN 17

Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Es ist deutlich geworden dass diejeni-gen Laumlnder die am wenigsten zum Klimawandel beitragen oft am staumlrks-ten von ihm betroffen sind Dieses Kapitel befasst sich daher mit den voumllkerrechtlichen Verpfl ichtungen der Staaten auf menschenrechtskonforme Weise den Klimawandel aufzuhalten und Anpassungsmaszlignahmen zu unterstuumltzen

Internationale Menschenrechte und Umweltvoumllkerrecht wirken inhaltlich ineinander Die Verwirklichung vieler Menschenrechte insbesondere auch des Rechts auf Nahrung haumlngt naumlmlich unmittelbar vom Zustand der natuumlrli-chen Umwelt ab Dem wurde bereits in der Stockholmer Erklaumlrung zur menschli-chen Umwelt von 1972 Rechnung getra-gen Sie formulierte als erste das Recht auf eine gesunde Umwelt und enthielt bereits damals die drei Prinzipien des Umweltrechts wie sie sich 1992 in der Erklaumlrung von Rio uumlber Umwelt und Entwicklung (im Folgenden kurz Erklauml-

rung von Rio) wiederfi nden das Vorsor-geprinzip das Verursacherprinzip und die gemeinsame aber unterschiedliche Verantwortung

Zugleich handelt es sich bei Men-schenrechten und Umweltrecht aber um unterschiedliche Bereiche des Voumllker-rechts Eine durchgaumlngige Beruumlcksichti-gung von Menschenrechten im globalen Umwelt- oder Klimarecht ist daher nicht selbstredend Im Folgenden werden die Gemeinsamkeiten und Unterschie-de der Rechtssysteme dargestellt und verdeutlicht welche Prinzipien und Verpfl ichtungen sich jeweils verstaumlrken und wo es Nachbesserungsbedarf gibt Anschlieszligend werden die staatlichen Verpfl ichtungen die sich aus men-schenrechtlicher Sicht fuumlr die Klima-politik ergeben gepruumlft Pfl ichten zur Emissionsminderung zur Unterstuumlt-zung von Anpassungsmaszlignahmen und zur Beachtung von Menschenrechten bei der Durchfuumlhrung von Maszlignahmen

Ganz allgemein handelt es sich beim Voumllkerrecht um Vertraumlge zwischen Staaten in welchen sie wechselseitige Pfl ichten und Rechte festhalten Die Menschenrechte bilden jedoch eine Ausnahme Sie sind Rechte von Einzel-personen und Gruppen gegenuumlber dem

Staat Diesen Rechten stehen staatliche Verpfl ichtungen gegenuumlber Fuumlr beide Bereiche gilt gleichermaszligen dass man zwischen materiellen Rechten und Verfahrensrechten unterscheidet ndash also zwischen konkreten Inhalten von Rechten einerseits (zum Beispiel das

Prinzipien des interna-tionalen Umweltrechts

und der Menschenrechte

Foto Werner Rudhart

18 FIAN | Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Recht auf sauberes Trinkwasser) und Regeln zu Vorgehensweisen anderer-seits (zum Beispiel die Pflicht zu Kon-

sultationen vor Eingriffen in Trinkwas-serreservoire oder die Festlegung von Rechtsmitteln bei Konflikten)

Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts

Die internationale Klimarahmenkon-vention ist Teil des internationalen Umweltrechts zu dem noch viele weitere Vertraumlge wie zum Beispiel das Washingtoner Artenschutzabkommen (1973) oder das Uumlbereinkommen zum Schutze der Ozonschicht (1985) gehouml-ren Vertragsuumlbergreifend sind im internationalen Umweltrecht die drei oben genannten Prinzipien anerkannt Sie gelten als Voumllkergewohnheitsrecht oder sind auf dem besten Wege dorthin Zu diesem Status hat wesentlich die Erklaumlrung von Rio beigetragen zu deren Grundpfeilern sie gehoumlren

Das Vorsorgeprinzip soll verhin-dern dass Schaumlden fuumlr die Umwelt ent-stehen International verankert ist vor allem der Grundsatz der Schadensver-meidung Er besagt dass auch bei un-vollstaumlndigem oder unsicherem Wissen uumlber Art Ausmaszlig Wahrscheinlichkeit und Ursachen von Umweltschaumlden und -gefahren vorbeugend gehandelt wer-den muss um Risiken zu minimieren Es gilt im internationalen Recht insbeson-dere fuumlr Auswirkungen von Maszlignahmen jenseits des eigenen Staatsgebiets wie zum Beispiel die Verschmutzung grenz-uumlberschreitender Gewaumlsser

Das Verursacherprinzip besagt dass fuumlr die Linderung und Beseitigung eingetretener Schaumlden der Verursacher verantwortlich ist und er folglich auch die Kosten tragen muss

Das Prinzip gemeinsamer aber unterschiedlicher Verantwortung entspricht einer Verallgemeinerung des Verursacherprinzips in Bezug auf Veraumlnderungen in der Umwelt fuumlr die kein einzelner Verursacher identifiziert werden kann Ein Beispiel hierfuumlr ist der Klimawandel Die gesamte Staaten-gemeinschaft traumlgt eine gemeinsame Verantwortung zu handeln Dabei wird jenen Staaten eine groumlszligere Verantwor-tung zugeschrieben die wirtschaftlich

leistungsfaumlhiger sind und staumlrker an der globalen Ressourcenausbeute beteiligt sind

Umweltrecht beinhaltet haumlufig auch eine Reihe von Verfahrensrechten In den meisten Staaten muumlssen im Vor-feld von Groszligprojekten beispielsweise deren Umweltvertraumlglichkeit analysiert (Ausdruck des Vorsorgeprinzips) und die betroffene Bevoumllkerung dabei ein-gebunden werden Vorbildlich ist hier das Uumlbereinkommen uumlber den Zugang zu Informationen die Oumlffentlichkeits-beteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten der UN Wirtschaftskommission fuumlr Europa (2001) kurz die Aarhus-Konvention Sie gewaumlhrt ausdruumlcklich die Rechte aller Betroffenenbull uumlber Umweltauswirkungen von Pro-

jekten informiert zu werdenbull an Entscheidungs- und Planungs-

prozessen beteiligt zu werden sowiebull Schadensersatzanspruumlche geltend

zu machenDie Aarhus-Konvention wurde von fast 50 Staaten Europas und Zentralasiens (mit Ausnahme Russlands) sowie von der EU ratifiziert

Frauen im kenianischen Tana-Delta sind besonders stark mit den Folgen der zuneh-menden Waserknappheit konfrontiert Foto Anton Pieper

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 19

Respekt

vor Zugang zu angemessener

Nahrung

Schutz

vor Uumlbergriffen Dritter

Gewaumlhrleistung

der Verfuumlgbarkeit und des Zugangs

zu Nahrung

Staatenpflichten

Auch die Rio-Konferenz und ihre Folgeprozesse bauen auf die Beteili-gung der Zivilgesellschaft Uumlber diesen Weg hielten nach und nach auch soziale Menschenrechte ausdruumlcklich Einzug in die Abschlusserklaumlrungen der alle

fuumlnf Jahre stattfindenden UN-Gipfel zu Umwelt und Entwicklung

Die Erklaumlrung von Rio mit ihrem Konzept der Nachhaltigkeit und den drei genannten Prinzipien liefer-te auszligerdem die Grundlage fuumlr die Klimarahmenkonvention

Prinzipien der internationalen Menschenrechte

Allgemeine Prinzipien

Die zentrale Saumlule des internationalen Menschenrechtssystems ist die Men-schenrechtscharta der Vereinten Natio-nen Sie umfasst die Allgemeine Erklauml-rung der Menschenrechte (1948) den Internationale Pakt uumlber Buumlrgerliche und Politische Rechte (UN-Zivilpakt) sowie den Internationalen Pakt uumlber Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) (beide 1966) Neben dem Zivilpakt und dem Sozial-pakt gibt es auszligerdem acht weitere Menschenrechtsvertraumlge die sich auf den Schutz besonders benachteiligter Gruppen sowie auf das Verbot von Folter und unmenschlicher Behandlung beziehen Alle Abkommen sind durch die immer gleichen Querschnittsprinzi-pien gepraumlgt naumlmlich das Gebot der Nichtdiskriminierung die Gleichheit aller die gesellschaftliche Beteiligung

den Zugang zu effektiven Rechtsmitteln bei Rechtsverletzungen die Rechen-schaftspflicht der Staaten sowie das Verbot des Ruumlckschritts Bei diesen Prinzipien handelt es sich durchweg um Verfahrensrechte die allen materiellen Rechten wie dem Recht auf Nahrung Wasser Wohnen etc zur Seite gestellt sind Denn sehr haumlufig liegt der Verlet-zung materieller Rechte die Verletzung von Verfahrensrechten zugrunde

Alle Menschenrechtsvertraumlge un-terscheiden fuumlr ihre gewaumlhrten Rechte je drei Arten staatlicher Verpflichtung gegenuumlber Einzelpersonen und Grup-pen Im UN-Sozialpakt sind dies res-pektieren schuumltzen gewaumlhrleisten Die Respektierungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten die Wahrnehmung eines Rechts nicht behindern duumlrfen Die Schutzpflicht besagt dass die Vertragsstaaten Dritte davon abhalten muumlssen die Ausuumlbung dieses Rechts zu beintraumlchtigen oder zu verhindern Die Gewaumlhrleistungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten Maszlignahmen er-greifen muumlssen um die Verwirklichung eines Rechts voranzubringen

Bezogen auf das Recht auf Nah-rung heiszligt das zum Beispiel dass der Staat BaumluerInnen nicht von ihrem angestammten Land umsiedeln darf um Infrastrukturprojekte umzusetzen wenn dadurch ihr Zugang zu angemes-sener Nahrung verloren geht Er muss ferner Dritte ndash zum Beispiel Groszliggrund-besitzerInnen oder Unternehmen ndash daran hindern dies zu tun wenn sie Land fuumlr Investitionen verkaufen oder Infrastrukturprojekte durchfuumlhren Und der Staat muss durch geeignete Maszlig-nahmen auch jenen die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung ermoumlglichen die davon ausgegrenzt sind ndash zum

Menschenrechten stehen staatliche Pflichten gegenuumlber

20 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Beispiel fuumlr die sichere Ruumlckkehr von Vertriebenen sorgen oder sie auf neuem fruchtbaren Land ansiedeln Da fuumlr viele Laumlnder des Globalen Suumldens wegen der Begrenztheit der verfuumlgbaren Mittel

insbesondere die Gewaumlhrleistungs-pflicht nicht immer leicht zu erfuumlllen ist sieht der UN-Sozialpakt eine all-maumlhliche Verwirklichung der Rechte vor

Extraterritoriale Staatenpflichten

Menschenrechtsvertraumlge beschreiben zunaumlchst die Pflichten eines Vertrags-staates gegenuumlber den Menschen auf seinem Staatsgebiet oder solchen die anderweitig unter seiner Gewalt stehen (zum Beispiel bei Besatzungen) Der UN-Zivilpakt enthaumllt eine Klausel die seinen Anwendungsbereich in diesem Sinn einschraumlnkt Der UN-Sozialpakt hingegen erlaubt weitreichendere Interpretationen Hier heiszligt es in Artikel 2(1) bdquoJeder Vertragsstaat verpflichtet sich einzeln und durch internationale Hilfe und Zusammenar-beit hellip die volle Verwirklichung der in diesem Pakt anerkannten Rechte zu erreichenldquo Fortschrittliche JuristInnen sehen darin eine rechtlich bindende Pflicht wirtschaftliche soziale und kulturelle Menschenrechte auch uumlber das eigene Staatsgebiet hinaus zu respektieren zu schuumltzen und zu gewaumlhrleisten Dies hat der UN-Sozial-ausschuss 2002 in seinem Allgemeinen Kommentar Nr 15 zum Recht auf Wasser aufgegriffen der bdquohellip von den Vertragsstaaten [verlangt] von Hand-lungen abzusehen die den Genuss des Rechts auf Wasser in anderen Laumlndern unmittelbar oder mittelbar beeintraumlchti-genldquo Die International Commission of Jurists (ICJ) hat dies fortgesetzt und 2011 die sogenannten Maastrichter Prinzipien zu extraterritorialen Staaten-pflichten im Rahmen des UN-Sozialpakts veroumlffentlicht Laut den Maastrichter Prinzipien muumlssen Staaten ihre zwi-schenstaatlichen und internationalen Abkommen so gestalten dass sie nicht zu menschenrechtlichen Verwerfungen bei Vertragspartnern fuumlhren und die Staaten nicht in der Erfuumlllung ihrer

menschenrechtlichen Verpflichtungen einschraumlnken Ferner haben Staaten die Pflicht gesetzgeberische und politische Maszlignahmen zu ergreifen um Menschen in anderen Staaten vor Menschen-rechtsverletzungen durch bei ihnen ansaumlssige international agierende Konzerne zu schuumltzen Die freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Men-schenrechten gleichfalls von 2011 weisen zumindest den Spielraum aus den Staaten zur Regulierung transnati-onaler wirtschaftlicher Akteure haben 2017 veroumlffentlichte der UN-Sozialaus-schuss auszligerdem den Allgemeinen Kommentar Nr 24 zu Staatenpflichten im Zusammenhang unternehmerischen Handelns Darin betont er ebenfalls die grenzuumlberschreitenden staatlichen Pflichten zur Kontrolle multinationaler Konzerne Insgesamt hat der Verweis auf extraterritoriale Pflichten der Staaten im Rahmen des UN-Menschen-rechtssystems uumlber die letzten Jahre stark zugenommen

Protest vor der Zentrale der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) gegen ein Staudammprojekt in Panama

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 21

Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten

Obwohl die Umwelt- und die Men-schenrechtsprinzipien ein groszliges Potenzial fuumlr Synergien haben weisen die Klimarahmenkonvention und das Kyoto-Protokoll keinerlei Bezug zu den Menschenrechten auf Zur Veran-schau li chung vergleicht die folgende Tabelle die wesentlichen Prinzipien der international anerkannten Men-schenrechte und die Regeln des Kli-marechts anhand der Grundpfeiler des internationalen Umweltrechts

Wie die Tabelle zeigt sind Staaten aus menschenrechtlicher und aus kli-mapolitischer Perspektive verpflichtet den Klimawandel zu stoppen und seine Wirkungen abzumildern Neben der Emissionsminderung ist es menschen-rechtlich wichtig besonders betroffene Bevoumllkerungsgruppen bei der Anpas-sung zu unterstuumltzen die hierfuumlr kaum Mittel haben

Ferner duumlrfen klimapolitische Maszlignahmen ihrerseits nicht zu Men-schenrechtsverletzungen fuumlhren Da die internationalen Klimaregeln aber im Gegensatz zu Menschenrechtskonven-tionen und vielen anderen Umweltab-kommen vergleichsweise wenig Wert auf die Einbindung betroffener Menschen legt kommt es durch klimapolitische Maszlignahmen immer wieder zu Men-schenrechtsverletzungen Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen sowie UN-SonderberichterstatterInnen und andere Menschenrechtsorgane haben daher intensiv Lobbyarbeit betrieben um Menschenrechte im Abkommen von Paris zu verankern Durchgesetzt hat sich jedoch nur ein Absatz in der nicht-bindenden Praumlambel (Zitat siehe Einlei-tung) Klimaschutz und Menschenrech-te trennen weiterhin Welten

Umwelt-recht-

Prinzipien Internationale Menschenrechte Internationales Klimarecht

Veru

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Ist Bestandteil der Menschenrechtsprinzipien und kommt im Recht auf Rechtsmittel und Entschaumldigung zum Ausdruck Das Verursacherprinzip setzt voraus dass ein Staat seine Respektierungs- Schutz- oder Gewaumlhrleistungspflicht nachweislich verletzt hat

Wegen des Problems eine spezifische Kausalkette nachzuweisen (welche CO2-Emission hat wen geschauml-digt) ist es kein Prinzip der Klimarahmenkonventi-on In aufgeweichter Form spiegelt es sich im Prinzip der gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortung

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on Grundlegendes in Art2 (1) des UN-Sozialpaktes verankertes Prinzip wonach die reichen Industrie-staaten die Laumlnder des Globalen Suumldens bei der allmaumlhlichen Verwirklichung der Menschenrechte unterstuumltzen sollen

Verpflichtung der Industrielaumlnder gemaumlszlig Art 4 (3 4) der Klimarahmenkonvention die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell und technologisch bei der Minde-rung von Emissionen und Anpassung an den Klima-wandel zu unterstuumltzen

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Verfahrensrechte (Gleichbehandlung Information Beteiligung Rechtsmittel) sind Grundlage aller menschenrechtlichen Vertraumlge weil sie auch fuumlr die Sicherung substantieller Rechte (zB Recht auf Nahrung) bedeutend sind Dies gilt insbesondere auch fuumlr die Rechte besonders diskriminierter Bevoumllkerungsgruppen

Im Gegensatz zu vielen Umweltabkommen (zB Aarhus-Konvention) spielen in der Klimarahmenkon-vention dem Kyoto-Protokoll und dem Pariser Ab-kommen Verfahrensrechte von Einzelpersonen keine Rolle Die Ausgestaltung der internationalen Klima-schutzmechanismen nimmt entsprechend wenig Ruumlcksicht darauf

Vergleich menschenrechtlicher und klimarechtlicher Prinzipien

22 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Die Malediven fordern von der internationalen Staatengemeinschaft Maszlignahmen zum Klimaschutz zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung

Kaum jemand zweifelt mehr daran dass der Klimawandel maszliggeblich men-schengemacht ist und negative Auswir-kungen auf die Wahrnehmung von Menschenrechten hat Auf Grundlage der menschenrechtlichen Schutzpflicht sind die Staaten verpflichtet rasch effektive Maszlignahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen zu ergrei-fen BerichterstatterInnen des UN-Menschenrechtsrats betrachten das im Pariser Abkommen vereinbarte Ziel Emissionen derart zu reduzieren dass der globale Temperaturanstieg unter 15 Grad Celsius gehalten wird daher als menschenrechtliche Pflicht der Staaten Dennoch findet Emissionsmin-derung nicht in dem Umfang statt wie es noumltig waumlre Seit 2005 haben ver-schiedene Akteure auf unterschiedli-chen Wegen versucht diesen Blockaden mit Hilfe des Menschenrechtssystems entgegenzuwirken

Die Regierung der Malediven schlug den politischen Weg ein Die Malediven sind ein Staat bestehend aus etwa 1200 kleinen Inseln die nur wenige Meter uumlber dem Meeresspiegel liegen und unmittelbar vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen sind Die Regierung des Landes initiierte die Maledivische Erklaumlrung zur menschlichen Dimension des globalen Klimawandels die sie im November 2007 gemeinsam mit 38 weiteren kleinen Inselstaaten unterzeichnete In dieser Erklaumlrung forderten sie das Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte der Vereinten Nationen auf dem Menschenrechtsrat eine detaillierte Studie uumlber die Auswir-kungen des Klimawandels vorzulegen was im Oktober 2009 ndash kurz vor der Klimakonferenz in Kopenhagen ndash auch geschah Die Malediven haben damit einen Prozess in Gang gesetzt der maszliggeblich dazu beigetragen hat dass viele Menschenrechtsorgane begannen sich mit den Auswirkungen des Klima-wandels auf die Menschenrechte zu befassen

Einen anderen Weg schlugen die Inuit des US-amerikanischen Teils Alaskas ein 2005 reichten sie bei der Inter-Amerikanischen Menschenrechts-kommission eine Klage gegen die USA ein weil die USA nicht genug taumlten um den Klimawandel zu verhindern Die Kommission lehnte die Verhandlung des Falls ab Ein wesentlicher Grund war dass die Klaumlger nicht hinreichend darle-gen konnten dass vor allem die Un-taumltigkeit der USA zur Verletzung ihrer Menschenrechte fuumlhre Die Kommission lud die Inuit aber im Maumlrz 2007 zu einer Anhoumlrung ein um die Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Menschen-rechte zu eroumlrtern Obwohl sie rechtlich eine Niederlage erlitten hatten wurde die Anhoumlrung doch zu einem politi-schen Erfolg der der Situation der Inuit global viel Aufmerksamkeit einbrachte

Des Weiteren war die Klageschrift der Inuit der Auftakt zu einer Vielzahl von Versuchen die Staaten auf juristi-schem Wege zur Pflicht zu rufen Dies muss sich aber nicht auf Organe des Menschenrechtssystems beschraumlnken Besonders erfolgreich war eine Klage der niederlaumlndischen Umweltorganisa-tion Urgenda gegen die Niederlande Das Bezirksgericht in Den Haag urteilte 2015 auf Grundlage der in der nieder-laumlndischen Verfassung verankerten Fuumlrsorgepflicht des niederlaumlndischen Staates dass die Niederlande auf-grund der Erkenntnisse des vierten Sachstandsberichts des Weltklimarats ihre Emissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 25 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern muumlssen Mit den bis dahin ergriffenen Maszlignahmen waumlren voraussichtlich nur 17 Prozent erreicht worden

Trotz dieser Erfolge bleibt es schwierig einzelne Staaten fuumlr den Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Menschenrechte zur Verant-wortung zu ziehen Haumlufig verstaumlrkt der Klimawandel nur bereits beste-hende Menschenrechtsverletzungen Auch die Unterscheidung ob eine

Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 23

Menschenrechtsverletzung in diesem Zusammenhang Folge des Klimawandels oder uumlblicher Wetterextreme ist ist oft schwierig So kommt das Hochkommis-sariat fuumlr Menschenrechte 2009 zum Ergebnis dass der Klimawandel zwar eindeutig negative Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Menschenrech-ten hat dass es aber weniger eindeutig ist ob und in welchem Ausmaszlig die Auswirkungen in streng rechtlichem Sinn als Menschenrechtsverletzung qualifiziert werden koumlnnen

Aus Sicht von FIAN Deutschland kann der Verlust des Zugangs zu Nah-rung durch den Klimawandel aber durchaus als Menschenrechtsverletzung gewertet werden fuumlr die andere Staa-

ten als der Heimatstaat mitverantwort-lich sind Zwar ist der Haftungsansatz nach dem Verursacherprinzip aufgrund der oben geschilderten Besonderheiten des Klimaproblems fuumlr eine menschen-rechtliche Argumentation wenig frucht-bar Aufgrund des Wissens der Staaten uumlber die menschliche Verursachung und der nachweislich negativen Auswirkun-gen des Klimawandels auf die weltweite Verwirklichung der Menschenrechte sind die Staaten jedoch gemaumlszlig UN-Sozialpakt Artikel 2(1) menschenrecht-lich verpflichtet einzeln sowie durch internationale Hilfe und Zusammen-arbeit unter Ausschoumlpfung all ihrer Moumlglichkeiten wirksame Maszlignahmen zur Emissionsminderung zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung

bdquoAnpassungldquo umschreibt ein weites Feld von Aktivitaumlten das die Menschen weniger anfaumlllig gegenuumlber den Auswir-kungen des Klimawandels macht Hiermit kann die Einfuumlhrung von duumlrreresistenten Pflanzenarten und von Bewaumlsserungssystemen gemeint sein aber auch Umsiedlung aus Hochrisiko-zonen neue Bauweisen und Bauvor-schriften oder der Ausbau von Institu-tionen zum Risikomanagement Sie macht einen vergleichsweise kleinen Teil der Klimafinanzierung aus die sich 2016 auf insgesamt 380 Milliarden US Dollar belief 93 Prozent der globalen Klimafinanzierung kommen der Emissi-onsminderung zugute die uumlberwiegend privat finanziert ist Mittel aus oumlffentli-cher Hand tragen nur 34 Prozent zur globalen Klimafinanzierung bei wovon wiederum nur 16 Prozent Anpassungs-maszlignahmen zugutekommen 89 Pro-zent der oumlffentlichen Klimafinanzierung werden von internationalen und natio-nalen Entwicklungsbanken gestemmt Selbst die internationalen Banken wie die Weltbank die Asiatische und die

Afrikanische Entwicklungsbank oder die Europaumlische Investitionsbank (EIB) investieren nur durchschnittlich 23 Pro-zent ihrer Investitionen im Klimabe-reich in Anpassungsmaszlignahmen Fuumlr den unmittelbaren Schutz sowie fuumlr Anpassungsmaszlignahmen an die Folgen des Klimawandels werden also verhaumllt-nismaumlszligig wenige Gelder bereitgestellt Dies kann akut zu Menschenrechtsver-letzungen fuumlhren Je spaumlter und halb-herziger in den Klimaschutz investiert wird desto mehr Anpassung wird noumltig Die Pflicht der Staaten solche Maszlignah-men zu unterstuumltzen ergibt sich aus ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen gemaumlszlig Artikel 2(1) des UN Sozialpaktes Sie gilt unabhaumlngig davon wie viel ein Staat zur Klimaer-waumlrmung beitraumlgt Diese Pflicht ergibt sich auszligerdem aus Art 4(3 4) der Klimarahmenkonvention die aumlrmeren Laumlnder sowohl beim Klimaschutz als auch bei der Anpassung an den Klima-wandel unterstuumltzen ndash gemaumlszlig dem Prinzip gemeinsamer aber unterschied-licher Verantwortung

Die Lebensgrundlage der Indigenen im aumlthiopischen Omo-Tal ist durch den Bau des Stauddamms Gibe III bedroht Foto Suvival International

24 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Obergrenze (Cap)

Industriestaaten unterschreiben dashellip

Kyoto-Protokoll (1997)

Ziel Reduktion der Treibhausgasemission

Emissionen im Zeitraum von 2008 bis 2012 um 5 unter das Niveau von 1990 senken

fl exibler Mechanismus

Fabrik A Fabrik B

Wenn die Emissionen unter der Obergrenze

liegen koumlnnen die nicht genutzten Emissionsrechte wieder verkauft

werden

hellip an Staaten oder

Unternehmen die mehr

Emissionen ausstoszligen

wollen

Verkauft die ungenutzten CO

2-Rechtehellip

Funktionsweise des Emissionshandels

Internationale Klimafinanzierung

Gemaumlszlig der Klimarahmenkonvention sind die traditionellen Industrielaumlnder verpflichtet die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell technologisch und mit Kapazitaumltsaufbau zu unterstuumltzen Auf der Klimakonferenz von Kopenha-gen 2009 wurde diese Verpflichtung konkretisiert die Industrielaumlnder sagten zu dass die finanzielle Unter-stuumltzung bis 2020 auf jaumlhrlich 100 Milli-arden US-Dollar anwachsen soll Zu diesen werden nicht nur die aufge-brachten oumlffentlichen Mittel sondern auch private Investitionen in den Klimaschutz gezaumlhlt wenn sie eine Folge staatlicher Maszlignahmen sind

Die Unterstuumltzung durch oumlffentliche Geber laumluft durch eine Vielzahl von Ka-naumllen Zum einen nutzen viele Staaten dazu ihre Organisationen der Entwick-lungszusammenarbeit In Deutschland sind das beispielsweise die Gesellschaft fuumlr Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Kreditanstalt fuumlr Wieder-aufbau (KfW) Zweitens zaumlhlen auch die Weltbank und die regionalen Ent-wicklungsbanken Klimaschutz zu ihren Aufgaben Insbesondere die Weltbank hat mehrere spezielle Klimaschutzfonds geschaffen Drittens wurde eine Reihe von internationalen Fonds eingerichtet Mit den Geldern der 1991 geschaffenen Globalen Umweltfazilitaumlt (Global Envi-ronment Facility GEF) werden Projekte im Rahmen der Klimarahmenkonventi-on und anderer internationaler Um-weltabkommen finanziert 2001 wurden unter der Klimarahmenkonvention eine Reihe von kleinen spezialisierten Fonds eingerichtet die insbesondere Maszlig-nahmen zur Anpassung an den Klima-wandel finanzierenbull der Least Developed Countries Fund

Fonds fuumlr die am wenigsten entwi-ckelten Laumlnder

bull der Special Climate Change Fund Spezieller Klimawandel-Fonds der vor allem Anpassungsmaszlignahmen finanzieren soll und

bull der Adaptation Fund Anpassungs-fonds fuumlr Laumlnder des Globalen Suumldens

Daruumlber hinaus wurde 2010 beschlos-sen den Green Climate Fund (Gruumlner Klimafonds) einzurichten Dieser soll einen erheblichen Teil der zugesagten 100 Milliarden US-Dollar verwalten

Neben diesen Einrichtungen zur Klimafinanzierung wurden im Rahmen des Kyoto-Protokolls auch institutiona-lisierte Verfahren zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige geschaffenbull der internationale Emissionshandel

der den Handel mit Rechten zum Ausstoszlig von Treibhausgasen regelt

bull die Joint Implementation (Gemein-same Umsetzung) uumlber die Klima-schutzprojekte in Industrielaumlndern international zertifiziert werden koumlnnen

bull der Clean Development Mechanism (Mechanismus fuumlr umweltver-traumlgliche Entwicklung) uumlber den Klimaschutzprojekte in Laumlndern

Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 25

des Globalen Suumldens international zertifiziert werden koumlnnen (siehe Kapitel bdquoDer Clean Development Mechanismldquo)

Diese Verfahren dienen aber in ers-ter Linie der Erreichung der Emissi-onsziele der Industrielaumlnder (siehe Kapitel bdquoSenkung der eigenen Emissi-onenldquo) Mitgliedstaaten mit groszligen Regenwaldvorkommen forderten daher

ein Instrument zu schaffen das den Schutz von Waumlldern auf die Klimabilanz anrechnet Infolge wurde 2007 das Programm REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degrada-tion in Developing Countries) ins Leben gerufen Es soll zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige in Laumlndern des Globalen Suumldens beitragen die durch Abholzung von Waumlldern entstehen

Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen

Maszlignahmen zum Klimaschutz sind aus menschenrechtlicher Perspektive oft umstritten Bei Investitionen in erneu-erbare Energien handelt es sich haumlufig um groszlige flaumlchenintensive Infrastruk-turprojekte wie zum Beispiel den Bau von Staudaumlmmen und Wasserkraftwer-ken Windparks groszligflaumlchige Solar- und Erdwaumlrmeanlagen Das Gleiche gilt fuumlr den Anbau von Energiepflanzen wie Oumllpalmen Investitionen in CO2-Senken also die Ausdehnung von Waumlldern oder der Erhalt bestehender Waumllder stehen oft in Konkurrenz zu anderen Flaumlchen- und Waldnutzungen Auch Anpassungs-maszlignahmen wie der Bau von Schutz-waumlllen oder die Einrichtung von siedlungsfreien Zonen in Hochrisikoge-bieten (zum Beispiel in Gebieten die

haumlufig uumlberschwemmt oder durch Erosion und Erdrutsche gepraumlgt sind) betreffen Land das von Menschen genutzt und ihnen durch solche Maszlig-nahmen entzogen wird Die Flaumlchen-konkurrenz zwischen Investitionen zum Klimaschutz und bisheriger Landnut-zung fuumlhrt unter anderem dazu dass KleinbaumluerInnen und Hirtenvoumllkern der Zugang zu Land und Wasser entzogen wird das sie bisher fuumlr den Nahrungs-mittelanbau und die Viehwirtschaft nutzten Haumlufig handelt es sich dabei um indigene Gruppen die keine Landti-tel besitzen Mit der Vertreibung von ihren wirtschaftlich genutzten Flaumlchen geht auch haumlufig die Vertreibung aus den Ansiedlungen einher Verletzungen sozialer Menschenrechte wie die Rechte auf Nahrung Wasser und Woh-nen sind die Folge Aber auch Verfah-rensrechte und das Recht auf Leben werden regelmaumlszligig missachtet

Dafuumlr gibt es viele Beispiele Pana-ma ist eines jener Laumlnder das am meis-ten in Wasserkraftwerke als erneuerbare Energiequelle investiert In mindes-tens drei bekannten Faumlllen ndash Bonyic Chan75 und Barro Blanco ndash kam es dabei zu schweren Menschenrechts-verletzungen Doumlrfer wurden geflutet obwohl die BewohnerInnen noch nicht umgesiedelt waren die Rechte von In-digenen auf ihr Gebiet und Beteiligung an Projekten wurden verletzt Betrof-fene und AktivistInnen die sich gegen diese Maszlignahmen wehrten wurden eingeschuumlchtert und sogar ermordet Auch Kenia gehoumlrt zu den Vorreitern in

Die klimaschuumltzende Wirkung von Staudaumlm-men zur Stromgewinnung wird bestritten Auszligerdem fuumlhren sie oft zu Verletzungen von Menschenrechten der oumlrtlichen Bevoumllkerung Foto Jane Hofbauer

26 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Sachen Klimaschutz ndash haumlufig zu Lasten ausgegrenzter Bevoumllkerungsgruppen In Olkaria willigten Massai in eine Umsiedlungsmaszlignahme zugunsten einer Erdwaumlrmeanlage (Geothermie) ein weil man ihnen eigene Landrech-te versprach die sie jedoch bis heute nicht erhalten haben Mehrere tausend indigene Jaumlger- und Sammlervoumllker wurden aus dem Embobut-Wald in Westkenia (Sengwer und Cherangany) und dem Mau-Wald (Ogiek) vertrieben weil die Regierung deren Nutzung unter REDD+ anstrebt Der Fall der Ogiek wurde 2014 sogar vor dem Afrikani-schen Gerichtshof fuumlr Menschen- und Voumllkerrechte zugunsten der Ogiek ver-handelt Aumlhnliches passierte in anderen Laumlndern Afrikas So wurde in Tansania die Gemeinschaft der Warufiji aus dem Refuiji-Delta vertrieben Sie hatten die Kooperation bei der Aufforstung der Mangrovenwaumllder verweigert weil man ihnen den Anbau von Reis verbot

Die Auswirkungen von Klimaschutz-maszlignahmen koumlnnen aber auch kom-plexerer Natur sein Wie die Weltbank 2008 in einer vielbeachteten Studie zur globalen Nahrungsmittelkrise darlegte trug die Flaumlchenkonkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Energiepflanzen-anbau maszliggeblich zum globalen An-stieg der Nahrungsmittelpreise bei der fuumlr viele Menschen zu Hunger fuumlhrte Anhand dieser katastrophalen Folgen der staatlichen Foumlrderung von Agrar-treibstoffen durch westliche Indust-rienationen wird deutlich wie diese klimapolitisch motivierten Programme in vielen aumlrmeren Laumlndern direkt zur Verletzung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser beitragen

Auch Anpassungsmaszlignahmen schneiden unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten nicht zwingend besser ab Obwohl sie im Prinzip zum Schutz der Menschen gedacht sind fehlt es in manchen Faumlllen an Professionalitaumlt in anderen Faumlllen fehlt der Fokus auf die besonders gefaumlhrdeten Bevoumllkerungs-gruppen In Mosambik wurden die Doumlr-fer im Sambesi-Flussdelta 20072008

nach schweren Uumlberschwemmungen in houmlher gelegene Gebiete umgesiedelt Viele der neuen Siedlungen blieben ohne angemessenen Zugang zu Wasser fruchtbarem Land und Gesundheitsver-sorgung So wurden sie von Nahrungs-mittelhilfen abhaumlngig Viele Familien verloren durch Abwanderung ihren Zusammenhalt Diskriminierungen bei Anpassungsmaszlignahmen kommen auch in entwickelten Laumlndern vor Nach dem Wiederaufbau von New Orleans nach dem Hurrikan Kathrina im Jahr 2005 durfte die arme afro-amerikanische Be-voumllkerung nicht mehr ihre am Flussufer gelegenen Siedlungen beziehen ndash we-gen Uumlberflutungsgefahr Angemesse-nen und finanzierbaren Ersatz bekamen sie jedoch nicht angeboten

Die Ursachen fuumlr negative Aus-wirkungen und Menschenrechtsver-letzungen durch Klimapolitik gehen teilweise auf die Bedingungen in den Projektlaumlndern zuruumlck Die jeweiligen Nationalstaaten sind menschenrecht-lich entsprechend zu beurteilen und zur Pflicht zu rufen Die Ursachen liegen aber auch in den Klimarahmenabkom-men selbst und ihren Mechanismen begruumlndet Bis auf das Abkommen von Paris enthalten diese keinen Verweis auf Menschenrechte Sie betonen aber die Rechte der Nationalstaaten ihre na-tuumlrlichen Ressourcen auszubeuten Das Abkommen von Paris ist insofern ein Erfolg als in der Praumlambel zum ersten Mal ein Bezug zu den Menschenrechten hergestellt wird Auch im Konzept der extraterritorialen Staatenpflichten zur Verwirklichung wirtschaftlicher sozia-ler und kultureller Menschenrechte ist anerkannt dass die Staaten die Pflicht haben ihre Instrumente zum Klima-schutz und zur Unterstuumltzung von An-passungsmaszlignahmen menschenrechts-konform zu gestalten Dennoch gilt es dicke Bretter zu bohren Eine Praumlambel ist nicht rechtsverbindlich sondern als Orientierungs- und Interpretationshilfe fuumlr die Vertragsparteien oder Gerichte zu verstehen

Fuumlr diese Geothermie-Anlage in Kenia wurden Massai von ihrem traditionellen Land vertrieben Foto Jeanette Schade

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 27

Der Clean Development Mechanism

Mit fast 8000 registrierten Projekten ist der Clean Development Mechanism (CDM) des Kyoto-Protokolls das bedeu-tendste internationale Verfahren zum Klimaschutz Er soll einerseits die Gastgeberstaaten der Projekte bei ihrer nachhaltigen Entwicklung unterstuumltzen und andererseits den Industrielaumlndern bei der Erreichung ihrer Emissionsziele helfen

Das Kyoto-Protokoll definiert fuumlr die teilnehmenden Industrielaumlnder verbindliche Emissionsziele Die Uumlber-wachung der Zielerreichung erfolgt auf Grundlage von Emissionszertifikaten jeder verpflichtete Staat muss fuumlr jede Tonne Treibhausgasemission ein Emis-sionszertifikat vorlegen Die Staaten erhalten eine Anfangsausstattung von Zertifikaten auf Grundlage ihrer Ziele zur Verringerung ihrer Emissionen Diese Zertifikate sind handelbar Schafft ein Staat es seine Emissionen staumlrker zu reduzieren als er zum Ziel hat kann er den sich daraus ergebenden Uumlber-schuss an Zertifikaten an andere Laumlnder verkaufen Auszligerdem koumlnnen die In-dustrielaumlnder uumlber den CDM zertifizierte Emissionsreduktionen aus Klimaschutz-projekten in den Laumlndern des Globalen Suumldens ankaufen

Die naturwissenschaftliche Grund-lage dieses so genannten Emissions-handels ist dass die Treibhausgase sich gleichmaumlszligig in der Atmosphaumlre verteilen Fuumlr den Klimawandel macht es keinen Unterschied an welchem Ort Treibhausgase ausgestoszligen oder reduziert werden Durch den Emissions-handel soll es daher ermoumlglicht werden Emissionen an der Stelle zu vermindern an der dies am kostenguumlnstigsten ist Im Kyoto-Protokoll gibt es zum einen den Emissionshandel zwischen Staaten zum anderen werden im CDM Zertifikate fuumlr Emissionsreduktionen in konkreten Projekten ausgestellt wie zum Beispiel fuumlr Windkraftanlagen Prinzipiell kann jeder beliebige Akteur CDM-Projekte durchfuumlhren Zertifikate erhalten und diese dann verkaufen seien es staatli-che Stellen private Unternehmen oder auch zivilgesellschaftliche Organisa-tionen Durch den CDM soll so fuumlr alle Interessierte ein Anreiz gesetzt werden in Emissionsreduktionen zu investieren Die groszlige Mehrheit der CDM-Projekte wird von privaten Unternehmen durchgefuumlhrt

Der CDM unterliegt der Fuumlhrung und Aufsicht der Konferenz der Vertrags-staaten des Kyoto-Protokolls Fuumlr die Pruumlfung und Genehmigung der konkre-ten Projekte sowie fuumlr die Ausarbeitung von Detailregelungen zu den Geneh-migungsverfahren haben die Vertrags-staaten einen Exekutivrat eingerichtet der aus zehn Mitgliedern und zehn stellvertretenden Mitgliedern besteht Die Mitglieder werden von der Vertrags-staatenkonferenz nach einem regiona-len Schluumlssel gewaumlhlt Der Exekutivrat soll nach Moumlglichkeit alle Entscheidun-gen einstimmig treffen Wenn dies nicht moumlglich ist sind auch Abstimmungen mit Dreiviertelmehrheit erlaubt

Um sich fuumlr die Ausstellung von CDM-Zertifikaten zu qualifizieren muumlssen CDM-Projekte ein festgeleg-tes Verfahren durchlaufen Zunaumlchst muumlssen die Traumlger des Projekts eine Projektdokumentation erstellen die darlegt welche Maszlignahmen durchge-fuumlhrt werden sollen und wie dadurch Emissionen vermindert werden Diese

Einige Doumlrfer im kenianischen Tana-Delta muumlssen per Tankwagen mit Trinkwasser versorgt werden

28 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Braucht Zertifi kate um eigene Klimaschaumlden ausgleichen zu

koumlnnen

INDUSTRIELAND

Klimaschutzprojekt wird unterstuumltzt

ENTWICKLUNGSLANDTechnologie

Finanzierung

Die Unterstuumltzung bringt dem Industrieland zusaumltzliche

Zertifi kate ein

Clean Development Mechanism (CDM)-Projekte werden kontrolliert durch den

CDM-EXEKUTIVRAT bestehend aus 10 Mitgliedern

Durch die Unterstuumltzung

sollen CO2-Emissionen vermieden

werden

Jeweils ein Mitglied der fuumlnf regionalen

Gruppen der Vereinten Nationen

Zwei Mitglieder des Kyoto-Protokolls

gelistet als Industrieland (Annex 1)

Zwei Mitglieder die nicht in Annex 1 des

Kyoto-Protokolls gelistet sind

EinE RepraumlsentantIn der kleinen

Inselstaaten

Projektdokumentation muss durch ein sachverstaumlndiges Zertifizierungsun-ternehmen beispielsweise den TUumlV uumlberpruumlft werden Auszligerdem muss das Projekt durch das Durchfuumlhrungsland und mindestens ein Industrieland genehmigt werden Wenn all diese Be-dingungen erfuumlllt sind wird das Projekt dem CDM-Exekutivrat vorgelegt Wenn der Exekutivrat keine Einwaumlnde hat wird es als CDM-Projekt registriert

Waumlhrend der Durchfuumlhrung des Projekts muumlssen seine Traumlger fortlau-fend uumlberwachen und dokumentieren welche Treibhausgasmengen es er-zeugt Die Emissionsminderung ergibt sich aus dem Unterschied zwischen den Emissionen des Projekts und den Emis-sionen die angefallen waumlren wenn das Projekt nicht umgesetzt worden waumlre wenn zum Beispiel statt Strom eines Windparks Strom aus Kohlekraftwerken verwendet worden waumlre Die Dokumen-tation wird wiederum von einer sach-verstaumlndigen Stelle und vom CDM-Exe-kutivrat uumlberpruumlft Abschlieszligend stellt der Exekutivrat den Projektbeteiligten Emissionszertifikate entsprechend der erzielten Emissionsminderung aus

Die Projektbeteiligten koumlnnen die Zertifikate dann an mehrere moumlgliche Abnehmer verkaufen Der erste moumlgli-che Abnehmer sind Industriestaaten die ihre Kyoto-Emissionsziele nicht durch inlaumlndische Emissionsredukti-onen erreichen und daher zusaumltzliche Zertifikate benoumltigen Daruumlber hinaus gibt es in der EU und in mehreren ande-ren Staaten Emissionshandelssysteme auf Unternehmensebene Aumlhnlich wie die Industriestaaten durch das Kyoto-Protokoll verpflichtet sind Emissi-onszertifikate vorzulegen muumlssen in der EU und in anderen Laumlndern auch bestimmte Unternehmen wie die Ener-gieversorger und groszlige Industriebe-triebe fuumlr ihre Treibhausgasemissionen Zertifikate vorlegen Diese Unterneh-men koumlnnen teilweise CDM-Zertifikate verwenden um ihre Verpflichtung zu erfuumlllen Der dritte moumlgliche Abnehmer ist der wachsende Markt der sogenann-ten bdquofreiwilligen Kompensationldquo von Treibhausgasemissionen Dies sind

Unternehmen und Privatpersonen die ihre Emissionen ausgleichen wollen indem sie CDM-Zertifikate kaufen und loumlschen Ein Beispiel dafuumlr sind Aus-gleichszahlungen fuumlr den CO2-Ausstoszlig durch Fluumlge

Der CDM verfuumlgt uumlber keinerlei men-schenrechtliche Kriterien Es gibt ledig-lich die Bestimmung dass die Projekte zur nachhaltigen Entwicklung beitragen sollen und die Vorschrift dass die lokale Bevoumllkerung konsultiert werden muss Allerdings gibt es keine interna-tionalen Kriterien wie der Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung uumlberpruumlft werden soll Stattdessen wird die Pruuml-fung vollstaumlndig den Gastgeberlaumlndern der Projekte uumlberlassen Ebenso gibt es nur vage internationale Kriterien fuumlr die Konsultation der lokalen Bevoumllke-rung Viele Laumlnder haben nur schwache

Funktionsweise des Clean Development Mechanism

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 29

Regeln und uumlberwachen deren Einhal-tung nur schlecht Als Ergebnis kommt es immer wieder zu Vorwuumlrfen dass durch CDM-Projekte Menschenrechte verletzt werden Die internationale Gemeinschaft ist damit nicht ihrer Verantwortung nachgekommen neue voumllkerrechtliche Vertraumlge entsprechend ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen auszugestalten

Das Kyoto-Protokoll wird nach 2020 nicht weitergefuumlhrt entsprechend wird auch der CDM auslaufen Allerdings

wurden im Pariser Abkommen neue Kooperationsmechanismen geschaf-fen Die Regeln zur Umsetzung dieser Mechanismen sollen ausdruumlcklich die Erfahrungen aus den Mechanismen des Kyoto-Protokolls beruumlcksichtigen Aus den menschenrechtlichen Problemen die sich im CDM ergeben haben soll-ten die Staaten die Schlussfolgerung ziehen dass die neuen Mechanismen verbindliche menschenrechtliche Krite-rien benoumltigen

Der Fall Bajo Aguaacuten ndash CDM-Zertifizierung trotz Menschen-rechtsverletzungen

Das Projekt bdquoAguan Biogas Recovery from Palm Oil Mill Effluent [POME] Ponds and Biogas Utilisation ndash Ex-portadora del Atlaacutentico AguanHondurasldquo soll die Behandlung von Abwasser aus einer Palmoumllmuumlhle verbessern und dadurch die Emissio-nen von Methan vermindern Das Palmoumll kommt aus Plantagen die im Zentrum eines gewalttaumltigen Landkon-flikts stehen Laut den oumlrtlichen KleinbaumluerInnen hat sich der Eigentuuml-mer das Plantagenland widerrechtlich angeeignet Sie fordern daher die Ruumlckgabe des Landes Die Sicherheits-kraumlfte der Plantagen und die oumlffentli-chen Sicherheitskraumlfte gehen immer

wieder gewaltsam gegen die Kleinbaumlu-erInnen vor bisher wurden uumlber 50 Personen getoumltet

Diese Umstaumlnde spielten jedoch im Registrierungsverfahren des CDM keine Rolle FIAN und andere Nicht-regierungsorganisationen wiesen den CDM-Exekutivrat darauf hin dass das Projekt in Menschenrechtsver-letzungen verwickelt sei Es wurde dennoch als CDM-Projekt registriert Der CDM-Exekutivrat erklaumlrte dass er kein Mandat habe solche Umstaumlnde zu beruumlcksichtigen Seine Zustaumlndig-keit beschraumlnke sich auf die Klima-schutzauswirkungen von Projekten Neben Honduras war das Projekt auch von Groszligbritannien registriert wor-den Nachdem sie uumlber die Vorwuumlrfe informiert worden war aumluszligerte die britische Regierung zwar dass diese bdquoverstoumlrendldquo seien erklaumlrte aber fuumlr Fragen der Nachhaltigkeit sei das Gastgeberland Honduras zustaumlndig

Das Projekt ist im CDM registriert und kann fuumlr Emissionsreduktionen die bis zum 31 Januar 2018 erzielt wurden Zertifikate erhalten Dieser Zeitraum kann verlaumlngert werden Das Ausmaszlig der Gewalt ist zwar nach einer Intervention der deutschen Regierung zuruumlckgegangen der zugrunde lie-gende Landkonflikt ist aber weiterhin ungeloumlst

Eine honduranische Baumluerin weist bei einer Demonstration auf die schweren Menschen-rechtsverletzungen in Bajo Aguaacuten hin

30 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank

Viele Klimaschutzmaszlignahmen werden ausschlieszliglich von privaten Unterneh-men und Banken durchgefuumlhrt die nicht an verbindliche Sozialstandards gebunden sind Insbesondere in Laumln-dern des Globalen Suumldens mit schwa-chen nationalen Standards und Institu-tionen zu ihrer Durchsetzung gefaumlhrdet dies den Schutz der Menschenrechte

Oumlffentliche Entwicklungsbanken verfuumlgen dagegen uumlber eigene Sozial-standards und Beschwerdeverfahren welche die Gefahr von Menschenrechts-verletzungen bei der Durchfuumlhrung von Projekten verringern koumlnnen Doch auch hier gibt es deutlichen Nachbes-serungsbedarf wie das Beispiel der Europaumlischen Investitionsbank (EIB) zeigt

Die EIB ist eine Bank der Europaumli-schen Union (EU) deren Anteilseigner neben der EU die EU-Mitgliedstaaten sind Sie verfuumlgt uumlber das groumlszligte Bud-get aller Entwicklungsbanken weltweit und ist ein Schluumlsselakteur der Klima-finanzierung Seit 2013 hat sie sich zum Ziel gesetzt jaumlhrlich mindestens 25 Prozent ihres Kreditvolumens fuumlr Kli-maprojekte zu vergeben Im Jahr 2011 leitete die EIB eine Untersuchung ein um ihre Sozialstandards den Anspruuml-chen der EU-Grundrechtecharta sowie den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte anzupassen Das dabei entstandene Handbuch fuumlr Umwelt- und Sozialstandards (2013) verspricht hohe Sozialstandards und beschreibt diese ndash als einzige Bank weltweit ndash sogar mit menschenrechtli-chem Vokabular 2015 uumlberarbeitete die EIB auszligerdem ihre Transparenzpolitik so dass sie im Unterschied zu vielen anderen europaumlischen Entwicklungs-banken bereits vor Bewilligung die Ergebnisse von Umwelt- und Sozial-vertraumlglichkeitsanalysen bekannt gibt Die EIB hat ferner ein eigenes Be-schwerdeverfahren das alle durch ihre Projekte Betroffenen nutzen koumlnnen Die Zustaumlndigen fuumlr die Bearbeitung

der Beschwerden koumlnnen Mediations-prozesse anstoszligen Das Verfahren und das zustaumlndige Gremium koumlnnen sogar selbst Gegenstand einer Beschwerde vor dem EU-Ombudsmann werden wenn die Betroffenen mit seiner Arbeit unzufrieden sind

Gute Standards und ein gutes Beschwerdeverfahren gelten in der Regel als Grundbedingung fuumlr die Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht Dennoch gibt es im System der EIB erhebliche Maumlngel Eine menschenrechtliche Untersuchung der Anwendung der Sozialstandards beim oben erwaumlhnten Erdwaumlrmeprojekt in Kenia fuumlhrte dabei zu folgenden Ergeb-nissen Es werde zu wenige Sozial- und MenschenrechtsexpertInnen je Projekt beschaumlftigt Ersatzweise werden Kre-ditnehmer auf das EIB-Handbuch zu Umwelt- und Sozialstandards verwiesen Die EIB uumlberlaumlsst die Umsetzung ihrer hehren Sozialstandards damit weitge-hend den Kreditnehmern ohne diese mit angemessen Personalressourcen zu unterstuumltzen und zu kontrollieren Betroffene werden von der EIB auch nicht systematisch uumlber die Existenz ihres Beschwerdeverfahrens informiert sondern stoszligen ndash wenn uumlberhaupt ndash erst durch eigene Recherche auf ihn Die EIB-MitarbeiterInnen haben keine Verpflichtung den Beschwerdeaus-schuss aktiv in problematische Projekte einzubinden Er wird erst aktiv wenn Betroffene an ihn herantreten Bei Pro-jekten die von mehreren Geldgebern finanziert werden hat er kein Mandat deren Rolle bei der Verletzung von So-zialstandards zu untersuchen Seine Be-urteilungen und Empfehlungen sind fuumlr die Bank auch nicht rechtlich bindend Das Beispiel der EIB zeigt damit nicht nur deren spezifische Maumlngel in der Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht sondern demonstriert auch die generell begrenzte Reichweite institutioneller Beschwerdemecha-nismen Sie stellen keinen Ersatz fuumlr verbindliche Menschenrechtsstandards dar zu deren Umsetzung Staaten ver-pflichtet sind

Gemaumlszlig dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP) sind 80 Prozent aller Menschen die aufgrund des Klimawan-dels umsiedeln muumlssen FrauenFoto Survival International

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 31

Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Der Status der EU im Menschenrechts-system ist kompliziert Die EU selbst ist kein Staat sondern eine Mitgliederor-ganisation von Staaten Wie andere internationale Organisationen auch ist sie daher keine Vertragspartei der zwischenstaatlichen Menschenrechts-vertraumlge (mit Ausnahme der UN-Behin-dertenrechtskonvention) Sie ist auch keine Vertragspartei der Europaumlischen Menschenrechtskonvention obwohl ihr Beitritt in Artikel 6(2) des EU-Vertrags

festgelegt ist und seit langem gepruumlft wird Daher haben die Menschenrechts-organe der UN und des Europarates auch kein Mandat uumlber die EU und duumlrfen nicht uumlber sie urteilen

Dennoch ist auch die EU verpfl ich-tet Menschenrechte in ihrer Innen- und Auszligenpolitik zu beachten Diese Verpfl ichtungen beruhen vor allem auf a) der EU-Grundrechtecharta (2009) b) dem EU-Vertrag sowie c) auf der Aarhus-Konventiona) Die Grundrechtecharta gilt fuumlr alle

EU-Organe sowie fuumlr die Mitglied-staaten bei der Anwendung von EU-Recht (GRC Art 51(1)) Sowohl das EU-Parlament als auch ein Experten-urteil bestaumltigten ihre extraterritori-ale Reichweite

b) In den EU-Vertraumlgen bekennt sich die EU zum Schutz der Menschen-rechte in ihrer Beziehung zur uumlbri-gen Welt und zur Grundrechtecharta der Vereinten Nationen (EUV Art 3(5)) Sie erklaumlrt diese zu leitenden Grundsaumltzen ihres auswaumlr-tigen Handelns (EUV Art 21) Dies gilt ausdruumlcklich auch fuumlr die Ko-operation mit Entwicklungslaumlndern (EUVA Art 208)

c) Die EU ist eine Vertragspartei der Aarhus-Konvention die nach Expert Innenmeinung ebenfalls auch extraterritorial ausgelegt werden kann

0 100 200 300 400 500

203020141990

Gebaumlude

Landwirtschaft

Industrie

Energiewirtschaft

Verkehr

lt61

72

88

lt98

160

163

lt72

119

209

lt143

181

283

lt183

358

466

Datenquelle Bundesministerium fuumlr UmweltNaturschutz Bau und Reaktorsicherheit (2017)Klimaschutz in Zahlen 2017

Ziele zur Verringerung von Treibhausgas-emissionen Deutschlands nach Sektoren gemaumlszlig dem Klimaschutzplan 2050(in Millionen Tonnen CO2-Aumlquivalenten)

32 FIAN | Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh (2012) Second National Com-munication of Bangladesh to the United Nations Framework Convention on Climate Change Dhaka Ministry of Environment and Forests Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh

Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 37

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Weltbank (2013) Turn Down the Heat Climate Extremes Regional Impacts and the Case for Resilience Washington DC Weltbank

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitikldquo

UN Generalversammlung (1992) Rio-Erklaumlrung uumlber Umwelt und Entwicklung (ACONF15126 (Vol I)) httpwwwunorgdeptsgermanconfagenda21riopdf

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2012) Human Rights Indicators A Guide to Measurement and Implementation httpbitly1oUZYHb

UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

International Commission of Jurists (2011) Maastricht Principles on Extraterritorial Obligations of States in the Area of Economic Social and Cultural Rights Verfuumlgbar mit deutscher Uumlbersetzung unter httpwwwfiandefileadminuser_uploaddo-kumenteshopRaN2012_ETO_Maastricht_Principles_en_de_finalpdf

UN Special Procedures (2015) Climate Change and Human Rights ndash Joint statement by UN Special Procedures on the occasion of World Environment Day 5 Juni 2015 httpwwwohchrorgENNewsEventsPagesDisplayNewsaspxNewsID=16049amp LangID=E

The Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (2015) Human Rights Law Sources UN Pronouncements on Extra-Territorial Obligations httpwwwetoconsortiumorgncenmain-navigationlibrarydocuments tx_drblob_pi15BdownloadUid5D=163

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2015) Report of the Office of the Uni-ted Nations High Commissioner for Human Rights on the relationship between clima-te change and human rights AHRC1061 15 Januar 2009 httpwwwohchrorgENIssuesHRAndClimateChangePagesStudyaspx

UN-Menschenrechtsrat (2016) Report of the Special Rapporteur on the issue of human rights obligations relating to the enjoyment of a safe clean healthy and sustainable environment AHRC3152 1 Februar 2016 httpspapersssrncomsol3paperscfmabstract_id=2729611

Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

European Bank for Reconstruction and Development together with MDB partners the African Development Bank the Asian Development Bank the European In-vestment Bank the Inter-American Development Bank Group and the World Bank Group (2016) Joint Report on Multilateral Development Banksrsquo Climate Finance wwwebrdcom2016-joint-report-on-mdbs-climate-financepdf

Schade Jeanette and Wolfgang Obergassel (2014) Human rights and the Clean Development Mechanism In Cambridge Review of International Affairs Vol 27 No 4 pp 717-735

Sterk Wolfgang und Christof Arens (2010) Investitionen fuumlr den Klimaschutz Die projektbasierten Mechanismen CDM und JI Berlin Bundesministerium fuumlr Umwelt Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) httpwwwcarbon-mechanismsdefileadminmediadokumentePublikationenCMRBroschuere_2010_Einfuehrung_CDM_JI_bfpdf

38 FIAN | Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Finley-Brook Mary Thomas Curtis (2011) Renewable Energy and Human Rights Violations Illustrative Cases from Indigenous Territories in Panama In Annals of the Association of American Geographers 1014 pp 863-872

Schade Jeanette (2013) Climate change and planned relocation Risks and a propo-sal for safeguards In Thomas Faist Jeanette Schade (Eds) Disentangling Migra-tion and Climate Change Methodologies Political Discourses and Human Rights Heidelberg Dordrecht New York Springer pp 138-206

Wolfgang Obergassel Jeanette Schade Lauri Peterson Nicolas Kreibich Timo Beiermann (2017) International Climate Finance Mechanisms and Extraterritorial Human Rights Obligations Status Quo and Future Prospects ein Dossier von FIAN Deutschland httpswwwfiandeartikelansicht2017-07-19-internationale- klimafinanzierung-und-risiken-fuer-die-menschenrechte

FIAN (2008) Agrartreibstoffe und das Menschenrecht auf Nahrung Grundlagen-papier von FIAN-Deutschland httpwwwfiandefiandownloadspdfagrarFIAN_Grundlagenpapier_Agrartreibstoffepdf

Jeanette Schade (2017) EU accountability for the due diligence failures of the European Investment Bank Climate finance and involuntary resettlement in Olkaria Kenya In Journal of Human Rights and the Environment Vol 8(1) 72-97 (Son-derausgabe ldquoClimate Justice and Displacementrdquo Gastherausgeber Schade und Manou)

Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 39

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 2: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

HerausgeberFIAN Deutschland eVBriedeler Straszlige 13 50969 Koumllnfi anfi ande wwwfi ande

AutorInnen Wolfgang Obergassel Dr Jeanette Schade (beide FIAN-Arbeitskreis Klima) Theresa SchulzeRedaktion Gertrud FalkLayout Silvia BodemerIllustrationen Mareike Walter Silvia Bodemer (S 7 9 20 32)

Copyright Fotos FIAN Deutschland oder siehe Bildunterschrift

Druck Haumluser KG Koumllnauf 100 Recyclingpapier

Gefoumlrdert durch Engagement Globalmit fi nanzieller Unterstuumltzung desBundesministeriums fuumlr wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Gefoumlrdert durch die Stiftung Umweltund Entwicklung Nordrhein-Westfalen

Gefoumlrdert mit Mitteln des evangelischenKirchlichen Entwicklungsdienstes und von Misereor

Gefoumlrdert mit Mittelnder Europaumlischen Kommission

Fuumlr den Inhalt dieser Publikation ist allein der Herausgeber verantwortlich Die hier dargestellten Positi-onen geben nicht den Standpunkt von Engagement Global gGmbH dem Bundesministerium fuumlr wirt-schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung der Europaumlischen Kommission der Stiftung Umwelt und Entwicklung NRW des evangelischen Kirchlichen Entwicklungsdienstes oder Misereor wieder

Koumlln Januar 2018

Klimawandel und MenschenrechteDie Folgen des Klimawandels fuumlr das Recht auf Nahrung und das Recht auf Wasser

Anforderungen an die internationale europaumlische und deutsche Klimapolitik

InhaltsverzeichnisZusammenfassung 4

Einleitung 6

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher 7

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser 10

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung 10

Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur 10

Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge 11

Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen 11

Anstieg des Meeresspiegels 11

Groumlszligere Wetterschwankungen 12

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser 12

Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels 12

Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur 12

Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge 13

Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels 13

Kleine Inselstaaten 13

Afrika 14

Suumldostasien 14

Suumldasien 14

Meilensteine der internationalen Klimapolitik 16

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik 18

Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte 18

Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts 19

Prinzipien der internationalen Menschenrechte 20

Allgemeine Prinzipien 20

Extraterritoriale Staatenpflichten 21

Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten 22

Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik 23

Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung 23

Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung 24

Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten 25

Internationale Klimafinanzierung 25

Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen 26

Der Clean Development Mechanism 28

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank 31

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU 32

Senkung der eigenen Emissionen 33

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens 34

Die Europaumlische Investitionsbank 35

Ausblick 36

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links 37

Zusammenfassung

Die Menschheit ist dabei durch den Ausstoszlig von Treibhausgasen (THG) wie Kohlendioxid (CO2) Methan (CH4) und Lachgas (N2O) einen Wandel des globa-len Klimas herbeizufuumlhren der in seiner Dimension dem Unterschied von heute zur letzten Eiszeit vergleichbar ist Die globale Durchschnittstemperatur ist seit Beginn der Industrialisierung um knapp 1 Grad Celsius gestiegen Wenn nicht gegengesteuert wird ist bis Ende dieses Jahrhunderts ein Anstieg um 4 bis 5 Grad Celsius zu erwarten Histo-risch betrachtet haben die traditionel-len Industrielaumlnder die meisten Treib-hausgase ausgestoszligen Inzwischen hat zwar China die USA als insgesamt groumlszligter Emittent abgeloumlst pro Kopf der Bevoumllkerung liegen die Emissionen der allermeisten Laumlnder des Globalen Suumldens aber immer noch deutlich unter denen der Industrielaumlnder

Der Klimawandel hat bereits heute spuumlrbare und in der Summe sehr nega-tive Auswirkungen auf die weltweiten Ernteertraumlge und die Verfuumlgbarkeit von Trinkwasser Wesentliche Auswirkungen sind zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge Zunahme der Haumlufi gkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereig-nissen wie Uumlberschwemmungen und Duumlrren der Anstieg des Meeresspiegels und das Abschmelzen der Gletscher Diese Entwicklungen werden sich in der Zukunft noch verstaumlrken und gerade die

armen Menschen in den Laumlndern des Globalen Suumldens am staumlrksten treffen obgleich diese am wenigsten zu den Ursachen der Erderwaumlrmung beigetra-gen haben In den meisten Laumlndern des Globalen Suumldens wird voraussichtlich bereits eine globale Erwaumlrmung zwi-schen 1 und 2 Grad Celsius zu erhebli-chen Ernteverlusten fuumlhren Mehr als ein Sechstel der Weltbevoumllkerung lebt in Flussgebieten in denen die Versor-gung mit Suumlszligwasser hauptsaumlchlich durch saisonale Abschmelzungen von Schnee und Gletschereis bereitgestellt wird Im Zuge des Klimawandels wer-den diese Wasserspeicher zunehmend verschwinden Auch die Existenz vieler kleiner Inselstaaten ist bedroht Der Klimawandel stellt damit die weltweite Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser vor betraumlchtliche Herausforderungen

Um angesichts des Klimawandels das Recht auf Nahrung und Wasser auch in Zukunft gewaumlhrleisten zu koumlnnen muumlssen Staaten also Maszlignahmen zum Klimaschutz ergreifen Interna-tional anerkannte Menschenrechte und Umweltvoumllkerrecht wirken hier ineinander Denn die Verwirklichung vieler Menschenrechte insbesondere auch des Rechts auf Nahrung haumlngen unmittelbar vom Zustand der natuumlrli-chen Umwelt ab Die Staaten der Welt sind aus menschenrechtlicher und aus

4 FIAN | Zusammenfassung

Zusammenfassung

klimapolitischer Perspektive verpflich-tet den Klimawandel zu stoppen und seine Wirkungen abzumildern Neben der Emissionsminderung gebieten die Menschenrechte besonders solche be-troffenen Bevoumllkerungsgruppen bei der Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels zu unterstuumltzen die hierfuumlr kaum Mittel haben

Aufgrund ihrer hohen Treibhausgas-emissionen und des Vorhandenseins umfangreicher technischer und wirt-schaftlicher Ressourcen haben Deutsch-land und die EU die Pflicht bei der Senkung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Auszligerdem kommt ihnen die Aufgabe zu die Laumlnder des Globalen Suumldens durch die vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und die Bereitstellung von Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Bemuumlhun-gen zu unterstuumltzen Treibhausgasemis-sionen zu vermeiden und sich an die Folgen des Klimawandels anzupassen

Daruumlber hinaus muumlssen die konkre-ten Klimaschutzmaszlignahmen mit den Staatenpflichten zur Verwirklichung der Menschenrechte in Einklang stehen Entsprechend ihrer menschenrechtli-chen Respektierungs- und Schutzpflicht sind die Staaten verpflichtet darauf zu achten dass Maszlignahmen zur Senkung der Treibhausgasemissionen ndash wie die Errichtung neuer Stromkraftwerke oder die Nutzung von Waumlldern als Kohlen-stoffspeicher ndash die Wahrnehmung von Menschenrechten im In- und Ausland nicht beeintraumlchtigen oder gar verlet-zen Klimaschutzmaszlignahmen duumlrfen nicht dazu fuumlhren dass Menschen die Existenzgrundlage entzogen wird Sie muumlssen die Rechte indigener Voumllker und lokaler Gemeinschaften auf ihr ange-stammtes Land natuumlrliche Ressourcen sowie ihre traditionelle Landnutzung anerkennen und respektieren Betrof-fene indigene Voumllker und lokale Ge-meinschaften muumlssen in alle Stufen der Entscheidungsfindung umfassend und effektiv einbezogen werden Fuumlr den

Fall von Konflikten muumlssen Verfahren zur Beilegung eingerichtet werden

Bisher waren Menschenrechte allerdings noch eine Leerstelle in der internationalen Klimapolitik Erst im Pariser Klimaabkommen von 2015 wurde ein Bezug zwischen Klimaschutz und Menschenrechten hergestellt Zwischenstaatliche und internationale Finanzierungsverfahren fuumlr Klima-schutzmaszlignahmen beinhalten bisher oft keine menschenrechtlichen Schutz-regeln In der Praxis kommt es immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen zum Beispiel durch Vertreibungen

Die Praumlambel des Pariser Abkom-mens fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Dieser Anspruch muss nun in die Tat umgesetzt werden Deutsch land und die EU muumlssen erstens dafuumlr Sorge tragen dass ihre eigenen Klimaschutz-maszlignahmen menschenrechtskonform gestaltet werden Zweitens muumlssen sie auf internationaler Ebene alle Moumlglich-keiten ausschoumlpfen um darauf hinzu-wirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber internationale Einrichtungen und Programme umgesetzt werden men-schenrechtskonform sind

Uumlberschwemmung im Gebiet des Laxmanpur-Damms in Nepal

Zusammenfassung | FIAN 5

Einleitung

Der Klimawandel und die Politik zu seiner Bekaumlmpfung haben zahlreiche Auswirkungen auf die Verwirklichung der Menschenrechte Einerseits gefaumlhr-den zum Beispiel der Anstieg des Meeresspiegels das Schmelzen der Gletscher und die Zunahme von Stuumlr-men und Duumlrren die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser Andererseits erfordert die Bekaumlmpfung des Klimawandels massive Investitionen zum Beispiel in die Energieversorgung oder in den Verkehr Groszliginvestitionen wie Staudaumlmme fuumlhren oft zu Vertreibungen und ande-ren negativen Folgen fuumlr die oumlrtliche Bevoumllkerung Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen hat daher seit 2008 mehrere Beschluumlsse zu diesem Thema verabschiedet

Von KlimapolitikerInnen werden diese menschenrechtlichen Auswirkun-gen jedoch nur zoumlgernd zur Kenntnis genommen Erst 2010 20 Jahre nach dem Beginn internationaler Verhand-lungen zum Klimaschutz wurde der Begriff Menschenrechte zum ersten Mal in einem internationalen Be-schluss erwaumlhnt Nach langen weiteren Verhandlungen hielten die Staaten schlieszliglich 2015 in der Praumlambel des Klimaabkommens von Paris fest dass bdquodie Vertragsparteien beim Vorgehen gegen Klimaaumlnderungen ihre jeweiligen Verpfl ichtungen im Hinblick auf die

Menschenrechte das Recht auf Gesund-heit die Rechte von indigenen Voumllkern lokalen Gemeinschaften MigrantInnen Kindern Menschen mit Behinderungen und besonders schutzbeduumlrftigen Men-schen und das Recht auf Entwicklung so-wie die Gleichstellung der Geschlechter die Staumlrkung der Rolle der Frau und die Gerechtigkeit zwischen den Generationen achten foumlrdern und beruumlcksichtigenldquo sollen

Die vorliegende Broschuumlre bietet eine Einfuumlhrung in die Zusammenhaumlnge zwischen dem Klimawandel und der Verwirklichung der Menschenrechte insbesondere der Rechte auf Nahrung und Wasser Die Broschuumlre stellt zu-naumlchst die Ursachen des Klimawandels und dessen Auswirkungen auf die Menschenrechte auf angemessene Nahrung und Wasser dar und untersucht die unterschiedlichen Auswirkungen auf regionaler und individueller Ebene Im Anschluss erfolgt eine Gegenuumlber-stellung bestehender Staatenpfl ichten aus den internationalen Umwelt- und Menschenrechtsabkommen aus denen Kriterien zur Bestimmung der Staa-tenpfl ichten in der nationalen und internationalen Klimapolitik abgeleitet werden Abschlieszligend werden die men-schenrechtlichen Verpfl ichtungen der deutschen Regierung und der Europaumli-schen Union herausgearbeitet

6 FIAN | Einleitung

Einleitung

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher

-06

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02

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08

10

Jaumlhrlicher MittelwertMittelwert geglaumlttet uumlber 5 Jahre

Temperaturabweichung in degC relativ zu 1951ndash1980

20172000198019601940192019001880

Wichtig fuumlr das Verstaumlndnis des Klima-wandels ist die Begriffe Klima und Wetter voneinander abzugrenzen Der Begriff Wetter bezeichnet den kurzfris-tigen Zustand in Bezug auf Temperatur Niederschlag Luftdruck etc an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit Der Begriff Klima hingegen be-zeichnet vereinfacht gesagt den langjaumlhrigen Durchschnitt des Wetters uumlber Zeitraumlume von mindestens 30 Jah-ren Klimawandel bedeutet also eine Aumlnderung des langfristigen Durch-schnitts Seit Jahrzehnten steigt insbesondere der Durchschnitt der globalen Lufttemperatur trotz jaumlhrli-cher Schwankungen immer weiter an Aktuell liegt er rund 08 Grad Celsius uumlber dem Durchschnitt vor Beginn der Industrialisierung

Der Klimawandel kann also nicht durch ein besonders heiszliges oder kaltes Jahr bdquobewiesenldquo oder bdquowider-legtldquo werden Aussagekraumlftig ist nur der langfristige Trend Die Aumlnderung der globalen Durchschnittstemperatur sollte auch nicht an den Schwankungen der taumlglichen Temperatur gemessen werden Scheinbar geringe Aumlnde-rungen der Durchschnittstemperatur ziehen schnell betraumlchtliche Folgen mit sich Der Unterschied in der globalen Durchschnitts temperatur z wischen heute und den Eiszeiten in denen die Polargletscher bis Norddeutschland

reichten liegt nur bei 5 Grad Celsius Bereits die bisher eingetretene Erwaumlr-mung von weniger als 1 Grad Celsius hat deutliche Folgen fuumlr die Lebensmittel- und Wasserversorgung (siehe folgendes Kapitel)

Der Stand der Klimawissenschaft wird regelmaumlszligig vom so genannten Weltklimarat (Intergovernmental Panel on Climate Change IPCC) in dessen Sachstandsberichten zusammenge-stellt Die Aufgabe des Weltklimarats ist esbull die Risiken und Folgen des Klima-

wandels zu untersuchen

Globaler Temperaturindex Oberfl aumlchen-temperaturen Land und Ozean 1880-2017Datenquelle NASA Goddard Institute for Space Studies httpdatagissnasagovgistempgraphs

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher | FIAN 7

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher

bull Strategien und Maszlignahmen fuumlr die Vermeidung eines gefaumlhrlichen Kli-mawandels sowie fuumlr die Anpassung an den Klimawandel vorzuschlagen

Der Weltklimarat betreibt keine eigene Forschung sondern traumlgt die Ergebnis-se der wissenschaftlichen Forschung zusammen Sein neuester (fuumlnfter) Sachstandsbericht wurde 20132014 veroumlffentlicht

Zentral fuumlr den Klimawandel ist der so genannte Treibhauseffekt In einem Treibhaus passiert das Sonnenlicht die Glasdaumlcher und -waumlnde weitgehend un-gehindert und erwaumlrmt das Treibhaus Die Waumlrme kann durch die Daumlcher und Waumlnde nicht entweichen In der Atmo-sphaumlre ist ein aumlhnlicher Effekt aufgrund der so genannten Treibhausgase (THG) zu beobachten Von der Sonne faumlllt energiereiche kurzwellige Strahlung auf die Erde und dringt weitgehend ungehindert durch die Atmosphaumlre zur Erdoberflaumlche durch Die Erdoberflaumlche wiederum strahlt weniger energiereiche langwellige Strahlung ab Diese wird zu einem groszligen Teil durch die Treibhaus-gase in der Atmosphaumlre aufgenommen und dann wieder in alle Richtungen abgestrahlt Die Treibhausgase halten also einen Teil der Waumlrmeenergie auf der Erdoberflaumlche zuruumlck der sonst in den Weltraum abgestrahlt wuumlrde Das haumlufigste natuumlrlich vorkommende Treib-hausgas ist Wasserdampf (H2O g) Er

ist fuumlr rund zwei Drittel des natuumlrlichen Treibhauseffekts verantwortlich Andere Treibhausgase sind etwa Kohlendioxid (CO2) Methan (CH4) und Lachgas (N2O) Durch den natuumlrlichen Treibhauseffekt wurde das Leben auf der Erde in der heutigen Form uumlberhaupt erst moumlglich Er bewirkt eine Erwaumlrmung der Erdober-flaumlche um 33 Grad Celsius wodurch die durchschnittliche globale Temperatur auf 15 Grad Celsius angehoben wird Ohne den natuumlrlichen Treibhauseffekt laumlge sie bei minus 18 Grad Celsius

Auf diesen natuumlrlichen Effekt sattelt die Menschheit nun den menschenge-machten (anthropogenen) Treibhaus-effekt auf Durch verschiedene industri-elle und landwirtschaftliche Aktivitaumlten steigert der Mensch die Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphaumlre CO2 hat mit rund 60 Prozent den Haupt-anteil am anthropogenen Treibhaus-effekt Es wird durch die Verbrennung der fossilen Brennstoffe minus Braun- und Steinkohle Erdoumll und Erdgas minus so-wie die fortschreitende Rodung der Waumllder freigesetzt Seit Beginn der Industrialisierung hat der Mensch die atmosphaumlrische CO2-Konzentration von 280 ppm (parts per million dh Teile Kohlendioxid pro eine Million Atmo-sphaumlrenteile) auf uumlber 400 ppm erhoumlht Dieser Wert uumlbertrifft bei weitem die natuumlrliche Bandbreite der atmosphauml-rischen CO2-Konzentration der letzten 800000 Jahre die anhand von Eisboh-rungen ermittelt werden konnte

Wie oben erwaumlhnt wurde durch den Anstieg der Treibhausgas-Konzentra-tion in der Atmosphaumlre bereits eine Erwaumlrmung der mittleren globalen Luft-temperatur von fast 1 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter ausgeloumlst Bis zum Ende des 21 Jahr-hundert wird eine Erwaumlrmung von bis zu 4 Grad Celsius erwartet Solch eine Erwaumlrmung entspraumlche in der Groumlszligen-ordnung dem Temperaturunterschied zwischen dem Tiefpunkt der letzten Eiszeit und der derzeitigen Warmzeit Die Erhoumlhung der Temperatur seit der letzten Eiszeit dauerte 8000 Jahre ndash die Menschheit ist dabei einen ebenso

Atmosphaumlre

Treibhausgase

SonnenlichtWaumlrme von der Erde

Der natuumlrliche Treibhauseffekt(Grafik nach Lars EbbersmeyerWikimedia)

8 FIAN | Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher

groszligen Temperaturanstieg innerhalb von 200 Jahren hervorzurufen

Die Loumlsung des Klimaproblems ist unter anderem deswegen so schwierig weil bei nahezu allen wirtschaftlichen Aktivitaumlten Treibhausgase ausgestoszligen werden Mit einem Viertel der Emis-sionen hat die Erzeugung von Strom und Waumlrme den groumlszligten Anteil Nur knapp dahinter liegen mit 24 Prozent Land- und Forstwirtschaft Dies liegt vor allem an der Rodung der Waumllder in Laumlndern des Globalen Suumldens sowie an hohen Emissionen aus Viehwirtschaft und Reisanbau Weitere hohe Ausstoumlszlige kommen aus der Industrie mit 21 Pro-zent und dem Verkehr mit 14 Prozent

Aktuell verursacht China den groumlszlig-ten Ausstoszlig von Treibhausgasen gefolgt von den USA der EU und Indi-en Betrachtet man jedoch alle Emissi-onen seit dem Beginn systematischer Aufzeichnungen im Jahr 1850 so sind die Industrielaumlnder fuumlr rund drei Vier-tel davon verantwortlich Ein anderes Bild entsteht auch wenn man die Emissionen pro Kopf betrachtet Waumlh-rend in Deutschland im Durchschnitt 10 Tonnen CO2 pro Kopf ausgestoszligen

werden und in den USA sogar 18 Ton-nen sind es in China 8 Tonnen und in Indien nur rund 23 Tonnen Zudem ist es innerhalb dieser Laumlnder oft nur eine wohlhabende Minderheit die durch ihren energieintensiven Lebensstil am meisten zu den Emissionen beitraumlgt waumlhrend der arme Groszligteil der Bevoumll-kerung weiterhin nur einen geringen Anteil daran hat

25

21

14

16

Sonstige

Industrie

Verkehr

Strom- und Waumlrme-erzeugung

Land- und Forst-wirtschaft

24

Die Verbrennung fossiler Energietraumlger ist eine der wesentlichen Ursachen des menschengemachten Treibhauseffekts

Anteil verschiedener Wirtschaftssektoren an den TreibhausgasemissionenDatenquelle Weltklimarat

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher | FIAN 9

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Basierend auf den Analysen des Welt-klimarats (2007 und 2014) und dem Grundlagendokument der Ernaumlhrungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Food and Agricul-tural Organization FAO) zum Thema

Klimawandel und Ernaumlhrungssicherheit (2008) lassen sich im Wesentlichen fuumlnf Faktoren festmachen die die Wahrneh-mung des Rechts auf Nahrung vieler Menschen bedrohen

Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur

Die Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur hat regional stark unterschiedliche Auswirkungen In den mittleren und houmlheren Breitengraden Nordamerikas Europas Asiens und

Suumldamerikas verlaumlngert ein gemaumlszligigter Anstieg der mittleren globalen Lufttem-peratur zwischen 1 Grad Celsius und 2 Grad Celsius die landwirtschaftlichen Anbauphasen und koumlnnte zu houmlheren

Die Karte zeigt wie sich der Klimawandel bis 2100 voraussichtlich auf die Eignung fuumlr landwirtschaftliche Nutzung auswirken wird

Grafi k Dr Florian Zabel Ludwig-Maximilians-Universitaumlt Muumlnchen (LMU)

schlechter besser

Auswirkungen des Klimawandels auf die

Verwirklichung des Menschenrechts auf

Nahrung

10 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Ertraumlgen fuumlhren Demgegenuumlber fuumlhrt in den saisonal trockenen Laumlndern niedriger Breitengrade in denen sich die meisten Laumlnder des Globalen Suuml-dens befinden bereits eine Erwaumlrmung zwischen 1 Grad Celsius und 2 Grad Celsius zu erheblichen Ernteverlusten Dies ist vor allem auf eine staumlrkere Verdunstung in Verbindung mit der weit verbreiteten regenbewaumlsserten Land-wirtschaft in diesen Laumlndern zuruumlckzu-fuumlhren Die Ertraumlge werden auch beein-

traumlchtigt wenn die Tagestemperaturen gewisse Schwellenwerte uumlberschreiten die je Pflanzenart unterschiedlich sind Der Klimawandel hat zur Folge dass diese Werte haumlufiger uumlberschritten werden

Bei einem Temperaturanstieg von uumlber 2 Grad Celsius erwartet die Klima-wissenschaft in allen Klimazonen minus also auch in den houmlheren Breitengraden minus negative Auswirkungen auf die land-wirtschaftliche Produktion

Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge

Im Zuge des Klimawandels werden sich die Niederschlagsmuster sowohl jahres-zeitlich als auch raumlumlich veraumlndern Generell sagt die Klimaforschung voraus dass feuchte Regionen zukuumlnf-tig noch feuchter und trockene Regio-nen noch trockener werden Gleichzei-tig prognostiziert die Klimaforschung

dass die Niederschlaumlge staumlrker sowie die zeitlichen Abstaumlnde zwischen Regenfaumll-len insgesamt groumlszliger werden Dies wird mit groszliger Wahrscheinlichkeit eine Zunahme von Duumlrren und Uumlberschwem-mungen zur Folge haben die groszlige Verluste in der Land- und Viehwirtschaft hervorrufen werden

Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen

Die Klimaforschung sagt voraus dass die Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen wie starken Stuumlrmen und lang anhaltenden Regen-schauern auf allen Kontinenten zuneh-men wird In tropischen Regionen wird aufgrund der erhoumlhten Temperaturen und des ansteigenden Meeresspiegels eine Zunahme von Zyklonen prognosti-ziert die zu Ernteausfaumlllen auf dem Land sowie zur Zerstoumlrung der fuumlr die

Fischerei wichtigen Korallen beitragen werden Diese extremen Wetterereig-nisse beschaumldigen nicht nur die ange-bauten Feldfruumlchte und treiben die Erosion des Bodens voran sondern fuumlhren auch zu enormen Schaumlden an der Infrastruktur in den betroffenen Regionen Dies kann nicht nur den Zugang zu Maumlrkten verschlechtern sondern auch eine Notversorgung mit Lebensmitteln behindern

Anstieg des Meeresspiegels

Die Erhoumlhung der globalen Temperatu-ren fuumlhrt zur Ausdehnung der Wasser-massen der Ozeane (durch die Erwaumlr-mung einer Substanz erhoumlht sich ihr Volumen) sowie zum Abschmelzen des Polareises und der Gletscher Der dadurch ansteigende Meeresspiegel bedroht den Lebensraum der Bewohne-rInnen kleiner Inseln des pazifischen und indischen Ozeans sowie der Kuumlsten-bewohnerInnen Fruchtbares Tiefland wird uumlberschwemmt Ackerboumlden

versalzen Daruumlber hinaus wird voraus-gesagt dass die Fischereiwirtschaft zunehmend in Konkurrenz zum ver-staumlrkten Kuumlstenschutz stehen wird der durch den Klimawandel erforderlich wird Der Bau von Daumlmmen fuumlhrt zu Veraumlnderungen in den Ablagerungs-schichten des Meeresbodens sowie in der Versorgung kuumlstennaher Oumlkosyste-me mit Frischwasser und Naumlhrstoffen mit nachteiligen Folgen fuumlr die lokale Fischerei

Bereits jetzt hat der Klimawandel in einigen Regionen der Welt geringere Maisernten zur Folge

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 11

Groumlszligere Wetterschwankungen

Insgesamt bringen die klimatischen Veraumlnderungen instabilere Wetterver-haumlltnisse mit sich die die Wasserversor-gung sowie die Land- und Viehwirt-schaft in vielen Regionen erschweren

und Ernteertraumlge schwanken lassen Dies stellt ein Risiko fuumlr die Einkom-mensgrundlage der BaumluerInnen sowie fuumlr die Versorgung lokaler und regiona-ler Maumlrkte mit Nahrungsmitteln dar

Der Klimawandel hat einen enormen Einfluss auf den Zugang zu ausreichen-dem und sauberem Wasser Mit jedem Grad globaler Erwaumlrmung werden sich die erneuerbaren Trinkwasserressour-cen voraussichtlich fuumlr 7 Prozent der Weltbevoumllkerung um 20 Prozent verrin-gern Der Klimawandel verstaumlrkt die

bereits bestehenden Wasserprobleme in vielen Erdregionen die durch das hohe Bevoumllkerungswachstum das Anwachsen der Megastaumldte die Ausbreitung eines ressourcenintensiven Lebensstils und die Uumlbernutzung von Frischwasser durch die industrielle Landwirtschaft hervorgerufen werden

Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels

Neben der Uumlberschwemmung von Kuumlstengebieten sowie vieler kleiner Inseln des indischen und pazifischen Ozeans fuumlhrt der Anstieg des Meeres-spiegels in kuumlstennahen Gebieten auch

zur Versalzung des Grundwassers Frischwasser wird dadurch immer knapper und die Zahl der Menschen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser wird schnell steigen

Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur

Mehr als ein Sechstel der Weltbevoumllke-rung lebt in Flussgebieten die haupt-saumlchlich durch saisonale Abschmelzun-gen von Schnee und Gletschereis mit Suumlszligwasser versorgt werden Durch die ansteigende Lufttemperatur wird die Schneefallmenge in den Wintermonaten abnehmen Zudem wird sich der Abfluss des Schmelzwassers von den Bergen zunehmend von den Sommermonaten ndash in denen der Bedarf am groumlszligten ist ndash in den Fruumlhling verschieben Gleichzeitig wird der Temperaturanstieg zu einem weiteren Ruumlckgang der Gletscher fuumlhren die aufgrund ihrer Kapazitaumlt zur Speicherung von Suumlszligwasser eine zentrale Rolle bei der Trinkwasserver-

sorgung in den Flussgebieten spielen Bei einem Temperaturanstieg von 4 Grad Celsius koumlnnte der Umfang der Gletscher bis zum Ende des Jahrhun-derts weltweit um bis zu vier Fuumlnftel abnehmen Dies wird ein kurzfristiges Ansteigen der Flusslaumlufe zur Folge haben Langfristig wird sich die Wasser-menge der Fluumlsse jedoch verringern Schlieszliglich wird vorhergesagt dass das Ansteigen der Lufttemperatur und die abnehmende Wassermenge in den Suumlszliggewaumlssern zu starkem Algen- und Bakterienwachstum fuumlhren Dadurch wird sich die Wasserqualitaumlt in den betroffenen Regionen verschlechtern

Auswirkungen des Klimawandels auf die

Verwirklichung des Menschenrechts auf

Wasser

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta muss aufgrund des Klimawandels immer tiefer nach Trinkwasser graben

12 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge

Trockene Gebiete sowie Regionen mit geringen Suumlszligwasserspeichern in denen die Gewinnung von Trinkwasser unmit-telbar aus dem Regenwasser erfolgt werden mit groszliger Wahrscheinlichkeit besonders heftig von den abnehmen-den Niederschlaumlgen betroffen werden In tropischen Gebieten wiederum kann

die vorhergesagte Erhoumlhung der jahres-zeitlichen Niederschlagsmenge zu Uumlberschwemmungen fuumlhren Durch das Ausspuumllen der Boumlden der uumlberfluteten Landflaumlchen koumlnnen Schadstoffe in das Wasser gelangen die die Suumlwasserres-sourcen verschmutzen

Die Klimaaumlnderungen werden in der tropischen und subtropischen Klimazo-ne ndash in der sich die Mehrzahl der Laumlnder des Globalen Suumldens befindet ndash weit negativer ausfallen als in der gemaumlszligig-ten Klimazone in der uumlberwiegend Industriestaaten beheimatet sind Daruumlber hinaus verfuumlgen die Menschen in den Laumlndern des Globalen Suumldens aufgrund mangelnder finanzieller und technologischer Mittel uumlber eine nur geringe Anpassungsfaumlhigkeit an die

bevorstehenden Klimaaumlnderungen Es werden also gerade die Menschen am staumlrksten unter den Auswirkungen der Erderwaumlrmung leiden die am allerwe-nigsten zu deren Verursachung beige-tragen haben

Dem Weltklimarat zufolge sind die Arktis Afrika kleine Inseln sowie die groszligen asiatischen Flussdeltas die am staumlrksten vom Klimawandel betroffenen Regionen

Kleine Inselstaaten

Kleine Inselstaaten wie beispielsweise Vanuatu und Tuvalu sind bereits heute schon stark von den klimatischen Veraumlnderungen betroffen Der anstei-gende Meeresspiegel erhoumlht die Gefahr von Uumlberschwemmungen und Sturmflu-ten und stellt eine Bedrohung fuumlr die Wasserversorgung die Landwirtschaft und die gesamte Infrastruktur dar Die Wasserversorgung der Inseln wird zusaumltzlich dadurch erschwert dass durch die Klimaaumlnderungen Meereswas-ser in das Grundwasser dringt Denn gerade auf den kleinen Inseln und Atollen liegt der Grundwasserspiegel haumlufig nur etwa ein bis zwei Meter unter der Erdoberflaumlche

Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels

Die kleinen Inselstaaten sind aufgrund des Klimawandels vom Untergang bedroht

Die Regenfaumllle in Haiti werden heftiger undfuumlhren haumlufiger zu Uumlberschwemmungen

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 13

Daruumlber hinaus gefaumlhrden die vor-ausgesagten Veraumlnderungen der Nie-derschlagsmenge die Wasserversorgung der Inseln Denn auf den meisten Atol-len erfolgt die Trinkwassergewinnung durch das Auffangen von Regenwasser Des Weiteren beeintraumlchtigen die mit dem Meeresspiegelanstieg einherge-hende Versalzung der Boumlden und die

Unregelmaumlszligigkeiten der Niederschlaumlge die landwirtschaftliche Selbstversor-gung vieler Inseln Nicht nur die Ertraumlge der Agrarwirtschaft sondern auch die der Fischwirtschaft drohen aufgrund des temperaturbedingten Absterbens der Korallenriffe drastisch zuruumlckzuge-hen die vielen Fischen als Nahrungsre-servoir dienen

Afrika

Fuumlr das suumldliche Afrika wird vorherge-sagt dass der jaumlhrliche Niederschlag bei einer globalen Erwaumlrmung von 4 Grad Celsius um bis zu 30 Prozent abnehmen koumlnnte In Teilen des suumldli-chen und westlichen Afrikas koumlnnte sich die jaumlhrliche Wiederauffuumlllung des Grundwassers um 50 bis 70 Prozent vermindern Entsprechend erhoumlht sich das Risiko von Duumlrren Fuumlr das Horn von Afrika und das noumlrdliche Ostafrika sagen verschiedene Klimamodelle sehr unterschiedliche Folgen voraus Einige Modelle prognostizieren eine Verringe-rung der Niederschlaumlge andere eine Erhoumlhung Allerdings waumlre diese Erhouml-hung vermutlich nicht gleichmaumlszligig

uumlber das Jahr verteilt sondern wuumlrde sich in intensiven Regenperioden niederschlagen wodurch das Risiko von Uumlberflutungen steigen wuumlrde

Deutliche Auswirkungen auf die Landwirtschaft sind selbst bei niedri-gem Temperaturanstieg zu erwarten Bereits eine Erwaumlrmung von 15 Grad Celsius bis zum Jahr 2030 koumlnnte dazu fuumlhren dass 40 Prozent der Maisan-baugebiete nicht mehr fuumlr die derzeit angebauten Sorten geeignet waumlren Bei einer Erwaumlrmung von bis zu 2 Grad Celsius bis 2050 koumlnnten die Ertraumlge der gesamten Landwirtschaft um 10 Prozent abnehmen bei einer houmlheren Erwaumlr-mung um 15 bis 20 Prozent

Suumldostasien

Die dicht besiedelten Flussdeltas Suumldostasiens sind durch den ansteigen-den Meeresspiegel besonders gefaumlhr-det Denn dieser fuumlhrt zum Eindringen von Salzwasser und verstaumlrkt die Inten-sitaumlt von Wirbelstuumlrmen Zudem wird ein starker Anstieg von Hitzeextremen vorhergesagt Bereits bei einer globa-len Erwaumlrmung von 2 Grad Celsius werden 60 bis 70 Prozent der Region von Hitzeextremen und 30 bis 40 Pro-zent der Region von neuen Hitzerekor-den betroffen sein

Die Landwirtschaft wird durch diese Veraumlnderungen schwer getroffen werden So koumlnnte der Reisanbau im Mekongdelta der die Haumllfte des vietna-mesischen Reisertrags liefert bereits bis 2040 um rund 12 Prozent zuruumlck-gehen Auch die Fischwirtschaft wuumlrde durch die Erwaumlrmung und Versauerung des Wassers sowie das Absterben der Korallenriffe stark geschaumldigt Dadurch koumlnnte sich beispielsweise das Fangpo-tential in den suumldlichen Philippinen bis zum Jahr 2050 halbieren

Suumldasien

Auch in Suumldasien werden ungewoumlhnlich heiszlige Sommermonate in den naumlchsten Jahrzehnten vielfach haumlufiger auftre-ten Die regionalen und jahreszeitli-chen Schwankungen der Niederschlaumlge werden sich voraussichtlich deutlich

verstaumlrken Es wird erwartet dass bei einer globalen Erwaumlrmung von 4 Grad Celsius die Regenmengen in der trocke-nen Jahreszeit um 30 Prozent abneh-men und in der feuchten Jahreszeit um 30 Prozent zunehmen Diese Verschie-

Bewaumlsserungsmethoden der industriellen Landwirtschaft Afrikas verstaumlrken den Verlust des Zugangs zu Wasser der oumlrtlichen Bevoumllkerung

14 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

bung wird das Risiko von Duumlrren deut-lich erhoumlhen insbesondere fuumlr das nordwestliche Indien Pakistan und Afghanistan Fuumlr das suumldliche Indien wird eine houmlhere Feuchtigkeit vorhergesagt

Groszlige Fluumlsse wie der Ganges Indus und Brahmaputra haumlngen wesentlich von der sommerlichen Schnee- und Gletscherschmelze ab Bereits un-terhalb einer Erwaumlrmung von 2 Grad Celsius wird eine deutliche Erhoumlhung der Anzahl schneearmer Winter erwar-tet Dies wird zu deutlich niedrigeren Wasserstaumlnden in der trockenen Jahres-

zeit fuumlhren Wesentlich fuumlr die Land-wirtschaft sind auch das zeitige und regelmaumlszligige Eintreffen des Monsuns Dessen jaumlhrliche Schwankungen werden sich durch den Klimawandel deutlich verstaumlrken

Es wird erwartet dass die landwirt-schaftliche Produktion ohne den Klima-wandel bis zum Jahr 2050 um 60 Pro-zent steigen wuumlrde mit Klimawandel nur um 12 Prozent Durch den gleich-zeitigen Anstieg der Bevoumllkerung wird in der Folge die Produktion pro Kopf der Bevoumllkerung um ein Drittel abnehmen

Auswirkungen des Klimawandels auf Bangladesch

Bangladesch ist eines der Laumlnder die weltweit am staumlrksten durch den Klimawandel gefaumlhrdet sind Auf einer Flaumlche die etwa 40 Prozent der Groumlszlige Deutschlands entspricht leben 150 Millionen Menschen Das Land hat eine lange Kuumlste und die groszligen Fluumlsse Ganges Brahmaputra und Meghna muumlnden dort ins Meer und treten regelmaumlszligig uumlber die Ufer Schon ohne Klimawandel wird Bangla-desch immer wieder von Uumlberschwem-mungen Duumlrren und Wirbelstuumlrmen getroffen Im Durchschnitt werden jedes Jahr 20 bis 25 Prozent des Landes uumlberflutet Der Klimawandel fuumlhrt zu einem Anstieg des Meeres-spiegels und zur Zunahme von Mon-sunregen und Wirbelstuumlrmen Durch diese Faktoren koumlnnten in der Mitte des Jahrhunderts bei starken Fluten bis zu 80 Prozent des Landes uumlber-schwemmt werden Die Anzahl der Menschen die in Gegenden mit hohem Wirbelsturmrisiko leben koumlnnte von derzeit 87 Millionen auf uumlber 38 Milli-onen steigen

Daruumlber hinaus druumlckt der steigen-de Meeresspiegel vermehrt salziges Meerwasser in Bangladeschs Flussdel-tas Wo das Meerwasser nicht abflieszligt versalzen Boumlden und Suumlszligwasserquel-len Der Meeresspiegel koumlnnte bis 2050 um bis zu einem halben Meter

steigen Dadurch wuumlrde das Land 10 Prozent seiner Flaumlche verlieren was etwa der Groumlszlige Schleswig-Holsteins entspricht Davon waumlren 55 Millionen Menschen direkt betroffen und muumlss-ten umsiedeln

Die Kosten fuumlr die entstehenden Schaumlden und fuumlr die notwendigen Maszlignahmen zur Anpassung an den Klimawandel stellen Bangladesch vor eine enorme Herausforderung Als eines der aumlrmsten Laumlnder der Welt ist es bei der Bewaumlltigung dieser Aufgaben auf internationale finan-zielle und technische Unterstuumltzung angewiesen

Bangladeschs Fluumlsse drohen zu versalzen

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 15

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Die ersten Erkenntnisse zu den negati-ven Folgen des Klimawandels ruumlckten im Laufe der 1980er Jahre zunehmend ins Bewusstsein der Oumlffentlichkeit 1990 reagierte die Generalversammlung der Vereinten Nationen (United Na-tions UN) und beschloss ein interna-tionales Klimaschutzabkommen auszu-handeln Als Ergebnis wurde 1992 die Klimarahmenkonvention auf der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro (im Folgenden kurz Rio-Konferenz) verabschiedet

Die Klimarahmenkonvention ist gleichsam das Grundgesetz der inter-nationalen Klimapolitik Sie legt deren grundsaumltzliche Prinzipien fest (siehe folgendes Kapitel) und verpfl ichtet alle Staaten das Klima zu schuumltzen Daruuml-ber hinaus verpfl ichtet sie die traditio-nellen Industrielaumlnder dazu die Laumlnder des Globalen Suumldens fi nanziell tech-nologisch und durch Organisationsent-wicklung und Ausbildung zu unterstuumlt-zen Allerdings enthaumllt die Konvention keine konkreten Verpfl ichtungen fuumlr einzelne Staaten Solche Verpfl ichtun-gen sollten im Rahmen eines Zusatzpro-tokolls geregelt werden

Die Verhandlungen zu solch einem Protokoll wurden 1995 begonnen und 1997 im japanischen Kyoto abgeschlos-sen Das Kyoto-Protokoll verpfl ichtet die traditionellen Industrielaumlnder ihre Treibhausgasemissionen von 2008

bis 2012 um jeweils laumlnderspezifi sch defi nierte Werte zu senken Die Laumlnder koumlnnen diese Emissionsziele entweder auf ihrem eigenen Staatsgebiet erbrin-gen oder aber uumlber den so genannten Emissionshandel Emissionsminderun-gen aus anderen Laumlndern ankaufen Dazu wurden verschiedene Verfahren entwickelt (siehe Kapitel bdquoInternatio-nale Klimafi nanzierungldquo) Der damals groumlszligte Emittent die USA traten dem Abkommen jedoch nicht bei Zudem enthaumllt das Abkommen keine Verpfl ich-tungen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens

2007 wurden daher neue Verhand-lungen begonnen um ein global um-fassendes Klimaabkommen zu schaffen Das Abkommen sollte 2009 auf der Klimakonferenz in Kopenhagen ver-abschiedet werden dieses Vorhaben scheiterte jedoch Die Staaten konnten sich lediglich auf unverbindliche Zusa-gen einigen Allerdings legten erstmals auch viele Laumlnder des Globalen Suumldens Klimaschutzzusagen vor 2011 wurde ein neuer Anlauf gestartet ein um-fassendes Abkommen zu vereinbaren Gleichzeitig stimmten die EU und einige andere Industrielaumlnder zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020 neue ver-bindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

2015 einigten sich schlieszliglich alle Staaten auf das Pariser Klimaschutz-

16 FIAN | Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

3-SPALTIG1845mm times 90mm

Vereinte Nationen setzen Weltklimarat ein

unterzeichnet durch alle Staaten der Welt greift ab 2020

Pariser Klimaschutz-abkommen

Industrielaumlnder verpfl ichten sich ihre Treibhaus-gasemissionen von 2008 bis 2012 zu senken

Maumlngel Die USA haben nicht unterzeichnet und keine Verpfl ichtungen fuumlr den Globalen Suumlden

Verabschiedung

des

Kyoto Protokolls

1988

1992

1997

2011

2015

2016Beschluss der

Klimarahmenkonvention bei der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung (Rio-Konferenz)

Die EU und einige andere Industrielaumlnder stimmen zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020

neue verbindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

US-Praumlsident Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckzuziehen

abkommen Das Abkommen greift ab 2020 und verpflichtet alle Mitglieder Klimaschutzbeitraumlge vorzulegen Diese Beitraumlge sind allerdings rechtlich nicht verbindlich Stattdessen setzt das Abkommen auf transparente Berichter-stattung und oumlffentliches Anprangern um die Staaten anzuhalten ihre Vor-

haben auch tatsaumlchlich umzusetzen Inzwischen sind alle Staaten der Welt dem Pariser Abkommen beigetreten Allerdings hat der 2016 neugewaumlhlte US-Praumlsident Donald Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckziehen zu wollen

Die RegierungsvertreterInnen freuen sichuumlber die Verabschiedung des Klimaschutzabkommens von Paris Foto (ebenso S 16) IISDKiara Worth(enbiisdorgclimatecop21enb2dechtml)

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik | FIAN 17

Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Es ist deutlich geworden dass diejeni-gen Laumlnder die am wenigsten zum Klimawandel beitragen oft am staumlrks-ten von ihm betroffen sind Dieses Kapitel befasst sich daher mit den voumllkerrechtlichen Verpfl ichtungen der Staaten auf menschenrechtskonforme Weise den Klimawandel aufzuhalten und Anpassungsmaszlignahmen zu unterstuumltzen

Internationale Menschenrechte und Umweltvoumllkerrecht wirken inhaltlich ineinander Die Verwirklichung vieler Menschenrechte insbesondere auch des Rechts auf Nahrung haumlngt naumlmlich unmittelbar vom Zustand der natuumlrli-chen Umwelt ab Dem wurde bereits in der Stockholmer Erklaumlrung zur menschli-chen Umwelt von 1972 Rechnung getra-gen Sie formulierte als erste das Recht auf eine gesunde Umwelt und enthielt bereits damals die drei Prinzipien des Umweltrechts wie sie sich 1992 in der Erklaumlrung von Rio uumlber Umwelt und Entwicklung (im Folgenden kurz Erklauml-

rung von Rio) wiederfi nden das Vorsor-geprinzip das Verursacherprinzip und die gemeinsame aber unterschiedliche Verantwortung

Zugleich handelt es sich bei Men-schenrechten und Umweltrecht aber um unterschiedliche Bereiche des Voumllker-rechts Eine durchgaumlngige Beruumlcksichti-gung von Menschenrechten im globalen Umwelt- oder Klimarecht ist daher nicht selbstredend Im Folgenden werden die Gemeinsamkeiten und Unterschie-de der Rechtssysteme dargestellt und verdeutlicht welche Prinzipien und Verpfl ichtungen sich jeweils verstaumlrken und wo es Nachbesserungsbedarf gibt Anschlieszligend werden die staatlichen Verpfl ichtungen die sich aus men-schenrechtlicher Sicht fuumlr die Klima-politik ergeben gepruumlft Pfl ichten zur Emissionsminderung zur Unterstuumlt-zung von Anpassungsmaszlignahmen und zur Beachtung von Menschenrechten bei der Durchfuumlhrung von Maszlignahmen

Ganz allgemein handelt es sich beim Voumllkerrecht um Vertraumlge zwischen Staaten in welchen sie wechselseitige Pfl ichten und Rechte festhalten Die Menschenrechte bilden jedoch eine Ausnahme Sie sind Rechte von Einzel-personen und Gruppen gegenuumlber dem

Staat Diesen Rechten stehen staatliche Verpfl ichtungen gegenuumlber Fuumlr beide Bereiche gilt gleichermaszligen dass man zwischen materiellen Rechten und Verfahrensrechten unterscheidet ndash also zwischen konkreten Inhalten von Rechten einerseits (zum Beispiel das

Prinzipien des interna-tionalen Umweltrechts

und der Menschenrechte

Foto Werner Rudhart

18 FIAN | Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Recht auf sauberes Trinkwasser) und Regeln zu Vorgehensweisen anderer-seits (zum Beispiel die Pflicht zu Kon-

sultationen vor Eingriffen in Trinkwas-serreservoire oder die Festlegung von Rechtsmitteln bei Konflikten)

Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts

Die internationale Klimarahmenkon-vention ist Teil des internationalen Umweltrechts zu dem noch viele weitere Vertraumlge wie zum Beispiel das Washingtoner Artenschutzabkommen (1973) oder das Uumlbereinkommen zum Schutze der Ozonschicht (1985) gehouml-ren Vertragsuumlbergreifend sind im internationalen Umweltrecht die drei oben genannten Prinzipien anerkannt Sie gelten als Voumllkergewohnheitsrecht oder sind auf dem besten Wege dorthin Zu diesem Status hat wesentlich die Erklaumlrung von Rio beigetragen zu deren Grundpfeilern sie gehoumlren

Das Vorsorgeprinzip soll verhin-dern dass Schaumlden fuumlr die Umwelt ent-stehen International verankert ist vor allem der Grundsatz der Schadensver-meidung Er besagt dass auch bei un-vollstaumlndigem oder unsicherem Wissen uumlber Art Ausmaszlig Wahrscheinlichkeit und Ursachen von Umweltschaumlden und -gefahren vorbeugend gehandelt wer-den muss um Risiken zu minimieren Es gilt im internationalen Recht insbeson-dere fuumlr Auswirkungen von Maszlignahmen jenseits des eigenen Staatsgebiets wie zum Beispiel die Verschmutzung grenz-uumlberschreitender Gewaumlsser

Das Verursacherprinzip besagt dass fuumlr die Linderung und Beseitigung eingetretener Schaumlden der Verursacher verantwortlich ist und er folglich auch die Kosten tragen muss

Das Prinzip gemeinsamer aber unterschiedlicher Verantwortung entspricht einer Verallgemeinerung des Verursacherprinzips in Bezug auf Veraumlnderungen in der Umwelt fuumlr die kein einzelner Verursacher identifiziert werden kann Ein Beispiel hierfuumlr ist der Klimawandel Die gesamte Staaten-gemeinschaft traumlgt eine gemeinsame Verantwortung zu handeln Dabei wird jenen Staaten eine groumlszligere Verantwor-tung zugeschrieben die wirtschaftlich

leistungsfaumlhiger sind und staumlrker an der globalen Ressourcenausbeute beteiligt sind

Umweltrecht beinhaltet haumlufig auch eine Reihe von Verfahrensrechten In den meisten Staaten muumlssen im Vor-feld von Groszligprojekten beispielsweise deren Umweltvertraumlglichkeit analysiert (Ausdruck des Vorsorgeprinzips) und die betroffene Bevoumllkerung dabei ein-gebunden werden Vorbildlich ist hier das Uumlbereinkommen uumlber den Zugang zu Informationen die Oumlffentlichkeits-beteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten der UN Wirtschaftskommission fuumlr Europa (2001) kurz die Aarhus-Konvention Sie gewaumlhrt ausdruumlcklich die Rechte aller Betroffenenbull uumlber Umweltauswirkungen von Pro-

jekten informiert zu werdenbull an Entscheidungs- und Planungs-

prozessen beteiligt zu werden sowiebull Schadensersatzanspruumlche geltend

zu machenDie Aarhus-Konvention wurde von fast 50 Staaten Europas und Zentralasiens (mit Ausnahme Russlands) sowie von der EU ratifiziert

Frauen im kenianischen Tana-Delta sind besonders stark mit den Folgen der zuneh-menden Waserknappheit konfrontiert Foto Anton Pieper

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 19

Respekt

vor Zugang zu angemessener

Nahrung

Schutz

vor Uumlbergriffen Dritter

Gewaumlhrleistung

der Verfuumlgbarkeit und des Zugangs

zu Nahrung

Staatenpflichten

Auch die Rio-Konferenz und ihre Folgeprozesse bauen auf die Beteili-gung der Zivilgesellschaft Uumlber diesen Weg hielten nach und nach auch soziale Menschenrechte ausdruumlcklich Einzug in die Abschlusserklaumlrungen der alle

fuumlnf Jahre stattfindenden UN-Gipfel zu Umwelt und Entwicklung

Die Erklaumlrung von Rio mit ihrem Konzept der Nachhaltigkeit und den drei genannten Prinzipien liefer-te auszligerdem die Grundlage fuumlr die Klimarahmenkonvention

Prinzipien der internationalen Menschenrechte

Allgemeine Prinzipien

Die zentrale Saumlule des internationalen Menschenrechtssystems ist die Men-schenrechtscharta der Vereinten Natio-nen Sie umfasst die Allgemeine Erklauml-rung der Menschenrechte (1948) den Internationale Pakt uumlber Buumlrgerliche und Politische Rechte (UN-Zivilpakt) sowie den Internationalen Pakt uumlber Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) (beide 1966) Neben dem Zivilpakt und dem Sozial-pakt gibt es auszligerdem acht weitere Menschenrechtsvertraumlge die sich auf den Schutz besonders benachteiligter Gruppen sowie auf das Verbot von Folter und unmenschlicher Behandlung beziehen Alle Abkommen sind durch die immer gleichen Querschnittsprinzi-pien gepraumlgt naumlmlich das Gebot der Nichtdiskriminierung die Gleichheit aller die gesellschaftliche Beteiligung

den Zugang zu effektiven Rechtsmitteln bei Rechtsverletzungen die Rechen-schaftspflicht der Staaten sowie das Verbot des Ruumlckschritts Bei diesen Prinzipien handelt es sich durchweg um Verfahrensrechte die allen materiellen Rechten wie dem Recht auf Nahrung Wasser Wohnen etc zur Seite gestellt sind Denn sehr haumlufig liegt der Verlet-zung materieller Rechte die Verletzung von Verfahrensrechten zugrunde

Alle Menschenrechtsvertraumlge un-terscheiden fuumlr ihre gewaumlhrten Rechte je drei Arten staatlicher Verpflichtung gegenuumlber Einzelpersonen und Grup-pen Im UN-Sozialpakt sind dies res-pektieren schuumltzen gewaumlhrleisten Die Respektierungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten die Wahrnehmung eines Rechts nicht behindern duumlrfen Die Schutzpflicht besagt dass die Vertragsstaaten Dritte davon abhalten muumlssen die Ausuumlbung dieses Rechts zu beintraumlchtigen oder zu verhindern Die Gewaumlhrleistungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten Maszlignahmen er-greifen muumlssen um die Verwirklichung eines Rechts voranzubringen

Bezogen auf das Recht auf Nah-rung heiszligt das zum Beispiel dass der Staat BaumluerInnen nicht von ihrem angestammten Land umsiedeln darf um Infrastrukturprojekte umzusetzen wenn dadurch ihr Zugang zu angemes-sener Nahrung verloren geht Er muss ferner Dritte ndash zum Beispiel Groszliggrund-besitzerInnen oder Unternehmen ndash daran hindern dies zu tun wenn sie Land fuumlr Investitionen verkaufen oder Infrastrukturprojekte durchfuumlhren Und der Staat muss durch geeignete Maszlig-nahmen auch jenen die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung ermoumlglichen die davon ausgegrenzt sind ndash zum

Menschenrechten stehen staatliche Pflichten gegenuumlber

20 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Beispiel fuumlr die sichere Ruumlckkehr von Vertriebenen sorgen oder sie auf neuem fruchtbaren Land ansiedeln Da fuumlr viele Laumlnder des Globalen Suumldens wegen der Begrenztheit der verfuumlgbaren Mittel

insbesondere die Gewaumlhrleistungs-pflicht nicht immer leicht zu erfuumlllen ist sieht der UN-Sozialpakt eine all-maumlhliche Verwirklichung der Rechte vor

Extraterritoriale Staatenpflichten

Menschenrechtsvertraumlge beschreiben zunaumlchst die Pflichten eines Vertrags-staates gegenuumlber den Menschen auf seinem Staatsgebiet oder solchen die anderweitig unter seiner Gewalt stehen (zum Beispiel bei Besatzungen) Der UN-Zivilpakt enthaumllt eine Klausel die seinen Anwendungsbereich in diesem Sinn einschraumlnkt Der UN-Sozialpakt hingegen erlaubt weitreichendere Interpretationen Hier heiszligt es in Artikel 2(1) bdquoJeder Vertragsstaat verpflichtet sich einzeln und durch internationale Hilfe und Zusammenar-beit hellip die volle Verwirklichung der in diesem Pakt anerkannten Rechte zu erreichenldquo Fortschrittliche JuristInnen sehen darin eine rechtlich bindende Pflicht wirtschaftliche soziale und kulturelle Menschenrechte auch uumlber das eigene Staatsgebiet hinaus zu respektieren zu schuumltzen und zu gewaumlhrleisten Dies hat der UN-Sozial-ausschuss 2002 in seinem Allgemeinen Kommentar Nr 15 zum Recht auf Wasser aufgegriffen der bdquohellip von den Vertragsstaaten [verlangt] von Hand-lungen abzusehen die den Genuss des Rechts auf Wasser in anderen Laumlndern unmittelbar oder mittelbar beeintraumlchti-genldquo Die International Commission of Jurists (ICJ) hat dies fortgesetzt und 2011 die sogenannten Maastrichter Prinzipien zu extraterritorialen Staaten-pflichten im Rahmen des UN-Sozialpakts veroumlffentlicht Laut den Maastrichter Prinzipien muumlssen Staaten ihre zwi-schenstaatlichen und internationalen Abkommen so gestalten dass sie nicht zu menschenrechtlichen Verwerfungen bei Vertragspartnern fuumlhren und die Staaten nicht in der Erfuumlllung ihrer

menschenrechtlichen Verpflichtungen einschraumlnken Ferner haben Staaten die Pflicht gesetzgeberische und politische Maszlignahmen zu ergreifen um Menschen in anderen Staaten vor Menschen-rechtsverletzungen durch bei ihnen ansaumlssige international agierende Konzerne zu schuumltzen Die freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Men-schenrechten gleichfalls von 2011 weisen zumindest den Spielraum aus den Staaten zur Regulierung transnati-onaler wirtschaftlicher Akteure haben 2017 veroumlffentlichte der UN-Sozialaus-schuss auszligerdem den Allgemeinen Kommentar Nr 24 zu Staatenpflichten im Zusammenhang unternehmerischen Handelns Darin betont er ebenfalls die grenzuumlberschreitenden staatlichen Pflichten zur Kontrolle multinationaler Konzerne Insgesamt hat der Verweis auf extraterritoriale Pflichten der Staaten im Rahmen des UN-Menschen-rechtssystems uumlber die letzten Jahre stark zugenommen

Protest vor der Zentrale der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) gegen ein Staudammprojekt in Panama

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 21

Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten

Obwohl die Umwelt- und die Men-schenrechtsprinzipien ein groszliges Potenzial fuumlr Synergien haben weisen die Klimarahmenkonvention und das Kyoto-Protokoll keinerlei Bezug zu den Menschenrechten auf Zur Veran-schau li chung vergleicht die folgende Tabelle die wesentlichen Prinzipien der international anerkannten Men-schenrechte und die Regeln des Kli-marechts anhand der Grundpfeiler des internationalen Umweltrechts

Wie die Tabelle zeigt sind Staaten aus menschenrechtlicher und aus kli-mapolitischer Perspektive verpflichtet den Klimawandel zu stoppen und seine Wirkungen abzumildern Neben der Emissionsminderung ist es menschen-rechtlich wichtig besonders betroffene Bevoumllkerungsgruppen bei der Anpas-sung zu unterstuumltzen die hierfuumlr kaum Mittel haben

Ferner duumlrfen klimapolitische Maszlignahmen ihrerseits nicht zu Men-schenrechtsverletzungen fuumlhren Da die internationalen Klimaregeln aber im Gegensatz zu Menschenrechtskonven-tionen und vielen anderen Umweltab-kommen vergleichsweise wenig Wert auf die Einbindung betroffener Menschen legt kommt es durch klimapolitische Maszlignahmen immer wieder zu Men-schenrechtsverletzungen Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen sowie UN-SonderberichterstatterInnen und andere Menschenrechtsorgane haben daher intensiv Lobbyarbeit betrieben um Menschenrechte im Abkommen von Paris zu verankern Durchgesetzt hat sich jedoch nur ein Absatz in der nicht-bindenden Praumlambel (Zitat siehe Einlei-tung) Klimaschutz und Menschenrech-te trennen weiterhin Welten

Umwelt-recht-

Prinzipien Internationale Menschenrechte Internationales Klimarecht

Veru

rsac

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Ist Bestandteil der Menschenrechtsprinzipien und kommt im Recht auf Rechtsmittel und Entschaumldigung zum Ausdruck Das Verursacherprinzip setzt voraus dass ein Staat seine Respektierungs- Schutz- oder Gewaumlhrleistungspflicht nachweislich verletzt hat

Wegen des Problems eine spezifische Kausalkette nachzuweisen (welche CO2-Emission hat wen geschauml-digt) ist es kein Prinzip der Klimarahmenkonventi-on In aufgeweichter Form spiegelt es sich im Prinzip der gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortung

Pflic

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on Grundlegendes in Art2 (1) des UN-Sozialpaktes verankertes Prinzip wonach die reichen Industrie-staaten die Laumlnder des Globalen Suumldens bei der allmaumlhlichen Verwirklichung der Menschenrechte unterstuumltzen sollen

Verpflichtung der Industrielaumlnder gemaumlszlig Art 4 (3 4) der Klimarahmenkonvention die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell und technologisch bei der Minde-rung von Emissionen und Anpassung an den Klima-wandel zu unterstuumltzen

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Verfahrensrechte (Gleichbehandlung Information Beteiligung Rechtsmittel) sind Grundlage aller menschenrechtlichen Vertraumlge weil sie auch fuumlr die Sicherung substantieller Rechte (zB Recht auf Nahrung) bedeutend sind Dies gilt insbesondere auch fuumlr die Rechte besonders diskriminierter Bevoumllkerungsgruppen

Im Gegensatz zu vielen Umweltabkommen (zB Aarhus-Konvention) spielen in der Klimarahmenkon-vention dem Kyoto-Protokoll und dem Pariser Ab-kommen Verfahrensrechte von Einzelpersonen keine Rolle Die Ausgestaltung der internationalen Klima-schutzmechanismen nimmt entsprechend wenig Ruumlcksicht darauf

Vergleich menschenrechtlicher und klimarechtlicher Prinzipien

22 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Die Malediven fordern von der internationalen Staatengemeinschaft Maszlignahmen zum Klimaschutz zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung

Kaum jemand zweifelt mehr daran dass der Klimawandel maszliggeblich men-schengemacht ist und negative Auswir-kungen auf die Wahrnehmung von Menschenrechten hat Auf Grundlage der menschenrechtlichen Schutzpflicht sind die Staaten verpflichtet rasch effektive Maszlignahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen zu ergrei-fen BerichterstatterInnen des UN-Menschenrechtsrats betrachten das im Pariser Abkommen vereinbarte Ziel Emissionen derart zu reduzieren dass der globale Temperaturanstieg unter 15 Grad Celsius gehalten wird daher als menschenrechtliche Pflicht der Staaten Dennoch findet Emissionsmin-derung nicht in dem Umfang statt wie es noumltig waumlre Seit 2005 haben ver-schiedene Akteure auf unterschiedli-chen Wegen versucht diesen Blockaden mit Hilfe des Menschenrechtssystems entgegenzuwirken

Die Regierung der Malediven schlug den politischen Weg ein Die Malediven sind ein Staat bestehend aus etwa 1200 kleinen Inseln die nur wenige Meter uumlber dem Meeresspiegel liegen und unmittelbar vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen sind Die Regierung des Landes initiierte die Maledivische Erklaumlrung zur menschlichen Dimension des globalen Klimawandels die sie im November 2007 gemeinsam mit 38 weiteren kleinen Inselstaaten unterzeichnete In dieser Erklaumlrung forderten sie das Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte der Vereinten Nationen auf dem Menschenrechtsrat eine detaillierte Studie uumlber die Auswir-kungen des Klimawandels vorzulegen was im Oktober 2009 ndash kurz vor der Klimakonferenz in Kopenhagen ndash auch geschah Die Malediven haben damit einen Prozess in Gang gesetzt der maszliggeblich dazu beigetragen hat dass viele Menschenrechtsorgane begannen sich mit den Auswirkungen des Klima-wandels auf die Menschenrechte zu befassen

Einen anderen Weg schlugen die Inuit des US-amerikanischen Teils Alaskas ein 2005 reichten sie bei der Inter-Amerikanischen Menschenrechts-kommission eine Klage gegen die USA ein weil die USA nicht genug taumlten um den Klimawandel zu verhindern Die Kommission lehnte die Verhandlung des Falls ab Ein wesentlicher Grund war dass die Klaumlger nicht hinreichend darle-gen konnten dass vor allem die Un-taumltigkeit der USA zur Verletzung ihrer Menschenrechte fuumlhre Die Kommission lud die Inuit aber im Maumlrz 2007 zu einer Anhoumlrung ein um die Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Menschen-rechte zu eroumlrtern Obwohl sie rechtlich eine Niederlage erlitten hatten wurde die Anhoumlrung doch zu einem politi-schen Erfolg der der Situation der Inuit global viel Aufmerksamkeit einbrachte

Des Weiteren war die Klageschrift der Inuit der Auftakt zu einer Vielzahl von Versuchen die Staaten auf juristi-schem Wege zur Pflicht zu rufen Dies muss sich aber nicht auf Organe des Menschenrechtssystems beschraumlnken Besonders erfolgreich war eine Klage der niederlaumlndischen Umweltorganisa-tion Urgenda gegen die Niederlande Das Bezirksgericht in Den Haag urteilte 2015 auf Grundlage der in der nieder-laumlndischen Verfassung verankerten Fuumlrsorgepflicht des niederlaumlndischen Staates dass die Niederlande auf-grund der Erkenntnisse des vierten Sachstandsberichts des Weltklimarats ihre Emissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 25 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern muumlssen Mit den bis dahin ergriffenen Maszlignahmen waumlren voraussichtlich nur 17 Prozent erreicht worden

Trotz dieser Erfolge bleibt es schwierig einzelne Staaten fuumlr den Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Menschenrechte zur Verant-wortung zu ziehen Haumlufig verstaumlrkt der Klimawandel nur bereits beste-hende Menschenrechtsverletzungen Auch die Unterscheidung ob eine

Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 23

Menschenrechtsverletzung in diesem Zusammenhang Folge des Klimawandels oder uumlblicher Wetterextreme ist ist oft schwierig So kommt das Hochkommis-sariat fuumlr Menschenrechte 2009 zum Ergebnis dass der Klimawandel zwar eindeutig negative Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Menschenrech-ten hat dass es aber weniger eindeutig ist ob und in welchem Ausmaszlig die Auswirkungen in streng rechtlichem Sinn als Menschenrechtsverletzung qualifiziert werden koumlnnen

Aus Sicht von FIAN Deutschland kann der Verlust des Zugangs zu Nah-rung durch den Klimawandel aber durchaus als Menschenrechtsverletzung gewertet werden fuumlr die andere Staa-

ten als der Heimatstaat mitverantwort-lich sind Zwar ist der Haftungsansatz nach dem Verursacherprinzip aufgrund der oben geschilderten Besonderheiten des Klimaproblems fuumlr eine menschen-rechtliche Argumentation wenig frucht-bar Aufgrund des Wissens der Staaten uumlber die menschliche Verursachung und der nachweislich negativen Auswirkun-gen des Klimawandels auf die weltweite Verwirklichung der Menschenrechte sind die Staaten jedoch gemaumlszlig UN-Sozialpakt Artikel 2(1) menschenrecht-lich verpflichtet einzeln sowie durch internationale Hilfe und Zusammen-arbeit unter Ausschoumlpfung all ihrer Moumlglichkeiten wirksame Maszlignahmen zur Emissionsminderung zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung

bdquoAnpassungldquo umschreibt ein weites Feld von Aktivitaumlten das die Menschen weniger anfaumlllig gegenuumlber den Auswir-kungen des Klimawandels macht Hiermit kann die Einfuumlhrung von duumlrreresistenten Pflanzenarten und von Bewaumlsserungssystemen gemeint sein aber auch Umsiedlung aus Hochrisiko-zonen neue Bauweisen und Bauvor-schriften oder der Ausbau von Institu-tionen zum Risikomanagement Sie macht einen vergleichsweise kleinen Teil der Klimafinanzierung aus die sich 2016 auf insgesamt 380 Milliarden US Dollar belief 93 Prozent der globalen Klimafinanzierung kommen der Emissi-onsminderung zugute die uumlberwiegend privat finanziert ist Mittel aus oumlffentli-cher Hand tragen nur 34 Prozent zur globalen Klimafinanzierung bei wovon wiederum nur 16 Prozent Anpassungs-maszlignahmen zugutekommen 89 Pro-zent der oumlffentlichen Klimafinanzierung werden von internationalen und natio-nalen Entwicklungsbanken gestemmt Selbst die internationalen Banken wie die Weltbank die Asiatische und die

Afrikanische Entwicklungsbank oder die Europaumlische Investitionsbank (EIB) investieren nur durchschnittlich 23 Pro-zent ihrer Investitionen im Klimabe-reich in Anpassungsmaszlignahmen Fuumlr den unmittelbaren Schutz sowie fuumlr Anpassungsmaszlignahmen an die Folgen des Klimawandels werden also verhaumllt-nismaumlszligig wenige Gelder bereitgestellt Dies kann akut zu Menschenrechtsver-letzungen fuumlhren Je spaumlter und halb-herziger in den Klimaschutz investiert wird desto mehr Anpassung wird noumltig Die Pflicht der Staaten solche Maszlignah-men zu unterstuumltzen ergibt sich aus ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen gemaumlszlig Artikel 2(1) des UN Sozialpaktes Sie gilt unabhaumlngig davon wie viel ein Staat zur Klimaer-waumlrmung beitraumlgt Diese Pflicht ergibt sich auszligerdem aus Art 4(3 4) der Klimarahmenkonvention die aumlrmeren Laumlnder sowohl beim Klimaschutz als auch bei der Anpassung an den Klima-wandel unterstuumltzen ndash gemaumlszlig dem Prinzip gemeinsamer aber unterschied-licher Verantwortung

Die Lebensgrundlage der Indigenen im aumlthiopischen Omo-Tal ist durch den Bau des Stauddamms Gibe III bedroht Foto Suvival International

24 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Obergrenze (Cap)

Industriestaaten unterschreiben dashellip

Kyoto-Protokoll (1997)

Ziel Reduktion der Treibhausgasemission

Emissionen im Zeitraum von 2008 bis 2012 um 5 unter das Niveau von 1990 senken

fl exibler Mechanismus

Fabrik A Fabrik B

Wenn die Emissionen unter der Obergrenze

liegen koumlnnen die nicht genutzten Emissionsrechte wieder verkauft

werden

hellip an Staaten oder

Unternehmen die mehr

Emissionen ausstoszligen

wollen

Verkauft die ungenutzten CO

2-Rechtehellip

Funktionsweise des Emissionshandels

Internationale Klimafinanzierung

Gemaumlszlig der Klimarahmenkonvention sind die traditionellen Industrielaumlnder verpflichtet die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell technologisch und mit Kapazitaumltsaufbau zu unterstuumltzen Auf der Klimakonferenz von Kopenha-gen 2009 wurde diese Verpflichtung konkretisiert die Industrielaumlnder sagten zu dass die finanzielle Unter-stuumltzung bis 2020 auf jaumlhrlich 100 Milli-arden US-Dollar anwachsen soll Zu diesen werden nicht nur die aufge-brachten oumlffentlichen Mittel sondern auch private Investitionen in den Klimaschutz gezaumlhlt wenn sie eine Folge staatlicher Maszlignahmen sind

Die Unterstuumltzung durch oumlffentliche Geber laumluft durch eine Vielzahl von Ka-naumllen Zum einen nutzen viele Staaten dazu ihre Organisationen der Entwick-lungszusammenarbeit In Deutschland sind das beispielsweise die Gesellschaft fuumlr Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Kreditanstalt fuumlr Wieder-aufbau (KfW) Zweitens zaumlhlen auch die Weltbank und die regionalen Ent-wicklungsbanken Klimaschutz zu ihren Aufgaben Insbesondere die Weltbank hat mehrere spezielle Klimaschutzfonds geschaffen Drittens wurde eine Reihe von internationalen Fonds eingerichtet Mit den Geldern der 1991 geschaffenen Globalen Umweltfazilitaumlt (Global Envi-ronment Facility GEF) werden Projekte im Rahmen der Klimarahmenkonventi-on und anderer internationaler Um-weltabkommen finanziert 2001 wurden unter der Klimarahmenkonvention eine Reihe von kleinen spezialisierten Fonds eingerichtet die insbesondere Maszlig-nahmen zur Anpassung an den Klima-wandel finanzierenbull der Least Developed Countries Fund

Fonds fuumlr die am wenigsten entwi-ckelten Laumlnder

bull der Special Climate Change Fund Spezieller Klimawandel-Fonds der vor allem Anpassungsmaszlignahmen finanzieren soll und

bull der Adaptation Fund Anpassungs-fonds fuumlr Laumlnder des Globalen Suumldens

Daruumlber hinaus wurde 2010 beschlos-sen den Green Climate Fund (Gruumlner Klimafonds) einzurichten Dieser soll einen erheblichen Teil der zugesagten 100 Milliarden US-Dollar verwalten

Neben diesen Einrichtungen zur Klimafinanzierung wurden im Rahmen des Kyoto-Protokolls auch institutiona-lisierte Verfahren zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige geschaffenbull der internationale Emissionshandel

der den Handel mit Rechten zum Ausstoszlig von Treibhausgasen regelt

bull die Joint Implementation (Gemein-same Umsetzung) uumlber die Klima-schutzprojekte in Industrielaumlndern international zertifiziert werden koumlnnen

bull der Clean Development Mechanism (Mechanismus fuumlr umweltver-traumlgliche Entwicklung) uumlber den Klimaschutzprojekte in Laumlndern

Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 25

des Globalen Suumldens international zertifiziert werden koumlnnen (siehe Kapitel bdquoDer Clean Development Mechanismldquo)

Diese Verfahren dienen aber in ers-ter Linie der Erreichung der Emissi-onsziele der Industrielaumlnder (siehe Kapitel bdquoSenkung der eigenen Emissi-onenldquo) Mitgliedstaaten mit groszligen Regenwaldvorkommen forderten daher

ein Instrument zu schaffen das den Schutz von Waumlldern auf die Klimabilanz anrechnet Infolge wurde 2007 das Programm REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degrada-tion in Developing Countries) ins Leben gerufen Es soll zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige in Laumlndern des Globalen Suumldens beitragen die durch Abholzung von Waumlldern entstehen

Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen

Maszlignahmen zum Klimaschutz sind aus menschenrechtlicher Perspektive oft umstritten Bei Investitionen in erneu-erbare Energien handelt es sich haumlufig um groszlige flaumlchenintensive Infrastruk-turprojekte wie zum Beispiel den Bau von Staudaumlmmen und Wasserkraftwer-ken Windparks groszligflaumlchige Solar- und Erdwaumlrmeanlagen Das Gleiche gilt fuumlr den Anbau von Energiepflanzen wie Oumllpalmen Investitionen in CO2-Senken also die Ausdehnung von Waumlldern oder der Erhalt bestehender Waumllder stehen oft in Konkurrenz zu anderen Flaumlchen- und Waldnutzungen Auch Anpassungs-maszlignahmen wie der Bau von Schutz-waumlllen oder die Einrichtung von siedlungsfreien Zonen in Hochrisikoge-bieten (zum Beispiel in Gebieten die

haumlufig uumlberschwemmt oder durch Erosion und Erdrutsche gepraumlgt sind) betreffen Land das von Menschen genutzt und ihnen durch solche Maszlig-nahmen entzogen wird Die Flaumlchen-konkurrenz zwischen Investitionen zum Klimaschutz und bisheriger Landnut-zung fuumlhrt unter anderem dazu dass KleinbaumluerInnen und Hirtenvoumllkern der Zugang zu Land und Wasser entzogen wird das sie bisher fuumlr den Nahrungs-mittelanbau und die Viehwirtschaft nutzten Haumlufig handelt es sich dabei um indigene Gruppen die keine Landti-tel besitzen Mit der Vertreibung von ihren wirtschaftlich genutzten Flaumlchen geht auch haumlufig die Vertreibung aus den Ansiedlungen einher Verletzungen sozialer Menschenrechte wie die Rechte auf Nahrung Wasser und Woh-nen sind die Folge Aber auch Verfah-rensrechte und das Recht auf Leben werden regelmaumlszligig missachtet

Dafuumlr gibt es viele Beispiele Pana-ma ist eines jener Laumlnder das am meis-ten in Wasserkraftwerke als erneuerbare Energiequelle investiert In mindes-tens drei bekannten Faumlllen ndash Bonyic Chan75 und Barro Blanco ndash kam es dabei zu schweren Menschenrechts-verletzungen Doumlrfer wurden geflutet obwohl die BewohnerInnen noch nicht umgesiedelt waren die Rechte von In-digenen auf ihr Gebiet und Beteiligung an Projekten wurden verletzt Betrof-fene und AktivistInnen die sich gegen diese Maszlignahmen wehrten wurden eingeschuumlchtert und sogar ermordet Auch Kenia gehoumlrt zu den Vorreitern in

Die klimaschuumltzende Wirkung von Staudaumlm-men zur Stromgewinnung wird bestritten Auszligerdem fuumlhren sie oft zu Verletzungen von Menschenrechten der oumlrtlichen Bevoumllkerung Foto Jane Hofbauer

26 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Sachen Klimaschutz ndash haumlufig zu Lasten ausgegrenzter Bevoumllkerungsgruppen In Olkaria willigten Massai in eine Umsiedlungsmaszlignahme zugunsten einer Erdwaumlrmeanlage (Geothermie) ein weil man ihnen eigene Landrech-te versprach die sie jedoch bis heute nicht erhalten haben Mehrere tausend indigene Jaumlger- und Sammlervoumllker wurden aus dem Embobut-Wald in Westkenia (Sengwer und Cherangany) und dem Mau-Wald (Ogiek) vertrieben weil die Regierung deren Nutzung unter REDD+ anstrebt Der Fall der Ogiek wurde 2014 sogar vor dem Afrikani-schen Gerichtshof fuumlr Menschen- und Voumllkerrechte zugunsten der Ogiek ver-handelt Aumlhnliches passierte in anderen Laumlndern Afrikas So wurde in Tansania die Gemeinschaft der Warufiji aus dem Refuiji-Delta vertrieben Sie hatten die Kooperation bei der Aufforstung der Mangrovenwaumllder verweigert weil man ihnen den Anbau von Reis verbot

Die Auswirkungen von Klimaschutz-maszlignahmen koumlnnen aber auch kom-plexerer Natur sein Wie die Weltbank 2008 in einer vielbeachteten Studie zur globalen Nahrungsmittelkrise darlegte trug die Flaumlchenkonkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Energiepflanzen-anbau maszliggeblich zum globalen An-stieg der Nahrungsmittelpreise bei der fuumlr viele Menschen zu Hunger fuumlhrte Anhand dieser katastrophalen Folgen der staatlichen Foumlrderung von Agrar-treibstoffen durch westliche Indust-rienationen wird deutlich wie diese klimapolitisch motivierten Programme in vielen aumlrmeren Laumlndern direkt zur Verletzung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser beitragen

Auch Anpassungsmaszlignahmen schneiden unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten nicht zwingend besser ab Obwohl sie im Prinzip zum Schutz der Menschen gedacht sind fehlt es in manchen Faumlllen an Professionalitaumlt in anderen Faumlllen fehlt der Fokus auf die besonders gefaumlhrdeten Bevoumllkerungs-gruppen In Mosambik wurden die Doumlr-fer im Sambesi-Flussdelta 20072008

nach schweren Uumlberschwemmungen in houmlher gelegene Gebiete umgesiedelt Viele der neuen Siedlungen blieben ohne angemessenen Zugang zu Wasser fruchtbarem Land und Gesundheitsver-sorgung So wurden sie von Nahrungs-mittelhilfen abhaumlngig Viele Familien verloren durch Abwanderung ihren Zusammenhalt Diskriminierungen bei Anpassungsmaszlignahmen kommen auch in entwickelten Laumlndern vor Nach dem Wiederaufbau von New Orleans nach dem Hurrikan Kathrina im Jahr 2005 durfte die arme afro-amerikanische Be-voumllkerung nicht mehr ihre am Flussufer gelegenen Siedlungen beziehen ndash we-gen Uumlberflutungsgefahr Angemesse-nen und finanzierbaren Ersatz bekamen sie jedoch nicht angeboten

Die Ursachen fuumlr negative Aus-wirkungen und Menschenrechtsver-letzungen durch Klimapolitik gehen teilweise auf die Bedingungen in den Projektlaumlndern zuruumlck Die jeweiligen Nationalstaaten sind menschenrecht-lich entsprechend zu beurteilen und zur Pflicht zu rufen Die Ursachen liegen aber auch in den Klimarahmenabkom-men selbst und ihren Mechanismen begruumlndet Bis auf das Abkommen von Paris enthalten diese keinen Verweis auf Menschenrechte Sie betonen aber die Rechte der Nationalstaaten ihre na-tuumlrlichen Ressourcen auszubeuten Das Abkommen von Paris ist insofern ein Erfolg als in der Praumlambel zum ersten Mal ein Bezug zu den Menschenrechten hergestellt wird Auch im Konzept der extraterritorialen Staatenpflichten zur Verwirklichung wirtschaftlicher sozia-ler und kultureller Menschenrechte ist anerkannt dass die Staaten die Pflicht haben ihre Instrumente zum Klima-schutz und zur Unterstuumltzung von An-passungsmaszlignahmen menschenrechts-konform zu gestalten Dennoch gilt es dicke Bretter zu bohren Eine Praumlambel ist nicht rechtsverbindlich sondern als Orientierungs- und Interpretationshilfe fuumlr die Vertragsparteien oder Gerichte zu verstehen

Fuumlr diese Geothermie-Anlage in Kenia wurden Massai von ihrem traditionellen Land vertrieben Foto Jeanette Schade

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 27

Der Clean Development Mechanism

Mit fast 8000 registrierten Projekten ist der Clean Development Mechanism (CDM) des Kyoto-Protokolls das bedeu-tendste internationale Verfahren zum Klimaschutz Er soll einerseits die Gastgeberstaaten der Projekte bei ihrer nachhaltigen Entwicklung unterstuumltzen und andererseits den Industrielaumlndern bei der Erreichung ihrer Emissionsziele helfen

Das Kyoto-Protokoll definiert fuumlr die teilnehmenden Industrielaumlnder verbindliche Emissionsziele Die Uumlber-wachung der Zielerreichung erfolgt auf Grundlage von Emissionszertifikaten jeder verpflichtete Staat muss fuumlr jede Tonne Treibhausgasemission ein Emis-sionszertifikat vorlegen Die Staaten erhalten eine Anfangsausstattung von Zertifikaten auf Grundlage ihrer Ziele zur Verringerung ihrer Emissionen Diese Zertifikate sind handelbar Schafft ein Staat es seine Emissionen staumlrker zu reduzieren als er zum Ziel hat kann er den sich daraus ergebenden Uumlber-schuss an Zertifikaten an andere Laumlnder verkaufen Auszligerdem koumlnnen die In-dustrielaumlnder uumlber den CDM zertifizierte Emissionsreduktionen aus Klimaschutz-projekten in den Laumlndern des Globalen Suumldens ankaufen

Die naturwissenschaftliche Grund-lage dieses so genannten Emissions-handels ist dass die Treibhausgase sich gleichmaumlszligig in der Atmosphaumlre verteilen Fuumlr den Klimawandel macht es keinen Unterschied an welchem Ort Treibhausgase ausgestoszligen oder reduziert werden Durch den Emissions-handel soll es daher ermoumlglicht werden Emissionen an der Stelle zu vermindern an der dies am kostenguumlnstigsten ist Im Kyoto-Protokoll gibt es zum einen den Emissionshandel zwischen Staaten zum anderen werden im CDM Zertifikate fuumlr Emissionsreduktionen in konkreten Projekten ausgestellt wie zum Beispiel fuumlr Windkraftanlagen Prinzipiell kann jeder beliebige Akteur CDM-Projekte durchfuumlhren Zertifikate erhalten und diese dann verkaufen seien es staatli-che Stellen private Unternehmen oder auch zivilgesellschaftliche Organisa-tionen Durch den CDM soll so fuumlr alle Interessierte ein Anreiz gesetzt werden in Emissionsreduktionen zu investieren Die groszlige Mehrheit der CDM-Projekte wird von privaten Unternehmen durchgefuumlhrt

Der CDM unterliegt der Fuumlhrung und Aufsicht der Konferenz der Vertrags-staaten des Kyoto-Protokolls Fuumlr die Pruumlfung und Genehmigung der konkre-ten Projekte sowie fuumlr die Ausarbeitung von Detailregelungen zu den Geneh-migungsverfahren haben die Vertrags-staaten einen Exekutivrat eingerichtet der aus zehn Mitgliedern und zehn stellvertretenden Mitgliedern besteht Die Mitglieder werden von der Vertrags-staatenkonferenz nach einem regiona-len Schluumlssel gewaumlhlt Der Exekutivrat soll nach Moumlglichkeit alle Entscheidun-gen einstimmig treffen Wenn dies nicht moumlglich ist sind auch Abstimmungen mit Dreiviertelmehrheit erlaubt

Um sich fuumlr die Ausstellung von CDM-Zertifikaten zu qualifizieren muumlssen CDM-Projekte ein festgeleg-tes Verfahren durchlaufen Zunaumlchst muumlssen die Traumlger des Projekts eine Projektdokumentation erstellen die darlegt welche Maszlignahmen durchge-fuumlhrt werden sollen und wie dadurch Emissionen vermindert werden Diese

Einige Doumlrfer im kenianischen Tana-Delta muumlssen per Tankwagen mit Trinkwasser versorgt werden

28 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Braucht Zertifi kate um eigene Klimaschaumlden ausgleichen zu

koumlnnen

INDUSTRIELAND

Klimaschutzprojekt wird unterstuumltzt

ENTWICKLUNGSLANDTechnologie

Finanzierung

Die Unterstuumltzung bringt dem Industrieland zusaumltzliche

Zertifi kate ein

Clean Development Mechanism (CDM)-Projekte werden kontrolliert durch den

CDM-EXEKUTIVRAT bestehend aus 10 Mitgliedern

Durch die Unterstuumltzung

sollen CO2-Emissionen vermieden

werden

Jeweils ein Mitglied der fuumlnf regionalen

Gruppen der Vereinten Nationen

Zwei Mitglieder des Kyoto-Protokolls

gelistet als Industrieland (Annex 1)

Zwei Mitglieder die nicht in Annex 1 des

Kyoto-Protokolls gelistet sind

EinE RepraumlsentantIn der kleinen

Inselstaaten

Projektdokumentation muss durch ein sachverstaumlndiges Zertifizierungsun-ternehmen beispielsweise den TUumlV uumlberpruumlft werden Auszligerdem muss das Projekt durch das Durchfuumlhrungsland und mindestens ein Industrieland genehmigt werden Wenn all diese Be-dingungen erfuumlllt sind wird das Projekt dem CDM-Exekutivrat vorgelegt Wenn der Exekutivrat keine Einwaumlnde hat wird es als CDM-Projekt registriert

Waumlhrend der Durchfuumlhrung des Projekts muumlssen seine Traumlger fortlau-fend uumlberwachen und dokumentieren welche Treibhausgasmengen es er-zeugt Die Emissionsminderung ergibt sich aus dem Unterschied zwischen den Emissionen des Projekts und den Emis-sionen die angefallen waumlren wenn das Projekt nicht umgesetzt worden waumlre wenn zum Beispiel statt Strom eines Windparks Strom aus Kohlekraftwerken verwendet worden waumlre Die Dokumen-tation wird wiederum von einer sach-verstaumlndigen Stelle und vom CDM-Exe-kutivrat uumlberpruumlft Abschlieszligend stellt der Exekutivrat den Projektbeteiligten Emissionszertifikate entsprechend der erzielten Emissionsminderung aus

Die Projektbeteiligten koumlnnen die Zertifikate dann an mehrere moumlgliche Abnehmer verkaufen Der erste moumlgli-che Abnehmer sind Industriestaaten die ihre Kyoto-Emissionsziele nicht durch inlaumlndische Emissionsredukti-onen erreichen und daher zusaumltzliche Zertifikate benoumltigen Daruumlber hinaus gibt es in der EU und in mehreren ande-ren Staaten Emissionshandelssysteme auf Unternehmensebene Aumlhnlich wie die Industriestaaten durch das Kyoto-Protokoll verpflichtet sind Emissi-onszertifikate vorzulegen muumlssen in der EU und in anderen Laumlndern auch bestimmte Unternehmen wie die Ener-gieversorger und groszlige Industriebe-triebe fuumlr ihre Treibhausgasemissionen Zertifikate vorlegen Diese Unterneh-men koumlnnen teilweise CDM-Zertifikate verwenden um ihre Verpflichtung zu erfuumlllen Der dritte moumlgliche Abnehmer ist der wachsende Markt der sogenann-ten bdquofreiwilligen Kompensationldquo von Treibhausgasemissionen Dies sind

Unternehmen und Privatpersonen die ihre Emissionen ausgleichen wollen indem sie CDM-Zertifikate kaufen und loumlschen Ein Beispiel dafuumlr sind Aus-gleichszahlungen fuumlr den CO2-Ausstoszlig durch Fluumlge

Der CDM verfuumlgt uumlber keinerlei men-schenrechtliche Kriterien Es gibt ledig-lich die Bestimmung dass die Projekte zur nachhaltigen Entwicklung beitragen sollen und die Vorschrift dass die lokale Bevoumllkerung konsultiert werden muss Allerdings gibt es keine interna-tionalen Kriterien wie der Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung uumlberpruumlft werden soll Stattdessen wird die Pruuml-fung vollstaumlndig den Gastgeberlaumlndern der Projekte uumlberlassen Ebenso gibt es nur vage internationale Kriterien fuumlr die Konsultation der lokalen Bevoumllke-rung Viele Laumlnder haben nur schwache

Funktionsweise des Clean Development Mechanism

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 29

Regeln und uumlberwachen deren Einhal-tung nur schlecht Als Ergebnis kommt es immer wieder zu Vorwuumlrfen dass durch CDM-Projekte Menschenrechte verletzt werden Die internationale Gemeinschaft ist damit nicht ihrer Verantwortung nachgekommen neue voumllkerrechtliche Vertraumlge entsprechend ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen auszugestalten

Das Kyoto-Protokoll wird nach 2020 nicht weitergefuumlhrt entsprechend wird auch der CDM auslaufen Allerdings

wurden im Pariser Abkommen neue Kooperationsmechanismen geschaf-fen Die Regeln zur Umsetzung dieser Mechanismen sollen ausdruumlcklich die Erfahrungen aus den Mechanismen des Kyoto-Protokolls beruumlcksichtigen Aus den menschenrechtlichen Problemen die sich im CDM ergeben haben soll-ten die Staaten die Schlussfolgerung ziehen dass die neuen Mechanismen verbindliche menschenrechtliche Krite-rien benoumltigen

Der Fall Bajo Aguaacuten ndash CDM-Zertifizierung trotz Menschen-rechtsverletzungen

Das Projekt bdquoAguan Biogas Recovery from Palm Oil Mill Effluent [POME] Ponds and Biogas Utilisation ndash Ex-portadora del Atlaacutentico AguanHondurasldquo soll die Behandlung von Abwasser aus einer Palmoumllmuumlhle verbessern und dadurch die Emissio-nen von Methan vermindern Das Palmoumll kommt aus Plantagen die im Zentrum eines gewalttaumltigen Landkon-flikts stehen Laut den oumlrtlichen KleinbaumluerInnen hat sich der Eigentuuml-mer das Plantagenland widerrechtlich angeeignet Sie fordern daher die Ruumlckgabe des Landes Die Sicherheits-kraumlfte der Plantagen und die oumlffentli-chen Sicherheitskraumlfte gehen immer

wieder gewaltsam gegen die Kleinbaumlu-erInnen vor bisher wurden uumlber 50 Personen getoumltet

Diese Umstaumlnde spielten jedoch im Registrierungsverfahren des CDM keine Rolle FIAN und andere Nicht-regierungsorganisationen wiesen den CDM-Exekutivrat darauf hin dass das Projekt in Menschenrechtsver-letzungen verwickelt sei Es wurde dennoch als CDM-Projekt registriert Der CDM-Exekutivrat erklaumlrte dass er kein Mandat habe solche Umstaumlnde zu beruumlcksichtigen Seine Zustaumlndig-keit beschraumlnke sich auf die Klima-schutzauswirkungen von Projekten Neben Honduras war das Projekt auch von Groszligbritannien registriert wor-den Nachdem sie uumlber die Vorwuumlrfe informiert worden war aumluszligerte die britische Regierung zwar dass diese bdquoverstoumlrendldquo seien erklaumlrte aber fuumlr Fragen der Nachhaltigkeit sei das Gastgeberland Honduras zustaumlndig

Das Projekt ist im CDM registriert und kann fuumlr Emissionsreduktionen die bis zum 31 Januar 2018 erzielt wurden Zertifikate erhalten Dieser Zeitraum kann verlaumlngert werden Das Ausmaszlig der Gewalt ist zwar nach einer Intervention der deutschen Regierung zuruumlckgegangen der zugrunde lie-gende Landkonflikt ist aber weiterhin ungeloumlst

Eine honduranische Baumluerin weist bei einer Demonstration auf die schweren Menschen-rechtsverletzungen in Bajo Aguaacuten hin

30 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank

Viele Klimaschutzmaszlignahmen werden ausschlieszliglich von privaten Unterneh-men und Banken durchgefuumlhrt die nicht an verbindliche Sozialstandards gebunden sind Insbesondere in Laumln-dern des Globalen Suumldens mit schwa-chen nationalen Standards und Institu-tionen zu ihrer Durchsetzung gefaumlhrdet dies den Schutz der Menschenrechte

Oumlffentliche Entwicklungsbanken verfuumlgen dagegen uumlber eigene Sozial-standards und Beschwerdeverfahren welche die Gefahr von Menschenrechts-verletzungen bei der Durchfuumlhrung von Projekten verringern koumlnnen Doch auch hier gibt es deutlichen Nachbes-serungsbedarf wie das Beispiel der Europaumlischen Investitionsbank (EIB) zeigt

Die EIB ist eine Bank der Europaumli-schen Union (EU) deren Anteilseigner neben der EU die EU-Mitgliedstaaten sind Sie verfuumlgt uumlber das groumlszligte Bud-get aller Entwicklungsbanken weltweit und ist ein Schluumlsselakteur der Klima-finanzierung Seit 2013 hat sie sich zum Ziel gesetzt jaumlhrlich mindestens 25 Prozent ihres Kreditvolumens fuumlr Kli-maprojekte zu vergeben Im Jahr 2011 leitete die EIB eine Untersuchung ein um ihre Sozialstandards den Anspruuml-chen der EU-Grundrechtecharta sowie den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte anzupassen Das dabei entstandene Handbuch fuumlr Umwelt- und Sozialstandards (2013) verspricht hohe Sozialstandards und beschreibt diese ndash als einzige Bank weltweit ndash sogar mit menschenrechtli-chem Vokabular 2015 uumlberarbeitete die EIB auszligerdem ihre Transparenzpolitik so dass sie im Unterschied zu vielen anderen europaumlischen Entwicklungs-banken bereits vor Bewilligung die Ergebnisse von Umwelt- und Sozial-vertraumlglichkeitsanalysen bekannt gibt Die EIB hat ferner ein eigenes Be-schwerdeverfahren das alle durch ihre Projekte Betroffenen nutzen koumlnnen Die Zustaumlndigen fuumlr die Bearbeitung

der Beschwerden koumlnnen Mediations-prozesse anstoszligen Das Verfahren und das zustaumlndige Gremium koumlnnen sogar selbst Gegenstand einer Beschwerde vor dem EU-Ombudsmann werden wenn die Betroffenen mit seiner Arbeit unzufrieden sind

Gute Standards und ein gutes Beschwerdeverfahren gelten in der Regel als Grundbedingung fuumlr die Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht Dennoch gibt es im System der EIB erhebliche Maumlngel Eine menschenrechtliche Untersuchung der Anwendung der Sozialstandards beim oben erwaumlhnten Erdwaumlrmeprojekt in Kenia fuumlhrte dabei zu folgenden Ergeb-nissen Es werde zu wenige Sozial- und MenschenrechtsexpertInnen je Projekt beschaumlftigt Ersatzweise werden Kre-ditnehmer auf das EIB-Handbuch zu Umwelt- und Sozialstandards verwiesen Die EIB uumlberlaumlsst die Umsetzung ihrer hehren Sozialstandards damit weitge-hend den Kreditnehmern ohne diese mit angemessen Personalressourcen zu unterstuumltzen und zu kontrollieren Betroffene werden von der EIB auch nicht systematisch uumlber die Existenz ihres Beschwerdeverfahrens informiert sondern stoszligen ndash wenn uumlberhaupt ndash erst durch eigene Recherche auf ihn Die EIB-MitarbeiterInnen haben keine Verpflichtung den Beschwerdeaus-schuss aktiv in problematische Projekte einzubinden Er wird erst aktiv wenn Betroffene an ihn herantreten Bei Pro-jekten die von mehreren Geldgebern finanziert werden hat er kein Mandat deren Rolle bei der Verletzung von So-zialstandards zu untersuchen Seine Be-urteilungen und Empfehlungen sind fuumlr die Bank auch nicht rechtlich bindend Das Beispiel der EIB zeigt damit nicht nur deren spezifische Maumlngel in der Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht sondern demonstriert auch die generell begrenzte Reichweite institutioneller Beschwerdemecha-nismen Sie stellen keinen Ersatz fuumlr verbindliche Menschenrechtsstandards dar zu deren Umsetzung Staaten ver-pflichtet sind

Gemaumlszlig dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP) sind 80 Prozent aller Menschen die aufgrund des Klimawan-dels umsiedeln muumlssen FrauenFoto Survival International

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 31

Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Der Status der EU im Menschenrechts-system ist kompliziert Die EU selbst ist kein Staat sondern eine Mitgliederor-ganisation von Staaten Wie andere internationale Organisationen auch ist sie daher keine Vertragspartei der zwischenstaatlichen Menschenrechts-vertraumlge (mit Ausnahme der UN-Behin-dertenrechtskonvention) Sie ist auch keine Vertragspartei der Europaumlischen Menschenrechtskonvention obwohl ihr Beitritt in Artikel 6(2) des EU-Vertrags

festgelegt ist und seit langem gepruumlft wird Daher haben die Menschenrechts-organe der UN und des Europarates auch kein Mandat uumlber die EU und duumlrfen nicht uumlber sie urteilen

Dennoch ist auch die EU verpfl ich-tet Menschenrechte in ihrer Innen- und Auszligenpolitik zu beachten Diese Verpfl ichtungen beruhen vor allem auf a) der EU-Grundrechtecharta (2009) b) dem EU-Vertrag sowie c) auf der Aarhus-Konventiona) Die Grundrechtecharta gilt fuumlr alle

EU-Organe sowie fuumlr die Mitglied-staaten bei der Anwendung von EU-Recht (GRC Art 51(1)) Sowohl das EU-Parlament als auch ein Experten-urteil bestaumltigten ihre extraterritori-ale Reichweite

b) In den EU-Vertraumlgen bekennt sich die EU zum Schutz der Menschen-rechte in ihrer Beziehung zur uumlbri-gen Welt und zur Grundrechtecharta der Vereinten Nationen (EUV Art 3(5)) Sie erklaumlrt diese zu leitenden Grundsaumltzen ihres auswaumlr-tigen Handelns (EUV Art 21) Dies gilt ausdruumlcklich auch fuumlr die Ko-operation mit Entwicklungslaumlndern (EUVA Art 208)

c) Die EU ist eine Vertragspartei der Aarhus-Konvention die nach Expert Innenmeinung ebenfalls auch extraterritorial ausgelegt werden kann

0 100 200 300 400 500

203020141990

Gebaumlude

Landwirtschaft

Industrie

Energiewirtschaft

Verkehr

lt61

72

88

lt98

160

163

lt72

119

209

lt143

181

283

lt183

358

466

Datenquelle Bundesministerium fuumlr UmweltNaturschutz Bau und Reaktorsicherheit (2017)Klimaschutz in Zahlen 2017

Ziele zur Verringerung von Treibhausgas-emissionen Deutschlands nach Sektoren gemaumlszlig dem Klimaschutzplan 2050(in Millionen Tonnen CO2-Aumlquivalenten)

32 FIAN | Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh (2012) Second National Com-munication of Bangladesh to the United Nations Framework Convention on Climate Change Dhaka Ministry of Environment and Forests Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh

Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 37

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Weltbank (2013) Turn Down the Heat Climate Extremes Regional Impacts and the Case for Resilience Washington DC Weltbank

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitikldquo

UN Generalversammlung (1992) Rio-Erklaumlrung uumlber Umwelt und Entwicklung (ACONF15126 (Vol I)) httpwwwunorgdeptsgermanconfagenda21riopdf

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2012) Human Rights Indicators A Guide to Measurement and Implementation httpbitly1oUZYHb

UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

International Commission of Jurists (2011) Maastricht Principles on Extraterritorial Obligations of States in the Area of Economic Social and Cultural Rights Verfuumlgbar mit deutscher Uumlbersetzung unter httpwwwfiandefileadminuser_uploaddo-kumenteshopRaN2012_ETO_Maastricht_Principles_en_de_finalpdf

UN Special Procedures (2015) Climate Change and Human Rights ndash Joint statement by UN Special Procedures on the occasion of World Environment Day 5 Juni 2015 httpwwwohchrorgENNewsEventsPagesDisplayNewsaspxNewsID=16049amp LangID=E

The Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (2015) Human Rights Law Sources UN Pronouncements on Extra-Territorial Obligations httpwwwetoconsortiumorgncenmain-navigationlibrarydocuments tx_drblob_pi15BdownloadUid5D=163

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2015) Report of the Office of the Uni-ted Nations High Commissioner for Human Rights on the relationship between clima-te change and human rights AHRC1061 15 Januar 2009 httpwwwohchrorgENIssuesHRAndClimateChangePagesStudyaspx

UN-Menschenrechtsrat (2016) Report of the Special Rapporteur on the issue of human rights obligations relating to the enjoyment of a safe clean healthy and sustainable environment AHRC3152 1 Februar 2016 httpspapersssrncomsol3paperscfmabstract_id=2729611

Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

European Bank for Reconstruction and Development together with MDB partners the African Development Bank the Asian Development Bank the European In-vestment Bank the Inter-American Development Bank Group and the World Bank Group (2016) Joint Report on Multilateral Development Banksrsquo Climate Finance wwwebrdcom2016-joint-report-on-mdbs-climate-financepdf

Schade Jeanette and Wolfgang Obergassel (2014) Human rights and the Clean Development Mechanism In Cambridge Review of International Affairs Vol 27 No 4 pp 717-735

Sterk Wolfgang und Christof Arens (2010) Investitionen fuumlr den Klimaschutz Die projektbasierten Mechanismen CDM und JI Berlin Bundesministerium fuumlr Umwelt Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) httpwwwcarbon-mechanismsdefileadminmediadokumentePublikationenCMRBroschuere_2010_Einfuehrung_CDM_JI_bfpdf

38 FIAN | Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Finley-Brook Mary Thomas Curtis (2011) Renewable Energy and Human Rights Violations Illustrative Cases from Indigenous Territories in Panama In Annals of the Association of American Geographers 1014 pp 863-872

Schade Jeanette (2013) Climate change and planned relocation Risks and a propo-sal for safeguards In Thomas Faist Jeanette Schade (Eds) Disentangling Migra-tion and Climate Change Methodologies Political Discourses and Human Rights Heidelberg Dordrecht New York Springer pp 138-206

Wolfgang Obergassel Jeanette Schade Lauri Peterson Nicolas Kreibich Timo Beiermann (2017) International Climate Finance Mechanisms and Extraterritorial Human Rights Obligations Status Quo and Future Prospects ein Dossier von FIAN Deutschland httpswwwfiandeartikelansicht2017-07-19-internationale- klimafinanzierung-und-risiken-fuer-die-menschenrechte

FIAN (2008) Agrartreibstoffe und das Menschenrecht auf Nahrung Grundlagen-papier von FIAN-Deutschland httpwwwfiandefiandownloadspdfagrarFIAN_Grundlagenpapier_Agrartreibstoffepdf

Jeanette Schade (2017) EU accountability for the due diligence failures of the European Investment Bank Climate finance and involuntary resettlement in Olkaria Kenya In Journal of Human Rights and the Environment Vol 8(1) 72-97 (Son-derausgabe ldquoClimate Justice and Displacementrdquo Gastherausgeber Schade und Manou)

Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 39

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 3: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

InhaltsverzeichnisZusammenfassung 4

Einleitung 6

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher 7

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser 10

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung 10

Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur 10

Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge 11

Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen 11

Anstieg des Meeresspiegels 11

Groumlszligere Wetterschwankungen 12

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser 12

Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels 12

Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur 12

Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge 13

Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels 13

Kleine Inselstaaten 13

Afrika 14

Suumldostasien 14

Suumldasien 14

Meilensteine der internationalen Klimapolitik 16

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik 18

Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte 18

Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts 19

Prinzipien der internationalen Menschenrechte 20

Allgemeine Prinzipien 20

Extraterritoriale Staatenpflichten 21

Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten 22

Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik 23

Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung 23

Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung 24

Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten 25

Internationale Klimafinanzierung 25

Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen 26

Der Clean Development Mechanism 28

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank 31

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU 32

Senkung der eigenen Emissionen 33

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens 34

Die Europaumlische Investitionsbank 35

Ausblick 36

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links 37

Zusammenfassung

Die Menschheit ist dabei durch den Ausstoszlig von Treibhausgasen (THG) wie Kohlendioxid (CO2) Methan (CH4) und Lachgas (N2O) einen Wandel des globa-len Klimas herbeizufuumlhren der in seiner Dimension dem Unterschied von heute zur letzten Eiszeit vergleichbar ist Die globale Durchschnittstemperatur ist seit Beginn der Industrialisierung um knapp 1 Grad Celsius gestiegen Wenn nicht gegengesteuert wird ist bis Ende dieses Jahrhunderts ein Anstieg um 4 bis 5 Grad Celsius zu erwarten Histo-risch betrachtet haben die traditionel-len Industrielaumlnder die meisten Treib-hausgase ausgestoszligen Inzwischen hat zwar China die USA als insgesamt groumlszligter Emittent abgeloumlst pro Kopf der Bevoumllkerung liegen die Emissionen der allermeisten Laumlnder des Globalen Suumldens aber immer noch deutlich unter denen der Industrielaumlnder

Der Klimawandel hat bereits heute spuumlrbare und in der Summe sehr nega-tive Auswirkungen auf die weltweiten Ernteertraumlge und die Verfuumlgbarkeit von Trinkwasser Wesentliche Auswirkungen sind zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge Zunahme der Haumlufi gkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereig-nissen wie Uumlberschwemmungen und Duumlrren der Anstieg des Meeresspiegels und das Abschmelzen der Gletscher Diese Entwicklungen werden sich in der Zukunft noch verstaumlrken und gerade die

armen Menschen in den Laumlndern des Globalen Suumldens am staumlrksten treffen obgleich diese am wenigsten zu den Ursachen der Erderwaumlrmung beigetra-gen haben In den meisten Laumlndern des Globalen Suumldens wird voraussichtlich bereits eine globale Erwaumlrmung zwi-schen 1 und 2 Grad Celsius zu erhebli-chen Ernteverlusten fuumlhren Mehr als ein Sechstel der Weltbevoumllkerung lebt in Flussgebieten in denen die Versor-gung mit Suumlszligwasser hauptsaumlchlich durch saisonale Abschmelzungen von Schnee und Gletschereis bereitgestellt wird Im Zuge des Klimawandels wer-den diese Wasserspeicher zunehmend verschwinden Auch die Existenz vieler kleiner Inselstaaten ist bedroht Der Klimawandel stellt damit die weltweite Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser vor betraumlchtliche Herausforderungen

Um angesichts des Klimawandels das Recht auf Nahrung und Wasser auch in Zukunft gewaumlhrleisten zu koumlnnen muumlssen Staaten also Maszlignahmen zum Klimaschutz ergreifen Interna-tional anerkannte Menschenrechte und Umweltvoumllkerrecht wirken hier ineinander Denn die Verwirklichung vieler Menschenrechte insbesondere auch des Rechts auf Nahrung haumlngen unmittelbar vom Zustand der natuumlrli-chen Umwelt ab Die Staaten der Welt sind aus menschenrechtlicher und aus

4 FIAN | Zusammenfassung

Zusammenfassung

klimapolitischer Perspektive verpflich-tet den Klimawandel zu stoppen und seine Wirkungen abzumildern Neben der Emissionsminderung gebieten die Menschenrechte besonders solche be-troffenen Bevoumllkerungsgruppen bei der Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels zu unterstuumltzen die hierfuumlr kaum Mittel haben

Aufgrund ihrer hohen Treibhausgas-emissionen und des Vorhandenseins umfangreicher technischer und wirt-schaftlicher Ressourcen haben Deutsch-land und die EU die Pflicht bei der Senkung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Auszligerdem kommt ihnen die Aufgabe zu die Laumlnder des Globalen Suumldens durch die vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und die Bereitstellung von Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Bemuumlhun-gen zu unterstuumltzen Treibhausgasemis-sionen zu vermeiden und sich an die Folgen des Klimawandels anzupassen

Daruumlber hinaus muumlssen die konkre-ten Klimaschutzmaszlignahmen mit den Staatenpflichten zur Verwirklichung der Menschenrechte in Einklang stehen Entsprechend ihrer menschenrechtli-chen Respektierungs- und Schutzpflicht sind die Staaten verpflichtet darauf zu achten dass Maszlignahmen zur Senkung der Treibhausgasemissionen ndash wie die Errichtung neuer Stromkraftwerke oder die Nutzung von Waumlldern als Kohlen-stoffspeicher ndash die Wahrnehmung von Menschenrechten im In- und Ausland nicht beeintraumlchtigen oder gar verlet-zen Klimaschutzmaszlignahmen duumlrfen nicht dazu fuumlhren dass Menschen die Existenzgrundlage entzogen wird Sie muumlssen die Rechte indigener Voumllker und lokaler Gemeinschaften auf ihr ange-stammtes Land natuumlrliche Ressourcen sowie ihre traditionelle Landnutzung anerkennen und respektieren Betrof-fene indigene Voumllker und lokale Ge-meinschaften muumlssen in alle Stufen der Entscheidungsfindung umfassend und effektiv einbezogen werden Fuumlr den

Fall von Konflikten muumlssen Verfahren zur Beilegung eingerichtet werden

Bisher waren Menschenrechte allerdings noch eine Leerstelle in der internationalen Klimapolitik Erst im Pariser Klimaabkommen von 2015 wurde ein Bezug zwischen Klimaschutz und Menschenrechten hergestellt Zwischenstaatliche und internationale Finanzierungsverfahren fuumlr Klima-schutzmaszlignahmen beinhalten bisher oft keine menschenrechtlichen Schutz-regeln In der Praxis kommt es immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen zum Beispiel durch Vertreibungen

Die Praumlambel des Pariser Abkom-mens fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Dieser Anspruch muss nun in die Tat umgesetzt werden Deutsch land und die EU muumlssen erstens dafuumlr Sorge tragen dass ihre eigenen Klimaschutz-maszlignahmen menschenrechtskonform gestaltet werden Zweitens muumlssen sie auf internationaler Ebene alle Moumlglich-keiten ausschoumlpfen um darauf hinzu-wirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber internationale Einrichtungen und Programme umgesetzt werden men-schenrechtskonform sind

Uumlberschwemmung im Gebiet des Laxmanpur-Damms in Nepal

Zusammenfassung | FIAN 5

Einleitung

Der Klimawandel und die Politik zu seiner Bekaumlmpfung haben zahlreiche Auswirkungen auf die Verwirklichung der Menschenrechte Einerseits gefaumlhr-den zum Beispiel der Anstieg des Meeresspiegels das Schmelzen der Gletscher und die Zunahme von Stuumlr-men und Duumlrren die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser Andererseits erfordert die Bekaumlmpfung des Klimawandels massive Investitionen zum Beispiel in die Energieversorgung oder in den Verkehr Groszliginvestitionen wie Staudaumlmme fuumlhren oft zu Vertreibungen und ande-ren negativen Folgen fuumlr die oumlrtliche Bevoumllkerung Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen hat daher seit 2008 mehrere Beschluumlsse zu diesem Thema verabschiedet

Von KlimapolitikerInnen werden diese menschenrechtlichen Auswirkun-gen jedoch nur zoumlgernd zur Kenntnis genommen Erst 2010 20 Jahre nach dem Beginn internationaler Verhand-lungen zum Klimaschutz wurde der Begriff Menschenrechte zum ersten Mal in einem internationalen Be-schluss erwaumlhnt Nach langen weiteren Verhandlungen hielten die Staaten schlieszliglich 2015 in der Praumlambel des Klimaabkommens von Paris fest dass bdquodie Vertragsparteien beim Vorgehen gegen Klimaaumlnderungen ihre jeweiligen Verpfl ichtungen im Hinblick auf die

Menschenrechte das Recht auf Gesund-heit die Rechte von indigenen Voumllkern lokalen Gemeinschaften MigrantInnen Kindern Menschen mit Behinderungen und besonders schutzbeduumlrftigen Men-schen und das Recht auf Entwicklung so-wie die Gleichstellung der Geschlechter die Staumlrkung der Rolle der Frau und die Gerechtigkeit zwischen den Generationen achten foumlrdern und beruumlcksichtigenldquo sollen

Die vorliegende Broschuumlre bietet eine Einfuumlhrung in die Zusammenhaumlnge zwischen dem Klimawandel und der Verwirklichung der Menschenrechte insbesondere der Rechte auf Nahrung und Wasser Die Broschuumlre stellt zu-naumlchst die Ursachen des Klimawandels und dessen Auswirkungen auf die Menschenrechte auf angemessene Nahrung und Wasser dar und untersucht die unterschiedlichen Auswirkungen auf regionaler und individueller Ebene Im Anschluss erfolgt eine Gegenuumlber-stellung bestehender Staatenpfl ichten aus den internationalen Umwelt- und Menschenrechtsabkommen aus denen Kriterien zur Bestimmung der Staa-tenpfl ichten in der nationalen und internationalen Klimapolitik abgeleitet werden Abschlieszligend werden die men-schenrechtlichen Verpfl ichtungen der deutschen Regierung und der Europaumli-schen Union herausgearbeitet

6 FIAN | Einleitung

Einleitung

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher

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Jaumlhrlicher MittelwertMittelwert geglaumlttet uumlber 5 Jahre

Temperaturabweichung in degC relativ zu 1951ndash1980

20172000198019601940192019001880

Wichtig fuumlr das Verstaumlndnis des Klima-wandels ist die Begriffe Klima und Wetter voneinander abzugrenzen Der Begriff Wetter bezeichnet den kurzfris-tigen Zustand in Bezug auf Temperatur Niederschlag Luftdruck etc an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit Der Begriff Klima hingegen be-zeichnet vereinfacht gesagt den langjaumlhrigen Durchschnitt des Wetters uumlber Zeitraumlume von mindestens 30 Jah-ren Klimawandel bedeutet also eine Aumlnderung des langfristigen Durch-schnitts Seit Jahrzehnten steigt insbesondere der Durchschnitt der globalen Lufttemperatur trotz jaumlhrli-cher Schwankungen immer weiter an Aktuell liegt er rund 08 Grad Celsius uumlber dem Durchschnitt vor Beginn der Industrialisierung

Der Klimawandel kann also nicht durch ein besonders heiszliges oder kaltes Jahr bdquobewiesenldquo oder bdquowider-legtldquo werden Aussagekraumlftig ist nur der langfristige Trend Die Aumlnderung der globalen Durchschnittstemperatur sollte auch nicht an den Schwankungen der taumlglichen Temperatur gemessen werden Scheinbar geringe Aumlnde-rungen der Durchschnittstemperatur ziehen schnell betraumlchtliche Folgen mit sich Der Unterschied in der globalen Durchschnitts temperatur z wischen heute und den Eiszeiten in denen die Polargletscher bis Norddeutschland

reichten liegt nur bei 5 Grad Celsius Bereits die bisher eingetretene Erwaumlr-mung von weniger als 1 Grad Celsius hat deutliche Folgen fuumlr die Lebensmittel- und Wasserversorgung (siehe folgendes Kapitel)

Der Stand der Klimawissenschaft wird regelmaumlszligig vom so genannten Weltklimarat (Intergovernmental Panel on Climate Change IPCC) in dessen Sachstandsberichten zusammenge-stellt Die Aufgabe des Weltklimarats ist esbull die Risiken und Folgen des Klima-

wandels zu untersuchen

Globaler Temperaturindex Oberfl aumlchen-temperaturen Land und Ozean 1880-2017Datenquelle NASA Goddard Institute for Space Studies httpdatagissnasagovgistempgraphs

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher | FIAN 7

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher

bull Strategien und Maszlignahmen fuumlr die Vermeidung eines gefaumlhrlichen Kli-mawandels sowie fuumlr die Anpassung an den Klimawandel vorzuschlagen

Der Weltklimarat betreibt keine eigene Forschung sondern traumlgt die Ergebnis-se der wissenschaftlichen Forschung zusammen Sein neuester (fuumlnfter) Sachstandsbericht wurde 20132014 veroumlffentlicht

Zentral fuumlr den Klimawandel ist der so genannte Treibhauseffekt In einem Treibhaus passiert das Sonnenlicht die Glasdaumlcher und -waumlnde weitgehend un-gehindert und erwaumlrmt das Treibhaus Die Waumlrme kann durch die Daumlcher und Waumlnde nicht entweichen In der Atmo-sphaumlre ist ein aumlhnlicher Effekt aufgrund der so genannten Treibhausgase (THG) zu beobachten Von der Sonne faumlllt energiereiche kurzwellige Strahlung auf die Erde und dringt weitgehend ungehindert durch die Atmosphaumlre zur Erdoberflaumlche durch Die Erdoberflaumlche wiederum strahlt weniger energiereiche langwellige Strahlung ab Diese wird zu einem groszligen Teil durch die Treibhaus-gase in der Atmosphaumlre aufgenommen und dann wieder in alle Richtungen abgestrahlt Die Treibhausgase halten also einen Teil der Waumlrmeenergie auf der Erdoberflaumlche zuruumlck der sonst in den Weltraum abgestrahlt wuumlrde Das haumlufigste natuumlrlich vorkommende Treib-hausgas ist Wasserdampf (H2O g) Er

ist fuumlr rund zwei Drittel des natuumlrlichen Treibhauseffekts verantwortlich Andere Treibhausgase sind etwa Kohlendioxid (CO2) Methan (CH4) und Lachgas (N2O) Durch den natuumlrlichen Treibhauseffekt wurde das Leben auf der Erde in der heutigen Form uumlberhaupt erst moumlglich Er bewirkt eine Erwaumlrmung der Erdober-flaumlche um 33 Grad Celsius wodurch die durchschnittliche globale Temperatur auf 15 Grad Celsius angehoben wird Ohne den natuumlrlichen Treibhauseffekt laumlge sie bei minus 18 Grad Celsius

Auf diesen natuumlrlichen Effekt sattelt die Menschheit nun den menschenge-machten (anthropogenen) Treibhaus-effekt auf Durch verschiedene industri-elle und landwirtschaftliche Aktivitaumlten steigert der Mensch die Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphaumlre CO2 hat mit rund 60 Prozent den Haupt-anteil am anthropogenen Treibhaus-effekt Es wird durch die Verbrennung der fossilen Brennstoffe minus Braun- und Steinkohle Erdoumll und Erdgas minus so-wie die fortschreitende Rodung der Waumllder freigesetzt Seit Beginn der Industrialisierung hat der Mensch die atmosphaumlrische CO2-Konzentration von 280 ppm (parts per million dh Teile Kohlendioxid pro eine Million Atmo-sphaumlrenteile) auf uumlber 400 ppm erhoumlht Dieser Wert uumlbertrifft bei weitem die natuumlrliche Bandbreite der atmosphauml-rischen CO2-Konzentration der letzten 800000 Jahre die anhand von Eisboh-rungen ermittelt werden konnte

Wie oben erwaumlhnt wurde durch den Anstieg der Treibhausgas-Konzentra-tion in der Atmosphaumlre bereits eine Erwaumlrmung der mittleren globalen Luft-temperatur von fast 1 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter ausgeloumlst Bis zum Ende des 21 Jahr-hundert wird eine Erwaumlrmung von bis zu 4 Grad Celsius erwartet Solch eine Erwaumlrmung entspraumlche in der Groumlszligen-ordnung dem Temperaturunterschied zwischen dem Tiefpunkt der letzten Eiszeit und der derzeitigen Warmzeit Die Erhoumlhung der Temperatur seit der letzten Eiszeit dauerte 8000 Jahre ndash die Menschheit ist dabei einen ebenso

Atmosphaumlre

Treibhausgase

SonnenlichtWaumlrme von der Erde

Der natuumlrliche Treibhauseffekt(Grafik nach Lars EbbersmeyerWikimedia)

8 FIAN | Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher

groszligen Temperaturanstieg innerhalb von 200 Jahren hervorzurufen

Die Loumlsung des Klimaproblems ist unter anderem deswegen so schwierig weil bei nahezu allen wirtschaftlichen Aktivitaumlten Treibhausgase ausgestoszligen werden Mit einem Viertel der Emis-sionen hat die Erzeugung von Strom und Waumlrme den groumlszligten Anteil Nur knapp dahinter liegen mit 24 Prozent Land- und Forstwirtschaft Dies liegt vor allem an der Rodung der Waumllder in Laumlndern des Globalen Suumldens sowie an hohen Emissionen aus Viehwirtschaft und Reisanbau Weitere hohe Ausstoumlszlige kommen aus der Industrie mit 21 Pro-zent und dem Verkehr mit 14 Prozent

Aktuell verursacht China den groumlszlig-ten Ausstoszlig von Treibhausgasen gefolgt von den USA der EU und Indi-en Betrachtet man jedoch alle Emissi-onen seit dem Beginn systematischer Aufzeichnungen im Jahr 1850 so sind die Industrielaumlnder fuumlr rund drei Vier-tel davon verantwortlich Ein anderes Bild entsteht auch wenn man die Emissionen pro Kopf betrachtet Waumlh-rend in Deutschland im Durchschnitt 10 Tonnen CO2 pro Kopf ausgestoszligen

werden und in den USA sogar 18 Ton-nen sind es in China 8 Tonnen und in Indien nur rund 23 Tonnen Zudem ist es innerhalb dieser Laumlnder oft nur eine wohlhabende Minderheit die durch ihren energieintensiven Lebensstil am meisten zu den Emissionen beitraumlgt waumlhrend der arme Groszligteil der Bevoumll-kerung weiterhin nur einen geringen Anteil daran hat

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21

14

16

Sonstige

Industrie

Verkehr

Strom- und Waumlrme-erzeugung

Land- und Forst-wirtschaft

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Die Verbrennung fossiler Energietraumlger ist eine der wesentlichen Ursachen des menschengemachten Treibhauseffekts

Anteil verschiedener Wirtschaftssektoren an den TreibhausgasemissionenDatenquelle Weltklimarat

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher | FIAN 9

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Basierend auf den Analysen des Welt-klimarats (2007 und 2014) und dem Grundlagendokument der Ernaumlhrungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Food and Agricul-tural Organization FAO) zum Thema

Klimawandel und Ernaumlhrungssicherheit (2008) lassen sich im Wesentlichen fuumlnf Faktoren festmachen die die Wahrneh-mung des Rechts auf Nahrung vieler Menschen bedrohen

Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur

Die Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur hat regional stark unterschiedliche Auswirkungen In den mittleren und houmlheren Breitengraden Nordamerikas Europas Asiens und

Suumldamerikas verlaumlngert ein gemaumlszligigter Anstieg der mittleren globalen Lufttem-peratur zwischen 1 Grad Celsius und 2 Grad Celsius die landwirtschaftlichen Anbauphasen und koumlnnte zu houmlheren

Die Karte zeigt wie sich der Klimawandel bis 2100 voraussichtlich auf die Eignung fuumlr landwirtschaftliche Nutzung auswirken wird

Grafi k Dr Florian Zabel Ludwig-Maximilians-Universitaumlt Muumlnchen (LMU)

schlechter besser

Auswirkungen des Klimawandels auf die

Verwirklichung des Menschenrechts auf

Nahrung

10 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Ertraumlgen fuumlhren Demgegenuumlber fuumlhrt in den saisonal trockenen Laumlndern niedriger Breitengrade in denen sich die meisten Laumlnder des Globalen Suuml-dens befinden bereits eine Erwaumlrmung zwischen 1 Grad Celsius und 2 Grad Celsius zu erheblichen Ernteverlusten Dies ist vor allem auf eine staumlrkere Verdunstung in Verbindung mit der weit verbreiteten regenbewaumlsserten Land-wirtschaft in diesen Laumlndern zuruumlckzu-fuumlhren Die Ertraumlge werden auch beein-

traumlchtigt wenn die Tagestemperaturen gewisse Schwellenwerte uumlberschreiten die je Pflanzenart unterschiedlich sind Der Klimawandel hat zur Folge dass diese Werte haumlufiger uumlberschritten werden

Bei einem Temperaturanstieg von uumlber 2 Grad Celsius erwartet die Klima-wissenschaft in allen Klimazonen minus also auch in den houmlheren Breitengraden minus negative Auswirkungen auf die land-wirtschaftliche Produktion

Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge

Im Zuge des Klimawandels werden sich die Niederschlagsmuster sowohl jahres-zeitlich als auch raumlumlich veraumlndern Generell sagt die Klimaforschung voraus dass feuchte Regionen zukuumlnf-tig noch feuchter und trockene Regio-nen noch trockener werden Gleichzei-tig prognostiziert die Klimaforschung

dass die Niederschlaumlge staumlrker sowie die zeitlichen Abstaumlnde zwischen Regenfaumll-len insgesamt groumlszliger werden Dies wird mit groszliger Wahrscheinlichkeit eine Zunahme von Duumlrren und Uumlberschwem-mungen zur Folge haben die groszlige Verluste in der Land- und Viehwirtschaft hervorrufen werden

Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen

Die Klimaforschung sagt voraus dass die Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen wie starken Stuumlrmen und lang anhaltenden Regen-schauern auf allen Kontinenten zuneh-men wird In tropischen Regionen wird aufgrund der erhoumlhten Temperaturen und des ansteigenden Meeresspiegels eine Zunahme von Zyklonen prognosti-ziert die zu Ernteausfaumlllen auf dem Land sowie zur Zerstoumlrung der fuumlr die

Fischerei wichtigen Korallen beitragen werden Diese extremen Wetterereig-nisse beschaumldigen nicht nur die ange-bauten Feldfruumlchte und treiben die Erosion des Bodens voran sondern fuumlhren auch zu enormen Schaumlden an der Infrastruktur in den betroffenen Regionen Dies kann nicht nur den Zugang zu Maumlrkten verschlechtern sondern auch eine Notversorgung mit Lebensmitteln behindern

Anstieg des Meeresspiegels

Die Erhoumlhung der globalen Temperatu-ren fuumlhrt zur Ausdehnung der Wasser-massen der Ozeane (durch die Erwaumlr-mung einer Substanz erhoumlht sich ihr Volumen) sowie zum Abschmelzen des Polareises und der Gletscher Der dadurch ansteigende Meeresspiegel bedroht den Lebensraum der Bewohne-rInnen kleiner Inseln des pazifischen und indischen Ozeans sowie der Kuumlsten-bewohnerInnen Fruchtbares Tiefland wird uumlberschwemmt Ackerboumlden

versalzen Daruumlber hinaus wird voraus-gesagt dass die Fischereiwirtschaft zunehmend in Konkurrenz zum ver-staumlrkten Kuumlstenschutz stehen wird der durch den Klimawandel erforderlich wird Der Bau von Daumlmmen fuumlhrt zu Veraumlnderungen in den Ablagerungs-schichten des Meeresbodens sowie in der Versorgung kuumlstennaher Oumlkosyste-me mit Frischwasser und Naumlhrstoffen mit nachteiligen Folgen fuumlr die lokale Fischerei

Bereits jetzt hat der Klimawandel in einigen Regionen der Welt geringere Maisernten zur Folge

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 11

Groumlszligere Wetterschwankungen

Insgesamt bringen die klimatischen Veraumlnderungen instabilere Wetterver-haumlltnisse mit sich die die Wasserversor-gung sowie die Land- und Viehwirt-schaft in vielen Regionen erschweren

und Ernteertraumlge schwanken lassen Dies stellt ein Risiko fuumlr die Einkom-mensgrundlage der BaumluerInnen sowie fuumlr die Versorgung lokaler und regiona-ler Maumlrkte mit Nahrungsmitteln dar

Der Klimawandel hat einen enormen Einfluss auf den Zugang zu ausreichen-dem und sauberem Wasser Mit jedem Grad globaler Erwaumlrmung werden sich die erneuerbaren Trinkwasserressour-cen voraussichtlich fuumlr 7 Prozent der Weltbevoumllkerung um 20 Prozent verrin-gern Der Klimawandel verstaumlrkt die

bereits bestehenden Wasserprobleme in vielen Erdregionen die durch das hohe Bevoumllkerungswachstum das Anwachsen der Megastaumldte die Ausbreitung eines ressourcenintensiven Lebensstils und die Uumlbernutzung von Frischwasser durch die industrielle Landwirtschaft hervorgerufen werden

Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels

Neben der Uumlberschwemmung von Kuumlstengebieten sowie vieler kleiner Inseln des indischen und pazifischen Ozeans fuumlhrt der Anstieg des Meeres-spiegels in kuumlstennahen Gebieten auch

zur Versalzung des Grundwassers Frischwasser wird dadurch immer knapper und die Zahl der Menschen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser wird schnell steigen

Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur

Mehr als ein Sechstel der Weltbevoumllke-rung lebt in Flussgebieten die haupt-saumlchlich durch saisonale Abschmelzun-gen von Schnee und Gletschereis mit Suumlszligwasser versorgt werden Durch die ansteigende Lufttemperatur wird die Schneefallmenge in den Wintermonaten abnehmen Zudem wird sich der Abfluss des Schmelzwassers von den Bergen zunehmend von den Sommermonaten ndash in denen der Bedarf am groumlszligten ist ndash in den Fruumlhling verschieben Gleichzeitig wird der Temperaturanstieg zu einem weiteren Ruumlckgang der Gletscher fuumlhren die aufgrund ihrer Kapazitaumlt zur Speicherung von Suumlszligwasser eine zentrale Rolle bei der Trinkwasserver-

sorgung in den Flussgebieten spielen Bei einem Temperaturanstieg von 4 Grad Celsius koumlnnte der Umfang der Gletscher bis zum Ende des Jahrhun-derts weltweit um bis zu vier Fuumlnftel abnehmen Dies wird ein kurzfristiges Ansteigen der Flusslaumlufe zur Folge haben Langfristig wird sich die Wasser-menge der Fluumlsse jedoch verringern Schlieszliglich wird vorhergesagt dass das Ansteigen der Lufttemperatur und die abnehmende Wassermenge in den Suumlszliggewaumlssern zu starkem Algen- und Bakterienwachstum fuumlhren Dadurch wird sich die Wasserqualitaumlt in den betroffenen Regionen verschlechtern

Auswirkungen des Klimawandels auf die

Verwirklichung des Menschenrechts auf

Wasser

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta muss aufgrund des Klimawandels immer tiefer nach Trinkwasser graben

12 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge

Trockene Gebiete sowie Regionen mit geringen Suumlszligwasserspeichern in denen die Gewinnung von Trinkwasser unmit-telbar aus dem Regenwasser erfolgt werden mit groszliger Wahrscheinlichkeit besonders heftig von den abnehmen-den Niederschlaumlgen betroffen werden In tropischen Gebieten wiederum kann

die vorhergesagte Erhoumlhung der jahres-zeitlichen Niederschlagsmenge zu Uumlberschwemmungen fuumlhren Durch das Ausspuumllen der Boumlden der uumlberfluteten Landflaumlchen koumlnnen Schadstoffe in das Wasser gelangen die die Suumlwasserres-sourcen verschmutzen

Die Klimaaumlnderungen werden in der tropischen und subtropischen Klimazo-ne ndash in der sich die Mehrzahl der Laumlnder des Globalen Suumldens befindet ndash weit negativer ausfallen als in der gemaumlszligig-ten Klimazone in der uumlberwiegend Industriestaaten beheimatet sind Daruumlber hinaus verfuumlgen die Menschen in den Laumlndern des Globalen Suumldens aufgrund mangelnder finanzieller und technologischer Mittel uumlber eine nur geringe Anpassungsfaumlhigkeit an die

bevorstehenden Klimaaumlnderungen Es werden also gerade die Menschen am staumlrksten unter den Auswirkungen der Erderwaumlrmung leiden die am allerwe-nigsten zu deren Verursachung beige-tragen haben

Dem Weltklimarat zufolge sind die Arktis Afrika kleine Inseln sowie die groszligen asiatischen Flussdeltas die am staumlrksten vom Klimawandel betroffenen Regionen

Kleine Inselstaaten

Kleine Inselstaaten wie beispielsweise Vanuatu und Tuvalu sind bereits heute schon stark von den klimatischen Veraumlnderungen betroffen Der anstei-gende Meeresspiegel erhoumlht die Gefahr von Uumlberschwemmungen und Sturmflu-ten und stellt eine Bedrohung fuumlr die Wasserversorgung die Landwirtschaft und die gesamte Infrastruktur dar Die Wasserversorgung der Inseln wird zusaumltzlich dadurch erschwert dass durch die Klimaaumlnderungen Meereswas-ser in das Grundwasser dringt Denn gerade auf den kleinen Inseln und Atollen liegt der Grundwasserspiegel haumlufig nur etwa ein bis zwei Meter unter der Erdoberflaumlche

Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels

Die kleinen Inselstaaten sind aufgrund des Klimawandels vom Untergang bedroht

Die Regenfaumllle in Haiti werden heftiger undfuumlhren haumlufiger zu Uumlberschwemmungen

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 13

Daruumlber hinaus gefaumlhrden die vor-ausgesagten Veraumlnderungen der Nie-derschlagsmenge die Wasserversorgung der Inseln Denn auf den meisten Atol-len erfolgt die Trinkwassergewinnung durch das Auffangen von Regenwasser Des Weiteren beeintraumlchtigen die mit dem Meeresspiegelanstieg einherge-hende Versalzung der Boumlden und die

Unregelmaumlszligigkeiten der Niederschlaumlge die landwirtschaftliche Selbstversor-gung vieler Inseln Nicht nur die Ertraumlge der Agrarwirtschaft sondern auch die der Fischwirtschaft drohen aufgrund des temperaturbedingten Absterbens der Korallenriffe drastisch zuruumlckzuge-hen die vielen Fischen als Nahrungsre-servoir dienen

Afrika

Fuumlr das suumldliche Afrika wird vorherge-sagt dass der jaumlhrliche Niederschlag bei einer globalen Erwaumlrmung von 4 Grad Celsius um bis zu 30 Prozent abnehmen koumlnnte In Teilen des suumldli-chen und westlichen Afrikas koumlnnte sich die jaumlhrliche Wiederauffuumlllung des Grundwassers um 50 bis 70 Prozent vermindern Entsprechend erhoumlht sich das Risiko von Duumlrren Fuumlr das Horn von Afrika und das noumlrdliche Ostafrika sagen verschiedene Klimamodelle sehr unterschiedliche Folgen voraus Einige Modelle prognostizieren eine Verringe-rung der Niederschlaumlge andere eine Erhoumlhung Allerdings waumlre diese Erhouml-hung vermutlich nicht gleichmaumlszligig

uumlber das Jahr verteilt sondern wuumlrde sich in intensiven Regenperioden niederschlagen wodurch das Risiko von Uumlberflutungen steigen wuumlrde

Deutliche Auswirkungen auf die Landwirtschaft sind selbst bei niedri-gem Temperaturanstieg zu erwarten Bereits eine Erwaumlrmung von 15 Grad Celsius bis zum Jahr 2030 koumlnnte dazu fuumlhren dass 40 Prozent der Maisan-baugebiete nicht mehr fuumlr die derzeit angebauten Sorten geeignet waumlren Bei einer Erwaumlrmung von bis zu 2 Grad Celsius bis 2050 koumlnnten die Ertraumlge der gesamten Landwirtschaft um 10 Prozent abnehmen bei einer houmlheren Erwaumlr-mung um 15 bis 20 Prozent

Suumldostasien

Die dicht besiedelten Flussdeltas Suumldostasiens sind durch den ansteigen-den Meeresspiegel besonders gefaumlhr-det Denn dieser fuumlhrt zum Eindringen von Salzwasser und verstaumlrkt die Inten-sitaumlt von Wirbelstuumlrmen Zudem wird ein starker Anstieg von Hitzeextremen vorhergesagt Bereits bei einer globa-len Erwaumlrmung von 2 Grad Celsius werden 60 bis 70 Prozent der Region von Hitzeextremen und 30 bis 40 Pro-zent der Region von neuen Hitzerekor-den betroffen sein

Die Landwirtschaft wird durch diese Veraumlnderungen schwer getroffen werden So koumlnnte der Reisanbau im Mekongdelta der die Haumllfte des vietna-mesischen Reisertrags liefert bereits bis 2040 um rund 12 Prozent zuruumlck-gehen Auch die Fischwirtschaft wuumlrde durch die Erwaumlrmung und Versauerung des Wassers sowie das Absterben der Korallenriffe stark geschaumldigt Dadurch koumlnnte sich beispielsweise das Fangpo-tential in den suumldlichen Philippinen bis zum Jahr 2050 halbieren

Suumldasien

Auch in Suumldasien werden ungewoumlhnlich heiszlige Sommermonate in den naumlchsten Jahrzehnten vielfach haumlufiger auftre-ten Die regionalen und jahreszeitli-chen Schwankungen der Niederschlaumlge werden sich voraussichtlich deutlich

verstaumlrken Es wird erwartet dass bei einer globalen Erwaumlrmung von 4 Grad Celsius die Regenmengen in der trocke-nen Jahreszeit um 30 Prozent abneh-men und in der feuchten Jahreszeit um 30 Prozent zunehmen Diese Verschie-

Bewaumlsserungsmethoden der industriellen Landwirtschaft Afrikas verstaumlrken den Verlust des Zugangs zu Wasser der oumlrtlichen Bevoumllkerung

14 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

bung wird das Risiko von Duumlrren deut-lich erhoumlhen insbesondere fuumlr das nordwestliche Indien Pakistan und Afghanistan Fuumlr das suumldliche Indien wird eine houmlhere Feuchtigkeit vorhergesagt

Groszlige Fluumlsse wie der Ganges Indus und Brahmaputra haumlngen wesentlich von der sommerlichen Schnee- und Gletscherschmelze ab Bereits un-terhalb einer Erwaumlrmung von 2 Grad Celsius wird eine deutliche Erhoumlhung der Anzahl schneearmer Winter erwar-tet Dies wird zu deutlich niedrigeren Wasserstaumlnden in der trockenen Jahres-

zeit fuumlhren Wesentlich fuumlr die Land-wirtschaft sind auch das zeitige und regelmaumlszligige Eintreffen des Monsuns Dessen jaumlhrliche Schwankungen werden sich durch den Klimawandel deutlich verstaumlrken

Es wird erwartet dass die landwirt-schaftliche Produktion ohne den Klima-wandel bis zum Jahr 2050 um 60 Pro-zent steigen wuumlrde mit Klimawandel nur um 12 Prozent Durch den gleich-zeitigen Anstieg der Bevoumllkerung wird in der Folge die Produktion pro Kopf der Bevoumllkerung um ein Drittel abnehmen

Auswirkungen des Klimawandels auf Bangladesch

Bangladesch ist eines der Laumlnder die weltweit am staumlrksten durch den Klimawandel gefaumlhrdet sind Auf einer Flaumlche die etwa 40 Prozent der Groumlszlige Deutschlands entspricht leben 150 Millionen Menschen Das Land hat eine lange Kuumlste und die groszligen Fluumlsse Ganges Brahmaputra und Meghna muumlnden dort ins Meer und treten regelmaumlszligig uumlber die Ufer Schon ohne Klimawandel wird Bangla-desch immer wieder von Uumlberschwem-mungen Duumlrren und Wirbelstuumlrmen getroffen Im Durchschnitt werden jedes Jahr 20 bis 25 Prozent des Landes uumlberflutet Der Klimawandel fuumlhrt zu einem Anstieg des Meeres-spiegels und zur Zunahme von Mon-sunregen und Wirbelstuumlrmen Durch diese Faktoren koumlnnten in der Mitte des Jahrhunderts bei starken Fluten bis zu 80 Prozent des Landes uumlber-schwemmt werden Die Anzahl der Menschen die in Gegenden mit hohem Wirbelsturmrisiko leben koumlnnte von derzeit 87 Millionen auf uumlber 38 Milli-onen steigen

Daruumlber hinaus druumlckt der steigen-de Meeresspiegel vermehrt salziges Meerwasser in Bangladeschs Flussdel-tas Wo das Meerwasser nicht abflieszligt versalzen Boumlden und Suumlszligwasserquel-len Der Meeresspiegel koumlnnte bis 2050 um bis zu einem halben Meter

steigen Dadurch wuumlrde das Land 10 Prozent seiner Flaumlche verlieren was etwa der Groumlszlige Schleswig-Holsteins entspricht Davon waumlren 55 Millionen Menschen direkt betroffen und muumlss-ten umsiedeln

Die Kosten fuumlr die entstehenden Schaumlden und fuumlr die notwendigen Maszlignahmen zur Anpassung an den Klimawandel stellen Bangladesch vor eine enorme Herausforderung Als eines der aumlrmsten Laumlnder der Welt ist es bei der Bewaumlltigung dieser Aufgaben auf internationale finan-zielle und technische Unterstuumltzung angewiesen

Bangladeschs Fluumlsse drohen zu versalzen

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 15

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Die ersten Erkenntnisse zu den negati-ven Folgen des Klimawandels ruumlckten im Laufe der 1980er Jahre zunehmend ins Bewusstsein der Oumlffentlichkeit 1990 reagierte die Generalversammlung der Vereinten Nationen (United Na-tions UN) und beschloss ein interna-tionales Klimaschutzabkommen auszu-handeln Als Ergebnis wurde 1992 die Klimarahmenkonvention auf der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro (im Folgenden kurz Rio-Konferenz) verabschiedet

Die Klimarahmenkonvention ist gleichsam das Grundgesetz der inter-nationalen Klimapolitik Sie legt deren grundsaumltzliche Prinzipien fest (siehe folgendes Kapitel) und verpfl ichtet alle Staaten das Klima zu schuumltzen Daruuml-ber hinaus verpfl ichtet sie die traditio-nellen Industrielaumlnder dazu die Laumlnder des Globalen Suumldens fi nanziell tech-nologisch und durch Organisationsent-wicklung und Ausbildung zu unterstuumlt-zen Allerdings enthaumllt die Konvention keine konkreten Verpfl ichtungen fuumlr einzelne Staaten Solche Verpfl ichtun-gen sollten im Rahmen eines Zusatzpro-tokolls geregelt werden

Die Verhandlungen zu solch einem Protokoll wurden 1995 begonnen und 1997 im japanischen Kyoto abgeschlos-sen Das Kyoto-Protokoll verpfl ichtet die traditionellen Industrielaumlnder ihre Treibhausgasemissionen von 2008

bis 2012 um jeweils laumlnderspezifi sch defi nierte Werte zu senken Die Laumlnder koumlnnen diese Emissionsziele entweder auf ihrem eigenen Staatsgebiet erbrin-gen oder aber uumlber den so genannten Emissionshandel Emissionsminderun-gen aus anderen Laumlndern ankaufen Dazu wurden verschiedene Verfahren entwickelt (siehe Kapitel bdquoInternatio-nale Klimafi nanzierungldquo) Der damals groumlszligte Emittent die USA traten dem Abkommen jedoch nicht bei Zudem enthaumllt das Abkommen keine Verpfl ich-tungen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens

2007 wurden daher neue Verhand-lungen begonnen um ein global um-fassendes Klimaabkommen zu schaffen Das Abkommen sollte 2009 auf der Klimakonferenz in Kopenhagen ver-abschiedet werden dieses Vorhaben scheiterte jedoch Die Staaten konnten sich lediglich auf unverbindliche Zusa-gen einigen Allerdings legten erstmals auch viele Laumlnder des Globalen Suumldens Klimaschutzzusagen vor 2011 wurde ein neuer Anlauf gestartet ein um-fassendes Abkommen zu vereinbaren Gleichzeitig stimmten die EU und einige andere Industrielaumlnder zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020 neue ver-bindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

2015 einigten sich schlieszliglich alle Staaten auf das Pariser Klimaschutz-

16 FIAN | Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

3-SPALTIG1845mm times 90mm

Vereinte Nationen setzen Weltklimarat ein

unterzeichnet durch alle Staaten der Welt greift ab 2020

Pariser Klimaschutz-abkommen

Industrielaumlnder verpfl ichten sich ihre Treibhaus-gasemissionen von 2008 bis 2012 zu senken

Maumlngel Die USA haben nicht unterzeichnet und keine Verpfl ichtungen fuumlr den Globalen Suumlden

Verabschiedung

des

Kyoto Protokolls

1988

1992

1997

2011

2015

2016Beschluss der

Klimarahmenkonvention bei der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung (Rio-Konferenz)

Die EU und einige andere Industrielaumlnder stimmen zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020

neue verbindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

US-Praumlsident Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckzuziehen

abkommen Das Abkommen greift ab 2020 und verpflichtet alle Mitglieder Klimaschutzbeitraumlge vorzulegen Diese Beitraumlge sind allerdings rechtlich nicht verbindlich Stattdessen setzt das Abkommen auf transparente Berichter-stattung und oumlffentliches Anprangern um die Staaten anzuhalten ihre Vor-

haben auch tatsaumlchlich umzusetzen Inzwischen sind alle Staaten der Welt dem Pariser Abkommen beigetreten Allerdings hat der 2016 neugewaumlhlte US-Praumlsident Donald Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckziehen zu wollen

Die RegierungsvertreterInnen freuen sichuumlber die Verabschiedung des Klimaschutzabkommens von Paris Foto (ebenso S 16) IISDKiara Worth(enbiisdorgclimatecop21enb2dechtml)

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik | FIAN 17

Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Es ist deutlich geworden dass diejeni-gen Laumlnder die am wenigsten zum Klimawandel beitragen oft am staumlrks-ten von ihm betroffen sind Dieses Kapitel befasst sich daher mit den voumllkerrechtlichen Verpfl ichtungen der Staaten auf menschenrechtskonforme Weise den Klimawandel aufzuhalten und Anpassungsmaszlignahmen zu unterstuumltzen

Internationale Menschenrechte und Umweltvoumllkerrecht wirken inhaltlich ineinander Die Verwirklichung vieler Menschenrechte insbesondere auch des Rechts auf Nahrung haumlngt naumlmlich unmittelbar vom Zustand der natuumlrli-chen Umwelt ab Dem wurde bereits in der Stockholmer Erklaumlrung zur menschli-chen Umwelt von 1972 Rechnung getra-gen Sie formulierte als erste das Recht auf eine gesunde Umwelt und enthielt bereits damals die drei Prinzipien des Umweltrechts wie sie sich 1992 in der Erklaumlrung von Rio uumlber Umwelt und Entwicklung (im Folgenden kurz Erklauml-

rung von Rio) wiederfi nden das Vorsor-geprinzip das Verursacherprinzip und die gemeinsame aber unterschiedliche Verantwortung

Zugleich handelt es sich bei Men-schenrechten und Umweltrecht aber um unterschiedliche Bereiche des Voumllker-rechts Eine durchgaumlngige Beruumlcksichti-gung von Menschenrechten im globalen Umwelt- oder Klimarecht ist daher nicht selbstredend Im Folgenden werden die Gemeinsamkeiten und Unterschie-de der Rechtssysteme dargestellt und verdeutlicht welche Prinzipien und Verpfl ichtungen sich jeweils verstaumlrken und wo es Nachbesserungsbedarf gibt Anschlieszligend werden die staatlichen Verpfl ichtungen die sich aus men-schenrechtlicher Sicht fuumlr die Klima-politik ergeben gepruumlft Pfl ichten zur Emissionsminderung zur Unterstuumlt-zung von Anpassungsmaszlignahmen und zur Beachtung von Menschenrechten bei der Durchfuumlhrung von Maszlignahmen

Ganz allgemein handelt es sich beim Voumllkerrecht um Vertraumlge zwischen Staaten in welchen sie wechselseitige Pfl ichten und Rechte festhalten Die Menschenrechte bilden jedoch eine Ausnahme Sie sind Rechte von Einzel-personen und Gruppen gegenuumlber dem

Staat Diesen Rechten stehen staatliche Verpfl ichtungen gegenuumlber Fuumlr beide Bereiche gilt gleichermaszligen dass man zwischen materiellen Rechten und Verfahrensrechten unterscheidet ndash also zwischen konkreten Inhalten von Rechten einerseits (zum Beispiel das

Prinzipien des interna-tionalen Umweltrechts

und der Menschenrechte

Foto Werner Rudhart

18 FIAN | Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Recht auf sauberes Trinkwasser) und Regeln zu Vorgehensweisen anderer-seits (zum Beispiel die Pflicht zu Kon-

sultationen vor Eingriffen in Trinkwas-serreservoire oder die Festlegung von Rechtsmitteln bei Konflikten)

Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts

Die internationale Klimarahmenkon-vention ist Teil des internationalen Umweltrechts zu dem noch viele weitere Vertraumlge wie zum Beispiel das Washingtoner Artenschutzabkommen (1973) oder das Uumlbereinkommen zum Schutze der Ozonschicht (1985) gehouml-ren Vertragsuumlbergreifend sind im internationalen Umweltrecht die drei oben genannten Prinzipien anerkannt Sie gelten als Voumllkergewohnheitsrecht oder sind auf dem besten Wege dorthin Zu diesem Status hat wesentlich die Erklaumlrung von Rio beigetragen zu deren Grundpfeilern sie gehoumlren

Das Vorsorgeprinzip soll verhin-dern dass Schaumlden fuumlr die Umwelt ent-stehen International verankert ist vor allem der Grundsatz der Schadensver-meidung Er besagt dass auch bei un-vollstaumlndigem oder unsicherem Wissen uumlber Art Ausmaszlig Wahrscheinlichkeit und Ursachen von Umweltschaumlden und -gefahren vorbeugend gehandelt wer-den muss um Risiken zu minimieren Es gilt im internationalen Recht insbeson-dere fuumlr Auswirkungen von Maszlignahmen jenseits des eigenen Staatsgebiets wie zum Beispiel die Verschmutzung grenz-uumlberschreitender Gewaumlsser

Das Verursacherprinzip besagt dass fuumlr die Linderung und Beseitigung eingetretener Schaumlden der Verursacher verantwortlich ist und er folglich auch die Kosten tragen muss

Das Prinzip gemeinsamer aber unterschiedlicher Verantwortung entspricht einer Verallgemeinerung des Verursacherprinzips in Bezug auf Veraumlnderungen in der Umwelt fuumlr die kein einzelner Verursacher identifiziert werden kann Ein Beispiel hierfuumlr ist der Klimawandel Die gesamte Staaten-gemeinschaft traumlgt eine gemeinsame Verantwortung zu handeln Dabei wird jenen Staaten eine groumlszligere Verantwor-tung zugeschrieben die wirtschaftlich

leistungsfaumlhiger sind und staumlrker an der globalen Ressourcenausbeute beteiligt sind

Umweltrecht beinhaltet haumlufig auch eine Reihe von Verfahrensrechten In den meisten Staaten muumlssen im Vor-feld von Groszligprojekten beispielsweise deren Umweltvertraumlglichkeit analysiert (Ausdruck des Vorsorgeprinzips) und die betroffene Bevoumllkerung dabei ein-gebunden werden Vorbildlich ist hier das Uumlbereinkommen uumlber den Zugang zu Informationen die Oumlffentlichkeits-beteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten der UN Wirtschaftskommission fuumlr Europa (2001) kurz die Aarhus-Konvention Sie gewaumlhrt ausdruumlcklich die Rechte aller Betroffenenbull uumlber Umweltauswirkungen von Pro-

jekten informiert zu werdenbull an Entscheidungs- und Planungs-

prozessen beteiligt zu werden sowiebull Schadensersatzanspruumlche geltend

zu machenDie Aarhus-Konvention wurde von fast 50 Staaten Europas und Zentralasiens (mit Ausnahme Russlands) sowie von der EU ratifiziert

Frauen im kenianischen Tana-Delta sind besonders stark mit den Folgen der zuneh-menden Waserknappheit konfrontiert Foto Anton Pieper

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 19

Respekt

vor Zugang zu angemessener

Nahrung

Schutz

vor Uumlbergriffen Dritter

Gewaumlhrleistung

der Verfuumlgbarkeit und des Zugangs

zu Nahrung

Staatenpflichten

Auch die Rio-Konferenz und ihre Folgeprozesse bauen auf die Beteili-gung der Zivilgesellschaft Uumlber diesen Weg hielten nach und nach auch soziale Menschenrechte ausdruumlcklich Einzug in die Abschlusserklaumlrungen der alle

fuumlnf Jahre stattfindenden UN-Gipfel zu Umwelt und Entwicklung

Die Erklaumlrung von Rio mit ihrem Konzept der Nachhaltigkeit und den drei genannten Prinzipien liefer-te auszligerdem die Grundlage fuumlr die Klimarahmenkonvention

Prinzipien der internationalen Menschenrechte

Allgemeine Prinzipien

Die zentrale Saumlule des internationalen Menschenrechtssystems ist die Men-schenrechtscharta der Vereinten Natio-nen Sie umfasst die Allgemeine Erklauml-rung der Menschenrechte (1948) den Internationale Pakt uumlber Buumlrgerliche und Politische Rechte (UN-Zivilpakt) sowie den Internationalen Pakt uumlber Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) (beide 1966) Neben dem Zivilpakt und dem Sozial-pakt gibt es auszligerdem acht weitere Menschenrechtsvertraumlge die sich auf den Schutz besonders benachteiligter Gruppen sowie auf das Verbot von Folter und unmenschlicher Behandlung beziehen Alle Abkommen sind durch die immer gleichen Querschnittsprinzi-pien gepraumlgt naumlmlich das Gebot der Nichtdiskriminierung die Gleichheit aller die gesellschaftliche Beteiligung

den Zugang zu effektiven Rechtsmitteln bei Rechtsverletzungen die Rechen-schaftspflicht der Staaten sowie das Verbot des Ruumlckschritts Bei diesen Prinzipien handelt es sich durchweg um Verfahrensrechte die allen materiellen Rechten wie dem Recht auf Nahrung Wasser Wohnen etc zur Seite gestellt sind Denn sehr haumlufig liegt der Verlet-zung materieller Rechte die Verletzung von Verfahrensrechten zugrunde

Alle Menschenrechtsvertraumlge un-terscheiden fuumlr ihre gewaumlhrten Rechte je drei Arten staatlicher Verpflichtung gegenuumlber Einzelpersonen und Grup-pen Im UN-Sozialpakt sind dies res-pektieren schuumltzen gewaumlhrleisten Die Respektierungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten die Wahrnehmung eines Rechts nicht behindern duumlrfen Die Schutzpflicht besagt dass die Vertragsstaaten Dritte davon abhalten muumlssen die Ausuumlbung dieses Rechts zu beintraumlchtigen oder zu verhindern Die Gewaumlhrleistungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten Maszlignahmen er-greifen muumlssen um die Verwirklichung eines Rechts voranzubringen

Bezogen auf das Recht auf Nah-rung heiszligt das zum Beispiel dass der Staat BaumluerInnen nicht von ihrem angestammten Land umsiedeln darf um Infrastrukturprojekte umzusetzen wenn dadurch ihr Zugang zu angemes-sener Nahrung verloren geht Er muss ferner Dritte ndash zum Beispiel Groszliggrund-besitzerInnen oder Unternehmen ndash daran hindern dies zu tun wenn sie Land fuumlr Investitionen verkaufen oder Infrastrukturprojekte durchfuumlhren Und der Staat muss durch geeignete Maszlig-nahmen auch jenen die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung ermoumlglichen die davon ausgegrenzt sind ndash zum

Menschenrechten stehen staatliche Pflichten gegenuumlber

20 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Beispiel fuumlr die sichere Ruumlckkehr von Vertriebenen sorgen oder sie auf neuem fruchtbaren Land ansiedeln Da fuumlr viele Laumlnder des Globalen Suumldens wegen der Begrenztheit der verfuumlgbaren Mittel

insbesondere die Gewaumlhrleistungs-pflicht nicht immer leicht zu erfuumlllen ist sieht der UN-Sozialpakt eine all-maumlhliche Verwirklichung der Rechte vor

Extraterritoriale Staatenpflichten

Menschenrechtsvertraumlge beschreiben zunaumlchst die Pflichten eines Vertrags-staates gegenuumlber den Menschen auf seinem Staatsgebiet oder solchen die anderweitig unter seiner Gewalt stehen (zum Beispiel bei Besatzungen) Der UN-Zivilpakt enthaumllt eine Klausel die seinen Anwendungsbereich in diesem Sinn einschraumlnkt Der UN-Sozialpakt hingegen erlaubt weitreichendere Interpretationen Hier heiszligt es in Artikel 2(1) bdquoJeder Vertragsstaat verpflichtet sich einzeln und durch internationale Hilfe und Zusammenar-beit hellip die volle Verwirklichung der in diesem Pakt anerkannten Rechte zu erreichenldquo Fortschrittliche JuristInnen sehen darin eine rechtlich bindende Pflicht wirtschaftliche soziale und kulturelle Menschenrechte auch uumlber das eigene Staatsgebiet hinaus zu respektieren zu schuumltzen und zu gewaumlhrleisten Dies hat der UN-Sozial-ausschuss 2002 in seinem Allgemeinen Kommentar Nr 15 zum Recht auf Wasser aufgegriffen der bdquohellip von den Vertragsstaaten [verlangt] von Hand-lungen abzusehen die den Genuss des Rechts auf Wasser in anderen Laumlndern unmittelbar oder mittelbar beeintraumlchti-genldquo Die International Commission of Jurists (ICJ) hat dies fortgesetzt und 2011 die sogenannten Maastrichter Prinzipien zu extraterritorialen Staaten-pflichten im Rahmen des UN-Sozialpakts veroumlffentlicht Laut den Maastrichter Prinzipien muumlssen Staaten ihre zwi-schenstaatlichen und internationalen Abkommen so gestalten dass sie nicht zu menschenrechtlichen Verwerfungen bei Vertragspartnern fuumlhren und die Staaten nicht in der Erfuumlllung ihrer

menschenrechtlichen Verpflichtungen einschraumlnken Ferner haben Staaten die Pflicht gesetzgeberische und politische Maszlignahmen zu ergreifen um Menschen in anderen Staaten vor Menschen-rechtsverletzungen durch bei ihnen ansaumlssige international agierende Konzerne zu schuumltzen Die freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Men-schenrechten gleichfalls von 2011 weisen zumindest den Spielraum aus den Staaten zur Regulierung transnati-onaler wirtschaftlicher Akteure haben 2017 veroumlffentlichte der UN-Sozialaus-schuss auszligerdem den Allgemeinen Kommentar Nr 24 zu Staatenpflichten im Zusammenhang unternehmerischen Handelns Darin betont er ebenfalls die grenzuumlberschreitenden staatlichen Pflichten zur Kontrolle multinationaler Konzerne Insgesamt hat der Verweis auf extraterritoriale Pflichten der Staaten im Rahmen des UN-Menschen-rechtssystems uumlber die letzten Jahre stark zugenommen

Protest vor der Zentrale der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) gegen ein Staudammprojekt in Panama

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 21

Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten

Obwohl die Umwelt- und die Men-schenrechtsprinzipien ein groszliges Potenzial fuumlr Synergien haben weisen die Klimarahmenkonvention und das Kyoto-Protokoll keinerlei Bezug zu den Menschenrechten auf Zur Veran-schau li chung vergleicht die folgende Tabelle die wesentlichen Prinzipien der international anerkannten Men-schenrechte und die Regeln des Kli-marechts anhand der Grundpfeiler des internationalen Umweltrechts

Wie die Tabelle zeigt sind Staaten aus menschenrechtlicher und aus kli-mapolitischer Perspektive verpflichtet den Klimawandel zu stoppen und seine Wirkungen abzumildern Neben der Emissionsminderung ist es menschen-rechtlich wichtig besonders betroffene Bevoumllkerungsgruppen bei der Anpas-sung zu unterstuumltzen die hierfuumlr kaum Mittel haben

Ferner duumlrfen klimapolitische Maszlignahmen ihrerseits nicht zu Men-schenrechtsverletzungen fuumlhren Da die internationalen Klimaregeln aber im Gegensatz zu Menschenrechtskonven-tionen und vielen anderen Umweltab-kommen vergleichsweise wenig Wert auf die Einbindung betroffener Menschen legt kommt es durch klimapolitische Maszlignahmen immer wieder zu Men-schenrechtsverletzungen Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen sowie UN-SonderberichterstatterInnen und andere Menschenrechtsorgane haben daher intensiv Lobbyarbeit betrieben um Menschenrechte im Abkommen von Paris zu verankern Durchgesetzt hat sich jedoch nur ein Absatz in der nicht-bindenden Praumlambel (Zitat siehe Einlei-tung) Klimaschutz und Menschenrech-te trennen weiterhin Welten

Umwelt-recht-

Prinzipien Internationale Menschenrechte Internationales Klimarecht

Veru

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Ist Bestandteil der Menschenrechtsprinzipien und kommt im Recht auf Rechtsmittel und Entschaumldigung zum Ausdruck Das Verursacherprinzip setzt voraus dass ein Staat seine Respektierungs- Schutz- oder Gewaumlhrleistungspflicht nachweislich verletzt hat

Wegen des Problems eine spezifische Kausalkette nachzuweisen (welche CO2-Emission hat wen geschauml-digt) ist es kein Prinzip der Klimarahmenkonventi-on In aufgeweichter Form spiegelt es sich im Prinzip der gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortung

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on Grundlegendes in Art2 (1) des UN-Sozialpaktes verankertes Prinzip wonach die reichen Industrie-staaten die Laumlnder des Globalen Suumldens bei der allmaumlhlichen Verwirklichung der Menschenrechte unterstuumltzen sollen

Verpflichtung der Industrielaumlnder gemaumlszlig Art 4 (3 4) der Klimarahmenkonvention die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell und technologisch bei der Minde-rung von Emissionen und Anpassung an den Klima-wandel zu unterstuumltzen

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Verfahrensrechte (Gleichbehandlung Information Beteiligung Rechtsmittel) sind Grundlage aller menschenrechtlichen Vertraumlge weil sie auch fuumlr die Sicherung substantieller Rechte (zB Recht auf Nahrung) bedeutend sind Dies gilt insbesondere auch fuumlr die Rechte besonders diskriminierter Bevoumllkerungsgruppen

Im Gegensatz zu vielen Umweltabkommen (zB Aarhus-Konvention) spielen in der Klimarahmenkon-vention dem Kyoto-Protokoll und dem Pariser Ab-kommen Verfahrensrechte von Einzelpersonen keine Rolle Die Ausgestaltung der internationalen Klima-schutzmechanismen nimmt entsprechend wenig Ruumlcksicht darauf

Vergleich menschenrechtlicher und klimarechtlicher Prinzipien

22 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Die Malediven fordern von der internationalen Staatengemeinschaft Maszlignahmen zum Klimaschutz zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung

Kaum jemand zweifelt mehr daran dass der Klimawandel maszliggeblich men-schengemacht ist und negative Auswir-kungen auf die Wahrnehmung von Menschenrechten hat Auf Grundlage der menschenrechtlichen Schutzpflicht sind die Staaten verpflichtet rasch effektive Maszlignahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen zu ergrei-fen BerichterstatterInnen des UN-Menschenrechtsrats betrachten das im Pariser Abkommen vereinbarte Ziel Emissionen derart zu reduzieren dass der globale Temperaturanstieg unter 15 Grad Celsius gehalten wird daher als menschenrechtliche Pflicht der Staaten Dennoch findet Emissionsmin-derung nicht in dem Umfang statt wie es noumltig waumlre Seit 2005 haben ver-schiedene Akteure auf unterschiedli-chen Wegen versucht diesen Blockaden mit Hilfe des Menschenrechtssystems entgegenzuwirken

Die Regierung der Malediven schlug den politischen Weg ein Die Malediven sind ein Staat bestehend aus etwa 1200 kleinen Inseln die nur wenige Meter uumlber dem Meeresspiegel liegen und unmittelbar vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen sind Die Regierung des Landes initiierte die Maledivische Erklaumlrung zur menschlichen Dimension des globalen Klimawandels die sie im November 2007 gemeinsam mit 38 weiteren kleinen Inselstaaten unterzeichnete In dieser Erklaumlrung forderten sie das Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte der Vereinten Nationen auf dem Menschenrechtsrat eine detaillierte Studie uumlber die Auswir-kungen des Klimawandels vorzulegen was im Oktober 2009 ndash kurz vor der Klimakonferenz in Kopenhagen ndash auch geschah Die Malediven haben damit einen Prozess in Gang gesetzt der maszliggeblich dazu beigetragen hat dass viele Menschenrechtsorgane begannen sich mit den Auswirkungen des Klima-wandels auf die Menschenrechte zu befassen

Einen anderen Weg schlugen die Inuit des US-amerikanischen Teils Alaskas ein 2005 reichten sie bei der Inter-Amerikanischen Menschenrechts-kommission eine Klage gegen die USA ein weil die USA nicht genug taumlten um den Klimawandel zu verhindern Die Kommission lehnte die Verhandlung des Falls ab Ein wesentlicher Grund war dass die Klaumlger nicht hinreichend darle-gen konnten dass vor allem die Un-taumltigkeit der USA zur Verletzung ihrer Menschenrechte fuumlhre Die Kommission lud die Inuit aber im Maumlrz 2007 zu einer Anhoumlrung ein um die Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Menschen-rechte zu eroumlrtern Obwohl sie rechtlich eine Niederlage erlitten hatten wurde die Anhoumlrung doch zu einem politi-schen Erfolg der der Situation der Inuit global viel Aufmerksamkeit einbrachte

Des Weiteren war die Klageschrift der Inuit der Auftakt zu einer Vielzahl von Versuchen die Staaten auf juristi-schem Wege zur Pflicht zu rufen Dies muss sich aber nicht auf Organe des Menschenrechtssystems beschraumlnken Besonders erfolgreich war eine Klage der niederlaumlndischen Umweltorganisa-tion Urgenda gegen die Niederlande Das Bezirksgericht in Den Haag urteilte 2015 auf Grundlage der in der nieder-laumlndischen Verfassung verankerten Fuumlrsorgepflicht des niederlaumlndischen Staates dass die Niederlande auf-grund der Erkenntnisse des vierten Sachstandsberichts des Weltklimarats ihre Emissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 25 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern muumlssen Mit den bis dahin ergriffenen Maszlignahmen waumlren voraussichtlich nur 17 Prozent erreicht worden

Trotz dieser Erfolge bleibt es schwierig einzelne Staaten fuumlr den Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Menschenrechte zur Verant-wortung zu ziehen Haumlufig verstaumlrkt der Klimawandel nur bereits beste-hende Menschenrechtsverletzungen Auch die Unterscheidung ob eine

Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 23

Menschenrechtsverletzung in diesem Zusammenhang Folge des Klimawandels oder uumlblicher Wetterextreme ist ist oft schwierig So kommt das Hochkommis-sariat fuumlr Menschenrechte 2009 zum Ergebnis dass der Klimawandel zwar eindeutig negative Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Menschenrech-ten hat dass es aber weniger eindeutig ist ob und in welchem Ausmaszlig die Auswirkungen in streng rechtlichem Sinn als Menschenrechtsverletzung qualifiziert werden koumlnnen

Aus Sicht von FIAN Deutschland kann der Verlust des Zugangs zu Nah-rung durch den Klimawandel aber durchaus als Menschenrechtsverletzung gewertet werden fuumlr die andere Staa-

ten als der Heimatstaat mitverantwort-lich sind Zwar ist der Haftungsansatz nach dem Verursacherprinzip aufgrund der oben geschilderten Besonderheiten des Klimaproblems fuumlr eine menschen-rechtliche Argumentation wenig frucht-bar Aufgrund des Wissens der Staaten uumlber die menschliche Verursachung und der nachweislich negativen Auswirkun-gen des Klimawandels auf die weltweite Verwirklichung der Menschenrechte sind die Staaten jedoch gemaumlszlig UN-Sozialpakt Artikel 2(1) menschenrecht-lich verpflichtet einzeln sowie durch internationale Hilfe und Zusammen-arbeit unter Ausschoumlpfung all ihrer Moumlglichkeiten wirksame Maszlignahmen zur Emissionsminderung zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung

bdquoAnpassungldquo umschreibt ein weites Feld von Aktivitaumlten das die Menschen weniger anfaumlllig gegenuumlber den Auswir-kungen des Klimawandels macht Hiermit kann die Einfuumlhrung von duumlrreresistenten Pflanzenarten und von Bewaumlsserungssystemen gemeint sein aber auch Umsiedlung aus Hochrisiko-zonen neue Bauweisen und Bauvor-schriften oder der Ausbau von Institu-tionen zum Risikomanagement Sie macht einen vergleichsweise kleinen Teil der Klimafinanzierung aus die sich 2016 auf insgesamt 380 Milliarden US Dollar belief 93 Prozent der globalen Klimafinanzierung kommen der Emissi-onsminderung zugute die uumlberwiegend privat finanziert ist Mittel aus oumlffentli-cher Hand tragen nur 34 Prozent zur globalen Klimafinanzierung bei wovon wiederum nur 16 Prozent Anpassungs-maszlignahmen zugutekommen 89 Pro-zent der oumlffentlichen Klimafinanzierung werden von internationalen und natio-nalen Entwicklungsbanken gestemmt Selbst die internationalen Banken wie die Weltbank die Asiatische und die

Afrikanische Entwicklungsbank oder die Europaumlische Investitionsbank (EIB) investieren nur durchschnittlich 23 Pro-zent ihrer Investitionen im Klimabe-reich in Anpassungsmaszlignahmen Fuumlr den unmittelbaren Schutz sowie fuumlr Anpassungsmaszlignahmen an die Folgen des Klimawandels werden also verhaumllt-nismaumlszligig wenige Gelder bereitgestellt Dies kann akut zu Menschenrechtsver-letzungen fuumlhren Je spaumlter und halb-herziger in den Klimaschutz investiert wird desto mehr Anpassung wird noumltig Die Pflicht der Staaten solche Maszlignah-men zu unterstuumltzen ergibt sich aus ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen gemaumlszlig Artikel 2(1) des UN Sozialpaktes Sie gilt unabhaumlngig davon wie viel ein Staat zur Klimaer-waumlrmung beitraumlgt Diese Pflicht ergibt sich auszligerdem aus Art 4(3 4) der Klimarahmenkonvention die aumlrmeren Laumlnder sowohl beim Klimaschutz als auch bei der Anpassung an den Klima-wandel unterstuumltzen ndash gemaumlszlig dem Prinzip gemeinsamer aber unterschied-licher Verantwortung

Die Lebensgrundlage der Indigenen im aumlthiopischen Omo-Tal ist durch den Bau des Stauddamms Gibe III bedroht Foto Suvival International

24 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Obergrenze (Cap)

Industriestaaten unterschreiben dashellip

Kyoto-Protokoll (1997)

Ziel Reduktion der Treibhausgasemission

Emissionen im Zeitraum von 2008 bis 2012 um 5 unter das Niveau von 1990 senken

fl exibler Mechanismus

Fabrik A Fabrik B

Wenn die Emissionen unter der Obergrenze

liegen koumlnnen die nicht genutzten Emissionsrechte wieder verkauft

werden

hellip an Staaten oder

Unternehmen die mehr

Emissionen ausstoszligen

wollen

Verkauft die ungenutzten CO

2-Rechtehellip

Funktionsweise des Emissionshandels

Internationale Klimafinanzierung

Gemaumlszlig der Klimarahmenkonvention sind die traditionellen Industrielaumlnder verpflichtet die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell technologisch und mit Kapazitaumltsaufbau zu unterstuumltzen Auf der Klimakonferenz von Kopenha-gen 2009 wurde diese Verpflichtung konkretisiert die Industrielaumlnder sagten zu dass die finanzielle Unter-stuumltzung bis 2020 auf jaumlhrlich 100 Milli-arden US-Dollar anwachsen soll Zu diesen werden nicht nur die aufge-brachten oumlffentlichen Mittel sondern auch private Investitionen in den Klimaschutz gezaumlhlt wenn sie eine Folge staatlicher Maszlignahmen sind

Die Unterstuumltzung durch oumlffentliche Geber laumluft durch eine Vielzahl von Ka-naumllen Zum einen nutzen viele Staaten dazu ihre Organisationen der Entwick-lungszusammenarbeit In Deutschland sind das beispielsweise die Gesellschaft fuumlr Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Kreditanstalt fuumlr Wieder-aufbau (KfW) Zweitens zaumlhlen auch die Weltbank und die regionalen Ent-wicklungsbanken Klimaschutz zu ihren Aufgaben Insbesondere die Weltbank hat mehrere spezielle Klimaschutzfonds geschaffen Drittens wurde eine Reihe von internationalen Fonds eingerichtet Mit den Geldern der 1991 geschaffenen Globalen Umweltfazilitaumlt (Global Envi-ronment Facility GEF) werden Projekte im Rahmen der Klimarahmenkonventi-on und anderer internationaler Um-weltabkommen finanziert 2001 wurden unter der Klimarahmenkonvention eine Reihe von kleinen spezialisierten Fonds eingerichtet die insbesondere Maszlig-nahmen zur Anpassung an den Klima-wandel finanzierenbull der Least Developed Countries Fund

Fonds fuumlr die am wenigsten entwi-ckelten Laumlnder

bull der Special Climate Change Fund Spezieller Klimawandel-Fonds der vor allem Anpassungsmaszlignahmen finanzieren soll und

bull der Adaptation Fund Anpassungs-fonds fuumlr Laumlnder des Globalen Suumldens

Daruumlber hinaus wurde 2010 beschlos-sen den Green Climate Fund (Gruumlner Klimafonds) einzurichten Dieser soll einen erheblichen Teil der zugesagten 100 Milliarden US-Dollar verwalten

Neben diesen Einrichtungen zur Klimafinanzierung wurden im Rahmen des Kyoto-Protokolls auch institutiona-lisierte Verfahren zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige geschaffenbull der internationale Emissionshandel

der den Handel mit Rechten zum Ausstoszlig von Treibhausgasen regelt

bull die Joint Implementation (Gemein-same Umsetzung) uumlber die Klima-schutzprojekte in Industrielaumlndern international zertifiziert werden koumlnnen

bull der Clean Development Mechanism (Mechanismus fuumlr umweltver-traumlgliche Entwicklung) uumlber den Klimaschutzprojekte in Laumlndern

Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 25

des Globalen Suumldens international zertifiziert werden koumlnnen (siehe Kapitel bdquoDer Clean Development Mechanismldquo)

Diese Verfahren dienen aber in ers-ter Linie der Erreichung der Emissi-onsziele der Industrielaumlnder (siehe Kapitel bdquoSenkung der eigenen Emissi-onenldquo) Mitgliedstaaten mit groszligen Regenwaldvorkommen forderten daher

ein Instrument zu schaffen das den Schutz von Waumlldern auf die Klimabilanz anrechnet Infolge wurde 2007 das Programm REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degrada-tion in Developing Countries) ins Leben gerufen Es soll zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige in Laumlndern des Globalen Suumldens beitragen die durch Abholzung von Waumlldern entstehen

Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen

Maszlignahmen zum Klimaschutz sind aus menschenrechtlicher Perspektive oft umstritten Bei Investitionen in erneu-erbare Energien handelt es sich haumlufig um groszlige flaumlchenintensive Infrastruk-turprojekte wie zum Beispiel den Bau von Staudaumlmmen und Wasserkraftwer-ken Windparks groszligflaumlchige Solar- und Erdwaumlrmeanlagen Das Gleiche gilt fuumlr den Anbau von Energiepflanzen wie Oumllpalmen Investitionen in CO2-Senken also die Ausdehnung von Waumlldern oder der Erhalt bestehender Waumllder stehen oft in Konkurrenz zu anderen Flaumlchen- und Waldnutzungen Auch Anpassungs-maszlignahmen wie der Bau von Schutz-waumlllen oder die Einrichtung von siedlungsfreien Zonen in Hochrisikoge-bieten (zum Beispiel in Gebieten die

haumlufig uumlberschwemmt oder durch Erosion und Erdrutsche gepraumlgt sind) betreffen Land das von Menschen genutzt und ihnen durch solche Maszlig-nahmen entzogen wird Die Flaumlchen-konkurrenz zwischen Investitionen zum Klimaschutz und bisheriger Landnut-zung fuumlhrt unter anderem dazu dass KleinbaumluerInnen und Hirtenvoumllkern der Zugang zu Land und Wasser entzogen wird das sie bisher fuumlr den Nahrungs-mittelanbau und die Viehwirtschaft nutzten Haumlufig handelt es sich dabei um indigene Gruppen die keine Landti-tel besitzen Mit der Vertreibung von ihren wirtschaftlich genutzten Flaumlchen geht auch haumlufig die Vertreibung aus den Ansiedlungen einher Verletzungen sozialer Menschenrechte wie die Rechte auf Nahrung Wasser und Woh-nen sind die Folge Aber auch Verfah-rensrechte und das Recht auf Leben werden regelmaumlszligig missachtet

Dafuumlr gibt es viele Beispiele Pana-ma ist eines jener Laumlnder das am meis-ten in Wasserkraftwerke als erneuerbare Energiequelle investiert In mindes-tens drei bekannten Faumlllen ndash Bonyic Chan75 und Barro Blanco ndash kam es dabei zu schweren Menschenrechts-verletzungen Doumlrfer wurden geflutet obwohl die BewohnerInnen noch nicht umgesiedelt waren die Rechte von In-digenen auf ihr Gebiet und Beteiligung an Projekten wurden verletzt Betrof-fene und AktivistInnen die sich gegen diese Maszlignahmen wehrten wurden eingeschuumlchtert und sogar ermordet Auch Kenia gehoumlrt zu den Vorreitern in

Die klimaschuumltzende Wirkung von Staudaumlm-men zur Stromgewinnung wird bestritten Auszligerdem fuumlhren sie oft zu Verletzungen von Menschenrechten der oumlrtlichen Bevoumllkerung Foto Jane Hofbauer

26 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Sachen Klimaschutz ndash haumlufig zu Lasten ausgegrenzter Bevoumllkerungsgruppen In Olkaria willigten Massai in eine Umsiedlungsmaszlignahme zugunsten einer Erdwaumlrmeanlage (Geothermie) ein weil man ihnen eigene Landrech-te versprach die sie jedoch bis heute nicht erhalten haben Mehrere tausend indigene Jaumlger- und Sammlervoumllker wurden aus dem Embobut-Wald in Westkenia (Sengwer und Cherangany) und dem Mau-Wald (Ogiek) vertrieben weil die Regierung deren Nutzung unter REDD+ anstrebt Der Fall der Ogiek wurde 2014 sogar vor dem Afrikani-schen Gerichtshof fuumlr Menschen- und Voumllkerrechte zugunsten der Ogiek ver-handelt Aumlhnliches passierte in anderen Laumlndern Afrikas So wurde in Tansania die Gemeinschaft der Warufiji aus dem Refuiji-Delta vertrieben Sie hatten die Kooperation bei der Aufforstung der Mangrovenwaumllder verweigert weil man ihnen den Anbau von Reis verbot

Die Auswirkungen von Klimaschutz-maszlignahmen koumlnnen aber auch kom-plexerer Natur sein Wie die Weltbank 2008 in einer vielbeachteten Studie zur globalen Nahrungsmittelkrise darlegte trug die Flaumlchenkonkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Energiepflanzen-anbau maszliggeblich zum globalen An-stieg der Nahrungsmittelpreise bei der fuumlr viele Menschen zu Hunger fuumlhrte Anhand dieser katastrophalen Folgen der staatlichen Foumlrderung von Agrar-treibstoffen durch westliche Indust-rienationen wird deutlich wie diese klimapolitisch motivierten Programme in vielen aumlrmeren Laumlndern direkt zur Verletzung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser beitragen

Auch Anpassungsmaszlignahmen schneiden unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten nicht zwingend besser ab Obwohl sie im Prinzip zum Schutz der Menschen gedacht sind fehlt es in manchen Faumlllen an Professionalitaumlt in anderen Faumlllen fehlt der Fokus auf die besonders gefaumlhrdeten Bevoumllkerungs-gruppen In Mosambik wurden die Doumlr-fer im Sambesi-Flussdelta 20072008

nach schweren Uumlberschwemmungen in houmlher gelegene Gebiete umgesiedelt Viele der neuen Siedlungen blieben ohne angemessenen Zugang zu Wasser fruchtbarem Land und Gesundheitsver-sorgung So wurden sie von Nahrungs-mittelhilfen abhaumlngig Viele Familien verloren durch Abwanderung ihren Zusammenhalt Diskriminierungen bei Anpassungsmaszlignahmen kommen auch in entwickelten Laumlndern vor Nach dem Wiederaufbau von New Orleans nach dem Hurrikan Kathrina im Jahr 2005 durfte die arme afro-amerikanische Be-voumllkerung nicht mehr ihre am Flussufer gelegenen Siedlungen beziehen ndash we-gen Uumlberflutungsgefahr Angemesse-nen und finanzierbaren Ersatz bekamen sie jedoch nicht angeboten

Die Ursachen fuumlr negative Aus-wirkungen und Menschenrechtsver-letzungen durch Klimapolitik gehen teilweise auf die Bedingungen in den Projektlaumlndern zuruumlck Die jeweiligen Nationalstaaten sind menschenrecht-lich entsprechend zu beurteilen und zur Pflicht zu rufen Die Ursachen liegen aber auch in den Klimarahmenabkom-men selbst und ihren Mechanismen begruumlndet Bis auf das Abkommen von Paris enthalten diese keinen Verweis auf Menschenrechte Sie betonen aber die Rechte der Nationalstaaten ihre na-tuumlrlichen Ressourcen auszubeuten Das Abkommen von Paris ist insofern ein Erfolg als in der Praumlambel zum ersten Mal ein Bezug zu den Menschenrechten hergestellt wird Auch im Konzept der extraterritorialen Staatenpflichten zur Verwirklichung wirtschaftlicher sozia-ler und kultureller Menschenrechte ist anerkannt dass die Staaten die Pflicht haben ihre Instrumente zum Klima-schutz und zur Unterstuumltzung von An-passungsmaszlignahmen menschenrechts-konform zu gestalten Dennoch gilt es dicke Bretter zu bohren Eine Praumlambel ist nicht rechtsverbindlich sondern als Orientierungs- und Interpretationshilfe fuumlr die Vertragsparteien oder Gerichte zu verstehen

Fuumlr diese Geothermie-Anlage in Kenia wurden Massai von ihrem traditionellen Land vertrieben Foto Jeanette Schade

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 27

Der Clean Development Mechanism

Mit fast 8000 registrierten Projekten ist der Clean Development Mechanism (CDM) des Kyoto-Protokolls das bedeu-tendste internationale Verfahren zum Klimaschutz Er soll einerseits die Gastgeberstaaten der Projekte bei ihrer nachhaltigen Entwicklung unterstuumltzen und andererseits den Industrielaumlndern bei der Erreichung ihrer Emissionsziele helfen

Das Kyoto-Protokoll definiert fuumlr die teilnehmenden Industrielaumlnder verbindliche Emissionsziele Die Uumlber-wachung der Zielerreichung erfolgt auf Grundlage von Emissionszertifikaten jeder verpflichtete Staat muss fuumlr jede Tonne Treibhausgasemission ein Emis-sionszertifikat vorlegen Die Staaten erhalten eine Anfangsausstattung von Zertifikaten auf Grundlage ihrer Ziele zur Verringerung ihrer Emissionen Diese Zertifikate sind handelbar Schafft ein Staat es seine Emissionen staumlrker zu reduzieren als er zum Ziel hat kann er den sich daraus ergebenden Uumlber-schuss an Zertifikaten an andere Laumlnder verkaufen Auszligerdem koumlnnen die In-dustrielaumlnder uumlber den CDM zertifizierte Emissionsreduktionen aus Klimaschutz-projekten in den Laumlndern des Globalen Suumldens ankaufen

Die naturwissenschaftliche Grund-lage dieses so genannten Emissions-handels ist dass die Treibhausgase sich gleichmaumlszligig in der Atmosphaumlre verteilen Fuumlr den Klimawandel macht es keinen Unterschied an welchem Ort Treibhausgase ausgestoszligen oder reduziert werden Durch den Emissions-handel soll es daher ermoumlglicht werden Emissionen an der Stelle zu vermindern an der dies am kostenguumlnstigsten ist Im Kyoto-Protokoll gibt es zum einen den Emissionshandel zwischen Staaten zum anderen werden im CDM Zertifikate fuumlr Emissionsreduktionen in konkreten Projekten ausgestellt wie zum Beispiel fuumlr Windkraftanlagen Prinzipiell kann jeder beliebige Akteur CDM-Projekte durchfuumlhren Zertifikate erhalten und diese dann verkaufen seien es staatli-che Stellen private Unternehmen oder auch zivilgesellschaftliche Organisa-tionen Durch den CDM soll so fuumlr alle Interessierte ein Anreiz gesetzt werden in Emissionsreduktionen zu investieren Die groszlige Mehrheit der CDM-Projekte wird von privaten Unternehmen durchgefuumlhrt

Der CDM unterliegt der Fuumlhrung und Aufsicht der Konferenz der Vertrags-staaten des Kyoto-Protokolls Fuumlr die Pruumlfung und Genehmigung der konkre-ten Projekte sowie fuumlr die Ausarbeitung von Detailregelungen zu den Geneh-migungsverfahren haben die Vertrags-staaten einen Exekutivrat eingerichtet der aus zehn Mitgliedern und zehn stellvertretenden Mitgliedern besteht Die Mitglieder werden von der Vertrags-staatenkonferenz nach einem regiona-len Schluumlssel gewaumlhlt Der Exekutivrat soll nach Moumlglichkeit alle Entscheidun-gen einstimmig treffen Wenn dies nicht moumlglich ist sind auch Abstimmungen mit Dreiviertelmehrheit erlaubt

Um sich fuumlr die Ausstellung von CDM-Zertifikaten zu qualifizieren muumlssen CDM-Projekte ein festgeleg-tes Verfahren durchlaufen Zunaumlchst muumlssen die Traumlger des Projekts eine Projektdokumentation erstellen die darlegt welche Maszlignahmen durchge-fuumlhrt werden sollen und wie dadurch Emissionen vermindert werden Diese

Einige Doumlrfer im kenianischen Tana-Delta muumlssen per Tankwagen mit Trinkwasser versorgt werden

28 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Braucht Zertifi kate um eigene Klimaschaumlden ausgleichen zu

koumlnnen

INDUSTRIELAND

Klimaschutzprojekt wird unterstuumltzt

ENTWICKLUNGSLANDTechnologie

Finanzierung

Die Unterstuumltzung bringt dem Industrieland zusaumltzliche

Zertifi kate ein

Clean Development Mechanism (CDM)-Projekte werden kontrolliert durch den

CDM-EXEKUTIVRAT bestehend aus 10 Mitgliedern

Durch die Unterstuumltzung

sollen CO2-Emissionen vermieden

werden

Jeweils ein Mitglied der fuumlnf regionalen

Gruppen der Vereinten Nationen

Zwei Mitglieder des Kyoto-Protokolls

gelistet als Industrieland (Annex 1)

Zwei Mitglieder die nicht in Annex 1 des

Kyoto-Protokolls gelistet sind

EinE RepraumlsentantIn der kleinen

Inselstaaten

Projektdokumentation muss durch ein sachverstaumlndiges Zertifizierungsun-ternehmen beispielsweise den TUumlV uumlberpruumlft werden Auszligerdem muss das Projekt durch das Durchfuumlhrungsland und mindestens ein Industrieland genehmigt werden Wenn all diese Be-dingungen erfuumlllt sind wird das Projekt dem CDM-Exekutivrat vorgelegt Wenn der Exekutivrat keine Einwaumlnde hat wird es als CDM-Projekt registriert

Waumlhrend der Durchfuumlhrung des Projekts muumlssen seine Traumlger fortlau-fend uumlberwachen und dokumentieren welche Treibhausgasmengen es er-zeugt Die Emissionsminderung ergibt sich aus dem Unterschied zwischen den Emissionen des Projekts und den Emis-sionen die angefallen waumlren wenn das Projekt nicht umgesetzt worden waumlre wenn zum Beispiel statt Strom eines Windparks Strom aus Kohlekraftwerken verwendet worden waumlre Die Dokumen-tation wird wiederum von einer sach-verstaumlndigen Stelle und vom CDM-Exe-kutivrat uumlberpruumlft Abschlieszligend stellt der Exekutivrat den Projektbeteiligten Emissionszertifikate entsprechend der erzielten Emissionsminderung aus

Die Projektbeteiligten koumlnnen die Zertifikate dann an mehrere moumlgliche Abnehmer verkaufen Der erste moumlgli-che Abnehmer sind Industriestaaten die ihre Kyoto-Emissionsziele nicht durch inlaumlndische Emissionsredukti-onen erreichen und daher zusaumltzliche Zertifikate benoumltigen Daruumlber hinaus gibt es in der EU und in mehreren ande-ren Staaten Emissionshandelssysteme auf Unternehmensebene Aumlhnlich wie die Industriestaaten durch das Kyoto-Protokoll verpflichtet sind Emissi-onszertifikate vorzulegen muumlssen in der EU und in anderen Laumlndern auch bestimmte Unternehmen wie die Ener-gieversorger und groszlige Industriebe-triebe fuumlr ihre Treibhausgasemissionen Zertifikate vorlegen Diese Unterneh-men koumlnnen teilweise CDM-Zertifikate verwenden um ihre Verpflichtung zu erfuumlllen Der dritte moumlgliche Abnehmer ist der wachsende Markt der sogenann-ten bdquofreiwilligen Kompensationldquo von Treibhausgasemissionen Dies sind

Unternehmen und Privatpersonen die ihre Emissionen ausgleichen wollen indem sie CDM-Zertifikate kaufen und loumlschen Ein Beispiel dafuumlr sind Aus-gleichszahlungen fuumlr den CO2-Ausstoszlig durch Fluumlge

Der CDM verfuumlgt uumlber keinerlei men-schenrechtliche Kriterien Es gibt ledig-lich die Bestimmung dass die Projekte zur nachhaltigen Entwicklung beitragen sollen und die Vorschrift dass die lokale Bevoumllkerung konsultiert werden muss Allerdings gibt es keine interna-tionalen Kriterien wie der Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung uumlberpruumlft werden soll Stattdessen wird die Pruuml-fung vollstaumlndig den Gastgeberlaumlndern der Projekte uumlberlassen Ebenso gibt es nur vage internationale Kriterien fuumlr die Konsultation der lokalen Bevoumllke-rung Viele Laumlnder haben nur schwache

Funktionsweise des Clean Development Mechanism

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 29

Regeln und uumlberwachen deren Einhal-tung nur schlecht Als Ergebnis kommt es immer wieder zu Vorwuumlrfen dass durch CDM-Projekte Menschenrechte verletzt werden Die internationale Gemeinschaft ist damit nicht ihrer Verantwortung nachgekommen neue voumllkerrechtliche Vertraumlge entsprechend ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen auszugestalten

Das Kyoto-Protokoll wird nach 2020 nicht weitergefuumlhrt entsprechend wird auch der CDM auslaufen Allerdings

wurden im Pariser Abkommen neue Kooperationsmechanismen geschaf-fen Die Regeln zur Umsetzung dieser Mechanismen sollen ausdruumlcklich die Erfahrungen aus den Mechanismen des Kyoto-Protokolls beruumlcksichtigen Aus den menschenrechtlichen Problemen die sich im CDM ergeben haben soll-ten die Staaten die Schlussfolgerung ziehen dass die neuen Mechanismen verbindliche menschenrechtliche Krite-rien benoumltigen

Der Fall Bajo Aguaacuten ndash CDM-Zertifizierung trotz Menschen-rechtsverletzungen

Das Projekt bdquoAguan Biogas Recovery from Palm Oil Mill Effluent [POME] Ponds and Biogas Utilisation ndash Ex-portadora del Atlaacutentico AguanHondurasldquo soll die Behandlung von Abwasser aus einer Palmoumllmuumlhle verbessern und dadurch die Emissio-nen von Methan vermindern Das Palmoumll kommt aus Plantagen die im Zentrum eines gewalttaumltigen Landkon-flikts stehen Laut den oumlrtlichen KleinbaumluerInnen hat sich der Eigentuuml-mer das Plantagenland widerrechtlich angeeignet Sie fordern daher die Ruumlckgabe des Landes Die Sicherheits-kraumlfte der Plantagen und die oumlffentli-chen Sicherheitskraumlfte gehen immer

wieder gewaltsam gegen die Kleinbaumlu-erInnen vor bisher wurden uumlber 50 Personen getoumltet

Diese Umstaumlnde spielten jedoch im Registrierungsverfahren des CDM keine Rolle FIAN und andere Nicht-regierungsorganisationen wiesen den CDM-Exekutivrat darauf hin dass das Projekt in Menschenrechtsver-letzungen verwickelt sei Es wurde dennoch als CDM-Projekt registriert Der CDM-Exekutivrat erklaumlrte dass er kein Mandat habe solche Umstaumlnde zu beruumlcksichtigen Seine Zustaumlndig-keit beschraumlnke sich auf die Klima-schutzauswirkungen von Projekten Neben Honduras war das Projekt auch von Groszligbritannien registriert wor-den Nachdem sie uumlber die Vorwuumlrfe informiert worden war aumluszligerte die britische Regierung zwar dass diese bdquoverstoumlrendldquo seien erklaumlrte aber fuumlr Fragen der Nachhaltigkeit sei das Gastgeberland Honduras zustaumlndig

Das Projekt ist im CDM registriert und kann fuumlr Emissionsreduktionen die bis zum 31 Januar 2018 erzielt wurden Zertifikate erhalten Dieser Zeitraum kann verlaumlngert werden Das Ausmaszlig der Gewalt ist zwar nach einer Intervention der deutschen Regierung zuruumlckgegangen der zugrunde lie-gende Landkonflikt ist aber weiterhin ungeloumlst

Eine honduranische Baumluerin weist bei einer Demonstration auf die schweren Menschen-rechtsverletzungen in Bajo Aguaacuten hin

30 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank

Viele Klimaschutzmaszlignahmen werden ausschlieszliglich von privaten Unterneh-men und Banken durchgefuumlhrt die nicht an verbindliche Sozialstandards gebunden sind Insbesondere in Laumln-dern des Globalen Suumldens mit schwa-chen nationalen Standards und Institu-tionen zu ihrer Durchsetzung gefaumlhrdet dies den Schutz der Menschenrechte

Oumlffentliche Entwicklungsbanken verfuumlgen dagegen uumlber eigene Sozial-standards und Beschwerdeverfahren welche die Gefahr von Menschenrechts-verletzungen bei der Durchfuumlhrung von Projekten verringern koumlnnen Doch auch hier gibt es deutlichen Nachbes-serungsbedarf wie das Beispiel der Europaumlischen Investitionsbank (EIB) zeigt

Die EIB ist eine Bank der Europaumli-schen Union (EU) deren Anteilseigner neben der EU die EU-Mitgliedstaaten sind Sie verfuumlgt uumlber das groumlszligte Bud-get aller Entwicklungsbanken weltweit und ist ein Schluumlsselakteur der Klima-finanzierung Seit 2013 hat sie sich zum Ziel gesetzt jaumlhrlich mindestens 25 Prozent ihres Kreditvolumens fuumlr Kli-maprojekte zu vergeben Im Jahr 2011 leitete die EIB eine Untersuchung ein um ihre Sozialstandards den Anspruuml-chen der EU-Grundrechtecharta sowie den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte anzupassen Das dabei entstandene Handbuch fuumlr Umwelt- und Sozialstandards (2013) verspricht hohe Sozialstandards und beschreibt diese ndash als einzige Bank weltweit ndash sogar mit menschenrechtli-chem Vokabular 2015 uumlberarbeitete die EIB auszligerdem ihre Transparenzpolitik so dass sie im Unterschied zu vielen anderen europaumlischen Entwicklungs-banken bereits vor Bewilligung die Ergebnisse von Umwelt- und Sozial-vertraumlglichkeitsanalysen bekannt gibt Die EIB hat ferner ein eigenes Be-schwerdeverfahren das alle durch ihre Projekte Betroffenen nutzen koumlnnen Die Zustaumlndigen fuumlr die Bearbeitung

der Beschwerden koumlnnen Mediations-prozesse anstoszligen Das Verfahren und das zustaumlndige Gremium koumlnnen sogar selbst Gegenstand einer Beschwerde vor dem EU-Ombudsmann werden wenn die Betroffenen mit seiner Arbeit unzufrieden sind

Gute Standards und ein gutes Beschwerdeverfahren gelten in der Regel als Grundbedingung fuumlr die Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht Dennoch gibt es im System der EIB erhebliche Maumlngel Eine menschenrechtliche Untersuchung der Anwendung der Sozialstandards beim oben erwaumlhnten Erdwaumlrmeprojekt in Kenia fuumlhrte dabei zu folgenden Ergeb-nissen Es werde zu wenige Sozial- und MenschenrechtsexpertInnen je Projekt beschaumlftigt Ersatzweise werden Kre-ditnehmer auf das EIB-Handbuch zu Umwelt- und Sozialstandards verwiesen Die EIB uumlberlaumlsst die Umsetzung ihrer hehren Sozialstandards damit weitge-hend den Kreditnehmern ohne diese mit angemessen Personalressourcen zu unterstuumltzen und zu kontrollieren Betroffene werden von der EIB auch nicht systematisch uumlber die Existenz ihres Beschwerdeverfahrens informiert sondern stoszligen ndash wenn uumlberhaupt ndash erst durch eigene Recherche auf ihn Die EIB-MitarbeiterInnen haben keine Verpflichtung den Beschwerdeaus-schuss aktiv in problematische Projekte einzubinden Er wird erst aktiv wenn Betroffene an ihn herantreten Bei Pro-jekten die von mehreren Geldgebern finanziert werden hat er kein Mandat deren Rolle bei der Verletzung von So-zialstandards zu untersuchen Seine Be-urteilungen und Empfehlungen sind fuumlr die Bank auch nicht rechtlich bindend Das Beispiel der EIB zeigt damit nicht nur deren spezifische Maumlngel in der Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht sondern demonstriert auch die generell begrenzte Reichweite institutioneller Beschwerdemecha-nismen Sie stellen keinen Ersatz fuumlr verbindliche Menschenrechtsstandards dar zu deren Umsetzung Staaten ver-pflichtet sind

Gemaumlszlig dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP) sind 80 Prozent aller Menschen die aufgrund des Klimawan-dels umsiedeln muumlssen FrauenFoto Survival International

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 31

Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Der Status der EU im Menschenrechts-system ist kompliziert Die EU selbst ist kein Staat sondern eine Mitgliederor-ganisation von Staaten Wie andere internationale Organisationen auch ist sie daher keine Vertragspartei der zwischenstaatlichen Menschenrechts-vertraumlge (mit Ausnahme der UN-Behin-dertenrechtskonvention) Sie ist auch keine Vertragspartei der Europaumlischen Menschenrechtskonvention obwohl ihr Beitritt in Artikel 6(2) des EU-Vertrags

festgelegt ist und seit langem gepruumlft wird Daher haben die Menschenrechts-organe der UN und des Europarates auch kein Mandat uumlber die EU und duumlrfen nicht uumlber sie urteilen

Dennoch ist auch die EU verpfl ich-tet Menschenrechte in ihrer Innen- und Auszligenpolitik zu beachten Diese Verpfl ichtungen beruhen vor allem auf a) der EU-Grundrechtecharta (2009) b) dem EU-Vertrag sowie c) auf der Aarhus-Konventiona) Die Grundrechtecharta gilt fuumlr alle

EU-Organe sowie fuumlr die Mitglied-staaten bei der Anwendung von EU-Recht (GRC Art 51(1)) Sowohl das EU-Parlament als auch ein Experten-urteil bestaumltigten ihre extraterritori-ale Reichweite

b) In den EU-Vertraumlgen bekennt sich die EU zum Schutz der Menschen-rechte in ihrer Beziehung zur uumlbri-gen Welt und zur Grundrechtecharta der Vereinten Nationen (EUV Art 3(5)) Sie erklaumlrt diese zu leitenden Grundsaumltzen ihres auswaumlr-tigen Handelns (EUV Art 21) Dies gilt ausdruumlcklich auch fuumlr die Ko-operation mit Entwicklungslaumlndern (EUVA Art 208)

c) Die EU ist eine Vertragspartei der Aarhus-Konvention die nach Expert Innenmeinung ebenfalls auch extraterritorial ausgelegt werden kann

0 100 200 300 400 500

203020141990

Gebaumlude

Landwirtschaft

Industrie

Energiewirtschaft

Verkehr

lt61

72

88

lt98

160

163

lt72

119

209

lt143

181

283

lt183

358

466

Datenquelle Bundesministerium fuumlr UmweltNaturschutz Bau und Reaktorsicherheit (2017)Klimaschutz in Zahlen 2017

Ziele zur Verringerung von Treibhausgas-emissionen Deutschlands nach Sektoren gemaumlszlig dem Klimaschutzplan 2050(in Millionen Tonnen CO2-Aumlquivalenten)

32 FIAN | Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh (2012) Second National Com-munication of Bangladesh to the United Nations Framework Convention on Climate Change Dhaka Ministry of Environment and Forests Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh

Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 37

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Weltbank (2013) Turn Down the Heat Climate Extremes Regional Impacts and the Case for Resilience Washington DC Weltbank

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitikldquo

UN Generalversammlung (1992) Rio-Erklaumlrung uumlber Umwelt und Entwicklung (ACONF15126 (Vol I)) httpwwwunorgdeptsgermanconfagenda21riopdf

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2012) Human Rights Indicators A Guide to Measurement and Implementation httpbitly1oUZYHb

UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

International Commission of Jurists (2011) Maastricht Principles on Extraterritorial Obligations of States in the Area of Economic Social and Cultural Rights Verfuumlgbar mit deutscher Uumlbersetzung unter httpwwwfiandefileadminuser_uploaddo-kumenteshopRaN2012_ETO_Maastricht_Principles_en_de_finalpdf

UN Special Procedures (2015) Climate Change and Human Rights ndash Joint statement by UN Special Procedures on the occasion of World Environment Day 5 Juni 2015 httpwwwohchrorgENNewsEventsPagesDisplayNewsaspxNewsID=16049amp LangID=E

The Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (2015) Human Rights Law Sources UN Pronouncements on Extra-Territorial Obligations httpwwwetoconsortiumorgncenmain-navigationlibrarydocuments tx_drblob_pi15BdownloadUid5D=163

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2015) Report of the Office of the Uni-ted Nations High Commissioner for Human Rights on the relationship between clima-te change and human rights AHRC1061 15 Januar 2009 httpwwwohchrorgENIssuesHRAndClimateChangePagesStudyaspx

UN-Menschenrechtsrat (2016) Report of the Special Rapporteur on the issue of human rights obligations relating to the enjoyment of a safe clean healthy and sustainable environment AHRC3152 1 Februar 2016 httpspapersssrncomsol3paperscfmabstract_id=2729611

Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

European Bank for Reconstruction and Development together with MDB partners the African Development Bank the Asian Development Bank the European In-vestment Bank the Inter-American Development Bank Group and the World Bank Group (2016) Joint Report on Multilateral Development Banksrsquo Climate Finance wwwebrdcom2016-joint-report-on-mdbs-climate-financepdf

Schade Jeanette and Wolfgang Obergassel (2014) Human rights and the Clean Development Mechanism In Cambridge Review of International Affairs Vol 27 No 4 pp 717-735

Sterk Wolfgang und Christof Arens (2010) Investitionen fuumlr den Klimaschutz Die projektbasierten Mechanismen CDM und JI Berlin Bundesministerium fuumlr Umwelt Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) httpwwwcarbon-mechanismsdefileadminmediadokumentePublikationenCMRBroschuere_2010_Einfuehrung_CDM_JI_bfpdf

38 FIAN | Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

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Wolfgang Obergassel Jeanette Schade Lauri Peterson Nicolas Kreibich Timo Beiermann (2017) International Climate Finance Mechanisms and Extraterritorial Human Rights Obligations Status Quo and Future Prospects ein Dossier von FIAN Deutschland httpswwwfiandeartikelansicht2017-07-19-internationale- klimafinanzierung-und-risiken-fuer-die-menschenrechte

FIAN (2008) Agrartreibstoffe und das Menschenrecht auf Nahrung Grundlagen-papier von FIAN-Deutschland httpwwwfiandefiandownloadspdfagrarFIAN_Grundlagenpapier_Agrartreibstoffepdf

Jeanette Schade (2017) EU accountability for the due diligence failures of the European Investment Bank Climate finance and involuntary resettlement in Olkaria Kenya In Journal of Human Rights and the Environment Vol 8(1) 72-97 (Son-derausgabe ldquoClimate Justice and Displacementrdquo Gastherausgeber Schade und Manou)

Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 4: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

Zusammenfassung

Die Menschheit ist dabei durch den Ausstoszlig von Treibhausgasen (THG) wie Kohlendioxid (CO2) Methan (CH4) und Lachgas (N2O) einen Wandel des globa-len Klimas herbeizufuumlhren der in seiner Dimension dem Unterschied von heute zur letzten Eiszeit vergleichbar ist Die globale Durchschnittstemperatur ist seit Beginn der Industrialisierung um knapp 1 Grad Celsius gestiegen Wenn nicht gegengesteuert wird ist bis Ende dieses Jahrhunderts ein Anstieg um 4 bis 5 Grad Celsius zu erwarten Histo-risch betrachtet haben die traditionel-len Industrielaumlnder die meisten Treib-hausgase ausgestoszligen Inzwischen hat zwar China die USA als insgesamt groumlszligter Emittent abgeloumlst pro Kopf der Bevoumllkerung liegen die Emissionen der allermeisten Laumlnder des Globalen Suumldens aber immer noch deutlich unter denen der Industrielaumlnder

Der Klimawandel hat bereits heute spuumlrbare und in der Summe sehr nega-tive Auswirkungen auf die weltweiten Ernteertraumlge und die Verfuumlgbarkeit von Trinkwasser Wesentliche Auswirkungen sind zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge Zunahme der Haumlufi gkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereig-nissen wie Uumlberschwemmungen und Duumlrren der Anstieg des Meeresspiegels und das Abschmelzen der Gletscher Diese Entwicklungen werden sich in der Zukunft noch verstaumlrken und gerade die

armen Menschen in den Laumlndern des Globalen Suumldens am staumlrksten treffen obgleich diese am wenigsten zu den Ursachen der Erderwaumlrmung beigetra-gen haben In den meisten Laumlndern des Globalen Suumldens wird voraussichtlich bereits eine globale Erwaumlrmung zwi-schen 1 und 2 Grad Celsius zu erhebli-chen Ernteverlusten fuumlhren Mehr als ein Sechstel der Weltbevoumllkerung lebt in Flussgebieten in denen die Versor-gung mit Suumlszligwasser hauptsaumlchlich durch saisonale Abschmelzungen von Schnee und Gletschereis bereitgestellt wird Im Zuge des Klimawandels wer-den diese Wasserspeicher zunehmend verschwinden Auch die Existenz vieler kleiner Inselstaaten ist bedroht Der Klimawandel stellt damit die weltweite Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser vor betraumlchtliche Herausforderungen

Um angesichts des Klimawandels das Recht auf Nahrung und Wasser auch in Zukunft gewaumlhrleisten zu koumlnnen muumlssen Staaten also Maszlignahmen zum Klimaschutz ergreifen Interna-tional anerkannte Menschenrechte und Umweltvoumllkerrecht wirken hier ineinander Denn die Verwirklichung vieler Menschenrechte insbesondere auch des Rechts auf Nahrung haumlngen unmittelbar vom Zustand der natuumlrli-chen Umwelt ab Die Staaten der Welt sind aus menschenrechtlicher und aus

4 FIAN | Zusammenfassung

Zusammenfassung

klimapolitischer Perspektive verpflich-tet den Klimawandel zu stoppen und seine Wirkungen abzumildern Neben der Emissionsminderung gebieten die Menschenrechte besonders solche be-troffenen Bevoumllkerungsgruppen bei der Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels zu unterstuumltzen die hierfuumlr kaum Mittel haben

Aufgrund ihrer hohen Treibhausgas-emissionen und des Vorhandenseins umfangreicher technischer und wirt-schaftlicher Ressourcen haben Deutsch-land und die EU die Pflicht bei der Senkung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Auszligerdem kommt ihnen die Aufgabe zu die Laumlnder des Globalen Suumldens durch die vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und die Bereitstellung von Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Bemuumlhun-gen zu unterstuumltzen Treibhausgasemis-sionen zu vermeiden und sich an die Folgen des Klimawandels anzupassen

Daruumlber hinaus muumlssen die konkre-ten Klimaschutzmaszlignahmen mit den Staatenpflichten zur Verwirklichung der Menschenrechte in Einklang stehen Entsprechend ihrer menschenrechtli-chen Respektierungs- und Schutzpflicht sind die Staaten verpflichtet darauf zu achten dass Maszlignahmen zur Senkung der Treibhausgasemissionen ndash wie die Errichtung neuer Stromkraftwerke oder die Nutzung von Waumlldern als Kohlen-stoffspeicher ndash die Wahrnehmung von Menschenrechten im In- und Ausland nicht beeintraumlchtigen oder gar verlet-zen Klimaschutzmaszlignahmen duumlrfen nicht dazu fuumlhren dass Menschen die Existenzgrundlage entzogen wird Sie muumlssen die Rechte indigener Voumllker und lokaler Gemeinschaften auf ihr ange-stammtes Land natuumlrliche Ressourcen sowie ihre traditionelle Landnutzung anerkennen und respektieren Betrof-fene indigene Voumllker und lokale Ge-meinschaften muumlssen in alle Stufen der Entscheidungsfindung umfassend und effektiv einbezogen werden Fuumlr den

Fall von Konflikten muumlssen Verfahren zur Beilegung eingerichtet werden

Bisher waren Menschenrechte allerdings noch eine Leerstelle in der internationalen Klimapolitik Erst im Pariser Klimaabkommen von 2015 wurde ein Bezug zwischen Klimaschutz und Menschenrechten hergestellt Zwischenstaatliche und internationale Finanzierungsverfahren fuumlr Klima-schutzmaszlignahmen beinhalten bisher oft keine menschenrechtlichen Schutz-regeln In der Praxis kommt es immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen zum Beispiel durch Vertreibungen

Die Praumlambel des Pariser Abkom-mens fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Dieser Anspruch muss nun in die Tat umgesetzt werden Deutsch land und die EU muumlssen erstens dafuumlr Sorge tragen dass ihre eigenen Klimaschutz-maszlignahmen menschenrechtskonform gestaltet werden Zweitens muumlssen sie auf internationaler Ebene alle Moumlglich-keiten ausschoumlpfen um darauf hinzu-wirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber internationale Einrichtungen und Programme umgesetzt werden men-schenrechtskonform sind

Uumlberschwemmung im Gebiet des Laxmanpur-Damms in Nepal

Zusammenfassung | FIAN 5

Einleitung

Der Klimawandel und die Politik zu seiner Bekaumlmpfung haben zahlreiche Auswirkungen auf die Verwirklichung der Menschenrechte Einerseits gefaumlhr-den zum Beispiel der Anstieg des Meeresspiegels das Schmelzen der Gletscher und die Zunahme von Stuumlr-men und Duumlrren die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser Andererseits erfordert die Bekaumlmpfung des Klimawandels massive Investitionen zum Beispiel in die Energieversorgung oder in den Verkehr Groszliginvestitionen wie Staudaumlmme fuumlhren oft zu Vertreibungen und ande-ren negativen Folgen fuumlr die oumlrtliche Bevoumllkerung Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen hat daher seit 2008 mehrere Beschluumlsse zu diesem Thema verabschiedet

Von KlimapolitikerInnen werden diese menschenrechtlichen Auswirkun-gen jedoch nur zoumlgernd zur Kenntnis genommen Erst 2010 20 Jahre nach dem Beginn internationaler Verhand-lungen zum Klimaschutz wurde der Begriff Menschenrechte zum ersten Mal in einem internationalen Be-schluss erwaumlhnt Nach langen weiteren Verhandlungen hielten die Staaten schlieszliglich 2015 in der Praumlambel des Klimaabkommens von Paris fest dass bdquodie Vertragsparteien beim Vorgehen gegen Klimaaumlnderungen ihre jeweiligen Verpfl ichtungen im Hinblick auf die

Menschenrechte das Recht auf Gesund-heit die Rechte von indigenen Voumllkern lokalen Gemeinschaften MigrantInnen Kindern Menschen mit Behinderungen und besonders schutzbeduumlrftigen Men-schen und das Recht auf Entwicklung so-wie die Gleichstellung der Geschlechter die Staumlrkung der Rolle der Frau und die Gerechtigkeit zwischen den Generationen achten foumlrdern und beruumlcksichtigenldquo sollen

Die vorliegende Broschuumlre bietet eine Einfuumlhrung in die Zusammenhaumlnge zwischen dem Klimawandel und der Verwirklichung der Menschenrechte insbesondere der Rechte auf Nahrung und Wasser Die Broschuumlre stellt zu-naumlchst die Ursachen des Klimawandels und dessen Auswirkungen auf die Menschenrechte auf angemessene Nahrung und Wasser dar und untersucht die unterschiedlichen Auswirkungen auf regionaler und individueller Ebene Im Anschluss erfolgt eine Gegenuumlber-stellung bestehender Staatenpfl ichten aus den internationalen Umwelt- und Menschenrechtsabkommen aus denen Kriterien zur Bestimmung der Staa-tenpfl ichten in der nationalen und internationalen Klimapolitik abgeleitet werden Abschlieszligend werden die men-schenrechtlichen Verpfl ichtungen der deutschen Regierung und der Europaumli-schen Union herausgearbeitet

6 FIAN | Einleitung

Einleitung

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher

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02

04

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10

Jaumlhrlicher MittelwertMittelwert geglaumlttet uumlber 5 Jahre

Temperaturabweichung in degC relativ zu 1951ndash1980

20172000198019601940192019001880

Wichtig fuumlr das Verstaumlndnis des Klima-wandels ist die Begriffe Klima und Wetter voneinander abzugrenzen Der Begriff Wetter bezeichnet den kurzfris-tigen Zustand in Bezug auf Temperatur Niederschlag Luftdruck etc an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit Der Begriff Klima hingegen be-zeichnet vereinfacht gesagt den langjaumlhrigen Durchschnitt des Wetters uumlber Zeitraumlume von mindestens 30 Jah-ren Klimawandel bedeutet also eine Aumlnderung des langfristigen Durch-schnitts Seit Jahrzehnten steigt insbesondere der Durchschnitt der globalen Lufttemperatur trotz jaumlhrli-cher Schwankungen immer weiter an Aktuell liegt er rund 08 Grad Celsius uumlber dem Durchschnitt vor Beginn der Industrialisierung

Der Klimawandel kann also nicht durch ein besonders heiszliges oder kaltes Jahr bdquobewiesenldquo oder bdquowider-legtldquo werden Aussagekraumlftig ist nur der langfristige Trend Die Aumlnderung der globalen Durchschnittstemperatur sollte auch nicht an den Schwankungen der taumlglichen Temperatur gemessen werden Scheinbar geringe Aumlnde-rungen der Durchschnittstemperatur ziehen schnell betraumlchtliche Folgen mit sich Der Unterschied in der globalen Durchschnitts temperatur z wischen heute und den Eiszeiten in denen die Polargletscher bis Norddeutschland

reichten liegt nur bei 5 Grad Celsius Bereits die bisher eingetretene Erwaumlr-mung von weniger als 1 Grad Celsius hat deutliche Folgen fuumlr die Lebensmittel- und Wasserversorgung (siehe folgendes Kapitel)

Der Stand der Klimawissenschaft wird regelmaumlszligig vom so genannten Weltklimarat (Intergovernmental Panel on Climate Change IPCC) in dessen Sachstandsberichten zusammenge-stellt Die Aufgabe des Weltklimarats ist esbull die Risiken und Folgen des Klima-

wandels zu untersuchen

Globaler Temperaturindex Oberfl aumlchen-temperaturen Land und Ozean 1880-2017Datenquelle NASA Goddard Institute for Space Studies httpdatagissnasagovgistempgraphs

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher | FIAN 7

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher

bull Strategien und Maszlignahmen fuumlr die Vermeidung eines gefaumlhrlichen Kli-mawandels sowie fuumlr die Anpassung an den Klimawandel vorzuschlagen

Der Weltklimarat betreibt keine eigene Forschung sondern traumlgt die Ergebnis-se der wissenschaftlichen Forschung zusammen Sein neuester (fuumlnfter) Sachstandsbericht wurde 20132014 veroumlffentlicht

Zentral fuumlr den Klimawandel ist der so genannte Treibhauseffekt In einem Treibhaus passiert das Sonnenlicht die Glasdaumlcher und -waumlnde weitgehend un-gehindert und erwaumlrmt das Treibhaus Die Waumlrme kann durch die Daumlcher und Waumlnde nicht entweichen In der Atmo-sphaumlre ist ein aumlhnlicher Effekt aufgrund der so genannten Treibhausgase (THG) zu beobachten Von der Sonne faumlllt energiereiche kurzwellige Strahlung auf die Erde und dringt weitgehend ungehindert durch die Atmosphaumlre zur Erdoberflaumlche durch Die Erdoberflaumlche wiederum strahlt weniger energiereiche langwellige Strahlung ab Diese wird zu einem groszligen Teil durch die Treibhaus-gase in der Atmosphaumlre aufgenommen und dann wieder in alle Richtungen abgestrahlt Die Treibhausgase halten also einen Teil der Waumlrmeenergie auf der Erdoberflaumlche zuruumlck der sonst in den Weltraum abgestrahlt wuumlrde Das haumlufigste natuumlrlich vorkommende Treib-hausgas ist Wasserdampf (H2O g) Er

ist fuumlr rund zwei Drittel des natuumlrlichen Treibhauseffekts verantwortlich Andere Treibhausgase sind etwa Kohlendioxid (CO2) Methan (CH4) und Lachgas (N2O) Durch den natuumlrlichen Treibhauseffekt wurde das Leben auf der Erde in der heutigen Form uumlberhaupt erst moumlglich Er bewirkt eine Erwaumlrmung der Erdober-flaumlche um 33 Grad Celsius wodurch die durchschnittliche globale Temperatur auf 15 Grad Celsius angehoben wird Ohne den natuumlrlichen Treibhauseffekt laumlge sie bei minus 18 Grad Celsius

Auf diesen natuumlrlichen Effekt sattelt die Menschheit nun den menschenge-machten (anthropogenen) Treibhaus-effekt auf Durch verschiedene industri-elle und landwirtschaftliche Aktivitaumlten steigert der Mensch die Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphaumlre CO2 hat mit rund 60 Prozent den Haupt-anteil am anthropogenen Treibhaus-effekt Es wird durch die Verbrennung der fossilen Brennstoffe minus Braun- und Steinkohle Erdoumll und Erdgas minus so-wie die fortschreitende Rodung der Waumllder freigesetzt Seit Beginn der Industrialisierung hat der Mensch die atmosphaumlrische CO2-Konzentration von 280 ppm (parts per million dh Teile Kohlendioxid pro eine Million Atmo-sphaumlrenteile) auf uumlber 400 ppm erhoumlht Dieser Wert uumlbertrifft bei weitem die natuumlrliche Bandbreite der atmosphauml-rischen CO2-Konzentration der letzten 800000 Jahre die anhand von Eisboh-rungen ermittelt werden konnte

Wie oben erwaumlhnt wurde durch den Anstieg der Treibhausgas-Konzentra-tion in der Atmosphaumlre bereits eine Erwaumlrmung der mittleren globalen Luft-temperatur von fast 1 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter ausgeloumlst Bis zum Ende des 21 Jahr-hundert wird eine Erwaumlrmung von bis zu 4 Grad Celsius erwartet Solch eine Erwaumlrmung entspraumlche in der Groumlszligen-ordnung dem Temperaturunterschied zwischen dem Tiefpunkt der letzten Eiszeit und der derzeitigen Warmzeit Die Erhoumlhung der Temperatur seit der letzten Eiszeit dauerte 8000 Jahre ndash die Menschheit ist dabei einen ebenso

Atmosphaumlre

Treibhausgase

SonnenlichtWaumlrme von der Erde

Der natuumlrliche Treibhauseffekt(Grafik nach Lars EbbersmeyerWikimedia)

8 FIAN | Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher

groszligen Temperaturanstieg innerhalb von 200 Jahren hervorzurufen

Die Loumlsung des Klimaproblems ist unter anderem deswegen so schwierig weil bei nahezu allen wirtschaftlichen Aktivitaumlten Treibhausgase ausgestoszligen werden Mit einem Viertel der Emis-sionen hat die Erzeugung von Strom und Waumlrme den groumlszligten Anteil Nur knapp dahinter liegen mit 24 Prozent Land- und Forstwirtschaft Dies liegt vor allem an der Rodung der Waumllder in Laumlndern des Globalen Suumldens sowie an hohen Emissionen aus Viehwirtschaft und Reisanbau Weitere hohe Ausstoumlszlige kommen aus der Industrie mit 21 Pro-zent und dem Verkehr mit 14 Prozent

Aktuell verursacht China den groumlszlig-ten Ausstoszlig von Treibhausgasen gefolgt von den USA der EU und Indi-en Betrachtet man jedoch alle Emissi-onen seit dem Beginn systematischer Aufzeichnungen im Jahr 1850 so sind die Industrielaumlnder fuumlr rund drei Vier-tel davon verantwortlich Ein anderes Bild entsteht auch wenn man die Emissionen pro Kopf betrachtet Waumlh-rend in Deutschland im Durchschnitt 10 Tonnen CO2 pro Kopf ausgestoszligen

werden und in den USA sogar 18 Ton-nen sind es in China 8 Tonnen und in Indien nur rund 23 Tonnen Zudem ist es innerhalb dieser Laumlnder oft nur eine wohlhabende Minderheit die durch ihren energieintensiven Lebensstil am meisten zu den Emissionen beitraumlgt waumlhrend der arme Groszligteil der Bevoumll-kerung weiterhin nur einen geringen Anteil daran hat

25

21

14

16

Sonstige

Industrie

Verkehr

Strom- und Waumlrme-erzeugung

Land- und Forst-wirtschaft

24

Die Verbrennung fossiler Energietraumlger ist eine der wesentlichen Ursachen des menschengemachten Treibhauseffekts

Anteil verschiedener Wirtschaftssektoren an den TreibhausgasemissionenDatenquelle Weltklimarat

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher | FIAN 9

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Basierend auf den Analysen des Welt-klimarats (2007 und 2014) und dem Grundlagendokument der Ernaumlhrungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Food and Agricul-tural Organization FAO) zum Thema

Klimawandel und Ernaumlhrungssicherheit (2008) lassen sich im Wesentlichen fuumlnf Faktoren festmachen die die Wahrneh-mung des Rechts auf Nahrung vieler Menschen bedrohen

Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur

Die Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur hat regional stark unterschiedliche Auswirkungen In den mittleren und houmlheren Breitengraden Nordamerikas Europas Asiens und

Suumldamerikas verlaumlngert ein gemaumlszligigter Anstieg der mittleren globalen Lufttem-peratur zwischen 1 Grad Celsius und 2 Grad Celsius die landwirtschaftlichen Anbauphasen und koumlnnte zu houmlheren

Die Karte zeigt wie sich der Klimawandel bis 2100 voraussichtlich auf die Eignung fuumlr landwirtschaftliche Nutzung auswirken wird

Grafi k Dr Florian Zabel Ludwig-Maximilians-Universitaumlt Muumlnchen (LMU)

schlechter besser

Auswirkungen des Klimawandels auf die

Verwirklichung des Menschenrechts auf

Nahrung

10 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Ertraumlgen fuumlhren Demgegenuumlber fuumlhrt in den saisonal trockenen Laumlndern niedriger Breitengrade in denen sich die meisten Laumlnder des Globalen Suuml-dens befinden bereits eine Erwaumlrmung zwischen 1 Grad Celsius und 2 Grad Celsius zu erheblichen Ernteverlusten Dies ist vor allem auf eine staumlrkere Verdunstung in Verbindung mit der weit verbreiteten regenbewaumlsserten Land-wirtschaft in diesen Laumlndern zuruumlckzu-fuumlhren Die Ertraumlge werden auch beein-

traumlchtigt wenn die Tagestemperaturen gewisse Schwellenwerte uumlberschreiten die je Pflanzenart unterschiedlich sind Der Klimawandel hat zur Folge dass diese Werte haumlufiger uumlberschritten werden

Bei einem Temperaturanstieg von uumlber 2 Grad Celsius erwartet die Klima-wissenschaft in allen Klimazonen minus also auch in den houmlheren Breitengraden minus negative Auswirkungen auf die land-wirtschaftliche Produktion

Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge

Im Zuge des Klimawandels werden sich die Niederschlagsmuster sowohl jahres-zeitlich als auch raumlumlich veraumlndern Generell sagt die Klimaforschung voraus dass feuchte Regionen zukuumlnf-tig noch feuchter und trockene Regio-nen noch trockener werden Gleichzei-tig prognostiziert die Klimaforschung

dass die Niederschlaumlge staumlrker sowie die zeitlichen Abstaumlnde zwischen Regenfaumll-len insgesamt groumlszliger werden Dies wird mit groszliger Wahrscheinlichkeit eine Zunahme von Duumlrren und Uumlberschwem-mungen zur Folge haben die groszlige Verluste in der Land- und Viehwirtschaft hervorrufen werden

Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen

Die Klimaforschung sagt voraus dass die Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen wie starken Stuumlrmen und lang anhaltenden Regen-schauern auf allen Kontinenten zuneh-men wird In tropischen Regionen wird aufgrund der erhoumlhten Temperaturen und des ansteigenden Meeresspiegels eine Zunahme von Zyklonen prognosti-ziert die zu Ernteausfaumlllen auf dem Land sowie zur Zerstoumlrung der fuumlr die

Fischerei wichtigen Korallen beitragen werden Diese extremen Wetterereig-nisse beschaumldigen nicht nur die ange-bauten Feldfruumlchte und treiben die Erosion des Bodens voran sondern fuumlhren auch zu enormen Schaumlden an der Infrastruktur in den betroffenen Regionen Dies kann nicht nur den Zugang zu Maumlrkten verschlechtern sondern auch eine Notversorgung mit Lebensmitteln behindern

Anstieg des Meeresspiegels

Die Erhoumlhung der globalen Temperatu-ren fuumlhrt zur Ausdehnung der Wasser-massen der Ozeane (durch die Erwaumlr-mung einer Substanz erhoumlht sich ihr Volumen) sowie zum Abschmelzen des Polareises und der Gletscher Der dadurch ansteigende Meeresspiegel bedroht den Lebensraum der Bewohne-rInnen kleiner Inseln des pazifischen und indischen Ozeans sowie der Kuumlsten-bewohnerInnen Fruchtbares Tiefland wird uumlberschwemmt Ackerboumlden

versalzen Daruumlber hinaus wird voraus-gesagt dass die Fischereiwirtschaft zunehmend in Konkurrenz zum ver-staumlrkten Kuumlstenschutz stehen wird der durch den Klimawandel erforderlich wird Der Bau von Daumlmmen fuumlhrt zu Veraumlnderungen in den Ablagerungs-schichten des Meeresbodens sowie in der Versorgung kuumlstennaher Oumlkosyste-me mit Frischwasser und Naumlhrstoffen mit nachteiligen Folgen fuumlr die lokale Fischerei

Bereits jetzt hat der Klimawandel in einigen Regionen der Welt geringere Maisernten zur Folge

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 11

Groumlszligere Wetterschwankungen

Insgesamt bringen die klimatischen Veraumlnderungen instabilere Wetterver-haumlltnisse mit sich die die Wasserversor-gung sowie die Land- und Viehwirt-schaft in vielen Regionen erschweren

und Ernteertraumlge schwanken lassen Dies stellt ein Risiko fuumlr die Einkom-mensgrundlage der BaumluerInnen sowie fuumlr die Versorgung lokaler und regiona-ler Maumlrkte mit Nahrungsmitteln dar

Der Klimawandel hat einen enormen Einfluss auf den Zugang zu ausreichen-dem und sauberem Wasser Mit jedem Grad globaler Erwaumlrmung werden sich die erneuerbaren Trinkwasserressour-cen voraussichtlich fuumlr 7 Prozent der Weltbevoumllkerung um 20 Prozent verrin-gern Der Klimawandel verstaumlrkt die

bereits bestehenden Wasserprobleme in vielen Erdregionen die durch das hohe Bevoumllkerungswachstum das Anwachsen der Megastaumldte die Ausbreitung eines ressourcenintensiven Lebensstils und die Uumlbernutzung von Frischwasser durch die industrielle Landwirtschaft hervorgerufen werden

Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels

Neben der Uumlberschwemmung von Kuumlstengebieten sowie vieler kleiner Inseln des indischen und pazifischen Ozeans fuumlhrt der Anstieg des Meeres-spiegels in kuumlstennahen Gebieten auch

zur Versalzung des Grundwassers Frischwasser wird dadurch immer knapper und die Zahl der Menschen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser wird schnell steigen

Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur

Mehr als ein Sechstel der Weltbevoumllke-rung lebt in Flussgebieten die haupt-saumlchlich durch saisonale Abschmelzun-gen von Schnee und Gletschereis mit Suumlszligwasser versorgt werden Durch die ansteigende Lufttemperatur wird die Schneefallmenge in den Wintermonaten abnehmen Zudem wird sich der Abfluss des Schmelzwassers von den Bergen zunehmend von den Sommermonaten ndash in denen der Bedarf am groumlszligten ist ndash in den Fruumlhling verschieben Gleichzeitig wird der Temperaturanstieg zu einem weiteren Ruumlckgang der Gletscher fuumlhren die aufgrund ihrer Kapazitaumlt zur Speicherung von Suumlszligwasser eine zentrale Rolle bei der Trinkwasserver-

sorgung in den Flussgebieten spielen Bei einem Temperaturanstieg von 4 Grad Celsius koumlnnte der Umfang der Gletscher bis zum Ende des Jahrhun-derts weltweit um bis zu vier Fuumlnftel abnehmen Dies wird ein kurzfristiges Ansteigen der Flusslaumlufe zur Folge haben Langfristig wird sich die Wasser-menge der Fluumlsse jedoch verringern Schlieszliglich wird vorhergesagt dass das Ansteigen der Lufttemperatur und die abnehmende Wassermenge in den Suumlszliggewaumlssern zu starkem Algen- und Bakterienwachstum fuumlhren Dadurch wird sich die Wasserqualitaumlt in den betroffenen Regionen verschlechtern

Auswirkungen des Klimawandels auf die

Verwirklichung des Menschenrechts auf

Wasser

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta muss aufgrund des Klimawandels immer tiefer nach Trinkwasser graben

12 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge

Trockene Gebiete sowie Regionen mit geringen Suumlszligwasserspeichern in denen die Gewinnung von Trinkwasser unmit-telbar aus dem Regenwasser erfolgt werden mit groszliger Wahrscheinlichkeit besonders heftig von den abnehmen-den Niederschlaumlgen betroffen werden In tropischen Gebieten wiederum kann

die vorhergesagte Erhoumlhung der jahres-zeitlichen Niederschlagsmenge zu Uumlberschwemmungen fuumlhren Durch das Ausspuumllen der Boumlden der uumlberfluteten Landflaumlchen koumlnnen Schadstoffe in das Wasser gelangen die die Suumlwasserres-sourcen verschmutzen

Die Klimaaumlnderungen werden in der tropischen und subtropischen Klimazo-ne ndash in der sich die Mehrzahl der Laumlnder des Globalen Suumldens befindet ndash weit negativer ausfallen als in der gemaumlszligig-ten Klimazone in der uumlberwiegend Industriestaaten beheimatet sind Daruumlber hinaus verfuumlgen die Menschen in den Laumlndern des Globalen Suumldens aufgrund mangelnder finanzieller und technologischer Mittel uumlber eine nur geringe Anpassungsfaumlhigkeit an die

bevorstehenden Klimaaumlnderungen Es werden also gerade die Menschen am staumlrksten unter den Auswirkungen der Erderwaumlrmung leiden die am allerwe-nigsten zu deren Verursachung beige-tragen haben

Dem Weltklimarat zufolge sind die Arktis Afrika kleine Inseln sowie die groszligen asiatischen Flussdeltas die am staumlrksten vom Klimawandel betroffenen Regionen

Kleine Inselstaaten

Kleine Inselstaaten wie beispielsweise Vanuatu und Tuvalu sind bereits heute schon stark von den klimatischen Veraumlnderungen betroffen Der anstei-gende Meeresspiegel erhoumlht die Gefahr von Uumlberschwemmungen und Sturmflu-ten und stellt eine Bedrohung fuumlr die Wasserversorgung die Landwirtschaft und die gesamte Infrastruktur dar Die Wasserversorgung der Inseln wird zusaumltzlich dadurch erschwert dass durch die Klimaaumlnderungen Meereswas-ser in das Grundwasser dringt Denn gerade auf den kleinen Inseln und Atollen liegt der Grundwasserspiegel haumlufig nur etwa ein bis zwei Meter unter der Erdoberflaumlche

Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels

Die kleinen Inselstaaten sind aufgrund des Klimawandels vom Untergang bedroht

Die Regenfaumllle in Haiti werden heftiger undfuumlhren haumlufiger zu Uumlberschwemmungen

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 13

Daruumlber hinaus gefaumlhrden die vor-ausgesagten Veraumlnderungen der Nie-derschlagsmenge die Wasserversorgung der Inseln Denn auf den meisten Atol-len erfolgt die Trinkwassergewinnung durch das Auffangen von Regenwasser Des Weiteren beeintraumlchtigen die mit dem Meeresspiegelanstieg einherge-hende Versalzung der Boumlden und die

Unregelmaumlszligigkeiten der Niederschlaumlge die landwirtschaftliche Selbstversor-gung vieler Inseln Nicht nur die Ertraumlge der Agrarwirtschaft sondern auch die der Fischwirtschaft drohen aufgrund des temperaturbedingten Absterbens der Korallenriffe drastisch zuruumlckzuge-hen die vielen Fischen als Nahrungsre-servoir dienen

Afrika

Fuumlr das suumldliche Afrika wird vorherge-sagt dass der jaumlhrliche Niederschlag bei einer globalen Erwaumlrmung von 4 Grad Celsius um bis zu 30 Prozent abnehmen koumlnnte In Teilen des suumldli-chen und westlichen Afrikas koumlnnte sich die jaumlhrliche Wiederauffuumlllung des Grundwassers um 50 bis 70 Prozent vermindern Entsprechend erhoumlht sich das Risiko von Duumlrren Fuumlr das Horn von Afrika und das noumlrdliche Ostafrika sagen verschiedene Klimamodelle sehr unterschiedliche Folgen voraus Einige Modelle prognostizieren eine Verringe-rung der Niederschlaumlge andere eine Erhoumlhung Allerdings waumlre diese Erhouml-hung vermutlich nicht gleichmaumlszligig

uumlber das Jahr verteilt sondern wuumlrde sich in intensiven Regenperioden niederschlagen wodurch das Risiko von Uumlberflutungen steigen wuumlrde

Deutliche Auswirkungen auf die Landwirtschaft sind selbst bei niedri-gem Temperaturanstieg zu erwarten Bereits eine Erwaumlrmung von 15 Grad Celsius bis zum Jahr 2030 koumlnnte dazu fuumlhren dass 40 Prozent der Maisan-baugebiete nicht mehr fuumlr die derzeit angebauten Sorten geeignet waumlren Bei einer Erwaumlrmung von bis zu 2 Grad Celsius bis 2050 koumlnnten die Ertraumlge der gesamten Landwirtschaft um 10 Prozent abnehmen bei einer houmlheren Erwaumlr-mung um 15 bis 20 Prozent

Suumldostasien

Die dicht besiedelten Flussdeltas Suumldostasiens sind durch den ansteigen-den Meeresspiegel besonders gefaumlhr-det Denn dieser fuumlhrt zum Eindringen von Salzwasser und verstaumlrkt die Inten-sitaumlt von Wirbelstuumlrmen Zudem wird ein starker Anstieg von Hitzeextremen vorhergesagt Bereits bei einer globa-len Erwaumlrmung von 2 Grad Celsius werden 60 bis 70 Prozent der Region von Hitzeextremen und 30 bis 40 Pro-zent der Region von neuen Hitzerekor-den betroffen sein

Die Landwirtschaft wird durch diese Veraumlnderungen schwer getroffen werden So koumlnnte der Reisanbau im Mekongdelta der die Haumllfte des vietna-mesischen Reisertrags liefert bereits bis 2040 um rund 12 Prozent zuruumlck-gehen Auch die Fischwirtschaft wuumlrde durch die Erwaumlrmung und Versauerung des Wassers sowie das Absterben der Korallenriffe stark geschaumldigt Dadurch koumlnnte sich beispielsweise das Fangpo-tential in den suumldlichen Philippinen bis zum Jahr 2050 halbieren

Suumldasien

Auch in Suumldasien werden ungewoumlhnlich heiszlige Sommermonate in den naumlchsten Jahrzehnten vielfach haumlufiger auftre-ten Die regionalen und jahreszeitli-chen Schwankungen der Niederschlaumlge werden sich voraussichtlich deutlich

verstaumlrken Es wird erwartet dass bei einer globalen Erwaumlrmung von 4 Grad Celsius die Regenmengen in der trocke-nen Jahreszeit um 30 Prozent abneh-men und in der feuchten Jahreszeit um 30 Prozent zunehmen Diese Verschie-

Bewaumlsserungsmethoden der industriellen Landwirtschaft Afrikas verstaumlrken den Verlust des Zugangs zu Wasser der oumlrtlichen Bevoumllkerung

14 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

bung wird das Risiko von Duumlrren deut-lich erhoumlhen insbesondere fuumlr das nordwestliche Indien Pakistan und Afghanistan Fuumlr das suumldliche Indien wird eine houmlhere Feuchtigkeit vorhergesagt

Groszlige Fluumlsse wie der Ganges Indus und Brahmaputra haumlngen wesentlich von der sommerlichen Schnee- und Gletscherschmelze ab Bereits un-terhalb einer Erwaumlrmung von 2 Grad Celsius wird eine deutliche Erhoumlhung der Anzahl schneearmer Winter erwar-tet Dies wird zu deutlich niedrigeren Wasserstaumlnden in der trockenen Jahres-

zeit fuumlhren Wesentlich fuumlr die Land-wirtschaft sind auch das zeitige und regelmaumlszligige Eintreffen des Monsuns Dessen jaumlhrliche Schwankungen werden sich durch den Klimawandel deutlich verstaumlrken

Es wird erwartet dass die landwirt-schaftliche Produktion ohne den Klima-wandel bis zum Jahr 2050 um 60 Pro-zent steigen wuumlrde mit Klimawandel nur um 12 Prozent Durch den gleich-zeitigen Anstieg der Bevoumllkerung wird in der Folge die Produktion pro Kopf der Bevoumllkerung um ein Drittel abnehmen

Auswirkungen des Klimawandels auf Bangladesch

Bangladesch ist eines der Laumlnder die weltweit am staumlrksten durch den Klimawandel gefaumlhrdet sind Auf einer Flaumlche die etwa 40 Prozent der Groumlszlige Deutschlands entspricht leben 150 Millionen Menschen Das Land hat eine lange Kuumlste und die groszligen Fluumlsse Ganges Brahmaputra und Meghna muumlnden dort ins Meer und treten regelmaumlszligig uumlber die Ufer Schon ohne Klimawandel wird Bangla-desch immer wieder von Uumlberschwem-mungen Duumlrren und Wirbelstuumlrmen getroffen Im Durchschnitt werden jedes Jahr 20 bis 25 Prozent des Landes uumlberflutet Der Klimawandel fuumlhrt zu einem Anstieg des Meeres-spiegels und zur Zunahme von Mon-sunregen und Wirbelstuumlrmen Durch diese Faktoren koumlnnten in der Mitte des Jahrhunderts bei starken Fluten bis zu 80 Prozent des Landes uumlber-schwemmt werden Die Anzahl der Menschen die in Gegenden mit hohem Wirbelsturmrisiko leben koumlnnte von derzeit 87 Millionen auf uumlber 38 Milli-onen steigen

Daruumlber hinaus druumlckt der steigen-de Meeresspiegel vermehrt salziges Meerwasser in Bangladeschs Flussdel-tas Wo das Meerwasser nicht abflieszligt versalzen Boumlden und Suumlszligwasserquel-len Der Meeresspiegel koumlnnte bis 2050 um bis zu einem halben Meter

steigen Dadurch wuumlrde das Land 10 Prozent seiner Flaumlche verlieren was etwa der Groumlszlige Schleswig-Holsteins entspricht Davon waumlren 55 Millionen Menschen direkt betroffen und muumlss-ten umsiedeln

Die Kosten fuumlr die entstehenden Schaumlden und fuumlr die notwendigen Maszlignahmen zur Anpassung an den Klimawandel stellen Bangladesch vor eine enorme Herausforderung Als eines der aumlrmsten Laumlnder der Welt ist es bei der Bewaumlltigung dieser Aufgaben auf internationale finan-zielle und technische Unterstuumltzung angewiesen

Bangladeschs Fluumlsse drohen zu versalzen

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 15

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Die ersten Erkenntnisse zu den negati-ven Folgen des Klimawandels ruumlckten im Laufe der 1980er Jahre zunehmend ins Bewusstsein der Oumlffentlichkeit 1990 reagierte die Generalversammlung der Vereinten Nationen (United Na-tions UN) und beschloss ein interna-tionales Klimaschutzabkommen auszu-handeln Als Ergebnis wurde 1992 die Klimarahmenkonvention auf der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro (im Folgenden kurz Rio-Konferenz) verabschiedet

Die Klimarahmenkonvention ist gleichsam das Grundgesetz der inter-nationalen Klimapolitik Sie legt deren grundsaumltzliche Prinzipien fest (siehe folgendes Kapitel) und verpfl ichtet alle Staaten das Klima zu schuumltzen Daruuml-ber hinaus verpfl ichtet sie die traditio-nellen Industrielaumlnder dazu die Laumlnder des Globalen Suumldens fi nanziell tech-nologisch und durch Organisationsent-wicklung und Ausbildung zu unterstuumlt-zen Allerdings enthaumllt die Konvention keine konkreten Verpfl ichtungen fuumlr einzelne Staaten Solche Verpfl ichtun-gen sollten im Rahmen eines Zusatzpro-tokolls geregelt werden

Die Verhandlungen zu solch einem Protokoll wurden 1995 begonnen und 1997 im japanischen Kyoto abgeschlos-sen Das Kyoto-Protokoll verpfl ichtet die traditionellen Industrielaumlnder ihre Treibhausgasemissionen von 2008

bis 2012 um jeweils laumlnderspezifi sch defi nierte Werte zu senken Die Laumlnder koumlnnen diese Emissionsziele entweder auf ihrem eigenen Staatsgebiet erbrin-gen oder aber uumlber den so genannten Emissionshandel Emissionsminderun-gen aus anderen Laumlndern ankaufen Dazu wurden verschiedene Verfahren entwickelt (siehe Kapitel bdquoInternatio-nale Klimafi nanzierungldquo) Der damals groumlszligte Emittent die USA traten dem Abkommen jedoch nicht bei Zudem enthaumllt das Abkommen keine Verpfl ich-tungen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens

2007 wurden daher neue Verhand-lungen begonnen um ein global um-fassendes Klimaabkommen zu schaffen Das Abkommen sollte 2009 auf der Klimakonferenz in Kopenhagen ver-abschiedet werden dieses Vorhaben scheiterte jedoch Die Staaten konnten sich lediglich auf unverbindliche Zusa-gen einigen Allerdings legten erstmals auch viele Laumlnder des Globalen Suumldens Klimaschutzzusagen vor 2011 wurde ein neuer Anlauf gestartet ein um-fassendes Abkommen zu vereinbaren Gleichzeitig stimmten die EU und einige andere Industrielaumlnder zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020 neue ver-bindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

2015 einigten sich schlieszliglich alle Staaten auf das Pariser Klimaschutz-

16 FIAN | Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

3-SPALTIG1845mm times 90mm

Vereinte Nationen setzen Weltklimarat ein

unterzeichnet durch alle Staaten der Welt greift ab 2020

Pariser Klimaschutz-abkommen

Industrielaumlnder verpfl ichten sich ihre Treibhaus-gasemissionen von 2008 bis 2012 zu senken

Maumlngel Die USA haben nicht unterzeichnet und keine Verpfl ichtungen fuumlr den Globalen Suumlden

Verabschiedung

des

Kyoto Protokolls

1988

1992

1997

2011

2015

2016Beschluss der

Klimarahmenkonvention bei der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung (Rio-Konferenz)

Die EU und einige andere Industrielaumlnder stimmen zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020

neue verbindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

US-Praumlsident Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckzuziehen

abkommen Das Abkommen greift ab 2020 und verpflichtet alle Mitglieder Klimaschutzbeitraumlge vorzulegen Diese Beitraumlge sind allerdings rechtlich nicht verbindlich Stattdessen setzt das Abkommen auf transparente Berichter-stattung und oumlffentliches Anprangern um die Staaten anzuhalten ihre Vor-

haben auch tatsaumlchlich umzusetzen Inzwischen sind alle Staaten der Welt dem Pariser Abkommen beigetreten Allerdings hat der 2016 neugewaumlhlte US-Praumlsident Donald Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckziehen zu wollen

Die RegierungsvertreterInnen freuen sichuumlber die Verabschiedung des Klimaschutzabkommens von Paris Foto (ebenso S 16) IISDKiara Worth(enbiisdorgclimatecop21enb2dechtml)

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik | FIAN 17

Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Es ist deutlich geworden dass diejeni-gen Laumlnder die am wenigsten zum Klimawandel beitragen oft am staumlrks-ten von ihm betroffen sind Dieses Kapitel befasst sich daher mit den voumllkerrechtlichen Verpfl ichtungen der Staaten auf menschenrechtskonforme Weise den Klimawandel aufzuhalten und Anpassungsmaszlignahmen zu unterstuumltzen

Internationale Menschenrechte und Umweltvoumllkerrecht wirken inhaltlich ineinander Die Verwirklichung vieler Menschenrechte insbesondere auch des Rechts auf Nahrung haumlngt naumlmlich unmittelbar vom Zustand der natuumlrli-chen Umwelt ab Dem wurde bereits in der Stockholmer Erklaumlrung zur menschli-chen Umwelt von 1972 Rechnung getra-gen Sie formulierte als erste das Recht auf eine gesunde Umwelt und enthielt bereits damals die drei Prinzipien des Umweltrechts wie sie sich 1992 in der Erklaumlrung von Rio uumlber Umwelt und Entwicklung (im Folgenden kurz Erklauml-

rung von Rio) wiederfi nden das Vorsor-geprinzip das Verursacherprinzip und die gemeinsame aber unterschiedliche Verantwortung

Zugleich handelt es sich bei Men-schenrechten und Umweltrecht aber um unterschiedliche Bereiche des Voumllker-rechts Eine durchgaumlngige Beruumlcksichti-gung von Menschenrechten im globalen Umwelt- oder Klimarecht ist daher nicht selbstredend Im Folgenden werden die Gemeinsamkeiten und Unterschie-de der Rechtssysteme dargestellt und verdeutlicht welche Prinzipien und Verpfl ichtungen sich jeweils verstaumlrken und wo es Nachbesserungsbedarf gibt Anschlieszligend werden die staatlichen Verpfl ichtungen die sich aus men-schenrechtlicher Sicht fuumlr die Klima-politik ergeben gepruumlft Pfl ichten zur Emissionsminderung zur Unterstuumlt-zung von Anpassungsmaszlignahmen und zur Beachtung von Menschenrechten bei der Durchfuumlhrung von Maszlignahmen

Ganz allgemein handelt es sich beim Voumllkerrecht um Vertraumlge zwischen Staaten in welchen sie wechselseitige Pfl ichten und Rechte festhalten Die Menschenrechte bilden jedoch eine Ausnahme Sie sind Rechte von Einzel-personen und Gruppen gegenuumlber dem

Staat Diesen Rechten stehen staatliche Verpfl ichtungen gegenuumlber Fuumlr beide Bereiche gilt gleichermaszligen dass man zwischen materiellen Rechten und Verfahrensrechten unterscheidet ndash also zwischen konkreten Inhalten von Rechten einerseits (zum Beispiel das

Prinzipien des interna-tionalen Umweltrechts

und der Menschenrechte

Foto Werner Rudhart

18 FIAN | Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Recht auf sauberes Trinkwasser) und Regeln zu Vorgehensweisen anderer-seits (zum Beispiel die Pflicht zu Kon-

sultationen vor Eingriffen in Trinkwas-serreservoire oder die Festlegung von Rechtsmitteln bei Konflikten)

Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts

Die internationale Klimarahmenkon-vention ist Teil des internationalen Umweltrechts zu dem noch viele weitere Vertraumlge wie zum Beispiel das Washingtoner Artenschutzabkommen (1973) oder das Uumlbereinkommen zum Schutze der Ozonschicht (1985) gehouml-ren Vertragsuumlbergreifend sind im internationalen Umweltrecht die drei oben genannten Prinzipien anerkannt Sie gelten als Voumllkergewohnheitsrecht oder sind auf dem besten Wege dorthin Zu diesem Status hat wesentlich die Erklaumlrung von Rio beigetragen zu deren Grundpfeilern sie gehoumlren

Das Vorsorgeprinzip soll verhin-dern dass Schaumlden fuumlr die Umwelt ent-stehen International verankert ist vor allem der Grundsatz der Schadensver-meidung Er besagt dass auch bei un-vollstaumlndigem oder unsicherem Wissen uumlber Art Ausmaszlig Wahrscheinlichkeit und Ursachen von Umweltschaumlden und -gefahren vorbeugend gehandelt wer-den muss um Risiken zu minimieren Es gilt im internationalen Recht insbeson-dere fuumlr Auswirkungen von Maszlignahmen jenseits des eigenen Staatsgebiets wie zum Beispiel die Verschmutzung grenz-uumlberschreitender Gewaumlsser

Das Verursacherprinzip besagt dass fuumlr die Linderung und Beseitigung eingetretener Schaumlden der Verursacher verantwortlich ist und er folglich auch die Kosten tragen muss

Das Prinzip gemeinsamer aber unterschiedlicher Verantwortung entspricht einer Verallgemeinerung des Verursacherprinzips in Bezug auf Veraumlnderungen in der Umwelt fuumlr die kein einzelner Verursacher identifiziert werden kann Ein Beispiel hierfuumlr ist der Klimawandel Die gesamte Staaten-gemeinschaft traumlgt eine gemeinsame Verantwortung zu handeln Dabei wird jenen Staaten eine groumlszligere Verantwor-tung zugeschrieben die wirtschaftlich

leistungsfaumlhiger sind und staumlrker an der globalen Ressourcenausbeute beteiligt sind

Umweltrecht beinhaltet haumlufig auch eine Reihe von Verfahrensrechten In den meisten Staaten muumlssen im Vor-feld von Groszligprojekten beispielsweise deren Umweltvertraumlglichkeit analysiert (Ausdruck des Vorsorgeprinzips) und die betroffene Bevoumllkerung dabei ein-gebunden werden Vorbildlich ist hier das Uumlbereinkommen uumlber den Zugang zu Informationen die Oumlffentlichkeits-beteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten der UN Wirtschaftskommission fuumlr Europa (2001) kurz die Aarhus-Konvention Sie gewaumlhrt ausdruumlcklich die Rechte aller Betroffenenbull uumlber Umweltauswirkungen von Pro-

jekten informiert zu werdenbull an Entscheidungs- und Planungs-

prozessen beteiligt zu werden sowiebull Schadensersatzanspruumlche geltend

zu machenDie Aarhus-Konvention wurde von fast 50 Staaten Europas und Zentralasiens (mit Ausnahme Russlands) sowie von der EU ratifiziert

Frauen im kenianischen Tana-Delta sind besonders stark mit den Folgen der zuneh-menden Waserknappheit konfrontiert Foto Anton Pieper

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 19

Respekt

vor Zugang zu angemessener

Nahrung

Schutz

vor Uumlbergriffen Dritter

Gewaumlhrleistung

der Verfuumlgbarkeit und des Zugangs

zu Nahrung

Staatenpflichten

Auch die Rio-Konferenz und ihre Folgeprozesse bauen auf die Beteili-gung der Zivilgesellschaft Uumlber diesen Weg hielten nach und nach auch soziale Menschenrechte ausdruumlcklich Einzug in die Abschlusserklaumlrungen der alle

fuumlnf Jahre stattfindenden UN-Gipfel zu Umwelt und Entwicklung

Die Erklaumlrung von Rio mit ihrem Konzept der Nachhaltigkeit und den drei genannten Prinzipien liefer-te auszligerdem die Grundlage fuumlr die Klimarahmenkonvention

Prinzipien der internationalen Menschenrechte

Allgemeine Prinzipien

Die zentrale Saumlule des internationalen Menschenrechtssystems ist die Men-schenrechtscharta der Vereinten Natio-nen Sie umfasst die Allgemeine Erklauml-rung der Menschenrechte (1948) den Internationale Pakt uumlber Buumlrgerliche und Politische Rechte (UN-Zivilpakt) sowie den Internationalen Pakt uumlber Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) (beide 1966) Neben dem Zivilpakt und dem Sozial-pakt gibt es auszligerdem acht weitere Menschenrechtsvertraumlge die sich auf den Schutz besonders benachteiligter Gruppen sowie auf das Verbot von Folter und unmenschlicher Behandlung beziehen Alle Abkommen sind durch die immer gleichen Querschnittsprinzi-pien gepraumlgt naumlmlich das Gebot der Nichtdiskriminierung die Gleichheit aller die gesellschaftliche Beteiligung

den Zugang zu effektiven Rechtsmitteln bei Rechtsverletzungen die Rechen-schaftspflicht der Staaten sowie das Verbot des Ruumlckschritts Bei diesen Prinzipien handelt es sich durchweg um Verfahrensrechte die allen materiellen Rechten wie dem Recht auf Nahrung Wasser Wohnen etc zur Seite gestellt sind Denn sehr haumlufig liegt der Verlet-zung materieller Rechte die Verletzung von Verfahrensrechten zugrunde

Alle Menschenrechtsvertraumlge un-terscheiden fuumlr ihre gewaumlhrten Rechte je drei Arten staatlicher Verpflichtung gegenuumlber Einzelpersonen und Grup-pen Im UN-Sozialpakt sind dies res-pektieren schuumltzen gewaumlhrleisten Die Respektierungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten die Wahrnehmung eines Rechts nicht behindern duumlrfen Die Schutzpflicht besagt dass die Vertragsstaaten Dritte davon abhalten muumlssen die Ausuumlbung dieses Rechts zu beintraumlchtigen oder zu verhindern Die Gewaumlhrleistungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten Maszlignahmen er-greifen muumlssen um die Verwirklichung eines Rechts voranzubringen

Bezogen auf das Recht auf Nah-rung heiszligt das zum Beispiel dass der Staat BaumluerInnen nicht von ihrem angestammten Land umsiedeln darf um Infrastrukturprojekte umzusetzen wenn dadurch ihr Zugang zu angemes-sener Nahrung verloren geht Er muss ferner Dritte ndash zum Beispiel Groszliggrund-besitzerInnen oder Unternehmen ndash daran hindern dies zu tun wenn sie Land fuumlr Investitionen verkaufen oder Infrastrukturprojekte durchfuumlhren Und der Staat muss durch geeignete Maszlig-nahmen auch jenen die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung ermoumlglichen die davon ausgegrenzt sind ndash zum

Menschenrechten stehen staatliche Pflichten gegenuumlber

20 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Beispiel fuumlr die sichere Ruumlckkehr von Vertriebenen sorgen oder sie auf neuem fruchtbaren Land ansiedeln Da fuumlr viele Laumlnder des Globalen Suumldens wegen der Begrenztheit der verfuumlgbaren Mittel

insbesondere die Gewaumlhrleistungs-pflicht nicht immer leicht zu erfuumlllen ist sieht der UN-Sozialpakt eine all-maumlhliche Verwirklichung der Rechte vor

Extraterritoriale Staatenpflichten

Menschenrechtsvertraumlge beschreiben zunaumlchst die Pflichten eines Vertrags-staates gegenuumlber den Menschen auf seinem Staatsgebiet oder solchen die anderweitig unter seiner Gewalt stehen (zum Beispiel bei Besatzungen) Der UN-Zivilpakt enthaumllt eine Klausel die seinen Anwendungsbereich in diesem Sinn einschraumlnkt Der UN-Sozialpakt hingegen erlaubt weitreichendere Interpretationen Hier heiszligt es in Artikel 2(1) bdquoJeder Vertragsstaat verpflichtet sich einzeln und durch internationale Hilfe und Zusammenar-beit hellip die volle Verwirklichung der in diesem Pakt anerkannten Rechte zu erreichenldquo Fortschrittliche JuristInnen sehen darin eine rechtlich bindende Pflicht wirtschaftliche soziale und kulturelle Menschenrechte auch uumlber das eigene Staatsgebiet hinaus zu respektieren zu schuumltzen und zu gewaumlhrleisten Dies hat der UN-Sozial-ausschuss 2002 in seinem Allgemeinen Kommentar Nr 15 zum Recht auf Wasser aufgegriffen der bdquohellip von den Vertragsstaaten [verlangt] von Hand-lungen abzusehen die den Genuss des Rechts auf Wasser in anderen Laumlndern unmittelbar oder mittelbar beeintraumlchti-genldquo Die International Commission of Jurists (ICJ) hat dies fortgesetzt und 2011 die sogenannten Maastrichter Prinzipien zu extraterritorialen Staaten-pflichten im Rahmen des UN-Sozialpakts veroumlffentlicht Laut den Maastrichter Prinzipien muumlssen Staaten ihre zwi-schenstaatlichen und internationalen Abkommen so gestalten dass sie nicht zu menschenrechtlichen Verwerfungen bei Vertragspartnern fuumlhren und die Staaten nicht in der Erfuumlllung ihrer

menschenrechtlichen Verpflichtungen einschraumlnken Ferner haben Staaten die Pflicht gesetzgeberische und politische Maszlignahmen zu ergreifen um Menschen in anderen Staaten vor Menschen-rechtsverletzungen durch bei ihnen ansaumlssige international agierende Konzerne zu schuumltzen Die freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Men-schenrechten gleichfalls von 2011 weisen zumindest den Spielraum aus den Staaten zur Regulierung transnati-onaler wirtschaftlicher Akteure haben 2017 veroumlffentlichte der UN-Sozialaus-schuss auszligerdem den Allgemeinen Kommentar Nr 24 zu Staatenpflichten im Zusammenhang unternehmerischen Handelns Darin betont er ebenfalls die grenzuumlberschreitenden staatlichen Pflichten zur Kontrolle multinationaler Konzerne Insgesamt hat der Verweis auf extraterritoriale Pflichten der Staaten im Rahmen des UN-Menschen-rechtssystems uumlber die letzten Jahre stark zugenommen

Protest vor der Zentrale der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) gegen ein Staudammprojekt in Panama

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 21

Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten

Obwohl die Umwelt- und die Men-schenrechtsprinzipien ein groszliges Potenzial fuumlr Synergien haben weisen die Klimarahmenkonvention und das Kyoto-Protokoll keinerlei Bezug zu den Menschenrechten auf Zur Veran-schau li chung vergleicht die folgende Tabelle die wesentlichen Prinzipien der international anerkannten Men-schenrechte und die Regeln des Kli-marechts anhand der Grundpfeiler des internationalen Umweltrechts

Wie die Tabelle zeigt sind Staaten aus menschenrechtlicher und aus kli-mapolitischer Perspektive verpflichtet den Klimawandel zu stoppen und seine Wirkungen abzumildern Neben der Emissionsminderung ist es menschen-rechtlich wichtig besonders betroffene Bevoumllkerungsgruppen bei der Anpas-sung zu unterstuumltzen die hierfuumlr kaum Mittel haben

Ferner duumlrfen klimapolitische Maszlignahmen ihrerseits nicht zu Men-schenrechtsverletzungen fuumlhren Da die internationalen Klimaregeln aber im Gegensatz zu Menschenrechtskonven-tionen und vielen anderen Umweltab-kommen vergleichsweise wenig Wert auf die Einbindung betroffener Menschen legt kommt es durch klimapolitische Maszlignahmen immer wieder zu Men-schenrechtsverletzungen Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen sowie UN-SonderberichterstatterInnen und andere Menschenrechtsorgane haben daher intensiv Lobbyarbeit betrieben um Menschenrechte im Abkommen von Paris zu verankern Durchgesetzt hat sich jedoch nur ein Absatz in der nicht-bindenden Praumlambel (Zitat siehe Einlei-tung) Klimaschutz und Menschenrech-te trennen weiterhin Welten

Umwelt-recht-

Prinzipien Internationale Menschenrechte Internationales Klimarecht

Veru

rsac

herp

rinz

ip

Ist Bestandteil der Menschenrechtsprinzipien und kommt im Recht auf Rechtsmittel und Entschaumldigung zum Ausdruck Das Verursacherprinzip setzt voraus dass ein Staat seine Respektierungs- Schutz- oder Gewaumlhrleistungspflicht nachweislich verletzt hat

Wegen des Problems eine spezifische Kausalkette nachzuweisen (welche CO2-Emission hat wen geschauml-digt) ist es kein Prinzip der Klimarahmenkonventi-on In aufgeweichter Form spiegelt es sich im Prinzip der gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortung

Pflic

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on Grundlegendes in Art2 (1) des UN-Sozialpaktes verankertes Prinzip wonach die reichen Industrie-staaten die Laumlnder des Globalen Suumldens bei der allmaumlhlichen Verwirklichung der Menschenrechte unterstuumltzen sollen

Verpflichtung der Industrielaumlnder gemaumlszlig Art 4 (3 4) der Klimarahmenkonvention die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell und technologisch bei der Minde-rung von Emissionen und Anpassung an den Klima-wandel zu unterstuumltzen

Verf

ahre

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Verfahrensrechte (Gleichbehandlung Information Beteiligung Rechtsmittel) sind Grundlage aller menschenrechtlichen Vertraumlge weil sie auch fuumlr die Sicherung substantieller Rechte (zB Recht auf Nahrung) bedeutend sind Dies gilt insbesondere auch fuumlr die Rechte besonders diskriminierter Bevoumllkerungsgruppen

Im Gegensatz zu vielen Umweltabkommen (zB Aarhus-Konvention) spielen in der Klimarahmenkon-vention dem Kyoto-Protokoll und dem Pariser Ab-kommen Verfahrensrechte von Einzelpersonen keine Rolle Die Ausgestaltung der internationalen Klima-schutzmechanismen nimmt entsprechend wenig Ruumlcksicht darauf

Vergleich menschenrechtlicher und klimarechtlicher Prinzipien

22 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Die Malediven fordern von der internationalen Staatengemeinschaft Maszlignahmen zum Klimaschutz zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung

Kaum jemand zweifelt mehr daran dass der Klimawandel maszliggeblich men-schengemacht ist und negative Auswir-kungen auf die Wahrnehmung von Menschenrechten hat Auf Grundlage der menschenrechtlichen Schutzpflicht sind die Staaten verpflichtet rasch effektive Maszlignahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen zu ergrei-fen BerichterstatterInnen des UN-Menschenrechtsrats betrachten das im Pariser Abkommen vereinbarte Ziel Emissionen derart zu reduzieren dass der globale Temperaturanstieg unter 15 Grad Celsius gehalten wird daher als menschenrechtliche Pflicht der Staaten Dennoch findet Emissionsmin-derung nicht in dem Umfang statt wie es noumltig waumlre Seit 2005 haben ver-schiedene Akteure auf unterschiedli-chen Wegen versucht diesen Blockaden mit Hilfe des Menschenrechtssystems entgegenzuwirken

Die Regierung der Malediven schlug den politischen Weg ein Die Malediven sind ein Staat bestehend aus etwa 1200 kleinen Inseln die nur wenige Meter uumlber dem Meeresspiegel liegen und unmittelbar vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen sind Die Regierung des Landes initiierte die Maledivische Erklaumlrung zur menschlichen Dimension des globalen Klimawandels die sie im November 2007 gemeinsam mit 38 weiteren kleinen Inselstaaten unterzeichnete In dieser Erklaumlrung forderten sie das Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte der Vereinten Nationen auf dem Menschenrechtsrat eine detaillierte Studie uumlber die Auswir-kungen des Klimawandels vorzulegen was im Oktober 2009 ndash kurz vor der Klimakonferenz in Kopenhagen ndash auch geschah Die Malediven haben damit einen Prozess in Gang gesetzt der maszliggeblich dazu beigetragen hat dass viele Menschenrechtsorgane begannen sich mit den Auswirkungen des Klima-wandels auf die Menschenrechte zu befassen

Einen anderen Weg schlugen die Inuit des US-amerikanischen Teils Alaskas ein 2005 reichten sie bei der Inter-Amerikanischen Menschenrechts-kommission eine Klage gegen die USA ein weil die USA nicht genug taumlten um den Klimawandel zu verhindern Die Kommission lehnte die Verhandlung des Falls ab Ein wesentlicher Grund war dass die Klaumlger nicht hinreichend darle-gen konnten dass vor allem die Un-taumltigkeit der USA zur Verletzung ihrer Menschenrechte fuumlhre Die Kommission lud die Inuit aber im Maumlrz 2007 zu einer Anhoumlrung ein um die Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Menschen-rechte zu eroumlrtern Obwohl sie rechtlich eine Niederlage erlitten hatten wurde die Anhoumlrung doch zu einem politi-schen Erfolg der der Situation der Inuit global viel Aufmerksamkeit einbrachte

Des Weiteren war die Klageschrift der Inuit der Auftakt zu einer Vielzahl von Versuchen die Staaten auf juristi-schem Wege zur Pflicht zu rufen Dies muss sich aber nicht auf Organe des Menschenrechtssystems beschraumlnken Besonders erfolgreich war eine Klage der niederlaumlndischen Umweltorganisa-tion Urgenda gegen die Niederlande Das Bezirksgericht in Den Haag urteilte 2015 auf Grundlage der in der nieder-laumlndischen Verfassung verankerten Fuumlrsorgepflicht des niederlaumlndischen Staates dass die Niederlande auf-grund der Erkenntnisse des vierten Sachstandsberichts des Weltklimarats ihre Emissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 25 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern muumlssen Mit den bis dahin ergriffenen Maszlignahmen waumlren voraussichtlich nur 17 Prozent erreicht worden

Trotz dieser Erfolge bleibt es schwierig einzelne Staaten fuumlr den Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Menschenrechte zur Verant-wortung zu ziehen Haumlufig verstaumlrkt der Klimawandel nur bereits beste-hende Menschenrechtsverletzungen Auch die Unterscheidung ob eine

Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 23

Menschenrechtsverletzung in diesem Zusammenhang Folge des Klimawandels oder uumlblicher Wetterextreme ist ist oft schwierig So kommt das Hochkommis-sariat fuumlr Menschenrechte 2009 zum Ergebnis dass der Klimawandel zwar eindeutig negative Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Menschenrech-ten hat dass es aber weniger eindeutig ist ob und in welchem Ausmaszlig die Auswirkungen in streng rechtlichem Sinn als Menschenrechtsverletzung qualifiziert werden koumlnnen

Aus Sicht von FIAN Deutschland kann der Verlust des Zugangs zu Nah-rung durch den Klimawandel aber durchaus als Menschenrechtsverletzung gewertet werden fuumlr die andere Staa-

ten als der Heimatstaat mitverantwort-lich sind Zwar ist der Haftungsansatz nach dem Verursacherprinzip aufgrund der oben geschilderten Besonderheiten des Klimaproblems fuumlr eine menschen-rechtliche Argumentation wenig frucht-bar Aufgrund des Wissens der Staaten uumlber die menschliche Verursachung und der nachweislich negativen Auswirkun-gen des Klimawandels auf die weltweite Verwirklichung der Menschenrechte sind die Staaten jedoch gemaumlszlig UN-Sozialpakt Artikel 2(1) menschenrecht-lich verpflichtet einzeln sowie durch internationale Hilfe und Zusammen-arbeit unter Ausschoumlpfung all ihrer Moumlglichkeiten wirksame Maszlignahmen zur Emissionsminderung zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung

bdquoAnpassungldquo umschreibt ein weites Feld von Aktivitaumlten das die Menschen weniger anfaumlllig gegenuumlber den Auswir-kungen des Klimawandels macht Hiermit kann die Einfuumlhrung von duumlrreresistenten Pflanzenarten und von Bewaumlsserungssystemen gemeint sein aber auch Umsiedlung aus Hochrisiko-zonen neue Bauweisen und Bauvor-schriften oder der Ausbau von Institu-tionen zum Risikomanagement Sie macht einen vergleichsweise kleinen Teil der Klimafinanzierung aus die sich 2016 auf insgesamt 380 Milliarden US Dollar belief 93 Prozent der globalen Klimafinanzierung kommen der Emissi-onsminderung zugute die uumlberwiegend privat finanziert ist Mittel aus oumlffentli-cher Hand tragen nur 34 Prozent zur globalen Klimafinanzierung bei wovon wiederum nur 16 Prozent Anpassungs-maszlignahmen zugutekommen 89 Pro-zent der oumlffentlichen Klimafinanzierung werden von internationalen und natio-nalen Entwicklungsbanken gestemmt Selbst die internationalen Banken wie die Weltbank die Asiatische und die

Afrikanische Entwicklungsbank oder die Europaumlische Investitionsbank (EIB) investieren nur durchschnittlich 23 Pro-zent ihrer Investitionen im Klimabe-reich in Anpassungsmaszlignahmen Fuumlr den unmittelbaren Schutz sowie fuumlr Anpassungsmaszlignahmen an die Folgen des Klimawandels werden also verhaumllt-nismaumlszligig wenige Gelder bereitgestellt Dies kann akut zu Menschenrechtsver-letzungen fuumlhren Je spaumlter und halb-herziger in den Klimaschutz investiert wird desto mehr Anpassung wird noumltig Die Pflicht der Staaten solche Maszlignah-men zu unterstuumltzen ergibt sich aus ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen gemaumlszlig Artikel 2(1) des UN Sozialpaktes Sie gilt unabhaumlngig davon wie viel ein Staat zur Klimaer-waumlrmung beitraumlgt Diese Pflicht ergibt sich auszligerdem aus Art 4(3 4) der Klimarahmenkonvention die aumlrmeren Laumlnder sowohl beim Klimaschutz als auch bei der Anpassung an den Klima-wandel unterstuumltzen ndash gemaumlszlig dem Prinzip gemeinsamer aber unterschied-licher Verantwortung

Die Lebensgrundlage der Indigenen im aumlthiopischen Omo-Tal ist durch den Bau des Stauddamms Gibe III bedroht Foto Suvival International

24 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Obergrenze (Cap)

Industriestaaten unterschreiben dashellip

Kyoto-Protokoll (1997)

Ziel Reduktion der Treibhausgasemission

Emissionen im Zeitraum von 2008 bis 2012 um 5 unter das Niveau von 1990 senken

fl exibler Mechanismus

Fabrik A Fabrik B

Wenn die Emissionen unter der Obergrenze

liegen koumlnnen die nicht genutzten Emissionsrechte wieder verkauft

werden

hellip an Staaten oder

Unternehmen die mehr

Emissionen ausstoszligen

wollen

Verkauft die ungenutzten CO

2-Rechtehellip

Funktionsweise des Emissionshandels

Internationale Klimafinanzierung

Gemaumlszlig der Klimarahmenkonvention sind die traditionellen Industrielaumlnder verpflichtet die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell technologisch und mit Kapazitaumltsaufbau zu unterstuumltzen Auf der Klimakonferenz von Kopenha-gen 2009 wurde diese Verpflichtung konkretisiert die Industrielaumlnder sagten zu dass die finanzielle Unter-stuumltzung bis 2020 auf jaumlhrlich 100 Milli-arden US-Dollar anwachsen soll Zu diesen werden nicht nur die aufge-brachten oumlffentlichen Mittel sondern auch private Investitionen in den Klimaschutz gezaumlhlt wenn sie eine Folge staatlicher Maszlignahmen sind

Die Unterstuumltzung durch oumlffentliche Geber laumluft durch eine Vielzahl von Ka-naumllen Zum einen nutzen viele Staaten dazu ihre Organisationen der Entwick-lungszusammenarbeit In Deutschland sind das beispielsweise die Gesellschaft fuumlr Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Kreditanstalt fuumlr Wieder-aufbau (KfW) Zweitens zaumlhlen auch die Weltbank und die regionalen Ent-wicklungsbanken Klimaschutz zu ihren Aufgaben Insbesondere die Weltbank hat mehrere spezielle Klimaschutzfonds geschaffen Drittens wurde eine Reihe von internationalen Fonds eingerichtet Mit den Geldern der 1991 geschaffenen Globalen Umweltfazilitaumlt (Global Envi-ronment Facility GEF) werden Projekte im Rahmen der Klimarahmenkonventi-on und anderer internationaler Um-weltabkommen finanziert 2001 wurden unter der Klimarahmenkonvention eine Reihe von kleinen spezialisierten Fonds eingerichtet die insbesondere Maszlig-nahmen zur Anpassung an den Klima-wandel finanzierenbull der Least Developed Countries Fund

Fonds fuumlr die am wenigsten entwi-ckelten Laumlnder

bull der Special Climate Change Fund Spezieller Klimawandel-Fonds der vor allem Anpassungsmaszlignahmen finanzieren soll und

bull der Adaptation Fund Anpassungs-fonds fuumlr Laumlnder des Globalen Suumldens

Daruumlber hinaus wurde 2010 beschlos-sen den Green Climate Fund (Gruumlner Klimafonds) einzurichten Dieser soll einen erheblichen Teil der zugesagten 100 Milliarden US-Dollar verwalten

Neben diesen Einrichtungen zur Klimafinanzierung wurden im Rahmen des Kyoto-Protokolls auch institutiona-lisierte Verfahren zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige geschaffenbull der internationale Emissionshandel

der den Handel mit Rechten zum Ausstoszlig von Treibhausgasen regelt

bull die Joint Implementation (Gemein-same Umsetzung) uumlber die Klima-schutzprojekte in Industrielaumlndern international zertifiziert werden koumlnnen

bull der Clean Development Mechanism (Mechanismus fuumlr umweltver-traumlgliche Entwicklung) uumlber den Klimaschutzprojekte in Laumlndern

Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 25

des Globalen Suumldens international zertifiziert werden koumlnnen (siehe Kapitel bdquoDer Clean Development Mechanismldquo)

Diese Verfahren dienen aber in ers-ter Linie der Erreichung der Emissi-onsziele der Industrielaumlnder (siehe Kapitel bdquoSenkung der eigenen Emissi-onenldquo) Mitgliedstaaten mit groszligen Regenwaldvorkommen forderten daher

ein Instrument zu schaffen das den Schutz von Waumlldern auf die Klimabilanz anrechnet Infolge wurde 2007 das Programm REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degrada-tion in Developing Countries) ins Leben gerufen Es soll zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige in Laumlndern des Globalen Suumldens beitragen die durch Abholzung von Waumlldern entstehen

Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen

Maszlignahmen zum Klimaschutz sind aus menschenrechtlicher Perspektive oft umstritten Bei Investitionen in erneu-erbare Energien handelt es sich haumlufig um groszlige flaumlchenintensive Infrastruk-turprojekte wie zum Beispiel den Bau von Staudaumlmmen und Wasserkraftwer-ken Windparks groszligflaumlchige Solar- und Erdwaumlrmeanlagen Das Gleiche gilt fuumlr den Anbau von Energiepflanzen wie Oumllpalmen Investitionen in CO2-Senken also die Ausdehnung von Waumlldern oder der Erhalt bestehender Waumllder stehen oft in Konkurrenz zu anderen Flaumlchen- und Waldnutzungen Auch Anpassungs-maszlignahmen wie der Bau von Schutz-waumlllen oder die Einrichtung von siedlungsfreien Zonen in Hochrisikoge-bieten (zum Beispiel in Gebieten die

haumlufig uumlberschwemmt oder durch Erosion und Erdrutsche gepraumlgt sind) betreffen Land das von Menschen genutzt und ihnen durch solche Maszlig-nahmen entzogen wird Die Flaumlchen-konkurrenz zwischen Investitionen zum Klimaschutz und bisheriger Landnut-zung fuumlhrt unter anderem dazu dass KleinbaumluerInnen und Hirtenvoumllkern der Zugang zu Land und Wasser entzogen wird das sie bisher fuumlr den Nahrungs-mittelanbau und die Viehwirtschaft nutzten Haumlufig handelt es sich dabei um indigene Gruppen die keine Landti-tel besitzen Mit der Vertreibung von ihren wirtschaftlich genutzten Flaumlchen geht auch haumlufig die Vertreibung aus den Ansiedlungen einher Verletzungen sozialer Menschenrechte wie die Rechte auf Nahrung Wasser und Woh-nen sind die Folge Aber auch Verfah-rensrechte und das Recht auf Leben werden regelmaumlszligig missachtet

Dafuumlr gibt es viele Beispiele Pana-ma ist eines jener Laumlnder das am meis-ten in Wasserkraftwerke als erneuerbare Energiequelle investiert In mindes-tens drei bekannten Faumlllen ndash Bonyic Chan75 und Barro Blanco ndash kam es dabei zu schweren Menschenrechts-verletzungen Doumlrfer wurden geflutet obwohl die BewohnerInnen noch nicht umgesiedelt waren die Rechte von In-digenen auf ihr Gebiet und Beteiligung an Projekten wurden verletzt Betrof-fene und AktivistInnen die sich gegen diese Maszlignahmen wehrten wurden eingeschuumlchtert und sogar ermordet Auch Kenia gehoumlrt zu den Vorreitern in

Die klimaschuumltzende Wirkung von Staudaumlm-men zur Stromgewinnung wird bestritten Auszligerdem fuumlhren sie oft zu Verletzungen von Menschenrechten der oumlrtlichen Bevoumllkerung Foto Jane Hofbauer

26 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Sachen Klimaschutz ndash haumlufig zu Lasten ausgegrenzter Bevoumllkerungsgruppen In Olkaria willigten Massai in eine Umsiedlungsmaszlignahme zugunsten einer Erdwaumlrmeanlage (Geothermie) ein weil man ihnen eigene Landrech-te versprach die sie jedoch bis heute nicht erhalten haben Mehrere tausend indigene Jaumlger- und Sammlervoumllker wurden aus dem Embobut-Wald in Westkenia (Sengwer und Cherangany) und dem Mau-Wald (Ogiek) vertrieben weil die Regierung deren Nutzung unter REDD+ anstrebt Der Fall der Ogiek wurde 2014 sogar vor dem Afrikani-schen Gerichtshof fuumlr Menschen- und Voumllkerrechte zugunsten der Ogiek ver-handelt Aumlhnliches passierte in anderen Laumlndern Afrikas So wurde in Tansania die Gemeinschaft der Warufiji aus dem Refuiji-Delta vertrieben Sie hatten die Kooperation bei der Aufforstung der Mangrovenwaumllder verweigert weil man ihnen den Anbau von Reis verbot

Die Auswirkungen von Klimaschutz-maszlignahmen koumlnnen aber auch kom-plexerer Natur sein Wie die Weltbank 2008 in einer vielbeachteten Studie zur globalen Nahrungsmittelkrise darlegte trug die Flaumlchenkonkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Energiepflanzen-anbau maszliggeblich zum globalen An-stieg der Nahrungsmittelpreise bei der fuumlr viele Menschen zu Hunger fuumlhrte Anhand dieser katastrophalen Folgen der staatlichen Foumlrderung von Agrar-treibstoffen durch westliche Indust-rienationen wird deutlich wie diese klimapolitisch motivierten Programme in vielen aumlrmeren Laumlndern direkt zur Verletzung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser beitragen

Auch Anpassungsmaszlignahmen schneiden unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten nicht zwingend besser ab Obwohl sie im Prinzip zum Schutz der Menschen gedacht sind fehlt es in manchen Faumlllen an Professionalitaumlt in anderen Faumlllen fehlt der Fokus auf die besonders gefaumlhrdeten Bevoumllkerungs-gruppen In Mosambik wurden die Doumlr-fer im Sambesi-Flussdelta 20072008

nach schweren Uumlberschwemmungen in houmlher gelegene Gebiete umgesiedelt Viele der neuen Siedlungen blieben ohne angemessenen Zugang zu Wasser fruchtbarem Land und Gesundheitsver-sorgung So wurden sie von Nahrungs-mittelhilfen abhaumlngig Viele Familien verloren durch Abwanderung ihren Zusammenhalt Diskriminierungen bei Anpassungsmaszlignahmen kommen auch in entwickelten Laumlndern vor Nach dem Wiederaufbau von New Orleans nach dem Hurrikan Kathrina im Jahr 2005 durfte die arme afro-amerikanische Be-voumllkerung nicht mehr ihre am Flussufer gelegenen Siedlungen beziehen ndash we-gen Uumlberflutungsgefahr Angemesse-nen und finanzierbaren Ersatz bekamen sie jedoch nicht angeboten

Die Ursachen fuumlr negative Aus-wirkungen und Menschenrechtsver-letzungen durch Klimapolitik gehen teilweise auf die Bedingungen in den Projektlaumlndern zuruumlck Die jeweiligen Nationalstaaten sind menschenrecht-lich entsprechend zu beurteilen und zur Pflicht zu rufen Die Ursachen liegen aber auch in den Klimarahmenabkom-men selbst und ihren Mechanismen begruumlndet Bis auf das Abkommen von Paris enthalten diese keinen Verweis auf Menschenrechte Sie betonen aber die Rechte der Nationalstaaten ihre na-tuumlrlichen Ressourcen auszubeuten Das Abkommen von Paris ist insofern ein Erfolg als in der Praumlambel zum ersten Mal ein Bezug zu den Menschenrechten hergestellt wird Auch im Konzept der extraterritorialen Staatenpflichten zur Verwirklichung wirtschaftlicher sozia-ler und kultureller Menschenrechte ist anerkannt dass die Staaten die Pflicht haben ihre Instrumente zum Klima-schutz und zur Unterstuumltzung von An-passungsmaszlignahmen menschenrechts-konform zu gestalten Dennoch gilt es dicke Bretter zu bohren Eine Praumlambel ist nicht rechtsverbindlich sondern als Orientierungs- und Interpretationshilfe fuumlr die Vertragsparteien oder Gerichte zu verstehen

Fuumlr diese Geothermie-Anlage in Kenia wurden Massai von ihrem traditionellen Land vertrieben Foto Jeanette Schade

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 27

Der Clean Development Mechanism

Mit fast 8000 registrierten Projekten ist der Clean Development Mechanism (CDM) des Kyoto-Protokolls das bedeu-tendste internationale Verfahren zum Klimaschutz Er soll einerseits die Gastgeberstaaten der Projekte bei ihrer nachhaltigen Entwicklung unterstuumltzen und andererseits den Industrielaumlndern bei der Erreichung ihrer Emissionsziele helfen

Das Kyoto-Protokoll definiert fuumlr die teilnehmenden Industrielaumlnder verbindliche Emissionsziele Die Uumlber-wachung der Zielerreichung erfolgt auf Grundlage von Emissionszertifikaten jeder verpflichtete Staat muss fuumlr jede Tonne Treibhausgasemission ein Emis-sionszertifikat vorlegen Die Staaten erhalten eine Anfangsausstattung von Zertifikaten auf Grundlage ihrer Ziele zur Verringerung ihrer Emissionen Diese Zertifikate sind handelbar Schafft ein Staat es seine Emissionen staumlrker zu reduzieren als er zum Ziel hat kann er den sich daraus ergebenden Uumlber-schuss an Zertifikaten an andere Laumlnder verkaufen Auszligerdem koumlnnen die In-dustrielaumlnder uumlber den CDM zertifizierte Emissionsreduktionen aus Klimaschutz-projekten in den Laumlndern des Globalen Suumldens ankaufen

Die naturwissenschaftliche Grund-lage dieses so genannten Emissions-handels ist dass die Treibhausgase sich gleichmaumlszligig in der Atmosphaumlre verteilen Fuumlr den Klimawandel macht es keinen Unterschied an welchem Ort Treibhausgase ausgestoszligen oder reduziert werden Durch den Emissions-handel soll es daher ermoumlglicht werden Emissionen an der Stelle zu vermindern an der dies am kostenguumlnstigsten ist Im Kyoto-Protokoll gibt es zum einen den Emissionshandel zwischen Staaten zum anderen werden im CDM Zertifikate fuumlr Emissionsreduktionen in konkreten Projekten ausgestellt wie zum Beispiel fuumlr Windkraftanlagen Prinzipiell kann jeder beliebige Akteur CDM-Projekte durchfuumlhren Zertifikate erhalten und diese dann verkaufen seien es staatli-che Stellen private Unternehmen oder auch zivilgesellschaftliche Organisa-tionen Durch den CDM soll so fuumlr alle Interessierte ein Anreiz gesetzt werden in Emissionsreduktionen zu investieren Die groszlige Mehrheit der CDM-Projekte wird von privaten Unternehmen durchgefuumlhrt

Der CDM unterliegt der Fuumlhrung und Aufsicht der Konferenz der Vertrags-staaten des Kyoto-Protokolls Fuumlr die Pruumlfung und Genehmigung der konkre-ten Projekte sowie fuumlr die Ausarbeitung von Detailregelungen zu den Geneh-migungsverfahren haben die Vertrags-staaten einen Exekutivrat eingerichtet der aus zehn Mitgliedern und zehn stellvertretenden Mitgliedern besteht Die Mitglieder werden von der Vertrags-staatenkonferenz nach einem regiona-len Schluumlssel gewaumlhlt Der Exekutivrat soll nach Moumlglichkeit alle Entscheidun-gen einstimmig treffen Wenn dies nicht moumlglich ist sind auch Abstimmungen mit Dreiviertelmehrheit erlaubt

Um sich fuumlr die Ausstellung von CDM-Zertifikaten zu qualifizieren muumlssen CDM-Projekte ein festgeleg-tes Verfahren durchlaufen Zunaumlchst muumlssen die Traumlger des Projekts eine Projektdokumentation erstellen die darlegt welche Maszlignahmen durchge-fuumlhrt werden sollen und wie dadurch Emissionen vermindert werden Diese

Einige Doumlrfer im kenianischen Tana-Delta muumlssen per Tankwagen mit Trinkwasser versorgt werden

28 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Braucht Zertifi kate um eigene Klimaschaumlden ausgleichen zu

koumlnnen

INDUSTRIELAND

Klimaschutzprojekt wird unterstuumltzt

ENTWICKLUNGSLANDTechnologie

Finanzierung

Die Unterstuumltzung bringt dem Industrieland zusaumltzliche

Zertifi kate ein

Clean Development Mechanism (CDM)-Projekte werden kontrolliert durch den

CDM-EXEKUTIVRAT bestehend aus 10 Mitgliedern

Durch die Unterstuumltzung

sollen CO2-Emissionen vermieden

werden

Jeweils ein Mitglied der fuumlnf regionalen

Gruppen der Vereinten Nationen

Zwei Mitglieder des Kyoto-Protokolls

gelistet als Industrieland (Annex 1)

Zwei Mitglieder die nicht in Annex 1 des

Kyoto-Protokolls gelistet sind

EinE RepraumlsentantIn der kleinen

Inselstaaten

Projektdokumentation muss durch ein sachverstaumlndiges Zertifizierungsun-ternehmen beispielsweise den TUumlV uumlberpruumlft werden Auszligerdem muss das Projekt durch das Durchfuumlhrungsland und mindestens ein Industrieland genehmigt werden Wenn all diese Be-dingungen erfuumlllt sind wird das Projekt dem CDM-Exekutivrat vorgelegt Wenn der Exekutivrat keine Einwaumlnde hat wird es als CDM-Projekt registriert

Waumlhrend der Durchfuumlhrung des Projekts muumlssen seine Traumlger fortlau-fend uumlberwachen und dokumentieren welche Treibhausgasmengen es er-zeugt Die Emissionsminderung ergibt sich aus dem Unterschied zwischen den Emissionen des Projekts und den Emis-sionen die angefallen waumlren wenn das Projekt nicht umgesetzt worden waumlre wenn zum Beispiel statt Strom eines Windparks Strom aus Kohlekraftwerken verwendet worden waumlre Die Dokumen-tation wird wiederum von einer sach-verstaumlndigen Stelle und vom CDM-Exe-kutivrat uumlberpruumlft Abschlieszligend stellt der Exekutivrat den Projektbeteiligten Emissionszertifikate entsprechend der erzielten Emissionsminderung aus

Die Projektbeteiligten koumlnnen die Zertifikate dann an mehrere moumlgliche Abnehmer verkaufen Der erste moumlgli-che Abnehmer sind Industriestaaten die ihre Kyoto-Emissionsziele nicht durch inlaumlndische Emissionsredukti-onen erreichen und daher zusaumltzliche Zertifikate benoumltigen Daruumlber hinaus gibt es in der EU und in mehreren ande-ren Staaten Emissionshandelssysteme auf Unternehmensebene Aumlhnlich wie die Industriestaaten durch das Kyoto-Protokoll verpflichtet sind Emissi-onszertifikate vorzulegen muumlssen in der EU und in anderen Laumlndern auch bestimmte Unternehmen wie die Ener-gieversorger und groszlige Industriebe-triebe fuumlr ihre Treibhausgasemissionen Zertifikate vorlegen Diese Unterneh-men koumlnnen teilweise CDM-Zertifikate verwenden um ihre Verpflichtung zu erfuumlllen Der dritte moumlgliche Abnehmer ist der wachsende Markt der sogenann-ten bdquofreiwilligen Kompensationldquo von Treibhausgasemissionen Dies sind

Unternehmen und Privatpersonen die ihre Emissionen ausgleichen wollen indem sie CDM-Zertifikate kaufen und loumlschen Ein Beispiel dafuumlr sind Aus-gleichszahlungen fuumlr den CO2-Ausstoszlig durch Fluumlge

Der CDM verfuumlgt uumlber keinerlei men-schenrechtliche Kriterien Es gibt ledig-lich die Bestimmung dass die Projekte zur nachhaltigen Entwicklung beitragen sollen und die Vorschrift dass die lokale Bevoumllkerung konsultiert werden muss Allerdings gibt es keine interna-tionalen Kriterien wie der Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung uumlberpruumlft werden soll Stattdessen wird die Pruuml-fung vollstaumlndig den Gastgeberlaumlndern der Projekte uumlberlassen Ebenso gibt es nur vage internationale Kriterien fuumlr die Konsultation der lokalen Bevoumllke-rung Viele Laumlnder haben nur schwache

Funktionsweise des Clean Development Mechanism

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 29

Regeln und uumlberwachen deren Einhal-tung nur schlecht Als Ergebnis kommt es immer wieder zu Vorwuumlrfen dass durch CDM-Projekte Menschenrechte verletzt werden Die internationale Gemeinschaft ist damit nicht ihrer Verantwortung nachgekommen neue voumllkerrechtliche Vertraumlge entsprechend ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen auszugestalten

Das Kyoto-Protokoll wird nach 2020 nicht weitergefuumlhrt entsprechend wird auch der CDM auslaufen Allerdings

wurden im Pariser Abkommen neue Kooperationsmechanismen geschaf-fen Die Regeln zur Umsetzung dieser Mechanismen sollen ausdruumlcklich die Erfahrungen aus den Mechanismen des Kyoto-Protokolls beruumlcksichtigen Aus den menschenrechtlichen Problemen die sich im CDM ergeben haben soll-ten die Staaten die Schlussfolgerung ziehen dass die neuen Mechanismen verbindliche menschenrechtliche Krite-rien benoumltigen

Der Fall Bajo Aguaacuten ndash CDM-Zertifizierung trotz Menschen-rechtsverletzungen

Das Projekt bdquoAguan Biogas Recovery from Palm Oil Mill Effluent [POME] Ponds and Biogas Utilisation ndash Ex-portadora del Atlaacutentico AguanHondurasldquo soll die Behandlung von Abwasser aus einer Palmoumllmuumlhle verbessern und dadurch die Emissio-nen von Methan vermindern Das Palmoumll kommt aus Plantagen die im Zentrum eines gewalttaumltigen Landkon-flikts stehen Laut den oumlrtlichen KleinbaumluerInnen hat sich der Eigentuuml-mer das Plantagenland widerrechtlich angeeignet Sie fordern daher die Ruumlckgabe des Landes Die Sicherheits-kraumlfte der Plantagen und die oumlffentli-chen Sicherheitskraumlfte gehen immer

wieder gewaltsam gegen die Kleinbaumlu-erInnen vor bisher wurden uumlber 50 Personen getoumltet

Diese Umstaumlnde spielten jedoch im Registrierungsverfahren des CDM keine Rolle FIAN und andere Nicht-regierungsorganisationen wiesen den CDM-Exekutivrat darauf hin dass das Projekt in Menschenrechtsver-letzungen verwickelt sei Es wurde dennoch als CDM-Projekt registriert Der CDM-Exekutivrat erklaumlrte dass er kein Mandat habe solche Umstaumlnde zu beruumlcksichtigen Seine Zustaumlndig-keit beschraumlnke sich auf die Klima-schutzauswirkungen von Projekten Neben Honduras war das Projekt auch von Groszligbritannien registriert wor-den Nachdem sie uumlber die Vorwuumlrfe informiert worden war aumluszligerte die britische Regierung zwar dass diese bdquoverstoumlrendldquo seien erklaumlrte aber fuumlr Fragen der Nachhaltigkeit sei das Gastgeberland Honduras zustaumlndig

Das Projekt ist im CDM registriert und kann fuumlr Emissionsreduktionen die bis zum 31 Januar 2018 erzielt wurden Zertifikate erhalten Dieser Zeitraum kann verlaumlngert werden Das Ausmaszlig der Gewalt ist zwar nach einer Intervention der deutschen Regierung zuruumlckgegangen der zugrunde lie-gende Landkonflikt ist aber weiterhin ungeloumlst

Eine honduranische Baumluerin weist bei einer Demonstration auf die schweren Menschen-rechtsverletzungen in Bajo Aguaacuten hin

30 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank

Viele Klimaschutzmaszlignahmen werden ausschlieszliglich von privaten Unterneh-men und Banken durchgefuumlhrt die nicht an verbindliche Sozialstandards gebunden sind Insbesondere in Laumln-dern des Globalen Suumldens mit schwa-chen nationalen Standards und Institu-tionen zu ihrer Durchsetzung gefaumlhrdet dies den Schutz der Menschenrechte

Oumlffentliche Entwicklungsbanken verfuumlgen dagegen uumlber eigene Sozial-standards und Beschwerdeverfahren welche die Gefahr von Menschenrechts-verletzungen bei der Durchfuumlhrung von Projekten verringern koumlnnen Doch auch hier gibt es deutlichen Nachbes-serungsbedarf wie das Beispiel der Europaumlischen Investitionsbank (EIB) zeigt

Die EIB ist eine Bank der Europaumli-schen Union (EU) deren Anteilseigner neben der EU die EU-Mitgliedstaaten sind Sie verfuumlgt uumlber das groumlszligte Bud-get aller Entwicklungsbanken weltweit und ist ein Schluumlsselakteur der Klima-finanzierung Seit 2013 hat sie sich zum Ziel gesetzt jaumlhrlich mindestens 25 Prozent ihres Kreditvolumens fuumlr Kli-maprojekte zu vergeben Im Jahr 2011 leitete die EIB eine Untersuchung ein um ihre Sozialstandards den Anspruuml-chen der EU-Grundrechtecharta sowie den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte anzupassen Das dabei entstandene Handbuch fuumlr Umwelt- und Sozialstandards (2013) verspricht hohe Sozialstandards und beschreibt diese ndash als einzige Bank weltweit ndash sogar mit menschenrechtli-chem Vokabular 2015 uumlberarbeitete die EIB auszligerdem ihre Transparenzpolitik so dass sie im Unterschied zu vielen anderen europaumlischen Entwicklungs-banken bereits vor Bewilligung die Ergebnisse von Umwelt- und Sozial-vertraumlglichkeitsanalysen bekannt gibt Die EIB hat ferner ein eigenes Be-schwerdeverfahren das alle durch ihre Projekte Betroffenen nutzen koumlnnen Die Zustaumlndigen fuumlr die Bearbeitung

der Beschwerden koumlnnen Mediations-prozesse anstoszligen Das Verfahren und das zustaumlndige Gremium koumlnnen sogar selbst Gegenstand einer Beschwerde vor dem EU-Ombudsmann werden wenn die Betroffenen mit seiner Arbeit unzufrieden sind

Gute Standards und ein gutes Beschwerdeverfahren gelten in der Regel als Grundbedingung fuumlr die Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht Dennoch gibt es im System der EIB erhebliche Maumlngel Eine menschenrechtliche Untersuchung der Anwendung der Sozialstandards beim oben erwaumlhnten Erdwaumlrmeprojekt in Kenia fuumlhrte dabei zu folgenden Ergeb-nissen Es werde zu wenige Sozial- und MenschenrechtsexpertInnen je Projekt beschaumlftigt Ersatzweise werden Kre-ditnehmer auf das EIB-Handbuch zu Umwelt- und Sozialstandards verwiesen Die EIB uumlberlaumlsst die Umsetzung ihrer hehren Sozialstandards damit weitge-hend den Kreditnehmern ohne diese mit angemessen Personalressourcen zu unterstuumltzen und zu kontrollieren Betroffene werden von der EIB auch nicht systematisch uumlber die Existenz ihres Beschwerdeverfahrens informiert sondern stoszligen ndash wenn uumlberhaupt ndash erst durch eigene Recherche auf ihn Die EIB-MitarbeiterInnen haben keine Verpflichtung den Beschwerdeaus-schuss aktiv in problematische Projekte einzubinden Er wird erst aktiv wenn Betroffene an ihn herantreten Bei Pro-jekten die von mehreren Geldgebern finanziert werden hat er kein Mandat deren Rolle bei der Verletzung von So-zialstandards zu untersuchen Seine Be-urteilungen und Empfehlungen sind fuumlr die Bank auch nicht rechtlich bindend Das Beispiel der EIB zeigt damit nicht nur deren spezifische Maumlngel in der Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht sondern demonstriert auch die generell begrenzte Reichweite institutioneller Beschwerdemecha-nismen Sie stellen keinen Ersatz fuumlr verbindliche Menschenrechtsstandards dar zu deren Umsetzung Staaten ver-pflichtet sind

Gemaumlszlig dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP) sind 80 Prozent aller Menschen die aufgrund des Klimawan-dels umsiedeln muumlssen FrauenFoto Survival International

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 31

Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Der Status der EU im Menschenrechts-system ist kompliziert Die EU selbst ist kein Staat sondern eine Mitgliederor-ganisation von Staaten Wie andere internationale Organisationen auch ist sie daher keine Vertragspartei der zwischenstaatlichen Menschenrechts-vertraumlge (mit Ausnahme der UN-Behin-dertenrechtskonvention) Sie ist auch keine Vertragspartei der Europaumlischen Menschenrechtskonvention obwohl ihr Beitritt in Artikel 6(2) des EU-Vertrags

festgelegt ist und seit langem gepruumlft wird Daher haben die Menschenrechts-organe der UN und des Europarates auch kein Mandat uumlber die EU und duumlrfen nicht uumlber sie urteilen

Dennoch ist auch die EU verpfl ich-tet Menschenrechte in ihrer Innen- und Auszligenpolitik zu beachten Diese Verpfl ichtungen beruhen vor allem auf a) der EU-Grundrechtecharta (2009) b) dem EU-Vertrag sowie c) auf der Aarhus-Konventiona) Die Grundrechtecharta gilt fuumlr alle

EU-Organe sowie fuumlr die Mitglied-staaten bei der Anwendung von EU-Recht (GRC Art 51(1)) Sowohl das EU-Parlament als auch ein Experten-urteil bestaumltigten ihre extraterritori-ale Reichweite

b) In den EU-Vertraumlgen bekennt sich die EU zum Schutz der Menschen-rechte in ihrer Beziehung zur uumlbri-gen Welt und zur Grundrechtecharta der Vereinten Nationen (EUV Art 3(5)) Sie erklaumlrt diese zu leitenden Grundsaumltzen ihres auswaumlr-tigen Handelns (EUV Art 21) Dies gilt ausdruumlcklich auch fuumlr die Ko-operation mit Entwicklungslaumlndern (EUVA Art 208)

c) Die EU ist eine Vertragspartei der Aarhus-Konvention die nach Expert Innenmeinung ebenfalls auch extraterritorial ausgelegt werden kann

0 100 200 300 400 500

203020141990

Gebaumlude

Landwirtschaft

Industrie

Energiewirtschaft

Verkehr

lt61

72

88

lt98

160

163

lt72

119

209

lt143

181

283

lt183

358

466

Datenquelle Bundesministerium fuumlr UmweltNaturschutz Bau und Reaktorsicherheit (2017)Klimaschutz in Zahlen 2017

Ziele zur Verringerung von Treibhausgas-emissionen Deutschlands nach Sektoren gemaumlszlig dem Klimaschutzplan 2050(in Millionen Tonnen CO2-Aumlquivalenten)

32 FIAN | Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh (2012) Second National Com-munication of Bangladesh to the United Nations Framework Convention on Climate Change Dhaka Ministry of Environment and Forests Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh

Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 37

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Weltbank (2013) Turn Down the Heat Climate Extremes Regional Impacts and the Case for Resilience Washington DC Weltbank

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitikldquo

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UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

International Commission of Jurists (2011) Maastricht Principles on Extraterritorial Obligations of States in the Area of Economic Social and Cultural Rights Verfuumlgbar mit deutscher Uumlbersetzung unter httpwwwfiandefileadminuser_uploaddo-kumenteshopRaN2012_ETO_Maastricht_Principles_en_de_finalpdf

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Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

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38 FIAN | Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

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FIAN (2008) Agrartreibstoffe und das Menschenrecht auf Nahrung Grundlagen-papier von FIAN-Deutschland httpwwwfiandefiandownloadspdfagrarFIAN_Grundlagenpapier_Agrartreibstoffepdf

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Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 5: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

klimapolitischer Perspektive verpflich-tet den Klimawandel zu stoppen und seine Wirkungen abzumildern Neben der Emissionsminderung gebieten die Menschenrechte besonders solche be-troffenen Bevoumllkerungsgruppen bei der Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels zu unterstuumltzen die hierfuumlr kaum Mittel haben

Aufgrund ihrer hohen Treibhausgas-emissionen und des Vorhandenseins umfangreicher technischer und wirt-schaftlicher Ressourcen haben Deutsch-land und die EU die Pflicht bei der Senkung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Auszligerdem kommt ihnen die Aufgabe zu die Laumlnder des Globalen Suumldens durch die vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und die Bereitstellung von Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Bemuumlhun-gen zu unterstuumltzen Treibhausgasemis-sionen zu vermeiden und sich an die Folgen des Klimawandels anzupassen

Daruumlber hinaus muumlssen die konkre-ten Klimaschutzmaszlignahmen mit den Staatenpflichten zur Verwirklichung der Menschenrechte in Einklang stehen Entsprechend ihrer menschenrechtli-chen Respektierungs- und Schutzpflicht sind die Staaten verpflichtet darauf zu achten dass Maszlignahmen zur Senkung der Treibhausgasemissionen ndash wie die Errichtung neuer Stromkraftwerke oder die Nutzung von Waumlldern als Kohlen-stoffspeicher ndash die Wahrnehmung von Menschenrechten im In- und Ausland nicht beeintraumlchtigen oder gar verlet-zen Klimaschutzmaszlignahmen duumlrfen nicht dazu fuumlhren dass Menschen die Existenzgrundlage entzogen wird Sie muumlssen die Rechte indigener Voumllker und lokaler Gemeinschaften auf ihr ange-stammtes Land natuumlrliche Ressourcen sowie ihre traditionelle Landnutzung anerkennen und respektieren Betrof-fene indigene Voumllker und lokale Ge-meinschaften muumlssen in alle Stufen der Entscheidungsfindung umfassend und effektiv einbezogen werden Fuumlr den

Fall von Konflikten muumlssen Verfahren zur Beilegung eingerichtet werden

Bisher waren Menschenrechte allerdings noch eine Leerstelle in der internationalen Klimapolitik Erst im Pariser Klimaabkommen von 2015 wurde ein Bezug zwischen Klimaschutz und Menschenrechten hergestellt Zwischenstaatliche und internationale Finanzierungsverfahren fuumlr Klima-schutzmaszlignahmen beinhalten bisher oft keine menschenrechtlichen Schutz-regeln In der Praxis kommt es immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen zum Beispiel durch Vertreibungen

Die Praumlambel des Pariser Abkom-mens fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Dieser Anspruch muss nun in die Tat umgesetzt werden Deutsch land und die EU muumlssen erstens dafuumlr Sorge tragen dass ihre eigenen Klimaschutz-maszlignahmen menschenrechtskonform gestaltet werden Zweitens muumlssen sie auf internationaler Ebene alle Moumlglich-keiten ausschoumlpfen um darauf hinzu-wirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber internationale Einrichtungen und Programme umgesetzt werden men-schenrechtskonform sind

Uumlberschwemmung im Gebiet des Laxmanpur-Damms in Nepal

Zusammenfassung | FIAN 5

Einleitung

Der Klimawandel und die Politik zu seiner Bekaumlmpfung haben zahlreiche Auswirkungen auf die Verwirklichung der Menschenrechte Einerseits gefaumlhr-den zum Beispiel der Anstieg des Meeresspiegels das Schmelzen der Gletscher und die Zunahme von Stuumlr-men und Duumlrren die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser Andererseits erfordert die Bekaumlmpfung des Klimawandels massive Investitionen zum Beispiel in die Energieversorgung oder in den Verkehr Groszliginvestitionen wie Staudaumlmme fuumlhren oft zu Vertreibungen und ande-ren negativen Folgen fuumlr die oumlrtliche Bevoumllkerung Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen hat daher seit 2008 mehrere Beschluumlsse zu diesem Thema verabschiedet

Von KlimapolitikerInnen werden diese menschenrechtlichen Auswirkun-gen jedoch nur zoumlgernd zur Kenntnis genommen Erst 2010 20 Jahre nach dem Beginn internationaler Verhand-lungen zum Klimaschutz wurde der Begriff Menschenrechte zum ersten Mal in einem internationalen Be-schluss erwaumlhnt Nach langen weiteren Verhandlungen hielten die Staaten schlieszliglich 2015 in der Praumlambel des Klimaabkommens von Paris fest dass bdquodie Vertragsparteien beim Vorgehen gegen Klimaaumlnderungen ihre jeweiligen Verpfl ichtungen im Hinblick auf die

Menschenrechte das Recht auf Gesund-heit die Rechte von indigenen Voumllkern lokalen Gemeinschaften MigrantInnen Kindern Menschen mit Behinderungen und besonders schutzbeduumlrftigen Men-schen und das Recht auf Entwicklung so-wie die Gleichstellung der Geschlechter die Staumlrkung der Rolle der Frau und die Gerechtigkeit zwischen den Generationen achten foumlrdern und beruumlcksichtigenldquo sollen

Die vorliegende Broschuumlre bietet eine Einfuumlhrung in die Zusammenhaumlnge zwischen dem Klimawandel und der Verwirklichung der Menschenrechte insbesondere der Rechte auf Nahrung und Wasser Die Broschuumlre stellt zu-naumlchst die Ursachen des Klimawandels und dessen Auswirkungen auf die Menschenrechte auf angemessene Nahrung und Wasser dar und untersucht die unterschiedlichen Auswirkungen auf regionaler und individueller Ebene Im Anschluss erfolgt eine Gegenuumlber-stellung bestehender Staatenpfl ichten aus den internationalen Umwelt- und Menschenrechtsabkommen aus denen Kriterien zur Bestimmung der Staa-tenpfl ichten in der nationalen und internationalen Klimapolitik abgeleitet werden Abschlieszligend werden die men-schenrechtlichen Verpfl ichtungen der deutschen Regierung und der Europaumli-schen Union herausgearbeitet

6 FIAN | Einleitung

Einleitung

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher

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02

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Jaumlhrlicher MittelwertMittelwert geglaumlttet uumlber 5 Jahre

Temperaturabweichung in degC relativ zu 1951ndash1980

20172000198019601940192019001880

Wichtig fuumlr das Verstaumlndnis des Klima-wandels ist die Begriffe Klima und Wetter voneinander abzugrenzen Der Begriff Wetter bezeichnet den kurzfris-tigen Zustand in Bezug auf Temperatur Niederschlag Luftdruck etc an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit Der Begriff Klima hingegen be-zeichnet vereinfacht gesagt den langjaumlhrigen Durchschnitt des Wetters uumlber Zeitraumlume von mindestens 30 Jah-ren Klimawandel bedeutet also eine Aumlnderung des langfristigen Durch-schnitts Seit Jahrzehnten steigt insbesondere der Durchschnitt der globalen Lufttemperatur trotz jaumlhrli-cher Schwankungen immer weiter an Aktuell liegt er rund 08 Grad Celsius uumlber dem Durchschnitt vor Beginn der Industrialisierung

Der Klimawandel kann also nicht durch ein besonders heiszliges oder kaltes Jahr bdquobewiesenldquo oder bdquowider-legtldquo werden Aussagekraumlftig ist nur der langfristige Trend Die Aumlnderung der globalen Durchschnittstemperatur sollte auch nicht an den Schwankungen der taumlglichen Temperatur gemessen werden Scheinbar geringe Aumlnde-rungen der Durchschnittstemperatur ziehen schnell betraumlchtliche Folgen mit sich Der Unterschied in der globalen Durchschnitts temperatur z wischen heute und den Eiszeiten in denen die Polargletscher bis Norddeutschland

reichten liegt nur bei 5 Grad Celsius Bereits die bisher eingetretene Erwaumlr-mung von weniger als 1 Grad Celsius hat deutliche Folgen fuumlr die Lebensmittel- und Wasserversorgung (siehe folgendes Kapitel)

Der Stand der Klimawissenschaft wird regelmaumlszligig vom so genannten Weltklimarat (Intergovernmental Panel on Climate Change IPCC) in dessen Sachstandsberichten zusammenge-stellt Die Aufgabe des Weltklimarats ist esbull die Risiken und Folgen des Klima-

wandels zu untersuchen

Globaler Temperaturindex Oberfl aumlchen-temperaturen Land und Ozean 1880-2017Datenquelle NASA Goddard Institute for Space Studies httpdatagissnasagovgistempgraphs

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher | FIAN 7

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher

bull Strategien und Maszlignahmen fuumlr die Vermeidung eines gefaumlhrlichen Kli-mawandels sowie fuumlr die Anpassung an den Klimawandel vorzuschlagen

Der Weltklimarat betreibt keine eigene Forschung sondern traumlgt die Ergebnis-se der wissenschaftlichen Forschung zusammen Sein neuester (fuumlnfter) Sachstandsbericht wurde 20132014 veroumlffentlicht

Zentral fuumlr den Klimawandel ist der so genannte Treibhauseffekt In einem Treibhaus passiert das Sonnenlicht die Glasdaumlcher und -waumlnde weitgehend un-gehindert und erwaumlrmt das Treibhaus Die Waumlrme kann durch die Daumlcher und Waumlnde nicht entweichen In der Atmo-sphaumlre ist ein aumlhnlicher Effekt aufgrund der so genannten Treibhausgase (THG) zu beobachten Von der Sonne faumlllt energiereiche kurzwellige Strahlung auf die Erde und dringt weitgehend ungehindert durch die Atmosphaumlre zur Erdoberflaumlche durch Die Erdoberflaumlche wiederum strahlt weniger energiereiche langwellige Strahlung ab Diese wird zu einem groszligen Teil durch die Treibhaus-gase in der Atmosphaumlre aufgenommen und dann wieder in alle Richtungen abgestrahlt Die Treibhausgase halten also einen Teil der Waumlrmeenergie auf der Erdoberflaumlche zuruumlck der sonst in den Weltraum abgestrahlt wuumlrde Das haumlufigste natuumlrlich vorkommende Treib-hausgas ist Wasserdampf (H2O g) Er

ist fuumlr rund zwei Drittel des natuumlrlichen Treibhauseffekts verantwortlich Andere Treibhausgase sind etwa Kohlendioxid (CO2) Methan (CH4) und Lachgas (N2O) Durch den natuumlrlichen Treibhauseffekt wurde das Leben auf der Erde in der heutigen Form uumlberhaupt erst moumlglich Er bewirkt eine Erwaumlrmung der Erdober-flaumlche um 33 Grad Celsius wodurch die durchschnittliche globale Temperatur auf 15 Grad Celsius angehoben wird Ohne den natuumlrlichen Treibhauseffekt laumlge sie bei minus 18 Grad Celsius

Auf diesen natuumlrlichen Effekt sattelt die Menschheit nun den menschenge-machten (anthropogenen) Treibhaus-effekt auf Durch verschiedene industri-elle und landwirtschaftliche Aktivitaumlten steigert der Mensch die Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphaumlre CO2 hat mit rund 60 Prozent den Haupt-anteil am anthropogenen Treibhaus-effekt Es wird durch die Verbrennung der fossilen Brennstoffe minus Braun- und Steinkohle Erdoumll und Erdgas minus so-wie die fortschreitende Rodung der Waumllder freigesetzt Seit Beginn der Industrialisierung hat der Mensch die atmosphaumlrische CO2-Konzentration von 280 ppm (parts per million dh Teile Kohlendioxid pro eine Million Atmo-sphaumlrenteile) auf uumlber 400 ppm erhoumlht Dieser Wert uumlbertrifft bei weitem die natuumlrliche Bandbreite der atmosphauml-rischen CO2-Konzentration der letzten 800000 Jahre die anhand von Eisboh-rungen ermittelt werden konnte

Wie oben erwaumlhnt wurde durch den Anstieg der Treibhausgas-Konzentra-tion in der Atmosphaumlre bereits eine Erwaumlrmung der mittleren globalen Luft-temperatur von fast 1 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter ausgeloumlst Bis zum Ende des 21 Jahr-hundert wird eine Erwaumlrmung von bis zu 4 Grad Celsius erwartet Solch eine Erwaumlrmung entspraumlche in der Groumlszligen-ordnung dem Temperaturunterschied zwischen dem Tiefpunkt der letzten Eiszeit und der derzeitigen Warmzeit Die Erhoumlhung der Temperatur seit der letzten Eiszeit dauerte 8000 Jahre ndash die Menschheit ist dabei einen ebenso

Atmosphaumlre

Treibhausgase

SonnenlichtWaumlrme von der Erde

Der natuumlrliche Treibhauseffekt(Grafik nach Lars EbbersmeyerWikimedia)

8 FIAN | Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher

groszligen Temperaturanstieg innerhalb von 200 Jahren hervorzurufen

Die Loumlsung des Klimaproblems ist unter anderem deswegen so schwierig weil bei nahezu allen wirtschaftlichen Aktivitaumlten Treibhausgase ausgestoszligen werden Mit einem Viertel der Emis-sionen hat die Erzeugung von Strom und Waumlrme den groumlszligten Anteil Nur knapp dahinter liegen mit 24 Prozent Land- und Forstwirtschaft Dies liegt vor allem an der Rodung der Waumllder in Laumlndern des Globalen Suumldens sowie an hohen Emissionen aus Viehwirtschaft und Reisanbau Weitere hohe Ausstoumlszlige kommen aus der Industrie mit 21 Pro-zent und dem Verkehr mit 14 Prozent

Aktuell verursacht China den groumlszlig-ten Ausstoszlig von Treibhausgasen gefolgt von den USA der EU und Indi-en Betrachtet man jedoch alle Emissi-onen seit dem Beginn systematischer Aufzeichnungen im Jahr 1850 so sind die Industrielaumlnder fuumlr rund drei Vier-tel davon verantwortlich Ein anderes Bild entsteht auch wenn man die Emissionen pro Kopf betrachtet Waumlh-rend in Deutschland im Durchschnitt 10 Tonnen CO2 pro Kopf ausgestoszligen

werden und in den USA sogar 18 Ton-nen sind es in China 8 Tonnen und in Indien nur rund 23 Tonnen Zudem ist es innerhalb dieser Laumlnder oft nur eine wohlhabende Minderheit die durch ihren energieintensiven Lebensstil am meisten zu den Emissionen beitraumlgt waumlhrend der arme Groszligteil der Bevoumll-kerung weiterhin nur einen geringen Anteil daran hat

25

21

14

16

Sonstige

Industrie

Verkehr

Strom- und Waumlrme-erzeugung

Land- und Forst-wirtschaft

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Die Verbrennung fossiler Energietraumlger ist eine der wesentlichen Ursachen des menschengemachten Treibhauseffekts

Anteil verschiedener Wirtschaftssektoren an den TreibhausgasemissionenDatenquelle Weltklimarat

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher | FIAN 9

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Basierend auf den Analysen des Welt-klimarats (2007 und 2014) und dem Grundlagendokument der Ernaumlhrungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Food and Agricul-tural Organization FAO) zum Thema

Klimawandel und Ernaumlhrungssicherheit (2008) lassen sich im Wesentlichen fuumlnf Faktoren festmachen die die Wahrneh-mung des Rechts auf Nahrung vieler Menschen bedrohen

Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur

Die Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur hat regional stark unterschiedliche Auswirkungen In den mittleren und houmlheren Breitengraden Nordamerikas Europas Asiens und

Suumldamerikas verlaumlngert ein gemaumlszligigter Anstieg der mittleren globalen Lufttem-peratur zwischen 1 Grad Celsius und 2 Grad Celsius die landwirtschaftlichen Anbauphasen und koumlnnte zu houmlheren

Die Karte zeigt wie sich der Klimawandel bis 2100 voraussichtlich auf die Eignung fuumlr landwirtschaftliche Nutzung auswirken wird

Grafi k Dr Florian Zabel Ludwig-Maximilians-Universitaumlt Muumlnchen (LMU)

schlechter besser

Auswirkungen des Klimawandels auf die

Verwirklichung des Menschenrechts auf

Nahrung

10 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Ertraumlgen fuumlhren Demgegenuumlber fuumlhrt in den saisonal trockenen Laumlndern niedriger Breitengrade in denen sich die meisten Laumlnder des Globalen Suuml-dens befinden bereits eine Erwaumlrmung zwischen 1 Grad Celsius und 2 Grad Celsius zu erheblichen Ernteverlusten Dies ist vor allem auf eine staumlrkere Verdunstung in Verbindung mit der weit verbreiteten regenbewaumlsserten Land-wirtschaft in diesen Laumlndern zuruumlckzu-fuumlhren Die Ertraumlge werden auch beein-

traumlchtigt wenn die Tagestemperaturen gewisse Schwellenwerte uumlberschreiten die je Pflanzenart unterschiedlich sind Der Klimawandel hat zur Folge dass diese Werte haumlufiger uumlberschritten werden

Bei einem Temperaturanstieg von uumlber 2 Grad Celsius erwartet die Klima-wissenschaft in allen Klimazonen minus also auch in den houmlheren Breitengraden minus negative Auswirkungen auf die land-wirtschaftliche Produktion

Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge

Im Zuge des Klimawandels werden sich die Niederschlagsmuster sowohl jahres-zeitlich als auch raumlumlich veraumlndern Generell sagt die Klimaforschung voraus dass feuchte Regionen zukuumlnf-tig noch feuchter und trockene Regio-nen noch trockener werden Gleichzei-tig prognostiziert die Klimaforschung

dass die Niederschlaumlge staumlrker sowie die zeitlichen Abstaumlnde zwischen Regenfaumll-len insgesamt groumlszliger werden Dies wird mit groszliger Wahrscheinlichkeit eine Zunahme von Duumlrren und Uumlberschwem-mungen zur Folge haben die groszlige Verluste in der Land- und Viehwirtschaft hervorrufen werden

Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen

Die Klimaforschung sagt voraus dass die Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen wie starken Stuumlrmen und lang anhaltenden Regen-schauern auf allen Kontinenten zuneh-men wird In tropischen Regionen wird aufgrund der erhoumlhten Temperaturen und des ansteigenden Meeresspiegels eine Zunahme von Zyklonen prognosti-ziert die zu Ernteausfaumlllen auf dem Land sowie zur Zerstoumlrung der fuumlr die

Fischerei wichtigen Korallen beitragen werden Diese extremen Wetterereig-nisse beschaumldigen nicht nur die ange-bauten Feldfruumlchte und treiben die Erosion des Bodens voran sondern fuumlhren auch zu enormen Schaumlden an der Infrastruktur in den betroffenen Regionen Dies kann nicht nur den Zugang zu Maumlrkten verschlechtern sondern auch eine Notversorgung mit Lebensmitteln behindern

Anstieg des Meeresspiegels

Die Erhoumlhung der globalen Temperatu-ren fuumlhrt zur Ausdehnung der Wasser-massen der Ozeane (durch die Erwaumlr-mung einer Substanz erhoumlht sich ihr Volumen) sowie zum Abschmelzen des Polareises und der Gletscher Der dadurch ansteigende Meeresspiegel bedroht den Lebensraum der Bewohne-rInnen kleiner Inseln des pazifischen und indischen Ozeans sowie der Kuumlsten-bewohnerInnen Fruchtbares Tiefland wird uumlberschwemmt Ackerboumlden

versalzen Daruumlber hinaus wird voraus-gesagt dass die Fischereiwirtschaft zunehmend in Konkurrenz zum ver-staumlrkten Kuumlstenschutz stehen wird der durch den Klimawandel erforderlich wird Der Bau von Daumlmmen fuumlhrt zu Veraumlnderungen in den Ablagerungs-schichten des Meeresbodens sowie in der Versorgung kuumlstennaher Oumlkosyste-me mit Frischwasser und Naumlhrstoffen mit nachteiligen Folgen fuumlr die lokale Fischerei

Bereits jetzt hat der Klimawandel in einigen Regionen der Welt geringere Maisernten zur Folge

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 11

Groumlszligere Wetterschwankungen

Insgesamt bringen die klimatischen Veraumlnderungen instabilere Wetterver-haumlltnisse mit sich die die Wasserversor-gung sowie die Land- und Viehwirt-schaft in vielen Regionen erschweren

und Ernteertraumlge schwanken lassen Dies stellt ein Risiko fuumlr die Einkom-mensgrundlage der BaumluerInnen sowie fuumlr die Versorgung lokaler und regiona-ler Maumlrkte mit Nahrungsmitteln dar

Der Klimawandel hat einen enormen Einfluss auf den Zugang zu ausreichen-dem und sauberem Wasser Mit jedem Grad globaler Erwaumlrmung werden sich die erneuerbaren Trinkwasserressour-cen voraussichtlich fuumlr 7 Prozent der Weltbevoumllkerung um 20 Prozent verrin-gern Der Klimawandel verstaumlrkt die

bereits bestehenden Wasserprobleme in vielen Erdregionen die durch das hohe Bevoumllkerungswachstum das Anwachsen der Megastaumldte die Ausbreitung eines ressourcenintensiven Lebensstils und die Uumlbernutzung von Frischwasser durch die industrielle Landwirtschaft hervorgerufen werden

Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels

Neben der Uumlberschwemmung von Kuumlstengebieten sowie vieler kleiner Inseln des indischen und pazifischen Ozeans fuumlhrt der Anstieg des Meeres-spiegels in kuumlstennahen Gebieten auch

zur Versalzung des Grundwassers Frischwasser wird dadurch immer knapper und die Zahl der Menschen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser wird schnell steigen

Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur

Mehr als ein Sechstel der Weltbevoumllke-rung lebt in Flussgebieten die haupt-saumlchlich durch saisonale Abschmelzun-gen von Schnee und Gletschereis mit Suumlszligwasser versorgt werden Durch die ansteigende Lufttemperatur wird die Schneefallmenge in den Wintermonaten abnehmen Zudem wird sich der Abfluss des Schmelzwassers von den Bergen zunehmend von den Sommermonaten ndash in denen der Bedarf am groumlszligten ist ndash in den Fruumlhling verschieben Gleichzeitig wird der Temperaturanstieg zu einem weiteren Ruumlckgang der Gletscher fuumlhren die aufgrund ihrer Kapazitaumlt zur Speicherung von Suumlszligwasser eine zentrale Rolle bei der Trinkwasserver-

sorgung in den Flussgebieten spielen Bei einem Temperaturanstieg von 4 Grad Celsius koumlnnte der Umfang der Gletscher bis zum Ende des Jahrhun-derts weltweit um bis zu vier Fuumlnftel abnehmen Dies wird ein kurzfristiges Ansteigen der Flusslaumlufe zur Folge haben Langfristig wird sich die Wasser-menge der Fluumlsse jedoch verringern Schlieszliglich wird vorhergesagt dass das Ansteigen der Lufttemperatur und die abnehmende Wassermenge in den Suumlszliggewaumlssern zu starkem Algen- und Bakterienwachstum fuumlhren Dadurch wird sich die Wasserqualitaumlt in den betroffenen Regionen verschlechtern

Auswirkungen des Klimawandels auf die

Verwirklichung des Menschenrechts auf

Wasser

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta muss aufgrund des Klimawandels immer tiefer nach Trinkwasser graben

12 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge

Trockene Gebiete sowie Regionen mit geringen Suumlszligwasserspeichern in denen die Gewinnung von Trinkwasser unmit-telbar aus dem Regenwasser erfolgt werden mit groszliger Wahrscheinlichkeit besonders heftig von den abnehmen-den Niederschlaumlgen betroffen werden In tropischen Gebieten wiederum kann

die vorhergesagte Erhoumlhung der jahres-zeitlichen Niederschlagsmenge zu Uumlberschwemmungen fuumlhren Durch das Ausspuumllen der Boumlden der uumlberfluteten Landflaumlchen koumlnnen Schadstoffe in das Wasser gelangen die die Suumlwasserres-sourcen verschmutzen

Die Klimaaumlnderungen werden in der tropischen und subtropischen Klimazo-ne ndash in der sich die Mehrzahl der Laumlnder des Globalen Suumldens befindet ndash weit negativer ausfallen als in der gemaumlszligig-ten Klimazone in der uumlberwiegend Industriestaaten beheimatet sind Daruumlber hinaus verfuumlgen die Menschen in den Laumlndern des Globalen Suumldens aufgrund mangelnder finanzieller und technologischer Mittel uumlber eine nur geringe Anpassungsfaumlhigkeit an die

bevorstehenden Klimaaumlnderungen Es werden also gerade die Menschen am staumlrksten unter den Auswirkungen der Erderwaumlrmung leiden die am allerwe-nigsten zu deren Verursachung beige-tragen haben

Dem Weltklimarat zufolge sind die Arktis Afrika kleine Inseln sowie die groszligen asiatischen Flussdeltas die am staumlrksten vom Klimawandel betroffenen Regionen

Kleine Inselstaaten

Kleine Inselstaaten wie beispielsweise Vanuatu und Tuvalu sind bereits heute schon stark von den klimatischen Veraumlnderungen betroffen Der anstei-gende Meeresspiegel erhoumlht die Gefahr von Uumlberschwemmungen und Sturmflu-ten und stellt eine Bedrohung fuumlr die Wasserversorgung die Landwirtschaft und die gesamte Infrastruktur dar Die Wasserversorgung der Inseln wird zusaumltzlich dadurch erschwert dass durch die Klimaaumlnderungen Meereswas-ser in das Grundwasser dringt Denn gerade auf den kleinen Inseln und Atollen liegt der Grundwasserspiegel haumlufig nur etwa ein bis zwei Meter unter der Erdoberflaumlche

Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels

Die kleinen Inselstaaten sind aufgrund des Klimawandels vom Untergang bedroht

Die Regenfaumllle in Haiti werden heftiger undfuumlhren haumlufiger zu Uumlberschwemmungen

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 13

Daruumlber hinaus gefaumlhrden die vor-ausgesagten Veraumlnderungen der Nie-derschlagsmenge die Wasserversorgung der Inseln Denn auf den meisten Atol-len erfolgt die Trinkwassergewinnung durch das Auffangen von Regenwasser Des Weiteren beeintraumlchtigen die mit dem Meeresspiegelanstieg einherge-hende Versalzung der Boumlden und die

Unregelmaumlszligigkeiten der Niederschlaumlge die landwirtschaftliche Selbstversor-gung vieler Inseln Nicht nur die Ertraumlge der Agrarwirtschaft sondern auch die der Fischwirtschaft drohen aufgrund des temperaturbedingten Absterbens der Korallenriffe drastisch zuruumlckzuge-hen die vielen Fischen als Nahrungsre-servoir dienen

Afrika

Fuumlr das suumldliche Afrika wird vorherge-sagt dass der jaumlhrliche Niederschlag bei einer globalen Erwaumlrmung von 4 Grad Celsius um bis zu 30 Prozent abnehmen koumlnnte In Teilen des suumldli-chen und westlichen Afrikas koumlnnte sich die jaumlhrliche Wiederauffuumlllung des Grundwassers um 50 bis 70 Prozent vermindern Entsprechend erhoumlht sich das Risiko von Duumlrren Fuumlr das Horn von Afrika und das noumlrdliche Ostafrika sagen verschiedene Klimamodelle sehr unterschiedliche Folgen voraus Einige Modelle prognostizieren eine Verringe-rung der Niederschlaumlge andere eine Erhoumlhung Allerdings waumlre diese Erhouml-hung vermutlich nicht gleichmaumlszligig

uumlber das Jahr verteilt sondern wuumlrde sich in intensiven Regenperioden niederschlagen wodurch das Risiko von Uumlberflutungen steigen wuumlrde

Deutliche Auswirkungen auf die Landwirtschaft sind selbst bei niedri-gem Temperaturanstieg zu erwarten Bereits eine Erwaumlrmung von 15 Grad Celsius bis zum Jahr 2030 koumlnnte dazu fuumlhren dass 40 Prozent der Maisan-baugebiete nicht mehr fuumlr die derzeit angebauten Sorten geeignet waumlren Bei einer Erwaumlrmung von bis zu 2 Grad Celsius bis 2050 koumlnnten die Ertraumlge der gesamten Landwirtschaft um 10 Prozent abnehmen bei einer houmlheren Erwaumlr-mung um 15 bis 20 Prozent

Suumldostasien

Die dicht besiedelten Flussdeltas Suumldostasiens sind durch den ansteigen-den Meeresspiegel besonders gefaumlhr-det Denn dieser fuumlhrt zum Eindringen von Salzwasser und verstaumlrkt die Inten-sitaumlt von Wirbelstuumlrmen Zudem wird ein starker Anstieg von Hitzeextremen vorhergesagt Bereits bei einer globa-len Erwaumlrmung von 2 Grad Celsius werden 60 bis 70 Prozent der Region von Hitzeextremen und 30 bis 40 Pro-zent der Region von neuen Hitzerekor-den betroffen sein

Die Landwirtschaft wird durch diese Veraumlnderungen schwer getroffen werden So koumlnnte der Reisanbau im Mekongdelta der die Haumllfte des vietna-mesischen Reisertrags liefert bereits bis 2040 um rund 12 Prozent zuruumlck-gehen Auch die Fischwirtschaft wuumlrde durch die Erwaumlrmung und Versauerung des Wassers sowie das Absterben der Korallenriffe stark geschaumldigt Dadurch koumlnnte sich beispielsweise das Fangpo-tential in den suumldlichen Philippinen bis zum Jahr 2050 halbieren

Suumldasien

Auch in Suumldasien werden ungewoumlhnlich heiszlige Sommermonate in den naumlchsten Jahrzehnten vielfach haumlufiger auftre-ten Die regionalen und jahreszeitli-chen Schwankungen der Niederschlaumlge werden sich voraussichtlich deutlich

verstaumlrken Es wird erwartet dass bei einer globalen Erwaumlrmung von 4 Grad Celsius die Regenmengen in der trocke-nen Jahreszeit um 30 Prozent abneh-men und in der feuchten Jahreszeit um 30 Prozent zunehmen Diese Verschie-

Bewaumlsserungsmethoden der industriellen Landwirtschaft Afrikas verstaumlrken den Verlust des Zugangs zu Wasser der oumlrtlichen Bevoumllkerung

14 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

bung wird das Risiko von Duumlrren deut-lich erhoumlhen insbesondere fuumlr das nordwestliche Indien Pakistan und Afghanistan Fuumlr das suumldliche Indien wird eine houmlhere Feuchtigkeit vorhergesagt

Groszlige Fluumlsse wie der Ganges Indus und Brahmaputra haumlngen wesentlich von der sommerlichen Schnee- und Gletscherschmelze ab Bereits un-terhalb einer Erwaumlrmung von 2 Grad Celsius wird eine deutliche Erhoumlhung der Anzahl schneearmer Winter erwar-tet Dies wird zu deutlich niedrigeren Wasserstaumlnden in der trockenen Jahres-

zeit fuumlhren Wesentlich fuumlr die Land-wirtschaft sind auch das zeitige und regelmaumlszligige Eintreffen des Monsuns Dessen jaumlhrliche Schwankungen werden sich durch den Klimawandel deutlich verstaumlrken

Es wird erwartet dass die landwirt-schaftliche Produktion ohne den Klima-wandel bis zum Jahr 2050 um 60 Pro-zent steigen wuumlrde mit Klimawandel nur um 12 Prozent Durch den gleich-zeitigen Anstieg der Bevoumllkerung wird in der Folge die Produktion pro Kopf der Bevoumllkerung um ein Drittel abnehmen

Auswirkungen des Klimawandels auf Bangladesch

Bangladesch ist eines der Laumlnder die weltweit am staumlrksten durch den Klimawandel gefaumlhrdet sind Auf einer Flaumlche die etwa 40 Prozent der Groumlszlige Deutschlands entspricht leben 150 Millionen Menschen Das Land hat eine lange Kuumlste und die groszligen Fluumlsse Ganges Brahmaputra und Meghna muumlnden dort ins Meer und treten regelmaumlszligig uumlber die Ufer Schon ohne Klimawandel wird Bangla-desch immer wieder von Uumlberschwem-mungen Duumlrren und Wirbelstuumlrmen getroffen Im Durchschnitt werden jedes Jahr 20 bis 25 Prozent des Landes uumlberflutet Der Klimawandel fuumlhrt zu einem Anstieg des Meeres-spiegels und zur Zunahme von Mon-sunregen und Wirbelstuumlrmen Durch diese Faktoren koumlnnten in der Mitte des Jahrhunderts bei starken Fluten bis zu 80 Prozent des Landes uumlber-schwemmt werden Die Anzahl der Menschen die in Gegenden mit hohem Wirbelsturmrisiko leben koumlnnte von derzeit 87 Millionen auf uumlber 38 Milli-onen steigen

Daruumlber hinaus druumlckt der steigen-de Meeresspiegel vermehrt salziges Meerwasser in Bangladeschs Flussdel-tas Wo das Meerwasser nicht abflieszligt versalzen Boumlden und Suumlszligwasserquel-len Der Meeresspiegel koumlnnte bis 2050 um bis zu einem halben Meter

steigen Dadurch wuumlrde das Land 10 Prozent seiner Flaumlche verlieren was etwa der Groumlszlige Schleswig-Holsteins entspricht Davon waumlren 55 Millionen Menschen direkt betroffen und muumlss-ten umsiedeln

Die Kosten fuumlr die entstehenden Schaumlden und fuumlr die notwendigen Maszlignahmen zur Anpassung an den Klimawandel stellen Bangladesch vor eine enorme Herausforderung Als eines der aumlrmsten Laumlnder der Welt ist es bei der Bewaumlltigung dieser Aufgaben auf internationale finan-zielle und technische Unterstuumltzung angewiesen

Bangladeschs Fluumlsse drohen zu versalzen

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 15

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Die ersten Erkenntnisse zu den negati-ven Folgen des Klimawandels ruumlckten im Laufe der 1980er Jahre zunehmend ins Bewusstsein der Oumlffentlichkeit 1990 reagierte die Generalversammlung der Vereinten Nationen (United Na-tions UN) und beschloss ein interna-tionales Klimaschutzabkommen auszu-handeln Als Ergebnis wurde 1992 die Klimarahmenkonvention auf der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro (im Folgenden kurz Rio-Konferenz) verabschiedet

Die Klimarahmenkonvention ist gleichsam das Grundgesetz der inter-nationalen Klimapolitik Sie legt deren grundsaumltzliche Prinzipien fest (siehe folgendes Kapitel) und verpfl ichtet alle Staaten das Klima zu schuumltzen Daruuml-ber hinaus verpfl ichtet sie die traditio-nellen Industrielaumlnder dazu die Laumlnder des Globalen Suumldens fi nanziell tech-nologisch und durch Organisationsent-wicklung und Ausbildung zu unterstuumlt-zen Allerdings enthaumllt die Konvention keine konkreten Verpfl ichtungen fuumlr einzelne Staaten Solche Verpfl ichtun-gen sollten im Rahmen eines Zusatzpro-tokolls geregelt werden

Die Verhandlungen zu solch einem Protokoll wurden 1995 begonnen und 1997 im japanischen Kyoto abgeschlos-sen Das Kyoto-Protokoll verpfl ichtet die traditionellen Industrielaumlnder ihre Treibhausgasemissionen von 2008

bis 2012 um jeweils laumlnderspezifi sch defi nierte Werte zu senken Die Laumlnder koumlnnen diese Emissionsziele entweder auf ihrem eigenen Staatsgebiet erbrin-gen oder aber uumlber den so genannten Emissionshandel Emissionsminderun-gen aus anderen Laumlndern ankaufen Dazu wurden verschiedene Verfahren entwickelt (siehe Kapitel bdquoInternatio-nale Klimafi nanzierungldquo) Der damals groumlszligte Emittent die USA traten dem Abkommen jedoch nicht bei Zudem enthaumllt das Abkommen keine Verpfl ich-tungen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens

2007 wurden daher neue Verhand-lungen begonnen um ein global um-fassendes Klimaabkommen zu schaffen Das Abkommen sollte 2009 auf der Klimakonferenz in Kopenhagen ver-abschiedet werden dieses Vorhaben scheiterte jedoch Die Staaten konnten sich lediglich auf unverbindliche Zusa-gen einigen Allerdings legten erstmals auch viele Laumlnder des Globalen Suumldens Klimaschutzzusagen vor 2011 wurde ein neuer Anlauf gestartet ein um-fassendes Abkommen zu vereinbaren Gleichzeitig stimmten die EU und einige andere Industrielaumlnder zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020 neue ver-bindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

2015 einigten sich schlieszliglich alle Staaten auf das Pariser Klimaschutz-

16 FIAN | Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

3-SPALTIG1845mm times 90mm

Vereinte Nationen setzen Weltklimarat ein

unterzeichnet durch alle Staaten der Welt greift ab 2020

Pariser Klimaschutz-abkommen

Industrielaumlnder verpfl ichten sich ihre Treibhaus-gasemissionen von 2008 bis 2012 zu senken

Maumlngel Die USA haben nicht unterzeichnet und keine Verpfl ichtungen fuumlr den Globalen Suumlden

Verabschiedung

des

Kyoto Protokolls

1988

1992

1997

2011

2015

2016Beschluss der

Klimarahmenkonvention bei der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung (Rio-Konferenz)

Die EU und einige andere Industrielaumlnder stimmen zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020

neue verbindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

US-Praumlsident Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckzuziehen

abkommen Das Abkommen greift ab 2020 und verpflichtet alle Mitglieder Klimaschutzbeitraumlge vorzulegen Diese Beitraumlge sind allerdings rechtlich nicht verbindlich Stattdessen setzt das Abkommen auf transparente Berichter-stattung und oumlffentliches Anprangern um die Staaten anzuhalten ihre Vor-

haben auch tatsaumlchlich umzusetzen Inzwischen sind alle Staaten der Welt dem Pariser Abkommen beigetreten Allerdings hat der 2016 neugewaumlhlte US-Praumlsident Donald Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckziehen zu wollen

Die RegierungsvertreterInnen freuen sichuumlber die Verabschiedung des Klimaschutzabkommens von Paris Foto (ebenso S 16) IISDKiara Worth(enbiisdorgclimatecop21enb2dechtml)

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik | FIAN 17

Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Es ist deutlich geworden dass diejeni-gen Laumlnder die am wenigsten zum Klimawandel beitragen oft am staumlrks-ten von ihm betroffen sind Dieses Kapitel befasst sich daher mit den voumllkerrechtlichen Verpfl ichtungen der Staaten auf menschenrechtskonforme Weise den Klimawandel aufzuhalten und Anpassungsmaszlignahmen zu unterstuumltzen

Internationale Menschenrechte und Umweltvoumllkerrecht wirken inhaltlich ineinander Die Verwirklichung vieler Menschenrechte insbesondere auch des Rechts auf Nahrung haumlngt naumlmlich unmittelbar vom Zustand der natuumlrli-chen Umwelt ab Dem wurde bereits in der Stockholmer Erklaumlrung zur menschli-chen Umwelt von 1972 Rechnung getra-gen Sie formulierte als erste das Recht auf eine gesunde Umwelt und enthielt bereits damals die drei Prinzipien des Umweltrechts wie sie sich 1992 in der Erklaumlrung von Rio uumlber Umwelt und Entwicklung (im Folgenden kurz Erklauml-

rung von Rio) wiederfi nden das Vorsor-geprinzip das Verursacherprinzip und die gemeinsame aber unterschiedliche Verantwortung

Zugleich handelt es sich bei Men-schenrechten und Umweltrecht aber um unterschiedliche Bereiche des Voumllker-rechts Eine durchgaumlngige Beruumlcksichti-gung von Menschenrechten im globalen Umwelt- oder Klimarecht ist daher nicht selbstredend Im Folgenden werden die Gemeinsamkeiten und Unterschie-de der Rechtssysteme dargestellt und verdeutlicht welche Prinzipien und Verpfl ichtungen sich jeweils verstaumlrken und wo es Nachbesserungsbedarf gibt Anschlieszligend werden die staatlichen Verpfl ichtungen die sich aus men-schenrechtlicher Sicht fuumlr die Klima-politik ergeben gepruumlft Pfl ichten zur Emissionsminderung zur Unterstuumlt-zung von Anpassungsmaszlignahmen und zur Beachtung von Menschenrechten bei der Durchfuumlhrung von Maszlignahmen

Ganz allgemein handelt es sich beim Voumllkerrecht um Vertraumlge zwischen Staaten in welchen sie wechselseitige Pfl ichten und Rechte festhalten Die Menschenrechte bilden jedoch eine Ausnahme Sie sind Rechte von Einzel-personen und Gruppen gegenuumlber dem

Staat Diesen Rechten stehen staatliche Verpfl ichtungen gegenuumlber Fuumlr beide Bereiche gilt gleichermaszligen dass man zwischen materiellen Rechten und Verfahrensrechten unterscheidet ndash also zwischen konkreten Inhalten von Rechten einerseits (zum Beispiel das

Prinzipien des interna-tionalen Umweltrechts

und der Menschenrechte

Foto Werner Rudhart

18 FIAN | Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Recht auf sauberes Trinkwasser) und Regeln zu Vorgehensweisen anderer-seits (zum Beispiel die Pflicht zu Kon-

sultationen vor Eingriffen in Trinkwas-serreservoire oder die Festlegung von Rechtsmitteln bei Konflikten)

Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts

Die internationale Klimarahmenkon-vention ist Teil des internationalen Umweltrechts zu dem noch viele weitere Vertraumlge wie zum Beispiel das Washingtoner Artenschutzabkommen (1973) oder das Uumlbereinkommen zum Schutze der Ozonschicht (1985) gehouml-ren Vertragsuumlbergreifend sind im internationalen Umweltrecht die drei oben genannten Prinzipien anerkannt Sie gelten als Voumllkergewohnheitsrecht oder sind auf dem besten Wege dorthin Zu diesem Status hat wesentlich die Erklaumlrung von Rio beigetragen zu deren Grundpfeilern sie gehoumlren

Das Vorsorgeprinzip soll verhin-dern dass Schaumlden fuumlr die Umwelt ent-stehen International verankert ist vor allem der Grundsatz der Schadensver-meidung Er besagt dass auch bei un-vollstaumlndigem oder unsicherem Wissen uumlber Art Ausmaszlig Wahrscheinlichkeit und Ursachen von Umweltschaumlden und -gefahren vorbeugend gehandelt wer-den muss um Risiken zu minimieren Es gilt im internationalen Recht insbeson-dere fuumlr Auswirkungen von Maszlignahmen jenseits des eigenen Staatsgebiets wie zum Beispiel die Verschmutzung grenz-uumlberschreitender Gewaumlsser

Das Verursacherprinzip besagt dass fuumlr die Linderung und Beseitigung eingetretener Schaumlden der Verursacher verantwortlich ist und er folglich auch die Kosten tragen muss

Das Prinzip gemeinsamer aber unterschiedlicher Verantwortung entspricht einer Verallgemeinerung des Verursacherprinzips in Bezug auf Veraumlnderungen in der Umwelt fuumlr die kein einzelner Verursacher identifiziert werden kann Ein Beispiel hierfuumlr ist der Klimawandel Die gesamte Staaten-gemeinschaft traumlgt eine gemeinsame Verantwortung zu handeln Dabei wird jenen Staaten eine groumlszligere Verantwor-tung zugeschrieben die wirtschaftlich

leistungsfaumlhiger sind und staumlrker an der globalen Ressourcenausbeute beteiligt sind

Umweltrecht beinhaltet haumlufig auch eine Reihe von Verfahrensrechten In den meisten Staaten muumlssen im Vor-feld von Groszligprojekten beispielsweise deren Umweltvertraumlglichkeit analysiert (Ausdruck des Vorsorgeprinzips) und die betroffene Bevoumllkerung dabei ein-gebunden werden Vorbildlich ist hier das Uumlbereinkommen uumlber den Zugang zu Informationen die Oumlffentlichkeits-beteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten der UN Wirtschaftskommission fuumlr Europa (2001) kurz die Aarhus-Konvention Sie gewaumlhrt ausdruumlcklich die Rechte aller Betroffenenbull uumlber Umweltauswirkungen von Pro-

jekten informiert zu werdenbull an Entscheidungs- und Planungs-

prozessen beteiligt zu werden sowiebull Schadensersatzanspruumlche geltend

zu machenDie Aarhus-Konvention wurde von fast 50 Staaten Europas und Zentralasiens (mit Ausnahme Russlands) sowie von der EU ratifiziert

Frauen im kenianischen Tana-Delta sind besonders stark mit den Folgen der zuneh-menden Waserknappheit konfrontiert Foto Anton Pieper

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 19

Respekt

vor Zugang zu angemessener

Nahrung

Schutz

vor Uumlbergriffen Dritter

Gewaumlhrleistung

der Verfuumlgbarkeit und des Zugangs

zu Nahrung

Staatenpflichten

Auch die Rio-Konferenz und ihre Folgeprozesse bauen auf die Beteili-gung der Zivilgesellschaft Uumlber diesen Weg hielten nach und nach auch soziale Menschenrechte ausdruumlcklich Einzug in die Abschlusserklaumlrungen der alle

fuumlnf Jahre stattfindenden UN-Gipfel zu Umwelt und Entwicklung

Die Erklaumlrung von Rio mit ihrem Konzept der Nachhaltigkeit und den drei genannten Prinzipien liefer-te auszligerdem die Grundlage fuumlr die Klimarahmenkonvention

Prinzipien der internationalen Menschenrechte

Allgemeine Prinzipien

Die zentrale Saumlule des internationalen Menschenrechtssystems ist die Men-schenrechtscharta der Vereinten Natio-nen Sie umfasst die Allgemeine Erklauml-rung der Menschenrechte (1948) den Internationale Pakt uumlber Buumlrgerliche und Politische Rechte (UN-Zivilpakt) sowie den Internationalen Pakt uumlber Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) (beide 1966) Neben dem Zivilpakt und dem Sozial-pakt gibt es auszligerdem acht weitere Menschenrechtsvertraumlge die sich auf den Schutz besonders benachteiligter Gruppen sowie auf das Verbot von Folter und unmenschlicher Behandlung beziehen Alle Abkommen sind durch die immer gleichen Querschnittsprinzi-pien gepraumlgt naumlmlich das Gebot der Nichtdiskriminierung die Gleichheit aller die gesellschaftliche Beteiligung

den Zugang zu effektiven Rechtsmitteln bei Rechtsverletzungen die Rechen-schaftspflicht der Staaten sowie das Verbot des Ruumlckschritts Bei diesen Prinzipien handelt es sich durchweg um Verfahrensrechte die allen materiellen Rechten wie dem Recht auf Nahrung Wasser Wohnen etc zur Seite gestellt sind Denn sehr haumlufig liegt der Verlet-zung materieller Rechte die Verletzung von Verfahrensrechten zugrunde

Alle Menschenrechtsvertraumlge un-terscheiden fuumlr ihre gewaumlhrten Rechte je drei Arten staatlicher Verpflichtung gegenuumlber Einzelpersonen und Grup-pen Im UN-Sozialpakt sind dies res-pektieren schuumltzen gewaumlhrleisten Die Respektierungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten die Wahrnehmung eines Rechts nicht behindern duumlrfen Die Schutzpflicht besagt dass die Vertragsstaaten Dritte davon abhalten muumlssen die Ausuumlbung dieses Rechts zu beintraumlchtigen oder zu verhindern Die Gewaumlhrleistungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten Maszlignahmen er-greifen muumlssen um die Verwirklichung eines Rechts voranzubringen

Bezogen auf das Recht auf Nah-rung heiszligt das zum Beispiel dass der Staat BaumluerInnen nicht von ihrem angestammten Land umsiedeln darf um Infrastrukturprojekte umzusetzen wenn dadurch ihr Zugang zu angemes-sener Nahrung verloren geht Er muss ferner Dritte ndash zum Beispiel Groszliggrund-besitzerInnen oder Unternehmen ndash daran hindern dies zu tun wenn sie Land fuumlr Investitionen verkaufen oder Infrastrukturprojekte durchfuumlhren Und der Staat muss durch geeignete Maszlig-nahmen auch jenen die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung ermoumlglichen die davon ausgegrenzt sind ndash zum

Menschenrechten stehen staatliche Pflichten gegenuumlber

20 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Beispiel fuumlr die sichere Ruumlckkehr von Vertriebenen sorgen oder sie auf neuem fruchtbaren Land ansiedeln Da fuumlr viele Laumlnder des Globalen Suumldens wegen der Begrenztheit der verfuumlgbaren Mittel

insbesondere die Gewaumlhrleistungs-pflicht nicht immer leicht zu erfuumlllen ist sieht der UN-Sozialpakt eine all-maumlhliche Verwirklichung der Rechte vor

Extraterritoriale Staatenpflichten

Menschenrechtsvertraumlge beschreiben zunaumlchst die Pflichten eines Vertrags-staates gegenuumlber den Menschen auf seinem Staatsgebiet oder solchen die anderweitig unter seiner Gewalt stehen (zum Beispiel bei Besatzungen) Der UN-Zivilpakt enthaumllt eine Klausel die seinen Anwendungsbereich in diesem Sinn einschraumlnkt Der UN-Sozialpakt hingegen erlaubt weitreichendere Interpretationen Hier heiszligt es in Artikel 2(1) bdquoJeder Vertragsstaat verpflichtet sich einzeln und durch internationale Hilfe und Zusammenar-beit hellip die volle Verwirklichung der in diesem Pakt anerkannten Rechte zu erreichenldquo Fortschrittliche JuristInnen sehen darin eine rechtlich bindende Pflicht wirtschaftliche soziale und kulturelle Menschenrechte auch uumlber das eigene Staatsgebiet hinaus zu respektieren zu schuumltzen und zu gewaumlhrleisten Dies hat der UN-Sozial-ausschuss 2002 in seinem Allgemeinen Kommentar Nr 15 zum Recht auf Wasser aufgegriffen der bdquohellip von den Vertragsstaaten [verlangt] von Hand-lungen abzusehen die den Genuss des Rechts auf Wasser in anderen Laumlndern unmittelbar oder mittelbar beeintraumlchti-genldquo Die International Commission of Jurists (ICJ) hat dies fortgesetzt und 2011 die sogenannten Maastrichter Prinzipien zu extraterritorialen Staaten-pflichten im Rahmen des UN-Sozialpakts veroumlffentlicht Laut den Maastrichter Prinzipien muumlssen Staaten ihre zwi-schenstaatlichen und internationalen Abkommen so gestalten dass sie nicht zu menschenrechtlichen Verwerfungen bei Vertragspartnern fuumlhren und die Staaten nicht in der Erfuumlllung ihrer

menschenrechtlichen Verpflichtungen einschraumlnken Ferner haben Staaten die Pflicht gesetzgeberische und politische Maszlignahmen zu ergreifen um Menschen in anderen Staaten vor Menschen-rechtsverletzungen durch bei ihnen ansaumlssige international agierende Konzerne zu schuumltzen Die freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Men-schenrechten gleichfalls von 2011 weisen zumindest den Spielraum aus den Staaten zur Regulierung transnati-onaler wirtschaftlicher Akteure haben 2017 veroumlffentlichte der UN-Sozialaus-schuss auszligerdem den Allgemeinen Kommentar Nr 24 zu Staatenpflichten im Zusammenhang unternehmerischen Handelns Darin betont er ebenfalls die grenzuumlberschreitenden staatlichen Pflichten zur Kontrolle multinationaler Konzerne Insgesamt hat der Verweis auf extraterritoriale Pflichten der Staaten im Rahmen des UN-Menschen-rechtssystems uumlber die letzten Jahre stark zugenommen

Protest vor der Zentrale der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) gegen ein Staudammprojekt in Panama

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 21

Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten

Obwohl die Umwelt- und die Men-schenrechtsprinzipien ein groszliges Potenzial fuumlr Synergien haben weisen die Klimarahmenkonvention und das Kyoto-Protokoll keinerlei Bezug zu den Menschenrechten auf Zur Veran-schau li chung vergleicht die folgende Tabelle die wesentlichen Prinzipien der international anerkannten Men-schenrechte und die Regeln des Kli-marechts anhand der Grundpfeiler des internationalen Umweltrechts

Wie die Tabelle zeigt sind Staaten aus menschenrechtlicher und aus kli-mapolitischer Perspektive verpflichtet den Klimawandel zu stoppen und seine Wirkungen abzumildern Neben der Emissionsminderung ist es menschen-rechtlich wichtig besonders betroffene Bevoumllkerungsgruppen bei der Anpas-sung zu unterstuumltzen die hierfuumlr kaum Mittel haben

Ferner duumlrfen klimapolitische Maszlignahmen ihrerseits nicht zu Men-schenrechtsverletzungen fuumlhren Da die internationalen Klimaregeln aber im Gegensatz zu Menschenrechtskonven-tionen und vielen anderen Umweltab-kommen vergleichsweise wenig Wert auf die Einbindung betroffener Menschen legt kommt es durch klimapolitische Maszlignahmen immer wieder zu Men-schenrechtsverletzungen Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen sowie UN-SonderberichterstatterInnen und andere Menschenrechtsorgane haben daher intensiv Lobbyarbeit betrieben um Menschenrechte im Abkommen von Paris zu verankern Durchgesetzt hat sich jedoch nur ein Absatz in der nicht-bindenden Praumlambel (Zitat siehe Einlei-tung) Klimaschutz und Menschenrech-te trennen weiterhin Welten

Umwelt-recht-

Prinzipien Internationale Menschenrechte Internationales Klimarecht

Veru

rsac

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Ist Bestandteil der Menschenrechtsprinzipien und kommt im Recht auf Rechtsmittel und Entschaumldigung zum Ausdruck Das Verursacherprinzip setzt voraus dass ein Staat seine Respektierungs- Schutz- oder Gewaumlhrleistungspflicht nachweislich verletzt hat

Wegen des Problems eine spezifische Kausalkette nachzuweisen (welche CO2-Emission hat wen geschauml-digt) ist es kein Prinzip der Klimarahmenkonventi-on In aufgeweichter Form spiegelt es sich im Prinzip der gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortung

Pflic

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on Grundlegendes in Art2 (1) des UN-Sozialpaktes verankertes Prinzip wonach die reichen Industrie-staaten die Laumlnder des Globalen Suumldens bei der allmaumlhlichen Verwirklichung der Menschenrechte unterstuumltzen sollen

Verpflichtung der Industrielaumlnder gemaumlszlig Art 4 (3 4) der Klimarahmenkonvention die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell und technologisch bei der Minde-rung von Emissionen und Anpassung an den Klima-wandel zu unterstuumltzen

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Verfahrensrechte (Gleichbehandlung Information Beteiligung Rechtsmittel) sind Grundlage aller menschenrechtlichen Vertraumlge weil sie auch fuumlr die Sicherung substantieller Rechte (zB Recht auf Nahrung) bedeutend sind Dies gilt insbesondere auch fuumlr die Rechte besonders diskriminierter Bevoumllkerungsgruppen

Im Gegensatz zu vielen Umweltabkommen (zB Aarhus-Konvention) spielen in der Klimarahmenkon-vention dem Kyoto-Protokoll und dem Pariser Ab-kommen Verfahrensrechte von Einzelpersonen keine Rolle Die Ausgestaltung der internationalen Klima-schutzmechanismen nimmt entsprechend wenig Ruumlcksicht darauf

Vergleich menschenrechtlicher und klimarechtlicher Prinzipien

22 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Die Malediven fordern von der internationalen Staatengemeinschaft Maszlignahmen zum Klimaschutz zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung

Kaum jemand zweifelt mehr daran dass der Klimawandel maszliggeblich men-schengemacht ist und negative Auswir-kungen auf die Wahrnehmung von Menschenrechten hat Auf Grundlage der menschenrechtlichen Schutzpflicht sind die Staaten verpflichtet rasch effektive Maszlignahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen zu ergrei-fen BerichterstatterInnen des UN-Menschenrechtsrats betrachten das im Pariser Abkommen vereinbarte Ziel Emissionen derart zu reduzieren dass der globale Temperaturanstieg unter 15 Grad Celsius gehalten wird daher als menschenrechtliche Pflicht der Staaten Dennoch findet Emissionsmin-derung nicht in dem Umfang statt wie es noumltig waumlre Seit 2005 haben ver-schiedene Akteure auf unterschiedli-chen Wegen versucht diesen Blockaden mit Hilfe des Menschenrechtssystems entgegenzuwirken

Die Regierung der Malediven schlug den politischen Weg ein Die Malediven sind ein Staat bestehend aus etwa 1200 kleinen Inseln die nur wenige Meter uumlber dem Meeresspiegel liegen und unmittelbar vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen sind Die Regierung des Landes initiierte die Maledivische Erklaumlrung zur menschlichen Dimension des globalen Klimawandels die sie im November 2007 gemeinsam mit 38 weiteren kleinen Inselstaaten unterzeichnete In dieser Erklaumlrung forderten sie das Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte der Vereinten Nationen auf dem Menschenrechtsrat eine detaillierte Studie uumlber die Auswir-kungen des Klimawandels vorzulegen was im Oktober 2009 ndash kurz vor der Klimakonferenz in Kopenhagen ndash auch geschah Die Malediven haben damit einen Prozess in Gang gesetzt der maszliggeblich dazu beigetragen hat dass viele Menschenrechtsorgane begannen sich mit den Auswirkungen des Klima-wandels auf die Menschenrechte zu befassen

Einen anderen Weg schlugen die Inuit des US-amerikanischen Teils Alaskas ein 2005 reichten sie bei der Inter-Amerikanischen Menschenrechts-kommission eine Klage gegen die USA ein weil die USA nicht genug taumlten um den Klimawandel zu verhindern Die Kommission lehnte die Verhandlung des Falls ab Ein wesentlicher Grund war dass die Klaumlger nicht hinreichend darle-gen konnten dass vor allem die Un-taumltigkeit der USA zur Verletzung ihrer Menschenrechte fuumlhre Die Kommission lud die Inuit aber im Maumlrz 2007 zu einer Anhoumlrung ein um die Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Menschen-rechte zu eroumlrtern Obwohl sie rechtlich eine Niederlage erlitten hatten wurde die Anhoumlrung doch zu einem politi-schen Erfolg der der Situation der Inuit global viel Aufmerksamkeit einbrachte

Des Weiteren war die Klageschrift der Inuit der Auftakt zu einer Vielzahl von Versuchen die Staaten auf juristi-schem Wege zur Pflicht zu rufen Dies muss sich aber nicht auf Organe des Menschenrechtssystems beschraumlnken Besonders erfolgreich war eine Klage der niederlaumlndischen Umweltorganisa-tion Urgenda gegen die Niederlande Das Bezirksgericht in Den Haag urteilte 2015 auf Grundlage der in der nieder-laumlndischen Verfassung verankerten Fuumlrsorgepflicht des niederlaumlndischen Staates dass die Niederlande auf-grund der Erkenntnisse des vierten Sachstandsberichts des Weltklimarats ihre Emissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 25 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern muumlssen Mit den bis dahin ergriffenen Maszlignahmen waumlren voraussichtlich nur 17 Prozent erreicht worden

Trotz dieser Erfolge bleibt es schwierig einzelne Staaten fuumlr den Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Menschenrechte zur Verant-wortung zu ziehen Haumlufig verstaumlrkt der Klimawandel nur bereits beste-hende Menschenrechtsverletzungen Auch die Unterscheidung ob eine

Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 23

Menschenrechtsverletzung in diesem Zusammenhang Folge des Klimawandels oder uumlblicher Wetterextreme ist ist oft schwierig So kommt das Hochkommis-sariat fuumlr Menschenrechte 2009 zum Ergebnis dass der Klimawandel zwar eindeutig negative Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Menschenrech-ten hat dass es aber weniger eindeutig ist ob und in welchem Ausmaszlig die Auswirkungen in streng rechtlichem Sinn als Menschenrechtsverletzung qualifiziert werden koumlnnen

Aus Sicht von FIAN Deutschland kann der Verlust des Zugangs zu Nah-rung durch den Klimawandel aber durchaus als Menschenrechtsverletzung gewertet werden fuumlr die andere Staa-

ten als der Heimatstaat mitverantwort-lich sind Zwar ist der Haftungsansatz nach dem Verursacherprinzip aufgrund der oben geschilderten Besonderheiten des Klimaproblems fuumlr eine menschen-rechtliche Argumentation wenig frucht-bar Aufgrund des Wissens der Staaten uumlber die menschliche Verursachung und der nachweislich negativen Auswirkun-gen des Klimawandels auf die weltweite Verwirklichung der Menschenrechte sind die Staaten jedoch gemaumlszlig UN-Sozialpakt Artikel 2(1) menschenrecht-lich verpflichtet einzeln sowie durch internationale Hilfe und Zusammen-arbeit unter Ausschoumlpfung all ihrer Moumlglichkeiten wirksame Maszlignahmen zur Emissionsminderung zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung

bdquoAnpassungldquo umschreibt ein weites Feld von Aktivitaumlten das die Menschen weniger anfaumlllig gegenuumlber den Auswir-kungen des Klimawandels macht Hiermit kann die Einfuumlhrung von duumlrreresistenten Pflanzenarten und von Bewaumlsserungssystemen gemeint sein aber auch Umsiedlung aus Hochrisiko-zonen neue Bauweisen und Bauvor-schriften oder der Ausbau von Institu-tionen zum Risikomanagement Sie macht einen vergleichsweise kleinen Teil der Klimafinanzierung aus die sich 2016 auf insgesamt 380 Milliarden US Dollar belief 93 Prozent der globalen Klimafinanzierung kommen der Emissi-onsminderung zugute die uumlberwiegend privat finanziert ist Mittel aus oumlffentli-cher Hand tragen nur 34 Prozent zur globalen Klimafinanzierung bei wovon wiederum nur 16 Prozent Anpassungs-maszlignahmen zugutekommen 89 Pro-zent der oumlffentlichen Klimafinanzierung werden von internationalen und natio-nalen Entwicklungsbanken gestemmt Selbst die internationalen Banken wie die Weltbank die Asiatische und die

Afrikanische Entwicklungsbank oder die Europaumlische Investitionsbank (EIB) investieren nur durchschnittlich 23 Pro-zent ihrer Investitionen im Klimabe-reich in Anpassungsmaszlignahmen Fuumlr den unmittelbaren Schutz sowie fuumlr Anpassungsmaszlignahmen an die Folgen des Klimawandels werden also verhaumllt-nismaumlszligig wenige Gelder bereitgestellt Dies kann akut zu Menschenrechtsver-letzungen fuumlhren Je spaumlter und halb-herziger in den Klimaschutz investiert wird desto mehr Anpassung wird noumltig Die Pflicht der Staaten solche Maszlignah-men zu unterstuumltzen ergibt sich aus ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen gemaumlszlig Artikel 2(1) des UN Sozialpaktes Sie gilt unabhaumlngig davon wie viel ein Staat zur Klimaer-waumlrmung beitraumlgt Diese Pflicht ergibt sich auszligerdem aus Art 4(3 4) der Klimarahmenkonvention die aumlrmeren Laumlnder sowohl beim Klimaschutz als auch bei der Anpassung an den Klima-wandel unterstuumltzen ndash gemaumlszlig dem Prinzip gemeinsamer aber unterschied-licher Verantwortung

Die Lebensgrundlage der Indigenen im aumlthiopischen Omo-Tal ist durch den Bau des Stauddamms Gibe III bedroht Foto Suvival International

24 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Obergrenze (Cap)

Industriestaaten unterschreiben dashellip

Kyoto-Protokoll (1997)

Ziel Reduktion der Treibhausgasemission

Emissionen im Zeitraum von 2008 bis 2012 um 5 unter das Niveau von 1990 senken

fl exibler Mechanismus

Fabrik A Fabrik B

Wenn die Emissionen unter der Obergrenze

liegen koumlnnen die nicht genutzten Emissionsrechte wieder verkauft

werden

hellip an Staaten oder

Unternehmen die mehr

Emissionen ausstoszligen

wollen

Verkauft die ungenutzten CO

2-Rechtehellip

Funktionsweise des Emissionshandels

Internationale Klimafinanzierung

Gemaumlszlig der Klimarahmenkonvention sind die traditionellen Industrielaumlnder verpflichtet die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell technologisch und mit Kapazitaumltsaufbau zu unterstuumltzen Auf der Klimakonferenz von Kopenha-gen 2009 wurde diese Verpflichtung konkretisiert die Industrielaumlnder sagten zu dass die finanzielle Unter-stuumltzung bis 2020 auf jaumlhrlich 100 Milli-arden US-Dollar anwachsen soll Zu diesen werden nicht nur die aufge-brachten oumlffentlichen Mittel sondern auch private Investitionen in den Klimaschutz gezaumlhlt wenn sie eine Folge staatlicher Maszlignahmen sind

Die Unterstuumltzung durch oumlffentliche Geber laumluft durch eine Vielzahl von Ka-naumllen Zum einen nutzen viele Staaten dazu ihre Organisationen der Entwick-lungszusammenarbeit In Deutschland sind das beispielsweise die Gesellschaft fuumlr Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Kreditanstalt fuumlr Wieder-aufbau (KfW) Zweitens zaumlhlen auch die Weltbank und die regionalen Ent-wicklungsbanken Klimaschutz zu ihren Aufgaben Insbesondere die Weltbank hat mehrere spezielle Klimaschutzfonds geschaffen Drittens wurde eine Reihe von internationalen Fonds eingerichtet Mit den Geldern der 1991 geschaffenen Globalen Umweltfazilitaumlt (Global Envi-ronment Facility GEF) werden Projekte im Rahmen der Klimarahmenkonventi-on und anderer internationaler Um-weltabkommen finanziert 2001 wurden unter der Klimarahmenkonvention eine Reihe von kleinen spezialisierten Fonds eingerichtet die insbesondere Maszlig-nahmen zur Anpassung an den Klima-wandel finanzierenbull der Least Developed Countries Fund

Fonds fuumlr die am wenigsten entwi-ckelten Laumlnder

bull der Special Climate Change Fund Spezieller Klimawandel-Fonds der vor allem Anpassungsmaszlignahmen finanzieren soll und

bull der Adaptation Fund Anpassungs-fonds fuumlr Laumlnder des Globalen Suumldens

Daruumlber hinaus wurde 2010 beschlos-sen den Green Climate Fund (Gruumlner Klimafonds) einzurichten Dieser soll einen erheblichen Teil der zugesagten 100 Milliarden US-Dollar verwalten

Neben diesen Einrichtungen zur Klimafinanzierung wurden im Rahmen des Kyoto-Protokolls auch institutiona-lisierte Verfahren zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige geschaffenbull der internationale Emissionshandel

der den Handel mit Rechten zum Ausstoszlig von Treibhausgasen regelt

bull die Joint Implementation (Gemein-same Umsetzung) uumlber die Klima-schutzprojekte in Industrielaumlndern international zertifiziert werden koumlnnen

bull der Clean Development Mechanism (Mechanismus fuumlr umweltver-traumlgliche Entwicklung) uumlber den Klimaschutzprojekte in Laumlndern

Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 25

des Globalen Suumldens international zertifiziert werden koumlnnen (siehe Kapitel bdquoDer Clean Development Mechanismldquo)

Diese Verfahren dienen aber in ers-ter Linie der Erreichung der Emissi-onsziele der Industrielaumlnder (siehe Kapitel bdquoSenkung der eigenen Emissi-onenldquo) Mitgliedstaaten mit groszligen Regenwaldvorkommen forderten daher

ein Instrument zu schaffen das den Schutz von Waumlldern auf die Klimabilanz anrechnet Infolge wurde 2007 das Programm REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degrada-tion in Developing Countries) ins Leben gerufen Es soll zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige in Laumlndern des Globalen Suumldens beitragen die durch Abholzung von Waumlldern entstehen

Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen

Maszlignahmen zum Klimaschutz sind aus menschenrechtlicher Perspektive oft umstritten Bei Investitionen in erneu-erbare Energien handelt es sich haumlufig um groszlige flaumlchenintensive Infrastruk-turprojekte wie zum Beispiel den Bau von Staudaumlmmen und Wasserkraftwer-ken Windparks groszligflaumlchige Solar- und Erdwaumlrmeanlagen Das Gleiche gilt fuumlr den Anbau von Energiepflanzen wie Oumllpalmen Investitionen in CO2-Senken also die Ausdehnung von Waumlldern oder der Erhalt bestehender Waumllder stehen oft in Konkurrenz zu anderen Flaumlchen- und Waldnutzungen Auch Anpassungs-maszlignahmen wie der Bau von Schutz-waumlllen oder die Einrichtung von siedlungsfreien Zonen in Hochrisikoge-bieten (zum Beispiel in Gebieten die

haumlufig uumlberschwemmt oder durch Erosion und Erdrutsche gepraumlgt sind) betreffen Land das von Menschen genutzt und ihnen durch solche Maszlig-nahmen entzogen wird Die Flaumlchen-konkurrenz zwischen Investitionen zum Klimaschutz und bisheriger Landnut-zung fuumlhrt unter anderem dazu dass KleinbaumluerInnen und Hirtenvoumllkern der Zugang zu Land und Wasser entzogen wird das sie bisher fuumlr den Nahrungs-mittelanbau und die Viehwirtschaft nutzten Haumlufig handelt es sich dabei um indigene Gruppen die keine Landti-tel besitzen Mit der Vertreibung von ihren wirtschaftlich genutzten Flaumlchen geht auch haumlufig die Vertreibung aus den Ansiedlungen einher Verletzungen sozialer Menschenrechte wie die Rechte auf Nahrung Wasser und Woh-nen sind die Folge Aber auch Verfah-rensrechte und das Recht auf Leben werden regelmaumlszligig missachtet

Dafuumlr gibt es viele Beispiele Pana-ma ist eines jener Laumlnder das am meis-ten in Wasserkraftwerke als erneuerbare Energiequelle investiert In mindes-tens drei bekannten Faumlllen ndash Bonyic Chan75 und Barro Blanco ndash kam es dabei zu schweren Menschenrechts-verletzungen Doumlrfer wurden geflutet obwohl die BewohnerInnen noch nicht umgesiedelt waren die Rechte von In-digenen auf ihr Gebiet und Beteiligung an Projekten wurden verletzt Betrof-fene und AktivistInnen die sich gegen diese Maszlignahmen wehrten wurden eingeschuumlchtert und sogar ermordet Auch Kenia gehoumlrt zu den Vorreitern in

Die klimaschuumltzende Wirkung von Staudaumlm-men zur Stromgewinnung wird bestritten Auszligerdem fuumlhren sie oft zu Verletzungen von Menschenrechten der oumlrtlichen Bevoumllkerung Foto Jane Hofbauer

26 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Sachen Klimaschutz ndash haumlufig zu Lasten ausgegrenzter Bevoumllkerungsgruppen In Olkaria willigten Massai in eine Umsiedlungsmaszlignahme zugunsten einer Erdwaumlrmeanlage (Geothermie) ein weil man ihnen eigene Landrech-te versprach die sie jedoch bis heute nicht erhalten haben Mehrere tausend indigene Jaumlger- und Sammlervoumllker wurden aus dem Embobut-Wald in Westkenia (Sengwer und Cherangany) und dem Mau-Wald (Ogiek) vertrieben weil die Regierung deren Nutzung unter REDD+ anstrebt Der Fall der Ogiek wurde 2014 sogar vor dem Afrikani-schen Gerichtshof fuumlr Menschen- und Voumllkerrechte zugunsten der Ogiek ver-handelt Aumlhnliches passierte in anderen Laumlndern Afrikas So wurde in Tansania die Gemeinschaft der Warufiji aus dem Refuiji-Delta vertrieben Sie hatten die Kooperation bei der Aufforstung der Mangrovenwaumllder verweigert weil man ihnen den Anbau von Reis verbot

Die Auswirkungen von Klimaschutz-maszlignahmen koumlnnen aber auch kom-plexerer Natur sein Wie die Weltbank 2008 in einer vielbeachteten Studie zur globalen Nahrungsmittelkrise darlegte trug die Flaumlchenkonkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Energiepflanzen-anbau maszliggeblich zum globalen An-stieg der Nahrungsmittelpreise bei der fuumlr viele Menschen zu Hunger fuumlhrte Anhand dieser katastrophalen Folgen der staatlichen Foumlrderung von Agrar-treibstoffen durch westliche Indust-rienationen wird deutlich wie diese klimapolitisch motivierten Programme in vielen aumlrmeren Laumlndern direkt zur Verletzung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser beitragen

Auch Anpassungsmaszlignahmen schneiden unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten nicht zwingend besser ab Obwohl sie im Prinzip zum Schutz der Menschen gedacht sind fehlt es in manchen Faumlllen an Professionalitaumlt in anderen Faumlllen fehlt der Fokus auf die besonders gefaumlhrdeten Bevoumllkerungs-gruppen In Mosambik wurden die Doumlr-fer im Sambesi-Flussdelta 20072008

nach schweren Uumlberschwemmungen in houmlher gelegene Gebiete umgesiedelt Viele der neuen Siedlungen blieben ohne angemessenen Zugang zu Wasser fruchtbarem Land und Gesundheitsver-sorgung So wurden sie von Nahrungs-mittelhilfen abhaumlngig Viele Familien verloren durch Abwanderung ihren Zusammenhalt Diskriminierungen bei Anpassungsmaszlignahmen kommen auch in entwickelten Laumlndern vor Nach dem Wiederaufbau von New Orleans nach dem Hurrikan Kathrina im Jahr 2005 durfte die arme afro-amerikanische Be-voumllkerung nicht mehr ihre am Flussufer gelegenen Siedlungen beziehen ndash we-gen Uumlberflutungsgefahr Angemesse-nen und finanzierbaren Ersatz bekamen sie jedoch nicht angeboten

Die Ursachen fuumlr negative Aus-wirkungen und Menschenrechtsver-letzungen durch Klimapolitik gehen teilweise auf die Bedingungen in den Projektlaumlndern zuruumlck Die jeweiligen Nationalstaaten sind menschenrecht-lich entsprechend zu beurteilen und zur Pflicht zu rufen Die Ursachen liegen aber auch in den Klimarahmenabkom-men selbst und ihren Mechanismen begruumlndet Bis auf das Abkommen von Paris enthalten diese keinen Verweis auf Menschenrechte Sie betonen aber die Rechte der Nationalstaaten ihre na-tuumlrlichen Ressourcen auszubeuten Das Abkommen von Paris ist insofern ein Erfolg als in der Praumlambel zum ersten Mal ein Bezug zu den Menschenrechten hergestellt wird Auch im Konzept der extraterritorialen Staatenpflichten zur Verwirklichung wirtschaftlicher sozia-ler und kultureller Menschenrechte ist anerkannt dass die Staaten die Pflicht haben ihre Instrumente zum Klima-schutz und zur Unterstuumltzung von An-passungsmaszlignahmen menschenrechts-konform zu gestalten Dennoch gilt es dicke Bretter zu bohren Eine Praumlambel ist nicht rechtsverbindlich sondern als Orientierungs- und Interpretationshilfe fuumlr die Vertragsparteien oder Gerichte zu verstehen

Fuumlr diese Geothermie-Anlage in Kenia wurden Massai von ihrem traditionellen Land vertrieben Foto Jeanette Schade

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 27

Der Clean Development Mechanism

Mit fast 8000 registrierten Projekten ist der Clean Development Mechanism (CDM) des Kyoto-Protokolls das bedeu-tendste internationale Verfahren zum Klimaschutz Er soll einerseits die Gastgeberstaaten der Projekte bei ihrer nachhaltigen Entwicklung unterstuumltzen und andererseits den Industrielaumlndern bei der Erreichung ihrer Emissionsziele helfen

Das Kyoto-Protokoll definiert fuumlr die teilnehmenden Industrielaumlnder verbindliche Emissionsziele Die Uumlber-wachung der Zielerreichung erfolgt auf Grundlage von Emissionszertifikaten jeder verpflichtete Staat muss fuumlr jede Tonne Treibhausgasemission ein Emis-sionszertifikat vorlegen Die Staaten erhalten eine Anfangsausstattung von Zertifikaten auf Grundlage ihrer Ziele zur Verringerung ihrer Emissionen Diese Zertifikate sind handelbar Schafft ein Staat es seine Emissionen staumlrker zu reduzieren als er zum Ziel hat kann er den sich daraus ergebenden Uumlber-schuss an Zertifikaten an andere Laumlnder verkaufen Auszligerdem koumlnnen die In-dustrielaumlnder uumlber den CDM zertifizierte Emissionsreduktionen aus Klimaschutz-projekten in den Laumlndern des Globalen Suumldens ankaufen

Die naturwissenschaftliche Grund-lage dieses so genannten Emissions-handels ist dass die Treibhausgase sich gleichmaumlszligig in der Atmosphaumlre verteilen Fuumlr den Klimawandel macht es keinen Unterschied an welchem Ort Treibhausgase ausgestoszligen oder reduziert werden Durch den Emissions-handel soll es daher ermoumlglicht werden Emissionen an der Stelle zu vermindern an der dies am kostenguumlnstigsten ist Im Kyoto-Protokoll gibt es zum einen den Emissionshandel zwischen Staaten zum anderen werden im CDM Zertifikate fuumlr Emissionsreduktionen in konkreten Projekten ausgestellt wie zum Beispiel fuumlr Windkraftanlagen Prinzipiell kann jeder beliebige Akteur CDM-Projekte durchfuumlhren Zertifikate erhalten und diese dann verkaufen seien es staatli-che Stellen private Unternehmen oder auch zivilgesellschaftliche Organisa-tionen Durch den CDM soll so fuumlr alle Interessierte ein Anreiz gesetzt werden in Emissionsreduktionen zu investieren Die groszlige Mehrheit der CDM-Projekte wird von privaten Unternehmen durchgefuumlhrt

Der CDM unterliegt der Fuumlhrung und Aufsicht der Konferenz der Vertrags-staaten des Kyoto-Protokolls Fuumlr die Pruumlfung und Genehmigung der konkre-ten Projekte sowie fuumlr die Ausarbeitung von Detailregelungen zu den Geneh-migungsverfahren haben die Vertrags-staaten einen Exekutivrat eingerichtet der aus zehn Mitgliedern und zehn stellvertretenden Mitgliedern besteht Die Mitglieder werden von der Vertrags-staatenkonferenz nach einem regiona-len Schluumlssel gewaumlhlt Der Exekutivrat soll nach Moumlglichkeit alle Entscheidun-gen einstimmig treffen Wenn dies nicht moumlglich ist sind auch Abstimmungen mit Dreiviertelmehrheit erlaubt

Um sich fuumlr die Ausstellung von CDM-Zertifikaten zu qualifizieren muumlssen CDM-Projekte ein festgeleg-tes Verfahren durchlaufen Zunaumlchst muumlssen die Traumlger des Projekts eine Projektdokumentation erstellen die darlegt welche Maszlignahmen durchge-fuumlhrt werden sollen und wie dadurch Emissionen vermindert werden Diese

Einige Doumlrfer im kenianischen Tana-Delta muumlssen per Tankwagen mit Trinkwasser versorgt werden

28 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Braucht Zertifi kate um eigene Klimaschaumlden ausgleichen zu

koumlnnen

INDUSTRIELAND

Klimaschutzprojekt wird unterstuumltzt

ENTWICKLUNGSLANDTechnologie

Finanzierung

Die Unterstuumltzung bringt dem Industrieland zusaumltzliche

Zertifi kate ein

Clean Development Mechanism (CDM)-Projekte werden kontrolliert durch den

CDM-EXEKUTIVRAT bestehend aus 10 Mitgliedern

Durch die Unterstuumltzung

sollen CO2-Emissionen vermieden

werden

Jeweils ein Mitglied der fuumlnf regionalen

Gruppen der Vereinten Nationen

Zwei Mitglieder des Kyoto-Protokolls

gelistet als Industrieland (Annex 1)

Zwei Mitglieder die nicht in Annex 1 des

Kyoto-Protokolls gelistet sind

EinE RepraumlsentantIn der kleinen

Inselstaaten

Projektdokumentation muss durch ein sachverstaumlndiges Zertifizierungsun-ternehmen beispielsweise den TUumlV uumlberpruumlft werden Auszligerdem muss das Projekt durch das Durchfuumlhrungsland und mindestens ein Industrieland genehmigt werden Wenn all diese Be-dingungen erfuumlllt sind wird das Projekt dem CDM-Exekutivrat vorgelegt Wenn der Exekutivrat keine Einwaumlnde hat wird es als CDM-Projekt registriert

Waumlhrend der Durchfuumlhrung des Projekts muumlssen seine Traumlger fortlau-fend uumlberwachen und dokumentieren welche Treibhausgasmengen es er-zeugt Die Emissionsminderung ergibt sich aus dem Unterschied zwischen den Emissionen des Projekts und den Emis-sionen die angefallen waumlren wenn das Projekt nicht umgesetzt worden waumlre wenn zum Beispiel statt Strom eines Windparks Strom aus Kohlekraftwerken verwendet worden waumlre Die Dokumen-tation wird wiederum von einer sach-verstaumlndigen Stelle und vom CDM-Exe-kutivrat uumlberpruumlft Abschlieszligend stellt der Exekutivrat den Projektbeteiligten Emissionszertifikate entsprechend der erzielten Emissionsminderung aus

Die Projektbeteiligten koumlnnen die Zertifikate dann an mehrere moumlgliche Abnehmer verkaufen Der erste moumlgli-che Abnehmer sind Industriestaaten die ihre Kyoto-Emissionsziele nicht durch inlaumlndische Emissionsredukti-onen erreichen und daher zusaumltzliche Zertifikate benoumltigen Daruumlber hinaus gibt es in der EU und in mehreren ande-ren Staaten Emissionshandelssysteme auf Unternehmensebene Aumlhnlich wie die Industriestaaten durch das Kyoto-Protokoll verpflichtet sind Emissi-onszertifikate vorzulegen muumlssen in der EU und in anderen Laumlndern auch bestimmte Unternehmen wie die Ener-gieversorger und groszlige Industriebe-triebe fuumlr ihre Treibhausgasemissionen Zertifikate vorlegen Diese Unterneh-men koumlnnen teilweise CDM-Zertifikate verwenden um ihre Verpflichtung zu erfuumlllen Der dritte moumlgliche Abnehmer ist der wachsende Markt der sogenann-ten bdquofreiwilligen Kompensationldquo von Treibhausgasemissionen Dies sind

Unternehmen und Privatpersonen die ihre Emissionen ausgleichen wollen indem sie CDM-Zertifikate kaufen und loumlschen Ein Beispiel dafuumlr sind Aus-gleichszahlungen fuumlr den CO2-Ausstoszlig durch Fluumlge

Der CDM verfuumlgt uumlber keinerlei men-schenrechtliche Kriterien Es gibt ledig-lich die Bestimmung dass die Projekte zur nachhaltigen Entwicklung beitragen sollen und die Vorschrift dass die lokale Bevoumllkerung konsultiert werden muss Allerdings gibt es keine interna-tionalen Kriterien wie der Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung uumlberpruumlft werden soll Stattdessen wird die Pruuml-fung vollstaumlndig den Gastgeberlaumlndern der Projekte uumlberlassen Ebenso gibt es nur vage internationale Kriterien fuumlr die Konsultation der lokalen Bevoumllke-rung Viele Laumlnder haben nur schwache

Funktionsweise des Clean Development Mechanism

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 29

Regeln und uumlberwachen deren Einhal-tung nur schlecht Als Ergebnis kommt es immer wieder zu Vorwuumlrfen dass durch CDM-Projekte Menschenrechte verletzt werden Die internationale Gemeinschaft ist damit nicht ihrer Verantwortung nachgekommen neue voumllkerrechtliche Vertraumlge entsprechend ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen auszugestalten

Das Kyoto-Protokoll wird nach 2020 nicht weitergefuumlhrt entsprechend wird auch der CDM auslaufen Allerdings

wurden im Pariser Abkommen neue Kooperationsmechanismen geschaf-fen Die Regeln zur Umsetzung dieser Mechanismen sollen ausdruumlcklich die Erfahrungen aus den Mechanismen des Kyoto-Protokolls beruumlcksichtigen Aus den menschenrechtlichen Problemen die sich im CDM ergeben haben soll-ten die Staaten die Schlussfolgerung ziehen dass die neuen Mechanismen verbindliche menschenrechtliche Krite-rien benoumltigen

Der Fall Bajo Aguaacuten ndash CDM-Zertifizierung trotz Menschen-rechtsverletzungen

Das Projekt bdquoAguan Biogas Recovery from Palm Oil Mill Effluent [POME] Ponds and Biogas Utilisation ndash Ex-portadora del Atlaacutentico AguanHondurasldquo soll die Behandlung von Abwasser aus einer Palmoumllmuumlhle verbessern und dadurch die Emissio-nen von Methan vermindern Das Palmoumll kommt aus Plantagen die im Zentrum eines gewalttaumltigen Landkon-flikts stehen Laut den oumlrtlichen KleinbaumluerInnen hat sich der Eigentuuml-mer das Plantagenland widerrechtlich angeeignet Sie fordern daher die Ruumlckgabe des Landes Die Sicherheits-kraumlfte der Plantagen und die oumlffentli-chen Sicherheitskraumlfte gehen immer

wieder gewaltsam gegen die Kleinbaumlu-erInnen vor bisher wurden uumlber 50 Personen getoumltet

Diese Umstaumlnde spielten jedoch im Registrierungsverfahren des CDM keine Rolle FIAN und andere Nicht-regierungsorganisationen wiesen den CDM-Exekutivrat darauf hin dass das Projekt in Menschenrechtsver-letzungen verwickelt sei Es wurde dennoch als CDM-Projekt registriert Der CDM-Exekutivrat erklaumlrte dass er kein Mandat habe solche Umstaumlnde zu beruumlcksichtigen Seine Zustaumlndig-keit beschraumlnke sich auf die Klima-schutzauswirkungen von Projekten Neben Honduras war das Projekt auch von Groszligbritannien registriert wor-den Nachdem sie uumlber die Vorwuumlrfe informiert worden war aumluszligerte die britische Regierung zwar dass diese bdquoverstoumlrendldquo seien erklaumlrte aber fuumlr Fragen der Nachhaltigkeit sei das Gastgeberland Honduras zustaumlndig

Das Projekt ist im CDM registriert und kann fuumlr Emissionsreduktionen die bis zum 31 Januar 2018 erzielt wurden Zertifikate erhalten Dieser Zeitraum kann verlaumlngert werden Das Ausmaszlig der Gewalt ist zwar nach einer Intervention der deutschen Regierung zuruumlckgegangen der zugrunde lie-gende Landkonflikt ist aber weiterhin ungeloumlst

Eine honduranische Baumluerin weist bei einer Demonstration auf die schweren Menschen-rechtsverletzungen in Bajo Aguaacuten hin

30 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank

Viele Klimaschutzmaszlignahmen werden ausschlieszliglich von privaten Unterneh-men und Banken durchgefuumlhrt die nicht an verbindliche Sozialstandards gebunden sind Insbesondere in Laumln-dern des Globalen Suumldens mit schwa-chen nationalen Standards und Institu-tionen zu ihrer Durchsetzung gefaumlhrdet dies den Schutz der Menschenrechte

Oumlffentliche Entwicklungsbanken verfuumlgen dagegen uumlber eigene Sozial-standards und Beschwerdeverfahren welche die Gefahr von Menschenrechts-verletzungen bei der Durchfuumlhrung von Projekten verringern koumlnnen Doch auch hier gibt es deutlichen Nachbes-serungsbedarf wie das Beispiel der Europaumlischen Investitionsbank (EIB) zeigt

Die EIB ist eine Bank der Europaumli-schen Union (EU) deren Anteilseigner neben der EU die EU-Mitgliedstaaten sind Sie verfuumlgt uumlber das groumlszligte Bud-get aller Entwicklungsbanken weltweit und ist ein Schluumlsselakteur der Klima-finanzierung Seit 2013 hat sie sich zum Ziel gesetzt jaumlhrlich mindestens 25 Prozent ihres Kreditvolumens fuumlr Kli-maprojekte zu vergeben Im Jahr 2011 leitete die EIB eine Untersuchung ein um ihre Sozialstandards den Anspruuml-chen der EU-Grundrechtecharta sowie den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte anzupassen Das dabei entstandene Handbuch fuumlr Umwelt- und Sozialstandards (2013) verspricht hohe Sozialstandards und beschreibt diese ndash als einzige Bank weltweit ndash sogar mit menschenrechtli-chem Vokabular 2015 uumlberarbeitete die EIB auszligerdem ihre Transparenzpolitik so dass sie im Unterschied zu vielen anderen europaumlischen Entwicklungs-banken bereits vor Bewilligung die Ergebnisse von Umwelt- und Sozial-vertraumlglichkeitsanalysen bekannt gibt Die EIB hat ferner ein eigenes Be-schwerdeverfahren das alle durch ihre Projekte Betroffenen nutzen koumlnnen Die Zustaumlndigen fuumlr die Bearbeitung

der Beschwerden koumlnnen Mediations-prozesse anstoszligen Das Verfahren und das zustaumlndige Gremium koumlnnen sogar selbst Gegenstand einer Beschwerde vor dem EU-Ombudsmann werden wenn die Betroffenen mit seiner Arbeit unzufrieden sind

Gute Standards und ein gutes Beschwerdeverfahren gelten in der Regel als Grundbedingung fuumlr die Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht Dennoch gibt es im System der EIB erhebliche Maumlngel Eine menschenrechtliche Untersuchung der Anwendung der Sozialstandards beim oben erwaumlhnten Erdwaumlrmeprojekt in Kenia fuumlhrte dabei zu folgenden Ergeb-nissen Es werde zu wenige Sozial- und MenschenrechtsexpertInnen je Projekt beschaumlftigt Ersatzweise werden Kre-ditnehmer auf das EIB-Handbuch zu Umwelt- und Sozialstandards verwiesen Die EIB uumlberlaumlsst die Umsetzung ihrer hehren Sozialstandards damit weitge-hend den Kreditnehmern ohne diese mit angemessen Personalressourcen zu unterstuumltzen und zu kontrollieren Betroffene werden von der EIB auch nicht systematisch uumlber die Existenz ihres Beschwerdeverfahrens informiert sondern stoszligen ndash wenn uumlberhaupt ndash erst durch eigene Recherche auf ihn Die EIB-MitarbeiterInnen haben keine Verpflichtung den Beschwerdeaus-schuss aktiv in problematische Projekte einzubinden Er wird erst aktiv wenn Betroffene an ihn herantreten Bei Pro-jekten die von mehreren Geldgebern finanziert werden hat er kein Mandat deren Rolle bei der Verletzung von So-zialstandards zu untersuchen Seine Be-urteilungen und Empfehlungen sind fuumlr die Bank auch nicht rechtlich bindend Das Beispiel der EIB zeigt damit nicht nur deren spezifische Maumlngel in der Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht sondern demonstriert auch die generell begrenzte Reichweite institutioneller Beschwerdemecha-nismen Sie stellen keinen Ersatz fuumlr verbindliche Menschenrechtsstandards dar zu deren Umsetzung Staaten ver-pflichtet sind

Gemaumlszlig dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP) sind 80 Prozent aller Menschen die aufgrund des Klimawan-dels umsiedeln muumlssen FrauenFoto Survival International

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 31

Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Der Status der EU im Menschenrechts-system ist kompliziert Die EU selbst ist kein Staat sondern eine Mitgliederor-ganisation von Staaten Wie andere internationale Organisationen auch ist sie daher keine Vertragspartei der zwischenstaatlichen Menschenrechts-vertraumlge (mit Ausnahme der UN-Behin-dertenrechtskonvention) Sie ist auch keine Vertragspartei der Europaumlischen Menschenrechtskonvention obwohl ihr Beitritt in Artikel 6(2) des EU-Vertrags

festgelegt ist und seit langem gepruumlft wird Daher haben die Menschenrechts-organe der UN und des Europarates auch kein Mandat uumlber die EU und duumlrfen nicht uumlber sie urteilen

Dennoch ist auch die EU verpfl ich-tet Menschenrechte in ihrer Innen- und Auszligenpolitik zu beachten Diese Verpfl ichtungen beruhen vor allem auf a) der EU-Grundrechtecharta (2009) b) dem EU-Vertrag sowie c) auf der Aarhus-Konventiona) Die Grundrechtecharta gilt fuumlr alle

EU-Organe sowie fuumlr die Mitglied-staaten bei der Anwendung von EU-Recht (GRC Art 51(1)) Sowohl das EU-Parlament als auch ein Experten-urteil bestaumltigten ihre extraterritori-ale Reichweite

b) In den EU-Vertraumlgen bekennt sich die EU zum Schutz der Menschen-rechte in ihrer Beziehung zur uumlbri-gen Welt und zur Grundrechtecharta der Vereinten Nationen (EUV Art 3(5)) Sie erklaumlrt diese zu leitenden Grundsaumltzen ihres auswaumlr-tigen Handelns (EUV Art 21) Dies gilt ausdruumlcklich auch fuumlr die Ko-operation mit Entwicklungslaumlndern (EUVA Art 208)

c) Die EU ist eine Vertragspartei der Aarhus-Konvention die nach Expert Innenmeinung ebenfalls auch extraterritorial ausgelegt werden kann

0 100 200 300 400 500

203020141990

Gebaumlude

Landwirtschaft

Industrie

Energiewirtschaft

Verkehr

lt61

72

88

lt98

160

163

lt72

119

209

lt143

181

283

lt183

358

466

Datenquelle Bundesministerium fuumlr UmweltNaturschutz Bau und Reaktorsicherheit (2017)Klimaschutz in Zahlen 2017

Ziele zur Verringerung von Treibhausgas-emissionen Deutschlands nach Sektoren gemaumlszlig dem Klimaschutzplan 2050(in Millionen Tonnen CO2-Aumlquivalenten)

32 FIAN | Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

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IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

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Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

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Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

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UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

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Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 6: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

Einleitung

Der Klimawandel und die Politik zu seiner Bekaumlmpfung haben zahlreiche Auswirkungen auf die Verwirklichung der Menschenrechte Einerseits gefaumlhr-den zum Beispiel der Anstieg des Meeresspiegels das Schmelzen der Gletscher und die Zunahme von Stuumlr-men und Duumlrren die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser Andererseits erfordert die Bekaumlmpfung des Klimawandels massive Investitionen zum Beispiel in die Energieversorgung oder in den Verkehr Groszliginvestitionen wie Staudaumlmme fuumlhren oft zu Vertreibungen und ande-ren negativen Folgen fuumlr die oumlrtliche Bevoumllkerung Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen hat daher seit 2008 mehrere Beschluumlsse zu diesem Thema verabschiedet

Von KlimapolitikerInnen werden diese menschenrechtlichen Auswirkun-gen jedoch nur zoumlgernd zur Kenntnis genommen Erst 2010 20 Jahre nach dem Beginn internationaler Verhand-lungen zum Klimaschutz wurde der Begriff Menschenrechte zum ersten Mal in einem internationalen Be-schluss erwaumlhnt Nach langen weiteren Verhandlungen hielten die Staaten schlieszliglich 2015 in der Praumlambel des Klimaabkommens von Paris fest dass bdquodie Vertragsparteien beim Vorgehen gegen Klimaaumlnderungen ihre jeweiligen Verpfl ichtungen im Hinblick auf die

Menschenrechte das Recht auf Gesund-heit die Rechte von indigenen Voumllkern lokalen Gemeinschaften MigrantInnen Kindern Menschen mit Behinderungen und besonders schutzbeduumlrftigen Men-schen und das Recht auf Entwicklung so-wie die Gleichstellung der Geschlechter die Staumlrkung der Rolle der Frau und die Gerechtigkeit zwischen den Generationen achten foumlrdern und beruumlcksichtigenldquo sollen

Die vorliegende Broschuumlre bietet eine Einfuumlhrung in die Zusammenhaumlnge zwischen dem Klimawandel und der Verwirklichung der Menschenrechte insbesondere der Rechte auf Nahrung und Wasser Die Broschuumlre stellt zu-naumlchst die Ursachen des Klimawandels und dessen Auswirkungen auf die Menschenrechte auf angemessene Nahrung und Wasser dar und untersucht die unterschiedlichen Auswirkungen auf regionaler und individueller Ebene Im Anschluss erfolgt eine Gegenuumlber-stellung bestehender Staatenpfl ichten aus den internationalen Umwelt- und Menschenrechtsabkommen aus denen Kriterien zur Bestimmung der Staa-tenpfl ichten in der nationalen und internationalen Klimapolitik abgeleitet werden Abschlieszligend werden die men-schenrechtlichen Verpfl ichtungen der deutschen Regierung und der Europaumli-schen Union herausgearbeitet

6 FIAN | Einleitung

Einleitung

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher

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Jaumlhrlicher MittelwertMittelwert geglaumlttet uumlber 5 Jahre

Temperaturabweichung in degC relativ zu 1951ndash1980

20172000198019601940192019001880

Wichtig fuumlr das Verstaumlndnis des Klima-wandels ist die Begriffe Klima und Wetter voneinander abzugrenzen Der Begriff Wetter bezeichnet den kurzfris-tigen Zustand in Bezug auf Temperatur Niederschlag Luftdruck etc an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit Der Begriff Klima hingegen be-zeichnet vereinfacht gesagt den langjaumlhrigen Durchschnitt des Wetters uumlber Zeitraumlume von mindestens 30 Jah-ren Klimawandel bedeutet also eine Aumlnderung des langfristigen Durch-schnitts Seit Jahrzehnten steigt insbesondere der Durchschnitt der globalen Lufttemperatur trotz jaumlhrli-cher Schwankungen immer weiter an Aktuell liegt er rund 08 Grad Celsius uumlber dem Durchschnitt vor Beginn der Industrialisierung

Der Klimawandel kann also nicht durch ein besonders heiszliges oder kaltes Jahr bdquobewiesenldquo oder bdquowider-legtldquo werden Aussagekraumlftig ist nur der langfristige Trend Die Aumlnderung der globalen Durchschnittstemperatur sollte auch nicht an den Schwankungen der taumlglichen Temperatur gemessen werden Scheinbar geringe Aumlnde-rungen der Durchschnittstemperatur ziehen schnell betraumlchtliche Folgen mit sich Der Unterschied in der globalen Durchschnitts temperatur z wischen heute und den Eiszeiten in denen die Polargletscher bis Norddeutschland

reichten liegt nur bei 5 Grad Celsius Bereits die bisher eingetretene Erwaumlr-mung von weniger als 1 Grad Celsius hat deutliche Folgen fuumlr die Lebensmittel- und Wasserversorgung (siehe folgendes Kapitel)

Der Stand der Klimawissenschaft wird regelmaumlszligig vom so genannten Weltklimarat (Intergovernmental Panel on Climate Change IPCC) in dessen Sachstandsberichten zusammenge-stellt Die Aufgabe des Weltklimarats ist esbull die Risiken und Folgen des Klima-

wandels zu untersuchen

Globaler Temperaturindex Oberfl aumlchen-temperaturen Land und Ozean 1880-2017Datenquelle NASA Goddard Institute for Space Studies httpdatagissnasagovgistempgraphs

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher | FIAN 7

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher

bull Strategien und Maszlignahmen fuumlr die Vermeidung eines gefaumlhrlichen Kli-mawandels sowie fuumlr die Anpassung an den Klimawandel vorzuschlagen

Der Weltklimarat betreibt keine eigene Forschung sondern traumlgt die Ergebnis-se der wissenschaftlichen Forschung zusammen Sein neuester (fuumlnfter) Sachstandsbericht wurde 20132014 veroumlffentlicht

Zentral fuumlr den Klimawandel ist der so genannte Treibhauseffekt In einem Treibhaus passiert das Sonnenlicht die Glasdaumlcher und -waumlnde weitgehend un-gehindert und erwaumlrmt das Treibhaus Die Waumlrme kann durch die Daumlcher und Waumlnde nicht entweichen In der Atmo-sphaumlre ist ein aumlhnlicher Effekt aufgrund der so genannten Treibhausgase (THG) zu beobachten Von der Sonne faumlllt energiereiche kurzwellige Strahlung auf die Erde und dringt weitgehend ungehindert durch die Atmosphaumlre zur Erdoberflaumlche durch Die Erdoberflaumlche wiederum strahlt weniger energiereiche langwellige Strahlung ab Diese wird zu einem groszligen Teil durch die Treibhaus-gase in der Atmosphaumlre aufgenommen und dann wieder in alle Richtungen abgestrahlt Die Treibhausgase halten also einen Teil der Waumlrmeenergie auf der Erdoberflaumlche zuruumlck der sonst in den Weltraum abgestrahlt wuumlrde Das haumlufigste natuumlrlich vorkommende Treib-hausgas ist Wasserdampf (H2O g) Er

ist fuumlr rund zwei Drittel des natuumlrlichen Treibhauseffekts verantwortlich Andere Treibhausgase sind etwa Kohlendioxid (CO2) Methan (CH4) und Lachgas (N2O) Durch den natuumlrlichen Treibhauseffekt wurde das Leben auf der Erde in der heutigen Form uumlberhaupt erst moumlglich Er bewirkt eine Erwaumlrmung der Erdober-flaumlche um 33 Grad Celsius wodurch die durchschnittliche globale Temperatur auf 15 Grad Celsius angehoben wird Ohne den natuumlrlichen Treibhauseffekt laumlge sie bei minus 18 Grad Celsius

Auf diesen natuumlrlichen Effekt sattelt die Menschheit nun den menschenge-machten (anthropogenen) Treibhaus-effekt auf Durch verschiedene industri-elle und landwirtschaftliche Aktivitaumlten steigert der Mensch die Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphaumlre CO2 hat mit rund 60 Prozent den Haupt-anteil am anthropogenen Treibhaus-effekt Es wird durch die Verbrennung der fossilen Brennstoffe minus Braun- und Steinkohle Erdoumll und Erdgas minus so-wie die fortschreitende Rodung der Waumllder freigesetzt Seit Beginn der Industrialisierung hat der Mensch die atmosphaumlrische CO2-Konzentration von 280 ppm (parts per million dh Teile Kohlendioxid pro eine Million Atmo-sphaumlrenteile) auf uumlber 400 ppm erhoumlht Dieser Wert uumlbertrifft bei weitem die natuumlrliche Bandbreite der atmosphauml-rischen CO2-Konzentration der letzten 800000 Jahre die anhand von Eisboh-rungen ermittelt werden konnte

Wie oben erwaumlhnt wurde durch den Anstieg der Treibhausgas-Konzentra-tion in der Atmosphaumlre bereits eine Erwaumlrmung der mittleren globalen Luft-temperatur von fast 1 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter ausgeloumlst Bis zum Ende des 21 Jahr-hundert wird eine Erwaumlrmung von bis zu 4 Grad Celsius erwartet Solch eine Erwaumlrmung entspraumlche in der Groumlszligen-ordnung dem Temperaturunterschied zwischen dem Tiefpunkt der letzten Eiszeit und der derzeitigen Warmzeit Die Erhoumlhung der Temperatur seit der letzten Eiszeit dauerte 8000 Jahre ndash die Menschheit ist dabei einen ebenso

Atmosphaumlre

Treibhausgase

SonnenlichtWaumlrme von der Erde

Der natuumlrliche Treibhauseffekt(Grafik nach Lars EbbersmeyerWikimedia)

8 FIAN | Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher

groszligen Temperaturanstieg innerhalb von 200 Jahren hervorzurufen

Die Loumlsung des Klimaproblems ist unter anderem deswegen so schwierig weil bei nahezu allen wirtschaftlichen Aktivitaumlten Treibhausgase ausgestoszligen werden Mit einem Viertel der Emis-sionen hat die Erzeugung von Strom und Waumlrme den groumlszligten Anteil Nur knapp dahinter liegen mit 24 Prozent Land- und Forstwirtschaft Dies liegt vor allem an der Rodung der Waumllder in Laumlndern des Globalen Suumldens sowie an hohen Emissionen aus Viehwirtschaft und Reisanbau Weitere hohe Ausstoumlszlige kommen aus der Industrie mit 21 Pro-zent und dem Verkehr mit 14 Prozent

Aktuell verursacht China den groumlszlig-ten Ausstoszlig von Treibhausgasen gefolgt von den USA der EU und Indi-en Betrachtet man jedoch alle Emissi-onen seit dem Beginn systematischer Aufzeichnungen im Jahr 1850 so sind die Industrielaumlnder fuumlr rund drei Vier-tel davon verantwortlich Ein anderes Bild entsteht auch wenn man die Emissionen pro Kopf betrachtet Waumlh-rend in Deutschland im Durchschnitt 10 Tonnen CO2 pro Kopf ausgestoszligen

werden und in den USA sogar 18 Ton-nen sind es in China 8 Tonnen und in Indien nur rund 23 Tonnen Zudem ist es innerhalb dieser Laumlnder oft nur eine wohlhabende Minderheit die durch ihren energieintensiven Lebensstil am meisten zu den Emissionen beitraumlgt waumlhrend der arme Groszligteil der Bevoumll-kerung weiterhin nur einen geringen Anteil daran hat

25

21

14

16

Sonstige

Industrie

Verkehr

Strom- und Waumlrme-erzeugung

Land- und Forst-wirtschaft

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Die Verbrennung fossiler Energietraumlger ist eine der wesentlichen Ursachen des menschengemachten Treibhauseffekts

Anteil verschiedener Wirtschaftssektoren an den TreibhausgasemissionenDatenquelle Weltklimarat

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher | FIAN 9

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Basierend auf den Analysen des Welt-klimarats (2007 und 2014) und dem Grundlagendokument der Ernaumlhrungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Food and Agricul-tural Organization FAO) zum Thema

Klimawandel und Ernaumlhrungssicherheit (2008) lassen sich im Wesentlichen fuumlnf Faktoren festmachen die die Wahrneh-mung des Rechts auf Nahrung vieler Menschen bedrohen

Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur

Die Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur hat regional stark unterschiedliche Auswirkungen In den mittleren und houmlheren Breitengraden Nordamerikas Europas Asiens und

Suumldamerikas verlaumlngert ein gemaumlszligigter Anstieg der mittleren globalen Lufttem-peratur zwischen 1 Grad Celsius und 2 Grad Celsius die landwirtschaftlichen Anbauphasen und koumlnnte zu houmlheren

Die Karte zeigt wie sich der Klimawandel bis 2100 voraussichtlich auf die Eignung fuumlr landwirtschaftliche Nutzung auswirken wird

Grafi k Dr Florian Zabel Ludwig-Maximilians-Universitaumlt Muumlnchen (LMU)

schlechter besser

Auswirkungen des Klimawandels auf die

Verwirklichung des Menschenrechts auf

Nahrung

10 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Ertraumlgen fuumlhren Demgegenuumlber fuumlhrt in den saisonal trockenen Laumlndern niedriger Breitengrade in denen sich die meisten Laumlnder des Globalen Suuml-dens befinden bereits eine Erwaumlrmung zwischen 1 Grad Celsius und 2 Grad Celsius zu erheblichen Ernteverlusten Dies ist vor allem auf eine staumlrkere Verdunstung in Verbindung mit der weit verbreiteten regenbewaumlsserten Land-wirtschaft in diesen Laumlndern zuruumlckzu-fuumlhren Die Ertraumlge werden auch beein-

traumlchtigt wenn die Tagestemperaturen gewisse Schwellenwerte uumlberschreiten die je Pflanzenart unterschiedlich sind Der Klimawandel hat zur Folge dass diese Werte haumlufiger uumlberschritten werden

Bei einem Temperaturanstieg von uumlber 2 Grad Celsius erwartet die Klima-wissenschaft in allen Klimazonen minus also auch in den houmlheren Breitengraden minus negative Auswirkungen auf die land-wirtschaftliche Produktion

Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge

Im Zuge des Klimawandels werden sich die Niederschlagsmuster sowohl jahres-zeitlich als auch raumlumlich veraumlndern Generell sagt die Klimaforschung voraus dass feuchte Regionen zukuumlnf-tig noch feuchter und trockene Regio-nen noch trockener werden Gleichzei-tig prognostiziert die Klimaforschung

dass die Niederschlaumlge staumlrker sowie die zeitlichen Abstaumlnde zwischen Regenfaumll-len insgesamt groumlszliger werden Dies wird mit groszliger Wahrscheinlichkeit eine Zunahme von Duumlrren und Uumlberschwem-mungen zur Folge haben die groszlige Verluste in der Land- und Viehwirtschaft hervorrufen werden

Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen

Die Klimaforschung sagt voraus dass die Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen wie starken Stuumlrmen und lang anhaltenden Regen-schauern auf allen Kontinenten zuneh-men wird In tropischen Regionen wird aufgrund der erhoumlhten Temperaturen und des ansteigenden Meeresspiegels eine Zunahme von Zyklonen prognosti-ziert die zu Ernteausfaumlllen auf dem Land sowie zur Zerstoumlrung der fuumlr die

Fischerei wichtigen Korallen beitragen werden Diese extremen Wetterereig-nisse beschaumldigen nicht nur die ange-bauten Feldfruumlchte und treiben die Erosion des Bodens voran sondern fuumlhren auch zu enormen Schaumlden an der Infrastruktur in den betroffenen Regionen Dies kann nicht nur den Zugang zu Maumlrkten verschlechtern sondern auch eine Notversorgung mit Lebensmitteln behindern

Anstieg des Meeresspiegels

Die Erhoumlhung der globalen Temperatu-ren fuumlhrt zur Ausdehnung der Wasser-massen der Ozeane (durch die Erwaumlr-mung einer Substanz erhoumlht sich ihr Volumen) sowie zum Abschmelzen des Polareises und der Gletscher Der dadurch ansteigende Meeresspiegel bedroht den Lebensraum der Bewohne-rInnen kleiner Inseln des pazifischen und indischen Ozeans sowie der Kuumlsten-bewohnerInnen Fruchtbares Tiefland wird uumlberschwemmt Ackerboumlden

versalzen Daruumlber hinaus wird voraus-gesagt dass die Fischereiwirtschaft zunehmend in Konkurrenz zum ver-staumlrkten Kuumlstenschutz stehen wird der durch den Klimawandel erforderlich wird Der Bau von Daumlmmen fuumlhrt zu Veraumlnderungen in den Ablagerungs-schichten des Meeresbodens sowie in der Versorgung kuumlstennaher Oumlkosyste-me mit Frischwasser und Naumlhrstoffen mit nachteiligen Folgen fuumlr die lokale Fischerei

Bereits jetzt hat der Klimawandel in einigen Regionen der Welt geringere Maisernten zur Folge

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 11

Groumlszligere Wetterschwankungen

Insgesamt bringen die klimatischen Veraumlnderungen instabilere Wetterver-haumlltnisse mit sich die die Wasserversor-gung sowie die Land- und Viehwirt-schaft in vielen Regionen erschweren

und Ernteertraumlge schwanken lassen Dies stellt ein Risiko fuumlr die Einkom-mensgrundlage der BaumluerInnen sowie fuumlr die Versorgung lokaler und regiona-ler Maumlrkte mit Nahrungsmitteln dar

Der Klimawandel hat einen enormen Einfluss auf den Zugang zu ausreichen-dem und sauberem Wasser Mit jedem Grad globaler Erwaumlrmung werden sich die erneuerbaren Trinkwasserressour-cen voraussichtlich fuumlr 7 Prozent der Weltbevoumllkerung um 20 Prozent verrin-gern Der Klimawandel verstaumlrkt die

bereits bestehenden Wasserprobleme in vielen Erdregionen die durch das hohe Bevoumllkerungswachstum das Anwachsen der Megastaumldte die Ausbreitung eines ressourcenintensiven Lebensstils und die Uumlbernutzung von Frischwasser durch die industrielle Landwirtschaft hervorgerufen werden

Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels

Neben der Uumlberschwemmung von Kuumlstengebieten sowie vieler kleiner Inseln des indischen und pazifischen Ozeans fuumlhrt der Anstieg des Meeres-spiegels in kuumlstennahen Gebieten auch

zur Versalzung des Grundwassers Frischwasser wird dadurch immer knapper und die Zahl der Menschen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser wird schnell steigen

Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur

Mehr als ein Sechstel der Weltbevoumllke-rung lebt in Flussgebieten die haupt-saumlchlich durch saisonale Abschmelzun-gen von Schnee und Gletschereis mit Suumlszligwasser versorgt werden Durch die ansteigende Lufttemperatur wird die Schneefallmenge in den Wintermonaten abnehmen Zudem wird sich der Abfluss des Schmelzwassers von den Bergen zunehmend von den Sommermonaten ndash in denen der Bedarf am groumlszligten ist ndash in den Fruumlhling verschieben Gleichzeitig wird der Temperaturanstieg zu einem weiteren Ruumlckgang der Gletscher fuumlhren die aufgrund ihrer Kapazitaumlt zur Speicherung von Suumlszligwasser eine zentrale Rolle bei der Trinkwasserver-

sorgung in den Flussgebieten spielen Bei einem Temperaturanstieg von 4 Grad Celsius koumlnnte der Umfang der Gletscher bis zum Ende des Jahrhun-derts weltweit um bis zu vier Fuumlnftel abnehmen Dies wird ein kurzfristiges Ansteigen der Flusslaumlufe zur Folge haben Langfristig wird sich die Wasser-menge der Fluumlsse jedoch verringern Schlieszliglich wird vorhergesagt dass das Ansteigen der Lufttemperatur und die abnehmende Wassermenge in den Suumlszliggewaumlssern zu starkem Algen- und Bakterienwachstum fuumlhren Dadurch wird sich die Wasserqualitaumlt in den betroffenen Regionen verschlechtern

Auswirkungen des Klimawandels auf die

Verwirklichung des Menschenrechts auf

Wasser

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta muss aufgrund des Klimawandels immer tiefer nach Trinkwasser graben

12 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge

Trockene Gebiete sowie Regionen mit geringen Suumlszligwasserspeichern in denen die Gewinnung von Trinkwasser unmit-telbar aus dem Regenwasser erfolgt werden mit groszliger Wahrscheinlichkeit besonders heftig von den abnehmen-den Niederschlaumlgen betroffen werden In tropischen Gebieten wiederum kann

die vorhergesagte Erhoumlhung der jahres-zeitlichen Niederschlagsmenge zu Uumlberschwemmungen fuumlhren Durch das Ausspuumllen der Boumlden der uumlberfluteten Landflaumlchen koumlnnen Schadstoffe in das Wasser gelangen die die Suumlwasserres-sourcen verschmutzen

Die Klimaaumlnderungen werden in der tropischen und subtropischen Klimazo-ne ndash in der sich die Mehrzahl der Laumlnder des Globalen Suumldens befindet ndash weit negativer ausfallen als in der gemaumlszligig-ten Klimazone in der uumlberwiegend Industriestaaten beheimatet sind Daruumlber hinaus verfuumlgen die Menschen in den Laumlndern des Globalen Suumldens aufgrund mangelnder finanzieller und technologischer Mittel uumlber eine nur geringe Anpassungsfaumlhigkeit an die

bevorstehenden Klimaaumlnderungen Es werden also gerade die Menschen am staumlrksten unter den Auswirkungen der Erderwaumlrmung leiden die am allerwe-nigsten zu deren Verursachung beige-tragen haben

Dem Weltklimarat zufolge sind die Arktis Afrika kleine Inseln sowie die groszligen asiatischen Flussdeltas die am staumlrksten vom Klimawandel betroffenen Regionen

Kleine Inselstaaten

Kleine Inselstaaten wie beispielsweise Vanuatu und Tuvalu sind bereits heute schon stark von den klimatischen Veraumlnderungen betroffen Der anstei-gende Meeresspiegel erhoumlht die Gefahr von Uumlberschwemmungen und Sturmflu-ten und stellt eine Bedrohung fuumlr die Wasserversorgung die Landwirtschaft und die gesamte Infrastruktur dar Die Wasserversorgung der Inseln wird zusaumltzlich dadurch erschwert dass durch die Klimaaumlnderungen Meereswas-ser in das Grundwasser dringt Denn gerade auf den kleinen Inseln und Atollen liegt der Grundwasserspiegel haumlufig nur etwa ein bis zwei Meter unter der Erdoberflaumlche

Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels

Die kleinen Inselstaaten sind aufgrund des Klimawandels vom Untergang bedroht

Die Regenfaumllle in Haiti werden heftiger undfuumlhren haumlufiger zu Uumlberschwemmungen

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 13

Daruumlber hinaus gefaumlhrden die vor-ausgesagten Veraumlnderungen der Nie-derschlagsmenge die Wasserversorgung der Inseln Denn auf den meisten Atol-len erfolgt die Trinkwassergewinnung durch das Auffangen von Regenwasser Des Weiteren beeintraumlchtigen die mit dem Meeresspiegelanstieg einherge-hende Versalzung der Boumlden und die

Unregelmaumlszligigkeiten der Niederschlaumlge die landwirtschaftliche Selbstversor-gung vieler Inseln Nicht nur die Ertraumlge der Agrarwirtschaft sondern auch die der Fischwirtschaft drohen aufgrund des temperaturbedingten Absterbens der Korallenriffe drastisch zuruumlckzuge-hen die vielen Fischen als Nahrungsre-servoir dienen

Afrika

Fuumlr das suumldliche Afrika wird vorherge-sagt dass der jaumlhrliche Niederschlag bei einer globalen Erwaumlrmung von 4 Grad Celsius um bis zu 30 Prozent abnehmen koumlnnte In Teilen des suumldli-chen und westlichen Afrikas koumlnnte sich die jaumlhrliche Wiederauffuumlllung des Grundwassers um 50 bis 70 Prozent vermindern Entsprechend erhoumlht sich das Risiko von Duumlrren Fuumlr das Horn von Afrika und das noumlrdliche Ostafrika sagen verschiedene Klimamodelle sehr unterschiedliche Folgen voraus Einige Modelle prognostizieren eine Verringe-rung der Niederschlaumlge andere eine Erhoumlhung Allerdings waumlre diese Erhouml-hung vermutlich nicht gleichmaumlszligig

uumlber das Jahr verteilt sondern wuumlrde sich in intensiven Regenperioden niederschlagen wodurch das Risiko von Uumlberflutungen steigen wuumlrde

Deutliche Auswirkungen auf die Landwirtschaft sind selbst bei niedri-gem Temperaturanstieg zu erwarten Bereits eine Erwaumlrmung von 15 Grad Celsius bis zum Jahr 2030 koumlnnte dazu fuumlhren dass 40 Prozent der Maisan-baugebiete nicht mehr fuumlr die derzeit angebauten Sorten geeignet waumlren Bei einer Erwaumlrmung von bis zu 2 Grad Celsius bis 2050 koumlnnten die Ertraumlge der gesamten Landwirtschaft um 10 Prozent abnehmen bei einer houmlheren Erwaumlr-mung um 15 bis 20 Prozent

Suumldostasien

Die dicht besiedelten Flussdeltas Suumldostasiens sind durch den ansteigen-den Meeresspiegel besonders gefaumlhr-det Denn dieser fuumlhrt zum Eindringen von Salzwasser und verstaumlrkt die Inten-sitaumlt von Wirbelstuumlrmen Zudem wird ein starker Anstieg von Hitzeextremen vorhergesagt Bereits bei einer globa-len Erwaumlrmung von 2 Grad Celsius werden 60 bis 70 Prozent der Region von Hitzeextremen und 30 bis 40 Pro-zent der Region von neuen Hitzerekor-den betroffen sein

Die Landwirtschaft wird durch diese Veraumlnderungen schwer getroffen werden So koumlnnte der Reisanbau im Mekongdelta der die Haumllfte des vietna-mesischen Reisertrags liefert bereits bis 2040 um rund 12 Prozent zuruumlck-gehen Auch die Fischwirtschaft wuumlrde durch die Erwaumlrmung und Versauerung des Wassers sowie das Absterben der Korallenriffe stark geschaumldigt Dadurch koumlnnte sich beispielsweise das Fangpo-tential in den suumldlichen Philippinen bis zum Jahr 2050 halbieren

Suumldasien

Auch in Suumldasien werden ungewoumlhnlich heiszlige Sommermonate in den naumlchsten Jahrzehnten vielfach haumlufiger auftre-ten Die regionalen und jahreszeitli-chen Schwankungen der Niederschlaumlge werden sich voraussichtlich deutlich

verstaumlrken Es wird erwartet dass bei einer globalen Erwaumlrmung von 4 Grad Celsius die Regenmengen in der trocke-nen Jahreszeit um 30 Prozent abneh-men und in der feuchten Jahreszeit um 30 Prozent zunehmen Diese Verschie-

Bewaumlsserungsmethoden der industriellen Landwirtschaft Afrikas verstaumlrken den Verlust des Zugangs zu Wasser der oumlrtlichen Bevoumllkerung

14 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

bung wird das Risiko von Duumlrren deut-lich erhoumlhen insbesondere fuumlr das nordwestliche Indien Pakistan und Afghanistan Fuumlr das suumldliche Indien wird eine houmlhere Feuchtigkeit vorhergesagt

Groszlige Fluumlsse wie der Ganges Indus und Brahmaputra haumlngen wesentlich von der sommerlichen Schnee- und Gletscherschmelze ab Bereits un-terhalb einer Erwaumlrmung von 2 Grad Celsius wird eine deutliche Erhoumlhung der Anzahl schneearmer Winter erwar-tet Dies wird zu deutlich niedrigeren Wasserstaumlnden in der trockenen Jahres-

zeit fuumlhren Wesentlich fuumlr die Land-wirtschaft sind auch das zeitige und regelmaumlszligige Eintreffen des Monsuns Dessen jaumlhrliche Schwankungen werden sich durch den Klimawandel deutlich verstaumlrken

Es wird erwartet dass die landwirt-schaftliche Produktion ohne den Klima-wandel bis zum Jahr 2050 um 60 Pro-zent steigen wuumlrde mit Klimawandel nur um 12 Prozent Durch den gleich-zeitigen Anstieg der Bevoumllkerung wird in der Folge die Produktion pro Kopf der Bevoumllkerung um ein Drittel abnehmen

Auswirkungen des Klimawandels auf Bangladesch

Bangladesch ist eines der Laumlnder die weltweit am staumlrksten durch den Klimawandel gefaumlhrdet sind Auf einer Flaumlche die etwa 40 Prozent der Groumlszlige Deutschlands entspricht leben 150 Millionen Menschen Das Land hat eine lange Kuumlste und die groszligen Fluumlsse Ganges Brahmaputra und Meghna muumlnden dort ins Meer und treten regelmaumlszligig uumlber die Ufer Schon ohne Klimawandel wird Bangla-desch immer wieder von Uumlberschwem-mungen Duumlrren und Wirbelstuumlrmen getroffen Im Durchschnitt werden jedes Jahr 20 bis 25 Prozent des Landes uumlberflutet Der Klimawandel fuumlhrt zu einem Anstieg des Meeres-spiegels und zur Zunahme von Mon-sunregen und Wirbelstuumlrmen Durch diese Faktoren koumlnnten in der Mitte des Jahrhunderts bei starken Fluten bis zu 80 Prozent des Landes uumlber-schwemmt werden Die Anzahl der Menschen die in Gegenden mit hohem Wirbelsturmrisiko leben koumlnnte von derzeit 87 Millionen auf uumlber 38 Milli-onen steigen

Daruumlber hinaus druumlckt der steigen-de Meeresspiegel vermehrt salziges Meerwasser in Bangladeschs Flussdel-tas Wo das Meerwasser nicht abflieszligt versalzen Boumlden und Suumlszligwasserquel-len Der Meeresspiegel koumlnnte bis 2050 um bis zu einem halben Meter

steigen Dadurch wuumlrde das Land 10 Prozent seiner Flaumlche verlieren was etwa der Groumlszlige Schleswig-Holsteins entspricht Davon waumlren 55 Millionen Menschen direkt betroffen und muumlss-ten umsiedeln

Die Kosten fuumlr die entstehenden Schaumlden und fuumlr die notwendigen Maszlignahmen zur Anpassung an den Klimawandel stellen Bangladesch vor eine enorme Herausforderung Als eines der aumlrmsten Laumlnder der Welt ist es bei der Bewaumlltigung dieser Aufgaben auf internationale finan-zielle und technische Unterstuumltzung angewiesen

Bangladeschs Fluumlsse drohen zu versalzen

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 15

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Die ersten Erkenntnisse zu den negati-ven Folgen des Klimawandels ruumlckten im Laufe der 1980er Jahre zunehmend ins Bewusstsein der Oumlffentlichkeit 1990 reagierte die Generalversammlung der Vereinten Nationen (United Na-tions UN) und beschloss ein interna-tionales Klimaschutzabkommen auszu-handeln Als Ergebnis wurde 1992 die Klimarahmenkonvention auf der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro (im Folgenden kurz Rio-Konferenz) verabschiedet

Die Klimarahmenkonvention ist gleichsam das Grundgesetz der inter-nationalen Klimapolitik Sie legt deren grundsaumltzliche Prinzipien fest (siehe folgendes Kapitel) und verpfl ichtet alle Staaten das Klima zu schuumltzen Daruuml-ber hinaus verpfl ichtet sie die traditio-nellen Industrielaumlnder dazu die Laumlnder des Globalen Suumldens fi nanziell tech-nologisch und durch Organisationsent-wicklung und Ausbildung zu unterstuumlt-zen Allerdings enthaumllt die Konvention keine konkreten Verpfl ichtungen fuumlr einzelne Staaten Solche Verpfl ichtun-gen sollten im Rahmen eines Zusatzpro-tokolls geregelt werden

Die Verhandlungen zu solch einem Protokoll wurden 1995 begonnen und 1997 im japanischen Kyoto abgeschlos-sen Das Kyoto-Protokoll verpfl ichtet die traditionellen Industrielaumlnder ihre Treibhausgasemissionen von 2008

bis 2012 um jeweils laumlnderspezifi sch defi nierte Werte zu senken Die Laumlnder koumlnnen diese Emissionsziele entweder auf ihrem eigenen Staatsgebiet erbrin-gen oder aber uumlber den so genannten Emissionshandel Emissionsminderun-gen aus anderen Laumlndern ankaufen Dazu wurden verschiedene Verfahren entwickelt (siehe Kapitel bdquoInternatio-nale Klimafi nanzierungldquo) Der damals groumlszligte Emittent die USA traten dem Abkommen jedoch nicht bei Zudem enthaumllt das Abkommen keine Verpfl ich-tungen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens

2007 wurden daher neue Verhand-lungen begonnen um ein global um-fassendes Klimaabkommen zu schaffen Das Abkommen sollte 2009 auf der Klimakonferenz in Kopenhagen ver-abschiedet werden dieses Vorhaben scheiterte jedoch Die Staaten konnten sich lediglich auf unverbindliche Zusa-gen einigen Allerdings legten erstmals auch viele Laumlnder des Globalen Suumldens Klimaschutzzusagen vor 2011 wurde ein neuer Anlauf gestartet ein um-fassendes Abkommen zu vereinbaren Gleichzeitig stimmten die EU und einige andere Industrielaumlnder zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020 neue ver-bindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

2015 einigten sich schlieszliglich alle Staaten auf das Pariser Klimaschutz-

16 FIAN | Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

3-SPALTIG1845mm times 90mm

Vereinte Nationen setzen Weltklimarat ein

unterzeichnet durch alle Staaten der Welt greift ab 2020

Pariser Klimaschutz-abkommen

Industrielaumlnder verpfl ichten sich ihre Treibhaus-gasemissionen von 2008 bis 2012 zu senken

Maumlngel Die USA haben nicht unterzeichnet und keine Verpfl ichtungen fuumlr den Globalen Suumlden

Verabschiedung

des

Kyoto Protokolls

1988

1992

1997

2011

2015

2016Beschluss der

Klimarahmenkonvention bei der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung (Rio-Konferenz)

Die EU und einige andere Industrielaumlnder stimmen zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020

neue verbindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

US-Praumlsident Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckzuziehen

abkommen Das Abkommen greift ab 2020 und verpflichtet alle Mitglieder Klimaschutzbeitraumlge vorzulegen Diese Beitraumlge sind allerdings rechtlich nicht verbindlich Stattdessen setzt das Abkommen auf transparente Berichter-stattung und oumlffentliches Anprangern um die Staaten anzuhalten ihre Vor-

haben auch tatsaumlchlich umzusetzen Inzwischen sind alle Staaten der Welt dem Pariser Abkommen beigetreten Allerdings hat der 2016 neugewaumlhlte US-Praumlsident Donald Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckziehen zu wollen

Die RegierungsvertreterInnen freuen sichuumlber die Verabschiedung des Klimaschutzabkommens von Paris Foto (ebenso S 16) IISDKiara Worth(enbiisdorgclimatecop21enb2dechtml)

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik | FIAN 17

Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Es ist deutlich geworden dass diejeni-gen Laumlnder die am wenigsten zum Klimawandel beitragen oft am staumlrks-ten von ihm betroffen sind Dieses Kapitel befasst sich daher mit den voumllkerrechtlichen Verpfl ichtungen der Staaten auf menschenrechtskonforme Weise den Klimawandel aufzuhalten und Anpassungsmaszlignahmen zu unterstuumltzen

Internationale Menschenrechte und Umweltvoumllkerrecht wirken inhaltlich ineinander Die Verwirklichung vieler Menschenrechte insbesondere auch des Rechts auf Nahrung haumlngt naumlmlich unmittelbar vom Zustand der natuumlrli-chen Umwelt ab Dem wurde bereits in der Stockholmer Erklaumlrung zur menschli-chen Umwelt von 1972 Rechnung getra-gen Sie formulierte als erste das Recht auf eine gesunde Umwelt und enthielt bereits damals die drei Prinzipien des Umweltrechts wie sie sich 1992 in der Erklaumlrung von Rio uumlber Umwelt und Entwicklung (im Folgenden kurz Erklauml-

rung von Rio) wiederfi nden das Vorsor-geprinzip das Verursacherprinzip und die gemeinsame aber unterschiedliche Verantwortung

Zugleich handelt es sich bei Men-schenrechten und Umweltrecht aber um unterschiedliche Bereiche des Voumllker-rechts Eine durchgaumlngige Beruumlcksichti-gung von Menschenrechten im globalen Umwelt- oder Klimarecht ist daher nicht selbstredend Im Folgenden werden die Gemeinsamkeiten und Unterschie-de der Rechtssysteme dargestellt und verdeutlicht welche Prinzipien und Verpfl ichtungen sich jeweils verstaumlrken und wo es Nachbesserungsbedarf gibt Anschlieszligend werden die staatlichen Verpfl ichtungen die sich aus men-schenrechtlicher Sicht fuumlr die Klima-politik ergeben gepruumlft Pfl ichten zur Emissionsminderung zur Unterstuumlt-zung von Anpassungsmaszlignahmen und zur Beachtung von Menschenrechten bei der Durchfuumlhrung von Maszlignahmen

Ganz allgemein handelt es sich beim Voumllkerrecht um Vertraumlge zwischen Staaten in welchen sie wechselseitige Pfl ichten und Rechte festhalten Die Menschenrechte bilden jedoch eine Ausnahme Sie sind Rechte von Einzel-personen und Gruppen gegenuumlber dem

Staat Diesen Rechten stehen staatliche Verpfl ichtungen gegenuumlber Fuumlr beide Bereiche gilt gleichermaszligen dass man zwischen materiellen Rechten und Verfahrensrechten unterscheidet ndash also zwischen konkreten Inhalten von Rechten einerseits (zum Beispiel das

Prinzipien des interna-tionalen Umweltrechts

und der Menschenrechte

Foto Werner Rudhart

18 FIAN | Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Recht auf sauberes Trinkwasser) und Regeln zu Vorgehensweisen anderer-seits (zum Beispiel die Pflicht zu Kon-

sultationen vor Eingriffen in Trinkwas-serreservoire oder die Festlegung von Rechtsmitteln bei Konflikten)

Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts

Die internationale Klimarahmenkon-vention ist Teil des internationalen Umweltrechts zu dem noch viele weitere Vertraumlge wie zum Beispiel das Washingtoner Artenschutzabkommen (1973) oder das Uumlbereinkommen zum Schutze der Ozonschicht (1985) gehouml-ren Vertragsuumlbergreifend sind im internationalen Umweltrecht die drei oben genannten Prinzipien anerkannt Sie gelten als Voumllkergewohnheitsrecht oder sind auf dem besten Wege dorthin Zu diesem Status hat wesentlich die Erklaumlrung von Rio beigetragen zu deren Grundpfeilern sie gehoumlren

Das Vorsorgeprinzip soll verhin-dern dass Schaumlden fuumlr die Umwelt ent-stehen International verankert ist vor allem der Grundsatz der Schadensver-meidung Er besagt dass auch bei un-vollstaumlndigem oder unsicherem Wissen uumlber Art Ausmaszlig Wahrscheinlichkeit und Ursachen von Umweltschaumlden und -gefahren vorbeugend gehandelt wer-den muss um Risiken zu minimieren Es gilt im internationalen Recht insbeson-dere fuumlr Auswirkungen von Maszlignahmen jenseits des eigenen Staatsgebiets wie zum Beispiel die Verschmutzung grenz-uumlberschreitender Gewaumlsser

Das Verursacherprinzip besagt dass fuumlr die Linderung und Beseitigung eingetretener Schaumlden der Verursacher verantwortlich ist und er folglich auch die Kosten tragen muss

Das Prinzip gemeinsamer aber unterschiedlicher Verantwortung entspricht einer Verallgemeinerung des Verursacherprinzips in Bezug auf Veraumlnderungen in der Umwelt fuumlr die kein einzelner Verursacher identifiziert werden kann Ein Beispiel hierfuumlr ist der Klimawandel Die gesamte Staaten-gemeinschaft traumlgt eine gemeinsame Verantwortung zu handeln Dabei wird jenen Staaten eine groumlszligere Verantwor-tung zugeschrieben die wirtschaftlich

leistungsfaumlhiger sind und staumlrker an der globalen Ressourcenausbeute beteiligt sind

Umweltrecht beinhaltet haumlufig auch eine Reihe von Verfahrensrechten In den meisten Staaten muumlssen im Vor-feld von Groszligprojekten beispielsweise deren Umweltvertraumlglichkeit analysiert (Ausdruck des Vorsorgeprinzips) und die betroffene Bevoumllkerung dabei ein-gebunden werden Vorbildlich ist hier das Uumlbereinkommen uumlber den Zugang zu Informationen die Oumlffentlichkeits-beteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten der UN Wirtschaftskommission fuumlr Europa (2001) kurz die Aarhus-Konvention Sie gewaumlhrt ausdruumlcklich die Rechte aller Betroffenenbull uumlber Umweltauswirkungen von Pro-

jekten informiert zu werdenbull an Entscheidungs- und Planungs-

prozessen beteiligt zu werden sowiebull Schadensersatzanspruumlche geltend

zu machenDie Aarhus-Konvention wurde von fast 50 Staaten Europas und Zentralasiens (mit Ausnahme Russlands) sowie von der EU ratifiziert

Frauen im kenianischen Tana-Delta sind besonders stark mit den Folgen der zuneh-menden Waserknappheit konfrontiert Foto Anton Pieper

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 19

Respekt

vor Zugang zu angemessener

Nahrung

Schutz

vor Uumlbergriffen Dritter

Gewaumlhrleistung

der Verfuumlgbarkeit und des Zugangs

zu Nahrung

Staatenpflichten

Auch die Rio-Konferenz und ihre Folgeprozesse bauen auf die Beteili-gung der Zivilgesellschaft Uumlber diesen Weg hielten nach und nach auch soziale Menschenrechte ausdruumlcklich Einzug in die Abschlusserklaumlrungen der alle

fuumlnf Jahre stattfindenden UN-Gipfel zu Umwelt und Entwicklung

Die Erklaumlrung von Rio mit ihrem Konzept der Nachhaltigkeit und den drei genannten Prinzipien liefer-te auszligerdem die Grundlage fuumlr die Klimarahmenkonvention

Prinzipien der internationalen Menschenrechte

Allgemeine Prinzipien

Die zentrale Saumlule des internationalen Menschenrechtssystems ist die Men-schenrechtscharta der Vereinten Natio-nen Sie umfasst die Allgemeine Erklauml-rung der Menschenrechte (1948) den Internationale Pakt uumlber Buumlrgerliche und Politische Rechte (UN-Zivilpakt) sowie den Internationalen Pakt uumlber Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) (beide 1966) Neben dem Zivilpakt und dem Sozial-pakt gibt es auszligerdem acht weitere Menschenrechtsvertraumlge die sich auf den Schutz besonders benachteiligter Gruppen sowie auf das Verbot von Folter und unmenschlicher Behandlung beziehen Alle Abkommen sind durch die immer gleichen Querschnittsprinzi-pien gepraumlgt naumlmlich das Gebot der Nichtdiskriminierung die Gleichheit aller die gesellschaftliche Beteiligung

den Zugang zu effektiven Rechtsmitteln bei Rechtsverletzungen die Rechen-schaftspflicht der Staaten sowie das Verbot des Ruumlckschritts Bei diesen Prinzipien handelt es sich durchweg um Verfahrensrechte die allen materiellen Rechten wie dem Recht auf Nahrung Wasser Wohnen etc zur Seite gestellt sind Denn sehr haumlufig liegt der Verlet-zung materieller Rechte die Verletzung von Verfahrensrechten zugrunde

Alle Menschenrechtsvertraumlge un-terscheiden fuumlr ihre gewaumlhrten Rechte je drei Arten staatlicher Verpflichtung gegenuumlber Einzelpersonen und Grup-pen Im UN-Sozialpakt sind dies res-pektieren schuumltzen gewaumlhrleisten Die Respektierungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten die Wahrnehmung eines Rechts nicht behindern duumlrfen Die Schutzpflicht besagt dass die Vertragsstaaten Dritte davon abhalten muumlssen die Ausuumlbung dieses Rechts zu beintraumlchtigen oder zu verhindern Die Gewaumlhrleistungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten Maszlignahmen er-greifen muumlssen um die Verwirklichung eines Rechts voranzubringen

Bezogen auf das Recht auf Nah-rung heiszligt das zum Beispiel dass der Staat BaumluerInnen nicht von ihrem angestammten Land umsiedeln darf um Infrastrukturprojekte umzusetzen wenn dadurch ihr Zugang zu angemes-sener Nahrung verloren geht Er muss ferner Dritte ndash zum Beispiel Groszliggrund-besitzerInnen oder Unternehmen ndash daran hindern dies zu tun wenn sie Land fuumlr Investitionen verkaufen oder Infrastrukturprojekte durchfuumlhren Und der Staat muss durch geeignete Maszlig-nahmen auch jenen die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung ermoumlglichen die davon ausgegrenzt sind ndash zum

Menschenrechten stehen staatliche Pflichten gegenuumlber

20 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Beispiel fuumlr die sichere Ruumlckkehr von Vertriebenen sorgen oder sie auf neuem fruchtbaren Land ansiedeln Da fuumlr viele Laumlnder des Globalen Suumldens wegen der Begrenztheit der verfuumlgbaren Mittel

insbesondere die Gewaumlhrleistungs-pflicht nicht immer leicht zu erfuumlllen ist sieht der UN-Sozialpakt eine all-maumlhliche Verwirklichung der Rechte vor

Extraterritoriale Staatenpflichten

Menschenrechtsvertraumlge beschreiben zunaumlchst die Pflichten eines Vertrags-staates gegenuumlber den Menschen auf seinem Staatsgebiet oder solchen die anderweitig unter seiner Gewalt stehen (zum Beispiel bei Besatzungen) Der UN-Zivilpakt enthaumllt eine Klausel die seinen Anwendungsbereich in diesem Sinn einschraumlnkt Der UN-Sozialpakt hingegen erlaubt weitreichendere Interpretationen Hier heiszligt es in Artikel 2(1) bdquoJeder Vertragsstaat verpflichtet sich einzeln und durch internationale Hilfe und Zusammenar-beit hellip die volle Verwirklichung der in diesem Pakt anerkannten Rechte zu erreichenldquo Fortschrittliche JuristInnen sehen darin eine rechtlich bindende Pflicht wirtschaftliche soziale und kulturelle Menschenrechte auch uumlber das eigene Staatsgebiet hinaus zu respektieren zu schuumltzen und zu gewaumlhrleisten Dies hat der UN-Sozial-ausschuss 2002 in seinem Allgemeinen Kommentar Nr 15 zum Recht auf Wasser aufgegriffen der bdquohellip von den Vertragsstaaten [verlangt] von Hand-lungen abzusehen die den Genuss des Rechts auf Wasser in anderen Laumlndern unmittelbar oder mittelbar beeintraumlchti-genldquo Die International Commission of Jurists (ICJ) hat dies fortgesetzt und 2011 die sogenannten Maastrichter Prinzipien zu extraterritorialen Staaten-pflichten im Rahmen des UN-Sozialpakts veroumlffentlicht Laut den Maastrichter Prinzipien muumlssen Staaten ihre zwi-schenstaatlichen und internationalen Abkommen so gestalten dass sie nicht zu menschenrechtlichen Verwerfungen bei Vertragspartnern fuumlhren und die Staaten nicht in der Erfuumlllung ihrer

menschenrechtlichen Verpflichtungen einschraumlnken Ferner haben Staaten die Pflicht gesetzgeberische und politische Maszlignahmen zu ergreifen um Menschen in anderen Staaten vor Menschen-rechtsverletzungen durch bei ihnen ansaumlssige international agierende Konzerne zu schuumltzen Die freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Men-schenrechten gleichfalls von 2011 weisen zumindest den Spielraum aus den Staaten zur Regulierung transnati-onaler wirtschaftlicher Akteure haben 2017 veroumlffentlichte der UN-Sozialaus-schuss auszligerdem den Allgemeinen Kommentar Nr 24 zu Staatenpflichten im Zusammenhang unternehmerischen Handelns Darin betont er ebenfalls die grenzuumlberschreitenden staatlichen Pflichten zur Kontrolle multinationaler Konzerne Insgesamt hat der Verweis auf extraterritoriale Pflichten der Staaten im Rahmen des UN-Menschen-rechtssystems uumlber die letzten Jahre stark zugenommen

Protest vor der Zentrale der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) gegen ein Staudammprojekt in Panama

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 21

Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten

Obwohl die Umwelt- und die Men-schenrechtsprinzipien ein groszliges Potenzial fuumlr Synergien haben weisen die Klimarahmenkonvention und das Kyoto-Protokoll keinerlei Bezug zu den Menschenrechten auf Zur Veran-schau li chung vergleicht die folgende Tabelle die wesentlichen Prinzipien der international anerkannten Men-schenrechte und die Regeln des Kli-marechts anhand der Grundpfeiler des internationalen Umweltrechts

Wie die Tabelle zeigt sind Staaten aus menschenrechtlicher und aus kli-mapolitischer Perspektive verpflichtet den Klimawandel zu stoppen und seine Wirkungen abzumildern Neben der Emissionsminderung ist es menschen-rechtlich wichtig besonders betroffene Bevoumllkerungsgruppen bei der Anpas-sung zu unterstuumltzen die hierfuumlr kaum Mittel haben

Ferner duumlrfen klimapolitische Maszlignahmen ihrerseits nicht zu Men-schenrechtsverletzungen fuumlhren Da die internationalen Klimaregeln aber im Gegensatz zu Menschenrechtskonven-tionen und vielen anderen Umweltab-kommen vergleichsweise wenig Wert auf die Einbindung betroffener Menschen legt kommt es durch klimapolitische Maszlignahmen immer wieder zu Men-schenrechtsverletzungen Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen sowie UN-SonderberichterstatterInnen und andere Menschenrechtsorgane haben daher intensiv Lobbyarbeit betrieben um Menschenrechte im Abkommen von Paris zu verankern Durchgesetzt hat sich jedoch nur ein Absatz in der nicht-bindenden Praumlambel (Zitat siehe Einlei-tung) Klimaschutz und Menschenrech-te trennen weiterhin Welten

Umwelt-recht-

Prinzipien Internationale Menschenrechte Internationales Klimarecht

Veru

rsac

herp

rinz

ip

Ist Bestandteil der Menschenrechtsprinzipien und kommt im Recht auf Rechtsmittel und Entschaumldigung zum Ausdruck Das Verursacherprinzip setzt voraus dass ein Staat seine Respektierungs- Schutz- oder Gewaumlhrleistungspflicht nachweislich verletzt hat

Wegen des Problems eine spezifische Kausalkette nachzuweisen (welche CO2-Emission hat wen geschauml-digt) ist es kein Prinzip der Klimarahmenkonventi-on In aufgeweichter Form spiegelt es sich im Prinzip der gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortung

Pflic

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rati

on Grundlegendes in Art2 (1) des UN-Sozialpaktes verankertes Prinzip wonach die reichen Industrie-staaten die Laumlnder des Globalen Suumldens bei der allmaumlhlichen Verwirklichung der Menschenrechte unterstuumltzen sollen

Verpflichtung der Industrielaumlnder gemaumlszlig Art 4 (3 4) der Klimarahmenkonvention die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell und technologisch bei der Minde-rung von Emissionen und Anpassung an den Klima-wandel zu unterstuumltzen

Verf

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Verfahrensrechte (Gleichbehandlung Information Beteiligung Rechtsmittel) sind Grundlage aller menschenrechtlichen Vertraumlge weil sie auch fuumlr die Sicherung substantieller Rechte (zB Recht auf Nahrung) bedeutend sind Dies gilt insbesondere auch fuumlr die Rechte besonders diskriminierter Bevoumllkerungsgruppen

Im Gegensatz zu vielen Umweltabkommen (zB Aarhus-Konvention) spielen in der Klimarahmenkon-vention dem Kyoto-Protokoll und dem Pariser Ab-kommen Verfahrensrechte von Einzelpersonen keine Rolle Die Ausgestaltung der internationalen Klima-schutzmechanismen nimmt entsprechend wenig Ruumlcksicht darauf

Vergleich menschenrechtlicher und klimarechtlicher Prinzipien

22 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Die Malediven fordern von der internationalen Staatengemeinschaft Maszlignahmen zum Klimaschutz zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung

Kaum jemand zweifelt mehr daran dass der Klimawandel maszliggeblich men-schengemacht ist und negative Auswir-kungen auf die Wahrnehmung von Menschenrechten hat Auf Grundlage der menschenrechtlichen Schutzpflicht sind die Staaten verpflichtet rasch effektive Maszlignahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen zu ergrei-fen BerichterstatterInnen des UN-Menschenrechtsrats betrachten das im Pariser Abkommen vereinbarte Ziel Emissionen derart zu reduzieren dass der globale Temperaturanstieg unter 15 Grad Celsius gehalten wird daher als menschenrechtliche Pflicht der Staaten Dennoch findet Emissionsmin-derung nicht in dem Umfang statt wie es noumltig waumlre Seit 2005 haben ver-schiedene Akteure auf unterschiedli-chen Wegen versucht diesen Blockaden mit Hilfe des Menschenrechtssystems entgegenzuwirken

Die Regierung der Malediven schlug den politischen Weg ein Die Malediven sind ein Staat bestehend aus etwa 1200 kleinen Inseln die nur wenige Meter uumlber dem Meeresspiegel liegen und unmittelbar vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen sind Die Regierung des Landes initiierte die Maledivische Erklaumlrung zur menschlichen Dimension des globalen Klimawandels die sie im November 2007 gemeinsam mit 38 weiteren kleinen Inselstaaten unterzeichnete In dieser Erklaumlrung forderten sie das Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte der Vereinten Nationen auf dem Menschenrechtsrat eine detaillierte Studie uumlber die Auswir-kungen des Klimawandels vorzulegen was im Oktober 2009 ndash kurz vor der Klimakonferenz in Kopenhagen ndash auch geschah Die Malediven haben damit einen Prozess in Gang gesetzt der maszliggeblich dazu beigetragen hat dass viele Menschenrechtsorgane begannen sich mit den Auswirkungen des Klima-wandels auf die Menschenrechte zu befassen

Einen anderen Weg schlugen die Inuit des US-amerikanischen Teils Alaskas ein 2005 reichten sie bei der Inter-Amerikanischen Menschenrechts-kommission eine Klage gegen die USA ein weil die USA nicht genug taumlten um den Klimawandel zu verhindern Die Kommission lehnte die Verhandlung des Falls ab Ein wesentlicher Grund war dass die Klaumlger nicht hinreichend darle-gen konnten dass vor allem die Un-taumltigkeit der USA zur Verletzung ihrer Menschenrechte fuumlhre Die Kommission lud die Inuit aber im Maumlrz 2007 zu einer Anhoumlrung ein um die Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Menschen-rechte zu eroumlrtern Obwohl sie rechtlich eine Niederlage erlitten hatten wurde die Anhoumlrung doch zu einem politi-schen Erfolg der der Situation der Inuit global viel Aufmerksamkeit einbrachte

Des Weiteren war die Klageschrift der Inuit der Auftakt zu einer Vielzahl von Versuchen die Staaten auf juristi-schem Wege zur Pflicht zu rufen Dies muss sich aber nicht auf Organe des Menschenrechtssystems beschraumlnken Besonders erfolgreich war eine Klage der niederlaumlndischen Umweltorganisa-tion Urgenda gegen die Niederlande Das Bezirksgericht in Den Haag urteilte 2015 auf Grundlage der in der nieder-laumlndischen Verfassung verankerten Fuumlrsorgepflicht des niederlaumlndischen Staates dass die Niederlande auf-grund der Erkenntnisse des vierten Sachstandsberichts des Weltklimarats ihre Emissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 25 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern muumlssen Mit den bis dahin ergriffenen Maszlignahmen waumlren voraussichtlich nur 17 Prozent erreicht worden

Trotz dieser Erfolge bleibt es schwierig einzelne Staaten fuumlr den Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Menschenrechte zur Verant-wortung zu ziehen Haumlufig verstaumlrkt der Klimawandel nur bereits beste-hende Menschenrechtsverletzungen Auch die Unterscheidung ob eine

Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 23

Menschenrechtsverletzung in diesem Zusammenhang Folge des Klimawandels oder uumlblicher Wetterextreme ist ist oft schwierig So kommt das Hochkommis-sariat fuumlr Menschenrechte 2009 zum Ergebnis dass der Klimawandel zwar eindeutig negative Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Menschenrech-ten hat dass es aber weniger eindeutig ist ob und in welchem Ausmaszlig die Auswirkungen in streng rechtlichem Sinn als Menschenrechtsverletzung qualifiziert werden koumlnnen

Aus Sicht von FIAN Deutschland kann der Verlust des Zugangs zu Nah-rung durch den Klimawandel aber durchaus als Menschenrechtsverletzung gewertet werden fuumlr die andere Staa-

ten als der Heimatstaat mitverantwort-lich sind Zwar ist der Haftungsansatz nach dem Verursacherprinzip aufgrund der oben geschilderten Besonderheiten des Klimaproblems fuumlr eine menschen-rechtliche Argumentation wenig frucht-bar Aufgrund des Wissens der Staaten uumlber die menschliche Verursachung und der nachweislich negativen Auswirkun-gen des Klimawandels auf die weltweite Verwirklichung der Menschenrechte sind die Staaten jedoch gemaumlszlig UN-Sozialpakt Artikel 2(1) menschenrecht-lich verpflichtet einzeln sowie durch internationale Hilfe und Zusammen-arbeit unter Ausschoumlpfung all ihrer Moumlglichkeiten wirksame Maszlignahmen zur Emissionsminderung zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung

bdquoAnpassungldquo umschreibt ein weites Feld von Aktivitaumlten das die Menschen weniger anfaumlllig gegenuumlber den Auswir-kungen des Klimawandels macht Hiermit kann die Einfuumlhrung von duumlrreresistenten Pflanzenarten und von Bewaumlsserungssystemen gemeint sein aber auch Umsiedlung aus Hochrisiko-zonen neue Bauweisen und Bauvor-schriften oder der Ausbau von Institu-tionen zum Risikomanagement Sie macht einen vergleichsweise kleinen Teil der Klimafinanzierung aus die sich 2016 auf insgesamt 380 Milliarden US Dollar belief 93 Prozent der globalen Klimafinanzierung kommen der Emissi-onsminderung zugute die uumlberwiegend privat finanziert ist Mittel aus oumlffentli-cher Hand tragen nur 34 Prozent zur globalen Klimafinanzierung bei wovon wiederum nur 16 Prozent Anpassungs-maszlignahmen zugutekommen 89 Pro-zent der oumlffentlichen Klimafinanzierung werden von internationalen und natio-nalen Entwicklungsbanken gestemmt Selbst die internationalen Banken wie die Weltbank die Asiatische und die

Afrikanische Entwicklungsbank oder die Europaumlische Investitionsbank (EIB) investieren nur durchschnittlich 23 Pro-zent ihrer Investitionen im Klimabe-reich in Anpassungsmaszlignahmen Fuumlr den unmittelbaren Schutz sowie fuumlr Anpassungsmaszlignahmen an die Folgen des Klimawandels werden also verhaumllt-nismaumlszligig wenige Gelder bereitgestellt Dies kann akut zu Menschenrechtsver-letzungen fuumlhren Je spaumlter und halb-herziger in den Klimaschutz investiert wird desto mehr Anpassung wird noumltig Die Pflicht der Staaten solche Maszlignah-men zu unterstuumltzen ergibt sich aus ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen gemaumlszlig Artikel 2(1) des UN Sozialpaktes Sie gilt unabhaumlngig davon wie viel ein Staat zur Klimaer-waumlrmung beitraumlgt Diese Pflicht ergibt sich auszligerdem aus Art 4(3 4) der Klimarahmenkonvention die aumlrmeren Laumlnder sowohl beim Klimaschutz als auch bei der Anpassung an den Klima-wandel unterstuumltzen ndash gemaumlszlig dem Prinzip gemeinsamer aber unterschied-licher Verantwortung

Die Lebensgrundlage der Indigenen im aumlthiopischen Omo-Tal ist durch den Bau des Stauddamms Gibe III bedroht Foto Suvival International

24 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Obergrenze (Cap)

Industriestaaten unterschreiben dashellip

Kyoto-Protokoll (1997)

Ziel Reduktion der Treibhausgasemission

Emissionen im Zeitraum von 2008 bis 2012 um 5 unter das Niveau von 1990 senken

fl exibler Mechanismus

Fabrik A Fabrik B

Wenn die Emissionen unter der Obergrenze

liegen koumlnnen die nicht genutzten Emissionsrechte wieder verkauft

werden

hellip an Staaten oder

Unternehmen die mehr

Emissionen ausstoszligen

wollen

Verkauft die ungenutzten CO

2-Rechtehellip

Funktionsweise des Emissionshandels

Internationale Klimafinanzierung

Gemaumlszlig der Klimarahmenkonvention sind die traditionellen Industrielaumlnder verpflichtet die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell technologisch und mit Kapazitaumltsaufbau zu unterstuumltzen Auf der Klimakonferenz von Kopenha-gen 2009 wurde diese Verpflichtung konkretisiert die Industrielaumlnder sagten zu dass die finanzielle Unter-stuumltzung bis 2020 auf jaumlhrlich 100 Milli-arden US-Dollar anwachsen soll Zu diesen werden nicht nur die aufge-brachten oumlffentlichen Mittel sondern auch private Investitionen in den Klimaschutz gezaumlhlt wenn sie eine Folge staatlicher Maszlignahmen sind

Die Unterstuumltzung durch oumlffentliche Geber laumluft durch eine Vielzahl von Ka-naumllen Zum einen nutzen viele Staaten dazu ihre Organisationen der Entwick-lungszusammenarbeit In Deutschland sind das beispielsweise die Gesellschaft fuumlr Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Kreditanstalt fuumlr Wieder-aufbau (KfW) Zweitens zaumlhlen auch die Weltbank und die regionalen Ent-wicklungsbanken Klimaschutz zu ihren Aufgaben Insbesondere die Weltbank hat mehrere spezielle Klimaschutzfonds geschaffen Drittens wurde eine Reihe von internationalen Fonds eingerichtet Mit den Geldern der 1991 geschaffenen Globalen Umweltfazilitaumlt (Global Envi-ronment Facility GEF) werden Projekte im Rahmen der Klimarahmenkonventi-on und anderer internationaler Um-weltabkommen finanziert 2001 wurden unter der Klimarahmenkonvention eine Reihe von kleinen spezialisierten Fonds eingerichtet die insbesondere Maszlig-nahmen zur Anpassung an den Klima-wandel finanzierenbull der Least Developed Countries Fund

Fonds fuumlr die am wenigsten entwi-ckelten Laumlnder

bull der Special Climate Change Fund Spezieller Klimawandel-Fonds der vor allem Anpassungsmaszlignahmen finanzieren soll und

bull der Adaptation Fund Anpassungs-fonds fuumlr Laumlnder des Globalen Suumldens

Daruumlber hinaus wurde 2010 beschlos-sen den Green Climate Fund (Gruumlner Klimafonds) einzurichten Dieser soll einen erheblichen Teil der zugesagten 100 Milliarden US-Dollar verwalten

Neben diesen Einrichtungen zur Klimafinanzierung wurden im Rahmen des Kyoto-Protokolls auch institutiona-lisierte Verfahren zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige geschaffenbull der internationale Emissionshandel

der den Handel mit Rechten zum Ausstoszlig von Treibhausgasen regelt

bull die Joint Implementation (Gemein-same Umsetzung) uumlber die Klima-schutzprojekte in Industrielaumlndern international zertifiziert werden koumlnnen

bull der Clean Development Mechanism (Mechanismus fuumlr umweltver-traumlgliche Entwicklung) uumlber den Klimaschutzprojekte in Laumlndern

Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 25

des Globalen Suumldens international zertifiziert werden koumlnnen (siehe Kapitel bdquoDer Clean Development Mechanismldquo)

Diese Verfahren dienen aber in ers-ter Linie der Erreichung der Emissi-onsziele der Industrielaumlnder (siehe Kapitel bdquoSenkung der eigenen Emissi-onenldquo) Mitgliedstaaten mit groszligen Regenwaldvorkommen forderten daher

ein Instrument zu schaffen das den Schutz von Waumlldern auf die Klimabilanz anrechnet Infolge wurde 2007 das Programm REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degrada-tion in Developing Countries) ins Leben gerufen Es soll zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige in Laumlndern des Globalen Suumldens beitragen die durch Abholzung von Waumlldern entstehen

Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen

Maszlignahmen zum Klimaschutz sind aus menschenrechtlicher Perspektive oft umstritten Bei Investitionen in erneu-erbare Energien handelt es sich haumlufig um groszlige flaumlchenintensive Infrastruk-turprojekte wie zum Beispiel den Bau von Staudaumlmmen und Wasserkraftwer-ken Windparks groszligflaumlchige Solar- und Erdwaumlrmeanlagen Das Gleiche gilt fuumlr den Anbau von Energiepflanzen wie Oumllpalmen Investitionen in CO2-Senken also die Ausdehnung von Waumlldern oder der Erhalt bestehender Waumllder stehen oft in Konkurrenz zu anderen Flaumlchen- und Waldnutzungen Auch Anpassungs-maszlignahmen wie der Bau von Schutz-waumlllen oder die Einrichtung von siedlungsfreien Zonen in Hochrisikoge-bieten (zum Beispiel in Gebieten die

haumlufig uumlberschwemmt oder durch Erosion und Erdrutsche gepraumlgt sind) betreffen Land das von Menschen genutzt und ihnen durch solche Maszlig-nahmen entzogen wird Die Flaumlchen-konkurrenz zwischen Investitionen zum Klimaschutz und bisheriger Landnut-zung fuumlhrt unter anderem dazu dass KleinbaumluerInnen und Hirtenvoumllkern der Zugang zu Land und Wasser entzogen wird das sie bisher fuumlr den Nahrungs-mittelanbau und die Viehwirtschaft nutzten Haumlufig handelt es sich dabei um indigene Gruppen die keine Landti-tel besitzen Mit der Vertreibung von ihren wirtschaftlich genutzten Flaumlchen geht auch haumlufig die Vertreibung aus den Ansiedlungen einher Verletzungen sozialer Menschenrechte wie die Rechte auf Nahrung Wasser und Woh-nen sind die Folge Aber auch Verfah-rensrechte und das Recht auf Leben werden regelmaumlszligig missachtet

Dafuumlr gibt es viele Beispiele Pana-ma ist eines jener Laumlnder das am meis-ten in Wasserkraftwerke als erneuerbare Energiequelle investiert In mindes-tens drei bekannten Faumlllen ndash Bonyic Chan75 und Barro Blanco ndash kam es dabei zu schweren Menschenrechts-verletzungen Doumlrfer wurden geflutet obwohl die BewohnerInnen noch nicht umgesiedelt waren die Rechte von In-digenen auf ihr Gebiet und Beteiligung an Projekten wurden verletzt Betrof-fene und AktivistInnen die sich gegen diese Maszlignahmen wehrten wurden eingeschuumlchtert und sogar ermordet Auch Kenia gehoumlrt zu den Vorreitern in

Die klimaschuumltzende Wirkung von Staudaumlm-men zur Stromgewinnung wird bestritten Auszligerdem fuumlhren sie oft zu Verletzungen von Menschenrechten der oumlrtlichen Bevoumllkerung Foto Jane Hofbauer

26 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Sachen Klimaschutz ndash haumlufig zu Lasten ausgegrenzter Bevoumllkerungsgruppen In Olkaria willigten Massai in eine Umsiedlungsmaszlignahme zugunsten einer Erdwaumlrmeanlage (Geothermie) ein weil man ihnen eigene Landrech-te versprach die sie jedoch bis heute nicht erhalten haben Mehrere tausend indigene Jaumlger- und Sammlervoumllker wurden aus dem Embobut-Wald in Westkenia (Sengwer und Cherangany) und dem Mau-Wald (Ogiek) vertrieben weil die Regierung deren Nutzung unter REDD+ anstrebt Der Fall der Ogiek wurde 2014 sogar vor dem Afrikani-schen Gerichtshof fuumlr Menschen- und Voumllkerrechte zugunsten der Ogiek ver-handelt Aumlhnliches passierte in anderen Laumlndern Afrikas So wurde in Tansania die Gemeinschaft der Warufiji aus dem Refuiji-Delta vertrieben Sie hatten die Kooperation bei der Aufforstung der Mangrovenwaumllder verweigert weil man ihnen den Anbau von Reis verbot

Die Auswirkungen von Klimaschutz-maszlignahmen koumlnnen aber auch kom-plexerer Natur sein Wie die Weltbank 2008 in einer vielbeachteten Studie zur globalen Nahrungsmittelkrise darlegte trug die Flaumlchenkonkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Energiepflanzen-anbau maszliggeblich zum globalen An-stieg der Nahrungsmittelpreise bei der fuumlr viele Menschen zu Hunger fuumlhrte Anhand dieser katastrophalen Folgen der staatlichen Foumlrderung von Agrar-treibstoffen durch westliche Indust-rienationen wird deutlich wie diese klimapolitisch motivierten Programme in vielen aumlrmeren Laumlndern direkt zur Verletzung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser beitragen

Auch Anpassungsmaszlignahmen schneiden unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten nicht zwingend besser ab Obwohl sie im Prinzip zum Schutz der Menschen gedacht sind fehlt es in manchen Faumlllen an Professionalitaumlt in anderen Faumlllen fehlt der Fokus auf die besonders gefaumlhrdeten Bevoumllkerungs-gruppen In Mosambik wurden die Doumlr-fer im Sambesi-Flussdelta 20072008

nach schweren Uumlberschwemmungen in houmlher gelegene Gebiete umgesiedelt Viele der neuen Siedlungen blieben ohne angemessenen Zugang zu Wasser fruchtbarem Land und Gesundheitsver-sorgung So wurden sie von Nahrungs-mittelhilfen abhaumlngig Viele Familien verloren durch Abwanderung ihren Zusammenhalt Diskriminierungen bei Anpassungsmaszlignahmen kommen auch in entwickelten Laumlndern vor Nach dem Wiederaufbau von New Orleans nach dem Hurrikan Kathrina im Jahr 2005 durfte die arme afro-amerikanische Be-voumllkerung nicht mehr ihre am Flussufer gelegenen Siedlungen beziehen ndash we-gen Uumlberflutungsgefahr Angemesse-nen und finanzierbaren Ersatz bekamen sie jedoch nicht angeboten

Die Ursachen fuumlr negative Aus-wirkungen und Menschenrechtsver-letzungen durch Klimapolitik gehen teilweise auf die Bedingungen in den Projektlaumlndern zuruumlck Die jeweiligen Nationalstaaten sind menschenrecht-lich entsprechend zu beurteilen und zur Pflicht zu rufen Die Ursachen liegen aber auch in den Klimarahmenabkom-men selbst und ihren Mechanismen begruumlndet Bis auf das Abkommen von Paris enthalten diese keinen Verweis auf Menschenrechte Sie betonen aber die Rechte der Nationalstaaten ihre na-tuumlrlichen Ressourcen auszubeuten Das Abkommen von Paris ist insofern ein Erfolg als in der Praumlambel zum ersten Mal ein Bezug zu den Menschenrechten hergestellt wird Auch im Konzept der extraterritorialen Staatenpflichten zur Verwirklichung wirtschaftlicher sozia-ler und kultureller Menschenrechte ist anerkannt dass die Staaten die Pflicht haben ihre Instrumente zum Klima-schutz und zur Unterstuumltzung von An-passungsmaszlignahmen menschenrechts-konform zu gestalten Dennoch gilt es dicke Bretter zu bohren Eine Praumlambel ist nicht rechtsverbindlich sondern als Orientierungs- und Interpretationshilfe fuumlr die Vertragsparteien oder Gerichte zu verstehen

Fuumlr diese Geothermie-Anlage in Kenia wurden Massai von ihrem traditionellen Land vertrieben Foto Jeanette Schade

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 27

Der Clean Development Mechanism

Mit fast 8000 registrierten Projekten ist der Clean Development Mechanism (CDM) des Kyoto-Protokolls das bedeu-tendste internationale Verfahren zum Klimaschutz Er soll einerseits die Gastgeberstaaten der Projekte bei ihrer nachhaltigen Entwicklung unterstuumltzen und andererseits den Industrielaumlndern bei der Erreichung ihrer Emissionsziele helfen

Das Kyoto-Protokoll definiert fuumlr die teilnehmenden Industrielaumlnder verbindliche Emissionsziele Die Uumlber-wachung der Zielerreichung erfolgt auf Grundlage von Emissionszertifikaten jeder verpflichtete Staat muss fuumlr jede Tonne Treibhausgasemission ein Emis-sionszertifikat vorlegen Die Staaten erhalten eine Anfangsausstattung von Zertifikaten auf Grundlage ihrer Ziele zur Verringerung ihrer Emissionen Diese Zertifikate sind handelbar Schafft ein Staat es seine Emissionen staumlrker zu reduzieren als er zum Ziel hat kann er den sich daraus ergebenden Uumlber-schuss an Zertifikaten an andere Laumlnder verkaufen Auszligerdem koumlnnen die In-dustrielaumlnder uumlber den CDM zertifizierte Emissionsreduktionen aus Klimaschutz-projekten in den Laumlndern des Globalen Suumldens ankaufen

Die naturwissenschaftliche Grund-lage dieses so genannten Emissions-handels ist dass die Treibhausgase sich gleichmaumlszligig in der Atmosphaumlre verteilen Fuumlr den Klimawandel macht es keinen Unterschied an welchem Ort Treibhausgase ausgestoszligen oder reduziert werden Durch den Emissions-handel soll es daher ermoumlglicht werden Emissionen an der Stelle zu vermindern an der dies am kostenguumlnstigsten ist Im Kyoto-Protokoll gibt es zum einen den Emissionshandel zwischen Staaten zum anderen werden im CDM Zertifikate fuumlr Emissionsreduktionen in konkreten Projekten ausgestellt wie zum Beispiel fuumlr Windkraftanlagen Prinzipiell kann jeder beliebige Akteur CDM-Projekte durchfuumlhren Zertifikate erhalten und diese dann verkaufen seien es staatli-che Stellen private Unternehmen oder auch zivilgesellschaftliche Organisa-tionen Durch den CDM soll so fuumlr alle Interessierte ein Anreiz gesetzt werden in Emissionsreduktionen zu investieren Die groszlige Mehrheit der CDM-Projekte wird von privaten Unternehmen durchgefuumlhrt

Der CDM unterliegt der Fuumlhrung und Aufsicht der Konferenz der Vertrags-staaten des Kyoto-Protokolls Fuumlr die Pruumlfung und Genehmigung der konkre-ten Projekte sowie fuumlr die Ausarbeitung von Detailregelungen zu den Geneh-migungsverfahren haben die Vertrags-staaten einen Exekutivrat eingerichtet der aus zehn Mitgliedern und zehn stellvertretenden Mitgliedern besteht Die Mitglieder werden von der Vertrags-staatenkonferenz nach einem regiona-len Schluumlssel gewaumlhlt Der Exekutivrat soll nach Moumlglichkeit alle Entscheidun-gen einstimmig treffen Wenn dies nicht moumlglich ist sind auch Abstimmungen mit Dreiviertelmehrheit erlaubt

Um sich fuumlr die Ausstellung von CDM-Zertifikaten zu qualifizieren muumlssen CDM-Projekte ein festgeleg-tes Verfahren durchlaufen Zunaumlchst muumlssen die Traumlger des Projekts eine Projektdokumentation erstellen die darlegt welche Maszlignahmen durchge-fuumlhrt werden sollen und wie dadurch Emissionen vermindert werden Diese

Einige Doumlrfer im kenianischen Tana-Delta muumlssen per Tankwagen mit Trinkwasser versorgt werden

28 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Braucht Zertifi kate um eigene Klimaschaumlden ausgleichen zu

koumlnnen

INDUSTRIELAND

Klimaschutzprojekt wird unterstuumltzt

ENTWICKLUNGSLANDTechnologie

Finanzierung

Die Unterstuumltzung bringt dem Industrieland zusaumltzliche

Zertifi kate ein

Clean Development Mechanism (CDM)-Projekte werden kontrolliert durch den

CDM-EXEKUTIVRAT bestehend aus 10 Mitgliedern

Durch die Unterstuumltzung

sollen CO2-Emissionen vermieden

werden

Jeweils ein Mitglied der fuumlnf regionalen

Gruppen der Vereinten Nationen

Zwei Mitglieder des Kyoto-Protokolls

gelistet als Industrieland (Annex 1)

Zwei Mitglieder die nicht in Annex 1 des

Kyoto-Protokolls gelistet sind

EinE RepraumlsentantIn der kleinen

Inselstaaten

Projektdokumentation muss durch ein sachverstaumlndiges Zertifizierungsun-ternehmen beispielsweise den TUumlV uumlberpruumlft werden Auszligerdem muss das Projekt durch das Durchfuumlhrungsland und mindestens ein Industrieland genehmigt werden Wenn all diese Be-dingungen erfuumlllt sind wird das Projekt dem CDM-Exekutivrat vorgelegt Wenn der Exekutivrat keine Einwaumlnde hat wird es als CDM-Projekt registriert

Waumlhrend der Durchfuumlhrung des Projekts muumlssen seine Traumlger fortlau-fend uumlberwachen und dokumentieren welche Treibhausgasmengen es er-zeugt Die Emissionsminderung ergibt sich aus dem Unterschied zwischen den Emissionen des Projekts und den Emis-sionen die angefallen waumlren wenn das Projekt nicht umgesetzt worden waumlre wenn zum Beispiel statt Strom eines Windparks Strom aus Kohlekraftwerken verwendet worden waumlre Die Dokumen-tation wird wiederum von einer sach-verstaumlndigen Stelle und vom CDM-Exe-kutivrat uumlberpruumlft Abschlieszligend stellt der Exekutivrat den Projektbeteiligten Emissionszertifikate entsprechend der erzielten Emissionsminderung aus

Die Projektbeteiligten koumlnnen die Zertifikate dann an mehrere moumlgliche Abnehmer verkaufen Der erste moumlgli-che Abnehmer sind Industriestaaten die ihre Kyoto-Emissionsziele nicht durch inlaumlndische Emissionsredukti-onen erreichen und daher zusaumltzliche Zertifikate benoumltigen Daruumlber hinaus gibt es in der EU und in mehreren ande-ren Staaten Emissionshandelssysteme auf Unternehmensebene Aumlhnlich wie die Industriestaaten durch das Kyoto-Protokoll verpflichtet sind Emissi-onszertifikate vorzulegen muumlssen in der EU und in anderen Laumlndern auch bestimmte Unternehmen wie die Ener-gieversorger und groszlige Industriebe-triebe fuumlr ihre Treibhausgasemissionen Zertifikate vorlegen Diese Unterneh-men koumlnnen teilweise CDM-Zertifikate verwenden um ihre Verpflichtung zu erfuumlllen Der dritte moumlgliche Abnehmer ist der wachsende Markt der sogenann-ten bdquofreiwilligen Kompensationldquo von Treibhausgasemissionen Dies sind

Unternehmen und Privatpersonen die ihre Emissionen ausgleichen wollen indem sie CDM-Zertifikate kaufen und loumlschen Ein Beispiel dafuumlr sind Aus-gleichszahlungen fuumlr den CO2-Ausstoszlig durch Fluumlge

Der CDM verfuumlgt uumlber keinerlei men-schenrechtliche Kriterien Es gibt ledig-lich die Bestimmung dass die Projekte zur nachhaltigen Entwicklung beitragen sollen und die Vorschrift dass die lokale Bevoumllkerung konsultiert werden muss Allerdings gibt es keine interna-tionalen Kriterien wie der Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung uumlberpruumlft werden soll Stattdessen wird die Pruuml-fung vollstaumlndig den Gastgeberlaumlndern der Projekte uumlberlassen Ebenso gibt es nur vage internationale Kriterien fuumlr die Konsultation der lokalen Bevoumllke-rung Viele Laumlnder haben nur schwache

Funktionsweise des Clean Development Mechanism

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 29

Regeln und uumlberwachen deren Einhal-tung nur schlecht Als Ergebnis kommt es immer wieder zu Vorwuumlrfen dass durch CDM-Projekte Menschenrechte verletzt werden Die internationale Gemeinschaft ist damit nicht ihrer Verantwortung nachgekommen neue voumllkerrechtliche Vertraumlge entsprechend ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen auszugestalten

Das Kyoto-Protokoll wird nach 2020 nicht weitergefuumlhrt entsprechend wird auch der CDM auslaufen Allerdings

wurden im Pariser Abkommen neue Kooperationsmechanismen geschaf-fen Die Regeln zur Umsetzung dieser Mechanismen sollen ausdruumlcklich die Erfahrungen aus den Mechanismen des Kyoto-Protokolls beruumlcksichtigen Aus den menschenrechtlichen Problemen die sich im CDM ergeben haben soll-ten die Staaten die Schlussfolgerung ziehen dass die neuen Mechanismen verbindliche menschenrechtliche Krite-rien benoumltigen

Der Fall Bajo Aguaacuten ndash CDM-Zertifizierung trotz Menschen-rechtsverletzungen

Das Projekt bdquoAguan Biogas Recovery from Palm Oil Mill Effluent [POME] Ponds and Biogas Utilisation ndash Ex-portadora del Atlaacutentico AguanHondurasldquo soll die Behandlung von Abwasser aus einer Palmoumllmuumlhle verbessern und dadurch die Emissio-nen von Methan vermindern Das Palmoumll kommt aus Plantagen die im Zentrum eines gewalttaumltigen Landkon-flikts stehen Laut den oumlrtlichen KleinbaumluerInnen hat sich der Eigentuuml-mer das Plantagenland widerrechtlich angeeignet Sie fordern daher die Ruumlckgabe des Landes Die Sicherheits-kraumlfte der Plantagen und die oumlffentli-chen Sicherheitskraumlfte gehen immer

wieder gewaltsam gegen die Kleinbaumlu-erInnen vor bisher wurden uumlber 50 Personen getoumltet

Diese Umstaumlnde spielten jedoch im Registrierungsverfahren des CDM keine Rolle FIAN und andere Nicht-regierungsorganisationen wiesen den CDM-Exekutivrat darauf hin dass das Projekt in Menschenrechtsver-letzungen verwickelt sei Es wurde dennoch als CDM-Projekt registriert Der CDM-Exekutivrat erklaumlrte dass er kein Mandat habe solche Umstaumlnde zu beruumlcksichtigen Seine Zustaumlndig-keit beschraumlnke sich auf die Klima-schutzauswirkungen von Projekten Neben Honduras war das Projekt auch von Groszligbritannien registriert wor-den Nachdem sie uumlber die Vorwuumlrfe informiert worden war aumluszligerte die britische Regierung zwar dass diese bdquoverstoumlrendldquo seien erklaumlrte aber fuumlr Fragen der Nachhaltigkeit sei das Gastgeberland Honduras zustaumlndig

Das Projekt ist im CDM registriert und kann fuumlr Emissionsreduktionen die bis zum 31 Januar 2018 erzielt wurden Zertifikate erhalten Dieser Zeitraum kann verlaumlngert werden Das Ausmaszlig der Gewalt ist zwar nach einer Intervention der deutschen Regierung zuruumlckgegangen der zugrunde lie-gende Landkonflikt ist aber weiterhin ungeloumlst

Eine honduranische Baumluerin weist bei einer Demonstration auf die schweren Menschen-rechtsverletzungen in Bajo Aguaacuten hin

30 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank

Viele Klimaschutzmaszlignahmen werden ausschlieszliglich von privaten Unterneh-men und Banken durchgefuumlhrt die nicht an verbindliche Sozialstandards gebunden sind Insbesondere in Laumln-dern des Globalen Suumldens mit schwa-chen nationalen Standards und Institu-tionen zu ihrer Durchsetzung gefaumlhrdet dies den Schutz der Menschenrechte

Oumlffentliche Entwicklungsbanken verfuumlgen dagegen uumlber eigene Sozial-standards und Beschwerdeverfahren welche die Gefahr von Menschenrechts-verletzungen bei der Durchfuumlhrung von Projekten verringern koumlnnen Doch auch hier gibt es deutlichen Nachbes-serungsbedarf wie das Beispiel der Europaumlischen Investitionsbank (EIB) zeigt

Die EIB ist eine Bank der Europaumli-schen Union (EU) deren Anteilseigner neben der EU die EU-Mitgliedstaaten sind Sie verfuumlgt uumlber das groumlszligte Bud-get aller Entwicklungsbanken weltweit und ist ein Schluumlsselakteur der Klima-finanzierung Seit 2013 hat sie sich zum Ziel gesetzt jaumlhrlich mindestens 25 Prozent ihres Kreditvolumens fuumlr Kli-maprojekte zu vergeben Im Jahr 2011 leitete die EIB eine Untersuchung ein um ihre Sozialstandards den Anspruuml-chen der EU-Grundrechtecharta sowie den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte anzupassen Das dabei entstandene Handbuch fuumlr Umwelt- und Sozialstandards (2013) verspricht hohe Sozialstandards und beschreibt diese ndash als einzige Bank weltweit ndash sogar mit menschenrechtli-chem Vokabular 2015 uumlberarbeitete die EIB auszligerdem ihre Transparenzpolitik so dass sie im Unterschied zu vielen anderen europaumlischen Entwicklungs-banken bereits vor Bewilligung die Ergebnisse von Umwelt- und Sozial-vertraumlglichkeitsanalysen bekannt gibt Die EIB hat ferner ein eigenes Be-schwerdeverfahren das alle durch ihre Projekte Betroffenen nutzen koumlnnen Die Zustaumlndigen fuumlr die Bearbeitung

der Beschwerden koumlnnen Mediations-prozesse anstoszligen Das Verfahren und das zustaumlndige Gremium koumlnnen sogar selbst Gegenstand einer Beschwerde vor dem EU-Ombudsmann werden wenn die Betroffenen mit seiner Arbeit unzufrieden sind

Gute Standards und ein gutes Beschwerdeverfahren gelten in der Regel als Grundbedingung fuumlr die Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht Dennoch gibt es im System der EIB erhebliche Maumlngel Eine menschenrechtliche Untersuchung der Anwendung der Sozialstandards beim oben erwaumlhnten Erdwaumlrmeprojekt in Kenia fuumlhrte dabei zu folgenden Ergeb-nissen Es werde zu wenige Sozial- und MenschenrechtsexpertInnen je Projekt beschaumlftigt Ersatzweise werden Kre-ditnehmer auf das EIB-Handbuch zu Umwelt- und Sozialstandards verwiesen Die EIB uumlberlaumlsst die Umsetzung ihrer hehren Sozialstandards damit weitge-hend den Kreditnehmern ohne diese mit angemessen Personalressourcen zu unterstuumltzen und zu kontrollieren Betroffene werden von der EIB auch nicht systematisch uumlber die Existenz ihres Beschwerdeverfahrens informiert sondern stoszligen ndash wenn uumlberhaupt ndash erst durch eigene Recherche auf ihn Die EIB-MitarbeiterInnen haben keine Verpflichtung den Beschwerdeaus-schuss aktiv in problematische Projekte einzubinden Er wird erst aktiv wenn Betroffene an ihn herantreten Bei Pro-jekten die von mehreren Geldgebern finanziert werden hat er kein Mandat deren Rolle bei der Verletzung von So-zialstandards zu untersuchen Seine Be-urteilungen und Empfehlungen sind fuumlr die Bank auch nicht rechtlich bindend Das Beispiel der EIB zeigt damit nicht nur deren spezifische Maumlngel in der Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht sondern demonstriert auch die generell begrenzte Reichweite institutioneller Beschwerdemecha-nismen Sie stellen keinen Ersatz fuumlr verbindliche Menschenrechtsstandards dar zu deren Umsetzung Staaten ver-pflichtet sind

Gemaumlszlig dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP) sind 80 Prozent aller Menschen die aufgrund des Klimawan-dels umsiedeln muumlssen FrauenFoto Survival International

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 31

Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Der Status der EU im Menschenrechts-system ist kompliziert Die EU selbst ist kein Staat sondern eine Mitgliederor-ganisation von Staaten Wie andere internationale Organisationen auch ist sie daher keine Vertragspartei der zwischenstaatlichen Menschenrechts-vertraumlge (mit Ausnahme der UN-Behin-dertenrechtskonvention) Sie ist auch keine Vertragspartei der Europaumlischen Menschenrechtskonvention obwohl ihr Beitritt in Artikel 6(2) des EU-Vertrags

festgelegt ist und seit langem gepruumlft wird Daher haben die Menschenrechts-organe der UN und des Europarates auch kein Mandat uumlber die EU und duumlrfen nicht uumlber sie urteilen

Dennoch ist auch die EU verpfl ich-tet Menschenrechte in ihrer Innen- und Auszligenpolitik zu beachten Diese Verpfl ichtungen beruhen vor allem auf a) der EU-Grundrechtecharta (2009) b) dem EU-Vertrag sowie c) auf der Aarhus-Konventiona) Die Grundrechtecharta gilt fuumlr alle

EU-Organe sowie fuumlr die Mitglied-staaten bei der Anwendung von EU-Recht (GRC Art 51(1)) Sowohl das EU-Parlament als auch ein Experten-urteil bestaumltigten ihre extraterritori-ale Reichweite

b) In den EU-Vertraumlgen bekennt sich die EU zum Schutz der Menschen-rechte in ihrer Beziehung zur uumlbri-gen Welt und zur Grundrechtecharta der Vereinten Nationen (EUV Art 3(5)) Sie erklaumlrt diese zu leitenden Grundsaumltzen ihres auswaumlr-tigen Handelns (EUV Art 21) Dies gilt ausdruumlcklich auch fuumlr die Ko-operation mit Entwicklungslaumlndern (EUVA Art 208)

c) Die EU ist eine Vertragspartei der Aarhus-Konvention die nach Expert Innenmeinung ebenfalls auch extraterritorial ausgelegt werden kann

0 100 200 300 400 500

203020141990

Gebaumlude

Landwirtschaft

Industrie

Energiewirtschaft

Verkehr

lt61

72

88

lt98

160

163

lt72

119

209

lt143

181

283

lt183

358

466

Datenquelle Bundesministerium fuumlr UmweltNaturschutz Bau und Reaktorsicherheit (2017)Klimaschutz in Zahlen 2017

Ziele zur Verringerung von Treibhausgas-emissionen Deutschlands nach Sektoren gemaumlszlig dem Klimaschutzplan 2050(in Millionen Tonnen CO2-Aumlquivalenten)

32 FIAN | Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh (2012) Second National Com-munication of Bangladesh to the United Nations Framework Convention on Climate Change Dhaka Ministry of Environment and Forests Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh

Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 37

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Weltbank (2013) Turn Down the Heat Climate Extremes Regional Impacts and the Case for Resilience Washington DC Weltbank

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitikldquo

UN Generalversammlung (1992) Rio-Erklaumlrung uumlber Umwelt und Entwicklung (ACONF15126 (Vol I)) httpwwwunorgdeptsgermanconfagenda21riopdf

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2012) Human Rights Indicators A Guide to Measurement and Implementation httpbitly1oUZYHb

UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

International Commission of Jurists (2011) Maastricht Principles on Extraterritorial Obligations of States in the Area of Economic Social and Cultural Rights Verfuumlgbar mit deutscher Uumlbersetzung unter httpwwwfiandefileadminuser_uploaddo-kumenteshopRaN2012_ETO_Maastricht_Principles_en_de_finalpdf

UN Special Procedures (2015) Climate Change and Human Rights ndash Joint statement by UN Special Procedures on the occasion of World Environment Day 5 Juni 2015 httpwwwohchrorgENNewsEventsPagesDisplayNewsaspxNewsID=16049amp LangID=E

The Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (2015) Human Rights Law Sources UN Pronouncements on Extra-Territorial Obligations httpwwwetoconsortiumorgncenmain-navigationlibrarydocuments tx_drblob_pi15BdownloadUid5D=163

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2015) Report of the Office of the Uni-ted Nations High Commissioner for Human Rights on the relationship between clima-te change and human rights AHRC1061 15 Januar 2009 httpwwwohchrorgENIssuesHRAndClimateChangePagesStudyaspx

UN-Menschenrechtsrat (2016) Report of the Special Rapporteur on the issue of human rights obligations relating to the enjoyment of a safe clean healthy and sustainable environment AHRC3152 1 Februar 2016 httpspapersssrncomsol3paperscfmabstract_id=2729611

Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

European Bank for Reconstruction and Development together with MDB partners the African Development Bank the Asian Development Bank the European In-vestment Bank the Inter-American Development Bank Group and the World Bank Group (2016) Joint Report on Multilateral Development Banksrsquo Climate Finance wwwebrdcom2016-joint-report-on-mdbs-climate-financepdf

Schade Jeanette and Wolfgang Obergassel (2014) Human rights and the Clean Development Mechanism In Cambridge Review of International Affairs Vol 27 No 4 pp 717-735

Sterk Wolfgang und Christof Arens (2010) Investitionen fuumlr den Klimaschutz Die projektbasierten Mechanismen CDM und JI Berlin Bundesministerium fuumlr Umwelt Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) httpwwwcarbon-mechanismsdefileadminmediadokumentePublikationenCMRBroschuere_2010_Einfuehrung_CDM_JI_bfpdf

38 FIAN | Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Finley-Brook Mary Thomas Curtis (2011) Renewable Energy and Human Rights Violations Illustrative Cases from Indigenous Territories in Panama In Annals of the Association of American Geographers 1014 pp 863-872

Schade Jeanette (2013) Climate change and planned relocation Risks and a propo-sal for safeguards In Thomas Faist Jeanette Schade (Eds) Disentangling Migra-tion and Climate Change Methodologies Political Discourses and Human Rights Heidelberg Dordrecht New York Springer pp 138-206

Wolfgang Obergassel Jeanette Schade Lauri Peterson Nicolas Kreibich Timo Beiermann (2017) International Climate Finance Mechanisms and Extraterritorial Human Rights Obligations Status Quo and Future Prospects ein Dossier von FIAN Deutschland httpswwwfiandeartikelansicht2017-07-19-internationale- klimafinanzierung-und-risiken-fuer-die-menschenrechte

FIAN (2008) Agrartreibstoffe und das Menschenrecht auf Nahrung Grundlagen-papier von FIAN-Deutschland httpwwwfiandefiandownloadspdfagrarFIAN_Grundlagenpapier_Agrartreibstoffepdf

Jeanette Schade (2017) EU accountability for the due diligence failures of the European Investment Bank Climate finance and involuntary resettlement in Olkaria Kenya In Journal of Human Rights and the Environment Vol 8(1) 72-97 (Son-derausgabe ldquoClimate Justice and Displacementrdquo Gastherausgeber Schade und Manou)

Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 39

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 7: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher

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Jaumlhrlicher MittelwertMittelwert geglaumlttet uumlber 5 Jahre

Temperaturabweichung in degC relativ zu 1951ndash1980

20172000198019601940192019001880

Wichtig fuumlr das Verstaumlndnis des Klima-wandels ist die Begriffe Klima und Wetter voneinander abzugrenzen Der Begriff Wetter bezeichnet den kurzfris-tigen Zustand in Bezug auf Temperatur Niederschlag Luftdruck etc an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit Der Begriff Klima hingegen be-zeichnet vereinfacht gesagt den langjaumlhrigen Durchschnitt des Wetters uumlber Zeitraumlume von mindestens 30 Jah-ren Klimawandel bedeutet also eine Aumlnderung des langfristigen Durch-schnitts Seit Jahrzehnten steigt insbesondere der Durchschnitt der globalen Lufttemperatur trotz jaumlhrli-cher Schwankungen immer weiter an Aktuell liegt er rund 08 Grad Celsius uumlber dem Durchschnitt vor Beginn der Industrialisierung

Der Klimawandel kann also nicht durch ein besonders heiszliges oder kaltes Jahr bdquobewiesenldquo oder bdquowider-legtldquo werden Aussagekraumlftig ist nur der langfristige Trend Die Aumlnderung der globalen Durchschnittstemperatur sollte auch nicht an den Schwankungen der taumlglichen Temperatur gemessen werden Scheinbar geringe Aumlnde-rungen der Durchschnittstemperatur ziehen schnell betraumlchtliche Folgen mit sich Der Unterschied in der globalen Durchschnitts temperatur z wischen heute und den Eiszeiten in denen die Polargletscher bis Norddeutschland

reichten liegt nur bei 5 Grad Celsius Bereits die bisher eingetretene Erwaumlr-mung von weniger als 1 Grad Celsius hat deutliche Folgen fuumlr die Lebensmittel- und Wasserversorgung (siehe folgendes Kapitel)

Der Stand der Klimawissenschaft wird regelmaumlszligig vom so genannten Weltklimarat (Intergovernmental Panel on Climate Change IPCC) in dessen Sachstandsberichten zusammenge-stellt Die Aufgabe des Weltklimarats ist esbull die Risiken und Folgen des Klima-

wandels zu untersuchen

Globaler Temperaturindex Oberfl aumlchen-temperaturen Land und Ozean 1880-2017Datenquelle NASA Goddard Institute for Space Studies httpdatagissnasagovgistempgraphs

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher | FIAN 7

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher

bull Strategien und Maszlignahmen fuumlr die Vermeidung eines gefaumlhrlichen Kli-mawandels sowie fuumlr die Anpassung an den Klimawandel vorzuschlagen

Der Weltklimarat betreibt keine eigene Forschung sondern traumlgt die Ergebnis-se der wissenschaftlichen Forschung zusammen Sein neuester (fuumlnfter) Sachstandsbericht wurde 20132014 veroumlffentlicht

Zentral fuumlr den Klimawandel ist der so genannte Treibhauseffekt In einem Treibhaus passiert das Sonnenlicht die Glasdaumlcher und -waumlnde weitgehend un-gehindert und erwaumlrmt das Treibhaus Die Waumlrme kann durch die Daumlcher und Waumlnde nicht entweichen In der Atmo-sphaumlre ist ein aumlhnlicher Effekt aufgrund der so genannten Treibhausgase (THG) zu beobachten Von der Sonne faumlllt energiereiche kurzwellige Strahlung auf die Erde und dringt weitgehend ungehindert durch die Atmosphaumlre zur Erdoberflaumlche durch Die Erdoberflaumlche wiederum strahlt weniger energiereiche langwellige Strahlung ab Diese wird zu einem groszligen Teil durch die Treibhaus-gase in der Atmosphaumlre aufgenommen und dann wieder in alle Richtungen abgestrahlt Die Treibhausgase halten also einen Teil der Waumlrmeenergie auf der Erdoberflaumlche zuruumlck der sonst in den Weltraum abgestrahlt wuumlrde Das haumlufigste natuumlrlich vorkommende Treib-hausgas ist Wasserdampf (H2O g) Er

ist fuumlr rund zwei Drittel des natuumlrlichen Treibhauseffekts verantwortlich Andere Treibhausgase sind etwa Kohlendioxid (CO2) Methan (CH4) und Lachgas (N2O) Durch den natuumlrlichen Treibhauseffekt wurde das Leben auf der Erde in der heutigen Form uumlberhaupt erst moumlglich Er bewirkt eine Erwaumlrmung der Erdober-flaumlche um 33 Grad Celsius wodurch die durchschnittliche globale Temperatur auf 15 Grad Celsius angehoben wird Ohne den natuumlrlichen Treibhauseffekt laumlge sie bei minus 18 Grad Celsius

Auf diesen natuumlrlichen Effekt sattelt die Menschheit nun den menschenge-machten (anthropogenen) Treibhaus-effekt auf Durch verschiedene industri-elle und landwirtschaftliche Aktivitaumlten steigert der Mensch die Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphaumlre CO2 hat mit rund 60 Prozent den Haupt-anteil am anthropogenen Treibhaus-effekt Es wird durch die Verbrennung der fossilen Brennstoffe minus Braun- und Steinkohle Erdoumll und Erdgas minus so-wie die fortschreitende Rodung der Waumllder freigesetzt Seit Beginn der Industrialisierung hat der Mensch die atmosphaumlrische CO2-Konzentration von 280 ppm (parts per million dh Teile Kohlendioxid pro eine Million Atmo-sphaumlrenteile) auf uumlber 400 ppm erhoumlht Dieser Wert uumlbertrifft bei weitem die natuumlrliche Bandbreite der atmosphauml-rischen CO2-Konzentration der letzten 800000 Jahre die anhand von Eisboh-rungen ermittelt werden konnte

Wie oben erwaumlhnt wurde durch den Anstieg der Treibhausgas-Konzentra-tion in der Atmosphaumlre bereits eine Erwaumlrmung der mittleren globalen Luft-temperatur von fast 1 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter ausgeloumlst Bis zum Ende des 21 Jahr-hundert wird eine Erwaumlrmung von bis zu 4 Grad Celsius erwartet Solch eine Erwaumlrmung entspraumlche in der Groumlszligen-ordnung dem Temperaturunterschied zwischen dem Tiefpunkt der letzten Eiszeit und der derzeitigen Warmzeit Die Erhoumlhung der Temperatur seit der letzten Eiszeit dauerte 8000 Jahre ndash die Menschheit ist dabei einen ebenso

Atmosphaumlre

Treibhausgase

SonnenlichtWaumlrme von der Erde

Der natuumlrliche Treibhauseffekt(Grafik nach Lars EbbersmeyerWikimedia)

8 FIAN | Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher

groszligen Temperaturanstieg innerhalb von 200 Jahren hervorzurufen

Die Loumlsung des Klimaproblems ist unter anderem deswegen so schwierig weil bei nahezu allen wirtschaftlichen Aktivitaumlten Treibhausgase ausgestoszligen werden Mit einem Viertel der Emis-sionen hat die Erzeugung von Strom und Waumlrme den groumlszligten Anteil Nur knapp dahinter liegen mit 24 Prozent Land- und Forstwirtschaft Dies liegt vor allem an der Rodung der Waumllder in Laumlndern des Globalen Suumldens sowie an hohen Emissionen aus Viehwirtschaft und Reisanbau Weitere hohe Ausstoumlszlige kommen aus der Industrie mit 21 Pro-zent und dem Verkehr mit 14 Prozent

Aktuell verursacht China den groumlszlig-ten Ausstoszlig von Treibhausgasen gefolgt von den USA der EU und Indi-en Betrachtet man jedoch alle Emissi-onen seit dem Beginn systematischer Aufzeichnungen im Jahr 1850 so sind die Industrielaumlnder fuumlr rund drei Vier-tel davon verantwortlich Ein anderes Bild entsteht auch wenn man die Emissionen pro Kopf betrachtet Waumlh-rend in Deutschland im Durchschnitt 10 Tonnen CO2 pro Kopf ausgestoszligen

werden und in den USA sogar 18 Ton-nen sind es in China 8 Tonnen und in Indien nur rund 23 Tonnen Zudem ist es innerhalb dieser Laumlnder oft nur eine wohlhabende Minderheit die durch ihren energieintensiven Lebensstil am meisten zu den Emissionen beitraumlgt waumlhrend der arme Groszligteil der Bevoumll-kerung weiterhin nur einen geringen Anteil daran hat

25

21

14

16

Sonstige

Industrie

Verkehr

Strom- und Waumlrme-erzeugung

Land- und Forst-wirtschaft

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Die Verbrennung fossiler Energietraumlger ist eine der wesentlichen Ursachen des menschengemachten Treibhauseffekts

Anteil verschiedener Wirtschaftssektoren an den TreibhausgasemissionenDatenquelle Weltklimarat

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher | FIAN 9

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Basierend auf den Analysen des Welt-klimarats (2007 und 2014) und dem Grundlagendokument der Ernaumlhrungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Food and Agricul-tural Organization FAO) zum Thema

Klimawandel und Ernaumlhrungssicherheit (2008) lassen sich im Wesentlichen fuumlnf Faktoren festmachen die die Wahrneh-mung des Rechts auf Nahrung vieler Menschen bedrohen

Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur

Die Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur hat regional stark unterschiedliche Auswirkungen In den mittleren und houmlheren Breitengraden Nordamerikas Europas Asiens und

Suumldamerikas verlaumlngert ein gemaumlszligigter Anstieg der mittleren globalen Lufttem-peratur zwischen 1 Grad Celsius und 2 Grad Celsius die landwirtschaftlichen Anbauphasen und koumlnnte zu houmlheren

Die Karte zeigt wie sich der Klimawandel bis 2100 voraussichtlich auf die Eignung fuumlr landwirtschaftliche Nutzung auswirken wird

Grafi k Dr Florian Zabel Ludwig-Maximilians-Universitaumlt Muumlnchen (LMU)

schlechter besser

Auswirkungen des Klimawandels auf die

Verwirklichung des Menschenrechts auf

Nahrung

10 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Ertraumlgen fuumlhren Demgegenuumlber fuumlhrt in den saisonal trockenen Laumlndern niedriger Breitengrade in denen sich die meisten Laumlnder des Globalen Suuml-dens befinden bereits eine Erwaumlrmung zwischen 1 Grad Celsius und 2 Grad Celsius zu erheblichen Ernteverlusten Dies ist vor allem auf eine staumlrkere Verdunstung in Verbindung mit der weit verbreiteten regenbewaumlsserten Land-wirtschaft in diesen Laumlndern zuruumlckzu-fuumlhren Die Ertraumlge werden auch beein-

traumlchtigt wenn die Tagestemperaturen gewisse Schwellenwerte uumlberschreiten die je Pflanzenart unterschiedlich sind Der Klimawandel hat zur Folge dass diese Werte haumlufiger uumlberschritten werden

Bei einem Temperaturanstieg von uumlber 2 Grad Celsius erwartet die Klima-wissenschaft in allen Klimazonen minus also auch in den houmlheren Breitengraden minus negative Auswirkungen auf die land-wirtschaftliche Produktion

Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge

Im Zuge des Klimawandels werden sich die Niederschlagsmuster sowohl jahres-zeitlich als auch raumlumlich veraumlndern Generell sagt die Klimaforschung voraus dass feuchte Regionen zukuumlnf-tig noch feuchter und trockene Regio-nen noch trockener werden Gleichzei-tig prognostiziert die Klimaforschung

dass die Niederschlaumlge staumlrker sowie die zeitlichen Abstaumlnde zwischen Regenfaumll-len insgesamt groumlszliger werden Dies wird mit groszliger Wahrscheinlichkeit eine Zunahme von Duumlrren und Uumlberschwem-mungen zur Folge haben die groszlige Verluste in der Land- und Viehwirtschaft hervorrufen werden

Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen

Die Klimaforschung sagt voraus dass die Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen wie starken Stuumlrmen und lang anhaltenden Regen-schauern auf allen Kontinenten zuneh-men wird In tropischen Regionen wird aufgrund der erhoumlhten Temperaturen und des ansteigenden Meeresspiegels eine Zunahme von Zyklonen prognosti-ziert die zu Ernteausfaumlllen auf dem Land sowie zur Zerstoumlrung der fuumlr die

Fischerei wichtigen Korallen beitragen werden Diese extremen Wetterereig-nisse beschaumldigen nicht nur die ange-bauten Feldfruumlchte und treiben die Erosion des Bodens voran sondern fuumlhren auch zu enormen Schaumlden an der Infrastruktur in den betroffenen Regionen Dies kann nicht nur den Zugang zu Maumlrkten verschlechtern sondern auch eine Notversorgung mit Lebensmitteln behindern

Anstieg des Meeresspiegels

Die Erhoumlhung der globalen Temperatu-ren fuumlhrt zur Ausdehnung der Wasser-massen der Ozeane (durch die Erwaumlr-mung einer Substanz erhoumlht sich ihr Volumen) sowie zum Abschmelzen des Polareises und der Gletscher Der dadurch ansteigende Meeresspiegel bedroht den Lebensraum der Bewohne-rInnen kleiner Inseln des pazifischen und indischen Ozeans sowie der Kuumlsten-bewohnerInnen Fruchtbares Tiefland wird uumlberschwemmt Ackerboumlden

versalzen Daruumlber hinaus wird voraus-gesagt dass die Fischereiwirtschaft zunehmend in Konkurrenz zum ver-staumlrkten Kuumlstenschutz stehen wird der durch den Klimawandel erforderlich wird Der Bau von Daumlmmen fuumlhrt zu Veraumlnderungen in den Ablagerungs-schichten des Meeresbodens sowie in der Versorgung kuumlstennaher Oumlkosyste-me mit Frischwasser und Naumlhrstoffen mit nachteiligen Folgen fuumlr die lokale Fischerei

Bereits jetzt hat der Klimawandel in einigen Regionen der Welt geringere Maisernten zur Folge

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 11

Groumlszligere Wetterschwankungen

Insgesamt bringen die klimatischen Veraumlnderungen instabilere Wetterver-haumlltnisse mit sich die die Wasserversor-gung sowie die Land- und Viehwirt-schaft in vielen Regionen erschweren

und Ernteertraumlge schwanken lassen Dies stellt ein Risiko fuumlr die Einkom-mensgrundlage der BaumluerInnen sowie fuumlr die Versorgung lokaler und regiona-ler Maumlrkte mit Nahrungsmitteln dar

Der Klimawandel hat einen enormen Einfluss auf den Zugang zu ausreichen-dem und sauberem Wasser Mit jedem Grad globaler Erwaumlrmung werden sich die erneuerbaren Trinkwasserressour-cen voraussichtlich fuumlr 7 Prozent der Weltbevoumllkerung um 20 Prozent verrin-gern Der Klimawandel verstaumlrkt die

bereits bestehenden Wasserprobleme in vielen Erdregionen die durch das hohe Bevoumllkerungswachstum das Anwachsen der Megastaumldte die Ausbreitung eines ressourcenintensiven Lebensstils und die Uumlbernutzung von Frischwasser durch die industrielle Landwirtschaft hervorgerufen werden

Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels

Neben der Uumlberschwemmung von Kuumlstengebieten sowie vieler kleiner Inseln des indischen und pazifischen Ozeans fuumlhrt der Anstieg des Meeres-spiegels in kuumlstennahen Gebieten auch

zur Versalzung des Grundwassers Frischwasser wird dadurch immer knapper und die Zahl der Menschen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser wird schnell steigen

Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur

Mehr als ein Sechstel der Weltbevoumllke-rung lebt in Flussgebieten die haupt-saumlchlich durch saisonale Abschmelzun-gen von Schnee und Gletschereis mit Suumlszligwasser versorgt werden Durch die ansteigende Lufttemperatur wird die Schneefallmenge in den Wintermonaten abnehmen Zudem wird sich der Abfluss des Schmelzwassers von den Bergen zunehmend von den Sommermonaten ndash in denen der Bedarf am groumlszligten ist ndash in den Fruumlhling verschieben Gleichzeitig wird der Temperaturanstieg zu einem weiteren Ruumlckgang der Gletscher fuumlhren die aufgrund ihrer Kapazitaumlt zur Speicherung von Suumlszligwasser eine zentrale Rolle bei der Trinkwasserver-

sorgung in den Flussgebieten spielen Bei einem Temperaturanstieg von 4 Grad Celsius koumlnnte der Umfang der Gletscher bis zum Ende des Jahrhun-derts weltweit um bis zu vier Fuumlnftel abnehmen Dies wird ein kurzfristiges Ansteigen der Flusslaumlufe zur Folge haben Langfristig wird sich die Wasser-menge der Fluumlsse jedoch verringern Schlieszliglich wird vorhergesagt dass das Ansteigen der Lufttemperatur und die abnehmende Wassermenge in den Suumlszliggewaumlssern zu starkem Algen- und Bakterienwachstum fuumlhren Dadurch wird sich die Wasserqualitaumlt in den betroffenen Regionen verschlechtern

Auswirkungen des Klimawandels auf die

Verwirklichung des Menschenrechts auf

Wasser

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta muss aufgrund des Klimawandels immer tiefer nach Trinkwasser graben

12 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge

Trockene Gebiete sowie Regionen mit geringen Suumlszligwasserspeichern in denen die Gewinnung von Trinkwasser unmit-telbar aus dem Regenwasser erfolgt werden mit groszliger Wahrscheinlichkeit besonders heftig von den abnehmen-den Niederschlaumlgen betroffen werden In tropischen Gebieten wiederum kann

die vorhergesagte Erhoumlhung der jahres-zeitlichen Niederschlagsmenge zu Uumlberschwemmungen fuumlhren Durch das Ausspuumllen der Boumlden der uumlberfluteten Landflaumlchen koumlnnen Schadstoffe in das Wasser gelangen die die Suumlwasserres-sourcen verschmutzen

Die Klimaaumlnderungen werden in der tropischen und subtropischen Klimazo-ne ndash in der sich die Mehrzahl der Laumlnder des Globalen Suumldens befindet ndash weit negativer ausfallen als in der gemaumlszligig-ten Klimazone in der uumlberwiegend Industriestaaten beheimatet sind Daruumlber hinaus verfuumlgen die Menschen in den Laumlndern des Globalen Suumldens aufgrund mangelnder finanzieller und technologischer Mittel uumlber eine nur geringe Anpassungsfaumlhigkeit an die

bevorstehenden Klimaaumlnderungen Es werden also gerade die Menschen am staumlrksten unter den Auswirkungen der Erderwaumlrmung leiden die am allerwe-nigsten zu deren Verursachung beige-tragen haben

Dem Weltklimarat zufolge sind die Arktis Afrika kleine Inseln sowie die groszligen asiatischen Flussdeltas die am staumlrksten vom Klimawandel betroffenen Regionen

Kleine Inselstaaten

Kleine Inselstaaten wie beispielsweise Vanuatu und Tuvalu sind bereits heute schon stark von den klimatischen Veraumlnderungen betroffen Der anstei-gende Meeresspiegel erhoumlht die Gefahr von Uumlberschwemmungen und Sturmflu-ten und stellt eine Bedrohung fuumlr die Wasserversorgung die Landwirtschaft und die gesamte Infrastruktur dar Die Wasserversorgung der Inseln wird zusaumltzlich dadurch erschwert dass durch die Klimaaumlnderungen Meereswas-ser in das Grundwasser dringt Denn gerade auf den kleinen Inseln und Atollen liegt der Grundwasserspiegel haumlufig nur etwa ein bis zwei Meter unter der Erdoberflaumlche

Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels

Die kleinen Inselstaaten sind aufgrund des Klimawandels vom Untergang bedroht

Die Regenfaumllle in Haiti werden heftiger undfuumlhren haumlufiger zu Uumlberschwemmungen

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 13

Daruumlber hinaus gefaumlhrden die vor-ausgesagten Veraumlnderungen der Nie-derschlagsmenge die Wasserversorgung der Inseln Denn auf den meisten Atol-len erfolgt die Trinkwassergewinnung durch das Auffangen von Regenwasser Des Weiteren beeintraumlchtigen die mit dem Meeresspiegelanstieg einherge-hende Versalzung der Boumlden und die

Unregelmaumlszligigkeiten der Niederschlaumlge die landwirtschaftliche Selbstversor-gung vieler Inseln Nicht nur die Ertraumlge der Agrarwirtschaft sondern auch die der Fischwirtschaft drohen aufgrund des temperaturbedingten Absterbens der Korallenriffe drastisch zuruumlckzuge-hen die vielen Fischen als Nahrungsre-servoir dienen

Afrika

Fuumlr das suumldliche Afrika wird vorherge-sagt dass der jaumlhrliche Niederschlag bei einer globalen Erwaumlrmung von 4 Grad Celsius um bis zu 30 Prozent abnehmen koumlnnte In Teilen des suumldli-chen und westlichen Afrikas koumlnnte sich die jaumlhrliche Wiederauffuumlllung des Grundwassers um 50 bis 70 Prozent vermindern Entsprechend erhoumlht sich das Risiko von Duumlrren Fuumlr das Horn von Afrika und das noumlrdliche Ostafrika sagen verschiedene Klimamodelle sehr unterschiedliche Folgen voraus Einige Modelle prognostizieren eine Verringe-rung der Niederschlaumlge andere eine Erhoumlhung Allerdings waumlre diese Erhouml-hung vermutlich nicht gleichmaumlszligig

uumlber das Jahr verteilt sondern wuumlrde sich in intensiven Regenperioden niederschlagen wodurch das Risiko von Uumlberflutungen steigen wuumlrde

Deutliche Auswirkungen auf die Landwirtschaft sind selbst bei niedri-gem Temperaturanstieg zu erwarten Bereits eine Erwaumlrmung von 15 Grad Celsius bis zum Jahr 2030 koumlnnte dazu fuumlhren dass 40 Prozent der Maisan-baugebiete nicht mehr fuumlr die derzeit angebauten Sorten geeignet waumlren Bei einer Erwaumlrmung von bis zu 2 Grad Celsius bis 2050 koumlnnten die Ertraumlge der gesamten Landwirtschaft um 10 Prozent abnehmen bei einer houmlheren Erwaumlr-mung um 15 bis 20 Prozent

Suumldostasien

Die dicht besiedelten Flussdeltas Suumldostasiens sind durch den ansteigen-den Meeresspiegel besonders gefaumlhr-det Denn dieser fuumlhrt zum Eindringen von Salzwasser und verstaumlrkt die Inten-sitaumlt von Wirbelstuumlrmen Zudem wird ein starker Anstieg von Hitzeextremen vorhergesagt Bereits bei einer globa-len Erwaumlrmung von 2 Grad Celsius werden 60 bis 70 Prozent der Region von Hitzeextremen und 30 bis 40 Pro-zent der Region von neuen Hitzerekor-den betroffen sein

Die Landwirtschaft wird durch diese Veraumlnderungen schwer getroffen werden So koumlnnte der Reisanbau im Mekongdelta der die Haumllfte des vietna-mesischen Reisertrags liefert bereits bis 2040 um rund 12 Prozent zuruumlck-gehen Auch die Fischwirtschaft wuumlrde durch die Erwaumlrmung und Versauerung des Wassers sowie das Absterben der Korallenriffe stark geschaumldigt Dadurch koumlnnte sich beispielsweise das Fangpo-tential in den suumldlichen Philippinen bis zum Jahr 2050 halbieren

Suumldasien

Auch in Suumldasien werden ungewoumlhnlich heiszlige Sommermonate in den naumlchsten Jahrzehnten vielfach haumlufiger auftre-ten Die regionalen und jahreszeitli-chen Schwankungen der Niederschlaumlge werden sich voraussichtlich deutlich

verstaumlrken Es wird erwartet dass bei einer globalen Erwaumlrmung von 4 Grad Celsius die Regenmengen in der trocke-nen Jahreszeit um 30 Prozent abneh-men und in der feuchten Jahreszeit um 30 Prozent zunehmen Diese Verschie-

Bewaumlsserungsmethoden der industriellen Landwirtschaft Afrikas verstaumlrken den Verlust des Zugangs zu Wasser der oumlrtlichen Bevoumllkerung

14 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

bung wird das Risiko von Duumlrren deut-lich erhoumlhen insbesondere fuumlr das nordwestliche Indien Pakistan und Afghanistan Fuumlr das suumldliche Indien wird eine houmlhere Feuchtigkeit vorhergesagt

Groszlige Fluumlsse wie der Ganges Indus und Brahmaputra haumlngen wesentlich von der sommerlichen Schnee- und Gletscherschmelze ab Bereits un-terhalb einer Erwaumlrmung von 2 Grad Celsius wird eine deutliche Erhoumlhung der Anzahl schneearmer Winter erwar-tet Dies wird zu deutlich niedrigeren Wasserstaumlnden in der trockenen Jahres-

zeit fuumlhren Wesentlich fuumlr die Land-wirtschaft sind auch das zeitige und regelmaumlszligige Eintreffen des Monsuns Dessen jaumlhrliche Schwankungen werden sich durch den Klimawandel deutlich verstaumlrken

Es wird erwartet dass die landwirt-schaftliche Produktion ohne den Klima-wandel bis zum Jahr 2050 um 60 Pro-zent steigen wuumlrde mit Klimawandel nur um 12 Prozent Durch den gleich-zeitigen Anstieg der Bevoumllkerung wird in der Folge die Produktion pro Kopf der Bevoumllkerung um ein Drittel abnehmen

Auswirkungen des Klimawandels auf Bangladesch

Bangladesch ist eines der Laumlnder die weltweit am staumlrksten durch den Klimawandel gefaumlhrdet sind Auf einer Flaumlche die etwa 40 Prozent der Groumlszlige Deutschlands entspricht leben 150 Millionen Menschen Das Land hat eine lange Kuumlste und die groszligen Fluumlsse Ganges Brahmaputra und Meghna muumlnden dort ins Meer und treten regelmaumlszligig uumlber die Ufer Schon ohne Klimawandel wird Bangla-desch immer wieder von Uumlberschwem-mungen Duumlrren und Wirbelstuumlrmen getroffen Im Durchschnitt werden jedes Jahr 20 bis 25 Prozent des Landes uumlberflutet Der Klimawandel fuumlhrt zu einem Anstieg des Meeres-spiegels und zur Zunahme von Mon-sunregen und Wirbelstuumlrmen Durch diese Faktoren koumlnnten in der Mitte des Jahrhunderts bei starken Fluten bis zu 80 Prozent des Landes uumlber-schwemmt werden Die Anzahl der Menschen die in Gegenden mit hohem Wirbelsturmrisiko leben koumlnnte von derzeit 87 Millionen auf uumlber 38 Milli-onen steigen

Daruumlber hinaus druumlckt der steigen-de Meeresspiegel vermehrt salziges Meerwasser in Bangladeschs Flussdel-tas Wo das Meerwasser nicht abflieszligt versalzen Boumlden und Suumlszligwasserquel-len Der Meeresspiegel koumlnnte bis 2050 um bis zu einem halben Meter

steigen Dadurch wuumlrde das Land 10 Prozent seiner Flaumlche verlieren was etwa der Groumlszlige Schleswig-Holsteins entspricht Davon waumlren 55 Millionen Menschen direkt betroffen und muumlss-ten umsiedeln

Die Kosten fuumlr die entstehenden Schaumlden und fuumlr die notwendigen Maszlignahmen zur Anpassung an den Klimawandel stellen Bangladesch vor eine enorme Herausforderung Als eines der aumlrmsten Laumlnder der Welt ist es bei der Bewaumlltigung dieser Aufgaben auf internationale finan-zielle und technische Unterstuumltzung angewiesen

Bangladeschs Fluumlsse drohen zu versalzen

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 15

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Die ersten Erkenntnisse zu den negati-ven Folgen des Klimawandels ruumlckten im Laufe der 1980er Jahre zunehmend ins Bewusstsein der Oumlffentlichkeit 1990 reagierte die Generalversammlung der Vereinten Nationen (United Na-tions UN) und beschloss ein interna-tionales Klimaschutzabkommen auszu-handeln Als Ergebnis wurde 1992 die Klimarahmenkonvention auf der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro (im Folgenden kurz Rio-Konferenz) verabschiedet

Die Klimarahmenkonvention ist gleichsam das Grundgesetz der inter-nationalen Klimapolitik Sie legt deren grundsaumltzliche Prinzipien fest (siehe folgendes Kapitel) und verpfl ichtet alle Staaten das Klima zu schuumltzen Daruuml-ber hinaus verpfl ichtet sie die traditio-nellen Industrielaumlnder dazu die Laumlnder des Globalen Suumldens fi nanziell tech-nologisch und durch Organisationsent-wicklung und Ausbildung zu unterstuumlt-zen Allerdings enthaumllt die Konvention keine konkreten Verpfl ichtungen fuumlr einzelne Staaten Solche Verpfl ichtun-gen sollten im Rahmen eines Zusatzpro-tokolls geregelt werden

Die Verhandlungen zu solch einem Protokoll wurden 1995 begonnen und 1997 im japanischen Kyoto abgeschlos-sen Das Kyoto-Protokoll verpfl ichtet die traditionellen Industrielaumlnder ihre Treibhausgasemissionen von 2008

bis 2012 um jeweils laumlnderspezifi sch defi nierte Werte zu senken Die Laumlnder koumlnnen diese Emissionsziele entweder auf ihrem eigenen Staatsgebiet erbrin-gen oder aber uumlber den so genannten Emissionshandel Emissionsminderun-gen aus anderen Laumlndern ankaufen Dazu wurden verschiedene Verfahren entwickelt (siehe Kapitel bdquoInternatio-nale Klimafi nanzierungldquo) Der damals groumlszligte Emittent die USA traten dem Abkommen jedoch nicht bei Zudem enthaumllt das Abkommen keine Verpfl ich-tungen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens

2007 wurden daher neue Verhand-lungen begonnen um ein global um-fassendes Klimaabkommen zu schaffen Das Abkommen sollte 2009 auf der Klimakonferenz in Kopenhagen ver-abschiedet werden dieses Vorhaben scheiterte jedoch Die Staaten konnten sich lediglich auf unverbindliche Zusa-gen einigen Allerdings legten erstmals auch viele Laumlnder des Globalen Suumldens Klimaschutzzusagen vor 2011 wurde ein neuer Anlauf gestartet ein um-fassendes Abkommen zu vereinbaren Gleichzeitig stimmten die EU und einige andere Industrielaumlnder zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020 neue ver-bindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

2015 einigten sich schlieszliglich alle Staaten auf das Pariser Klimaschutz-

16 FIAN | Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

3-SPALTIG1845mm times 90mm

Vereinte Nationen setzen Weltklimarat ein

unterzeichnet durch alle Staaten der Welt greift ab 2020

Pariser Klimaschutz-abkommen

Industrielaumlnder verpfl ichten sich ihre Treibhaus-gasemissionen von 2008 bis 2012 zu senken

Maumlngel Die USA haben nicht unterzeichnet und keine Verpfl ichtungen fuumlr den Globalen Suumlden

Verabschiedung

des

Kyoto Protokolls

1988

1992

1997

2011

2015

2016Beschluss der

Klimarahmenkonvention bei der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung (Rio-Konferenz)

Die EU und einige andere Industrielaumlnder stimmen zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020

neue verbindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

US-Praumlsident Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckzuziehen

abkommen Das Abkommen greift ab 2020 und verpflichtet alle Mitglieder Klimaschutzbeitraumlge vorzulegen Diese Beitraumlge sind allerdings rechtlich nicht verbindlich Stattdessen setzt das Abkommen auf transparente Berichter-stattung und oumlffentliches Anprangern um die Staaten anzuhalten ihre Vor-

haben auch tatsaumlchlich umzusetzen Inzwischen sind alle Staaten der Welt dem Pariser Abkommen beigetreten Allerdings hat der 2016 neugewaumlhlte US-Praumlsident Donald Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckziehen zu wollen

Die RegierungsvertreterInnen freuen sichuumlber die Verabschiedung des Klimaschutzabkommens von Paris Foto (ebenso S 16) IISDKiara Worth(enbiisdorgclimatecop21enb2dechtml)

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik | FIAN 17

Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Es ist deutlich geworden dass diejeni-gen Laumlnder die am wenigsten zum Klimawandel beitragen oft am staumlrks-ten von ihm betroffen sind Dieses Kapitel befasst sich daher mit den voumllkerrechtlichen Verpfl ichtungen der Staaten auf menschenrechtskonforme Weise den Klimawandel aufzuhalten und Anpassungsmaszlignahmen zu unterstuumltzen

Internationale Menschenrechte und Umweltvoumllkerrecht wirken inhaltlich ineinander Die Verwirklichung vieler Menschenrechte insbesondere auch des Rechts auf Nahrung haumlngt naumlmlich unmittelbar vom Zustand der natuumlrli-chen Umwelt ab Dem wurde bereits in der Stockholmer Erklaumlrung zur menschli-chen Umwelt von 1972 Rechnung getra-gen Sie formulierte als erste das Recht auf eine gesunde Umwelt und enthielt bereits damals die drei Prinzipien des Umweltrechts wie sie sich 1992 in der Erklaumlrung von Rio uumlber Umwelt und Entwicklung (im Folgenden kurz Erklauml-

rung von Rio) wiederfi nden das Vorsor-geprinzip das Verursacherprinzip und die gemeinsame aber unterschiedliche Verantwortung

Zugleich handelt es sich bei Men-schenrechten und Umweltrecht aber um unterschiedliche Bereiche des Voumllker-rechts Eine durchgaumlngige Beruumlcksichti-gung von Menschenrechten im globalen Umwelt- oder Klimarecht ist daher nicht selbstredend Im Folgenden werden die Gemeinsamkeiten und Unterschie-de der Rechtssysteme dargestellt und verdeutlicht welche Prinzipien und Verpfl ichtungen sich jeweils verstaumlrken und wo es Nachbesserungsbedarf gibt Anschlieszligend werden die staatlichen Verpfl ichtungen die sich aus men-schenrechtlicher Sicht fuumlr die Klima-politik ergeben gepruumlft Pfl ichten zur Emissionsminderung zur Unterstuumlt-zung von Anpassungsmaszlignahmen und zur Beachtung von Menschenrechten bei der Durchfuumlhrung von Maszlignahmen

Ganz allgemein handelt es sich beim Voumllkerrecht um Vertraumlge zwischen Staaten in welchen sie wechselseitige Pfl ichten und Rechte festhalten Die Menschenrechte bilden jedoch eine Ausnahme Sie sind Rechte von Einzel-personen und Gruppen gegenuumlber dem

Staat Diesen Rechten stehen staatliche Verpfl ichtungen gegenuumlber Fuumlr beide Bereiche gilt gleichermaszligen dass man zwischen materiellen Rechten und Verfahrensrechten unterscheidet ndash also zwischen konkreten Inhalten von Rechten einerseits (zum Beispiel das

Prinzipien des interna-tionalen Umweltrechts

und der Menschenrechte

Foto Werner Rudhart

18 FIAN | Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Recht auf sauberes Trinkwasser) und Regeln zu Vorgehensweisen anderer-seits (zum Beispiel die Pflicht zu Kon-

sultationen vor Eingriffen in Trinkwas-serreservoire oder die Festlegung von Rechtsmitteln bei Konflikten)

Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts

Die internationale Klimarahmenkon-vention ist Teil des internationalen Umweltrechts zu dem noch viele weitere Vertraumlge wie zum Beispiel das Washingtoner Artenschutzabkommen (1973) oder das Uumlbereinkommen zum Schutze der Ozonschicht (1985) gehouml-ren Vertragsuumlbergreifend sind im internationalen Umweltrecht die drei oben genannten Prinzipien anerkannt Sie gelten als Voumllkergewohnheitsrecht oder sind auf dem besten Wege dorthin Zu diesem Status hat wesentlich die Erklaumlrung von Rio beigetragen zu deren Grundpfeilern sie gehoumlren

Das Vorsorgeprinzip soll verhin-dern dass Schaumlden fuumlr die Umwelt ent-stehen International verankert ist vor allem der Grundsatz der Schadensver-meidung Er besagt dass auch bei un-vollstaumlndigem oder unsicherem Wissen uumlber Art Ausmaszlig Wahrscheinlichkeit und Ursachen von Umweltschaumlden und -gefahren vorbeugend gehandelt wer-den muss um Risiken zu minimieren Es gilt im internationalen Recht insbeson-dere fuumlr Auswirkungen von Maszlignahmen jenseits des eigenen Staatsgebiets wie zum Beispiel die Verschmutzung grenz-uumlberschreitender Gewaumlsser

Das Verursacherprinzip besagt dass fuumlr die Linderung und Beseitigung eingetretener Schaumlden der Verursacher verantwortlich ist und er folglich auch die Kosten tragen muss

Das Prinzip gemeinsamer aber unterschiedlicher Verantwortung entspricht einer Verallgemeinerung des Verursacherprinzips in Bezug auf Veraumlnderungen in der Umwelt fuumlr die kein einzelner Verursacher identifiziert werden kann Ein Beispiel hierfuumlr ist der Klimawandel Die gesamte Staaten-gemeinschaft traumlgt eine gemeinsame Verantwortung zu handeln Dabei wird jenen Staaten eine groumlszligere Verantwor-tung zugeschrieben die wirtschaftlich

leistungsfaumlhiger sind und staumlrker an der globalen Ressourcenausbeute beteiligt sind

Umweltrecht beinhaltet haumlufig auch eine Reihe von Verfahrensrechten In den meisten Staaten muumlssen im Vor-feld von Groszligprojekten beispielsweise deren Umweltvertraumlglichkeit analysiert (Ausdruck des Vorsorgeprinzips) und die betroffene Bevoumllkerung dabei ein-gebunden werden Vorbildlich ist hier das Uumlbereinkommen uumlber den Zugang zu Informationen die Oumlffentlichkeits-beteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten der UN Wirtschaftskommission fuumlr Europa (2001) kurz die Aarhus-Konvention Sie gewaumlhrt ausdruumlcklich die Rechte aller Betroffenenbull uumlber Umweltauswirkungen von Pro-

jekten informiert zu werdenbull an Entscheidungs- und Planungs-

prozessen beteiligt zu werden sowiebull Schadensersatzanspruumlche geltend

zu machenDie Aarhus-Konvention wurde von fast 50 Staaten Europas und Zentralasiens (mit Ausnahme Russlands) sowie von der EU ratifiziert

Frauen im kenianischen Tana-Delta sind besonders stark mit den Folgen der zuneh-menden Waserknappheit konfrontiert Foto Anton Pieper

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 19

Respekt

vor Zugang zu angemessener

Nahrung

Schutz

vor Uumlbergriffen Dritter

Gewaumlhrleistung

der Verfuumlgbarkeit und des Zugangs

zu Nahrung

Staatenpflichten

Auch die Rio-Konferenz und ihre Folgeprozesse bauen auf die Beteili-gung der Zivilgesellschaft Uumlber diesen Weg hielten nach und nach auch soziale Menschenrechte ausdruumlcklich Einzug in die Abschlusserklaumlrungen der alle

fuumlnf Jahre stattfindenden UN-Gipfel zu Umwelt und Entwicklung

Die Erklaumlrung von Rio mit ihrem Konzept der Nachhaltigkeit und den drei genannten Prinzipien liefer-te auszligerdem die Grundlage fuumlr die Klimarahmenkonvention

Prinzipien der internationalen Menschenrechte

Allgemeine Prinzipien

Die zentrale Saumlule des internationalen Menschenrechtssystems ist die Men-schenrechtscharta der Vereinten Natio-nen Sie umfasst die Allgemeine Erklauml-rung der Menschenrechte (1948) den Internationale Pakt uumlber Buumlrgerliche und Politische Rechte (UN-Zivilpakt) sowie den Internationalen Pakt uumlber Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) (beide 1966) Neben dem Zivilpakt und dem Sozial-pakt gibt es auszligerdem acht weitere Menschenrechtsvertraumlge die sich auf den Schutz besonders benachteiligter Gruppen sowie auf das Verbot von Folter und unmenschlicher Behandlung beziehen Alle Abkommen sind durch die immer gleichen Querschnittsprinzi-pien gepraumlgt naumlmlich das Gebot der Nichtdiskriminierung die Gleichheit aller die gesellschaftliche Beteiligung

den Zugang zu effektiven Rechtsmitteln bei Rechtsverletzungen die Rechen-schaftspflicht der Staaten sowie das Verbot des Ruumlckschritts Bei diesen Prinzipien handelt es sich durchweg um Verfahrensrechte die allen materiellen Rechten wie dem Recht auf Nahrung Wasser Wohnen etc zur Seite gestellt sind Denn sehr haumlufig liegt der Verlet-zung materieller Rechte die Verletzung von Verfahrensrechten zugrunde

Alle Menschenrechtsvertraumlge un-terscheiden fuumlr ihre gewaumlhrten Rechte je drei Arten staatlicher Verpflichtung gegenuumlber Einzelpersonen und Grup-pen Im UN-Sozialpakt sind dies res-pektieren schuumltzen gewaumlhrleisten Die Respektierungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten die Wahrnehmung eines Rechts nicht behindern duumlrfen Die Schutzpflicht besagt dass die Vertragsstaaten Dritte davon abhalten muumlssen die Ausuumlbung dieses Rechts zu beintraumlchtigen oder zu verhindern Die Gewaumlhrleistungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten Maszlignahmen er-greifen muumlssen um die Verwirklichung eines Rechts voranzubringen

Bezogen auf das Recht auf Nah-rung heiszligt das zum Beispiel dass der Staat BaumluerInnen nicht von ihrem angestammten Land umsiedeln darf um Infrastrukturprojekte umzusetzen wenn dadurch ihr Zugang zu angemes-sener Nahrung verloren geht Er muss ferner Dritte ndash zum Beispiel Groszliggrund-besitzerInnen oder Unternehmen ndash daran hindern dies zu tun wenn sie Land fuumlr Investitionen verkaufen oder Infrastrukturprojekte durchfuumlhren Und der Staat muss durch geeignete Maszlig-nahmen auch jenen die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung ermoumlglichen die davon ausgegrenzt sind ndash zum

Menschenrechten stehen staatliche Pflichten gegenuumlber

20 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Beispiel fuumlr die sichere Ruumlckkehr von Vertriebenen sorgen oder sie auf neuem fruchtbaren Land ansiedeln Da fuumlr viele Laumlnder des Globalen Suumldens wegen der Begrenztheit der verfuumlgbaren Mittel

insbesondere die Gewaumlhrleistungs-pflicht nicht immer leicht zu erfuumlllen ist sieht der UN-Sozialpakt eine all-maumlhliche Verwirklichung der Rechte vor

Extraterritoriale Staatenpflichten

Menschenrechtsvertraumlge beschreiben zunaumlchst die Pflichten eines Vertrags-staates gegenuumlber den Menschen auf seinem Staatsgebiet oder solchen die anderweitig unter seiner Gewalt stehen (zum Beispiel bei Besatzungen) Der UN-Zivilpakt enthaumllt eine Klausel die seinen Anwendungsbereich in diesem Sinn einschraumlnkt Der UN-Sozialpakt hingegen erlaubt weitreichendere Interpretationen Hier heiszligt es in Artikel 2(1) bdquoJeder Vertragsstaat verpflichtet sich einzeln und durch internationale Hilfe und Zusammenar-beit hellip die volle Verwirklichung der in diesem Pakt anerkannten Rechte zu erreichenldquo Fortschrittliche JuristInnen sehen darin eine rechtlich bindende Pflicht wirtschaftliche soziale und kulturelle Menschenrechte auch uumlber das eigene Staatsgebiet hinaus zu respektieren zu schuumltzen und zu gewaumlhrleisten Dies hat der UN-Sozial-ausschuss 2002 in seinem Allgemeinen Kommentar Nr 15 zum Recht auf Wasser aufgegriffen der bdquohellip von den Vertragsstaaten [verlangt] von Hand-lungen abzusehen die den Genuss des Rechts auf Wasser in anderen Laumlndern unmittelbar oder mittelbar beeintraumlchti-genldquo Die International Commission of Jurists (ICJ) hat dies fortgesetzt und 2011 die sogenannten Maastrichter Prinzipien zu extraterritorialen Staaten-pflichten im Rahmen des UN-Sozialpakts veroumlffentlicht Laut den Maastrichter Prinzipien muumlssen Staaten ihre zwi-schenstaatlichen und internationalen Abkommen so gestalten dass sie nicht zu menschenrechtlichen Verwerfungen bei Vertragspartnern fuumlhren und die Staaten nicht in der Erfuumlllung ihrer

menschenrechtlichen Verpflichtungen einschraumlnken Ferner haben Staaten die Pflicht gesetzgeberische und politische Maszlignahmen zu ergreifen um Menschen in anderen Staaten vor Menschen-rechtsverletzungen durch bei ihnen ansaumlssige international agierende Konzerne zu schuumltzen Die freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Men-schenrechten gleichfalls von 2011 weisen zumindest den Spielraum aus den Staaten zur Regulierung transnati-onaler wirtschaftlicher Akteure haben 2017 veroumlffentlichte der UN-Sozialaus-schuss auszligerdem den Allgemeinen Kommentar Nr 24 zu Staatenpflichten im Zusammenhang unternehmerischen Handelns Darin betont er ebenfalls die grenzuumlberschreitenden staatlichen Pflichten zur Kontrolle multinationaler Konzerne Insgesamt hat der Verweis auf extraterritoriale Pflichten der Staaten im Rahmen des UN-Menschen-rechtssystems uumlber die letzten Jahre stark zugenommen

Protest vor der Zentrale der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) gegen ein Staudammprojekt in Panama

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 21

Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten

Obwohl die Umwelt- und die Men-schenrechtsprinzipien ein groszliges Potenzial fuumlr Synergien haben weisen die Klimarahmenkonvention und das Kyoto-Protokoll keinerlei Bezug zu den Menschenrechten auf Zur Veran-schau li chung vergleicht die folgende Tabelle die wesentlichen Prinzipien der international anerkannten Men-schenrechte und die Regeln des Kli-marechts anhand der Grundpfeiler des internationalen Umweltrechts

Wie die Tabelle zeigt sind Staaten aus menschenrechtlicher und aus kli-mapolitischer Perspektive verpflichtet den Klimawandel zu stoppen und seine Wirkungen abzumildern Neben der Emissionsminderung ist es menschen-rechtlich wichtig besonders betroffene Bevoumllkerungsgruppen bei der Anpas-sung zu unterstuumltzen die hierfuumlr kaum Mittel haben

Ferner duumlrfen klimapolitische Maszlignahmen ihrerseits nicht zu Men-schenrechtsverletzungen fuumlhren Da die internationalen Klimaregeln aber im Gegensatz zu Menschenrechtskonven-tionen und vielen anderen Umweltab-kommen vergleichsweise wenig Wert auf die Einbindung betroffener Menschen legt kommt es durch klimapolitische Maszlignahmen immer wieder zu Men-schenrechtsverletzungen Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen sowie UN-SonderberichterstatterInnen und andere Menschenrechtsorgane haben daher intensiv Lobbyarbeit betrieben um Menschenrechte im Abkommen von Paris zu verankern Durchgesetzt hat sich jedoch nur ein Absatz in der nicht-bindenden Praumlambel (Zitat siehe Einlei-tung) Klimaschutz und Menschenrech-te trennen weiterhin Welten

Umwelt-recht-

Prinzipien Internationale Menschenrechte Internationales Klimarecht

Veru

rsac

herp

rinz

ip

Ist Bestandteil der Menschenrechtsprinzipien und kommt im Recht auf Rechtsmittel und Entschaumldigung zum Ausdruck Das Verursacherprinzip setzt voraus dass ein Staat seine Respektierungs- Schutz- oder Gewaumlhrleistungspflicht nachweislich verletzt hat

Wegen des Problems eine spezifische Kausalkette nachzuweisen (welche CO2-Emission hat wen geschauml-digt) ist es kein Prinzip der Klimarahmenkonventi-on In aufgeweichter Form spiegelt es sich im Prinzip der gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortung

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on Grundlegendes in Art2 (1) des UN-Sozialpaktes verankertes Prinzip wonach die reichen Industrie-staaten die Laumlnder des Globalen Suumldens bei der allmaumlhlichen Verwirklichung der Menschenrechte unterstuumltzen sollen

Verpflichtung der Industrielaumlnder gemaumlszlig Art 4 (3 4) der Klimarahmenkonvention die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell und technologisch bei der Minde-rung von Emissionen und Anpassung an den Klima-wandel zu unterstuumltzen

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ahre

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Verfahrensrechte (Gleichbehandlung Information Beteiligung Rechtsmittel) sind Grundlage aller menschenrechtlichen Vertraumlge weil sie auch fuumlr die Sicherung substantieller Rechte (zB Recht auf Nahrung) bedeutend sind Dies gilt insbesondere auch fuumlr die Rechte besonders diskriminierter Bevoumllkerungsgruppen

Im Gegensatz zu vielen Umweltabkommen (zB Aarhus-Konvention) spielen in der Klimarahmenkon-vention dem Kyoto-Protokoll und dem Pariser Ab-kommen Verfahrensrechte von Einzelpersonen keine Rolle Die Ausgestaltung der internationalen Klima-schutzmechanismen nimmt entsprechend wenig Ruumlcksicht darauf

Vergleich menschenrechtlicher und klimarechtlicher Prinzipien

22 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Die Malediven fordern von der internationalen Staatengemeinschaft Maszlignahmen zum Klimaschutz zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung

Kaum jemand zweifelt mehr daran dass der Klimawandel maszliggeblich men-schengemacht ist und negative Auswir-kungen auf die Wahrnehmung von Menschenrechten hat Auf Grundlage der menschenrechtlichen Schutzpflicht sind die Staaten verpflichtet rasch effektive Maszlignahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen zu ergrei-fen BerichterstatterInnen des UN-Menschenrechtsrats betrachten das im Pariser Abkommen vereinbarte Ziel Emissionen derart zu reduzieren dass der globale Temperaturanstieg unter 15 Grad Celsius gehalten wird daher als menschenrechtliche Pflicht der Staaten Dennoch findet Emissionsmin-derung nicht in dem Umfang statt wie es noumltig waumlre Seit 2005 haben ver-schiedene Akteure auf unterschiedli-chen Wegen versucht diesen Blockaden mit Hilfe des Menschenrechtssystems entgegenzuwirken

Die Regierung der Malediven schlug den politischen Weg ein Die Malediven sind ein Staat bestehend aus etwa 1200 kleinen Inseln die nur wenige Meter uumlber dem Meeresspiegel liegen und unmittelbar vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen sind Die Regierung des Landes initiierte die Maledivische Erklaumlrung zur menschlichen Dimension des globalen Klimawandels die sie im November 2007 gemeinsam mit 38 weiteren kleinen Inselstaaten unterzeichnete In dieser Erklaumlrung forderten sie das Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte der Vereinten Nationen auf dem Menschenrechtsrat eine detaillierte Studie uumlber die Auswir-kungen des Klimawandels vorzulegen was im Oktober 2009 ndash kurz vor der Klimakonferenz in Kopenhagen ndash auch geschah Die Malediven haben damit einen Prozess in Gang gesetzt der maszliggeblich dazu beigetragen hat dass viele Menschenrechtsorgane begannen sich mit den Auswirkungen des Klima-wandels auf die Menschenrechte zu befassen

Einen anderen Weg schlugen die Inuit des US-amerikanischen Teils Alaskas ein 2005 reichten sie bei der Inter-Amerikanischen Menschenrechts-kommission eine Klage gegen die USA ein weil die USA nicht genug taumlten um den Klimawandel zu verhindern Die Kommission lehnte die Verhandlung des Falls ab Ein wesentlicher Grund war dass die Klaumlger nicht hinreichend darle-gen konnten dass vor allem die Un-taumltigkeit der USA zur Verletzung ihrer Menschenrechte fuumlhre Die Kommission lud die Inuit aber im Maumlrz 2007 zu einer Anhoumlrung ein um die Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Menschen-rechte zu eroumlrtern Obwohl sie rechtlich eine Niederlage erlitten hatten wurde die Anhoumlrung doch zu einem politi-schen Erfolg der der Situation der Inuit global viel Aufmerksamkeit einbrachte

Des Weiteren war die Klageschrift der Inuit der Auftakt zu einer Vielzahl von Versuchen die Staaten auf juristi-schem Wege zur Pflicht zu rufen Dies muss sich aber nicht auf Organe des Menschenrechtssystems beschraumlnken Besonders erfolgreich war eine Klage der niederlaumlndischen Umweltorganisa-tion Urgenda gegen die Niederlande Das Bezirksgericht in Den Haag urteilte 2015 auf Grundlage der in der nieder-laumlndischen Verfassung verankerten Fuumlrsorgepflicht des niederlaumlndischen Staates dass die Niederlande auf-grund der Erkenntnisse des vierten Sachstandsberichts des Weltklimarats ihre Emissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 25 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern muumlssen Mit den bis dahin ergriffenen Maszlignahmen waumlren voraussichtlich nur 17 Prozent erreicht worden

Trotz dieser Erfolge bleibt es schwierig einzelne Staaten fuumlr den Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Menschenrechte zur Verant-wortung zu ziehen Haumlufig verstaumlrkt der Klimawandel nur bereits beste-hende Menschenrechtsverletzungen Auch die Unterscheidung ob eine

Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 23

Menschenrechtsverletzung in diesem Zusammenhang Folge des Klimawandels oder uumlblicher Wetterextreme ist ist oft schwierig So kommt das Hochkommis-sariat fuumlr Menschenrechte 2009 zum Ergebnis dass der Klimawandel zwar eindeutig negative Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Menschenrech-ten hat dass es aber weniger eindeutig ist ob und in welchem Ausmaszlig die Auswirkungen in streng rechtlichem Sinn als Menschenrechtsverletzung qualifiziert werden koumlnnen

Aus Sicht von FIAN Deutschland kann der Verlust des Zugangs zu Nah-rung durch den Klimawandel aber durchaus als Menschenrechtsverletzung gewertet werden fuumlr die andere Staa-

ten als der Heimatstaat mitverantwort-lich sind Zwar ist der Haftungsansatz nach dem Verursacherprinzip aufgrund der oben geschilderten Besonderheiten des Klimaproblems fuumlr eine menschen-rechtliche Argumentation wenig frucht-bar Aufgrund des Wissens der Staaten uumlber die menschliche Verursachung und der nachweislich negativen Auswirkun-gen des Klimawandels auf die weltweite Verwirklichung der Menschenrechte sind die Staaten jedoch gemaumlszlig UN-Sozialpakt Artikel 2(1) menschenrecht-lich verpflichtet einzeln sowie durch internationale Hilfe und Zusammen-arbeit unter Ausschoumlpfung all ihrer Moumlglichkeiten wirksame Maszlignahmen zur Emissionsminderung zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung

bdquoAnpassungldquo umschreibt ein weites Feld von Aktivitaumlten das die Menschen weniger anfaumlllig gegenuumlber den Auswir-kungen des Klimawandels macht Hiermit kann die Einfuumlhrung von duumlrreresistenten Pflanzenarten und von Bewaumlsserungssystemen gemeint sein aber auch Umsiedlung aus Hochrisiko-zonen neue Bauweisen und Bauvor-schriften oder der Ausbau von Institu-tionen zum Risikomanagement Sie macht einen vergleichsweise kleinen Teil der Klimafinanzierung aus die sich 2016 auf insgesamt 380 Milliarden US Dollar belief 93 Prozent der globalen Klimafinanzierung kommen der Emissi-onsminderung zugute die uumlberwiegend privat finanziert ist Mittel aus oumlffentli-cher Hand tragen nur 34 Prozent zur globalen Klimafinanzierung bei wovon wiederum nur 16 Prozent Anpassungs-maszlignahmen zugutekommen 89 Pro-zent der oumlffentlichen Klimafinanzierung werden von internationalen und natio-nalen Entwicklungsbanken gestemmt Selbst die internationalen Banken wie die Weltbank die Asiatische und die

Afrikanische Entwicklungsbank oder die Europaumlische Investitionsbank (EIB) investieren nur durchschnittlich 23 Pro-zent ihrer Investitionen im Klimabe-reich in Anpassungsmaszlignahmen Fuumlr den unmittelbaren Schutz sowie fuumlr Anpassungsmaszlignahmen an die Folgen des Klimawandels werden also verhaumllt-nismaumlszligig wenige Gelder bereitgestellt Dies kann akut zu Menschenrechtsver-letzungen fuumlhren Je spaumlter und halb-herziger in den Klimaschutz investiert wird desto mehr Anpassung wird noumltig Die Pflicht der Staaten solche Maszlignah-men zu unterstuumltzen ergibt sich aus ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen gemaumlszlig Artikel 2(1) des UN Sozialpaktes Sie gilt unabhaumlngig davon wie viel ein Staat zur Klimaer-waumlrmung beitraumlgt Diese Pflicht ergibt sich auszligerdem aus Art 4(3 4) der Klimarahmenkonvention die aumlrmeren Laumlnder sowohl beim Klimaschutz als auch bei der Anpassung an den Klima-wandel unterstuumltzen ndash gemaumlszlig dem Prinzip gemeinsamer aber unterschied-licher Verantwortung

Die Lebensgrundlage der Indigenen im aumlthiopischen Omo-Tal ist durch den Bau des Stauddamms Gibe III bedroht Foto Suvival International

24 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Obergrenze (Cap)

Industriestaaten unterschreiben dashellip

Kyoto-Protokoll (1997)

Ziel Reduktion der Treibhausgasemission

Emissionen im Zeitraum von 2008 bis 2012 um 5 unter das Niveau von 1990 senken

fl exibler Mechanismus

Fabrik A Fabrik B

Wenn die Emissionen unter der Obergrenze

liegen koumlnnen die nicht genutzten Emissionsrechte wieder verkauft

werden

hellip an Staaten oder

Unternehmen die mehr

Emissionen ausstoszligen

wollen

Verkauft die ungenutzten CO

2-Rechtehellip

Funktionsweise des Emissionshandels

Internationale Klimafinanzierung

Gemaumlszlig der Klimarahmenkonvention sind die traditionellen Industrielaumlnder verpflichtet die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell technologisch und mit Kapazitaumltsaufbau zu unterstuumltzen Auf der Klimakonferenz von Kopenha-gen 2009 wurde diese Verpflichtung konkretisiert die Industrielaumlnder sagten zu dass die finanzielle Unter-stuumltzung bis 2020 auf jaumlhrlich 100 Milli-arden US-Dollar anwachsen soll Zu diesen werden nicht nur die aufge-brachten oumlffentlichen Mittel sondern auch private Investitionen in den Klimaschutz gezaumlhlt wenn sie eine Folge staatlicher Maszlignahmen sind

Die Unterstuumltzung durch oumlffentliche Geber laumluft durch eine Vielzahl von Ka-naumllen Zum einen nutzen viele Staaten dazu ihre Organisationen der Entwick-lungszusammenarbeit In Deutschland sind das beispielsweise die Gesellschaft fuumlr Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Kreditanstalt fuumlr Wieder-aufbau (KfW) Zweitens zaumlhlen auch die Weltbank und die regionalen Ent-wicklungsbanken Klimaschutz zu ihren Aufgaben Insbesondere die Weltbank hat mehrere spezielle Klimaschutzfonds geschaffen Drittens wurde eine Reihe von internationalen Fonds eingerichtet Mit den Geldern der 1991 geschaffenen Globalen Umweltfazilitaumlt (Global Envi-ronment Facility GEF) werden Projekte im Rahmen der Klimarahmenkonventi-on und anderer internationaler Um-weltabkommen finanziert 2001 wurden unter der Klimarahmenkonvention eine Reihe von kleinen spezialisierten Fonds eingerichtet die insbesondere Maszlig-nahmen zur Anpassung an den Klima-wandel finanzierenbull der Least Developed Countries Fund

Fonds fuumlr die am wenigsten entwi-ckelten Laumlnder

bull der Special Climate Change Fund Spezieller Klimawandel-Fonds der vor allem Anpassungsmaszlignahmen finanzieren soll und

bull der Adaptation Fund Anpassungs-fonds fuumlr Laumlnder des Globalen Suumldens

Daruumlber hinaus wurde 2010 beschlos-sen den Green Climate Fund (Gruumlner Klimafonds) einzurichten Dieser soll einen erheblichen Teil der zugesagten 100 Milliarden US-Dollar verwalten

Neben diesen Einrichtungen zur Klimafinanzierung wurden im Rahmen des Kyoto-Protokolls auch institutiona-lisierte Verfahren zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige geschaffenbull der internationale Emissionshandel

der den Handel mit Rechten zum Ausstoszlig von Treibhausgasen regelt

bull die Joint Implementation (Gemein-same Umsetzung) uumlber die Klima-schutzprojekte in Industrielaumlndern international zertifiziert werden koumlnnen

bull der Clean Development Mechanism (Mechanismus fuumlr umweltver-traumlgliche Entwicklung) uumlber den Klimaschutzprojekte in Laumlndern

Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 25

des Globalen Suumldens international zertifiziert werden koumlnnen (siehe Kapitel bdquoDer Clean Development Mechanismldquo)

Diese Verfahren dienen aber in ers-ter Linie der Erreichung der Emissi-onsziele der Industrielaumlnder (siehe Kapitel bdquoSenkung der eigenen Emissi-onenldquo) Mitgliedstaaten mit groszligen Regenwaldvorkommen forderten daher

ein Instrument zu schaffen das den Schutz von Waumlldern auf die Klimabilanz anrechnet Infolge wurde 2007 das Programm REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degrada-tion in Developing Countries) ins Leben gerufen Es soll zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige in Laumlndern des Globalen Suumldens beitragen die durch Abholzung von Waumlldern entstehen

Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen

Maszlignahmen zum Klimaschutz sind aus menschenrechtlicher Perspektive oft umstritten Bei Investitionen in erneu-erbare Energien handelt es sich haumlufig um groszlige flaumlchenintensive Infrastruk-turprojekte wie zum Beispiel den Bau von Staudaumlmmen und Wasserkraftwer-ken Windparks groszligflaumlchige Solar- und Erdwaumlrmeanlagen Das Gleiche gilt fuumlr den Anbau von Energiepflanzen wie Oumllpalmen Investitionen in CO2-Senken also die Ausdehnung von Waumlldern oder der Erhalt bestehender Waumllder stehen oft in Konkurrenz zu anderen Flaumlchen- und Waldnutzungen Auch Anpassungs-maszlignahmen wie der Bau von Schutz-waumlllen oder die Einrichtung von siedlungsfreien Zonen in Hochrisikoge-bieten (zum Beispiel in Gebieten die

haumlufig uumlberschwemmt oder durch Erosion und Erdrutsche gepraumlgt sind) betreffen Land das von Menschen genutzt und ihnen durch solche Maszlig-nahmen entzogen wird Die Flaumlchen-konkurrenz zwischen Investitionen zum Klimaschutz und bisheriger Landnut-zung fuumlhrt unter anderem dazu dass KleinbaumluerInnen und Hirtenvoumllkern der Zugang zu Land und Wasser entzogen wird das sie bisher fuumlr den Nahrungs-mittelanbau und die Viehwirtschaft nutzten Haumlufig handelt es sich dabei um indigene Gruppen die keine Landti-tel besitzen Mit der Vertreibung von ihren wirtschaftlich genutzten Flaumlchen geht auch haumlufig die Vertreibung aus den Ansiedlungen einher Verletzungen sozialer Menschenrechte wie die Rechte auf Nahrung Wasser und Woh-nen sind die Folge Aber auch Verfah-rensrechte und das Recht auf Leben werden regelmaumlszligig missachtet

Dafuumlr gibt es viele Beispiele Pana-ma ist eines jener Laumlnder das am meis-ten in Wasserkraftwerke als erneuerbare Energiequelle investiert In mindes-tens drei bekannten Faumlllen ndash Bonyic Chan75 und Barro Blanco ndash kam es dabei zu schweren Menschenrechts-verletzungen Doumlrfer wurden geflutet obwohl die BewohnerInnen noch nicht umgesiedelt waren die Rechte von In-digenen auf ihr Gebiet und Beteiligung an Projekten wurden verletzt Betrof-fene und AktivistInnen die sich gegen diese Maszlignahmen wehrten wurden eingeschuumlchtert und sogar ermordet Auch Kenia gehoumlrt zu den Vorreitern in

Die klimaschuumltzende Wirkung von Staudaumlm-men zur Stromgewinnung wird bestritten Auszligerdem fuumlhren sie oft zu Verletzungen von Menschenrechten der oumlrtlichen Bevoumllkerung Foto Jane Hofbauer

26 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Sachen Klimaschutz ndash haumlufig zu Lasten ausgegrenzter Bevoumllkerungsgruppen In Olkaria willigten Massai in eine Umsiedlungsmaszlignahme zugunsten einer Erdwaumlrmeanlage (Geothermie) ein weil man ihnen eigene Landrech-te versprach die sie jedoch bis heute nicht erhalten haben Mehrere tausend indigene Jaumlger- und Sammlervoumllker wurden aus dem Embobut-Wald in Westkenia (Sengwer und Cherangany) und dem Mau-Wald (Ogiek) vertrieben weil die Regierung deren Nutzung unter REDD+ anstrebt Der Fall der Ogiek wurde 2014 sogar vor dem Afrikani-schen Gerichtshof fuumlr Menschen- und Voumllkerrechte zugunsten der Ogiek ver-handelt Aumlhnliches passierte in anderen Laumlndern Afrikas So wurde in Tansania die Gemeinschaft der Warufiji aus dem Refuiji-Delta vertrieben Sie hatten die Kooperation bei der Aufforstung der Mangrovenwaumllder verweigert weil man ihnen den Anbau von Reis verbot

Die Auswirkungen von Klimaschutz-maszlignahmen koumlnnen aber auch kom-plexerer Natur sein Wie die Weltbank 2008 in einer vielbeachteten Studie zur globalen Nahrungsmittelkrise darlegte trug die Flaumlchenkonkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Energiepflanzen-anbau maszliggeblich zum globalen An-stieg der Nahrungsmittelpreise bei der fuumlr viele Menschen zu Hunger fuumlhrte Anhand dieser katastrophalen Folgen der staatlichen Foumlrderung von Agrar-treibstoffen durch westliche Indust-rienationen wird deutlich wie diese klimapolitisch motivierten Programme in vielen aumlrmeren Laumlndern direkt zur Verletzung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser beitragen

Auch Anpassungsmaszlignahmen schneiden unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten nicht zwingend besser ab Obwohl sie im Prinzip zum Schutz der Menschen gedacht sind fehlt es in manchen Faumlllen an Professionalitaumlt in anderen Faumlllen fehlt der Fokus auf die besonders gefaumlhrdeten Bevoumllkerungs-gruppen In Mosambik wurden die Doumlr-fer im Sambesi-Flussdelta 20072008

nach schweren Uumlberschwemmungen in houmlher gelegene Gebiete umgesiedelt Viele der neuen Siedlungen blieben ohne angemessenen Zugang zu Wasser fruchtbarem Land und Gesundheitsver-sorgung So wurden sie von Nahrungs-mittelhilfen abhaumlngig Viele Familien verloren durch Abwanderung ihren Zusammenhalt Diskriminierungen bei Anpassungsmaszlignahmen kommen auch in entwickelten Laumlndern vor Nach dem Wiederaufbau von New Orleans nach dem Hurrikan Kathrina im Jahr 2005 durfte die arme afro-amerikanische Be-voumllkerung nicht mehr ihre am Flussufer gelegenen Siedlungen beziehen ndash we-gen Uumlberflutungsgefahr Angemesse-nen und finanzierbaren Ersatz bekamen sie jedoch nicht angeboten

Die Ursachen fuumlr negative Aus-wirkungen und Menschenrechtsver-letzungen durch Klimapolitik gehen teilweise auf die Bedingungen in den Projektlaumlndern zuruumlck Die jeweiligen Nationalstaaten sind menschenrecht-lich entsprechend zu beurteilen und zur Pflicht zu rufen Die Ursachen liegen aber auch in den Klimarahmenabkom-men selbst und ihren Mechanismen begruumlndet Bis auf das Abkommen von Paris enthalten diese keinen Verweis auf Menschenrechte Sie betonen aber die Rechte der Nationalstaaten ihre na-tuumlrlichen Ressourcen auszubeuten Das Abkommen von Paris ist insofern ein Erfolg als in der Praumlambel zum ersten Mal ein Bezug zu den Menschenrechten hergestellt wird Auch im Konzept der extraterritorialen Staatenpflichten zur Verwirklichung wirtschaftlicher sozia-ler und kultureller Menschenrechte ist anerkannt dass die Staaten die Pflicht haben ihre Instrumente zum Klima-schutz und zur Unterstuumltzung von An-passungsmaszlignahmen menschenrechts-konform zu gestalten Dennoch gilt es dicke Bretter zu bohren Eine Praumlambel ist nicht rechtsverbindlich sondern als Orientierungs- und Interpretationshilfe fuumlr die Vertragsparteien oder Gerichte zu verstehen

Fuumlr diese Geothermie-Anlage in Kenia wurden Massai von ihrem traditionellen Land vertrieben Foto Jeanette Schade

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 27

Der Clean Development Mechanism

Mit fast 8000 registrierten Projekten ist der Clean Development Mechanism (CDM) des Kyoto-Protokolls das bedeu-tendste internationale Verfahren zum Klimaschutz Er soll einerseits die Gastgeberstaaten der Projekte bei ihrer nachhaltigen Entwicklung unterstuumltzen und andererseits den Industrielaumlndern bei der Erreichung ihrer Emissionsziele helfen

Das Kyoto-Protokoll definiert fuumlr die teilnehmenden Industrielaumlnder verbindliche Emissionsziele Die Uumlber-wachung der Zielerreichung erfolgt auf Grundlage von Emissionszertifikaten jeder verpflichtete Staat muss fuumlr jede Tonne Treibhausgasemission ein Emis-sionszertifikat vorlegen Die Staaten erhalten eine Anfangsausstattung von Zertifikaten auf Grundlage ihrer Ziele zur Verringerung ihrer Emissionen Diese Zertifikate sind handelbar Schafft ein Staat es seine Emissionen staumlrker zu reduzieren als er zum Ziel hat kann er den sich daraus ergebenden Uumlber-schuss an Zertifikaten an andere Laumlnder verkaufen Auszligerdem koumlnnen die In-dustrielaumlnder uumlber den CDM zertifizierte Emissionsreduktionen aus Klimaschutz-projekten in den Laumlndern des Globalen Suumldens ankaufen

Die naturwissenschaftliche Grund-lage dieses so genannten Emissions-handels ist dass die Treibhausgase sich gleichmaumlszligig in der Atmosphaumlre verteilen Fuumlr den Klimawandel macht es keinen Unterschied an welchem Ort Treibhausgase ausgestoszligen oder reduziert werden Durch den Emissions-handel soll es daher ermoumlglicht werden Emissionen an der Stelle zu vermindern an der dies am kostenguumlnstigsten ist Im Kyoto-Protokoll gibt es zum einen den Emissionshandel zwischen Staaten zum anderen werden im CDM Zertifikate fuumlr Emissionsreduktionen in konkreten Projekten ausgestellt wie zum Beispiel fuumlr Windkraftanlagen Prinzipiell kann jeder beliebige Akteur CDM-Projekte durchfuumlhren Zertifikate erhalten und diese dann verkaufen seien es staatli-che Stellen private Unternehmen oder auch zivilgesellschaftliche Organisa-tionen Durch den CDM soll so fuumlr alle Interessierte ein Anreiz gesetzt werden in Emissionsreduktionen zu investieren Die groszlige Mehrheit der CDM-Projekte wird von privaten Unternehmen durchgefuumlhrt

Der CDM unterliegt der Fuumlhrung und Aufsicht der Konferenz der Vertrags-staaten des Kyoto-Protokolls Fuumlr die Pruumlfung und Genehmigung der konkre-ten Projekte sowie fuumlr die Ausarbeitung von Detailregelungen zu den Geneh-migungsverfahren haben die Vertrags-staaten einen Exekutivrat eingerichtet der aus zehn Mitgliedern und zehn stellvertretenden Mitgliedern besteht Die Mitglieder werden von der Vertrags-staatenkonferenz nach einem regiona-len Schluumlssel gewaumlhlt Der Exekutivrat soll nach Moumlglichkeit alle Entscheidun-gen einstimmig treffen Wenn dies nicht moumlglich ist sind auch Abstimmungen mit Dreiviertelmehrheit erlaubt

Um sich fuumlr die Ausstellung von CDM-Zertifikaten zu qualifizieren muumlssen CDM-Projekte ein festgeleg-tes Verfahren durchlaufen Zunaumlchst muumlssen die Traumlger des Projekts eine Projektdokumentation erstellen die darlegt welche Maszlignahmen durchge-fuumlhrt werden sollen und wie dadurch Emissionen vermindert werden Diese

Einige Doumlrfer im kenianischen Tana-Delta muumlssen per Tankwagen mit Trinkwasser versorgt werden

28 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Braucht Zertifi kate um eigene Klimaschaumlden ausgleichen zu

koumlnnen

INDUSTRIELAND

Klimaschutzprojekt wird unterstuumltzt

ENTWICKLUNGSLANDTechnologie

Finanzierung

Die Unterstuumltzung bringt dem Industrieland zusaumltzliche

Zertifi kate ein

Clean Development Mechanism (CDM)-Projekte werden kontrolliert durch den

CDM-EXEKUTIVRAT bestehend aus 10 Mitgliedern

Durch die Unterstuumltzung

sollen CO2-Emissionen vermieden

werden

Jeweils ein Mitglied der fuumlnf regionalen

Gruppen der Vereinten Nationen

Zwei Mitglieder des Kyoto-Protokolls

gelistet als Industrieland (Annex 1)

Zwei Mitglieder die nicht in Annex 1 des

Kyoto-Protokolls gelistet sind

EinE RepraumlsentantIn der kleinen

Inselstaaten

Projektdokumentation muss durch ein sachverstaumlndiges Zertifizierungsun-ternehmen beispielsweise den TUumlV uumlberpruumlft werden Auszligerdem muss das Projekt durch das Durchfuumlhrungsland und mindestens ein Industrieland genehmigt werden Wenn all diese Be-dingungen erfuumlllt sind wird das Projekt dem CDM-Exekutivrat vorgelegt Wenn der Exekutivrat keine Einwaumlnde hat wird es als CDM-Projekt registriert

Waumlhrend der Durchfuumlhrung des Projekts muumlssen seine Traumlger fortlau-fend uumlberwachen und dokumentieren welche Treibhausgasmengen es er-zeugt Die Emissionsminderung ergibt sich aus dem Unterschied zwischen den Emissionen des Projekts und den Emis-sionen die angefallen waumlren wenn das Projekt nicht umgesetzt worden waumlre wenn zum Beispiel statt Strom eines Windparks Strom aus Kohlekraftwerken verwendet worden waumlre Die Dokumen-tation wird wiederum von einer sach-verstaumlndigen Stelle und vom CDM-Exe-kutivrat uumlberpruumlft Abschlieszligend stellt der Exekutivrat den Projektbeteiligten Emissionszertifikate entsprechend der erzielten Emissionsminderung aus

Die Projektbeteiligten koumlnnen die Zertifikate dann an mehrere moumlgliche Abnehmer verkaufen Der erste moumlgli-che Abnehmer sind Industriestaaten die ihre Kyoto-Emissionsziele nicht durch inlaumlndische Emissionsredukti-onen erreichen und daher zusaumltzliche Zertifikate benoumltigen Daruumlber hinaus gibt es in der EU und in mehreren ande-ren Staaten Emissionshandelssysteme auf Unternehmensebene Aumlhnlich wie die Industriestaaten durch das Kyoto-Protokoll verpflichtet sind Emissi-onszertifikate vorzulegen muumlssen in der EU und in anderen Laumlndern auch bestimmte Unternehmen wie die Ener-gieversorger und groszlige Industriebe-triebe fuumlr ihre Treibhausgasemissionen Zertifikate vorlegen Diese Unterneh-men koumlnnen teilweise CDM-Zertifikate verwenden um ihre Verpflichtung zu erfuumlllen Der dritte moumlgliche Abnehmer ist der wachsende Markt der sogenann-ten bdquofreiwilligen Kompensationldquo von Treibhausgasemissionen Dies sind

Unternehmen und Privatpersonen die ihre Emissionen ausgleichen wollen indem sie CDM-Zertifikate kaufen und loumlschen Ein Beispiel dafuumlr sind Aus-gleichszahlungen fuumlr den CO2-Ausstoszlig durch Fluumlge

Der CDM verfuumlgt uumlber keinerlei men-schenrechtliche Kriterien Es gibt ledig-lich die Bestimmung dass die Projekte zur nachhaltigen Entwicklung beitragen sollen und die Vorschrift dass die lokale Bevoumllkerung konsultiert werden muss Allerdings gibt es keine interna-tionalen Kriterien wie der Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung uumlberpruumlft werden soll Stattdessen wird die Pruuml-fung vollstaumlndig den Gastgeberlaumlndern der Projekte uumlberlassen Ebenso gibt es nur vage internationale Kriterien fuumlr die Konsultation der lokalen Bevoumllke-rung Viele Laumlnder haben nur schwache

Funktionsweise des Clean Development Mechanism

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 29

Regeln und uumlberwachen deren Einhal-tung nur schlecht Als Ergebnis kommt es immer wieder zu Vorwuumlrfen dass durch CDM-Projekte Menschenrechte verletzt werden Die internationale Gemeinschaft ist damit nicht ihrer Verantwortung nachgekommen neue voumllkerrechtliche Vertraumlge entsprechend ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen auszugestalten

Das Kyoto-Protokoll wird nach 2020 nicht weitergefuumlhrt entsprechend wird auch der CDM auslaufen Allerdings

wurden im Pariser Abkommen neue Kooperationsmechanismen geschaf-fen Die Regeln zur Umsetzung dieser Mechanismen sollen ausdruumlcklich die Erfahrungen aus den Mechanismen des Kyoto-Protokolls beruumlcksichtigen Aus den menschenrechtlichen Problemen die sich im CDM ergeben haben soll-ten die Staaten die Schlussfolgerung ziehen dass die neuen Mechanismen verbindliche menschenrechtliche Krite-rien benoumltigen

Der Fall Bajo Aguaacuten ndash CDM-Zertifizierung trotz Menschen-rechtsverletzungen

Das Projekt bdquoAguan Biogas Recovery from Palm Oil Mill Effluent [POME] Ponds and Biogas Utilisation ndash Ex-portadora del Atlaacutentico AguanHondurasldquo soll die Behandlung von Abwasser aus einer Palmoumllmuumlhle verbessern und dadurch die Emissio-nen von Methan vermindern Das Palmoumll kommt aus Plantagen die im Zentrum eines gewalttaumltigen Landkon-flikts stehen Laut den oumlrtlichen KleinbaumluerInnen hat sich der Eigentuuml-mer das Plantagenland widerrechtlich angeeignet Sie fordern daher die Ruumlckgabe des Landes Die Sicherheits-kraumlfte der Plantagen und die oumlffentli-chen Sicherheitskraumlfte gehen immer

wieder gewaltsam gegen die Kleinbaumlu-erInnen vor bisher wurden uumlber 50 Personen getoumltet

Diese Umstaumlnde spielten jedoch im Registrierungsverfahren des CDM keine Rolle FIAN und andere Nicht-regierungsorganisationen wiesen den CDM-Exekutivrat darauf hin dass das Projekt in Menschenrechtsver-letzungen verwickelt sei Es wurde dennoch als CDM-Projekt registriert Der CDM-Exekutivrat erklaumlrte dass er kein Mandat habe solche Umstaumlnde zu beruumlcksichtigen Seine Zustaumlndig-keit beschraumlnke sich auf die Klima-schutzauswirkungen von Projekten Neben Honduras war das Projekt auch von Groszligbritannien registriert wor-den Nachdem sie uumlber die Vorwuumlrfe informiert worden war aumluszligerte die britische Regierung zwar dass diese bdquoverstoumlrendldquo seien erklaumlrte aber fuumlr Fragen der Nachhaltigkeit sei das Gastgeberland Honduras zustaumlndig

Das Projekt ist im CDM registriert und kann fuumlr Emissionsreduktionen die bis zum 31 Januar 2018 erzielt wurden Zertifikate erhalten Dieser Zeitraum kann verlaumlngert werden Das Ausmaszlig der Gewalt ist zwar nach einer Intervention der deutschen Regierung zuruumlckgegangen der zugrunde lie-gende Landkonflikt ist aber weiterhin ungeloumlst

Eine honduranische Baumluerin weist bei einer Demonstration auf die schweren Menschen-rechtsverletzungen in Bajo Aguaacuten hin

30 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank

Viele Klimaschutzmaszlignahmen werden ausschlieszliglich von privaten Unterneh-men und Banken durchgefuumlhrt die nicht an verbindliche Sozialstandards gebunden sind Insbesondere in Laumln-dern des Globalen Suumldens mit schwa-chen nationalen Standards und Institu-tionen zu ihrer Durchsetzung gefaumlhrdet dies den Schutz der Menschenrechte

Oumlffentliche Entwicklungsbanken verfuumlgen dagegen uumlber eigene Sozial-standards und Beschwerdeverfahren welche die Gefahr von Menschenrechts-verletzungen bei der Durchfuumlhrung von Projekten verringern koumlnnen Doch auch hier gibt es deutlichen Nachbes-serungsbedarf wie das Beispiel der Europaumlischen Investitionsbank (EIB) zeigt

Die EIB ist eine Bank der Europaumli-schen Union (EU) deren Anteilseigner neben der EU die EU-Mitgliedstaaten sind Sie verfuumlgt uumlber das groumlszligte Bud-get aller Entwicklungsbanken weltweit und ist ein Schluumlsselakteur der Klima-finanzierung Seit 2013 hat sie sich zum Ziel gesetzt jaumlhrlich mindestens 25 Prozent ihres Kreditvolumens fuumlr Kli-maprojekte zu vergeben Im Jahr 2011 leitete die EIB eine Untersuchung ein um ihre Sozialstandards den Anspruuml-chen der EU-Grundrechtecharta sowie den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte anzupassen Das dabei entstandene Handbuch fuumlr Umwelt- und Sozialstandards (2013) verspricht hohe Sozialstandards und beschreibt diese ndash als einzige Bank weltweit ndash sogar mit menschenrechtli-chem Vokabular 2015 uumlberarbeitete die EIB auszligerdem ihre Transparenzpolitik so dass sie im Unterschied zu vielen anderen europaumlischen Entwicklungs-banken bereits vor Bewilligung die Ergebnisse von Umwelt- und Sozial-vertraumlglichkeitsanalysen bekannt gibt Die EIB hat ferner ein eigenes Be-schwerdeverfahren das alle durch ihre Projekte Betroffenen nutzen koumlnnen Die Zustaumlndigen fuumlr die Bearbeitung

der Beschwerden koumlnnen Mediations-prozesse anstoszligen Das Verfahren und das zustaumlndige Gremium koumlnnen sogar selbst Gegenstand einer Beschwerde vor dem EU-Ombudsmann werden wenn die Betroffenen mit seiner Arbeit unzufrieden sind

Gute Standards und ein gutes Beschwerdeverfahren gelten in der Regel als Grundbedingung fuumlr die Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht Dennoch gibt es im System der EIB erhebliche Maumlngel Eine menschenrechtliche Untersuchung der Anwendung der Sozialstandards beim oben erwaumlhnten Erdwaumlrmeprojekt in Kenia fuumlhrte dabei zu folgenden Ergeb-nissen Es werde zu wenige Sozial- und MenschenrechtsexpertInnen je Projekt beschaumlftigt Ersatzweise werden Kre-ditnehmer auf das EIB-Handbuch zu Umwelt- und Sozialstandards verwiesen Die EIB uumlberlaumlsst die Umsetzung ihrer hehren Sozialstandards damit weitge-hend den Kreditnehmern ohne diese mit angemessen Personalressourcen zu unterstuumltzen und zu kontrollieren Betroffene werden von der EIB auch nicht systematisch uumlber die Existenz ihres Beschwerdeverfahrens informiert sondern stoszligen ndash wenn uumlberhaupt ndash erst durch eigene Recherche auf ihn Die EIB-MitarbeiterInnen haben keine Verpflichtung den Beschwerdeaus-schuss aktiv in problematische Projekte einzubinden Er wird erst aktiv wenn Betroffene an ihn herantreten Bei Pro-jekten die von mehreren Geldgebern finanziert werden hat er kein Mandat deren Rolle bei der Verletzung von So-zialstandards zu untersuchen Seine Be-urteilungen und Empfehlungen sind fuumlr die Bank auch nicht rechtlich bindend Das Beispiel der EIB zeigt damit nicht nur deren spezifische Maumlngel in der Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht sondern demonstriert auch die generell begrenzte Reichweite institutioneller Beschwerdemecha-nismen Sie stellen keinen Ersatz fuumlr verbindliche Menschenrechtsstandards dar zu deren Umsetzung Staaten ver-pflichtet sind

Gemaumlszlig dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP) sind 80 Prozent aller Menschen die aufgrund des Klimawan-dels umsiedeln muumlssen FrauenFoto Survival International

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 31

Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Der Status der EU im Menschenrechts-system ist kompliziert Die EU selbst ist kein Staat sondern eine Mitgliederor-ganisation von Staaten Wie andere internationale Organisationen auch ist sie daher keine Vertragspartei der zwischenstaatlichen Menschenrechts-vertraumlge (mit Ausnahme der UN-Behin-dertenrechtskonvention) Sie ist auch keine Vertragspartei der Europaumlischen Menschenrechtskonvention obwohl ihr Beitritt in Artikel 6(2) des EU-Vertrags

festgelegt ist und seit langem gepruumlft wird Daher haben die Menschenrechts-organe der UN und des Europarates auch kein Mandat uumlber die EU und duumlrfen nicht uumlber sie urteilen

Dennoch ist auch die EU verpfl ich-tet Menschenrechte in ihrer Innen- und Auszligenpolitik zu beachten Diese Verpfl ichtungen beruhen vor allem auf a) der EU-Grundrechtecharta (2009) b) dem EU-Vertrag sowie c) auf der Aarhus-Konventiona) Die Grundrechtecharta gilt fuumlr alle

EU-Organe sowie fuumlr die Mitglied-staaten bei der Anwendung von EU-Recht (GRC Art 51(1)) Sowohl das EU-Parlament als auch ein Experten-urteil bestaumltigten ihre extraterritori-ale Reichweite

b) In den EU-Vertraumlgen bekennt sich die EU zum Schutz der Menschen-rechte in ihrer Beziehung zur uumlbri-gen Welt und zur Grundrechtecharta der Vereinten Nationen (EUV Art 3(5)) Sie erklaumlrt diese zu leitenden Grundsaumltzen ihres auswaumlr-tigen Handelns (EUV Art 21) Dies gilt ausdruumlcklich auch fuumlr die Ko-operation mit Entwicklungslaumlndern (EUVA Art 208)

c) Die EU ist eine Vertragspartei der Aarhus-Konvention die nach Expert Innenmeinung ebenfalls auch extraterritorial ausgelegt werden kann

0 100 200 300 400 500

203020141990

Gebaumlude

Landwirtschaft

Industrie

Energiewirtschaft

Verkehr

lt61

72

88

lt98

160

163

lt72

119

209

lt143

181

283

lt183

358

466

Datenquelle Bundesministerium fuumlr UmweltNaturschutz Bau und Reaktorsicherheit (2017)Klimaschutz in Zahlen 2017

Ziele zur Verringerung von Treibhausgas-emissionen Deutschlands nach Sektoren gemaumlszlig dem Klimaschutzplan 2050(in Millionen Tonnen CO2-Aumlquivalenten)

32 FIAN | Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh (2012) Second National Com-munication of Bangladesh to the United Nations Framework Convention on Climate Change Dhaka Ministry of Environment and Forests Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh

Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 37

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Weltbank (2013) Turn Down the Heat Climate Extremes Regional Impacts and the Case for Resilience Washington DC Weltbank

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitikldquo

UN Generalversammlung (1992) Rio-Erklaumlrung uumlber Umwelt und Entwicklung (ACONF15126 (Vol I)) httpwwwunorgdeptsgermanconfagenda21riopdf

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2012) Human Rights Indicators A Guide to Measurement and Implementation httpbitly1oUZYHb

UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

International Commission of Jurists (2011) Maastricht Principles on Extraterritorial Obligations of States in the Area of Economic Social and Cultural Rights Verfuumlgbar mit deutscher Uumlbersetzung unter httpwwwfiandefileadminuser_uploaddo-kumenteshopRaN2012_ETO_Maastricht_Principles_en_de_finalpdf

UN Special Procedures (2015) Climate Change and Human Rights ndash Joint statement by UN Special Procedures on the occasion of World Environment Day 5 Juni 2015 httpwwwohchrorgENNewsEventsPagesDisplayNewsaspxNewsID=16049amp LangID=E

The Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (2015) Human Rights Law Sources UN Pronouncements on Extra-Territorial Obligations httpwwwetoconsortiumorgncenmain-navigationlibrarydocuments tx_drblob_pi15BdownloadUid5D=163

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2015) Report of the Office of the Uni-ted Nations High Commissioner for Human Rights on the relationship between clima-te change and human rights AHRC1061 15 Januar 2009 httpwwwohchrorgENIssuesHRAndClimateChangePagesStudyaspx

UN-Menschenrechtsrat (2016) Report of the Special Rapporteur on the issue of human rights obligations relating to the enjoyment of a safe clean healthy and sustainable environment AHRC3152 1 Februar 2016 httpspapersssrncomsol3paperscfmabstract_id=2729611

Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

European Bank for Reconstruction and Development together with MDB partners the African Development Bank the Asian Development Bank the European In-vestment Bank the Inter-American Development Bank Group and the World Bank Group (2016) Joint Report on Multilateral Development Banksrsquo Climate Finance wwwebrdcom2016-joint-report-on-mdbs-climate-financepdf

Schade Jeanette and Wolfgang Obergassel (2014) Human rights and the Clean Development Mechanism In Cambridge Review of International Affairs Vol 27 No 4 pp 717-735

Sterk Wolfgang und Christof Arens (2010) Investitionen fuumlr den Klimaschutz Die projektbasierten Mechanismen CDM und JI Berlin Bundesministerium fuumlr Umwelt Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) httpwwwcarbon-mechanismsdefileadminmediadokumentePublikationenCMRBroschuere_2010_Einfuehrung_CDM_JI_bfpdf

38 FIAN | Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Finley-Brook Mary Thomas Curtis (2011) Renewable Energy and Human Rights Violations Illustrative Cases from Indigenous Territories in Panama In Annals of the Association of American Geographers 1014 pp 863-872

Schade Jeanette (2013) Climate change and planned relocation Risks and a propo-sal for safeguards In Thomas Faist Jeanette Schade (Eds) Disentangling Migra-tion and Climate Change Methodologies Political Discourses and Human Rights Heidelberg Dordrecht New York Springer pp 138-206

Wolfgang Obergassel Jeanette Schade Lauri Peterson Nicolas Kreibich Timo Beiermann (2017) International Climate Finance Mechanisms and Extraterritorial Human Rights Obligations Status Quo and Future Prospects ein Dossier von FIAN Deutschland httpswwwfiandeartikelansicht2017-07-19-internationale- klimafinanzierung-und-risiken-fuer-die-menschenrechte

FIAN (2008) Agrartreibstoffe und das Menschenrecht auf Nahrung Grundlagen-papier von FIAN-Deutschland httpwwwfiandefiandownloadspdfagrarFIAN_Grundlagenpapier_Agrartreibstoffepdf

Jeanette Schade (2017) EU accountability for the due diligence failures of the European Investment Bank Climate finance and involuntary resettlement in Olkaria Kenya In Journal of Human Rights and the Environment Vol 8(1) 72-97 (Son-derausgabe ldquoClimate Justice and Displacementrdquo Gastherausgeber Schade und Manou)

Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 8: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

bull Strategien und Maszlignahmen fuumlr die Vermeidung eines gefaumlhrlichen Kli-mawandels sowie fuumlr die Anpassung an den Klimawandel vorzuschlagen

Der Weltklimarat betreibt keine eigene Forschung sondern traumlgt die Ergebnis-se der wissenschaftlichen Forschung zusammen Sein neuester (fuumlnfter) Sachstandsbericht wurde 20132014 veroumlffentlicht

Zentral fuumlr den Klimawandel ist der so genannte Treibhauseffekt In einem Treibhaus passiert das Sonnenlicht die Glasdaumlcher und -waumlnde weitgehend un-gehindert und erwaumlrmt das Treibhaus Die Waumlrme kann durch die Daumlcher und Waumlnde nicht entweichen In der Atmo-sphaumlre ist ein aumlhnlicher Effekt aufgrund der so genannten Treibhausgase (THG) zu beobachten Von der Sonne faumlllt energiereiche kurzwellige Strahlung auf die Erde und dringt weitgehend ungehindert durch die Atmosphaumlre zur Erdoberflaumlche durch Die Erdoberflaumlche wiederum strahlt weniger energiereiche langwellige Strahlung ab Diese wird zu einem groszligen Teil durch die Treibhaus-gase in der Atmosphaumlre aufgenommen und dann wieder in alle Richtungen abgestrahlt Die Treibhausgase halten also einen Teil der Waumlrmeenergie auf der Erdoberflaumlche zuruumlck der sonst in den Weltraum abgestrahlt wuumlrde Das haumlufigste natuumlrlich vorkommende Treib-hausgas ist Wasserdampf (H2O g) Er

ist fuumlr rund zwei Drittel des natuumlrlichen Treibhauseffekts verantwortlich Andere Treibhausgase sind etwa Kohlendioxid (CO2) Methan (CH4) und Lachgas (N2O) Durch den natuumlrlichen Treibhauseffekt wurde das Leben auf der Erde in der heutigen Form uumlberhaupt erst moumlglich Er bewirkt eine Erwaumlrmung der Erdober-flaumlche um 33 Grad Celsius wodurch die durchschnittliche globale Temperatur auf 15 Grad Celsius angehoben wird Ohne den natuumlrlichen Treibhauseffekt laumlge sie bei minus 18 Grad Celsius

Auf diesen natuumlrlichen Effekt sattelt die Menschheit nun den menschenge-machten (anthropogenen) Treibhaus-effekt auf Durch verschiedene industri-elle und landwirtschaftliche Aktivitaumlten steigert der Mensch die Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphaumlre CO2 hat mit rund 60 Prozent den Haupt-anteil am anthropogenen Treibhaus-effekt Es wird durch die Verbrennung der fossilen Brennstoffe minus Braun- und Steinkohle Erdoumll und Erdgas minus so-wie die fortschreitende Rodung der Waumllder freigesetzt Seit Beginn der Industrialisierung hat der Mensch die atmosphaumlrische CO2-Konzentration von 280 ppm (parts per million dh Teile Kohlendioxid pro eine Million Atmo-sphaumlrenteile) auf uumlber 400 ppm erhoumlht Dieser Wert uumlbertrifft bei weitem die natuumlrliche Bandbreite der atmosphauml-rischen CO2-Konzentration der letzten 800000 Jahre die anhand von Eisboh-rungen ermittelt werden konnte

Wie oben erwaumlhnt wurde durch den Anstieg der Treibhausgas-Konzentra-tion in der Atmosphaumlre bereits eine Erwaumlrmung der mittleren globalen Luft-temperatur von fast 1 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter ausgeloumlst Bis zum Ende des 21 Jahr-hundert wird eine Erwaumlrmung von bis zu 4 Grad Celsius erwartet Solch eine Erwaumlrmung entspraumlche in der Groumlszligen-ordnung dem Temperaturunterschied zwischen dem Tiefpunkt der letzten Eiszeit und der derzeitigen Warmzeit Die Erhoumlhung der Temperatur seit der letzten Eiszeit dauerte 8000 Jahre ndash die Menschheit ist dabei einen ebenso

Atmosphaumlre

Treibhausgase

SonnenlichtWaumlrme von der Erde

Der natuumlrliche Treibhauseffekt(Grafik nach Lars EbbersmeyerWikimedia)

8 FIAN | Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher

groszligen Temperaturanstieg innerhalb von 200 Jahren hervorzurufen

Die Loumlsung des Klimaproblems ist unter anderem deswegen so schwierig weil bei nahezu allen wirtschaftlichen Aktivitaumlten Treibhausgase ausgestoszligen werden Mit einem Viertel der Emis-sionen hat die Erzeugung von Strom und Waumlrme den groumlszligten Anteil Nur knapp dahinter liegen mit 24 Prozent Land- und Forstwirtschaft Dies liegt vor allem an der Rodung der Waumllder in Laumlndern des Globalen Suumldens sowie an hohen Emissionen aus Viehwirtschaft und Reisanbau Weitere hohe Ausstoumlszlige kommen aus der Industrie mit 21 Pro-zent und dem Verkehr mit 14 Prozent

Aktuell verursacht China den groumlszlig-ten Ausstoszlig von Treibhausgasen gefolgt von den USA der EU und Indi-en Betrachtet man jedoch alle Emissi-onen seit dem Beginn systematischer Aufzeichnungen im Jahr 1850 so sind die Industrielaumlnder fuumlr rund drei Vier-tel davon verantwortlich Ein anderes Bild entsteht auch wenn man die Emissionen pro Kopf betrachtet Waumlh-rend in Deutschland im Durchschnitt 10 Tonnen CO2 pro Kopf ausgestoszligen

werden und in den USA sogar 18 Ton-nen sind es in China 8 Tonnen und in Indien nur rund 23 Tonnen Zudem ist es innerhalb dieser Laumlnder oft nur eine wohlhabende Minderheit die durch ihren energieintensiven Lebensstil am meisten zu den Emissionen beitraumlgt waumlhrend der arme Groszligteil der Bevoumll-kerung weiterhin nur einen geringen Anteil daran hat

25

21

14

16

Sonstige

Industrie

Verkehr

Strom- und Waumlrme-erzeugung

Land- und Forst-wirtschaft

24

Die Verbrennung fossiler Energietraumlger ist eine der wesentlichen Ursachen des menschengemachten Treibhauseffekts

Anteil verschiedener Wirtschaftssektoren an den TreibhausgasemissionenDatenquelle Weltklimarat

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher | FIAN 9

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Basierend auf den Analysen des Welt-klimarats (2007 und 2014) und dem Grundlagendokument der Ernaumlhrungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Food and Agricul-tural Organization FAO) zum Thema

Klimawandel und Ernaumlhrungssicherheit (2008) lassen sich im Wesentlichen fuumlnf Faktoren festmachen die die Wahrneh-mung des Rechts auf Nahrung vieler Menschen bedrohen

Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur

Die Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur hat regional stark unterschiedliche Auswirkungen In den mittleren und houmlheren Breitengraden Nordamerikas Europas Asiens und

Suumldamerikas verlaumlngert ein gemaumlszligigter Anstieg der mittleren globalen Lufttem-peratur zwischen 1 Grad Celsius und 2 Grad Celsius die landwirtschaftlichen Anbauphasen und koumlnnte zu houmlheren

Die Karte zeigt wie sich der Klimawandel bis 2100 voraussichtlich auf die Eignung fuumlr landwirtschaftliche Nutzung auswirken wird

Grafi k Dr Florian Zabel Ludwig-Maximilians-Universitaumlt Muumlnchen (LMU)

schlechter besser

Auswirkungen des Klimawandels auf die

Verwirklichung des Menschenrechts auf

Nahrung

10 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Ertraumlgen fuumlhren Demgegenuumlber fuumlhrt in den saisonal trockenen Laumlndern niedriger Breitengrade in denen sich die meisten Laumlnder des Globalen Suuml-dens befinden bereits eine Erwaumlrmung zwischen 1 Grad Celsius und 2 Grad Celsius zu erheblichen Ernteverlusten Dies ist vor allem auf eine staumlrkere Verdunstung in Verbindung mit der weit verbreiteten regenbewaumlsserten Land-wirtschaft in diesen Laumlndern zuruumlckzu-fuumlhren Die Ertraumlge werden auch beein-

traumlchtigt wenn die Tagestemperaturen gewisse Schwellenwerte uumlberschreiten die je Pflanzenart unterschiedlich sind Der Klimawandel hat zur Folge dass diese Werte haumlufiger uumlberschritten werden

Bei einem Temperaturanstieg von uumlber 2 Grad Celsius erwartet die Klima-wissenschaft in allen Klimazonen minus also auch in den houmlheren Breitengraden minus negative Auswirkungen auf die land-wirtschaftliche Produktion

Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge

Im Zuge des Klimawandels werden sich die Niederschlagsmuster sowohl jahres-zeitlich als auch raumlumlich veraumlndern Generell sagt die Klimaforschung voraus dass feuchte Regionen zukuumlnf-tig noch feuchter und trockene Regio-nen noch trockener werden Gleichzei-tig prognostiziert die Klimaforschung

dass die Niederschlaumlge staumlrker sowie die zeitlichen Abstaumlnde zwischen Regenfaumll-len insgesamt groumlszliger werden Dies wird mit groszliger Wahrscheinlichkeit eine Zunahme von Duumlrren und Uumlberschwem-mungen zur Folge haben die groszlige Verluste in der Land- und Viehwirtschaft hervorrufen werden

Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen

Die Klimaforschung sagt voraus dass die Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen wie starken Stuumlrmen und lang anhaltenden Regen-schauern auf allen Kontinenten zuneh-men wird In tropischen Regionen wird aufgrund der erhoumlhten Temperaturen und des ansteigenden Meeresspiegels eine Zunahme von Zyklonen prognosti-ziert die zu Ernteausfaumlllen auf dem Land sowie zur Zerstoumlrung der fuumlr die

Fischerei wichtigen Korallen beitragen werden Diese extremen Wetterereig-nisse beschaumldigen nicht nur die ange-bauten Feldfruumlchte und treiben die Erosion des Bodens voran sondern fuumlhren auch zu enormen Schaumlden an der Infrastruktur in den betroffenen Regionen Dies kann nicht nur den Zugang zu Maumlrkten verschlechtern sondern auch eine Notversorgung mit Lebensmitteln behindern

Anstieg des Meeresspiegels

Die Erhoumlhung der globalen Temperatu-ren fuumlhrt zur Ausdehnung der Wasser-massen der Ozeane (durch die Erwaumlr-mung einer Substanz erhoumlht sich ihr Volumen) sowie zum Abschmelzen des Polareises und der Gletscher Der dadurch ansteigende Meeresspiegel bedroht den Lebensraum der Bewohne-rInnen kleiner Inseln des pazifischen und indischen Ozeans sowie der Kuumlsten-bewohnerInnen Fruchtbares Tiefland wird uumlberschwemmt Ackerboumlden

versalzen Daruumlber hinaus wird voraus-gesagt dass die Fischereiwirtschaft zunehmend in Konkurrenz zum ver-staumlrkten Kuumlstenschutz stehen wird der durch den Klimawandel erforderlich wird Der Bau von Daumlmmen fuumlhrt zu Veraumlnderungen in den Ablagerungs-schichten des Meeresbodens sowie in der Versorgung kuumlstennaher Oumlkosyste-me mit Frischwasser und Naumlhrstoffen mit nachteiligen Folgen fuumlr die lokale Fischerei

Bereits jetzt hat der Klimawandel in einigen Regionen der Welt geringere Maisernten zur Folge

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 11

Groumlszligere Wetterschwankungen

Insgesamt bringen die klimatischen Veraumlnderungen instabilere Wetterver-haumlltnisse mit sich die die Wasserversor-gung sowie die Land- und Viehwirt-schaft in vielen Regionen erschweren

und Ernteertraumlge schwanken lassen Dies stellt ein Risiko fuumlr die Einkom-mensgrundlage der BaumluerInnen sowie fuumlr die Versorgung lokaler und regiona-ler Maumlrkte mit Nahrungsmitteln dar

Der Klimawandel hat einen enormen Einfluss auf den Zugang zu ausreichen-dem und sauberem Wasser Mit jedem Grad globaler Erwaumlrmung werden sich die erneuerbaren Trinkwasserressour-cen voraussichtlich fuumlr 7 Prozent der Weltbevoumllkerung um 20 Prozent verrin-gern Der Klimawandel verstaumlrkt die

bereits bestehenden Wasserprobleme in vielen Erdregionen die durch das hohe Bevoumllkerungswachstum das Anwachsen der Megastaumldte die Ausbreitung eines ressourcenintensiven Lebensstils und die Uumlbernutzung von Frischwasser durch die industrielle Landwirtschaft hervorgerufen werden

Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels

Neben der Uumlberschwemmung von Kuumlstengebieten sowie vieler kleiner Inseln des indischen und pazifischen Ozeans fuumlhrt der Anstieg des Meeres-spiegels in kuumlstennahen Gebieten auch

zur Versalzung des Grundwassers Frischwasser wird dadurch immer knapper und die Zahl der Menschen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser wird schnell steigen

Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur

Mehr als ein Sechstel der Weltbevoumllke-rung lebt in Flussgebieten die haupt-saumlchlich durch saisonale Abschmelzun-gen von Schnee und Gletschereis mit Suumlszligwasser versorgt werden Durch die ansteigende Lufttemperatur wird die Schneefallmenge in den Wintermonaten abnehmen Zudem wird sich der Abfluss des Schmelzwassers von den Bergen zunehmend von den Sommermonaten ndash in denen der Bedarf am groumlszligten ist ndash in den Fruumlhling verschieben Gleichzeitig wird der Temperaturanstieg zu einem weiteren Ruumlckgang der Gletscher fuumlhren die aufgrund ihrer Kapazitaumlt zur Speicherung von Suumlszligwasser eine zentrale Rolle bei der Trinkwasserver-

sorgung in den Flussgebieten spielen Bei einem Temperaturanstieg von 4 Grad Celsius koumlnnte der Umfang der Gletscher bis zum Ende des Jahrhun-derts weltweit um bis zu vier Fuumlnftel abnehmen Dies wird ein kurzfristiges Ansteigen der Flusslaumlufe zur Folge haben Langfristig wird sich die Wasser-menge der Fluumlsse jedoch verringern Schlieszliglich wird vorhergesagt dass das Ansteigen der Lufttemperatur und die abnehmende Wassermenge in den Suumlszliggewaumlssern zu starkem Algen- und Bakterienwachstum fuumlhren Dadurch wird sich die Wasserqualitaumlt in den betroffenen Regionen verschlechtern

Auswirkungen des Klimawandels auf die

Verwirklichung des Menschenrechts auf

Wasser

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta muss aufgrund des Klimawandels immer tiefer nach Trinkwasser graben

12 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge

Trockene Gebiete sowie Regionen mit geringen Suumlszligwasserspeichern in denen die Gewinnung von Trinkwasser unmit-telbar aus dem Regenwasser erfolgt werden mit groszliger Wahrscheinlichkeit besonders heftig von den abnehmen-den Niederschlaumlgen betroffen werden In tropischen Gebieten wiederum kann

die vorhergesagte Erhoumlhung der jahres-zeitlichen Niederschlagsmenge zu Uumlberschwemmungen fuumlhren Durch das Ausspuumllen der Boumlden der uumlberfluteten Landflaumlchen koumlnnen Schadstoffe in das Wasser gelangen die die Suumlwasserres-sourcen verschmutzen

Die Klimaaumlnderungen werden in der tropischen und subtropischen Klimazo-ne ndash in der sich die Mehrzahl der Laumlnder des Globalen Suumldens befindet ndash weit negativer ausfallen als in der gemaumlszligig-ten Klimazone in der uumlberwiegend Industriestaaten beheimatet sind Daruumlber hinaus verfuumlgen die Menschen in den Laumlndern des Globalen Suumldens aufgrund mangelnder finanzieller und technologischer Mittel uumlber eine nur geringe Anpassungsfaumlhigkeit an die

bevorstehenden Klimaaumlnderungen Es werden also gerade die Menschen am staumlrksten unter den Auswirkungen der Erderwaumlrmung leiden die am allerwe-nigsten zu deren Verursachung beige-tragen haben

Dem Weltklimarat zufolge sind die Arktis Afrika kleine Inseln sowie die groszligen asiatischen Flussdeltas die am staumlrksten vom Klimawandel betroffenen Regionen

Kleine Inselstaaten

Kleine Inselstaaten wie beispielsweise Vanuatu und Tuvalu sind bereits heute schon stark von den klimatischen Veraumlnderungen betroffen Der anstei-gende Meeresspiegel erhoumlht die Gefahr von Uumlberschwemmungen und Sturmflu-ten und stellt eine Bedrohung fuumlr die Wasserversorgung die Landwirtschaft und die gesamte Infrastruktur dar Die Wasserversorgung der Inseln wird zusaumltzlich dadurch erschwert dass durch die Klimaaumlnderungen Meereswas-ser in das Grundwasser dringt Denn gerade auf den kleinen Inseln und Atollen liegt der Grundwasserspiegel haumlufig nur etwa ein bis zwei Meter unter der Erdoberflaumlche

Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels

Die kleinen Inselstaaten sind aufgrund des Klimawandels vom Untergang bedroht

Die Regenfaumllle in Haiti werden heftiger undfuumlhren haumlufiger zu Uumlberschwemmungen

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 13

Daruumlber hinaus gefaumlhrden die vor-ausgesagten Veraumlnderungen der Nie-derschlagsmenge die Wasserversorgung der Inseln Denn auf den meisten Atol-len erfolgt die Trinkwassergewinnung durch das Auffangen von Regenwasser Des Weiteren beeintraumlchtigen die mit dem Meeresspiegelanstieg einherge-hende Versalzung der Boumlden und die

Unregelmaumlszligigkeiten der Niederschlaumlge die landwirtschaftliche Selbstversor-gung vieler Inseln Nicht nur die Ertraumlge der Agrarwirtschaft sondern auch die der Fischwirtschaft drohen aufgrund des temperaturbedingten Absterbens der Korallenriffe drastisch zuruumlckzuge-hen die vielen Fischen als Nahrungsre-servoir dienen

Afrika

Fuumlr das suumldliche Afrika wird vorherge-sagt dass der jaumlhrliche Niederschlag bei einer globalen Erwaumlrmung von 4 Grad Celsius um bis zu 30 Prozent abnehmen koumlnnte In Teilen des suumldli-chen und westlichen Afrikas koumlnnte sich die jaumlhrliche Wiederauffuumlllung des Grundwassers um 50 bis 70 Prozent vermindern Entsprechend erhoumlht sich das Risiko von Duumlrren Fuumlr das Horn von Afrika und das noumlrdliche Ostafrika sagen verschiedene Klimamodelle sehr unterschiedliche Folgen voraus Einige Modelle prognostizieren eine Verringe-rung der Niederschlaumlge andere eine Erhoumlhung Allerdings waumlre diese Erhouml-hung vermutlich nicht gleichmaumlszligig

uumlber das Jahr verteilt sondern wuumlrde sich in intensiven Regenperioden niederschlagen wodurch das Risiko von Uumlberflutungen steigen wuumlrde

Deutliche Auswirkungen auf die Landwirtschaft sind selbst bei niedri-gem Temperaturanstieg zu erwarten Bereits eine Erwaumlrmung von 15 Grad Celsius bis zum Jahr 2030 koumlnnte dazu fuumlhren dass 40 Prozent der Maisan-baugebiete nicht mehr fuumlr die derzeit angebauten Sorten geeignet waumlren Bei einer Erwaumlrmung von bis zu 2 Grad Celsius bis 2050 koumlnnten die Ertraumlge der gesamten Landwirtschaft um 10 Prozent abnehmen bei einer houmlheren Erwaumlr-mung um 15 bis 20 Prozent

Suumldostasien

Die dicht besiedelten Flussdeltas Suumldostasiens sind durch den ansteigen-den Meeresspiegel besonders gefaumlhr-det Denn dieser fuumlhrt zum Eindringen von Salzwasser und verstaumlrkt die Inten-sitaumlt von Wirbelstuumlrmen Zudem wird ein starker Anstieg von Hitzeextremen vorhergesagt Bereits bei einer globa-len Erwaumlrmung von 2 Grad Celsius werden 60 bis 70 Prozent der Region von Hitzeextremen und 30 bis 40 Pro-zent der Region von neuen Hitzerekor-den betroffen sein

Die Landwirtschaft wird durch diese Veraumlnderungen schwer getroffen werden So koumlnnte der Reisanbau im Mekongdelta der die Haumllfte des vietna-mesischen Reisertrags liefert bereits bis 2040 um rund 12 Prozent zuruumlck-gehen Auch die Fischwirtschaft wuumlrde durch die Erwaumlrmung und Versauerung des Wassers sowie das Absterben der Korallenriffe stark geschaumldigt Dadurch koumlnnte sich beispielsweise das Fangpo-tential in den suumldlichen Philippinen bis zum Jahr 2050 halbieren

Suumldasien

Auch in Suumldasien werden ungewoumlhnlich heiszlige Sommermonate in den naumlchsten Jahrzehnten vielfach haumlufiger auftre-ten Die regionalen und jahreszeitli-chen Schwankungen der Niederschlaumlge werden sich voraussichtlich deutlich

verstaumlrken Es wird erwartet dass bei einer globalen Erwaumlrmung von 4 Grad Celsius die Regenmengen in der trocke-nen Jahreszeit um 30 Prozent abneh-men und in der feuchten Jahreszeit um 30 Prozent zunehmen Diese Verschie-

Bewaumlsserungsmethoden der industriellen Landwirtschaft Afrikas verstaumlrken den Verlust des Zugangs zu Wasser der oumlrtlichen Bevoumllkerung

14 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

bung wird das Risiko von Duumlrren deut-lich erhoumlhen insbesondere fuumlr das nordwestliche Indien Pakistan und Afghanistan Fuumlr das suumldliche Indien wird eine houmlhere Feuchtigkeit vorhergesagt

Groszlige Fluumlsse wie der Ganges Indus und Brahmaputra haumlngen wesentlich von der sommerlichen Schnee- und Gletscherschmelze ab Bereits un-terhalb einer Erwaumlrmung von 2 Grad Celsius wird eine deutliche Erhoumlhung der Anzahl schneearmer Winter erwar-tet Dies wird zu deutlich niedrigeren Wasserstaumlnden in der trockenen Jahres-

zeit fuumlhren Wesentlich fuumlr die Land-wirtschaft sind auch das zeitige und regelmaumlszligige Eintreffen des Monsuns Dessen jaumlhrliche Schwankungen werden sich durch den Klimawandel deutlich verstaumlrken

Es wird erwartet dass die landwirt-schaftliche Produktion ohne den Klima-wandel bis zum Jahr 2050 um 60 Pro-zent steigen wuumlrde mit Klimawandel nur um 12 Prozent Durch den gleich-zeitigen Anstieg der Bevoumllkerung wird in der Folge die Produktion pro Kopf der Bevoumllkerung um ein Drittel abnehmen

Auswirkungen des Klimawandels auf Bangladesch

Bangladesch ist eines der Laumlnder die weltweit am staumlrksten durch den Klimawandel gefaumlhrdet sind Auf einer Flaumlche die etwa 40 Prozent der Groumlszlige Deutschlands entspricht leben 150 Millionen Menschen Das Land hat eine lange Kuumlste und die groszligen Fluumlsse Ganges Brahmaputra und Meghna muumlnden dort ins Meer und treten regelmaumlszligig uumlber die Ufer Schon ohne Klimawandel wird Bangla-desch immer wieder von Uumlberschwem-mungen Duumlrren und Wirbelstuumlrmen getroffen Im Durchschnitt werden jedes Jahr 20 bis 25 Prozent des Landes uumlberflutet Der Klimawandel fuumlhrt zu einem Anstieg des Meeres-spiegels und zur Zunahme von Mon-sunregen und Wirbelstuumlrmen Durch diese Faktoren koumlnnten in der Mitte des Jahrhunderts bei starken Fluten bis zu 80 Prozent des Landes uumlber-schwemmt werden Die Anzahl der Menschen die in Gegenden mit hohem Wirbelsturmrisiko leben koumlnnte von derzeit 87 Millionen auf uumlber 38 Milli-onen steigen

Daruumlber hinaus druumlckt der steigen-de Meeresspiegel vermehrt salziges Meerwasser in Bangladeschs Flussdel-tas Wo das Meerwasser nicht abflieszligt versalzen Boumlden und Suumlszligwasserquel-len Der Meeresspiegel koumlnnte bis 2050 um bis zu einem halben Meter

steigen Dadurch wuumlrde das Land 10 Prozent seiner Flaumlche verlieren was etwa der Groumlszlige Schleswig-Holsteins entspricht Davon waumlren 55 Millionen Menschen direkt betroffen und muumlss-ten umsiedeln

Die Kosten fuumlr die entstehenden Schaumlden und fuumlr die notwendigen Maszlignahmen zur Anpassung an den Klimawandel stellen Bangladesch vor eine enorme Herausforderung Als eines der aumlrmsten Laumlnder der Welt ist es bei der Bewaumlltigung dieser Aufgaben auf internationale finan-zielle und technische Unterstuumltzung angewiesen

Bangladeschs Fluumlsse drohen zu versalzen

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 15

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Die ersten Erkenntnisse zu den negati-ven Folgen des Klimawandels ruumlckten im Laufe der 1980er Jahre zunehmend ins Bewusstsein der Oumlffentlichkeit 1990 reagierte die Generalversammlung der Vereinten Nationen (United Na-tions UN) und beschloss ein interna-tionales Klimaschutzabkommen auszu-handeln Als Ergebnis wurde 1992 die Klimarahmenkonvention auf der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro (im Folgenden kurz Rio-Konferenz) verabschiedet

Die Klimarahmenkonvention ist gleichsam das Grundgesetz der inter-nationalen Klimapolitik Sie legt deren grundsaumltzliche Prinzipien fest (siehe folgendes Kapitel) und verpfl ichtet alle Staaten das Klima zu schuumltzen Daruuml-ber hinaus verpfl ichtet sie die traditio-nellen Industrielaumlnder dazu die Laumlnder des Globalen Suumldens fi nanziell tech-nologisch und durch Organisationsent-wicklung und Ausbildung zu unterstuumlt-zen Allerdings enthaumllt die Konvention keine konkreten Verpfl ichtungen fuumlr einzelne Staaten Solche Verpfl ichtun-gen sollten im Rahmen eines Zusatzpro-tokolls geregelt werden

Die Verhandlungen zu solch einem Protokoll wurden 1995 begonnen und 1997 im japanischen Kyoto abgeschlos-sen Das Kyoto-Protokoll verpfl ichtet die traditionellen Industrielaumlnder ihre Treibhausgasemissionen von 2008

bis 2012 um jeweils laumlnderspezifi sch defi nierte Werte zu senken Die Laumlnder koumlnnen diese Emissionsziele entweder auf ihrem eigenen Staatsgebiet erbrin-gen oder aber uumlber den so genannten Emissionshandel Emissionsminderun-gen aus anderen Laumlndern ankaufen Dazu wurden verschiedene Verfahren entwickelt (siehe Kapitel bdquoInternatio-nale Klimafi nanzierungldquo) Der damals groumlszligte Emittent die USA traten dem Abkommen jedoch nicht bei Zudem enthaumllt das Abkommen keine Verpfl ich-tungen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens

2007 wurden daher neue Verhand-lungen begonnen um ein global um-fassendes Klimaabkommen zu schaffen Das Abkommen sollte 2009 auf der Klimakonferenz in Kopenhagen ver-abschiedet werden dieses Vorhaben scheiterte jedoch Die Staaten konnten sich lediglich auf unverbindliche Zusa-gen einigen Allerdings legten erstmals auch viele Laumlnder des Globalen Suumldens Klimaschutzzusagen vor 2011 wurde ein neuer Anlauf gestartet ein um-fassendes Abkommen zu vereinbaren Gleichzeitig stimmten die EU und einige andere Industrielaumlnder zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020 neue ver-bindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

2015 einigten sich schlieszliglich alle Staaten auf das Pariser Klimaschutz-

16 FIAN | Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

3-SPALTIG1845mm times 90mm

Vereinte Nationen setzen Weltklimarat ein

unterzeichnet durch alle Staaten der Welt greift ab 2020

Pariser Klimaschutz-abkommen

Industrielaumlnder verpfl ichten sich ihre Treibhaus-gasemissionen von 2008 bis 2012 zu senken

Maumlngel Die USA haben nicht unterzeichnet und keine Verpfl ichtungen fuumlr den Globalen Suumlden

Verabschiedung

des

Kyoto Protokolls

1988

1992

1997

2011

2015

2016Beschluss der

Klimarahmenkonvention bei der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung (Rio-Konferenz)

Die EU und einige andere Industrielaumlnder stimmen zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020

neue verbindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

US-Praumlsident Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckzuziehen

abkommen Das Abkommen greift ab 2020 und verpflichtet alle Mitglieder Klimaschutzbeitraumlge vorzulegen Diese Beitraumlge sind allerdings rechtlich nicht verbindlich Stattdessen setzt das Abkommen auf transparente Berichter-stattung und oumlffentliches Anprangern um die Staaten anzuhalten ihre Vor-

haben auch tatsaumlchlich umzusetzen Inzwischen sind alle Staaten der Welt dem Pariser Abkommen beigetreten Allerdings hat der 2016 neugewaumlhlte US-Praumlsident Donald Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckziehen zu wollen

Die RegierungsvertreterInnen freuen sichuumlber die Verabschiedung des Klimaschutzabkommens von Paris Foto (ebenso S 16) IISDKiara Worth(enbiisdorgclimatecop21enb2dechtml)

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik | FIAN 17

Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Es ist deutlich geworden dass diejeni-gen Laumlnder die am wenigsten zum Klimawandel beitragen oft am staumlrks-ten von ihm betroffen sind Dieses Kapitel befasst sich daher mit den voumllkerrechtlichen Verpfl ichtungen der Staaten auf menschenrechtskonforme Weise den Klimawandel aufzuhalten und Anpassungsmaszlignahmen zu unterstuumltzen

Internationale Menschenrechte und Umweltvoumllkerrecht wirken inhaltlich ineinander Die Verwirklichung vieler Menschenrechte insbesondere auch des Rechts auf Nahrung haumlngt naumlmlich unmittelbar vom Zustand der natuumlrli-chen Umwelt ab Dem wurde bereits in der Stockholmer Erklaumlrung zur menschli-chen Umwelt von 1972 Rechnung getra-gen Sie formulierte als erste das Recht auf eine gesunde Umwelt und enthielt bereits damals die drei Prinzipien des Umweltrechts wie sie sich 1992 in der Erklaumlrung von Rio uumlber Umwelt und Entwicklung (im Folgenden kurz Erklauml-

rung von Rio) wiederfi nden das Vorsor-geprinzip das Verursacherprinzip und die gemeinsame aber unterschiedliche Verantwortung

Zugleich handelt es sich bei Men-schenrechten und Umweltrecht aber um unterschiedliche Bereiche des Voumllker-rechts Eine durchgaumlngige Beruumlcksichti-gung von Menschenrechten im globalen Umwelt- oder Klimarecht ist daher nicht selbstredend Im Folgenden werden die Gemeinsamkeiten und Unterschie-de der Rechtssysteme dargestellt und verdeutlicht welche Prinzipien und Verpfl ichtungen sich jeweils verstaumlrken und wo es Nachbesserungsbedarf gibt Anschlieszligend werden die staatlichen Verpfl ichtungen die sich aus men-schenrechtlicher Sicht fuumlr die Klima-politik ergeben gepruumlft Pfl ichten zur Emissionsminderung zur Unterstuumlt-zung von Anpassungsmaszlignahmen und zur Beachtung von Menschenrechten bei der Durchfuumlhrung von Maszlignahmen

Ganz allgemein handelt es sich beim Voumllkerrecht um Vertraumlge zwischen Staaten in welchen sie wechselseitige Pfl ichten und Rechte festhalten Die Menschenrechte bilden jedoch eine Ausnahme Sie sind Rechte von Einzel-personen und Gruppen gegenuumlber dem

Staat Diesen Rechten stehen staatliche Verpfl ichtungen gegenuumlber Fuumlr beide Bereiche gilt gleichermaszligen dass man zwischen materiellen Rechten und Verfahrensrechten unterscheidet ndash also zwischen konkreten Inhalten von Rechten einerseits (zum Beispiel das

Prinzipien des interna-tionalen Umweltrechts

und der Menschenrechte

Foto Werner Rudhart

18 FIAN | Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Recht auf sauberes Trinkwasser) und Regeln zu Vorgehensweisen anderer-seits (zum Beispiel die Pflicht zu Kon-

sultationen vor Eingriffen in Trinkwas-serreservoire oder die Festlegung von Rechtsmitteln bei Konflikten)

Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts

Die internationale Klimarahmenkon-vention ist Teil des internationalen Umweltrechts zu dem noch viele weitere Vertraumlge wie zum Beispiel das Washingtoner Artenschutzabkommen (1973) oder das Uumlbereinkommen zum Schutze der Ozonschicht (1985) gehouml-ren Vertragsuumlbergreifend sind im internationalen Umweltrecht die drei oben genannten Prinzipien anerkannt Sie gelten als Voumllkergewohnheitsrecht oder sind auf dem besten Wege dorthin Zu diesem Status hat wesentlich die Erklaumlrung von Rio beigetragen zu deren Grundpfeilern sie gehoumlren

Das Vorsorgeprinzip soll verhin-dern dass Schaumlden fuumlr die Umwelt ent-stehen International verankert ist vor allem der Grundsatz der Schadensver-meidung Er besagt dass auch bei un-vollstaumlndigem oder unsicherem Wissen uumlber Art Ausmaszlig Wahrscheinlichkeit und Ursachen von Umweltschaumlden und -gefahren vorbeugend gehandelt wer-den muss um Risiken zu minimieren Es gilt im internationalen Recht insbeson-dere fuumlr Auswirkungen von Maszlignahmen jenseits des eigenen Staatsgebiets wie zum Beispiel die Verschmutzung grenz-uumlberschreitender Gewaumlsser

Das Verursacherprinzip besagt dass fuumlr die Linderung und Beseitigung eingetretener Schaumlden der Verursacher verantwortlich ist und er folglich auch die Kosten tragen muss

Das Prinzip gemeinsamer aber unterschiedlicher Verantwortung entspricht einer Verallgemeinerung des Verursacherprinzips in Bezug auf Veraumlnderungen in der Umwelt fuumlr die kein einzelner Verursacher identifiziert werden kann Ein Beispiel hierfuumlr ist der Klimawandel Die gesamte Staaten-gemeinschaft traumlgt eine gemeinsame Verantwortung zu handeln Dabei wird jenen Staaten eine groumlszligere Verantwor-tung zugeschrieben die wirtschaftlich

leistungsfaumlhiger sind und staumlrker an der globalen Ressourcenausbeute beteiligt sind

Umweltrecht beinhaltet haumlufig auch eine Reihe von Verfahrensrechten In den meisten Staaten muumlssen im Vor-feld von Groszligprojekten beispielsweise deren Umweltvertraumlglichkeit analysiert (Ausdruck des Vorsorgeprinzips) und die betroffene Bevoumllkerung dabei ein-gebunden werden Vorbildlich ist hier das Uumlbereinkommen uumlber den Zugang zu Informationen die Oumlffentlichkeits-beteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten der UN Wirtschaftskommission fuumlr Europa (2001) kurz die Aarhus-Konvention Sie gewaumlhrt ausdruumlcklich die Rechte aller Betroffenenbull uumlber Umweltauswirkungen von Pro-

jekten informiert zu werdenbull an Entscheidungs- und Planungs-

prozessen beteiligt zu werden sowiebull Schadensersatzanspruumlche geltend

zu machenDie Aarhus-Konvention wurde von fast 50 Staaten Europas und Zentralasiens (mit Ausnahme Russlands) sowie von der EU ratifiziert

Frauen im kenianischen Tana-Delta sind besonders stark mit den Folgen der zuneh-menden Waserknappheit konfrontiert Foto Anton Pieper

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 19

Respekt

vor Zugang zu angemessener

Nahrung

Schutz

vor Uumlbergriffen Dritter

Gewaumlhrleistung

der Verfuumlgbarkeit und des Zugangs

zu Nahrung

Staatenpflichten

Auch die Rio-Konferenz und ihre Folgeprozesse bauen auf die Beteili-gung der Zivilgesellschaft Uumlber diesen Weg hielten nach und nach auch soziale Menschenrechte ausdruumlcklich Einzug in die Abschlusserklaumlrungen der alle

fuumlnf Jahre stattfindenden UN-Gipfel zu Umwelt und Entwicklung

Die Erklaumlrung von Rio mit ihrem Konzept der Nachhaltigkeit und den drei genannten Prinzipien liefer-te auszligerdem die Grundlage fuumlr die Klimarahmenkonvention

Prinzipien der internationalen Menschenrechte

Allgemeine Prinzipien

Die zentrale Saumlule des internationalen Menschenrechtssystems ist die Men-schenrechtscharta der Vereinten Natio-nen Sie umfasst die Allgemeine Erklauml-rung der Menschenrechte (1948) den Internationale Pakt uumlber Buumlrgerliche und Politische Rechte (UN-Zivilpakt) sowie den Internationalen Pakt uumlber Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) (beide 1966) Neben dem Zivilpakt und dem Sozial-pakt gibt es auszligerdem acht weitere Menschenrechtsvertraumlge die sich auf den Schutz besonders benachteiligter Gruppen sowie auf das Verbot von Folter und unmenschlicher Behandlung beziehen Alle Abkommen sind durch die immer gleichen Querschnittsprinzi-pien gepraumlgt naumlmlich das Gebot der Nichtdiskriminierung die Gleichheit aller die gesellschaftliche Beteiligung

den Zugang zu effektiven Rechtsmitteln bei Rechtsverletzungen die Rechen-schaftspflicht der Staaten sowie das Verbot des Ruumlckschritts Bei diesen Prinzipien handelt es sich durchweg um Verfahrensrechte die allen materiellen Rechten wie dem Recht auf Nahrung Wasser Wohnen etc zur Seite gestellt sind Denn sehr haumlufig liegt der Verlet-zung materieller Rechte die Verletzung von Verfahrensrechten zugrunde

Alle Menschenrechtsvertraumlge un-terscheiden fuumlr ihre gewaumlhrten Rechte je drei Arten staatlicher Verpflichtung gegenuumlber Einzelpersonen und Grup-pen Im UN-Sozialpakt sind dies res-pektieren schuumltzen gewaumlhrleisten Die Respektierungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten die Wahrnehmung eines Rechts nicht behindern duumlrfen Die Schutzpflicht besagt dass die Vertragsstaaten Dritte davon abhalten muumlssen die Ausuumlbung dieses Rechts zu beintraumlchtigen oder zu verhindern Die Gewaumlhrleistungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten Maszlignahmen er-greifen muumlssen um die Verwirklichung eines Rechts voranzubringen

Bezogen auf das Recht auf Nah-rung heiszligt das zum Beispiel dass der Staat BaumluerInnen nicht von ihrem angestammten Land umsiedeln darf um Infrastrukturprojekte umzusetzen wenn dadurch ihr Zugang zu angemes-sener Nahrung verloren geht Er muss ferner Dritte ndash zum Beispiel Groszliggrund-besitzerInnen oder Unternehmen ndash daran hindern dies zu tun wenn sie Land fuumlr Investitionen verkaufen oder Infrastrukturprojekte durchfuumlhren Und der Staat muss durch geeignete Maszlig-nahmen auch jenen die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung ermoumlglichen die davon ausgegrenzt sind ndash zum

Menschenrechten stehen staatliche Pflichten gegenuumlber

20 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Beispiel fuumlr die sichere Ruumlckkehr von Vertriebenen sorgen oder sie auf neuem fruchtbaren Land ansiedeln Da fuumlr viele Laumlnder des Globalen Suumldens wegen der Begrenztheit der verfuumlgbaren Mittel

insbesondere die Gewaumlhrleistungs-pflicht nicht immer leicht zu erfuumlllen ist sieht der UN-Sozialpakt eine all-maumlhliche Verwirklichung der Rechte vor

Extraterritoriale Staatenpflichten

Menschenrechtsvertraumlge beschreiben zunaumlchst die Pflichten eines Vertrags-staates gegenuumlber den Menschen auf seinem Staatsgebiet oder solchen die anderweitig unter seiner Gewalt stehen (zum Beispiel bei Besatzungen) Der UN-Zivilpakt enthaumllt eine Klausel die seinen Anwendungsbereich in diesem Sinn einschraumlnkt Der UN-Sozialpakt hingegen erlaubt weitreichendere Interpretationen Hier heiszligt es in Artikel 2(1) bdquoJeder Vertragsstaat verpflichtet sich einzeln und durch internationale Hilfe und Zusammenar-beit hellip die volle Verwirklichung der in diesem Pakt anerkannten Rechte zu erreichenldquo Fortschrittliche JuristInnen sehen darin eine rechtlich bindende Pflicht wirtschaftliche soziale und kulturelle Menschenrechte auch uumlber das eigene Staatsgebiet hinaus zu respektieren zu schuumltzen und zu gewaumlhrleisten Dies hat der UN-Sozial-ausschuss 2002 in seinem Allgemeinen Kommentar Nr 15 zum Recht auf Wasser aufgegriffen der bdquohellip von den Vertragsstaaten [verlangt] von Hand-lungen abzusehen die den Genuss des Rechts auf Wasser in anderen Laumlndern unmittelbar oder mittelbar beeintraumlchti-genldquo Die International Commission of Jurists (ICJ) hat dies fortgesetzt und 2011 die sogenannten Maastrichter Prinzipien zu extraterritorialen Staaten-pflichten im Rahmen des UN-Sozialpakts veroumlffentlicht Laut den Maastrichter Prinzipien muumlssen Staaten ihre zwi-schenstaatlichen und internationalen Abkommen so gestalten dass sie nicht zu menschenrechtlichen Verwerfungen bei Vertragspartnern fuumlhren und die Staaten nicht in der Erfuumlllung ihrer

menschenrechtlichen Verpflichtungen einschraumlnken Ferner haben Staaten die Pflicht gesetzgeberische und politische Maszlignahmen zu ergreifen um Menschen in anderen Staaten vor Menschen-rechtsverletzungen durch bei ihnen ansaumlssige international agierende Konzerne zu schuumltzen Die freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Men-schenrechten gleichfalls von 2011 weisen zumindest den Spielraum aus den Staaten zur Regulierung transnati-onaler wirtschaftlicher Akteure haben 2017 veroumlffentlichte der UN-Sozialaus-schuss auszligerdem den Allgemeinen Kommentar Nr 24 zu Staatenpflichten im Zusammenhang unternehmerischen Handelns Darin betont er ebenfalls die grenzuumlberschreitenden staatlichen Pflichten zur Kontrolle multinationaler Konzerne Insgesamt hat der Verweis auf extraterritoriale Pflichten der Staaten im Rahmen des UN-Menschen-rechtssystems uumlber die letzten Jahre stark zugenommen

Protest vor der Zentrale der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) gegen ein Staudammprojekt in Panama

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 21

Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten

Obwohl die Umwelt- und die Men-schenrechtsprinzipien ein groszliges Potenzial fuumlr Synergien haben weisen die Klimarahmenkonvention und das Kyoto-Protokoll keinerlei Bezug zu den Menschenrechten auf Zur Veran-schau li chung vergleicht die folgende Tabelle die wesentlichen Prinzipien der international anerkannten Men-schenrechte und die Regeln des Kli-marechts anhand der Grundpfeiler des internationalen Umweltrechts

Wie die Tabelle zeigt sind Staaten aus menschenrechtlicher und aus kli-mapolitischer Perspektive verpflichtet den Klimawandel zu stoppen und seine Wirkungen abzumildern Neben der Emissionsminderung ist es menschen-rechtlich wichtig besonders betroffene Bevoumllkerungsgruppen bei der Anpas-sung zu unterstuumltzen die hierfuumlr kaum Mittel haben

Ferner duumlrfen klimapolitische Maszlignahmen ihrerseits nicht zu Men-schenrechtsverletzungen fuumlhren Da die internationalen Klimaregeln aber im Gegensatz zu Menschenrechtskonven-tionen und vielen anderen Umweltab-kommen vergleichsweise wenig Wert auf die Einbindung betroffener Menschen legt kommt es durch klimapolitische Maszlignahmen immer wieder zu Men-schenrechtsverletzungen Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen sowie UN-SonderberichterstatterInnen und andere Menschenrechtsorgane haben daher intensiv Lobbyarbeit betrieben um Menschenrechte im Abkommen von Paris zu verankern Durchgesetzt hat sich jedoch nur ein Absatz in der nicht-bindenden Praumlambel (Zitat siehe Einlei-tung) Klimaschutz und Menschenrech-te trennen weiterhin Welten

Umwelt-recht-

Prinzipien Internationale Menschenrechte Internationales Klimarecht

Veru

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Ist Bestandteil der Menschenrechtsprinzipien und kommt im Recht auf Rechtsmittel und Entschaumldigung zum Ausdruck Das Verursacherprinzip setzt voraus dass ein Staat seine Respektierungs- Schutz- oder Gewaumlhrleistungspflicht nachweislich verletzt hat

Wegen des Problems eine spezifische Kausalkette nachzuweisen (welche CO2-Emission hat wen geschauml-digt) ist es kein Prinzip der Klimarahmenkonventi-on In aufgeweichter Form spiegelt es sich im Prinzip der gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortung

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on Grundlegendes in Art2 (1) des UN-Sozialpaktes verankertes Prinzip wonach die reichen Industrie-staaten die Laumlnder des Globalen Suumldens bei der allmaumlhlichen Verwirklichung der Menschenrechte unterstuumltzen sollen

Verpflichtung der Industrielaumlnder gemaumlszlig Art 4 (3 4) der Klimarahmenkonvention die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell und technologisch bei der Minde-rung von Emissionen und Anpassung an den Klima-wandel zu unterstuumltzen

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Verfahrensrechte (Gleichbehandlung Information Beteiligung Rechtsmittel) sind Grundlage aller menschenrechtlichen Vertraumlge weil sie auch fuumlr die Sicherung substantieller Rechte (zB Recht auf Nahrung) bedeutend sind Dies gilt insbesondere auch fuumlr die Rechte besonders diskriminierter Bevoumllkerungsgruppen

Im Gegensatz zu vielen Umweltabkommen (zB Aarhus-Konvention) spielen in der Klimarahmenkon-vention dem Kyoto-Protokoll und dem Pariser Ab-kommen Verfahrensrechte von Einzelpersonen keine Rolle Die Ausgestaltung der internationalen Klima-schutzmechanismen nimmt entsprechend wenig Ruumlcksicht darauf

Vergleich menschenrechtlicher und klimarechtlicher Prinzipien

22 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Die Malediven fordern von der internationalen Staatengemeinschaft Maszlignahmen zum Klimaschutz zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung

Kaum jemand zweifelt mehr daran dass der Klimawandel maszliggeblich men-schengemacht ist und negative Auswir-kungen auf die Wahrnehmung von Menschenrechten hat Auf Grundlage der menschenrechtlichen Schutzpflicht sind die Staaten verpflichtet rasch effektive Maszlignahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen zu ergrei-fen BerichterstatterInnen des UN-Menschenrechtsrats betrachten das im Pariser Abkommen vereinbarte Ziel Emissionen derart zu reduzieren dass der globale Temperaturanstieg unter 15 Grad Celsius gehalten wird daher als menschenrechtliche Pflicht der Staaten Dennoch findet Emissionsmin-derung nicht in dem Umfang statt wie es noumltig waumlre Seit 2005 haben ver-schiedene Akteure auf unterschiedli-chen Wegen versucht diesen Blockaden mit Hilfe des Menschenrechtssystems entgegenzuwirken

Die Regierung der Malediven schlug den politischen Weg ein Die Malediven sind ein Staat bestehend aus etwa 1200 kleinen Inseln die nur wenige Meter uumlber dem Meeresspiegel liegen und unmittelbar vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen sind Die Regierung des Landes initiierte die Maledivische Erklaumlrung zur menschlichen Dimension des globalen Klimawandels die sie im November 2007 gemeinsam mit 38 weiteren kleinen Inselstaaten unterzeichnete In dieser Erklaumlrung forderten sie das Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte der Vereinten Nationen auf dem Menschenrechtsrat eine detaillierte Studie uumlber die Auswir-kungen des Klimawandels vorzulegen was im Oktober 2009 ndash kurz vor der Klimakonferenz in Kopenhagen ndash auch geschah Die Malediven haben damit einen Prozess in Gang gesetzt der maszliggeblich dazu beigetragen hat dass viele Menschenrechtsorgane begannen sich mit den Auswirkungen des Klima-wandels auf die Menschenrechte zu befassen

Einen anderen Weg schlugen die Inuit des US-amerikanischen Teils Alaskas ein 2005 reichten sie bei der Inter-Amerikanischen Menschenrechts-kommission eine Klage gegen die USA ein weil die USA nicht genug taumlten um den Klimawandel zu verhindern Die Kommission lehnte die Verhandlung des Falls ab Ein wesentlicher Grund war dass die Klaumlger nicht hinreichend darle-gen konnten dass vor allem die Un-taumltigkeit der USA zur Verletzung ihrer Menschenrechte fuumlhre Die Kommission lud die Inuit aber im Maumlrz 2007 zu einer Anhoumlrung ein um die Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Menschen-rechte zu eroumlrtern Obwohl sie rechtlich eine Niederlage erlitten hatten wurde die Anhoumlrung doch zu einem politi-schen Erfolg der der Situation der Inuit global viel Aufmerksamkeit einbrachte

Des Weiteren war die Klageschrift der Inuit der Auftakt zu einer Vielzahl von Versuchen die Staaten auf juristi-schem Wege zur Pflicht zu rufen Dies muss sich aber nicht auf Organe des Menschenrechtssystems beschraumlnken Besonders erfolgreich war eine Klage der niederlaumlndischen Umweltorganisa-tion Urgenda gegen die Niederlande Das Bezirksgericht in Den Haag urteilte 2015 auf Grundlage der in der nieder-laumlndischen Verfassung verankerten Fuumlrsorgepflicht des niederlaumlndischen Staates dass die Niederlande auf-grund der Erkenntnisse des vierten Sachstandsberichts des Weltklimarats ihre Emissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 25 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern muumlssen Mit den bis dahin ergriffenen Maszlignahmen waumlren voraussichtlich nur 17 Prozent erreicht worden

Trotz dieser Erfolge bleibt es schwierig einzelne Staaten fuumlr den Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Menschenrechte zur Verant-wortung zu ziehen Haumlufig verstaumlrkt der Klimawandel nur bereits beste-hende Menschenrechtsverletzungen Auch die Unterscheidung ob eine

Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 23

Menschenrechtsverletzung in diesem Zusammenhang Folge des Klimawandels oder uumlblicher Wetterextreme ist ist oft schwierig So kommt das Hochkommis-sariat fuumlr Menschenrechte 2009 zum Ergebnis dass der Klimawandel zwar eindeutig negative Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Menschenrech-ten hat dass es aber weniger eindeutig ist ob und in welchem Ausmaszlig die Auswirkungen in streng rechtlichem Sinn als Menschenrechtsverletzung qualifiziert werden koumlnnen

Aus Sicht von FIAN Deutschland kann der Verlust des Zugangs zu Nah-rung durch den Klimawandel aber durchaus als Menschenrechtsverletzung gewertet werden fuumlr die andere Staa-

ten als der Heimatstaat mitverantwort-lich sind Zwar ist der Haftungsansatz nach dem Verursacherprinzip aufgrund der oben geschilderten Besonderheiten des Klimaproblems fuumlr eine menschen-rechtliche Argumentation wenig frucht-bar Aufgrund des Wissens der Staaten uumlber die menschliche Verursachung und der nachweislich negativen Auswirkun-gen des Klimawandels auf die weltweite Verwirklichung der Menschenrechte sind die Staaten jedoch gemaumlszlig UN-Sozialpakt Artikel 2(1) menschenrecht-lich verpflichtet einzeln sowie durch internationale Hilfe und Zusammen-arbeit unter Ausschoumlpfung all ihrer Moumlglichkeiten wirksame Maszlignahmen zur Emissionsminderung zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung

bdquoAnpassungldquo umschreibt ein weites Feld von Aktivitaumlten das die Menschen weniger anfaumlllig gegenuumlber den Auswir-kungen des Klimawandels macht Hiermit kann die Einfuumlhrung von duumlrreresistenten Pflanzenarten und von Bewaumlsserungssystemen gemeint sein aber auch Umsiedlung aus Hochrisiko-zonen neue Bauweisen und Bauvor-schriften oder der Ausbau von Institu-tionen zum Risikomanagement Sie macht einen vergleichsweise kleinen Teil der Klimafinanzierung aus die sich 2016 auf insgesamt 380 Milliarden US Dollar belief 93 Prozent der globalen Klimafinanzierung kommen der Emissi-onsminderung zugute die uumlberwiegend privat finanziert ist Mittel aus oumlffentli-cher Hand tragen nur 34 Prozent zur globalen Klimafinanzierung bei wovon wiederum nur 16 Prozent Anpassungs-maszlignahmen zugutekommen 89 Pro-zent der oumlffentlichen Klimafinanzierung werden von internationalen und natio-nalen Entwicklungsbanken gestemmt Selbst die internationalen Banken wie die Weltbank die Asiatische und die

Afrikanische Entwicklungsbank oder die Europaumlische Investitionsbank (EIB) investieren nur durchschnittlich 23 Pro-zent ihrer Investitionen im Klimabe-reich in Anpassungsmaszlignahmen Fuumlr den unmittelbaren Schutz sowie fuumlr Anpassungsmaszlignahmen an die Folgen des Klimawandels werden also verhaumllt-nismaumlszligig wenige Gelder bereitgestellt Dies kann akut zu Menschenrechtsver-letzungen fuumlhren Je spaumlter und halb-herziger in den Klimaschutz investiert wird desto mehr Anpassung wird noumltig Die Pflicht der Staaten solche Maszlignah-men zu unterstuumltzen ergibt sich aus ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen gemaumlszlig Artikel 2(1) des UN Sozialpaktes Sie gilt unabhaumlngig davon wie viel ein Staat zur Klimaer-waumlrmung beitraumlgt Diese Pflicht ergibt sich auszligerdem aus Art 4(3 4) der Klimarahmenkonvention die aumlrmeren Laumlnder sowohl beim Klimaschutz als auch bei der Anpassung an den Klima-wandel unterstuumltzen ndash gemaumlszlig dem Prinzip gemeinsamer aber unterschied-licher Verantwortung

Die Lebensgrundlage der Indigenen im aumlthiopischen Omo-Tal ist durch den Bau des Stauddamms Gibe III bedroht Foto Suvival International

24 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Obergrenze (Cap)

Industriestaaten unterschreiben dashellip

Kyoto-Protokoll (1997)

Ziel Reduktion der Treibhausgasemission

Emissionen im Zeitraum von 2008 bis 2012 um 5 unter das Niveau von 1990 senken

fl exibler Mechanismus

Fabrik A Fabrik B

Wenn die Emissionen unter der Obergrenze

liegen koumlnnen die nicht genutzten Emissionsrechte wieder verkauft

werden

hellip an Staaten oder

Unternehmen die mehr

Emissionen ausstoszligen

wollen

Verkauft die ungenutzten CO

2-Rechtehellip

Funktionsweise des Emissionshandels

Internationale Klimafinanzierung

Gemaumlszlig der Klimarahmenkonvention sind die traditionellen Industrielaumlnder verpflichtet die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell technologisch und mit Kapazitaumltsaufbau zu unterstuumltzen Auf der Klimakonferenz von Kopenha-gen 2009 wurde diese Verpflichtung konkretisiert die Industrielaumlnder sagten zu dass die finanzielle Unter-stuumltzung bis 2020 auf jaumlhrlich 100 Milli-arden US-Dollar anwachsen soll Zu diesen werden nicht nur die aufge-brachten oumlffentlichen Mittel sondern auch private Investitionen in den Klimaschutz gezaumlhlt wenn sie eine Folge staatlicher Maszlignahmen sind

Die Unterstuumltzung durch oumlffentliche Geber laumluft durch eine Vielzahl von Ka-naumllen Zum einen nutzen viele Staaten dazu ihre Organisationen der Entwick-lungszusammenarbeit In Deutschland sind das beispielsweise die Gesellschaft fuumlr Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Kreditanstalt fuumlr Wieder-aufbau (KfW) Zweitens zaumlhlen auch die Weltbank und die regionalen Ent-wicklungsbanken Klimaschutz zu ihren Aufgaben Insbesondere die Weltbank hat mehrere spezielle Klimaschutzfonds geschaffen Drittens wurde eine Reihe von internationalen Fonds eingerichtet Mit den Geldern der 1991 geschaffenen Globalen Umweltfazilitaumlt (Global Envi-ronment Facility GEF) werden Projekte im Rahmen der Klimarahmenkonventi-on und anderer internationaler Um-weltabkommen finanziert 2001 wurden unter der Klimarahmenkonvention eine Reihe von kleinen spezialisierten Fonds eingerichtet die insbesondere Maszlig-nahmen zur Anpassung an den Klima-wandel finanzierenbull der Least Developed Countries Fund

Fonds fuumlr die am wenigsten entwi-ckelten Laumlnder

bull der Special Climate Change Fund Spezieller Klimawandel-Fonds der vor allem Anpassungsmaszlignahmen finanzieren soll und

bull der Adaptation Fund Anpassungs-fonds fuumlr Laumlnder des Globalen Suumldens

Daruumlber hinaus wurde 2010 beschlos-sen den Green Climate Fund (Gruumlner Klimafonds) einzurichten Dieser soll einen erheblichen Teil der zugesagten 100 Milliarden US-Dollar verwalten

Neben diesen Einrichtungen zur Klimafinanzierung wurden im Rahmen des Kyoto-Protokolls auch institutiona-lisierte Verfahren zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige geschaffenbull der internationale Emissionshandel

der den Handel mit Rechten zum Ausstoszlig von Treibhausgasen regelt

bull die Joint Implementation (Gemein-same Umsetzung) uumlber die Klima-schutzprojekte in Industrielaumlndern international zertifiziert werden koumlnnen

bull der Clean Development Mechanism (Mechanismus fuumlr umweltver-traumlgliche Entwicklung) uumlber den Klimaschutzprojekte in Laumlndern

Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 25

des Globalen Suumldens international zertifiziert werden koumlnnen (siehe Kapitel bdquoDer Clean Development Mechanismldquo)

Diese Verfahren dienen aber in ers-ter Linie der Erreichung der Emissi-onsziele der Industrielaumlnder (siehe Kapitel bdquoSenkung der eigenen Emissi-onenldquo) Mitgliedstaaten mit groszligen Regenwaldvorkommen forderten daher

ein Instrument zu schaffen das den Schutz von Waumlldern auf die Klimabilanz anrechnet Infolge wurde 2007 das Programm REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degrada-tion in Developing Countries) ins Leben gerufen Es soll zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige in Laumlndern des Globalen Suumldens beitragen die durch Abholzung von Waumlldern entstehen

Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen

Maszlignahmen zum Klimaschutz sind aus menschenrechtlicher Perspektive oft umstritten Bei Investitionen in erneu-erbare Energien handelt es sich haumlufig um groszlige flaumlchenintensive Infrastruk-turprojekte wie zum Beispiel den Bau von Staudaumlmmen und Wasserkraftwer-ken Windparks groszligflaumlchige Solar- und Erdwaumlrmeanlagen Das Gleiche gilt fuumlr den Anbau von Energiepflanzen wie Oumllpalmen Investitionen in CO2-Senken also die Ausdehnung von Waumlldern oder der Erhalt bestehender Waumllder stehen oft in Konkurrenz zu anderen Flaumlchen- und Waldnutzungen Auch Anpassungs-maszlignahmen wie der Bau von Schutz-waumlllen oder die Einrichtung von siedlungsfreien Zonen in Hochrisikoge-bieten (zum Beispiel in Gebieten die

haumlufig uumlberschwemmt oder durch Erosion und Erdrutsche gepraumlgt sind) betreffen Land das von Menschen genutzt und ihnen durch solche Maszlig-nahmen entzogen wird Die Flaumlchen-konkurrenz zwischen Investitionen zum Klimaschutz und bisheriger Landnut-zung fuumlhrt unter anderem dazu dass KleinbaumluerInnen und Hirtenvoumllkern der Zugang zu Land und Wasser entzogen wird das sie bisher fuumlr den Nahrungs-mittelanbau und die Viehwirtschaft nutzten Haumlufig handelt es sich dabei um indigene Gruppen die keine Landti-tel besitzen Mit der Vertreibung von ihren wirtschaftlich genutzten Flaumlchen geht auch haumlufig die Vertreibung aus den Ansiedlungen einher Verletzungen sozialer Menschenrechte wie die Rechte auf Nahrung Wasser und Woh-nen sind die Folge Aber auch Verfah-rensrechte und das Recht auf Leben werden regelmaumlszligig missachtet

Dafuumlr gibt es viele Beispiele Pana-ma ist eines jener Laumlnder das am meis-ten in Wasserkraftwerke als erneuerbare Energiequelle investiert In mindes-tens drei bekannten Faumlllen ndash Bonyic Chan75 und Barro Blanco ndash kam es dabei zu schweren Menschenrechts-verletzungen Doumlrfer wurden geflutet obwohl die BewohnerInnen noch nicht umgesiedelt waren die Rechte von In-digenen auf ihr Gebiet und Beteiligung an Projekten wurden verletzt Betrof-fene und AktivistInnen die sich gegen diese Maszlignahmen wehrten wurden eingeschuumlchtert und sogar ermordet Auch Kenia gehoumlrt zu den Vorreitern in

Die klimaschuumltzende Wirkung von Staudaumlm-men zur Stromgewinnung wird bestritten Auszligerdem fuumlhren sie oft zu Verletzungen von Menschenrechten der oumlrtlichen Bevoumllkerung Foto Jane Hofbauer

26 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Sachen Klimaschutz ndash haumlufig zu Lasten ausgegrenzter Bevoumllkerungsgruppen In Olkaria willigten Massai in eine Umsiedlungsmaszlignahme zugunsten einer Erdwaumlrmeanlage (Geothermie) ein weil man ihnen eigene Landrech-te versprach die sie jedoch bis heute nicht erhalten haben Mehrere tausend indigene Jaumlger- und Sammlervoumllker wurden aus dem Embobut-Wald in Westkenia (Sengwer und Cherangany) und dem Mau-Wald (Ogiek) vertrieben weil die Regierung deren Nutzung unter REDD+ anstrebt Der Fall der Ogiek wurde 2014 sogar vor dem Afrikani-schen Gerichtshof fuumlr Menschen- und Voumllkerrechte zugunsten der Ogiek ver-handelt Aumlhnliches passierte in anderen Laumlndern Afrikas So wurde in Tansania die Gemeinschaft der Warufiji aus dem Refuiji-Delta vertrieben Sie hatten die Kooperation bei der Aufforstung der Mangrovenwaumllder verweigert weil man ihnen den Anbau von Reis verbot

Die Auswirkungen von Klimaschutz-maszlignahmen koumlnnen aber auch kom-plexerer Natur sein Wie die Weltbank 2008 in einer vielbeachteten Studie zur globalen Nahrungsmittelkrise darlegte trug die Flaumlchenkonkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Energiepflanzen-anbau maszliggeblich zum globalen An-stieg der Nahrungsmittelpreise bei der fuumlr viele Menschen zu Hunger fuumlhrte Anhand dieser katastrophalen Folgen der staatlichen Foumlrderung von Agrar-treibstoffen durch westliche Indust-rienationen wird deutlich wie diese klimapolitisch motivierten Programme in vielen aumlrmeren Laumlndern direkt zur Verletzung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser beitragen

Auch Anpassungsmaszlignahmen schneiden unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten nicht zwingend besser ab Obwohl sie im Prinzip zum Schutz der Menschen gedacht sind fehlt es in manchen Faumlllen an Professionalitaumlt in anderen Faumlllen fehlt der Fokus auf die besonders gefaumlhrdeten Bevoumllkerungs-gruppen In Mosambik wurden die Doumlr-fer im Sambesi-Flussdelta 20072008

nach schweren Uumlberschwemmungen in houmlher gelegene Gebiete umgesiedelt Viele der neuen Siedlungen blieben ohne angemessenen Zugang zu Wasser fruchtbarem Land und Gesundheitsver-sorgung So wurden sie von Nahrungs-mittelhilfen abhaumlngig Viele Familien verloren durch Abwanderung ihren Zusammenhalt Diskriminierungen bei Anpassungsmaszlignahmen kommen auch in entwickelten Laumlndern vor Nach dem Wiederaufbau von New Orleans nach dem Hurrikan Kathrina im Jahr 2005 durfte die arme afro-amerikanische Be-voumllkerung nicht mehr ihre am Flussufer gelegenen Siedlungen beziehen ndash we-gen Uumlberflutungsgefahr Angemesse-nen und finanzierbaren Ersatz bekamen sie jedoch nicht angeboten

Die Ursachen fuumlr negative Aus-wirkungen und Menschenrechtsver-letzungen durch Klimapolitik gehen teilweise auf die Bedingungen in den Projektlaumlndern zuruumlck Die jeweiligen Nationalstaaten sind menschenrecht-lich entsprechend zu beurteilen und zur Pflicht zu rufen Die Ursachen liegen aber auch in den Klimarahmenabkom-men selbst und ihren Mechanismen begruumlndet Bis auf das Abkommen von Paris enthalten diese keinen Verweis auf Menschenrechte Sie betonen aber die Rechte der Nationalstaaten ihre na-tuumlrlichen Ressourcen auszubeuten Das Abkommen von Paris ist insofern ein Erfolg als in der Praumlambel zum ersten Mal ein Bezug zu den Menschenrechten hergestellt wird Auch im Konzept der extraterritorialen Staatenpflichten zur Verwirklichung wirtschaftlicher sozia-ler und kultureller Menschenrechte ist anerkannt dass die Staaten die Pflicht haben ihre Instrumente zum Klima-schutz und zur Unterstuumltzung von An-passungsmaszlignahmen menschenrechts-konform zu gestalten Dennoch gilt es dicke Bretter zu bohren Eine Praumlambel ist nicht rechtsverbindlich sondern als Orientierungs- und Interpretationshilfe fuumlr die Vertragsparteien oder Gerichte zu verstehen

Fuumlr diese Geothermie-Anlage in Kenia wurden Massai von ihrem traditionellen Land vertrieben Foto Jeanette Schade

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 27

Der Clean Development Mechanism

Mit fast 8000 registrierten Projekten ist der Clean Development Mechanism (CDM) des Kyoto-Protokolls das bedeu-tendste internationale Verfahren zum Klimaschutz Er soll einerseits die Gastgeberstaaten der Projekte bei ihrer nachhaltigen Entwicklung unterstuumltzen und andererseits den Industrielaumlndern bei der Erreichung ihrer Emissionsziele helfen

Das Kyoto-Protokoll definiert fuumlr die teilnehmenden Industrielaumlnder verbindliche Emissionsziele Die Uumlber-wachung der Zielerreichung erfolgt auf Grundlage von Emissionszertifikaten jeder verpflichtete Staat muss fuumlr jede Tonne Treibhausgasemission ein Emis-sionszertifikat vorlegen Die Staaten erhalten eine Anfangsausstattung von Zertifikaten auf Grundlage ihrer Ziele zur Verringerung ihrer Emissionen Diese Zertifikate sind handelbar Schafft ein Staat es seine Emissionen staumlrker zu reduzieren als er zum Ziel hat kann er den sich daraus ergebenden Uumlber-schuss an Zertifikaten an andere Laumlnder verkaufen Auszligerdem koumlnnen die In-dustrielaumlnder uumlber den CDM zertifizierte Emissionsreduktionen aus Klimaschutz-projekten in den Laumlndern des Globalen Suumldens ankaufen

Die naturwissenschaftliche Grund-lage dieses so genannten Emissions-handels ist dass die Treibhausgase sich gleichmaumlszligig in der Atmosphaumlre verteilen Fuumlr den Klimawandel macht es keinen Unterschied an welchem Ort Treibhausgase ausgestoszligen oder reduziert werden Durch den Emissions-handel soll es daher ermoumlglicht werden Emissionen an der Stelle zu vermindern an der dies am kostenguumlnstigsten ist Im Kyoto-Protokoll gibt es zum einen den Emissionshandel zwischen Staaten zum anderen werden im CDM Zertifikate fuumlr Emissionsreduktionen in konkreten Projekten ausgestellt wie zum Beispiel fuumlr Windkraftanlagen Prinzipiell kann jeder beliebige Akteur CDM-Projekte durchfuumlhren Zertifikate erhalten und diese dann verkaufen seien es staatli-che Stellen private Unternehmen oder auch zivilgesellschaftliche Organisa-tionen Durch den CDM soll so fuumlr alle Interessierte ein Anreiz gesetzt werden in Emissionsreduktionen zu investieren Die groszlige Mehrheit der CDM-Projekte wird von privaten Unternehmen durchgefuumlhrt

Der CDM unterliegt der Fuumlhrung und Aufsicht der Konferenz der Vertrags-staaten des Kyoto-Protokolls Fuumlr die Pruumlfung und Genehmigung der konkre-ten Projekte sowie fuumlr die Ausarbeitung von Detailregelungen zu den Geneh-migungsverfahren haben die Vertrags-staaten einen Exekutivrat eingerichtet der aus zehn Mitgliedern und zehn stellvertretenden Mitgliedern besteht Die Mitglieder werden von der Vertrags-staatenkonferenz nach einem regiona-len Schluumlssel gewaumlhlt Der Exekutivrat soll nach Moumlglichkeit alle Entscheidun-gen einstimmig treffen Wenn dies nicht moumlglich ist sind auch Abstimmungen mit Dreiviertelmehrheit erlaubt

Um sich fuumlr die Ausstellung von CDM-Zertifikaten zu qualifizieren muumlssen CDM-Projekte ein festgeleg-tes Verfahren durchlaufen Zunaumlchst muumlssen die Traumlger des Projekts eine Projektdokumentation erstellen die darlegt welche Maszlignahmen durchge-fuumlhrt werden sollen und wie dadurch Emissionen vermindert werden Diese

Einige Doumlrfer im kenianischen Tana-Delta muumlssen per Tankwagen mit Trinkwasser versorgt werden

28 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Braucht Zertifi kate um eigene Klimaschaumlden ausgleichen zu

koumlnnen

INDUSTRIELAND

Klimaschutzprojekt wird unterstuumltzt

ENTWICKLUNGSLANDTechnologie

Finanzierung

Die Unterstuumltzung bringt dem Industrieland zusaumltzliche

Zertifi kate ein

Clean Development Mechanism (CDM)-Projekte werden kontrolliert durch den

CDM-EXEKUTIVRAT bestehend aus 10 Mitgliedern

Durch die Unterstuumltzung

sollen CO2-Emissionen vermieden

werden

Jeweils ein Mitglied der fuumlnf regionalen

Gruppen der Vereinten Nationen

Zwei Mitglieder des Kyoto-Protokolls

gelistet als Industrieland (Annex 1)

Zwei Mitglieder die nicht in Annex 1 des

Kyoto-Protokolls gelistet sind

EinE RepraumlsentantIn der kleinen

Inselstaaten

Projektdokumentation muss durch ein sachverstaumlndiges Zertifizierungsun-ternehmen beispielsweise den TUumlV uumlberpruumlft werden Auszligerdem muss das Projekt durch das Durchfuumlhrungsland und mindestens ein Industrieland genehmigt werden Wenn all diese Be-dingungen erfuumlllt sind wird das Projekt dem CDM-Exekutivrat vorgelegt Wenn der Exekutivrat keine Einwaumlnde hat wird es als CDM-Projekt registriert

Waumlhrend der Durchfuumlhrung des Projekts muumlssen seine Traumlger fortlau-fend uumlberwachen und dokumentieren welche Treibhausgasmengen es er-zeugt Die Emissionsminderung ergibt sich aus dem Unterschied zwischen den Emissionen des Projekts und den Emis-sionen die angefallen waumlren wenn das Projekt nicht umgesetzt worden waumlre wenn zum Beispiel statt Strom eines Windparks Strom aus Kohlekraftwerken verwendet worden waumlre Die Dokumen-tation wird wiederum von einer sach-verstaumlndigen Stelle und vom CDM-Exe-kutivrat uumlberpruumlft Abschlieszligend stellt der Exekutivrat den Projektbeteiligten Emissionszertifikate entsprechend der erzielten Emissionsminderung aus

Die Projektbeteiligten koumlnnen die Zertifikate dann an mehrere moumlgliche Abnehmer verkaufen Der erste moumlgli-che Abnehmer sind Industriestaaten die ihre Kyoto-Emissionsziele nicht durch inlaumlndische Emissionsredukti-onen erreichen und daher zusaumltzliche Zertifikate benoumltigen Daruumlber hinaus gibt es in der EU und in mehreren ande-ren Staaten Emissionshandelssysteme auf Unternehmensebene Aumlhnlich wie die Industriestaaten durch das Kyoto-Protokoll verpflichtet sind Emissi-onszertifikate vorzulegen muumlssen in der EU und in anderen Laumlndern auch bestimmte Unternehmen wie die Ener-gieversorger und groszlige Industriebe-triebe fuumlr ihre Treibhausgasemissionen Zertifikate vorlegen Diese Unterneh-men koumlnnen teilweise CDM-Zertifikate verwenden um ihre Verpflichtung zu erfuumlllen Der dritte moumlgliche Abnehmer ist der wachsende Markt der sogenann-ten bdquofreiwilligen Kompensationldquo von Treibhausgasemissionen Dies sind

Unternehmen und Privatpersonen die ihre Emissionen ausgleichen wollen indem sie CDM-Zertifikate kaufen und loumlschen Ein Beispiel dafuumlr sind Aus-gleichszahlungen fuumlr den CO2-Ausstoszlig durch Fluumlge

Der CDM verfuumlgt uumlber keinerlei men-schenrechtliche Kriterien Es gibt ledig-lich die Bestimmung dass die Projekte zur nachhaltigen Entwicklung beitragen sollen und die Vorschrift dass die lokale Bevoumllkerung konsultiert werden muss Allerdings gibt es keine interna-tionalen Kriterien wie der Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung uumlberpruumlft werden soll Stattdessen wird die Pruuml-fung vollstaumlndig den Gastgeberlaumlndern der Projekte uumlberlassen Ebenso gibt es nur vage internationale Kriterien fuumlr die Konsultation der lokalen Bevoumllke-rung Viele Laumlnder haben nur schwache

Funktionsweise des Clean Development Mechanism

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 29

Regeln und uumlberwachen deren Einhal-tung nur schlecht Als Ergebnis kommt es immer wieder zu Vorwuumlrfen dass durch CDM-Projekte Menschenrechte verletzt werden Die internationale Gemeinschaft ist damit nicht ihrer Verantwortung nachgekommen neue voumllkerrechtliche Vertraumlge entsprechend ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen auszugestalten

Das Kyoto-Protokoll wird nach 2020 nicht weitergefuumlhrt entsprechend wird auch der CDM auslaufen Allerdings

wurden im Pariser Abkommen neue Kooperationsmechanismen geschaf-fen Die Regeln zur Umsetzung dieser Mechanismen sollen ausdruumlcklich die Erfahrungen aus den Mechanismen des Kyoto-Protokolls beruumlcksichtigen Aus den menschenrechtlichen Problemen die sich im CDM ergeben haben soll-ten die Staaten die Schlussfolgerung ziehen dass die neuen Mechanismen verbindliche menschenrechtliche Krite-rien benoumltigen

Der Fall Bajo Aguaacuten ndash CDM-Zertifizierung trotz Menschen-rechtsverletzungen

Das Projekt bdquoAguan Biogas Recovery from Palm Oil Mill Effluent [POME] Ponds and Biogas Utilisation ndash Ex-portadora del Atlaacutentico AguanHondurasldquo soll die Behandlung von Abwasser aus einer Palmoumllmuumlhle verbessern und dadurch die Emissio-nen von Methan vermindern Das Palmoumll kommt aus Plantagen die im Zentrum eines gewalttaumltigen Landkon-flikts stehen Laut den oumlrtlichen KleinbaumluerInnen hat sich der Eigentuuml-mer das Plantagenland widerrechtlich angeeignet Sie fordern daher die Ruumlckgabe des Landes Die Sicherheits-kraumlfte der Plantagen und die oumlffentli-chen Sicherheitskraumlfte gehen immer

wieder gewaltsam gegen die Kleinbaumlu-erInnen vor bisher wurden uumlber 50 Personen getoumltet

Diese Umstaumlnde spielten jedoch im Registrierungsverfahren des CDM keine Rolle FIAN und andere Nicht-regierungsorganisationen wiesen den CDM-Exekutivrat darauf hin dass das Projekt in Menschenrechtsver-letzungen verwickelt sei Es wurde dennoch als CDM-Projekt registriert Der CDM-Exekutivrat erklaumlrte dass er kein Mandat habe solche Umstaumlnde zu beruumlcksichtigen Seine Zustaumlndig-keit beschraumlnke sich auf die Klima-schutzauswirkungen von Projekten Neben Honduras war das Projekt auch von Groszligbritannien registriert wor-den Nachdem sie uumlber die Vorwuumlrfe informiert worden war aumluszligerte die britische Regierung zwar dass diese bdquoverstoumlrendldquo seien erklaumlrte aber fuumlr Fragen der Nachhaltigkeit sei das Gastgeberland Honduras zustaumlndig

Das Projekt ist im CDM registriert und kann fuumlr Emissionsreduktionen die bis zum 31 Januar 2018 erzielt wurden Zertifikate erhalten Dieser Zeitraum kann verlaumlngert werden Das Ausmaszlig der Gewalt ist zwar nach einer Intervention der deutschen Regierung zuruumlckgegangen der zugrunde lie-gende Landkonflikt ist aber weiterhin ungeloumlst

Eine honduranische Baumluerin weist bei einer Demonstration auf die schweren Menschen-rechtsverletzungen in Bajo Aguaacuten hin

30 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank

Viele Klimaschutzmaszlignahmen werden ausschlieszliglich von privaten Unterneh-men und Banken durchgefuumlhrt die nicht an verbindliche Sozialstandards gebunden sind Insbesondere in Laumln-dern des Globalen Suumldens mit schwa-chen nationalen Standards und Institu-tionen zu ihrer Durchsetzung gefaumlhrdet dies den Schutz der Menschenrechte

Oumlffentliche Entwicklungsbanken verfuumlgen dagegen uumlber eigene Sozial-standards und Beschwerdeverfahren welche die Gefahr von Menschenrechts-verletzungen bei der Durchfuumlhrung von Projekten verringern koumlnnen Doch auch hier gibt es deutlichen Nachbes-serungsbedarf wie das Beispiel der Europaumlischen Investitionsbank (EIB) zeigt

Die EIB ist eine Bank der Europaumli-schen Union (EU) deren Anteilseigner neben der EU die EU-Mitgliedstaaten sind Sie verfuumlgt uumlber das groumlszligte Bud-get aller Entwicklungsbanken weltweit und ist ein Schluumlsselakteur der Klima-finanzierung Seit 2013 hat sie sich zum Ziel gesetzt jaumlhrlich mindestens 25 Prozent ihres Kreditvolumens fuumlr Kli-maprojekte zu vergeben Im Jahr 2011 leitete die EIB eine Untersuchung ein um ihre Sozialstandards den Anspruuml-chen der EU-Grundrechtecharta sowie den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte anzupassen Das dabei entstandene Handbuch fuumlr Umwelt- und Sozialstandards (2013) verspricht hohe Sozialstandards und beschreibt diese ndash als einzige Bank weltweit ndash sogar mit menschenrechtli-chem Vokabular 2015 uumlberarbeitete die EIB auszligerdem ihre Transparenzpolitik so dass sie im Unterschied zu vielen anderen europaumlischen Entwicklungs-banken bereits vor Bewilligung die Ergebnisse von Umwelt- und Sozial-vertraumlglichkeitsanalysen bekannt gibt Die EIB hat ferner ein eigenes Be-schwerdeverfahren das alle durch ihre Projekte Betroffenen nutzen koumlnnen Die Zustaumlndigen fuumlr die Bearbeitung

der Beschwerden koumlnnen Mediations-prozesse anstoszligen Das Verfahren und das zustaumlndige Gremium koumlnnen sogar selbst Gegenstand einer Beschwerde vor dem EU-Ombudsmann werden wenn die Betroffenen mit seiner Arbeit unzufrieden sind

Gute Standards und ein gutes Beschwerdeverfahren gelten in der Regel als Grundbedingung fuumlr die Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht Dennoch gibt es im System der EIB erhebliche Maumlngel Eine menschenrechtliche Untersuchung der Anwendung der Sozialstandards beim oben erwaumlhnten Erdwaumlrmeprojekt in Kenia fuumlhrte dabei zu folgenden Ergeb-nissen Es werde zu wenige Sozial- und MenschenrechtsexpertInnen je Projekt beschaumlftigt Ersatzweise werden Kre-ditnehmer auf das EIB-Handbuch zu Umwelt- und Sozialstandards verwiesen Die EIB uumlberlaumlsst die Umsetzung ihrer hehren Sozialstandards damit weitge-hend den Kreditnehmern ohne diese mit angemessen Personalressourcen zu unterstuumltzen und zu kontrollieren Betroffene werden von der EIB auch nicht systematisch uumlber die Existenz ihres Beschwerdeverfahrens informiert sondern stoszligen ndash wenn uumlberhaupt ndash erst durch eigene Recherche auf ihn Die EIB-MitarbeiterInnen haben keine Verpflichtung den Beschwerdeaus-schuss aktiv in problematische Projekte einzubinden Er wird erst aktiv wenn Betroffene an ihn herantreten Bei Pro-jekten die von mehreren Geldgebern finanziert werden hat er kein Mandat deren Rolle bei der Verletzung von So-zialstandards zu untersuchen Seine Be-urteilungen und Empfehlungen sind fuumlr die Bank auch nicht rechtlich bindend Das Beispiel der EIB zeigt damit nicht nur deren spezifische Maumlngel in der Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht sondern demonstriert auch die generell begrenzte Reichweite institutioneller Beschwerdemecha-nismen Sie stellen keinen Ersatz fuumlr verbindliche Menschenrechtsstandards dar zu deren Umsetzung Staaten ver-pflichtet sind

Gemaumlszlig dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP) sind 80 Prozent aller Menschen die aufgrund des Klimawan-dels umsiedeln muumlssen FrauenFoto Survival International

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 31

Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Der Status der EU im Menschenrechts-system ist kompliziert Die EU selbst ist kein Staat sondern eine Mitgliederor-ganisation von Staaten Wie andere internationale Organisationen auch ist sie daher keine Vertragspartei der zwischenstaatlichen Menschenrechts-vertraumlge (mit Ausnahme der UN-Behin-dertenrechtskonvention) Sie ist auch keine Vertragspartei der Europaumlischen Menschenrechtskonvention obwohl ihr Beitritt in Artikel 6(2) des EU-Vertrags

festgelegt ist und seit langem gepruumlft wird Daher haben die Menschenrechts-organe der UN und des Europarates auch kein Mandat uumlber die EU und duumlrfen nicht uumlber sie urteilen

Dennoch ist auch die EU verpfl ich-tet Menschenrechte in ihrer Innen- und Auszligenpolitik zu beachten Diese Verpfl ichtungen beruhen vor allem auf a) der EU-Grundrechtecharta (2009) b) dem EU-Vertrag sowie c) auf der Aarhus-Konventiona) Die Grundrechtecharta gilt fuumlr alle

EU-Organe sowie fuumlr die Mitglied-staaten bei der Anwendung von EU-Recht (GRC Art 51(1)) Sowohl das EU-Parlament als auch ein Experten-urteil bestaumltigten ihre extraterritori-ale Reichweite

b) In den EU-Vertraumlgen bekennt sich die EU zum Schutz der Menschen-rechte in ihrer Beziehung zur uumlbri-gen Welt und zur Grundrechtecharta der Vereinten Nationen (EUV Art 3(5)) Sie erklaumlrt diese zu leitenden Grundsaumltzen ihres auswaumlr-tigen Handelns (EUV Art 21) Dies gilt ausdruumlcklich auch fuumlr die Ko-operation mit Entwicklungslaumlndern (EUVA Art 208)

c) Die EU ist eine Vertragspartei der Aarhus-Konvention die nach Expert Innenmeinung ebenfalls auch extraterritorial ausgelegt werden kann

0 100 200 300 400 500

203020141990

Gebaumlude

Landwirtschaft

Industrie

Energiewirtschaft

Verkehr

lt61

72

88

lt98

160

163

lt72

119

209

lt143

181

283

lt183

358

466

Datenquelle Bundesministerium fuumlr UmweltNaturschutz Bau und Reaktorsicherheit (2017)Klimaschutz in Zahlen 2017

Ziele zur Verringerung von Treibhausgas-emissionen Deutschlands nach Sektoren gemaumlszlig dem Klimaschutzplan 2050(in Millionen Tonnen CO2-Aumlquivalenten)

32 FIAN | Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

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IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

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Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

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Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

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Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

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UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

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Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

European Bank for Reconstruction and Development together with MDB partners the African Development Bank the Asian Development Bank the European In-vestment Bank the Inter-American Development Bank Group and the World Bank Group (2016) Joint Report on Multilateral Development Banksrsquo Climate Finance wwwebrdcom2016-joint-report-on-mdbs-climate-financepdf

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Schade Jeanette (2013) Climate change and planned relocation Risks and a propo-sal for safeguards In Thomas Faist Jeanette Schade (Eds) Disentangling Migra-tion and Climate Change Methodologies Political Discourses and Human Rights Heidelberg Dordrecht New York Springer pp 138-206

Wolfgang Obergassel Jeanette Schade Lauri Peterson Nicolas Kreibich Timo Beiermann (2017) International Climate Finance Mechanisms and Extraterritorial Human Rights Obligations Status Quo and Future Prospects ein Dossier von FIAN Deutschland httpswwwfiandeartikelansicht2017-07-19-internationale- klimafinanzierung-und-risiken-fuer-die-menschenrechte

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Jeanette Schade (2017) EU accountability for the due diligence failures of the European Investment Bank Climate finance and involuntary resettlement in Olkaria Kenya In Journal of Human Rights and the Environment Vol 8(1) 72-97 (Son-derausgabe ldquoClimate Justice and Displacementrdquo Gastherausgeber Schade und Manou)

Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 39

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 9: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

groszligen Temperaturanstieg innerhalb von 200 Jahren hervorzurufen

Die Loumlsung des Klimaproblems ist unter anderem deswegen so schwierig weil bei nahezu allen wirtschaftlichen Aktivitaumlten Treibhausgase ausgestoszligen werden Mit einem Viertel der Emis-sionen hat die Erzeugung von Strom und Waumlrme den groumlszligten Anteil Nur knapp dahinter liegen mit 24 Prozent Land- und Forstwirtschaft Dies liegt vor allem an der Rodung der Waumllder in Laumlndern des Globalen Suumldens sowie an hohen Emissionen aus Viehwirtschaft und Reisanbau Weitere hohe Ausstoumlszlige kommen aus der Industrie mit 21 Pro-zent und dem Verkehr mit 14 Prozent

Aktuell verursacht China den groumlszlig-ten Ausstoszlig von Treibhausgasen gefolgt von den USA der EU und Indi-en Betrachtet man jedoch alle Emissi-onen seit dem Beginn systematischer Aufzeichnungen im Jahr 1850 so sind die Industrielaumlnder fuumlr rund drei Vier-tel davon verantwortlich Ein anderes Bild entsteht auch wenn man die Emissionen pro Kopf betrachtet Waumlh-rend in Deutschland im Durchschnitt 10 Tonnen CO2 pro Kopf ausgestoszligen

werden und in den USA sogar 18 Ton-nen sind es in China 8 Tonnen und in Indien nur rund 23 Tonnen Zudem ist es innerhalb dieser Laumlnder oft nur eine wohlhabende Minderheit die durch ihren energieintensiven Lebensstil am meisten zu den Emissionen beitraumlgt waumlhrend der arme Groszligteil der Bevoumll-kerung weiterhin nur einen geringen Anteil daran hat

25

21

14

16

Sonstige

Industrie

Verkehr

Strom- und Waumlrme-erzeugung

Land- und Forst-wirtschaft

24

Die Verbrennung fossiler Energietraumlger ist eine der wesentlichen Ursachen des menschengemachten Treibhauseffekts

Anteil verschiedener Wirtschaftssektoren an den TreibhausgasemissionenDatenquelle Weltklimarat

Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher | FIAN 9

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Basierend auf den Analysen des Welt-klimarats (2007 und 2014) und dem Grundlagendokument der Ernaumlhrungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Food and Agricul-tural Organization FAO) zum Thema

Klimawandel und Ernaumlhrungssicherheit (2008) lassen sich im Wesentlichen fuumlnf Faktoren festmachen die die Wahrneh-mung des Rechts auf Nahrung vieler Menschen bedrohen

Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur

Die Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur hat regional stark unterschiedliche Auswirkungen In den mittleren und houmlheren Breitengraden Nordamerikas Europas Asiens und

Suumldamerikas verlaumlngert ein gemaumlszligigter Anstieg der mittleren globalen Lufttem-peratur zwischen 1 Grad Celsius und 2 Grad Celsius die landwirtschaftlichen Anbauphasen und koumlnnte zu houmlheren

Die Karte zeigt wie sich der Klimawandel bis 2100 voraussichtlich auf die Eignung fuumlr landwirtschaftliche Nutzung auswirken wird

Grafi k Dr Florian Zabel Ludwig-Maximilians-Universitaumlt Muumlnchen (LMU)

schlechter besser

Auswirkungen des Klimawandels auf die

Verwirklichung des Menschenrechts auf

Nahrung

10 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Ertraumlgen fuumlhren Demgegenuumlber fuumlhrt in den saisonal trockenen Laumlndern niedriger Breitengrade in denen sich die meisten Laumlnder des Globalen Suuml-dens befinden bereits eine Erwaumlrmung zwischen 1 Grad Celsius und 2 Grad Celsius zu erheblichen Ernteverlusten Dies ist vor allem auf eine staumlrkere Verdunstung in Verbindung mit der weit verbreiteten regenbewaumlsserten Land-wirtschaft in diesen Laumlndern zuruumlckzu-fuumlhren Die Ertraumlge werden auch beein-

traumlchtigt wenn die Tagestemperaturen gewisse Schwellenwerte uumlberschreiten die je Pflanzenart unterschiedlich sind Der Klimawandel hat zur Folge dass diese Werte haumlufiger uumlberschritten werden

Bei einem Temperaturanstieg von uumlber 2 Grad Celsius erwartet die Klima-wissenschaft in allen Klimazonen minus also auch in den houmlheren Breitengraden minus negative Auswirkungen auf die land-wirtschaftliche Produktion

Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge

Im Zuge des Klimawandels werden sich die Niederschlagsmuster sowohl jahres-zeitlich als auch raumlumlich veraumlndern Generell sagt die Klimaforschung voraus dass feuchte Regionen zukuumlnf-tig noch feuchter und trockene Regio-nen noch trockener werden Gleichzei-tig prognostiziert die Klimaforschung

dass die Niederschlaumlge staumlrker sowie die zeitlichen Abstaumlnde zwischen Regenfaumll-len insgesamt groumlszliger werden Dies wird mit groszliger Wahrscheinlichkeit eine Zunahme von Duumlrren und Uumlberschwem-mungen zur Folge haben die groszlige Verluste in der Land- und Viehwirtschaft hervorrufen werden

Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen

Die Klimaforschung sagt voraus dass die Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen wie starken Stuumlrmen und lang anhaltenden Regen-schauern auf allen Kontinenten zuneh-men wird In tropischen Regionen wird aufgrund der erhoumlhten Temperaturen und des ansteigenden Meeresspiegels eine Zunahme von Zyklonen prognosti-ziert die zu Ernteausfaumlllen auf dem Land sowie zur Zerstoumlrung der fuumlr die

Fischerei wichtigen Korallen beitragen werden Diese extremen Wetterereig-nisse beschaumldigen nicht nur die ange-bauten Feldfruumlchte und treiben die Erosion des Bodens voran sondern fuumlhren auch zu enormen Schaumlden an der Infrastruktur in den betroffenen Regionen Dies kann nicht nur den Zugang zu Maumlrkten verschlechtern sondern auch eine Notversorgung mit Lebensmitteln behindern

Anstieg des Meeresspiegels

Die Erhoumlhung der globalen Temperatu-ren fuumlhrt zur Ausdehnung der Wasser-massen der Ozeane (durch die Erwaumlr-mung einer Substanz erhoumlht sich ihr Volumen) sowie zum Abschmelzen des Polareises und der Gletscher Der dadurch ansteigende Meeresspiegel bedroht den Lebensraum der Bewohne-rInnen kleiner Inseln des pazifischen und indischen Ozeans sowie der Kuumlsten-bewohnerInnen Fruchtbares Tiefland wird uumlberschwemmt Ackerboumlden

versalzen Daruumlber hinaus wird voraus-gesagt dass die Fischereiwirtschaft zunehmend in Konkurrenz zum ver-staumlrkten Kuumlstenschutz stehen wird der durch den Klimawandel erforderlich wird Der Bau von Daumlmmen fuumlhrt zu Veraumlnderungen in den Ablagerungs-schichten des Meeresbodens sowie in der Versorgung kuumlstennaher Oumlkosyste-me mit Frischwasser und Naumlhrstoffen mit nachteiligen Folgen fuumlr die lokale Fischerei

Bereits jetzt hat der Klimawandel in einigen Regionen der Welt geringere Maisernten zur Folge

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 11

Groumlszligere Wetterschwankungen

Insgesamt bringen die klimatischen Veraumlnderungen instabilere Wetterver-haumlltnisse mit sich die die Wasserversor-gung sowie die Land- und Viehwirt-schaft in vielen Regionen erschweren

und Ernteertraumlge schwanken lassen Dies stellt ein Risiko fuumlr die Einkom-mensgrundlage der BaumluerInnen sowie fuumlr die Versorgung lokaler und regiona-ler Maumlrkte mit Nahrungsmitteln dar

Der Klimawandel hat einen enormen Einfluss auf den Zugang zu ausreichen-dem und sauberem Wasser Mit jedem Grad globaler Erwaumlrmung werden sich die erneuerbaren Trinkwasserressour-cen voraussichtlich fuumlr 7 Prozent der Weltbevoumllkerung um 20 Prozent verrin-gern Der Klimawandel verstaumlrkt die

bereits bestehenden Wasserprobleme in vielen Erdregionen die durch das hohe Bevoumllkerungswachstum das Anwachsen der Megastaumldte die Ausbreitung eines ressourcenintensiven Lebensstils und die Uumlbernutzung von Frischwasser durch die industrielle Landwirtschaft hervorgerufen werden

Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels

Neben der Uumlberschwemmung von Kuumlstengebieten sowie vieler kleiner Inseln des indischen und pazifischen Ozeans fuumlhrt der Anstieg des Meeres-spiegels in kuumlstennahen Gebieten auch

zur Versalzung des Grundwassers Frischwasser wird dadurch immer knapper und die Zahl der Menschen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser wird schnell steigen

Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur

Mehr als ein Sechstel der Weltbevoumllke-rung lebt in Flussgebieten die haupt-saumlchlich durch saisonale Abschmelzun-gen von Schnee und Gletschereis mit Suumlszligwasser versorgt werden Durch die ansteigende Lufttemperatur wird die Schneefallmenge in den Wintermonaten abnehmen Zudem wird sich der Abfluss des Schmelzwassers von den Bergen zunehmend von den Sommermonaten ndash in denen der Bedarf am groumlszligten ist ndash in den Fruumlhling verschieben Gleichzeitig wird der Temperaturanstieg zu einem weiteren Ruumlckgang der Gletscher fuumlhren die aufgrund ihrer Kapazitaumlt zur Speicherung von Suumlszligwasser eine zentrale Rolle bei der Trinkwasserver-

sorgung in den Flussgebieten spielen Bei einem Temperaturanstieg von 4 Grad Celsius koumlnnte der Umfang der Gletscher bis zum Ende des Jahrhun-derts weltweit um bis zu vier Fuumlnftel abnehmen Dies wird ein kurzfristiges Ansteigen der Flusslaumlufe zur Folge haben Langfristig wird sich die Wasser-menge der Fluumlsse jedoch verringern Schlieszliglich wird vorhergesagt dass das Ansteigen der Lufttemperatur und die abnehmende Wassermenge in den Suumlszliggewaumlssern zu starkem Algen- und Bakterienwachstum fuumlhren Dadurch wird sich die Wasserqualitaumlt in den betroffenen Regionen verschlechtern

Auswirkungen des Klimawandels auf die

Verwirklichung des Menschenrechts auf

Wasser

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta muss aufgrund des Klimawandels immer tiefer nach Trinkwasser graben

12 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge

Trockene Gebiete sowie Regionen mit geringen Suumlszligwasserspeichern in denen die Gewinnung von Trinkwasser unmit-telbar aus dem Regenwasser erfolgt werden mit groszliger Wahrscheinlichkeit besonders heftig von den abnehmen-den Niederschlaumlgen betroffen werden In tropischen Gebieten wiederum kann

die vorhergesagte Erhoumlhung der jahres-zeitlichen Niederschlagsmenge zu Uumlberschwemmungen fuumlhren Durch das Ausspuumllen der Boumlden der uumlberfluteten Landflaumlchen koumlnnen Schadstoffe in das Wasser gelangen die die Suumlwasserres-sourcen verschmutzen

Die Klimaaumlnderungen werden in der tropischen und subtropischen Klimazo-ne ndash in der sich die Mehrzahl der Laumlnder des Globalen Suumldens befindet ndash weit negativer ausfallen als in der gemaumlszligig-ten Klimazone in der uumlberwiegend Industriestaaten beheimatet sind Daruumlber hinaus verfuumlgen die Menschen in den Laumlndern des Globalen Suumldens aufgrund mangelnder finanzieller und technologischer Mittel uumlber eine nur geringe Anpassungsfaumlhigkeit an die

bevorstehenden Klimaaumlnderungen Es werden also gerade die Menschen am staumlrksten unter den Auswirkungen der Erderwaumlrmung leiden die am allerwe-nigsten zu deren Verursachung beige-tragen haben

Dem Weltklimarat zufolge sind die Arktis Afrika kleine Inseln sowie die groszligen asiatischen Flussdeltas die am staumlrksten vom Klimawandel betroffenen Regionen

Kleine Inselstaaten

Kleine Inselstaaten wie beispielsweise Vanuatu und Tuvalu sind bereits heute schon stark von den klimatischen Veraumlnderungen betroffen Der anstei-gende Meeresspiegel erhoumlht die Gefahr von Uumlberschwemmungen und Sturmflu-ten und stellt eine Bedrohung fuumlr die Wasserversorgung die Landwirtschaft und die gesamte Infrastruktur dar Die Wasserversorgung der Inseln wird zusaumltzlich dadurch erschwert dass durch die Klimaaumlnderungen Meereswas-ser in das Grundwasser dringt Denn gerade auf den kleinen Inseln und Atollen liegt der Grundwasserspiegel haumlufig nur etwa ein bis zwei Meter unter der Erdoberflaumlche

Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels

Die kleinen Inselstaaten sind aufgrund des Klimawandels vom Untergang bedroht

Die Regenfaumllle in Haiti werden heftiger undfuumlhren haumlufiger zu Uumlberschwemmungen

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 13

Daruumlber hinaus gefaumlhrden die vor-ausgesagten Veraumlnderungen der Nie-derschlagsmenge die Wasserversorgung der Inseln Denn auf den meisten Atol-len erfolgt die Trinkwassergewinnung durch das Auffangen von Regenwasser Des Weiteren beeintraumlchtigen die mit dem Meeresspiegelanstieg einherge-hende Versalzung der Boumlden und die

Unregelmaumlszligigkeiten der Niederschlaumlge die landwirtschaftliche Selbstversor-gung vieler Inseln Nicht nur die Ertraumlge der Agrarwirtschaft sondern auch die der Fischwirtschaft drohen aufgrund des temperaturbedingten Absterbens der Korallenriffe drastisch zuruumlckzuge-hen die vielen Fischen als Nahrungsre-servoir dienen

Afrika

Fuumlr das suumldliche Afrika wird vorherge-sagt dass der jaumlhrliche Niederschlag bei einer globalen Erwaumlrmung von 4 Grad Celsius um bis zu 30 Prozent abnehmen koumlnnte In Teilen des suumldli-chen und westlichen Afrikas koumlnnte sich die jaumlhrliche Wiederauffuumlllung des Grundwassers um 50 bis 70 Prozent vermindern Entsprechend erhoumlht sich das Risiko von Duumlrren Fuumlr das Horn von Afrika und das noumlrdliche Ostafrika sagen verschiedene Klimamodelle sehr unterschiedliche Folgen voraus Einige Modelle prognostizieren eine Verringe-rung der Niederschlaumlge andere eine Erhoumlhung Allerdings waumlre diese Erhouml-hung vermutlich nicht gleichmaumlszligig

uumlber das Jahr verteilt sondern wuumlrde sich in intensiven Regenperioden niederschlagen wodurch das Risiko von Uumlberflutungen steigen wuumlrde

Deutliche Auswirkungen auf die Landwirtschaft sind selbst bei niedri-gem Temperaturanstieg zu erwarten Bereits eine Erwaumlrmung von 15 Grad Celsius bis zum Jahr 2030 koumlnnte dazu fuumlhren dass 40 Prozent der Maisan-baugebiete nicht mehr fuumlr die derzeit angebauten Sorten geeignet waumlren Bei einer Erwaumlrmung von bis zu 2 Grad Celsius bis 2050 koumlnnten die Ertraumlge der gesamten Landwirtschaft um 10 Prozent abnehmen bei einer houmlheren Erwaumlr-mung um 15 bis 20 Prozent

Suumldostasien

Die dicht besiedelten Flussdeltas Suumldostasiens sind durch den ansteigen-den Meeresspiegel besonders gefaumlhr-det Denn dieser fuumlhrt zum Eindringen von Salzwasser und verstaumlrkt die Inten-sitaumlt von Wirbelstuumlrmen Zudem wird ein starker Anstieg von Hitzeextremen vorhergesagt Bereits bei einer globa-len Erwaumlrmung von 2 Grad Celsius werden 60 bis 70 Prozent der Region von Hitzeextremen und 30 bis 40 Pro-zent der Region von neuen Hitzerekor-den betroffen sein

Die Landwirtschaft wird durch diese Veraumlnderungen schwer getroffen werden So koumlnnte der Reisanbau im Mekongdelta der die Haumllfte des vietna-mesischen Reisertrags liefert bereits bis 2040 um rund 12 Prozent zuruumlck-gehen Auch die Fischwirtschaft wuumlrde durch die Erwaumlrmung und Versauerung des Wassers sowie das Absterben der Korallenriffe stark geschaumldigt Dadurch koumlnnte sich beispielsweise das Fangpo-tential in den suumldlichen Philippinen bis zum Jahr 2050 halbieren

Suumldasien

Auch in Suumldasien werden ungewoumlhnlich heiszlige Sommermonate in den naumlchsten Jahrzehnten vielfach haumlufiger auftre-ten Die regionalen und jahreszeitli-chen Schwankungen der Niederschlaumlge werden sich voraussichtlich deutlich

verstaumlrken Es wird erwartet dass bei einer globalen Erwaumlrmung von 4 Grad Celsius die Regenmengen in der trocke-nen Jahreszeit um 30 Prozent abneh-men und in der feuchten Jahreszeit um 30 Prozent zunehmen Diese Verschie-

Bewaumlsserungsmethoden der industriellen Landwirtschaft Afrikas verstaumlrken den Verlust des Zugangs zu Wasser der oumlrtlichen Bevoumllkerung

14 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

bung wird das Risiko von Duumlrren deut-lich erhoumlhen insbesondere fuumlr das nordwestliche Indien Pakistan und Afghanistan Fuumlr das suumldliche Indien wird eine houmlhere Feuchtigkeit vorhergesagt

Groszlige Fluumlsse wie der Ganges Indus und Brahmaputra haumlngen wesentlich von der sommerlichen Schnee- und Gletscherschmelze ab Bereits un-terhalb einer Erwaumlrmung von 2 Grad Celsius wird eine deutliche Erhoumlhung der Anzahl schneearmer Winter erwar-tet Dies wird zu deutlich niedrigeren Wasserstaumlnden in der trockenen Jahres-

zeit fuumlhren Wesentlich fuumlr die Land-wirtschaft sind auch das zeitige und regelmaumlszligige Eintreffen des Monsuns Dessen jaumlhrliche Schwankungen werden sich durch den Klimawandel deutlich verstaumlrken

Es wird erwartet dass die landwirt-schaftliche Produktion ohne den Klima-wandel bis zum Jahr 2050 um 60 Pro-zent steigen wuumlrde mit Klimawandel nur um 12 Prozent Durch den gleich-zeitigen Anstieg der Bevoumllkerung wird in der Folge die Produktion pro Kopf der Bevoumllkerung um ein Drittel abnehmen

Auswirkungen des Klimawandels auf Bangladesch

Bangladesch ist eines der Laumlnder die weltweit am staumlrksten durch den Klimawandel gefaumlhrdet sind Auf einer Flaumlche die etwa 40 Prozent der Groumlszlige Deutschlands entspricht leben 150 Millionen Menschen Das Land hat eine lange Kuumlste und die groszligen Fluumlsse Ganges Brahmaputra und Meghna muumlnden dort ins Meer und treten regelmaumlszligig uumlber die Ufer Schon ohne Klimawandel wird Bangla-desch immer wieder von Uumlberschwem-mungen Duumlrren und Wirbelstuumlrmen getroffen Im Durchschnitt werden jedes Jahr 20 bis 25 Prozent des Landes uumlberflutet Der Klimawandel fuumlhrt zu einem Anstieg des Meeres-spiegels und zur Zunahme von Mon-sunregen und Wirbelstuumlrmen Durch diese Faktoren koumlnnten in der Mitte des Jahrhunderts bei starken Fluten bis zu 80 Prozent des Landes uumlber-schwemmt werden Die Anzahl der Menschen die in Gegenden mit hohem Wirbelsturmrisiko leben koumlnnte von derzeit 87 Millionen auf uumlber 38 Milli-onen steigen

Daruumlber hinaus druumlckt der steigen-de Meeresspiegel vermehrt salziges Meerwasser in Bangladeschs Flussdel-tas Wo das Meerwasser nicht abflieszligt versalzen Boumlden und Suumlszligwasserquel-len Der Meeresspiegel koumlnnte bis 2050 um bis zu einem halben Meter

steigen Dadurch wuumlrde das Land 10 Prozent seiner Flaumlche verlieren was etwa der Groumlszlige Schleswig-Holsteins entspricht Davon waumlren 55 Millionen Menschen direkt betroffen und muumlss-ten umsiedeln

Die Kosten fuumlr die entstehenden Schaumlden und fuumlr die notwendigen Maszlignahmen zur Anpassung an den Klimawandel stellen Bangladesch vor eine enorme Herausforderung Als eines der aumlrmsten Laumlnder der Welt ist es bei der Bewaumlltigung dieser Aufgaben auf internationale finan-zielle und technische Unterstuumltzung angewiesen

Bangladeschs Fluumlsse drohen zu versalzen

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 15

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Die ersten Erkenntnisse zu den negati-ven Folgen des Klimawandels ruumlckten im Laufe der 1980er Jahre zunehmend ins Bewusstsein der Oumlffentlichkeit 1990 reagierte die Generalversammlung der Vereinten Nationen (United Na-tions UN) und beschloss ein interna-tionales Klimaschutzabkommen auszu-handeln Als Ergebnis wurde 1992 die Klimarahmenkonvention auf der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro (im Folgenden kurz Rio-Konferenz) verabschiedet

Die Klimarahmenkonvention ist gleichsam das Grundgesetz der inter-nationalen Klimapolitik Sie legt deren grundsaumltzliche Prinzipien fest (siehe folgendes Kapitel) und verpfl ichtet alle Staaten das Klima zu schuumltzen Daruuml-ber hinaus verpfl ichtet sie die traditio-nellen Industrielaumlnder dazu die Laumlnder des Globalen Suumldens fi nanziell tech-nologisch und durch Organisationsent-wicklung und Ausbildung zu unterstuumlt-zen Allerdings enthaumllt die Konvention keine konkreten Verpfl ichtungen fuumlr einzelne Staaten Solche Verpfl ichtun-gen sollten im Rahmen eines Zusatzpro-tokolls geregelt werden

Die Verhandlungen zu solch einem Protokoll wurden 1995 begonnen und 1997 im japanischen Kyoto abgeschlos-sen Das Kyoto-Protokoll verpfl ichtet die traditionellen Industrielaumlnder ihre Treibhausgasemissionen von 2008

bis 2012 um jeweils laumlnderspezifi sch defi nierte Werte zu senken Die Laumlnder koumlnnen diese Emissionsziele entweder auf ihrem eigenen Staatsgebiet erbrin-gen oder aber uumlber den so genannten Emissionshandel Emissionsminderun-gen aus anderen Laumlndern ankaufen Dazu wurden verschiedene Verfahren entwickelt (siehe Kapitel bdquoInternatio-nale Klimafi nanzierungldquo) Der damals groumlszligte Emittent die USA traten dem Abkommen jedoch nicht bei Zudem enthaumllt das Abkommen keine Verpfl ich-tungen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens

2007 wurden daher neue Verhand-lungen begonnen um ein global um-fassendes Klimaabkommen zu schaffen Das Abkommen sollte 2009 auf der Klimakonferenz in Kopenhagen ver-abschiedet werden dieses Vorhaben scheiterte jedoch Die Staaten konnten sich lediglich auf unverbindliche Zusa-gen einigen Allerdings legten erstmals auch viele Laumlnder des Globalen Suumldens Klimaschutzzusagen vor 2011 wurde ein neuer Anlauf gestartet ein um-fassendes Abkommen zu vereinbaren Gleichzeitig stimmten die EU und einige andere Industrielaumlnder zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020 neue ver-bindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

2015 einigten sich schlieszliglich alle Staaten auf das Pariser Klimaschutz-

16 FIAN | Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

3-SPALTIG1845mm times 90mm

Vereinte Nationen setzen Weltklimarat ein

unterzeichnet durch alle Staaten der Welt greift ab 2020

Pariser Klimaschutz-abkommen

Industrielaumlnder verpfl ichten sich ihre Treibhaus-gasemissionen von 2008 bis 2012 zu senken

Maumlngel Die USA haben nicht unterzeichnet und keine Verpfl ichtungen fuumlr den Globalen Suumlden

Verabschiedung

des

Kyoto Protokolls

1988

1992

1997

2011

2015

2016Beschluss der

Klimarahmenkonvention bei der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung (Rio-Konferenz)

Die EU und einige andere Industrielaumlnder stimmen zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020

neue verbindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

US-Praumlsident Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckzuziehen

abkommen Das Abkommen greift ab 2020 und verpflichtet alle Mitglieder Klimaschutzbeitraumlge vorzulegen Diese Beitraumlge sind allerdings rechtlich nicht verbindlich Stattdessen setzt das Abkommen auf transparente Berichter-stattung und oumlffentliches Anprangern um die Staaten anzuhalten ihre Vor-

haben auch tatsaumlchlich umzusetzen Inzwischen sind alle Staaten der Welt dem Pariser Abkommen beigetreten Allerdings hat der 2016 neugewaumlhlte US-Praumlsident Donald Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckziehen zu wollen

Die RegierungsvertreterInnen freuen sichuumlber die Verabschiedung des Klimaschutzabkommens von Paris Foto (ebenso S 16) IISDKiara Worth(enbiisdorgclimatecop21enb2dechtml)

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik | FIAN 17

Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Es ist deutlich geworden dass diejeni-gen Laumlnder die am wenigsten zum Klimawandel beitragen oft am staumlrks-ten von ihm betroffen sind Dieses Kapitel befasst sich daher mit den voumllkerrechtlichen Verpfl ichtungen der Staaten auf menschenrechtskonforme Weise den Klimawandel aufzuhalten und Anpassungsmaszlignahmen zu unterstuumltzen

Internationale Menschenrechte und Umweltvoumllkerrecht wirken inhaltlich ineinander Die Verwirklichung vieler Menschenrechte insbesondere auch des Rechts auf Nahrung haumlngt naumlmlich unmittelbar vom Zustand der natuumlrli-chen Umwelt ab Dem wurde bereits in der Stockholmer Erklaumlrung zur menschli-chen Umwelt von 1972 Rechnung getra-gen Sie formulierte als erste das Recht auf eine gesunde Umwelt und enthielt bereits damals die drei Prinzipien des Umweltrechts wie sie sich 1992 in der Erklaumlrung von Rio uumlber Umwelt und Entwicklung (im Folgenden kurz Erklauml-

rung von Rio) wiederfi nden das Vorsor-geprinzip das Verursacherprinzip und die gemeinsame aber unterschiedliche Verantwortung

Zugleich handelt es sich bei Men-schenrechten und Umweltrecht aber um unterschiedliche Bereiche des Voumllker-rechts Eine durchgaumlngige Beruumlcksichti-gung von Menschenrechten im globalen Umwelt- oder Klimarecht ist daher nicht selbstredend Im Folgenden werden die Gemeinsamkeiten und Unterschie-de der Rechtssysteme dargestellt und verdeutlicht welche Prinzipien und Verpfl ichtungen sich jeweils verstaumlrken und wo es Nachbesserungsbedarf gibt Anschlieszligend werden die staatlichen Verpfl ichtungen die sich aus men-schenrechtlicher Sicht fuumlr die Klima-politik ergeben gepruumlft Pfl ichten zur Emissionsminderung zur Unterstuumlt-zung von Anpassungsmaszlignahmen und zur Beachtung von Menschenrechten bei der Durchfuumlhrung von Maszlignahmen

Ganz allgemein handelt es sich beim Voumllkerrecht um Vertraumlge zwischen Staaten in welchen sie wechselseitige Pfl ichten und Rechte festhalten Die Menschenrechte bilden jedoch eine Ausnahme Sie sind Rechte von Einzel-personen und Gruppen gegenuumlber dem

Staat Diesen Rechten stehen staatliche Verpfl ichtungen gegenuumlber Fuumlr beide Bereiche gilt gleichermaszligen dass man zwischen materiellen Rechten und Verfahrensrechten unterscheidet ndash also zwischen konkreten Inhalten von Rechten einerseits (zum Beispiel das

Prinzipien des interna-tionalen Umweltrechts

und der Menschenrechte

Foto Werner Rudhart

18 FIAN | Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Recht auf sauberes Trinkwasser) und Regeln zu Vorgehensweisen anderer-seits (zum Beispiel die Pflicht zu Kon-

sultationen vor Eingriffen in Trinkwas-serreservoire oder die Festlegung von Rechtsmitteln bei Konflikten)

Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts

Die internationale Klimarahmenkon-vention ist Teil des internationalen Umweltrechts zu dem noch viele weitere Vertraumlge wie zum Beispiel das Washingtoner Artenschutzabkommen (1973) oder das Uumlbereinkommen zum Schutze der Ozonschicht (1985) gehouml-ren Vertragsuumlbergreifend sind im internationalen Umweltrecht die drei oben genannten Prinzipien anerkannt Sie gelten als Voumllkergewohnheitsrecht oder sind auf dem besten Wege dorthin Zu diesem Status hat wesentlich die Erklaumlrung von Rio beigetragen zu deren Grundpfeilern sie gehoumlren

Das Vorsorgeprinzip soll verhin-dern dass Schaumlden fuumlr die Umwelt ent-stehen International verankert ist vor allem der Grundsatz der Schadensver-meidung Er besagt dass auch bei un-vollstaumlndigem oder unsicherem Wissen uumlber Art Ausmaszlig Wahrscheinlichkeit und Ursachen von Umweltschaumlden und -gefahren vorbeugend gehandelt wer-den muss um Risiken zu minimieren Es gilt im internationalen Recht insbeson-dere fuumlr Auswirkungen von Maszlignahmen jenseits des eigenen Staatsgebiets wie zum Beispiel die Verschmutzung grenz-uumlberschreitender Gewaumlsser

Das Verursacherprinzip besagt dass fuumlr die Linderung und Beseitigung eingetretener Schaumlden der Verursacher verantwortlich ist und er folglich auch die Kosten tragen muss

Das Prinzip gemeinsamer aber unterschiedlicher Verantwortung entspricht einer Verallgemeinerung des Verursacherprinzips in Bezug auf Veraumlnderungen in der Umwelt fuumlr die kein einzelner Verursacher identifiziert werden kann Ein Beispiel hierfuumlr ist der Klimawandel Die gesamte Staaten-gemeinschaft traumlgt eine gemeinsame Verantwortung zu handeln Dabei wird jenen Staaten eine groumlszligere Verantwor-tung zugeschrieben die wirtschaftlich

leistungsfaumlhiger sind und staumlrker an der globalen Ressourcenausbeute beteiligt sind

Umweltrecht beinhaltet haumlufig auch eine Reihe von Verfahrensrechten In den meisten Staaten muumlssen im Vor-feld von Groszligprojekten beispielsweise deren Umweltvertraumlglichkeit analysiert (Ausdruck des Vorsorgeprinzips) und die betroffene Bevoumllkerung dabei ein-gebunden werden Vorbildlich ist hier das Uumlbereinkommen uumlber den Zugang zu Informationen die Oumlffentlichkeits-beteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten der UN Wirtschaftskommission fuumlr Europa (2001) kurz die Aarhus-Konvention Sie gewaumlhrt ausdruumlcklich die Rechte aller Betroffenenbull uumlber Umweltauswirkungen von Pro-

jekten informiert zu werdenbull an Entscheidungs- und Planungs-

prozessen beteiligt zu werden sowiebull Schadensersatzanspruumlche geltend

zu machenDie Aarhus-Konvention wurde von fast 50 Staaten Europas und Zentralasiens (mit Ausnahme Russlands) sowie von der EU ratifiziert

Frauen im kenianischen Tana-Delta sind besonders stark mit den Folgen der zuneh-menden Waserknappheit konfrontiert Foto Anton Pieper

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 19

Respekt

vor Zugang zu angemessener

Nahrung

Schutz

vor Uumlbergriffen Dritter

Gewaumlhrleistung

der Verfuumlgbarkeit und des Zugangs

zu Nahrung

Staatenpflichten

Auch die Rio-Konferenz und ihre Folgeprozesse bauen auf die Beteili-gung der Zivilgesellschaft Uumlber diesen Weg hielten nach und nach auch soziale Menschenrechte ausdruumlcklich Einzug in die Abschlusserklaumlrungen der alle

fuumlnf Jahre stattfindenden UN-Gipfel zu Umwelt und Entwicklung

Die Erklaumlrung von Rio mit ihrem Konzept der Nachhaltigkeit und den drei genannten Prinzipien liefer-te auszligerdem die Grundlage fuumlr die Klimarahmenkonvention

Prinzipien der internationalen Menschenrechte

Allgemeine Prinzipien

Die zentrale Saumlule des internationalen Menschenrechtssystems ist die Men-schenrechtscharta der Vereinten Natio-nen Sie umfasst die Allgemeine Erklauml-rung der Menschenrechte (1948) den Internationale Pakt uumlber Buumlrgerliche und Politische Rechte (UN-Zivilpakt) sowie den Internationalen Pakt uumlber Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) (beide 1966) Neben dem Zivilpakt und dem Sozial-pakt gibt es auszligerdem acht weitere Menschenrechtsvertraumlge die sich auf den Schutz besonders benachteiligter Gruppen sowie auf das Verbot von Folter und unmenschlicher Behandlung beziehen Alle Abkommen sind durch die immer gleichen Querschnittsprinzi-pien gepraumlgt naumlmlich das Gebot der Nichtdiskriminierung die Gleichheit aller die gesellschaftliche Beteiligung

den Zugang zu effektiven Rechtsmitteln bei Rechtsverletzungen die Rechen-schaftspflicht der Staaten sowie das Verbot des Ruumlckschritts Bei diesen Prinzipien handelt es sich durchweg um Verfahrensrechte die allen materiellen Rechten wie dem Recht auf Nahrung Wasser Wohnen etc zur Seite gestellt sind Denn sehr haumlufig liegt der Verlet-zung materieller Rechte die Verletzung von Verfahrensrechten zugrunde

Alle Menschenrechtsvertraumlge un-terscheiden fuumlr ihre gewaumlhrten Rechte je drei Arten staatlicher Verpflichtung gegenuumlber Einzelpersonen und Grup-pen Im UN-Sozialpakt sind dies res-pektieren schuumltzen gewaumlhrleisten Die Respektierungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten die Wahrnehmung eines Rechts nicht behindern duumlrfen Die Schutzpflicht besagt dass die Vertragsstaaten Dritte davon abhalten muumlssen die Ausuumlbung dieses Rechts zu beintraumlchtigen oder zu verhindern Die Gewaumlhrleistungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten Maszlignahmen er-greifen muumlssen um die Verwirklichung eines Rechts voranzubringen

Bezogen auf das Recht auf Nah-rung heiszligt das zum Beispiel dass der Staat BaumluerInnen nicht von ihrem angestammten Land umsiedeln darf um Infrastrukturprojekte umzusetzen wenn dadurch ihr Zugang zu angemes-sener Nahrung verloren geht Er muss ferner Dritte ndash zum Beispiel Groszliggrund-besitzerInnen oder Unternehmen ndash daran hindern dies zu tun wenn sie Land fuumlr Investitionen verkaufen oder Infrastrukturprojekte durchfuumlhren Und der Staat muss durch geeignete Maszlig-nahmen auch jenen die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung ermoumlglichen die davon ausgegrenzt sind ndash zum

Menschenrechten stehen staatliche Pflichten gegenuumlber

20 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Beispiel fuumlr die sichere Ruumlckkehr von Vertriebenen sorgen oder sie auf neuem fruchtbaren Land ansiedeln Da fuumlr viele Laumlnder des Globalen Suumldens wegen der Begrenztheit der verfuumlgbaren Mittel

insbesondere die Gewaumlhrleistungs-pflicht nicht immer leicht zu erfuumlllen ist sieht der UN-Sozialpakt eine all-maumlhliche Verwirklichung der Rechte vor

Extraterritoriale Staatenpflichten

Menschenrechtsvertraumlge beschreiben zunaumlchst die Pflichten eines Vertrags-staates gegenuumlber den Menschen auf seinem Staatsgebiet oder solchen die anderweitig unter seiner Gewalt stehen (zum Beispiel bei Besatzungen) Der UN-Zivilpakt enthaumllt eine Klausel die seinen Anwendungsbereich in diesem Sinn einschraumlnkt Der UN-Sozialpakt hingegen erlaubt weitreichendere Interpretationen Hier heiszligt es in Artikel 2(1) bdquoJeder Vertragsstaat verpflichtet sich einzeln und durch internationale Hilfe und Zusammenar-beit hellip die volle Verwirklichung der in diesem Pakt anerkannten Rechte zu erreichenldquo Fortschrittliche JuristInnen sehen darin eine rechtlich bindende Pflicht wirtschaftliche soziale und kulturelle Menschenrechte auch uumlber das eigene Staatsgebiet hinaus zu respektieren zu schuumltzen und zu gewaumlhrleisten Dies hat der UN-Sozial-ausschuss 2002 in seinem Allgemeinen Kommentar Nr 15 zum Recht auf Wasser aufgegriffen der bdquohellip von den Vertragsstaaten [verlangt] von Hand-lungen abzusehen die den Genuss des Rechts auf Wasser in anderen Laumlndern unmittelbar oder mittelbar beeintraumlchti-genldquo Die International Commission of Jurists (ICJ) hat dies fortgesetzt und 2011 die sogenannten Maastrichter Prinzipien zu extraterritorialen Staaten-pflichten im Rahmen des UN-Sozialpakts veroumlffentlicht Laut den Maastrichter Prinzipien muumlssen Staaten ihre zwi-schenstaatlichen und internationalen Abkommen so gestalten dass sie nicht zu menschenrechtlichen Verwerfungen bei Vertragspartnern fuumlhren und die Staaten nicht in der Erfuumlllung ihrer

menschenrechtlichen Verpflichtungen einschraumlnken Ferner haben Staaten die Pflicht gesetzgeberische und politische Maszlignahmen zu ergreifen um Menschen in anderen Staaten vor Menschen-rechtsverletzungen durch bei ihnen ansaumlssige international agierende Konzerne zu schuumltzen Die freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Men-schenrechten gleichfalls von 2011 weisen zumindest den Spielraum aus den Staaten zur Regulierung transnati-onaler wirtschaftlicher Akteure haben 2017 veroumlffentlichte der UN-Sozialaus-schuss auszligerdem den Allgemeinen Kommentar Nr 24 zu Staatenpflichten im Zusammenhang unternehmerischen Handelns Darin betont er ebenfalls die grenzuumlberschreitenden staatlichen Pflichten zur Kontrolle multinationaler Konzerne Insgesamt hat der Verweis auf extraterritoriale Pflichten der Staaten im Rahmen des UN-Menschen-rechtssystems uumlber die letzten Jahre stark zugenommen

Protest vor der Zentrale der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) gegen ein Staudammprojekt in Panama

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 21

Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten

Obwohl die Umwelt- und die Men-schenrechtsprinzipien ein groszliges Potenzial fuumlr Synergien haben weisen die Klimarahmenkonvention und das Kyoto-Protokoll keinerlei Bezug zu den Menschenrechten auf Zur Veran-schau li chung vergleicht die folgende Tabelle die wesentlichen Prinzipien der international anerkannten Men-schenrechte und die Regeln des Kli-marechts anhand der Grundpfeiler des internationalen Umweltrechts

Wie die Tabelle zeigt sind Staaten aus menschenrechtlicher und aus kli-mapolitischer Perspektive verpflichtet den Klimawandel zu stoppen und seine Wirkungen abzumildern Neben der Emissionsminderung ist es menschen-rechtlich wichtig besonders betroffene Bevoumllkerungsgruppen bei der Anpas-sung zu unterstuumltzen die hierfuumlr kaum Mittel haben

Ferner duumlrfen klimapolitische Maszlignahmen ihrerseits nicht zu Men-schenrechtsverletzungen fuumlhren Da die internationalen Klimaregeln aber im Gegensatz zu Menschenrechtskonven-tionen und vielen anderen Umweltab-kommen vergleichsweise wenig Wert auf die Einbindung betroffener Menschen legt kommt es durch klimapolitische Maszlignahmen immer wieder zu Men-schenrechtsverletzungen Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen sowie UN-SonderberichterstatterInnen und andere Menschenrechtsorgane haben daher intensiv Lobbyarbeit betrieben um Menschenrechte im Abkommen von Paris zu verankern Durchgesetzt hat sich jedoch nur ein Absatz in der nicht-bindenden Praumlambel (Zitat siehe Einlei-tung) Klimaschutz und Menschenrech-te trennen weiterhin Welten

Umwelt-recht-

Prinzipien Internationale Menschenrechte Internationales Klimarecht

Veru

rsac

herp

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ip

Ist Bestandteil der Menschenrechtsprinzipien und kommt im Recht auf Rechtsmittel und Entschaumldigung zum Ausdruck Das Verursacherprinzip setzt voraus dass ein Staat seine Respektierungs- Schutz- oder Gewaumlhrleistungspflicht nachweislich verletzt hat

Wegen des Problems eine spezifische Kausalkette nachzuweisen (welche CO2-Emission hat wen geschauml-digt) ist es kein Prinzip der Klimarahmenkonventi-on In aufgeweichter Form spiegelt es sich im Prinzip der gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortung

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on Grundlegendes in Art2 (1) des UN-Sozialpaktes verankertes Prinzip wonach die reichen Industrie-staaten die Laumlnder des Globalen Suumldens bei der allmaumlhlichen Verwirklichung der Menschenrechte unterstuumltzen sollen

Verpflichtung der Industrielaumlnder gemaumlszlig Art 4 (3 4) der Klimarahmenkonvention die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell und technologisch bei der Minde-rung von Emissionen und Anpassung an den Klima-wandel zu unterstuumltzen

Verf

ahre

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Verfahrensrechte (Gleichbehandlung Information Beteiligung Rechtsmittel) sind Grundlage aller menschenrechtlichen Vertraumlge weil sie auch fuumlr die Sicherung substantieller Rechte (zB Recht auf Nahrung) bedeutend sind Dies gilt insbesondere auch fuumlr die Rechte besonders diskriminierter Bevoumllkerungsgruppen

Im Gegensatz zu vielen Umweltabkommen (zB Aarhus-Konvention) spielen in der Klimarahmenkon-vention dem Kyoto-Protokoll und dem Pariser Ab-kommen Verfahrensrechte von Einzelpersonen keine Rolle Die Ausgestaltung der internationalen Klima-schutzmechanismen nimmt entsprechend wenig Ruumlcksicht darauf

Vergleich menschenrechtlicher und klimarechtlicher Prinzipien

22 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Die Malediven fordern von der internationalen Staatengemeinschaft Maszlignahmen zum Klimaschutz zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung

Kaum jemand zweifelt mehr daran dass der Klimawandel maszliggeblich men-schengemacht ist und negative Auswir-kungen auf die Wahrnehmung von Menschenrechten hat Auf Grundlage der menschenrechtlichen Schutzpflicht sind die Staaten verpflichtet rasch effektive Maszlignahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen zu ergrei-fen BerichterstatterInnen des UN-Menschenrechtsrats betrachten das im Pariser Abkommen vereinbarte Ziel Emissionen derart zu reduzieren dass der globale Temperaturanstieg unter 15 Grad Celsius gehalten wird daher als menschenrechtliche Pflicht der Staaten Dennoch findet Emissionsmin-derung nicht in dem Umfang statt wie es noumltig waumlre Seit 2005 haben ver-schiedene Akteure auf unterschiedli-chen Wegen versucht diesen Blockaden mit Hilfe des Menschenrechtssystems entgegenzuwirken

Die Regierung der Malediven schlug den politischen Weg ein Die Malediven sind ein Staat bestehend aus etwa 1200 kleinen Inseln die nur wenige Meter uumlber dem Meeresspiegel liegen und unmittelbar vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen sind Die Regierung des Landes initiierte die Maledivische Erklaumlrung zur menschlichen Dimension des globalen Klimawandels die sie im November 2007 gemeinsam mit 38 weiteren kleinen Inselstaaten unterzeichnete In dieser Erklaumlrung forderten sie das Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte der Vereinten Nationen auf dem Menschenrechtsrat eine detaillierte Studie uumlber die Auswir-kungen des Klimawandels vorzulegen was im Oktober 2009 ndash kurz vor der Klimakonferenz in Kopenhagen ndash auch geschah Die Malediven haben damit einen Prozess in Gang gesetzt der maszliggeblich dazu beigetragen hat dass viele Menschenrechtsorgane begannen sich mit den Auswirkungen des Klima-wandels auf die Menschenrechte zu befassen

Einen anderen Weg schlugen die Inuit des US-amerikanischen Teils Alaskas ein 2005 reichten sie bei der Inter-Amerikanischen Menschenrechts-kommission eine Klage gegen die USA ein weil die USA nicht genug taumlten um den Klimawandel zu verhindern Die Kommission lehnte die Verhandlung des Falls ab Ein wesentlicher Grund war dass die Klaumlger nicht hinreichend darle-gen konnten dass vor allem die Un-taumltigkeit der USA zur Verletzung ihrer Menschenrechte fuumlhre Die Kommission lud die Inuit aber im Maumlrz 2007 zu einer Anhoumlrung ein um die Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Menschen-rechte zu eroumlrtern Obwohl sie rechtlich eine Niederlage erlitten hatten wurde die Anhoumlrung doch zu einem politi-schen Erfolg der der Situation der Inuit global viel Aufmerksamkeit einbrachte

Des Weiteren war die Klageschrift der Inuit der Auftakt zu einer Vielzahl von Versuchen die Staaten auf juristi-schem Wege zur Pflicht zu rufen Dies muss sich aber nicht auf Organe des Menschenrechtssystems beschraumlnken Besonders erfolgreich war eine Klage der niederlaumlndischen Umweltorganisa-tion Urgenda gegen die Niederlande Das Bezirksgericht in Den Haag urteilte 2015 auf Grundlage der in der nieder-laumlndischen Verfassung verankerten Fuumlrsorgepflicht des niederlaumlndischen Staates dass die Niederlande auf-grund der Erkenntnisse des vierten Sachstandsberichts des Weltklimarats ihre Emissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 25 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern muumlssen Mit den bis dahin ergriffenen Maszlignahmen waumlren voraussichtlich nur 17 Prozent erreicht worden

Trotz dieser Erfolge bleibt es schwierig einzelne Staaten fuumlr den Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Menschenrechte zur Verant-wortung zu ziehen Haumlufig verstaumlrkt der Klimawandel nur bereits beste-hende Menschenrechtsverletzungen Auch die Unterscheidung ob eine

Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 23

Menschenrechtsverletzung in diesem Zusammenhang Folge des Klimawandels oder uumlblicher Wetterextreme ist ist oft schwierig So kommt das Hochkommis-sariat fuumlr Menschenrechte 2009 zum Ergebnis dass der Klimawandel zwar eindeutig negative Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Menschenrech-ten hat dass es aber weniger eindeutig ist ob und in welchem Ausmaszlig die Auswirkungen in streng rechtlichem Sinn als Menschenrechtsverletzung qualifiziert werden koumlnnen

Aus Sicht von FIAN Deutschland kann der Verlust des Zugangs zu Nah-rung durch den Klimawandel aber durchaus als Menschenrechtsverletzung gewertet werden fuumlr die andere Staa-

ten als der Heimatstaat mitverantwort-lich sind Zwar ist der Haftungsansatz nach dem Verursacherprinzip aufgrund der oben geschilderten Besonderheiten des Klimaproblems fuumlr eine menschen-rechtliche Argumentation wenig frucht-bar Aufgrund des Wissens der Staaten uumlber die menschliche Verursachung und der nachweislich negativen Auswirkun-gen des Klimawandels auf die weltweite Verwirklichung der Menschenrechte sind die Staaten jedoch gemaumlszlig UN-Sozialpakt Artikel 2(1) menschenrecht-lich verpflichtet einzeln sowie durch internationale Hilfe und Zusammen-arbeit unter Ausschoumlpfung all ihrer Moumlglichkeiten wirksame Maszlignahmen zur Emissionsminderung zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung

bdquoAnpassungldquo umschreibt ein weites Feld von Aktivitaumlten das die Menschen weniger anfaumlllig gegenuumlber den Auswir-kungen des Klimawandels macht Hiermit kann die Einfuumlhrung von duumlrreresistenten Pflanzenarten und von Bewaumlsserungssystemen gemeint sein aber auch Umsiedlung aus Hochrisiko-zonen neue Bauweisen und Bauvor-schriften oder der Ausbau von Institu-tionen zum Risikomanagement Sie macht einen vergleichsweise kleinen Teil der Klimafinanzierung aus die sich 2016 auf insgesamt 380 Milliarden US Dollar belief 93 Prozent der globalen Klimafinanzierung kommen der Emissi-onsminderung zugute die uumlberwiegend privat finanziert ist Mittel aus oumlffentli-cher Hand tragen nur 34 Prozent zur globalen Klimafinanzierung bei wovon wiederum nur 16 Prozent Anpassungs-maszlignahmen zugutekommen 89 Pro-zent der oumlffentlichen Klimafinanzierung werden von internationalen und natio-nalen Entwicklungsbanken gestemmt Selbst die internationalen Banken wie die Weltbank die Asiatische und die

Afrikanische Entwicklungsbank oder die Europaumlische Investitionsbank (EIB) investieren nur durchschnittlich 23 Pro-zent ihrer Investitionen im Klimabe-reich in Anpassungsmaszlignahmen Fuumlr den unmittelbaren Schutz sowie fuumlr Anpassungsmaszlignahmen an die Folgen des Klimawandels werden also verhaumllt-nismaumlszligig wenige Gelder bereitgestellt Dies kann akut zu Menschenrechtsver-letzungen fuumlhren Je spaumlter und halb-herziger in den Klimaschutz investiert wird desto mehr Anpassung wird noumltig Die Pflicht der Staaten solche Maszlignah-men zu unterstuumltzen ergibt sich aus ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen gemaumlszlig Artikel 2(1) des UN Sozialpaktes Sie gilt unabhaumlngig davon wie viel ein Staat zur Klimaer-waumlrmung beitraumlgt Diese Pflicht ergibt sich auszligerdem aus Art 4(3 4) der Klimarahmenkonvention die aumlrmeren Laumlnder sowohl beim Klimaschutz als auch bei der Anpassung an den Klima-wandel unterstuumltzen ndash gemaumlszlig dem Prinzip gemeinsamer aber unterschied-licher Verantwortung

Die Lebensgrundlage der Indigenen im aumlthiopischen Omo-Tal ist durch den Bau des Stauddamms Gibe III bedroht Foto Suvival International

24 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Obergrenze (Cap)

Industriestaaten unterschreiben dashellip

Kyoto-Protokoll (1997)

Ziel Reduktion der Treibhausgasemission

Emissionen im Zeitraum von 2008 bis 2012 um 5 unter das Niveau von 1990 senken

fl exibler Mechanismus

Fabrik A Fabrik B

Wenn die Emissionen unter der Obergrenze

liegen koumlnnen die nicht genutzten Emissionsrechte wieder verkauft

werden

hellip an Staaten oder

Unternehmen die mehr

Emissionen ausstoszligen

wollen

Verkauft die ungenutzten CO

2-Rechtehellip

Funktionsweise des Emissionshandels

Internationale Klimafinanzierung

Gemaumlszlig der Klimarahmenkonvention sind die traditionellen Industrielaumlnder verpflichtet die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell technologisch und mit Kapazitaumltsaufbau zu unterstuumltzen Auf der Klimakonferenz von Kopenha-gen 2009 wurde diese Verpflichtung konkretisiert die Industrielaumlnder sagten zu dass die finanzielle Unter-stuumltzung bis 2020 auf jaumlhrlich 100 Milli-arden US-Dollar anwachsen soll Zu diesen werden nicht nur die aufge-brachten oumlffentlichen Mittel sondern auch private Investitionen in den Klimaschutz gezaumlhlt wenn sie eine Folge staatlicher Maszlignahmen sind

Die Unterstuumltzung durch oumlffentliche Geber laumluft durch eine Vielzahl von Ka-naumllen Zum einen nutzen viele Staaten dazu ihre Organisationen der Entwick-lungszusammenarbeit In Deutschland sind das beispielsweise die Gesellschaft fuumlr Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Kreditanstalt fuumlr Wieder-aufbau (KfW) Zweitens zaumlhlen auch die Weltbank und die regionalen Ent-wicklungsbanken Klimaschutz zu ihren Aufgaben Insbesondere die Weltbank hat mehrere spezielle Klimaschutzfonds geschaffen Drittens wurde eine Reihe von internationalen Fonds eingerichtet Mit den Geldern der 1991 geschaffenen Globalen Umweltfazilitaumlt (Global Envi-ronment Facility GEF) werden Projekte im Rahmen der Klimarahmenkonventi-on und anderer internationaler Um-weltabkommen finanziert 2001 wurden unter der Klimarahmenkonvention eine Reihe von kleinen spezialisierten Fonds eingerichtet die insbesondere Maszlig-nahmen zur Anpassung an den Klima-wandel finanzierenbull der Least Developed Countries Fund

Fonds fuumlr die am wenigsten entwi-ckelten Laumlnder

bull der Special Climate Change Fund Spezieller Klimawandel-Fonds der vor allem Anpassungsmaszlignahmen finanzieren soll und

bull der Adaptation Fund Anpassungs-fonds fuumlr Laumlnder des Globalen Suumldens

Daruumlber hinaus wurde 2010 beschlos-sen den Green Climate Fund (Gruumlner Klimafonds) einzurichten Dieser soll einen erheblichen Teil der zugesagten 100 Milliarden US-Dollar verwalten

Neben diesen Einrichtungen zur Klimafinanzierung wurden im Rahmen des Kyoto-Protokolls auch institutiona-lisierte Verfahren zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige geschaffenbull der internationale Emissionshandel

der den Handel mit Rechten zum Ausstoszlig von Treibhausgasen regelt

bull die Joint Implementation (Gemein-same Umsetzung) uumlber die Klima-schutzprojekte in Industrielaumlndern international zertifiziert werden koumlnnen

bull der Clean Development Mechanism (Mechanismus fuumlr umweltver-traumlgliche Entwicklung) uumlber den Klimaschutzprojekte in Laumlndern

Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 25

des Globalen Suumldens international zertifiziert werden koumlnnen (siehe Kapitel bdquoDer Clean Development Mechanismldquo)

Diese Verfahren dienen aber in ers-ter Linie der Erreichung der Emissi-onsziele der Industrielaumlnder (siehe Kapitel bdquoSenkung der eigenen Emissi-onenldquo) Mitgliedstaaten mit groszligen Regenwaldvorkommen forderten daher

ein Instrument zu schaffen das den Schutz von Waumlldern auf die Klimabilanz anrechnet Infolge wurde 2007 das Programm REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degrada-tion in Developing Countries) ins Leben gerufen Es soll zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige in Laumlndern des Globalen Suumldens beitragen die durch Abholzung von Waumlldern entstehen

Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen

Maszlignahmen zum Klimaschutz sind aus menschenrechtlicher Perspektive oft umstritten Bei Investitionen in erneu-erbare Energien handelt es sich haumlufig um groszlige flaumlchenintensive Infrastruk-turprojekte wie zum Beispiel den Bau von Staudaumlmmen und Wasserkraftwer-ken Windparks groszligflaumlchige Solar- und Erdwaumlrmeanlagen Das Gleiche gilt fuumlr den Anbau von Energiepflanzen wie Oumllpalmen Investitionen in CO2-Senken also die Ausdehnung von Waumlldern oder der Erhalt bestehender Waumllder stehen oft in Konkurrenz zu anderen Flaumlchen- und Waldnutzungen Auch Anpassungs-maszlignahmen wie der Bau von Schutz-waumlllen oder die Einrichtung von siedlungsfreien Zonen in Hochrisikoge-bieten (zum Beispiel in Gebieten die

haumlufig uumlberschwemmt oder durch Erosion und Erdrutsche gepraumlgt sind) betreffen Land das von Menschen genutzt und ihnen durch solche Maszlig-nahmen entzogen wird Die Flaumlchen-konkurrenz zwischen Investitionen zum Klimaschutz und bisheriger Landnut-zung fuumlhrt unter anderem dazu dass KleinbaumluerInnen und Hirtenvoumllkern der Zugang zu Land und Wasser entzogen wird das sie bisher fuumlr den Nahrungs-mittelanbau und die Viehwirtschaft nutzten Haumlufig handelt es sich dabei um indigene Gruppen die keine Landti-tel besitzen Mit der Vertreibung von ihren wirtschaftlich genutzten Flaumlchen geht auch haumlufig die Vertreibung aus den Ansiedlungen einher Verletzungen sozialer Menschenrechte wie die Rechte auf Nahrung Wasser und Woh-nen sind die Folge Aber auch Verfah-rensrechte und das Recht auf Leben werden regelmaumlszligig missachtet

Dafuumlr gibt es viele Beispiele Pana-ma ist eines jener Laumlnder das am meis-ten in Wasserkraftwerke als erneuerbare Energiequelle investiert In mindes-tens drei bekannten Faumlllen ndash Bonyic Chan75 und Barro Blanco ndash kam es dabei zu schweren Menschenrechts-verletzungen Doumlrfer wurden geflutet obwohl die BewohnerInnen noch nicht umgesiedelt waren die Rechte von In-digenen auf ihr Gebiet und Beteiligung an Projekten wurden verletzt Betrof-fene und AktivistInnen die sich gegen diese Maszlignahmen wehrten wurden eingeschuumlchtert und sogar ermordet Auch Kenia gehoumlrt zu den Vorreitern in

Die klimaschuumltzende Wirkung von Staudaumlm-men zur Stromgewinnung wird bestritten Auszligerdem fuumlhren sie oft zu Verletzungen von Menschenrechten der oumlrtlichen Bevoumllkerung Foto Jane Hofbauer

26 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Sachen Klimaschutz ndash haumlufig zu Lasten ausgegrenzter Bevoumllkerungsgruppen In Olkaria willigten Massai in eine Umsiedlungsmaszlignahme zugunsten einer Erdwaumlrmeanlage (Geothermie) ein weil man ihnen eigene Landrech-te versprach die sie jedoch bis heute nicht erhalten haben Mehrere tausend indigene Jaumlger- und Sammlervoumllker wurden aus dem Embobut-Wald in Westkenia (Sengwer und Cherangany) und dem Mau-Wald (Ogiek) vertrieben weil die Regierung deren Nutzung unter REDD+ anstrebt Der Fall der Ogiek wurde 2014 sogar vor dem Afrikani-schen Gerichtshof fuumlr Menschen- und Voumllkerrechte zugunsten der Ogiek ver-handelt Aumlhnliches passierte in anderen Laumlndern Afrikas So wurde in Tansania die Gemeinschaft der Warufiji aus dem Refuiji-Delta vertrieben Sie hatten die Kooperation bei der Aufforstung der Mangrovenwaumllder verweigert weil man ihnen den Anbau von Reis verbot

Die Auswirkungen von Klimaschutz-maszlignahmen koumlnnen aber auch kom-plexerer Natur sein Wie die Weltbank 2008 in einer vielbeachteten Studie zur globalen Nahrungsmittelkrise darlegte trug die Flaumlchenkonkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Energiepflanzen-anbau maszliggeblich zum globalen An-stieg der Nahrungsmittelpreise bei der fuumlr viele Menschen zu Hunger fuumlhrte Anhand dieser katastrophalen Folgen der staatlichen Foumlrderung von Agrar-treibstoffen durch westliche Indust-rienationen wird deutlich wie diese klimapolitisch motivierten Programme in vielen aumlrmeren Laumlndern direkt zur Verletzung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser beitragen

Auch Anpassungsmaszlignahmen schneiden unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten nicht zwingend besser ab Obwohl sie im Prinzip zum Schutz der Menschen gedacht sind fehlt es in manchen Faumlllen an Professionalitaumlt in anderen Faumlllen fehlt der Fokus auf die besonders gefaumlhrdeten Bevoumllkerungs-gruppen In Mosambik wurden die Doumlr-fer im Sambesi-Flussdelta 20072008

nach schweren Uumlberschwemmungen in houmlher gelegene Gebiete umgesiedelt Viele der neuen Siedlungen blieben ohne angemessenen Zugang zu Wasser fruchtbarem Land und Gesundheitsver-sorgung So wurden sie von Nahrungs-mittelhilfen abhaumlngig Viele Familien verloren durch Abwanderung ihren Zusammenhalt Diskriminierungen bei Anpassungsmaszlignahmen kommen auch in entwickelten Laumlndern vor Nach dem Wiederaufbau von New Orleans nach dem Hurrikan Kathrina im Jahr 2005 durfte die arme afro-amerikanische Be-voumllkerung nicht mehr ihre am Flussufer gelegenen Siedlungen beziehen ndash we-gen Uumlberflutungsgefahr Angemesse-nen und finanzierbaren Ersatz bekamen sie jedoch nicht angeboten

Die Ursachen fuumlr negative Aus-wirkungen und Menschenrechtsver-letzungen durch Klimapolitik gehen teilweise auf die Bedingungen in den Projektlaumlndern zuruumlck Die jeweiligen Nationalstaaten sind menschenrecht-lich entsprechend zu beurteilen und zur Pflicht zu rufen Die Ursachen liegen aber auch in den Klimarahmenabkom-men selbst und ihren Mechanismen begruumlndet Bis auf das Abkommen von Paris enthalten diese keinen Verweis auf Menschenrechte Sie betonen aber die Rechte der Nationalstaaten ihre na-tuumlrlichen Ressourcen auszubeuten Das Abkommen von Paris ist insofern ein Erfolg als in der Praumlambel zum ersten Mal ein Bezug zu den Menschenrechten hergestellt wird Auch im Konzept der extraterritorialen Staatenpflichten zur Verwirklichung wirtschaftlicher sozia-ler und kultureller Menschenrechte ist anerkannt dass die Staaten die Pflicht haben ihre Instrumente zum Klima-schutz und zur Unterstuumltzung von An-passungsmaszlignahmen menschenrechts-konform zu gestalten Dennoch gilt es dicke Bretter zu bohren Eine Praumlambel ist nicht rechtsverbindlich sondern als Orientierungs- und Interpretationshilfe fuumlr die Vertragsparteien oder Gerichte zu verstehen

Fuumlr diese Geothermie-Anlage in Kenia wurden Massai von ihrem traditionellen Land vertrieben Foto Jeanette Schade

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 27

Der Clean Development Mechanism

Mit fast 8000 registrierten Projekten ist der Clean Development Mechanism (CDM) des Kyoto-Protokolls das bedeu-tendste internationale Verfahren zum Klimaschutz Er soll einerseits die Gastgeberstaaten der Projekte bei ihrer nachhaltigen Entwicklung unterstuumltzen und andererseits den Industrielaumlndern bei der Erreichung ihrer Emissionsziele helfen

Das Kyoto-Protokoll definiert fuumlr die teilnehmenden Industrielaumlnder verbindliche Emissionsziele Die Uumlber-wachung der Zielerreichung erfolgt auf Grundlage von Emissionszertifikaten jeder verpflichtete Staat muss fuumlr jede Tonne Treibhausgasemission ein Emis-sionszertifikat vorlegen Die Staaten erhalten eine Anfangsausstattung von Zertifikaten auf Grundlage ihrer Ziele zur Verringerung ihrer Emissionen Diese Zertifikate sind handelbar Schafft ein Staat es seine Emissionen staumlrker zu reduzieren als er zum Ziel hat kann er den sich daraus ergebenden Uumlber-schuss an Zertifikaten an andere Laumlnder verkaufen Auszligerdem koumlnnen die In-dustrielaumlnder uumlber den CDM zertifizierte Emissionsreduktionen aus Klimaschutz-projekten in den Laumlndern des Globalen Suumldens ankaufen

Die naturwissenschaftliche Grund-lage dieses so genannten Emissions-handels ist dass die Treibhausgase sich gleichmaumlszligig in der Atmosphaumlre verteilen Fuumlr den Klimawandel macht es keinen Unterschied an welchem Ort Treibhausgase ausgestoszligen oder reduziert werden Durch den Emissions-handel soll es daher ermoumlglicht werden Emissionen an der Stelle zu vermindern an der dies am kostenguumlnstigsten ist Im Kyoto-Protokoll gibt es zum einen den Emissionshandel zwischen Staaten zum anderen werden im CDM Zertifikate fuumlr Emissionsreduktionen in konkreten Projekten ausgestellt wie zum Beispiel fuumlr Windkraftanlagen Prinzipiell kann jeder beliebige Akteur CDM-Projekte durchfuumlhren Zertifikate erhalten und diese dann verkaufen seien es staatli-che Stellen private Unternehmen oder auch zivilgesellschaftliche Organisa-tionen Durch den CDM soll so fuumlr alle Interessierte ein Anreiz gesetzt werden in Emissionsreduktionen zu investieren Die groszlige Mehrheit der CDM-Projekte wird von privaten Unternehmen durchgefuumlhrt

Der CDM unterliegt der Fuumlhrung und Aufsicht der Konferenz der Vertrags-staaten des Kyoto-Protokolls Fuumlr die Pruumlfung und Genehmigung der konkre-ten Projekte sowie fuumlr die Ausarbeitung von Detailregelungen zu den Geneh-migungsverfahren haben die Vertrags-staaten einen Exekutivrat eingerichtet der aus zehn Mitgliedern und zehn stellvertretenden Mitgliedern besteht Die Mitglieder werden von der Vertrags-staatenkonferenz nach einem regiona-len Schluumlssel gewaumlhlt Der Exekutivrat soll nach Moumlglichkeit alle Entscheidun-gen einstimmig treffen Wenn dies nicht moumlglich ist sind auch Abstimmungen mit Dreiviertelmehrheit erlaubt

Um sich fuumlr die Ausstellung von CDM-Zertifikaten zu qualifizieren muumlssen CDM-Projekte ein festgeleg-tes Verfahren durchlaufen Zunaumlchst muumlssen die Traumlger des Projekts eine Projektdokumentation erstellen die darlegt welche Maszlignahmen durchge-fuumlhrt werden sollen und wie dadurch Emissionen vermindert werden Diese

Einige Doumlrfer im kenianischen Tana-Delta muumlssen per Tankwagen mit Trinkwasser versorgt werden

28 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Braucht Zertifi kate um eigene Klimaschaumlden ausgleichen zu

koumlnnen

INDUSTRIELAND

Klimaschutzprojekt wird unterstuumltzt

ENTWICKLUNGSLANDTechnologie

Finanzierung

Die Unterstuumltzung bringt dem Industrieland zusaumltzliche

Zertifi kate ein

Clean Development Mechanism (CDM)-Projekte werden kontrolliert durch den

CDM-EXEKUTIVRAT bestehend aus 10 Mitgliedern

Durch die Unterstuumltzung

sollen CO2-Emissionen vermieden

werden

Jeweils ein Mitglied der fuumlnf regionalen

Gruppen der Vereinten Nationen

Zwei Mitglieder des Kyoto-Protokolls

gelistet als Industrieland (Annex 1)

Zwei Mitglieder die nicht in Annex 1 des

Kyoto-Protokolls gelistet sind

EinE RepraumlsentantIn der kleinen

Inselstaaten

Projektdokumentation muss durch ein sachverstaumlndiges Zertifizierungsun-ternehmen beispielsweise den TUumlV uumlberpruumlft werden Auszligerdem muss das Projekt durch das Durchfuumlhrungsland und mindestens ein Industrieland genehmigt werden Wenn all diese Be-dingungen erfuumlllt sind wird das Projekt dem CDM-Exekutivrat vorgelegt Wenn der Exekutivrat keine Einwaumlnde hat wird es als CDM-Projekt registriert

Waumlhrend der Durchfuumlhrung des Projekts muumlssen seine Traumlger fortlau-fend uumlberwachen und dokumentieren welche Treibhausgasmengen es er-zeugt Die Emissionsminderung ergibt sich aus dem Unterschied zwischen den Emissionen des Projekts und den Emis-sionen die angefallen waumlren wenn das Projekt nicht umgesetzt worden waumlre wenn zum Beispiel statt Strom eines Windparks Strom aus Kohlekraftwerken verwendet worden waumlre Die Dokumen-tation wird wiederum von einer sach-verstaumlndigen Stelle und vom CDM-Exe-kutivrat uumlberpruumlft Abschlieszligend stellt der Exekutivrat den Projektbeteiligten Emissionszertifikate entsprechend der erzielten Emissionsminderung aus

Die Projektbeteiligten koumlnnen die Zertifikate dann an mehrere moumlgliche Abnehmer verkaufen Der erste moumlgli-che Abnehmer sind Industriestaaten die ihre Kyoto-Emissionsziele nicht durch inlaumlndische Emissionsredukti-onen erreichen und daher zusaumltzliche Zertifikate benoumltigen Daruumlber hinaus gibt es in der EU und in mehreren ande-ren Staaten Emissionshandelssysteme auf Unternehmensebene Aumlhnlich wie die Industriestaaten durch das Kyoto-Protokoll verpflichtet sind Emissi-onszertifikate vorzulegen muumlssen in der EU und in anderen Laumlndern auch bestimmte Unternehmen wie die Ener-gieversorger und groszlige Industriebe-triebe fuumlr ihre Treibhausgasemissionen Zertifikate vorlegen Diese Unterneh-men koumlnnen teilweise CDM-Zertifikate verwenden um ihre Verpflichtung zu erfuumlllen Der dritte moumlgliche Abnehmer ist der wachsende Markt der sogenann-ten bdquofreiwilligen Kompensationldquo von Treibhausgasemissionen Dies sind

Unternehmen und Privatpersonen die ihre Emissionen ausgleichen wollen indem sie CDM-Zertifikate kaufen und loumlschen Ein Beispiel dafuumlr sind Aus-gleichszahlungen fuumlr den CO2-Ausstoszlig durch Fluumlge

Der CDM verfuumlgt uumlber keinerlei men-schenrechtliche Kriterien Es gibt ledig-lich die Bestimmung dass die Projekte zur nachhaltigen Entwicklung beitragen sollen und die Vorschrift dass die lokale Bevoumllkerung konsultiert werden muss Allerdings gibt es keine interna-tionalen Kriterien wie der Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung uumlberpruumlft werden soll Stattdessen wird die Pruuml-fung vollstaumlndig den Gastgeberlaumlndern der Projekte uumlberlassen Ebenso gibt es nur vage internationale Kriterien fuumlr die Konsultation der lokalen Bevoumllke-rung Viele Laumlnder haben nur schwache

Funktionsweise des Clean Development Mechanism

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 29

Regeln und uumlberwachen deren Einhal-tung nur schlecht Als Ergebnis kommt es immer wieder zu Vorwuumlrfen dass durch CDM-Projekte Menschenrechte verletzt werden Die internationale Gemeinschaft ist damit nicht ihrer Verantwortung nachgekommen neue voumllkerrechtliche Vertraumlge entsprechend ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen auszugestalten

Das Kyoto-Protokoll wird nach 2020 nicht weitergefuumlhrt entsprechend wird auch der CDM auslaufen Allerdings

wurden im Pariser Abkommen neue Kooperationsmechanismen geschaf-fen Die Regeln zur Umsetzung dieser Mechanismen sollen ausdruumlcklich die Erfahrungen aus den Mechanismen des Kyoto-Protokolls beruumlcksichtigen Aus den menschenrechtlichen Problemen die sich im CDM ergeben haben soll-ten die Staaten die Schlussfolgerung ziehen dass die neuen Mechanismen verbindliche menschenrechtliche Krite-rien benoumltigen

Der Fall Bajo Aguaacuten ndash CDM-Zertifizierung trotz Menschen-rechtsverletzungen

Das Projekt bdquoAguan Biogas Recovery from Palm Oil Mill Effluent [POME] Ponds and Biogas Utilisation ndash Ex-portadora del Atlaacutentico AguanHondurasldquo soll die Behandlung von Abwasser aus einer Palmoumllmuumlhle verbessern und dadurch die Emissio-nen von Methan vermindern Das Palmoumll kommt aus Plantagen die im Zentrum eines gewalttaumltigen Landkon-flikts stehen Laut den oumlrtlichen KleinbaumluerInnen hat sich der Eigentuuml-mer das Plantagenland widerrechtlich angeeignet Sie fordern daher die Ruumlckgabe des Landes Die Sicherheits-kraumlfte der Plantagen und die oumlffentli-chen Sicherheitskraumlfte gehen immer

wieder gewaltsam gegen die Kleinbaumlu-erInnen vor bisher wurden uumlber 50 Personen getoumltet

Diese Umstaumlnde spielten jedoch im Registrierungsverfahren des CDM keine Rolle FIAN und andere Nicht-regierungsorganisationen wiesen den CDM-Exekutivrat darauf hin dass das Projekt in Menschenrechtsver-letzungen verwickelt sei Es wurde dennoch als CDM-Projekt registriert Der CDM-Exekutivrat erklaumlrte dass er kein Mandat habe solche Umstaumlnde zu beruumlcksichtigen Seine Zustaumlndig-keit beschraumlnke sich auf die Klima-schutzauswirkungen von Projekten Neben Honduras war das Projekt auch von Groszligbritannien registriert wor-den Nachdem sie uumlber die Vorwuumlrfe informiert worden war aumluszligerte die britische Regierung zwar dass diese bdquoverstoumlrendldquo seien erklaumlrte aber fuumlr Fragen der Nachhaltigkeit sei das Gastgeberland Honduras zustaumlndig

Das Projekt ist im CDM registriert und kann fuumlr Emissionsreduktionen die bis zum 31 Januar 2018 erzielt wurden Zertifikate erhalten Dieser Zeitraum kann verlaumlngert werden Das Ausmaszlig der Gewalt ist zwar nach einer Intervention der deutschen Regierung zuruumlckgegangen der zugrunde lie-gende Landkonflikt ist aber weiterhin ungeloumlst

Eine honduranische Baumluerin weist bei einer Demonstration auf die schweren Menschen-rechtsverletzungen in Bajo Aguaacuten hin

30 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank

Viele Klimaschutzmaszlignahmen werden ausschlieszliglich von privaten Unterneh-men und Banken durchgefuumlhrt die nicht an verbindliche Sozialstandards gebunden sind Insbesondere in Laumln-dern des Globalen Suumldens mit schwa-chen nationalen Standards und Institu-tionen zu ihrer Durchsetzung gefaumlhrdet dies den Schutz der Menschenrechte

Oumlffentliche Entwicklungsbanken verfuumlgen dagegen uumlber eigene Sozial-standards und Beschwerdeverfahren welche die Gefahr von Menschenrechts-verletzungen bei der Durchfuumlhrung von Projekten verringern koumlnnen Doch auch hier gibt es deutlichen Nachbes-serungsbedarf wie das Beispiel der Europaumlischen Investitionsbank (EIB) zeigt

Die EIB ist eine Bank der Europaumli-schen Union (EU) deren Anteilseigner neben der EU die EU-Mitgliedstaaten sind Sie verfuumlgt uumlber das groumlszligte Bud-get aller Entwicklungsbanken weltweit und ist ein Schluumlsselakteur der Klima-finanzierung Seit 2013 hat sie sich zum Ziel gesetzt jaumlhrlich mindestens 25 Prozent ihres Kreditvolumens fuumlr Kli-maprojekte zu vergeben Im Jahr 2011 leitete die EIB eine Untersuchung ein um ihre Sozialstandards den Anspruuml-chen der EU-Grundrechtecharta sowie den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte anzupassen Das dabei entstandene Handbuch fuumlr Umwelt- und Sozialstandards (2013) verspricht hohe Sozialstandards und beschreibt diese ndash als einzige Bank weltweit ndash sogar mit menschenrechtli-chem Vokabular 2015 uumlberarbeitete die EIB auszligerdem ihre Transparenzpolitik so dass sie im Unterschied zu vielen anderen europaumlischen Entwicklungs-banken bereits vor Bewilligung die Ergebnisse von Umwelt- und Sozial-vertraumlglichkeitsanalysen bekannt gibt Die EIB hat ferner ein eigenes Be-schwerdeverfahren das alle durch ihre Projekte Betroffenen nutzen koumlnnen Die Zustaumlndigen fuumlr die Bearbeitung

der Beschwerden koumlnnen Mediations-prozesse anstoszligen Das Verfahren und das zustaumlndige Gremium koumlnnen sogar selbst Gegenstand einer Beschwerde vor dem EU-Ombudsmann werden wenn die Betroffenen mit seiner Arbeit unzufrieden sind

Gute Standards und ein gutes Beschwerdeverfahren gelten in der Regel als Grundbedingung fuumlr die Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht Dennoch gibt es im System der EIB erhebliche Maumlngel Eine menschenrechtliche Untersuchung der Anwendung der Sozialstandards beim oben erwaumlhnten Erdwaumlrmeprojekt in Kenia fuumlhrte dabei zu folgenden Ergeb-nissen Es werde zu wenige Sozial- und MenschenrechtsexpertInnen je Projekt beschaumlftigt Ersatzweise werden Kre-ditnehmer auf das EIB-Handbuch zu Umwelt- und Sozialstandards verwiesen Die EIB uumlberlaumlsst die Umsetzung ihrer hehren Sozialstandards damit weitge-hend den Kreditnehmern ohne diese mit angemessen Personalressourcen zu unterstuumltzen und zu kontrollieren Betroffene werden von der EIB auch nicht systematisch uumlber die Existenz ihres Beschwerdeverfahrens informiert sondern stoszligen ndash wenn uumlberhaupt ndash erst durch eigene Recherche auf ihn Die EIB-MitarbeiterInnen haben keine Verpflichtung den Beschwerdeaus-schuss aktiv in problematische Projekte einzubinden Er wird erst aktiv wenn Betroffene an ihn herantreten Bei Pro-jekten die von mehreren Geldgebern finanziert werden hat er kein Mandat deren Rolle bei der Verletzung von So-zialstandards zu untersuchen Seine Be-urteilungen und Empfehlungen sind fuumlr die Bank auch nicht rechtlich bindend Das Beispiel der EIB zeigt damit nicht nur deren spezifische Maumlngel in der Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht sondern demonstriert auch die generell begrenzte Reichweite institutioneller Beschwerdemecha-nismen Sie stellen keinen Ersatz fuumlr verbindliche Menschenrechtsstandards dar zu deren Umsetzung Staaten ver-pflichtet sind

Gemaumlszlig dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP) sind 80 Prozent aller Menschen die aufgrund des Klimawan-dels umsiedeln muumlssen FrauenFoto Survival International

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 31

Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Der Status der EU im Menschenrechts-system ist kompliziert Die EU selbst ist kein Staat sondern eine Mitgliederor-ganisation von Staaten Wie andere internationale Organisationen auch ist sie daher keine Vertragspartei der zwischenstaatlichen Menschenrechts-vertraumlge (mit Ausnahme der UN-Behin-dertenrechtskonvention) Sie ist auch keine Vertragspartei der Europaumlischen Menschenrechtskonvention obwohl ihr Beitritt in Artikel 6(2) des EU-Vertrags

festgelegt ist und seit langem gepruumlft wird Daher haben die Menschenrechts-organe der UN und des Europarates auch kein Mandat uumlber die EU und duumlrfen nicht uumlber sie urteilen

Dennoch ist auch die EU verpfl ich-tet Menschenrechte in ihrer Innen- und Auszligenpolitik zu beachten Diese Verpfl ichtungen beruhen vor allem auf a) der EU-Grundrechtecharta (2009) b) dem EU-Vertrag sowie c) auf der Aarhus-Konventiona) Die Grundrechtecharta gilt fuumlr alle

EU-Organe sowie fuumlr die Mitglied-staaten bei der Anwendung von EU-Recht (GRC Art 51(1)) Sowohl das EU-Parlament als auch ein Experten-urteil bestaumltigten ihre extraterritori-ale Reichweite

b) In den EU-Vertraumlgen bekennt sich die EU zum Schutz der Menschen-rechte in ihrer Beziehung zur uumlbri-gen Welt und zur Grundrechtecharta der Vereinten Nationen (EUV Art 3(5)) Sie erklaumlrt diese zu leitenden Grundsaumltzen ihres auswaumlr-tigen Handelns (EUV Art 21) Dies gilt ausdruumlcklich auch fuumlr die Ko-operation mit Entwicklungslaumlndern (EUVA Art 208)

c) Die EU ist eine Vertragspartei der Aarhus-Konvention die nach Expert Innenmeinung ebenfalls auch extraterritorial ausgelegt werden kann

0 100 200 300 400 500

203020141990

Gebaumlude

Landwirtschaft

Industrie

Energiewirtschaft

Verkehr

lt61

72

88

lt98

160

163

lt72

119

209

lt143

181

283

lt183

358

466

Datenquelle Bundesministerium fuumlr UmweltNaturschutz Bau und Reaktorsicherheit (2017)Klimaschutz in Zahlen 2017

Ziele zur Verringerung von Treibhausgas-emissionen Deutschlands nach Sektoren gemaumlszlig dem Klimaschutzplan 2050(in Millionen Tonnen CO2-Aumlquivalenten)

32 FIAN | Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh (2012) Second National Com-munication of Bangladesh to the United Nations Framework Convention on Climate Change Dhaka Ministry of Environment and Forests Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh

Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 37

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Weltbank (2013) Turn Down the Heat Climate Extremes Regional Impacts and the Case for Resilience Washington DC Weltbank

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitikldquo

UN Generalversammlung (1992) Rio-Erklaumlrung uumlber Umwelt und Entwicklung (ACONF15126 (Vol I)) httpwwwunorgdeptsgermanconfagenda21riopdf

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2012) Human Rights Indicators A Guide to Measurement and Implementation httpbitly1oUZYHb

UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

International Commission of Jurists (2011) Maastricht Principles on Extraterritorial Obligations of States in the Area of Economic Social and Cultural Rights Verfuumlgbar mit deutscher Uumlbersetzung unter httpwwwfiandefileadminuser_uploaddo-kumenteshopRaN2012_ETO_Maastricht_Principles_en_de_finalpdf

UN Special Procedures (2015) Climate Change and Human Rights ndash Joint statement by UN Special Procedures on the occasion of World Environment Day 5 Juni 2015 httpwwwohchrorgENNewsEventsPagesDisplayNewsaspxNewsID=16049amp LangID=E

The Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (2015) Human Rights Law Sources UN Pronouncements on Extra-Territorial Obligations httpwwwetoconsortiumorgncenmain-navigationlibrarydocuments tx_drblob_pi15BdownloadUid5D=163

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2015) Report of the Office of the Uni-ted Nations High Commissioner for Human Rights on the relationship between clima-te change and human rights AHRC1061 15 Januar 2009 httpwwwohchrorgENIssuesHRAndClimateChangePagesStudyaspx

UN-Menschenrechtsrat (2016) Report of the Special Rapporteur on the issue of human rights obligations relating to the enjoyment of a safe clean healthy and sustainable environment AHRC3152 1 Februar 2016 httpspapersssrncomsol3paperscfmabstract_id=2729611

Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

European Bank for Reconstruction and Development together with MDB partners the African Development Bank the Asian Development Bank the European In-vestment Bank the Inter-American Development Bank Group and the World Bank Group (2016) Joint Report on Multilateral Development Banksrsquo Climate Finance wwwebrdcom2016-joint-report-on-mdbs-climate-financepdf

Schade Jeanette and Wolfgang Obergassel (2014) Human rights and the Clean Development Mechanism In Cambridge Review of International Affairs Vol 27 No 4 pp 717-735

Sterk Wolfgang und Christof Arens (2010) Investitionen fuumlr den Klimaschutz Die projektbasierten Mechanismen CDM und JI Berlin Bundesministerium fuumlr Umwelt Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) httpwwwcarbon-mechanismsdefileadminmediadokumentePublikationenCMRBroschuere_2010_Einfuehrung_CDM_JI_bfpdf

38 FIAN | Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

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Schade Jeanette (2013) Climate change and planned relocation Risks and a propo-sal for safeguards In Thomas Faist Jeanette Schade (Eds) Disentangling Migra-tion and Climate Change Methodologies Political Discourses and Human Rights Heidelberg Dordrecht New York Springer pp 138-206

Wolfgang Obergassel Jeanette Schade Lauri Peterson Nicolas Kreibich Timo Beiermann (2017) International Climate Finance Mechanisms and Extraterritorial Human Rights Obligations Status Quo and Future Prospects ein Dossier von FIAN Deutschland httpswwwfiandeartikelansicht2017-07-19-internationale- klimafinanzierung-und-risiken-fuer-die-menschenrechte

FIAN (2008) Agrartreibstoffe und das Menschenrecht auf Nahrung Grundlagen-papier von FIAN-Deutschland httpwwwfiandefiandownloadspdfagrarFIAN_Grundlagenpapier_Agrartreibstoffepdf

Jeanette Schade (2017) EU accountability for the due diligence failures of the European Investment Bank Climate finance and involuntary resettlement in Olkaria Kenya In Journal of Human Rights and the Environment Vol 8(1) 72-97 (Son-derausgabe ldquoClimate Justice and Displacementrdquo Gastherausgeber Schade und Manou)

Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 10: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Basierend auf den Analysen des Welt-klimarats (2007 und 2014) und dem Grundlagendokument der Ernaumlhrungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Food and Agricul-tural Organization FAO) zum Thema

Klimawandel und Ernaumlhrungssicherheit (2008) lassen sich im Wesentlichen fuumlnf Faktoren festmachen die die Wahrneh-mung des Rechts auf Nahrung vieler Menschen bedrohen

Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur

Die Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur hat regional stark unterschiedliche Auswirkungen In den mittleren und houmlheren Breitengraden Nordamerikas Europas Asiens und

Suumldamerikas verlaumlngert ein gemaumlszligigter Anstieg der mittleren globalen Lufttem-peratur zwischen 1 Grad Celsius und 2 Grad Celsius die landwirtschaftlichen Anbauphasen und koumlnnte zu houmlheren

Die Karte zeigt wie sich der Klimawandel bis 2100 voraussichtlich auf die Eignung fuumlr landwirtschaftliche Nutzung auswirken wird

Grafi k Dr Florian Zabel Ludwig-Maximilians-Universitaumlt Muumlnchen (LMU)

schlechter besser

Auswirkungen des Klimawandels auf die

Verwirklichung des Menschenrechts auf

Nahrung

10 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Ertraumlgen fuumlhren Demgegenuumlber fuumlhrt in den saisonal trockenen Laumlndern niedriger Breitengrade in denen sich die meisten Laumlnder des Globalen Suuml-dens befinden bereits eine Erwaumlrmung zwischen 1 Grad Celsius und 2 Grad Celsius zu erheblichen Ernteverlusten Dies ist vor allem auf eine staumlrkere Verdunstung in Verbindung mit der weit verbreiteten regenbewaumlsserten Land-wirtschaft in diesen Laumlndern zuruumlckzu-fuumlhren Die Ertraumlge werden auch beein-

traumlchtigt wenn die Tagestemperaturen gewisse Schwellenwerte uumlberschreiten die je Pflanzenart unterschiedlich sind Der Klimawandel hat zur Folge dass diese Werte haumlufiger uumlberschritten werden

Bei einem Temperaturanstieg von uumlber 2 Grad Celsius erwartet die Klima-wissenschaft in allen Klimazonen minus also auch in den houmlheren Breitengraden minus negative Auswirkungen auf die land-wirtschaftliche Produktion

Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge

Im Zuge des Klimawandels werden sich die Niederschlagsmuster sowohl jahres-zeitlich als auch raumlumlich veraumlndern Generell sagt die Klimaforschung voraus dass feuchte Regionen zukuumlnf-tig noch feuchter und trockene Regio-nen noch trockener werden Gleichzei-tig prognostiziert die Klimaforschung

dass die Niederschlaumlge staumlrker sowie die zeitlichen Abstaumlnde zwischen Regenfaumll-len insgesamt groumlszliger werden Dies wird mit groszliger Wahrscheinlichkeit eine Zunahme von Duumlrren und Uumlberschwem-mungen zur Folge haben die groszlige Verluste in der Land- und Viehwirtschaft hervorrufen werden

Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen

Die Klimaforschung sagt voraus dass die Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen wie starken Stuumlrmen und lang anhaltenden Regen-schauern auf allen Kontinenten zuneh-men wird In tropischen Regionen wird aufgrund der erhoumlhten Temperaturen und des ansteigenden Meeresspiegels eine Zunahme von Zyklonen prognosti-ziert die zu Ernteausfaumlllen auf dem Land sowie zur Zerstoumlrung der fuumlr die

Fischerei wichtigen Korallen beitragen werden Diese extremen Wetterereig-nisse beschaumldigen nicht nur die ange-bauten Feldfruumlchte und treiben die Erosion des Bodens voran sondern fuumlhren auch zu enormen Schaumlden an der Infrastruktur in den betroffenen Regionen Dies kann nicht nur den Zugang zu Maumlrkten verschlechtern sondern auch eine Notversorgung mit Lebensmitteln behindern

Anstieg des Meeresspiegels

Die Erhoumlhung der globalen Temperatu-ren fuumlhrt zur Ausdehnung der Wasser-massen der Ozeane (durch die Erwaumlr-mung einer Substanz erhoumlht sich ihr Volumen) sowie zum Abschmelzen des Polareises und der Gletscher Der dadurch ansteigende Meeresspiegel bedroht den Lebensraum der Bewohne-rInnen kleiner Inseln des pazifischen und indischen Ozeans sowie der Kuumlsten-bewohnerInnen Fruchtbares Tiefland wird uumlberschwemmt Ackerboumlden

versalzen Daruumlber hinaus wird voraus-gesagt dass die Fischereiwirtschaft zunehmend in Konkurrenz zum ver-staumlrkten Kuumlstenschutz stehen wird der durch den Klimawandel erforderlich wird Der Bau von Daumlmmen fuumlhrt zu Veraumlnderungen in den Ablagerungs-schichten des Meeresbodens sowie in der Versorgung kuumlstennaher Oumlkosyste-me mit Frischwasser und Naumlhrstoffen mit nachteiligen Folgen fuumlr die lokale Fischerei

Bereits jetzt hat der Klimawandel in einigen Regionen der Welt geringere Maisernten zur Folge

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 11

Groumlszligere Wetterschwankungen

Insgesamt bringen die klimatischen Veraumlnderungen instabilere Wetterver-haumlltnisse mit sich die die Wasserversor-gung sowie die Land- und Viehwirt-schaft in vielen Regionen erschweren

und Ernteertraumlge schwanken lassen Dies stellt ein Risiko fuumlr die Einkom-mensgrundlage der BaumluerInnen sowie fuumlr die Versorgung lokaler und regiona-ler Maumlrkte mit Nahrungsmitteln dar

Der Klimawandel hat einen enormen Einfluss auf den Zugang zu ausreichen-dem und sauberem Wasser Mit jedem Grad globaler Erwaumlrmung werden sich die erneuerbaren Trinkwasserressour-cen voraussichtlich fuumlr 7 Prozent der Weltbevoumllkerung um 20 Prozent verrin-gern Der Klimawandel verstaumlrkt die

bereits bestehenden Wasserprobleme in vielen Erdregionen die durch das hohe Bevoumllkerungswachstum das Anwachsen der Megastaumldte die Ausbreitung eines ressourcenintensiven Lebensstils und die Uumlbernutzung von Frischwasser durch die industrielle Landwirtschaft hervorgerufen werden

Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels

Neben der Uumlberschwemmung von Kuumlstengebieten sowie vieler kleiner Inseln des indischen und pazifischen Ozeans fuumlhrt der Anstieg des Meeres-spiegels in kuumlstennahen Gebieten auch

zur Versalzung des Grundwassers Frischwasser wird dadurch immer knapper und die Zahl der Menschen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser wird schnell steigen

Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur

Mehr als ein Sechstel der Weltbevoumllke-rung lebt in Flussgebieten die haupt-saumlchlich durch saisonale Abschmelzun-gen von Schnee und Gletschereis mit Suumlszligwasser versorgt werden Durch die ansteigende Lufttemperatur wird die Schneefallmenge in den Wintermonaten abnehmen Zudem wird sich der Abfluss des Schmelzwassers von den Bergen zunehmend von den Sommermonaten ndash in denen der Bedarf am groumlszligten ist ndash in den Fruumlhling verschieben Gleichzeitig wird der Temperaturanstieg zu einem weiteren Ruumlckgang der Gletscher fuumlhren die aufgrund ihrer Kapazitaumlt zur Speicherung von Suumlszligwasser eine zentrale Rolle bei der Trinkwasserver-

sorgung in den Flussgebieten spielen Bei einem Temperaturanstieg von 4 Grad Celsius koumlnnte der Umfang der Gletscher bis zum Ende des Jahrhun-derts weltweit um bis zu vier Fuumlnftel abnehmen Dies wird ein kurzfristiges Ansteigen der Flusslaumlufe zur Folge haben Langfristig wird sich die Wasser-menge der Fluumlsse jedoch verringern Schlieszliglich wird vorhergesagt dass das Ansteigen der Lufttemperatur und die abnehmende Wassermenge in den Suumlszliggewaumlssern zu starkem Algen- und Bakterienwachstum fuumlhren Dadurch wird sich die Wasserqualitaumlt in den betroffenen Regionen verschlechtern

Auswirkungen des Klimawandels auf die

Verwirklichung des Menschenrechts auf

Wasser

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta muss aufgrund des Klimawandels immer tiefer nach Trinkwasser graben

12 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge

Trockene Gebiete sowie Regionen mit geringen Suumlszligwasserspeichern in denen die Gewinnung von Trinkwasser unmit-telbar aus dem Regenwasser erfolgt werden mit groszliger Wahrscheinlichkeit besonders heftig von den abnehmen-den Niederschlaumlgen betroffen werden In tropischen Gebieten wiederum kann

die vorhergesagte Erhoumlhung der jahres-zeitlichen Niederschlagsmenge zu Uumlberschwemmungen fuumlhren Durch das Ausspuumllen der Boumlden der uumlberfluteten Landflaumlchen koumlnnen Schadstoffe in das Wasser gelangen die die Suumlwasserres-sourcen verschmutzen

Die Klimaaumlnderungen werden in der tropischen und subtropischen Klimazo-ne ndash in der sich die Mehrzahl der Laumlnder des Globalen Suumldens befindet ndash weit negativer ausfallen als in der gemaumlszligig-ten Klimazone in der uumlberwiegend Industriestaaten beheimatet sind Daruumlber hinaus verfuumlgen die Menschen in den Laumlndern des Globalen Suumldens aufgrund mangelnder finanzieller und technologischer Mittel uumlber eine nur geringe Anpassungsfaumlhigkeit an die

bevorstehenden Klimaaumlnderungen Es werden also gerade die Menschen am staumlrksten unter den Auswirkungen der Erderwaumlrmung leiden die am allerwe-nigsten zu deren Verursachung beige-tragen haben

Dem Weltklimarat zufolge sind die Arktis Afrika kleine Inseln sowie die groszligen asiatischen Flussdeltas die am staumlrksten vom Klimawandel betroffenen Regionen

Kleine Inselstaaten

Kleine Inselstaaten wie beispielsweise Vanuatu und Tuvalu sind bereits heute schon stark von den klimatischen Veraumlnderungen betroffen Der anstei-gende Meeresspiegel erhoumlht die Gefahr von Uumlberschwemmungen und Sturmflu-ten und stellt eine Bedrohung fuumlr die Wasserversorgung die Landwirtschaft und die gesamte Infrastruktur dar Die Wasserversorgung der Inseln wird zusaumltzlich dadurch erschwert dass durch die Klimaaumlnderungen Meereswas-ser in das Grundwasser dringt Denn gerade auf den kleinen Inseln und Atollen liegt der Grundwasserspiegel haumlufig nur etwa ein bis zwei Meter unter der Erdoberflaumlche

Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels

Die kleinen Inselstaaten sind aufgrund des Klimawandels vom Untergang bedroht

Die Regenfaumllle in Haiti werden heftiger undfuumlhren haumlufiger zu Uumlberschwemmungen

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 13

Daruumlber hinaus gefaumlhrden die vor-ausgesagten Veraumlnderungen der Nie-derschlagsmenge die Wasserversorgung der Inseln Denn auf den meisten Atol-len erfolgt die Trinkwassergewinnung durch das Auffangen von Regenwasser Des Weiteren beeintraumlchtigen die mit dem Meeresspiegelanstieg einherge-hende Versalzung der Boumlden und die

Unregelmaumlszligigkeiten der Niederschlaumlge die landwirtschaftliche Selbstversor-gung vieler Inseln Nicht nur die Ertraumlge der Agrarwirtschaft sondern auch die der Fischwirtschaft drohen aufgrund des temperaturbedingten Absterbens der Korallenriffe drastisch zuruumlckzuge-hen die vielen Fischen als Nahrungsre-servoir dienen

Afrika

Fuumlr das suumldliche Afrika wird vorherge-sagt dass der jaumlhrliche Niederschlag bei einer globalen Erwaumlrmung von 4 Grad Celsius um bis zu 30 Prozent abnehmen koumlnnte In Teilen des suumldli-chen und westlichen Afrikas koumlnnte sich die jaumlhrliche Wiederauffuumlllung des Grundwassers um 50 bis 70 Prozent vermindern Entsprechend erhoumlht sich das Risiko von Duumlrren Fuumlr das Horn von Afrika und das noumlrdliche Ostafrika sagen verschiedene Klimamodelle sehr unterschiedliche Folgen voraus Einige Modelle prognostizieren eine Verringe-rung der Niederschlaumlge andere eine Erhoumlhung Allerdings waumlre diese Erhouml-hung vermutlich nicht gleichmaumlszligig

uumlber das Jahr verteilt sondern wuumlrde sich in intensiven Regenperioden niederschlagen wodurch das Risiko von Uumlberflutungen steigen wuumlrde

Deutliche Auswirkungen auf die Landwirtschaft sind selbst bei niedri-gem Temperaturanstieg zu erwarten Bereits eine Erwaumlrmung von 15 Grad Celsius bis zum Jahr 2030 koumlnnte dazu fuumlhren dass 40 Prozent der Maisan-baugebiete nicht mehr fuumlr die derzeit angebauten Sorten geeignet waumlren Bei einer Erwaumlrmung von bis zu 2 Grad Celsius bis 2050 koumlnnten die Ertraumlge der gesamten Landwirtschaft um 10 Prozent abnehmen bei einer houmlheren Erwaumlr-mung um 15 bis 20 Prozent

Suumldostasien

Die dicht besiedelten Flussdeltas Suumldostasiens sind durch den ansteigen-den Meeresspiegel besonders gefaumlhr-det Denn dieser fuumlhrt zum Eindringen von Salzwasser und verstaumlrkt die Inten-sitaumlt von Wirbelstuumlrmen Zudem wird ein starker Anstieg von Hitzeextremen vorhergesagt Bereits bei einer globa-len Erwaumlrmung von 2 Grad Celsius werden 60 bis 70 Prozent der Region von Hitzeextremen und 30 bis 40 Pro-zent der Region von neuen Hitzerekor-den betroffen sein

Die Landwirtschaft wird durch diese Veraumlnderungen schwer getroffen werden So koumlnnte der Reisanbau im Mekongdelta der die Haumllfte des vietna-mesischen Reisertrags liefert bereits bis 2040 um rund 12 Prozent zuruumlck-gehen Auch die Fischwirtschaft wuumlrde durch die Erwaumlrmung und Versauerung des Wassers sowie das Absterben der Korallenriffe stark geschaumldigt Dadurch koumlnnte sich beispielsweise das Fangpo-tential in den suumldlichen Philippinen bis zum Jahr 2050 halbieren

Suumldasien

Auch in Suumldasien werden ungewoumlhnlich heiszlige Sommermonate in den naumlchsten Jahrzehnten vielfach haumlufiger auftre-ten Die regionalen und jahreszeitli-chen Schwankungen der Niederschlaumlge werden sich voraussichtlich deutlich

verstaumlrken Es wird erwartet dass bei einer globalen Erwaumlrmung von 4 Grad Celsius die Regenmengen in der trocke-nen Jahreszeit um 30 Prozent abneh-men und in der feuchten Jahreszeit um 30 Prozent zunehmen Diese Verschie-

Bewaumlsserungsmethoden der industriellen Landwirtschaft Afrikas verstaumlrken den Verlust des Zugangs zu Wasser der oumlrtlichen Bevoumllkerung

14 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

bung wird das Risiko von Duumlrren deut-lich erhoumlhen insbesondere fuumlr das nordwestliche Indien Pakistan und Afghanistan Fuumlr das suumldliche Indien wird eine houmlhere Feuchtigkeit vorhergesagt

Groszlige Fluumlsse wie der Ganges Indus und Brahmaputra haumlngen wesentlich von der sommerlichen Schnee- und Gletscherschmelze ab Bereits un-terhalb einer Erwaumlrmung von 2 Grad Celsius wird eine deutliche Erhoumlhung der Anzahl schneearmer Winter erwar-tet Dies wird zu deutlich niedrigeren Wasserstaumlnden in der trockenen Jahres-

zeit fuumlhren Wesentlich fuumlr die Land-wirtschaft sind auch das zeitige und regelmaumlszligige Eintreffen des Monsuns Dessen jaumlhrliche Schwankungen werden sich durch den Klimawandel deutlich verstaumlrken

Es wird erwartet dass die landwirt-schaftliche Produktion ohne den Klima-wandel bis zum Jahr 2050 um 60 Pro-zent steigen wuumlrde mit Klimawandel nur um 12 Prozent Durch den gleich-zeitigen Anstieg der Bevoumllkerung wird in der Folge die Produktion pro Kopf der Bevoumllkerung um ein Drittel abnehmen

Auswirkungen des Klimawandels auf Bangladesch

Bangladesch ist eines der Laumlnder die weltweit am staumlrksten durch den Klimawandel gefaumlhrdet sind Auf einer Flaumlche die etwa 40 Prozent der Groumlszlige Deutschlands entspricht leben 150 Millionen Menschen Das Land hat eine lange Kuumlste und die groszligen Fluumlsse Ganges Brahmaputra und Meghna muumlnden dort ins Meer und treten regelmaumlszligig uumlber die Ufer Schon ohne Klimawandel wird Bangla-desch immer wieder von Uumlberschwem-mungen Duumlrren und Wirbelstuumlrmen getroffen Im Durchschnitt werden jedes Jahr 20 bis 25 Prozent des Landes uumlberflutet Der Klimawandel fuumlhrt zu einem Anstieg des Meeres-spiegels und zur Zunahme von Mon-sunregen und Wirbelstuumlrmen Durch diese Faktoren koumlnnten in der Mitte des Jahrhunderts bei starken Fluten bis zu 80 Prozent des Landes uumlber-schwemmt werden Die Anzahl der Menschen die in Gegenden mit hohem Wirbelsturmrisiko leben koumlnnte von derzeit 87 Millionen auf uumlber 38 Milli-onen steigen

Daruumlber hinaus druumlckt der steigen-de Meeresspiegel vermehrt salziges Meerwasser in Bangladeschs Flussdel-tas Wo das Meerwasser nicht abflieszligt versalzen Boumlden und Suumlszligwasserquel-len Der Meeresspiegel koumlnnte bis 2050 um bis zu einem halben Meter

steigen Dadurch wuumlrde das Land 10 Prozent seiner Flaumlche verlieren was etwa der Groumlszlige Schleswig-Holsteins entspricht Davon waumlren 55 Millionen Menschen direkt betroffen und muumlss-ten umsiedeln

Die Kosten fuumlr die entstehenden Schaumlden und fuumlr die notwendigen Maszlignahmen zur Anpassung an den Klimawandel stellen Bangladesch vor eine enorme Herausforderung Als eines der aumlrmsten Laumlnder der Welt ist es bei der Bewaumlltigung dieser Aufgaben auf internationale finan-zielle und technische Unterstuumltzung angewiesen

Bangladeschs Fluumlsse drohen zu versalzen

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 15

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Die ersten Erkenntnisse zu den negati-ven Folgen des Klimawandels ruumlckten im Laufe der 1980er Jahre zunehmend ins Bewusstsein der Oumlffentlichkeit 1990 reagierte die Generalversammlung der Vereinten Nationen (United Na-tions UN) und beschloss ein interna-tionales Klimaschutzabkommen auszu-handeln Als Ergebnis wurde 1992 die Klimarahmenkonvention auf der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro (im Folgenden kurz Rio-Konferenz) verabschiedet

Die Klimarahmenkonvention ist gleichsam das Grundgesetz der inter-nationalen Klimapolitik Sie legt deren grundsaumltzliche Prinzipien fest (siehe folgendes Kapitel) und verpfl ichtet alle Staaten das Klima zu schuumltzen Daruuml-ber hinaus verpfl ichtet sie die traditio-nellen Industrielaumlnder dazu die Laumlnder des Globalen Suumldens fi nanziell tech-nologisch und durch Organisationsent-wicklung und Ausbildung zu unterstuumlt-zen Allerdings enthaumllt die Konvention keine konkreten Verpfl ichtungen fuumlr einzelne Staaten Solche Verpfl ichtun-gen sollten im Rahmen eines Zusatzpro-tokolls geregelt werden

Die Verhandlungen zu solch einem Protokoll wurden 1995 begonnen und 1997 im japanischen Kyoto abgeschlos-sen Das Kyoto-Protokoll verpfl ichtet die traditionellen Industrielaumlnder ihre Treibhausgasemissionen von 2008

bis 2012 um jeweils laumlnderspezifi sch defi nierte Werte zu senken Die Laumlnder koumlnnen diese Emissionsziele entweder auf ihrem eigenen Staatsgebiet erbrin-gen oder aber uumlber den so genannten Emissionshandel Emissionsminderun-gen aus anderen Laumlndern ankaufen Dazu wurden verschiedene Verfahren entwickelt (siehe Kapitel bdquoInternatio-nale Klimafi nanzierungldquo) Der damals groumlszligte Emittent die USA traten dem Abkommen jedoch nicht bei Zudem enthaumllt das Abkommen keine Verpfl ich-tungen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens

2007 wurden daher neue Verhand-lungen begonnen um ein global um-fassendes Klimaabkommen zu schaffen Das Abkommen sollte 2009 auf der Klimakonferenz in Kopenhagen ver-abschiedet werden dieses Vorhaben scheiterte jedoch Die Staaten konnten sich lediglich auf unverbindliche Zusa-gen einigen Allerdings legten erstmals auch viele Laumlnder des Globalen Suumldens Klimaschutzzusagen vor 2011 wurde ein neuer Anlauf gestartet ein um-fassendes Abkommen zu vereinbaren Gleichzeitig stimmten die EU und einige andere Industrielaumlnder zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020 neue ver-bindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

2015 einigten sich schlieszliglich alle Staaten auf das Pariser Klimaschutz-

16 FIAN | Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

3-SPALTIG1845mm times 90mm

Vereinte Nationen setzen Weltklimarat ein

unterzeichnet durch alle Staaten der Welt greift ab 2020

Pariser Klimaschutz-abkommen

Industrielaumlnder verpfl ichten sich ihre Treibhaus-gasemissionen von 2008 bis 2012 zu senken

Maumlngel Die USA haben nicht unterzeichnet und keine Verpfl ichtungen fuumlr den Globalen Suumlden

Verabschiedung

des

Kyoto Protokolls

1988

1992

1997

2011

2015

2016Beschluss der

Klimarahmenkonvention bei der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung (Rio-Konferenz)

Die EU und einige andere Industrielaumlnder stimmen zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020

neue verbindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

US-Praumlsident Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckzuziehen

abkommen Das Abkommen greift ab 2020 und verpflichtet alle Mitglieder Klimaschutzbeitraumlge vorzulegen Diese Beitraumlge sind allerdings rechtlich nicht verbindlich Stattdessen setzt das Abkommen auf transparente Berichter-stattung und oumlffentliches Anprangern um die Staaten anzuhalten ihre Vor-

haben auch tatsaumlchlich umzusetzen Inzwischen sind alle Staaten der Welt dem Pariser Abkommen beigetreten Allerdings hat der 2016 neugewaumlhlte US-Praumlsident Donald Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckziehen zu wollen

Die RegierungsvertreterInnen freuen sichuumlber die Verabschiedung des Klimaschutzabkommens von Paris Foto (ebenso S 16) IISDKiara Worth(enbiisdorgclimatecop21enb2dechtml)

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik | FIAN 17

Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Es ist deutlich geworden dass diejeni-gen Laumlnder die am wenigsten zum Klimawandel beitragen oft am staumlrks-ten von ihm betroffen sind Dieses Kapitel befasst sich daher mit den voumllkerrechtlichen Verpfl ichtungen der Staaten auf menschenrechtskonforme Weise den Klimawandel aufzuhalten und Anpassungsmaszlignahmen zu unterstuumltzen

Internationale Menschenrechte und Umweltvoumllkerrecht wirken inhaltlich ineinander Die Verwirklichung vieler Menschenrechte insbesondere auch des Rechts auf Nahrung haumlngt naumlmlich unmittelbar vom Zustand der natuumlrli-chen Umwelt ab Dem wurde bereits in der Stockholmer Erklaumlrung zur menschli-chen Umwelt von 1972 Rechnung getra-gen Sie formulierte als erste das Recht auf eine gesunde Umwelt und enthielt bereits damals die drei Prinzipien des Umweltrechts wie sie sich 1992 in der Erklaumlrung von Rio uumlber Umwelt und Entwicklung (im Folgenden kurz Erklauml-

rung von Rio) wiederfi nden das Vorsor-geprinzip das Verursacherprinzip und die gemeinsame aber unterschiedliche Verantwortung

Zugleich handelt es sich bei Men-schenrechten und Umweltrecht aber um unterschiedliche Bereiche des Voumllker-rechts Eine durchgaumlngige Beruumlcksichti-gung von Menschenrechten im globalen Umwelt- oder Klimarecht ist daher nicht selbstredend Im Folgenden werden die Gemeinsamkeiten und Unterschie-de der Rechtssysteme dargestellt und verdeutlicht welche Prinzipien und Verpfl ichtungen sich jeweils verstaumlrken und wo es Nachbesserungsbedarf gibt Anschlieszligend werden die staatlichen Verpfl ichtungen die sich aus men-schenrechtlicher Sicht fuumlr die Klima-politik ergeben gepruumlft Pfl ichten zur Emissionsminderung zur Unterstuumlt-zung von Anpassungsmaszlignahmen und zur Beachtung von Menschenrechten bei der Durchfuumlhrung von Maszlignahmen

Ganz allgemein handelt es sich beim Voumllkerrecht um Vertraumlge zwischen Staaten in welchen sie wechselseitige Pfl ichten und Rechte festhalten Die Menschenrechte bilden jedoch eine Ausnahme Sie sind Rechte von Einzel-personen und Gruppen gegenuumlber dem

Staat Diesen Rechten stehen staatliche Verpfl ichtungen gegenuumlber Fuumlr beide Bereiche gilt gleichermaszligen dass man zwischen materiellen Rechten und Verfahrensrechten unterscheidet ndash also zwischen konkreten Inhalten von Rechten einerseits (zum Beispiel das

Prinzipien des interna-tionalen Umweltrechts

und der Menschenrechte

Foto Werner Rudhart

18 FIAN | Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Recht auf sauberes Trinkwasser) und Regeln zu Vorgehensweisen anderer-seits (zum Beispiel die Pflicht zu Kon-

sultationen vor Eingriffen in Trinkwas-serreservoire oder die Festlegung von Rechtsmitteln bei Konflikten)

Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts

Die internationale Klimarahmenkon-vention ist Teil des internationalen Umweltrechts zu dem noch viele weitere Vertraumlge wie zum Beispiel das Washingtoner Artenschutzabkommen (1973) oder das Uumlbereinkommen zum Schutze der Ozonschicht (1985) gehouml-ren Vertragsuumlbergreifend sind im internationalen Umweltrecht die drei oben genannten Prinzipien anerkannt Sie gelten als Voumllkergewohnheitsrecht oder sind auf dem besten Wege dorthin Zu diesem Status hat wesentlich die Erklaumlrung von Rio beigetragen zu deren Grundpfeilern sie gehoumlren

Das Vorsorgeprinzip soll verhin-dern dass Schaumlden fuumlr die Umwelt ent-stehen International verankert ist vor allem der Grundsatz der Schadensver-meidung Er besagt dass auch bei un-vollstaumlndigem oder unsicherem Wissen uumlber Art Ausmaszlig Wahrscheinlichkeit und Ursachen von Umweltschaumlden und -gefahren vorbeugend gehandelt wer-den muss um Risiken zu minimieren Es gilt im internationalen Recht insbeson-dere fuumlr Auswirkungen von Maszlignahmen jenseits des eigenen Staatsgebiets wie zum Beispiel die Verschmutzung grenz-uumlberschreitender Gewaumlsser

Das Verursacherprinzip besagt dass fuumlr die Linderung und Beseitigung eingetretener Schaumlden der Verursacher verantwortlich ist und er folglich auch die Kosten tragen muss

Das Prinzip gemeinsamer aber unterschiedlicher Verantwortung entspricht einer Verallgemeinerung des Verursacherprinzips in Bezug auf Veraumlnderungen in der Umwelt fuumlr die kein einzelner Verursacher identifiziert werden kann Ein Beispiel hierfuumlr ist der Klimawandel Die gesamte Staaten-gemeinschaft traumlgt eine gemeinsame Verantwortung zu handeln Dabei wird jenen Staaten eine groumlszligere Verantwor-tung zugeschrieben die wirtschaftlich

leistungsfaumlhiger sind und staumlrker an der globalen Ressourcenausbeute beteiligt sind

Umweltrecht beinhaltet haumlufig auch eine Reihe von Verfahrensrechten In den meisten Staaten muumlssen im Vor-feld von Groszligprojekten beispielsweise deren Umweltvertraumlglichkeit analysiert (Ausdruck des Vorsorgeprinzips) und die betroffene Bevoumllkerung dabei ein-gebunden werden Vorbildlich ist hier das Uumlbereinkommen uumlber den Zugang zu Informationen die Oumlffentlichkeits-beteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten der UN Wirtschaftskommission fuumlr Europa (2001) kurz die Aarhus-Konvention Sie gewaumlhrt ausdruumlcklich die Rechte aller Betroffenenbull uumlber Umweltauswirkungen von Pro-

jekten informiert zu werdenbull an Entscheidungs- und Planungs-

prozessen beteiligt zu werden sowiebull Schadensersatzanspruumlche geltend

zu machenDie Aarhus-Konvention wurde von fast 50 Staaten Europas und Zentralasiens (mit Ausnahme Russlands) sowie von der EU ratifiziert

Frauen im kenianischen Tana-Delta sind besonders stark mit den Folgen der zuneh-menden Waserknappheit konfrontiert Foto Anton Pieper

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 19

Respekt

vor Zugang zu angemessener

Nahrung

Schutz

vor Uumlbergriffen Dritter

Gewaumlhrleistung

der Verfuumlgbarkeit und des Zugangs

zu Nahrung

Staatenpflichten

Auch die Rio-Konferenz und ihre Folgeprozesse bauen auf die Beteili-gung der Zivilgesellschaft Uumlber diesen Weg hielten nach und nach auch soziale Menschenrechte ausdruumlcklich Einzug in die Abschlusserklaumlrungen der alle

fuumlnf Jahre stattfindenden UN-Gipfel zu Umwelt und Entwicklung

Die Erklaumlrung von Rio mit ihrem Konzept der Nachhaltigkeit und den drei genannten Prinzipien liefer-te auszligerdem die Grundlage fuumlr die Klimarahmenkonvention

Prinzipien der internationalen Menschenrechte

Allgemeine Prinzipien

Die zentrale Saumlule des internationalen Menschenrechtssystems ist die Men-schenrechtscharta der Vereinten Natio-nen Sie umfasst die Allgemeine Erklauml-rung der Menschenrechte (1948) den Internationale Pakt uumlber Buumlrgerliche und Politische Rechte (UN-Zivilpakt) sowie den Internationalen Pakt uumlber Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) (beide 1966) Neben dem Zivilpakt und dem Sozial-pakt gibt es auszligerdem acht weitere Menschenrechtsvertraumlge die sich auf den Schutz besonders benachteiligter Gruppen sowie auf das Verbot von Folter und unmenschlicher Behandlung beziehen Alle Abkommen sind durch die immer gleichen Querschnittsprinzi-pien gepraumlgt naumlmlich das Gebot der Nichtdiskriminierung die Gleichheit aller die gesellschaftliche Beteiligung

den Zugang zu effektiven Rechtsmitteln bei Rechtsverletzungen die Rechen-schaftspflicht der Staaten sowie das Verbot des Ruumlckschritts Bei diesen Prinzipien handelt es sich durchweg um Verfahrensrechte die allen materiellen Rechten wie dem Recht auf Nahrung Wasser Wohnen etc zur Seite gestellt sind Denn sehr haumlufig liegt der Verlet-zung materieller Rechte die Verletzung von Verfahrensrechten zugrunde

Alle Menschenrechtsvertraumlge un-terscheiden fuumlr ihre gewaumlhrten Rechte je drei Arten staatlicher Verpflichtung gegenuumlber Einzelpersonen und Grup-pen Im UN-Sozialpakt sind dies res-pektieren schuumltzen gewaumlhrleisten Die Respektierungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten die Wahrnehmung eines Rechts nicht behindern duumlrfen Die Schutzpflicht besagt dass die Vertragsstaaten Dritte davon abhalten muumlssen die Ausuumlbung dieses Rechts zu beintraumlchtigen oder zu verhindern Die Gewaumlhrleistungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten Maszlignahmen er-greifen muumlssen um die Verwirklichung eines Rechts voranzubringen

Bezogen auf das Recht auf Nah-rung heiszligt das zum Beispiel dass der Staat BaumluerInnen nicht von ihrem angestammten Land umsiedeln darf um Infrastrukturprojekte umzusetzen wenn dadurch ihr Zugang zu angemes-sener Nahrung verloren geht Er muss ferner Dritte ndash zum Beispiel Groszliggrund-besitzerInnen oder Unternehmen ndash daran hindern dies zu tun wenn sie Land fuumlr Investitionen verkaufen oder Infrastrukturprojekte durchfuumlhren Und der Staat muss durch geeignete Maszlig-nahmen auch jenen die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung ermoumlglichen die davon ausgegrenzt sind ndash zum

Menschenrechten stehen staatliche Pflichten gegenuumlber

20 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Beispiel fuumlr die sichere Ruumlckkehr von Vertriebenen sorgen oder sie auf neuem fruchtbaren Land ansiedeln Da fuumlr viele Laumlnder des Globalen Suumldens wegen der Begrenztheit der verfuumlgbaren Mittel

insbesondere die Gewaumlhrleistungs-pflicht nicht immer leicht zu erfuumlllen ist sieht der UN-Sozialpakt eine all-maumlhliche Verwirklichung der Rechte vor

Extraterritoriale Staatenpflichten

Menschenrechtsvertraumlge beschreiben zunaumlchst die Pflichten eines Vertrags-staates gegenuumlber den Menschen auf seinem Staatsgebiet oder solchen die anderweitig unter seiner Gewalt stehen (zum Beispiel bei Besatzungen) Der UN-Zivilpakt enthaumllt eine Klausel die seinen Anwendungsbereich in diesem Sinn einschraumlnkt Der UN-Sozialpakt hingegen erlaubt weitreichendere Interpretationen Hier heiszligt es in Artikel 2(1) bdquoJeder Vertragsstaat verpflichtet sich einzeln und durch internationale Hilfe und Zusammenar-beit hellip die volle Verwirklichung der in diesem Pakt anerkannten Rechte zu erreichenldquo Fortschrittliche JuristInnen sehen darin eine rechtlich bindende Pflicht wirtschaftliche soziale und kulturelle Menschenrechte auch uumlber das eigene Staatsgebiet hinaus zu respektieren zu schuumltzen und zu gewaumlhrleisten Dies hat der UN-Sozial-ausschuss 2002 in seinem Allgemeinen Kommentar Nr 15 zum Recht auf Wasser aufgegriffen der bdquohellip von den Vertragsstaaten [verlangt] von Hand-lungen abzusehen die den Genuss des Rechts auf Wasser in anderen Laumlndern unmittelbar oder mittelbar beeintraumlchti-genldquo Die International Commission of Jurists (ICJ) hat dies fortgesetzt und 2011 die sogenannten Maastrichter Prinzipien zu extraterritorialen Staaten-pflichten im Rahmen des UN-Sozialpakts veroumlffentlicht Laut den Maastrichter Prinzipien muumlssen Staaten ihre zwi-schenstaatlichen und internationalen Abkommen so gestalten dass sie nicht zu menschenrechtlichen Verwerfungen bei Vertragspartnern fuumlhren und die Staaten nicht in der Erfuumlllung ihrer

menschenrechtlichen Verpflichtungen einschraumlnken Ferner haben Staaten die Pflicht gesetzgeberische und politische Maszlignahmen zu ergreifen um Menschen in anderen Staaten vor Menschen-rechtsverletzungen durch bei ihnen ansaumlssige international agierende Konzerne zu schuumltzen Die freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Men-schenrechten gleichfalls von 2011 weisen zumindest den Spielraum aus den Staaten zur Regulierung transnati-onaler wirtschaftlicher Akteure haben 2017 veroumlffentlichte der UN-Sozialaus-schuss auszligerdem den Allgemeinen Kommentar Nr 24 zu Staatenpflichten im Zusammenhang unternehmerischen Handelns Darin betont er ebenfalls die grenzuumlberschreitenden staatlichen Pflichten zur Kontrolle multinationaler Konzerne Insgesamt hat der Verweis auf extraterritoriale Pflichten der Staaten im Rahmen des UN-Menschen-rechtssystems uumlber die letzten Jahre stark zugenommen

Protest vor der Zentrale der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) gegen ein Staudammprojekt in Panama

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 21

Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten

Obwohl die Umwelt- und die Men-schenrechtsprinzipien ein groszliges Potenzial fuumlr Synergien haben weisen die Klimarahmenkonvention und das Kyoto-Protokoll keinerlei Bezug zu den Menschenrechten auf Zur Veran-schau li chung vergleicht die folgende Tabelle die wesentlichen Prinzipien der international anerkannten Men-schenrechte und die Regeln des Kli-marechts anhand der Grundpfeiler des internationalen Umweltrechts

Wie die Tabelle zeigt sind Staaten aus menschenrechtlicher und aus kli-mapolitischer Perspektive verpflichtet den Klimawandel zu stoppen und seine Wirkungen abzumildern Neben der Emissionsminderung ist es menschen-rechtlich wichtig besonders betroffene Bevoumllkerungsgruppen bei der Anpas-sung zu unterstuumltzen die hierfuumlr kaum Mittel haben

Ferner duumlrfen klimapolitische Maszlignahmen ihrerseits nicht zu Men-schenrechtsverletzungen fuumlhren Da die internationalen Klimaregeln aber im Gegensatz zu Menschenrechtskonven-tionen und vielen anderen Umweltab-kommen vergleichsweise wenig Wert auf die Einbindung betroffener Menschen legt kommt es durch klimapolitische Maszlignahmen immer wieder zu Men-schenrechtsverletzungen Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen sowie UN-SonderberichterstatterInnen und andere Menschenrechtsorgane haben daher intensiv Lobbyarbeit betrieben um Menschenrechte im Abkommen von Paris zu verankern Durchgesetzt hat sich jedoch nur ein Absatz in der nicht-bindenden Praumlambel (Zitat siehe Einlei-tung) Klimaschutz und Menschenrech-te trennen weiterhin Welten

Umwelt-recht-

Prinzipien Internationale Menschenrechte Internationales Klimarecht

Veru

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Ist Bestandteil der Menschenrechtsprinzipien und kommt im Recht auf Rechtsmittel und Entschaumldigung zum Ausdruck Das Verursacherprinzip setzt voraus dass ein Staat seine Respektierungs- Schutz- oder Gewaumlhrleistungspflicht nachweislich verletzt hat

Wegen des Problems eine spezifische Kausalkette nachzuweisen (welche CO2-Emission hat wen geschauml-digt) ist es kein Prinzip der Klimarahmenkonventi-on In aufgeweichter Form spiegelt es sich im Prinzip der gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortung

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on Grundlegendes in Art2 (1) des UN-Sozialpaktes verankertes Prinzip wonach die reichen Industrie-staaten die Laumlnder des Globalen Suumldens bei der allmaumlhlichen Verwirklichung der Menschenrechte unterstuumltzen sollen

Verpflichtung der Industrielaumlnder gemaumlszlig Art 4 (3 4) der Klimarahmenkonvention die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell und technologisch bei der Minde-rung von Emissionen und Anpassung an den Klima-wandel zu unterstuumltzen

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chte

Verfahrensrechte (Gleichbehandlung Information Beteiligung Rechtsmittel) sind Grundlage aller menschenrechtlichen Vertraumlge weil sie auch fuumlr die Sicherung substantieller Rechte (zB Recht auf Nahrung) bedeutend sind Dies gilt insbesondere auch fuumlr die Rechte besonders diskriminierter Bevoumllkerungsgruppen

Im Gegensatz zu vielen Umweltabkommen (zB Aarhus-Konvention) spielen in der Klimarahmenkon-vention dem Kyoto-Protokoll und dem Pariser Ab-kommen Verfahrensrechte von Einzelpersonen keine Rolle Die Ausgestaltung der internationalen Klima-schutzmechanismen nimmt entsprechend wenig Ruumlcksicht darauf

Vergleich menschenrechtlicher und klimarechtlicher Prinzipien

22 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Die Malediven fordern von der internationalen Staatengemeinschaft Maszlignahmen zum Klimaschutz zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung

Kaum jemand zweifelt mehr daran dass der Klimawandel maszliggeblich men-schengemacht ist und negative Auswir-kungen auf die Wahrnehmung von Menschenrechten hat Auf Grundlage der menschenrechtlichen Schutzpflicht sind die Staaten verpflichtet rasch effektive Maszlignahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen zu ergrei-fen BerichterstatterInnen des UN-Menschenrechtsrats betrachten das im Pariser Abkommen vereinbarte Ziel Emissionen derart zu reduzieren dass der globale Temperaturanstieg unter 15 Grad Celsius gehalten wird daher als menschenrechtliche Pflicht der Staaten Dennoch findet Emissionsmin-derung nicht in dem Umfang statt wie es noumltig waumlre Seit 2005 haben ver-schiedene Akteure auf unterschiedli-chen Wegen versucht diesen Blockaden mit Hilfe des Menschenrechtssystems entgegenzuwirken

Die Regierung der Malediven schlug den politischen Weg ein Die Malediven sind ein Staat bestehend aus etwa 1200 kleinen Inseln die nur wenige Meter uumlber dem Meeresspiegel liegen und unmittelbar vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen sind Die Regierung des Landes initiierte die Maledivische Erklaumlrung zur menschlichen Dimension des globalen Klimawandels die sie im November 2007 gemeinsam mit 38 weiteren kleinen Inselstaaten unterzeichnete In dieser Erklaumlrung forderten sie das Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte der Vereinten Nationen auf dem Menschenrechtsrat eine detaillierte Studie uumlber die Auswir-kungen des Klimawandels vorzulegen was im Oktober 2009 ndash kurz vor der Klimakonferenz in Kopenhagen ndash auch geschah Die Malediven haben damit einen Prozess in Gang gesetzt der maszliggeblich dazu beigetragen hat dass viele Menschenrechtsorgane begannen sich mit den Auswirkungen des Klima-wandels auf die Menschenrechte zu befassen

Einen anderen Weg schlugen die Inuit des US-amerikanischen Teils Alaskas ein 2005 reichten sie bei der Inter-Amerikanischen Menschenrechts-kommission eine Klage gegen die USA ein weil die USA nicht genug taumlten um den Klimawandel zu verhindern Die Kommission lehnte die Verhandlung des Falls ab Ein wesentlicher Grund war dass die Klaumlger nicht hinreichend darle-gen konnten dass vor allem die Un-taumltigkeit der USA zur Verletzung ihrer Menschenrechte fuumlhre Die Kommission lud die Inuit aber im Maumlrz 2007 zu einer Anhoumlrung ein um die Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Menschen-rechte zu eroumlrtern Obwohl sie rechtlich eine Niederlage erlitten hatten wurde die Anhoumlrung doch zu einem politi-schen Erfolg der der Situation der Inuit global viel Aufmerksamkeit einbrachte

Des Weiteren war die Klageschrift der Inuit der Auftakt zu einer Vielzahl von Versuchen die Staaten auf juristi-schem Wege zur Pflicht zu rufen Dies muss sich aber nicht auf Organe des Menschenrechtssystems beschraumlnken Besonders erfolgreich war eine Klage der niederlaumlndischen Umweltorganisa-tion Urgenda gegen die Niederlande Das Bezirksgericht in Den Haag urteilte 2015 auf Grundlage der in der nieder-laumlndischen Verfassung verankerten Fuumlrsorgepflicht des niederlaumlndischen Staates dass die Niederlande auf-grund der Erkenntnisse des vierten Sachstandsberichts des Weltklimarats ihre Emissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 25 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern muumlssen Mit den bis dahin ergriffenen Maszlignahmen waumlren voraussichtlich nur 17 Prozent erreicht worden

Trotz dieser Erfolge bleibt es schwierig einzelne Staaten fuumlr den Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Menschenrechte zur Verant-wortung zu ziehen Haumlufig verstaumlrkt der Klimawandel nur bereits beste-hende Menschenrechtsverletzungen Auch die Unterscheidung ob eine

Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 23

Menschenrechtsverletzung in diesem Zusammenhang Folge des Klimawandels oder uumlblicher Wetterextreme ist ist oft schwierig So kommt das Hochkommis-sariat fuumlr Menschenrechte 2009 zum Ergebnis dass der Klimawandel zwar eindeutig negative Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Menschenrech-ten hat dass es aber weniger eindeutig ist ob und in welchem Ausmaszlig die Auswirkungen in streng rechtlichem Sinn als Menschenrechtsverletzung qualifiziert werden koumlnnen

Aus Sicht von FIAN Deutschland kann der Verlust des Zugangs zu Nah-rung durch den Klimawandel aber durchaus als Menschenrechtsverletzung gewertet werden fuumlr die andere Staa-

ten als der Heimatstaat mitverantwort-lich sind Zwar ist der Haftungsansatz nach dem Verursacherprinzip aufgrund der oben geschilderten Besonderheiten des Klimaproblems fuumlr eine menschen-rechtliche Argumentation wenig frucht-bar Aufgrund des Wissens der Staaten uumlber die menschliche Verursachung und der nachweislich negativen Auswirkun-gen des Klimawandels auf die weltweite Verwirklichung der Menschenrechte sind die Staaten jedoch gemaumlszlig UN-Sozialpakt Artikel 2(1) menschenrecht-lich verpflichtet einzeln sowie durch internationale Hilfe und Zusammen-arbeit unter Ausschoumlpfung all ihrer Moumlglichkeiten wirksame Maszlignahmen zur Emissionsminderung zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung

bdquoAnpassungldquo umschreibt ein weites Feld von Aktivitaumlten das die Menschen weniger anfaumlllig gegenuumlber den Auswir-kungen des Klimawandels macht Hiermit kann die Einfuumlhrung von duumlrreresistenten Pflanzenarten und von Bewaumlsserungssystemen gemeint sein aber auch Umsiedlung aus Hochrisiko-zonen neue Bauweisen und Bauvor-schriften oder der Ausbau von Institu-tionen zum Risikomanagement Sie macht einen vergleichsweise kleinen Teil der Klimafinanzierung aus die sich 2016 auf insgesamt 380 Milliarden US Dollar belief 93 Prozent der globalen Klimafinanzierung kommen der Emissi-onsminderung zugute die uumlberwiegend privat finanziert ist Mittel aus oumlffentli-cher Hand tragen nur 34 Prozent zur globalen Klimafinanzierung bei wovon wiederum nur 16 Prozent Anpassungs-maszlignahmen zugutekommen 89 Pro-zent der oumlffentlichen Klimafinanzierung werden von internationalen und natio-nalen Entwicklungsbanken gestemmt Selbst die internationalen Banken wie die Weltbank die Asiatische und die

Afrikanische Entwicklungsbank oder die Europaumlische Investitionsbank (EIB) investieren nur durchschnittlich 23 Pro-zent ihrer Investitionen im Klimabe-reich in Anpassungsmaszlignahmen Fuumlr den unmittelbaren Schutz sowie fuumlr Anpassungsmaszlignahmen an die Folgen des Klimawandels werden also verhaumllt-nismaumlszligig wenige Gelder bereitgestellt Dies kann akut zu Menschenrechtsver-letzungen fuumlhren Je spaumlter und halb-herziger in den Klimaschutz investiert wird desto mehr Anpassung wird noumltig Die Pflicht der Staaten solche Maszlignah-men zu unterstuumltzen ergibt sich aus ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen gemaumlszlig Artikel 2(1) des UN Sozialpaktes Sie gilt unabhaumlngig davon wie viel ein Staat zur Klimaer-waumlrmung beitraumlgt Diese Pflicht ergibt sich auszligerdem aus Art 4(3 4) der Klimarahmenkonvention die aumlrmeren Laumlnder sowohl beim Klimaschutz als auch bei der Anpassung an den Klima-wandel unterstuumltzen ndash gemaumlszlig dem Prinzip gemeinsamer aber unterschied-licher Verantwortung

Die Lebensgrundlage der Indigenen im aumlthiopischen Omo-Tal ist durch den Bau des Stauddamms Gibe III bedroht Foto Suvival International

24 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Obergrenze (Cap)

Industriestaaten unterschreiben dashellip

Kyoto-Protokoll (1997)

Ziel Reduktion der Treibhausgasemission

Emissionen im Zeitraum von 2008 bis 2012 um 5 unter das Niveau von 1990 senken

fl exibler Mechanismus

Fabrik A Fabrik B

Wenn die Emissionen unter der Obergrenze

liegen koumlnnen die nicht genutzten Emissionsrechte wieder verkauft

werden

hellip an Staaten oder

Unternehmen die mehr

Emissionen ausstoszligen

wollen

Verkauft die ungenutzten CO

2-Rechtehellip

Funktionsweise des Emissionshandels

Internationale Klimafinanzierung

Gemaumlszlig der Klimarahmenkonvention sind die traditionellen Industrielaumlnder verpflichtet die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell technologisch und mit Kapazitaumltsaufbau zu unterstuumltzen Auf der Klimakonferenz von Kopenha-gen 2009 wurde diese Verpflichtung konkretisiert die Industrielaumlnder sagten zu dass die finanzielle Unter-stuumltzung bis 2020 auf jaumlhrlich 100 Milli-arden US-Dollar anwachsen soll Zu diesen werden nicht nur die aufge-brachten oumlffentlichen Mittel sondern auch private Investitionen in den Klimaschutz gezaumlhlt wenn sie eine Folge staatlicher Maszlignahmen sind

Die Unterstuumltzung durch oumlffentliche Geber laumluft durch eine Vielzahl von Ka-naumllen Zum einen nutzen viele Staaten dazu ihre Organisationen der Entwick-lungszusammenarbeit In Deutschland sind das beispielsweise die Gesellschaft fuumlr Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Kreditanstalt fuumlr Wieder-aufbau (KfW) Zweitens zaumlhlen auch die Weltbank und die regionalen Ent-wicklungsbanken Klimaschutz zu ihren Aufgaben Insbesondere die Weltbank hat mehrere spezielle Klimaschutzfonds geschaffen Drittens wurde eine Reihe von internationalen Fonds eingerichtet Mit den Geldern der 1991 geschaffenen Globalen Umweltfazilitaumlt (Global Envi-ronment Facility GEF) werden Projekte im Rahmen der Klimarahmenkonventi-on und anderer internationaler Um-weltabkommen finanziert 2001 wurden unter der Klimarahmenkonvention eine Reihe von kleinen spezialisierten Fonds eingerichtet die insbesondere Maszlig-nahmen zur Anpassung an den Klima-wandel finanzierenbull der Least Developed Countries Fund

Fonds fuumlr die am wenigsten entwi-ckelten Laumlnder

bull der Special Climate Change Fund Spezieller Klimawandel-Fonds der vor allem Anpassungsmaszlignahmen finanzieren soll und

bull der Adaptation Fund Anpassungs-fonds fuumlr Laumlnder des Globalen Suumldens

Daruumlber hinaus wurde 2010 beschlos-sen den Green Climate Fund (Gruumlner Klimafonds) einzurichten Dieser soll einen erheblichen Teil der zugesagten 100 Milliarden US-Dollar verwalten

Neben diesen Einrichtungen zur Klimafinanzierung wurden im Rahmen des Kyoto-Protokolls auch institutiona-lisierte Verfahren zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige geschaffenbull der internationale Emissionshandel

der den Handel mit Rechten zum Ausstoszlig von Treibhausgasen regelt

bull die Joint Implementation (Gemein-same Umsetzung) uumlber die Klima-schutzprojekte in Industrielaumlndern international zertifiziert werden koumlnnen

bull der Clean Development Mechanism (Mechanismus fuumlr umweltver-traumlgliche Entwicklung) uumlber den Klimaschutzprojekte in Laumlndern

Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 25

des Globalen Suumldens international zertifiziert werden koumlnnen (siehe Kapitel bdquoDer Clean Development Mechanismldquo)

Diese Verfahren dienen aber in ers-ter Linie der Erreichung der Emissi-onsziele der Industrielaumlnder (siehe Kapitel bdquoSenkung der eigenen Emissi-onenldquo) Mitgliedstaaten mit groszligen Regenwaldvorkommen forderten daher

ein Instrument zu schaffen das den Schutz von Waumlldern auf die Klimabilanz anrechnet Infolge wurde 2007 das Programm REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degrada-tion in Developing Countries) ins Leben gerufen Es soll zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige in Laumlndern des Globalen Suumldens beitragen die durch Abholzung von Waumlldern entstehen

Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen

Maszlignahmen zum Klimaschutz sind aus menschenrechtlicher Perspektive oft umstritten Bei Investitionen in erneu-erbare Energien handelt es sich haumlufig um groszlige flaumlchenintensive Infrastruk-turprojekte wie zum Beispiel den Bau von Staudaumlmmen und Wasserkraftwer-ken Windparks groszligflaumlchige Solar- und Erdwaumlrmeanlagen Das Gleiche gilt fuumlr den Anbau von Energiepflanzen wie Oumllpalmen Investitionen in CO2-Senken also die Ausdehnung von Waumlldern oder der Erhalt bestehender Waumllder stehen oft in Konkurrenz zu anderen Flaumlchen- und Waldnutzungen Auch Anpassungs-maszlignahmen wie der Bau von Schutz-waumlllen oder die Einrichtung von siedlungsfreien Zonen in Hochrisikoge-bieten (zum Beispiel in Gebieten die

haumlufig uumlberschwemmt oder durch Erosion und Erdrutsche gepraumlgt sind) betreffen Land das von Menschen genutzt und ihnen durch solche Maszlig-nahmen entzogen wird Die Flaumlchen-konkurrenz zwischen Investitionen zum Klimaschutz und bisheriger Landnut-zung fuumlhrt unter anderem dazu dass KleinbaumluerInnen und Hirtenvoumllkern der Zugang zu Land und Wasser entzogen wird das sie bisher fuumlr den Nahrungs-mittelanbau und die Viehwirtschaft nutzten Haumlufig handelt es sich dabei um indigene Gruppen die keine Landti-tel besitzen Mit der Vertreibung von ihren wirtschaftlich genutzten Flaumlchen geht auch haumlufig die Vertreibung aus den Ansiedlungen einher Verletzungen sozialer Menschenrechte wie die Rechte auf Nahrung Wasser und Woh-nen sind die Folge Aber auch Verfah-rensrechte und das Recht auf Leben werden regelmaumlszligig missachtet

Dafuumlr gibt es viele Beispiele Pana-ma ist eines jener Laumlnder das am meis-ten in Wasserkraftwerke als erneuerbare Energiequelle investiert In mindes-tens drei bekannten Faumlllen ndash Bonyic Chan75 und Barro Blanco ndash kam es dabei zu schweren Menschenrechts-verletzungen Doumlrfer wurden geflutet obwohl die BewohnerInnen noch nicht umgesiedelt waren die Rechte von In-digenen auf ihr Gebiet und Beteiligung an Projekten wurden verletzt Betrof-fene und AktivistInnen die sich gegen diese Maszlignahmen wehrten wurden eingeschuumlchtert und sogar ermordet Auch Kenia gehoumlrt zu den Vorreitern in

Die klimaschuumltzende Wirkung von Staudaumlm-men zur Stromgewinnung wird bestritten Auszligerdem fuumlhren sie oft zu Verletzungen von Menschenrechten der oumlrtlichen Bevoumllkerung Foto Jane Hofbauer

26 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Sachen Klimaschutz ndash haumlufig zu Lasten ausgegrenzter Bevoumllkerungsgruppen In Olkaria willigten Massai in eine Umsiedlungsmaszlignahme zugunsten einer Erdwaumlrmeanlage (Geothermie) ein weil man ihnen eigene Landrech-te versprach die sie jedoch bis heute nicht erhalten haben Mehrere tausend indigene Jaumlger- und Sammlervoumllker wurden aus dem Embobut-Wald in Westkenia (Sengwer und Cherangany) und dem Mau-Wald (Ogiek) vertrieben weil die Regierung deren Nutzung unter REDD+ anstrebt Der Fall der Ogiek wurde 2014 sogar vor dem Afrikani-schen Gerichtshof fuumlr Menschen- und Voumllkerrechte zugunsten der Ogiek ver-handelt Aumlhnliches passierte in anderen Laumlndern Afrikas So wurde in Tansania die Gemeinschaft der Warufiji aus dem Refuiji-Delta vertrieben Sie hatten die Kooperation bei der Aufforstung der Mangrovenwaumllder verweigert weil man ihnen den Anbau von Reis verbot

Die Auswirkungen von Klimaschutz-maszlignahmen koumlnnen aber auch kom-plexerer Natur sein Wie die Weltbank 2008 in einer vielbeachteten Studie zur globalen Nahrungsmittelkrise darlegte trug die Flaumlchenkonkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Energiepflanzen-anbau maszliggeblich zum globalen An-stieg der Nahrungsmittelpreise bei der fuumlr viele Menschen zu Hunger fuumlhrte Anhand dieser katastrophalen Folgen der staatlichen Foumlrderung von Agrar-treibstoffen durch westliche Indust-rienationen wird deutlich wie diese klimapolitisch motivierten Programme in vielen aumlrmeren Laumlndern direkt zur Verletzung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser beitragen

Auch Anpassungsmaszlignahmen schneiden unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten nicht zwingend besser ab Obwohl sie im Prinzip zum Schutz der Menschen gedacht sind fehlt es in manchen Faumlllen an Professionalitaumlt in anderen Faumlllen fehlt der Fokus auf die besonders gefaumlhrdeten Bevoumllkerungs-gruppen In Mosambik wurden die Doumlr-fer im Sambesi-Flussdelta 20072008

nach schweren Uumlberschwemmungen in houmlher gelegene Gebiete umgesiedelt Viele der neuen Siedlungen blieben ohne angemessenen Zugang zu Wasser fruchtbarem Land und Gesundheitsver-sorgung So wurden sie von Nahrungs-mittelhilfen abhaumlngig Viele Familien verloren durch Abwanderung ihren Zusammenhalt Diskriminierungen bei Anpassungsmaszlignahmen kommen auch in entwickelten Laumlndern vor Nach dem Wiederaufbau von New Orleans nach dem Hurrikan Kathrina im Jahr 2005 durfte die arme afro-amerikanische Be-voumllkerung nicht mehr ihre am Flussufer gelegenen Siedlungen beziehen ndash we-gen Uumlberflutungsgefahr Angemesse-nen und finanzierbaren Ersatz bekamen sie jedoch nicht angeboten

Die Ursachen fuumlr negative Aus-wirkungen und Menschenrechtsver-letzungen durch Klimapolitik gehen teilweise auf die Bedingungen in den Projektlaumlndern zuruumlck Die jeweiligen Nationalstaaten sind menschenrecht-lich entsprechend zu beurteilen und zur Pflicht zu rufen Die Ursachen liegen aber auch in den Klimarahmenabkom-men selbst und ihren Mechanismen begruumlndet Bis auf das Abkommen von Paris enthalten diese keinen Verweis auf Menschenrechte Sie betonen aber die Rechte der Nationalstaaten ihre na-tuumlrlichen Ressourcen auszubeuten Das Abkommen von Paris ist insofern ein Erfolg als in der Praumlambel zum ersten Mal ein Bezug zu den Menschenrechten hergestellt wird Auch im Konzept der extraterritorialen Staatenpflichten zur Verwirklichung wirtschaftlicher sozia-ler und kultureller Menschenrechte ist anerkannt dass die Staaten die Pflicht haben ihre Instrumente zum Klima-schutz und zur Unterstuumltzung von An-passungsmaszlignahmen menschenrechts-konform zu gestalten Dennoch gilt es dicke Bretter zu bohren Eine Praumlambel ist nicht rechtsverbindlich sondern als Orientierungs- und Interpretationshilfe fuumlr die Vertragsparteien oder Gerichte zu verstehen

Fuumlr diese Geothermie-Anlage in Kenia wurden Massai von ihrem traditionellen Land vertrieben Foto Jeanette Schade

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 27

Der Clean Development Mechanism

Mit fast 8000 registrierten Projekten ist der Clean Development Mechanism (CDM) des Kyoto-Protokolls das bedeu-tendste internationale Verfahren zum Klimaschutz Er soll einerseits die Gastgeberstaaten der Projekte bei ihrer nachhaltigen Entwicklung unterstuumltzen und andererseits den Industrielaumlndern bei der Erreichung ihrer Emissionsziele helfen

Das Kyoto-Protokoll definiert fuumlr die teilnehmenden Industrielaumlnder verbindliche Emissionsziele Die Uumlber-wachung der Zielerreichung erfolgt auf Grundlage von Emissionszertifikaten jeder verpflichtete Staat muss fuumlr jede Tonne Treibhausgasemission ein Emis-sionszertifikat vorlegen Die Staaten erhalten eine Anfangsausstattung von Zertifikaten auf Grundlage ihrer Ziele zur Verringerung ihrer Emissionen Diese Zertifikate sind handelbar Schafft ein Staat es seine Emissionen staumlrker zu reduzieren als er zum Ziel hat kann er den sich daraus ergebenden Uumlber-schuss an Zertifikaten an andere Laumlnder verkaufen Auszligerdem koumlnnen die In-dustrielaumlnder uumlber den CDM zertifizierte Emissionsreduktionen aus Klimaschutz-projekten in den Laumlndern des Globalen Suumldens ankaufen

Die naturwissenschaftliche Grund-lage dieses so genannten Emissions-handels ist dass die Treibhausgase sich gleichmaumlszligig in der Atmosphaumlre verteilen Fuumlr den Klimawandel macht es keinen Unterschied an welchem Ort Treibhausgase ausgestoszligen oder reduziert werden Durch den Emissions-handel soll es daher ermoumlglicht werden Emissionen an der Stelle zu vermindern an der dies am kostenguumlnstigsten ist Im Kyoto-Protokoll gibt es zum einen den Emissionshandel zwischen Staaten zum anderen werden im CDM Zertifikate fuumlr Emissionsreduktionen in konkreten Projekten ausgestellt wie zum Beispiel fuumlr Windkraftanlagen Prinzipiell kann jeder beliebige Akteur CDM-Projekte durchfuumlhren Zertifikate erhalten und diese dann verkaufen seien es staatli-che Stellen private Unternehmen oder auch zivilgesellschaftliche Organisa-tionen Durch den CDM soll so fuumlr alle Interessierte ein Anreiz gesetzt werden in Emissionsreduktionen zu investieren Die groszlige Mehrheit der CDM-Projekte wird von privaten Unternehmen durchgefuumlhrt

Der CDM unterliegt der Fuumlhrung und Aufsicht der Konferenz der Vertrags-staaten des Kyoto-Protokolls Fuumlr die Pruumlfung und Genehmigung der konkre-ten Projekte sowie fuumlr die Ausarbeitung von Detailregelungen zu den Geneh-migungsverfahren haben die Vertrags-staaten einen Exekutivrat eingerichtet der aus zehn Mitgliedern und zehn stellvertretenden Mitgliedern besteht Die Mitglieder werden von der Vertrags-staatenkonferenz nach einem regiona-len Schluumlssel gewaumlhlt Der Exekutivrat soll nach Moumlglichkeit alle Entscheidun-gen einstimmig treffen Wenn dies nicht moumlglich ist sind auch Abstimmungen mit Dreiviertelmehrheit erlaubt

Um sich fuumlr die Ausstellung von CDM-Zertifikaten zu qualifizieren muumlssen CDM-Projekte ein festgeleg-tes Verfahren durchlaufen Zunaumlchst muumlssen die Traumlger des Projekts eine Projektdokumentation erstellen die darlegt welche Maszlignahmen durchge-fuumlhrt werden sollen und wie dadurch Emissionen vermindert werden Diese

Einige Doumlrfer im kenianischen Tana-Delta muumlssen per Tankwagen mit Trinkwasser versorgt werden

28 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Braucht Zertifi kate um eigene Klimaschaumlden ausgleichen zu

koumlnnen

INDUSTRIELAND

Klimaschutzprojekt wird unterstuumltzt

ENTWICKLUNGSLANDTechnologie

Finanzierung

Die Unterstuumltzung bringt dem Industrieland zusaumltzliche

Zertifi kate ein

Clean Development Mechanism (CDM)-Projekte werden kontrolliert durch den

CDM-EXEKUTIVRAT bestehend aus 10 Mitgliedern

Durch die Unterstuumltzung

sollen CO2-Emissionen vermieden

werden

Jeweils ein Mitglied der fuumlnf regionalen

Gruppen der Vereinten Nationen

Zwei Mitglieder des Kyoto-Protokolls

gelistet als Industrieland (Annex 1)

Zwei Mitglieder die nicht in Annex 1 des

Kyoto-Protokolls gelistet sind

EinE RepraumlsentantIn der kleinen

Inselstaaten

Projektdokumentation muss durch ein sachverstaumlndiges Zertifizierungsun-ternehmen beispielsweise den TUumlV uumlberpruumlft werden Auszligerdem muss das Projekt durch das Durchfuumlhrungsland und mindestens ein Industrieland genehmigt werden Wenn all diese Be-dingungen erfuumlllt sind wird das Projekt dem CDM-Exekutivrat vorgelegt Wenn der Exekutivrat keine Einwaumlnde hat wird es als CDM-Projekt registriert

Waumlhrend der Durchfuumlhrung des Projekts muumlssen seine Traumlger fortlau-fend uumlberwachen und dokumentieren welche Treibhausgasmengen es er-zeugt Die Emissionsminderung ergibt sich aus dem Unterschied zwischen den Emissionen des Projekts und den Emis-sionen die angefallen waumlren wenn das Projekt nicht umgesetzt worden waumlre wenn zum Beispiel statt Strom eines Windparks Strom aus Kohlekraftwerken verwendet worden waumlre Die Dokumen-tation wird wiederum von einer sach-verstaumlndigen Stelle und vom CDM-Exe-kutivrat uumlberpruumlft Abschlieszligend stellt der Exekutivrat den Projektbeteiligten Emissionszertifikate entsprechend der erzielten Emissionsminderung aus

Die Projektbeteiligten koumlnnen die Zertifikate dann an mehrere moumlgliche Abnehmer verkaufen Der erste moumlgli-che Abnehmer sind Industriestaaten die ihre Kyoto-Emissionsziele nicht durch inlaumlndische Emissionsredukti-onen erreichen und daher zusaumltzliche Zertifikate benoumltigen Daruumlber hinaus gibt es in der EU und in mehreren ande-ren Staaten Emissionshandelssysteme auf Unternehmensebene Aumlhnlich wie die Industriestaaten durch das Kyoto-Protokoll verpflichtet sind Emissi-onszertifikate vorzulegen muumlssen in der EU und in anderen Laumlndern auch bestimmte Unternehmen wie die Ener-gieversorger und groszlige Industriebe-triebe fuumlr ihre Treibhausgasemissionen Zertifikate vorlegen Diese Unterneh-men koumlnnen teilweise CDM-Zertifikate verwenden um ihre Verpflichtung zu erfuumlllen Der dritte moumlgliche Abnehmer ist der wachsende Markt der sogenann-ten bdquofreiwilligen Kompensationldquo von Treibhausgasemissionen Dies sind

Unternehmen und Privatpersonen die ihre Emissionen ausgleichen wollen indem sie CDM-Zertifikate kaufen und loumlschen Ein Beispiel dafuumlr sind Aus-gleichszahlungen fuumlr den CO2-Ausstoszlig durch Fluumlge

Der CDM verfuumlgt uumlber keinerlei men-schenrechtliche Kriterien Es gibt ledig-lich die Bestimmung dass die Projekte zur nachhaltigen Entwicklung beitragen sollen und die Vorschrift dass die lokale Bevoumllkerung konsultiert werden muss Allerdings gibt es keine interna-tionalen Kriterien wie der Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung uumlberpruumlft werden soll Stattdessen wird die Pruuml-fung vollstaumlndig den Gastgeberlaumlndern der Projekte uumlberlassen Ebenso gibt es nur vage internationale Kriterien fuumlr die Konsultation der lokalen Bevoumllke-rung Viele Laumlnder haben nur schwache

Funktionsweise des Clean Development Mechanism

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 29

Regeln und uumlberwachen deren Einhal-tung nur schlecht Als Ergebnis kommt es immer wieder zu Vorwuumlrfen dass durch CDM-Projekte Menschenrechte verletzt werden Die internationale Gemeinschaft ist damit nicht ihrer Verantwortung nachgekommen neue voumllkerrechtliche Vertraumlge entsprechend ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen auszugestalten

Das Kyoto-Protokoll wird nach 2020 nicht weitergefuumlhrt entsprechend wird auch der CDM auslaufen Allerdings

wurden im Pariser Abkommen neue Kooperationsmechanismen geschaf-fen Die Regeln zur Umsetzung dieser Mechanismen sollen ausdruumlcklich die Erfahrungen aus den Mechanismen des Kyoto-Protokolls beruumlcksichtigen Aus den menschenrechtlichen Problemen die sich im CDM ergeben haben soll-ten die Staaten die Schlussfolgerung ziehen dass die neuen Mechanismen verbindliche menschenrechtliche Krite-rien benoumltigen

Der Fall Bajo Aguaacuten ndash CDM-Zertifizierung trotz Menschen-rechtsverletzungen

Das Projekt bdquoAguan Biogas Recovery from Palm Oil Mill Effluent [POME] Ponds and Biogas Utilisation ndash Ex-portadora del Atlaacutentico AguanHondurasldquo soll die Behandlung von Abwasser aus einer Palmoumllmuumlhle verbessern und dadurch die Emissio-nen von Methan vermindern Das Palmoumll kommt aus Plantagen die im Zentrum eines gewalttaumltigen Landkon-flikts stehen Laut den oumlrtlichen KleinbaumluerInnen hat sich der Eigentuuml-mer das Plantagenland widerrechtlich angeeignet Sie fordern daher die Ruumlckgabe des Landes Die Sicherheits-kraumlfte der Plantagen und die oumlffentli-chen Sicherheitskraumlfte gehen immer

wieder gewaltsam gegen die Kleinbaumlu-erInnen vor bisher wurden uumlber 50 Personen getoumltet

Diese Umstaumlnde spielten jedoch im Registrierungsverfahren des CDM keine Rolle FIAN und andere Nicht-regierungsorganisationen wiesen den CDM-Exekutivrat darauf hin dass das Projekt in Menschenrechtsver-letzungen verwickelt sei Es wurde dennoch als CDM-Projekt registriert Der CDM-Exekutivrat erklaumlrte dass er kein Mandat habe solche Umstaumlnde zu beruumlcksichtigen Seine Zustaumlndig-keit beschraumlnke sich auf die Klima-schutzauswirkungen von Projekten Neben Honduras war das Projekt auch von Groszligbritannien registriert wor-den Nachdem sie uumlber die Vorwuumlrfe informiert worden war aumluszligerte die britische Regierung zwar dass diese bdquoverstoumlrendldquo seien erklaumlrte aber fuumlr Fragen der Nachhaltigkeit sei das Gastgeberland Honduras zustaumlndig

Das Projekt ist im CDM registriert und kann fuumlr Emissionsreduktionen die bis zum 31 Januar 2018 erzielt wurden Zertifikate erhalten Dieser Zeitraum kann verlaumlngert werden Das Ausmaszlig der Gewalt ist zwar nach einer Intervention der deutschen Regierung zuruumlckgegangen der zugrunde lie-gende Landkonflikt ist aber weiterhin ungeloumlst

Eine honduranische Baumluerin weist bei einer Demonstration auf die schweren Menschen-rechtsverletzungen in Bajo Aguaacuten hin

30 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank

Viele Klimaschutzmaszlignahmen werden ausschlieszliglich von privaten Unterneh-men und Banken durchgefuumlhrt die nicht an verbindliche Sozialstandards gebunden sind Insbesondere in Laumln-dern des Globalen Suumldens mit schwa-chen nationalen Standards und Institu-tionen zu ihrer Durchsetzung gefaumlhrdet dies den Schutz der Menschenrechte

Oumlffentliche Entwicklungsbanken verfuumlgen dagegen uumlber eigene Sozial-standards und Beschwerdeverfahren welche die Gefahr von Menschenrechts-verletzungen bei der Durchfuumlhrung von Projekten verringern koumlnnen Doch auch hier gibt es deutlichen Nachbes-serungsbedarf wie das Beispiel der Europaumlischen Investitionsbank (EIB) zeigt

Die EIB ist eine Bank der Europaumli-schen Union (EU) deren Anteilseigner neben der EU die EU-Mitgliedstaaten sind Sie verfuumlgt uumlber das groumlszligte Bud-get aller Entwicklungsbanken weltweit und ist ein Schluumlsselakteur der Klima-finanzierung Seit 2013 hat sie sich zum Ziel gesetzt jaumlhrlich mindestens 25 Prozent ihres Kreditvolumens fuumlr Kli-maprojekte zu vergeben Im Jahr 2011 leitete die EIB eine Untersuchung ein um ihre Sozialstandards den Anspruuml-chen der EU-Grundrechtecharta sowie den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte anzupassen Das dabei entstandene Handbuch fuumlr Umwelt- und Sozialstandards (2013) verspricht hohe Sozialstandards und beschreibt diese ndash als einzige Bank weltweit ndash sogar mit menschenrechtli-chem Vokabular 2015 uumlberarbeitete die EIB auszligerdem ihre Transparenzpolitik so dass sie im Unterschied zu vielen anderen europaumlischen Entwicklungs-banken bereits vor Bewilligung die Ergebnisse von Umwelt- und Sozial-vertraumlglichkeitsanalysen bekannt gibt Die EIB hat ferner ein eigenes Be-schwerdeverfahren das alle durch ihre Projekte Betroffenen nutzen koumlnnen Die Zustaumlndigen fuumlr die Bearbeitung

der Beschwerden koumlnnen Mediations-prozesse anstoszligen Das Verfahren und das zustaumlndige Gremium koumlnnen sogar selbst Gegenstand einer Beschwerde vor dem EU-Ombudsmann werden wenn die Betroffenen mit seiner Arbeit unzufrieden sind

Gute Standards und ein gutes Beschwerdeverfahren gelten in der Regel als Grundbedingung fuumlr die Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht Dennoch gibt es im System der EIB erhebliche Maumlngel Eine menschenrechtliche Untersuchung der Anwendung der Sozialstandards beim oben erwaumlhnten Erdwaumlrmeprojekt in Kenia fuumlhrte dabei zu folgenden Ergeb-nissen Es werde zu wenige Sozial- und MenschenrechtsexpertInnen je Projekt beschaumlftigt Ersatzweise werden Kre-ditnehmer auf das EIB-Handbuch zu Umwelt- und Sozialstandards verwiesen Die EIB uumlberlaumlsst die Umsetzung ihrer hehren Sozialstandards damit weitge-hend den Kreditnehmern ohne diese mit angemessen Personalressourcen zu unterstuumltzen und zu kontrollieren Betroffene werden von der EIB auch nicht systematisch uumlber die Existenz ihres Beschwerdeverfahrens informiert sondern stoszligen ndash wenn uumlberhaupt ndash erst durch eigene Recherche auf ihn Die EIB-MitarbeiterInnen haben keine Verpflichtung den Beschwerdeaus-schuss aktiv in problematische Projekte einzubinden Er wird erst aktiv wenn Betroffene an ihn herantreten Bei Pro-jekten die von mehreren Geldgebern finanziert werden hat er kein Mandat deren Rolle bei der Verletzung von So-zialstandards zu untersuchen Seine Be-urteilungen und Empfehlungen sind fuumlr die Bank auch nicht rechtlich bindend Das Beispiel der EIB zeigt damit nicht nur deren spezifische Maumlngel in der Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht sondern demonstriert auch die generell begrenzte Reichweite institutioneller Beschwerdemecha-nismen Sie stellen keinen Ersatz fuumlr verbindliche Menschenrechtsstandards dar zu deren Umsetzung Staaten ver-pflichtet sind

Gemaumlszlig dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP) sind 80 Prozent aller Menschen die aufgrund des Klimawan-dels umsiedeln muumlssen FrauenFoto Survival International

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 31

Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Der Status der EU im Menschenrechts-system ist kompliziert Die EU selbst ist kein Staat sondern eine Mitgliederor-ganisation von Staaten Wie andere internationale Organisationen auch ist sie daher keine Vertragspartei der zwischenstaatlichen Menschenrechts-vertraumlge (mit Ausnahme der UN-Behin-dertenrechtskonvention) Sie ist auch keine Vertragspartei der Europaumlischen Menschenrechtskonvention obwohl ihr Beitritt in Artikel 6(2) des EU-Vertrags

festgelegt ist und seit langem gepruumlft wird Daher haben die Menschenrechts-organe der UN und des Europarates auch kein Mandat uumlber die EU und duumlrfen nicht uumlber sie urteilen

Dennoch ist auch die EU verpfl ich-tet Menschenrechte in ihrer Innen- und Auszligenpolitik zu beachten Diese Verpfl ichtungen beruhen vor allem auf a) der EU-Grundrechtecharta (2009) b) dem EU-Vertrag sowie c) auf der Aarhus-Konventiona) Die Grundrechtecharta gilt fuumlr alle

EU-Organe sowie fuumlr die Mitglied-staaten bei der Anwendung von EU-Recht (GRC Art 51(1)) Sowohl das EU-Parlament als auch ein Experten-urteil bestaumltigten ihre extraterritori-ale Reichweite

b) In den EU-Vertraumlgen bekennt sich die EU zum Schutz der Menschen-rechte in ihrer Beziehung zur uumlbri-gen Welt und zur Grundrechtecharta der Vereinten Nationen (EUV Art 3(5)) Sie erklaumlrt diese zu leitenden Grundsaumltzen ihres auswaumlr-tigen Handelns (EUV Art 21) Dies gilt ausdruumlcklich auch fuumlr die Ko-operation mit Entwicklungslaumlndern (EUVA Art 208)

c) Die EU ist eine Vertragspartei der Aarhus-Konvention die nach Expert Innenmeinung ebenfalls auch extraterritorial ausgelegt werden kann

0 100 200 300 400 500

203020141990

Gebaumlude

Landwirtschaft

Industrie

Energiewirtschaft

Verkehr

lt61

72

88

lt98

160

163

lt72

119

209

lt143

181

283

lt183

358

466

Datenquelle Bundesministerium fuumlr UmweltNaturschutz Bau und Reaktorsicherheit (2017)Klimaschutz in Zahlen 2017

Ziele zur Verringerung von Treibhausgas-emissionen Deutschlands nach Sektoren gemaumlszlig dem Klimaschutzplan 2050(in Millionen Tonnen CO2-Aumlquivalenten)

32 FIAN | Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh (2012) Second National Com-munication of Bangladesh to the United Nations Framework Convention on Climate Change Dhaka Ministry of Environment and Forests Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh

Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 37

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Weltbank (2013) Turn Down the Heat Climate Extremes Regional Impacts and the Case for Resilience Washington DC Weltbank

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitikldquo

UN Generalversammlung (1992) Rio-Erklaumlrung uumlber Umwelt und Entwicklung (ACONF15126 (Vol I)) httpwwwunorgdeptsgermanconfagenda21riopdf

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2012) Human Rights Indicators A Guide to Measurement and Implementation httpbitly1oUZYHb

UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

International Commission of Jurists (2011) Maastricht Principles on Extraterritorial Obligations of States in the Area of Economic Social and Cultural Rights Verfuumlgbar mit deutscher Uumlbersetzung unter httpwwwfiandefileadminuser_uploaddo-kumenteshopRaN2012_ETO_Maastricht_Principles_en_de_finalpdf

UN Special Procedures (2015) Climate Change and Human Rights ndash Joint statement by UN Special Procedures on the occasion of World Environment Day 5 Juni 2015 httpwwwohchrorgENNewsEventsPagesDisplayNewsaspxNewsID=16049amp LangID=E

The Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (2015) Human Rights Law Sources UN Pronouncements on Extra-Territorial Obligations httpwwwetoconsortiumorgncenmain-navigationlibrarydocuments tx_drblob_pi15BdownloadUid5D=163

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2015) Report of the Office of the Uni-ted Nations High Commissioner for Human Rights on the relationship between clima-te change and human rights AHRC1061 15 Januar 2009 httpwwwohchrorgENIssuesHRAndClimateChangePagesStudyaspx

UN-Menschenrechtsrat (2016) Report of the Special Rapporteur on the issue of human rights obligations relating to the enjoyment of a safe clean healthy and sustainable environment AHRC3152 1 Februar 2016 httpspapersssrncomsol3paperscfmabstract_id=2729611

Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

European Bank for Reconstruction and Development together with MDB partners the African Development Bank the Asian Development Bank the European In-vestment Bank the Inter-American Development Bank Group and the World Bank Group (2016) Joint Report on Multilateral Development Banksrsquo Climate Finance wwwebrdcom2016-joint-report-on-mdbs-climate-financepdf

Schade Jeanette and Wolfgang Obergassel (2014) Human rights and the Clean Development Mechanism In Cambridge Review of International Affairs Vol 27 No 4 pp 717-735

Sterk Wolfgang und Christof Arens (2010) Investitionen fuumlr den Klimaschutz Die projektbasierten Mechanismen CDM und JI Berlin Bundesministerium fuumlr Umwelt Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) httpwwwcarbon-mechanismsdefileadminmediadokumentePublikationenCMRBroschuere_2010_Einfuehrung_CDM_JI_bfpdf

38 FIAN | Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Finley-Brook Mary Thomas Curtis (2011) Renewable Energy and Human Rights Violations Illustrative Cases from Indigenous Territories in Panama In Annals of the Association of American Geographers 1014 pp 863-872

Schade Jeanette (2013) Climate change and planned relocation Risks and a propo-sal for safeguards In Thomas Faist Jeanette Schade (Eds) Disentangling Migra-tion and Climate Change Methodologies Political Discourses and Human Rights Heidelberg Dordrecht New York Springer pp 138-206

Wolfgang Obergassel Jeanette Schade Lauri Peterson Nicolas Kreibich Timo Beiermann (2017) International Climate Finance Mechanisms and Extraterritorial Human Rights Obligations Status Quo and Future Prospects ein Dossier von FIAN Deutschland httpswwwfiandeartikelansicht2017-07-19-internationale- klimafinanzierung-und-risiken-fuer-die-menschenrechte

FIAN (2008) Agrartreibstoffe und das Menschenrecht auf Nahrung Grundlagen-papier von FIAN-Deutschland httpwwwfiandefiandownloadspdfagrarFIAN_Grundlagenpapier_Agrartreibstoffepdf

Jeanette Schade (2017) EU accountability for the due diligence failures of the European Investment Bank Climate finance and involuntary resettlement in Olkaria Kenya In Journal of Human Rights and the Environment Vol 8(1) 72-97 (Son-derausgabe ldquoClimate Justice and Displacementrdquo Gastherausgeber Schade und Manou)

Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 39

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 11: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

Ertraumlgen fuumlhren Demgegenuumlber fuumlhrt in den saisonal trockenen Laumlndern niedriger Breitengrade in denen sich die meisten Laumlnder des Globalen Suuml-dens befinden bereits eine Erwaumlrmung zwischen 1 Grad Celsius und 2 Grad Celsius zu erheblichen Ernteverlusten Dies ist vor allem auf eine staumlrkere Verdunstung in Verbindung mit der weit verbreiteten regenbewaumlsserten Land-wirtschaft in diesen Laumlndern zuruumlckzu-fuumlhren Die Ertraumlge werden auch beein-

traumlchtigt wenn die Tagestemperaturen gewisse Schwellenwerte uumlberschreiten die je Pflanzenart unterschiedlich sind Der Klimawandel hat zur Folge dass diese Werte haumlufiger uumlberschritten werden

Bei einem Temperaturanstieg von uumlber 2 Grad Celsius erwartet die Klima-wissenschaft in allen Klimazonen minus also auch in den houmlheren Breitengraden minus negative Auswirkungen auf die land-wirtschaftliche Produktion

Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge

Im Zuge des Klimawandels werden sich die Niederschlagsmuster sowohl jahres-zeitlich als auch raumlumlich veraumlndern Generell sagt die Klimaforschung voraus dass feuchte Regionen zukuumlnf-tig noch feuchter und trockene Regio-nen noch trockener werden Gleichzei-tig prognostiziert die Klimaforschung

dass die Niederschlaumlge staumlrker sowie die zeitlichen Abstaumlnde zwischen Regenfaumll-len insgesamt groumlszliger werden Dies wird mit groszliger Wahrscheinlichkeit eine Zunahme von Duumlrren und Uumlberschwem-mungen zur Folge haben die groszlige Verluste in der Land- und Viehwirtschaft hervorrufen werden

Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen

Die Klimaforschung sagt voraus dass die Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen wie starken Stuumlrmen und lang anhaltenden Regen-schauern auf allen Kontinenten zuneh-men wird In tropischen Regionen wird aufgrund der erhoumlhten Temperaturen und des ansteigenden Meeresspiegels eine Zunahme von Zyklonen prognosti-ziert die zu Ernteausfaumlllen auf dem Land sowie zur Zerstoumlrung der fuumlr die

Fischerei wichtigen Korallen beitragen werden Diese extremen Wetterereig-nisse beschaumldigen nicht nur die ange-bauten Feldfruumlchte und treiben die Erosion des Bodens voran sondern fuumlhren auch zu enormen Schaumlden an der Infrastruktur in den betroffenen Regionen Dies kann nicht nur den Zugang zu Maumlrkten verschlechtern sondern auch eine Notversorgung mit Lebensmitteln behindern

Anstieg des Meeresspiegels

Die Erhoumlhung der globalen Temperatu-ren fuumlhrt zur Ausdehnung der Wasser-massen der Ozeane (durch die Erwaumlr-mung einer Substanz erhoumlht sich ihr Volumen) sowie zum Abschmelzen des Polareises und der Gletscher Der dadurch ansteigende Meeresspiegel bedroht den Lebensraum der Bewohne-rInnen kleiner Inseln des pazifischen und indischen Ozeans sowie der Kuumlsten-bewohnerInnen Fruchtbares Tiefland wird uumlberschwemmt Ackerboumlden

versalzen Daruumlber hinaus wird voraus-gesagt dass die Fischereiwirtschaft zunehmend in Konkurrenz zum ver-staumlrkten Kuumlstenschutz stehen wird der durch den Klimawandel erforderlich wird Der Bau von Daumlmmen fuumlhrt zu Veraumlnderungen in den Ablagerungs-schichten des Meeresbodens sowie in der Versorgung kuumlstennaher Oumlkosyste-me mit Frischwasser und Naumlhrstoffen mit nachteiligen Folgen fuumlr die lokale Fischerei

Bereits jetzt hat der Klimawandel in einigen Regionen der Welt geringere Maisernten zur Folge

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 11

Groumlszligere Wetterschwankungen

Insgesamt bringen die klimatischen Veraumlnderungen instabilere Wetterver-haumlltnisse mit sich die die Wasserversor-gung sowie die Land- und Viehwirt-schaft in vielen Regionen erschweren

und Ernteertraumlge schwanken lassen Dies stellt ein Risiko fuumlr die Einkom-mensgrundlage der BaumluerInnen sowie fuumlr die Versorgung lokaler und regiona-ler Maumlrkte mit Nahrungsmitteln dar

Der Klimawandel hat einen enormen Einfluss auf den Zugang zu ausreichen-dem und sauberem Wasser Mit jedem Grad globaler Erwaumlrmung werden sich die erneuerbaren Trinkwasserressour-cen voraussichtlich fuumlr 7 Prozent der Weltbevoumllkerung um 20 Prozent verrin-gern Der Klimawandel verstaumlrkt die

bereits bestehenden Wasserprobleme in vielen Erdregionen die durch das hohe Bevoumllkerungswachstum das Anwachsen der Megastaumldte die Ausbreitung eines ressourcenintensiven Lebensstils und die Uumlbernutzung von Frischwasser durch die industrielle Landwirtschaft hervorgerufen werden

Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels

Neben der Uumlberschwemmung von Kuumlstengebieten sowie vieler kleiner Inseln des indischen und pazifischen Ozeans fuumlhrt der Anstieg des Meeres-spiegels in kuumlstennahen Gebieten auch

zur Versalzung des Grundwassers Frischwasser wird dadurch immer knapper und die Zahl der Menschen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser wird schnell steigen

Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur

Mehr als ein Sechstel der Weltbevoumllke-rung lebt in Flussgebieten die haupt-saumlchlich durch saisonale Abschmelzun-gen von Schnee und Gletschereis mit Suumlszligwasser versorgt werden Durch die ansteigende Lufttemperatur wird die Schneefallmenge in den Wintermonaten abnehmen Zudem wird sich der Abfluss des Schmelzwassers von den Bergen zunehmend von den Sommermonaten ndash in denen der Bedarf am groumlszligten ist ndash in den Fruumlhling verschieben Gleichzeitig wird der Temperaturanstieg zu einem weiteren Ruumlckgang der Gletscher fuumlhren die aufgrund ihrer Kapazitaumlt zur Speicherung von Suumlszligwasser eine zentrale Rolle bei der Trinkwasserver-

sorgung in den Flussgebieten spielen Bei einem Temperaturanstieg von 4 Grad Celsius koumlnnte der Umfang der Gletscher bis zum Ende des Jahrhun-derts weltweit um bis zu vier Fuumlnftel abnehmen Dies wird ein kurzfristiges Ansteigen der Flusslaumlufe zur Folge haben Langfristig wird sich die Wasser-menge der Fluumlsse jedoch verringern Schlieszliglich wird vorhergesagt dass das Ansteigen der Lufttemperatur und die abnehmende Wassermenge in den Suumlszliggewaumlssern zu starkem Algen- und Bakterienwachstum fuumlhren Dadurch wird sich die Wasserqualitaumlt in den betroffenen Regionen verschlechtern

Auswirkungen des Klimawandels auf die

Verwirklichung des Menschenrechts auf

Wasser

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta muss aufgrund des Klimawandels immer tiefer nach Trinkwasser graben

12 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge

Trockene Gebiete sowie Regionen mit geringen Suumlszligwasserspeichern in denen die Gewinnung von Trinkwasser unmit-telbar aus dem Regenwasser erfolgt werden mit groszliger Wahrscheinlichkeit besonders heftig von den abnehmen-den Niederschlaumlgen betroffen werden In tropischen Gebieten wiederum kann

die vorhergesagte Erhoumlhung der jahres-zeitlichen Niederschlagsmenge zu Uumlberschwemmungen fuumlhren Durch das Ausspuumllen der Boumlden der uumlberfluteten Landflaumlchen koumlnnen Schadstoffe in das Wasser gelangen die die Suumlwasserres-sourcen verschmutzen

Die Klimaaumlnderungen werden in der tropischen und subtropischen Klimazo-ne ndash in der sich die Mehrzahl der Laumlnder des Globalen Suumldens befindet ndash weit negativer ausfallen als in der gemaumlszligig-ten Klimazone in der uumlberwiegend Industriestaaten beheimatet sind Daruumlber hinaus verfuumlgen die Menschen in den Laumlndern des Globalen Suumldens aufgrund mangelnder finanzieller und technologischer Mittel uumlber eine nur geringe Anpassungsfaumlhigkeit an die

bevorstehenden Klimaaumlnderungen Es werden also gerade die Menschen am staumlrksten unter den Auswirkungen der Erderwaumlrmung leiden die am allerwe-nigsten zu deren Verursachung beige-tragen haben

Dem Weltklimarat zufolge sind die Arktis Afrika kleine Inseln sowie die groszligen asiatischen Flussdeltas die am staumlrksten vom Klimawandel betroffenen Regionen

Kleine Inselstaaten

Kleine Inselstaaten wie beispielsweise Vanuatu und Tuvalu sind bereits heute schon stark von den klimatischen Veraumlnderungen betroffen Der anstei-gende Meeresspiegel erhoumlht die Gefahr von Uumlberschwemmungen und Sturmflu-ten und stellt eine Bedrohung fuumlr die Wasserversorgung die Landwirtschaft und die gesamte Infrastruktur dar Die Wasserversorgung der Inseln wird zusaumltzlich dadurch erschwert dass durch die Klimaaumlnderungen Meereswas-ser in das Grundwasser dringt Denn gerade auf den kleinen Inseln und Atollen liegt der Grundwasserspiegel haumlufig nur etwa ein bis zwei Meter unter der Erdoberflaumlche

Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels

Die kleinen Inselstaaten sind aufgrund des Klimawandels vom Untergang bedroht

Die Regenfaumllle in Haiti werden heftiger undfuumlhren haumlufiger zu Uumlberschwemmungen

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 13

Daruumlber hinaus gefaumlhrden die vor-ausgesagten Veraumlnderungen der Nie-derschlagsmenge die Wasserversorgung der Inseln Denn auf den meisten Atol-len erfolgt die Trinkwassergewinnung durch das Auffangen von Regenwasser Des Weiteren beeintraumlchtigen die mit dem Meeresspiegelanstieg einherge-hende Versalzung der Boumlden und die

Unregelmaumlszligigkeiten der Niederschlaumlge die landwirtschaftliche Selbstversor-gung vieler Inseln Nicht nur die Ertraumlge der Agrarwirtschaft sondern auch die der Fischwirtschaft drohen aufgrund des temperaturbedingten Absterbens der Korallenriffe drastisch zuruumlckzuge-hen die vielen Fischen als Nahrungsre-servoir dienen

Afrika

Fuumlr das suumldliche Afrika wird vorherge-sagt dass der jaumlhrliche Niederschlag bei einer globalen Erwaumlrmung von 4 Grad Celsius um bis zu 30 Prozent abnehmen koumlnnte In Teilen des suumldli-chen und westlichen Afrikas koumlnnte sich die jaumlhrliche Wiederauffuumlllung des Grundwassers um 50 bis 70 Prozent vermindern Entsprechend erhoumlht sich das Risiko von Duumlrren Fuumlr das Horn von Afrika und das noumlrdliche Ostafrika sagen verschiedene Klimamodelle sehr unterschiedliche Folgen voraus Einige Modelle prognostizieren eine Verringe-rung der Niederschlaumlge andere eine Erhoumlhung Allerdings waumlre diese Erhouml-hung vermutlich nicht gleichmaumlszligig

uumlber das Jahr verteilt sondern wuumlrde sich in intensiven Regenperioden niederschlagen wodurch das Risiko von Uumlberflutungen steigen wuumlrde

Deutliche Auswirkungen auf die Landwirtschaft sind selbst bei niedri-gem Temperaturanstieg zu erwarten Bereits eine Erwaumlrmung von 15 Grad Celsius bis zum Jahr 2030 koumlnnte dazu fuumlhren dass 40 Prozent der Maisan-baugebiete nicht mehr fuumlr die derzeit angebauten Sorten geeignet waumlren Bei einer Erwaumlrmung von bis zu 2 Grad Celsius bis 2050 koumlnnten die Ertraumlge der gesamten Landwirtschaft um 10 Prozent abnehmen bei einer houmlheren Erwaumlr-mung um 15 bis 20 Prozent

Suumldostasien

Die dicht besiedelten Flussdeltas Suumldostasiens sind durch den ansteigen-den Meeresspiegel besonders gefaumlhr-det Denn dieser fuumlhrt zum Eindringen von Salzwasser und verstaumlrkt die Inten-sitaumlt von Wirbelstuumlrmen Zudem wird ein starker Anstieg von Hitzeextremen vorhergesagt Bereits bei einer globa-len Erwaumlrmung von 2 Grad Celsius werden 60 bis 70 Prozent der Region von Hitzeextremen und 30 bis 40 Pro-zent der Region von neuen Hitzerekor-den betroffen sein

Die Landwirtschaft wird durch diese Veraumlnderungen schwer getroffen werden So koumlnnte der Reisanbau im Mekongdelta der die Haumllfte des vietna-mesischen Reisertrags liefert bereits bis 2040 um rund 12 Prozent zuruumlck-gehen Auch die Fischwirtschaft wuumlrde durch die Erwaumlrmung und Versauerung des Wassers sowie das Absterben der Korallenriffe stark geschaumldigt Dadurch koumlnnte sich beispielsweise das Fangpo-tential in den suumldlichen Philippinen bis zum Jahr 2050 halbieren

Suumldasien

Auch in Suumldasien werden ungewoumlhnlich heiszlige Sommermonate in den naumlchsten Jahrzehnten vielfach haumlufiger auftre-ten Die regionalen und jahreszeitli-chen Schwankungen der Niederschlaumlge werden sich voraussichtlich deutlich

verstaumlrken Es wird erwartet dass bei einer globalen Erwaumlrmung von 4 Grad Celsius die Regenmengen in der trocke-nen Jahreszeit um 30 Prozent abneh-men und in der feuchten Jahreszeit um 30 Prozent zunehmen Diese Verschie-

Bewaumlsserungsmethoden der industriellen Landwirtschaft Afrikas verstaumlrken den Verlust des Zugangs zu Wasser der oumlrtlichen Bevoumllkerung

14 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

bung wird das Risiko von Duumlrren deut-lich erhoumlhen insbesondere fuumlr das nordwestliche Indien Pakistan und Afghanistan Fuumlr das suumldliche Indien wird eine houmlhere Feuchtigkeit vorhergesagt

Groszlige Fluumlsse wie der Ganges Indus und Brahmaputra haumlngen wesentlich von der sommerlichen Schnee- und Gletscherschmelze ab Bereits un-terhalb einer Erwaumlrmung von 2 Grad Celsius wird eine deutliche Erhoumlhung der Anzahl schneearmer Winter erwar-tet Dies wird zu deutlich niedrigeren Wasserstaumlnden in der trockenen Jahres-

zeit fuumlhren Wesentlich fuumlr die Land-wirtschaft sind auch das zeitige und regelmaumlszligige Eintreffen des Monsuns Dessen jaumlhrliche Schwankungen werden sich durch den Klimawandel deutlich verstaumlrken

Es wird erwartet dass die landwirt-schaftliche Produktion ohne den Klima-wandel bis zum Jahr 2050 um 60 Pro-zent steigen wuumlrde mit Klimawandel nur um 12 Prozent Durch den gleich-zeitigen Anstieg der Bevoumllkerung wird in der Folge die Produktion pro Kopf der Bevoumllkerung um ein Drittel abnehmen

Auswirkungen des Klimawandels auf Bangladesch

Bangladesch ist eines der Laumlnder die weltweit am staumlrksten durch den Klimawandel gefaumlhrdet sind Auf einer Flaumlche die etwa 40 Prozent der Groumlszlige Deutschlands entspricht leben 150 Millionen Menschen Das Land hat eine lange Kuumlste und die groszligen Fluumlsse Ganges Brahmaputra und Meghna muumlnden dort ins Meer und treten regelmaumlszligig uumlber die Ufer Schon ohne Klimawandel wird Bangla-desch immer wieder von Uumlberschwem-mungen Duumlrren und Wirbelstuumlrmen getroffen Im Durchschnitt werden jedes Jahr 20 bis 25 Prozent des Landes uumlberflutet Der Klimawandel fuumlhrt zu einem Anstieg des Meeres-spiegels und zur Zunahme von Mon-sunregen und Wirbelstuumlrmen Durch diese Faktoren koumlnnten in der Mitte des Jahrhunderts bei starken Fluten bis zu 80 Prozent des Landes uumlber-schwemmt werden Die Anzahl der Menschen die in Gegenden mit hohem Wirbelsturmrisiko leben koumlnnte von derzeit 87 Millionen auf uumlber 38 Milli-onen steigen

Daruumlber hinaus druumlckt der steigen-de Meeresspiegel vermehrt salziges Meerwasser in Bangladeschs Flussdel-tas Wo das Meerwasser nicht abflieszligt versalzen Boumlden und Suumlszligwasserquel-len Der Meeresspiegel koumlnnte bis 2050 um bis zu einem halben Meter

steigen Dadurch wuumlrde das Land 10 Prozent seiner Flaumlche verlieren was etwa der Groumlszlige Schleswig-Holsteins entspricht Davon waumlren 55 Millionen Menschen direkt betroffen und muumlss-ten umsiedeln

Die Kosten fuumlr die entstehenden Schaumlden und fuumlr die notwendigen Maszlignahmen zur Anpassung an den Klimawandel stellen Bangladesch vor eine enorme Herausforderung Als eines der aumlrmsten Laumlnder der Welt ist es bei der Bewaumlltigung dieser Aufgaben auf internationale finan-zielle und technische Unterstuumltzung angewiesen

Bangladeschs Fluumlsse drohen zu versalzen

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 15

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Die ersten Erkenntnisse zu den negati-ven Folgen des Klimawandels ruumlckten im Laufe der 1980er Jahre zunehmend ins Bewusstsein der Oumlffentlichkeit 1990 reagierte die Generalversammlung der Vereinten Nationen (United Na-tions UN) und beschloss ein interna-tionales Klimaschutzabkommen auszu-handeln Als Ergebnis wurde 1992 die Klimarahmenkonvention auf der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro (im Folgenden kurz Rio-Konferenz) verabschiedet

Die Klimarahmenkonvention ist gleichsam das Grundgesetz der inter-nationalen Klimapolitik Sie legt deren grundsaumltzliche Prinzipien fest (siehe folgendes Kapitel) und verpfl ichtet alle Staaten das Klima zu schuumltzen Daruuml-ber hinaus verpfl ichtet sie die traditio-nellen Industrielaumlnder dazu die Laumlnder des Globalen Suumldens fi nanziell tech-nologisch und durch Organisationsent-wicklung und Ausbildung zu unterstuumlt-zen Allerdings enthaumllt die Konvention keine konkreten Verpfl ichtungen fuumlr einzelne Staaten Solche Verpfl ichtun-gen sollten im Rahmen eines Zusatzpro-tokolls geregelt werden

Die Verhandlungen zu solch einem Protokoll wurden 1995 begonnen und 1997 im japanischen Kyoto abgeschlos-sen Das Kyoto-Protokoll verpfl ichtet die traditionellen Industrielaumlnder ihre Treibhausgasemissionen von 2008

bis 2012 um jeweils laumlnderspezifi sch defi nierte Werte zu senken Die Laumlnder koumlnnen diese Emissionsziele entweder auf ihrem eigenen Staatsgebiet erbrin-gen oder aber uumlber den so genannten Emissionshandel Emissionsminderun-gen aus anderen Laumlndern ankaufen Dazu wurden verschiedene Verfahren entwickelt (siehe Kapitel bdquoInternatio-nale Klimafi nanzierungldquo) Der damals groumlszligte Emittent die USA traten dem Abkommen jedoch nicht bei Zudem enthaumllt das Abkommen keine Verpfl ich-tungen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens

2007 wurden daher neue Verhand-lungen begonnen um ein global um-fassendes Klimaabkommen zu schaffen Das Abkommen sollte 2009 auf der Klimakonferenz in Kopenhagen ver-abschiedet werden dieses Vorhaben scheiterte jedoch Die Staaten konnten sich lediglich auf unverbindliche Zusa-gen einigen Allerdings legten erstmals auch viele Laumlnder des Globalen Suumldens Klimaschutzzusagen vor 2011 wurde ein neuer Anlauf gestartet ein um-fassendes Abkommen zu vereinbaren Gleichzeitig stimmten die EU und einige andere Industrielaumlnder zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020 neue ver-bindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

2015 einigten sich schlieszliglich alle Staaten auf das Pariser Klimaschutz-

16 FIAN | Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

3-SPALTIG1845mm times 90mm

Vereinte Nationen setzen Weltklimarat ein

unterzeichnet durch alle Staaten der Welt greift ab 2020

Pariser Klimaschutz-abkommen

Industrielaumlnder verpfl ichten sich ihre Treibhaus-gasemissionen von 2008 bis 2012 zu senken

Maumlngel Die USA haben nicht unterzeichnet und keine Verpfl ichtungen fuumlr den Globalen Suumlden

Verabschiedung

des

Kyoto Protokolls

1988

1992

1997

2011

2015

2016Beschluss der

Klimarahmenkonvention bei der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung (Rio-Konferenz)

Die EU und einige andere Industrielaumlnder stimmen zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020

neue verbindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

US-Praumlsident Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckzuziehen

abkommen Das Abkommen greift ab 2020 und verpflichtet alle Mitglieder Klimaschutzbeitraumlge vorzulegen Diese Beitraumlge sind allerdings rechtlich nicht verbindlich Stattdessen setzt das Abkommen auf transparente Berichter-stattung und oumlffentliches Anprangern um die Staaten anzuhalten ihre Vor-

haben auch tatsaumlchlich umzusetzen Inzwischen sind alle Staaten der Welt dem Pariser Abkommen beigetreten Allerdings hat der 2016 neugewaumlhlte US-Praumlsident Donald Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckziehen zu wollen

Die RegierungsvertreterInnen freuen sichuumlber die Verabschiedung des Klimaschutzabkommens von Paris Foto (ebenso S 16) IISDKiara Worth(enbiisdorgclimatecop21enb2dechtml)

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik | FIAN 17

Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Es ist deutlich geworden dass diejeni-gen Laumlnder die am wenigsten zum Klimawandel beitragen oft am staumlrks-ten von ihm betroffen sind Dieses Kapitel befasst sich daher mit den voumllkerrechtlichen Verpfl ichtungen der Staaten auf menschenrechtskonforme Weise den Klimawandel aufzuhalten und Anpassungsmaszlignahmen zu unterstuumltzen

Internationale Menschenrechte und Umweltvoumllkerrecht wirken inhaltlich ineinander Die Verwirklichung vieler Menschenrechte insbesondere auch des Rechts auf Nahrung haumlngt naumlmlich unmittelbar vom Zustand der natuumlrli-chen Umwelt ab Dem wurde bereits in der Stockholmer Erklaumlrung zur menschli-chen Umwelt von 1972 Rechnung getra-gen Sie formulierte als erste das Recht auf eine gesunde Umwelt und enthielt bereits damals die drei Prinzipien des Umweltrechts wie sie sich 1992 in der Erklaumlrung von Rio uumlber Umwelt und Entwicklung (im Folgenden kurz Erklauml-

rung von Rio) wiederfi nden das Vorsor-geprinzip das Verursacherprinzip und die gemeinsame aber unterschiedliche Verantwortung

Zugleich handelt es sich bei Men-schenrechten und Umweltrecht aber um unterschiedliche Bereiche des Voumllker-rechts Eine durchgaumlngige Beruumlcksichti-gung von Menschenrechten im globalen Umwelt- oder Klimarecht ist daher nicht selbstredend Im Folgenden werden die Gemeinsamkeiten und Unterschie-de der Rechtssysteme dargestellt und verdeutlicht welche Prinzipien und Verpfl ichtungen sich jeweils verstaumlrken und wo es Nachbesserungsbedarf gibt Anschlieszligend werden die staatlichen Verpfl ichtungen die sich aus men-schenrechtlicher Sicht fuumlr die Klima-politik ergeben gepruumlft Pfl ichten zur Emissionsminderung zur Unterstuumlt-zung von Anpassungsmaszlignahmen und zur Beachtung von Menschenrechten bei der Durchfuumlhrung von Maszlignahmen

Ganz allgemein handelt es sich beim Voumllkerrecht um Vertraumlge zwischen Staaten in welchen sie wechselseitige Pfl ichten und Rechte festhalten Die Menschenrechte bilden jedoch eine Ausnahme Sie sind Rechte von Einzel-personen und Gruppen gegenuumlber dem

Staat Diesen Rechten stehen staatliche Verpfl ichtungen gegenuumlber Fuumlr beide Bereiche gilt gleichermaszligen dass man zwischen materiellen Rechten und Verfahrensrechten unterscheidet ndash also zwischen konkreten Inhalten von Rechten einerseits (zum Beispiel das

Prinzipien des interna-tionalen Umweltrechts

und der Menschenrechte

Foto Werner Rudhart

18 FIAN | Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Recht auf sauberes Trinkwasser) und Regeln zu Vorgehensweisen anderer-seits (zum Beispiel die Pflicht zu Kon-

sultationen vor Eingriffen in Trinkwas-serreservoire oder die Festlegung von Rechtsmitteln bei Konflikten)

Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts

Die internationale Klimarahmenkon-vention ist Teil des internationalen Umweltrechts zu dem noch viele weitere Vertraumlge wie zum Beispiel das Washingtoner Artenschutzabkommen (1973) oder das Uumlbereinkommen zum Schutze der Ozonschicht (1985) gehouml-ren Vertragsuumlbergreifend sind im internationalen Umweltrecht die drei oben genannten Prinzipien anerkannt Sie gelten als Voumllkergewohnheitsrecht oder sind auf dem besten Wege dorthin Zu diesem Status hat wesentlich die Erklaumlrung von Rio beigetragen zu deren Grundpfeilern sie gehoumlren

Das Vorsorgeprinzip soll verhin-dern dass Schaumlden fuumlr die Umwelt ent-stehen International verankert ist vor allem der Grundsatz der Schadensver-meidung Er besagt dass auch bei un-vollstaumlndigem oder unsicherem Wissen uumlber Art Ausmaszlig Wahrscheinlichkeit und Ursachen von Umweltschaumlden und -gefahren vorbeugend gehandelt wer-den muss um Risiken zu minimieren Es gilt im internationalen Recht insbeson-dere fuumlr Auswirkungen von Maszlignahmen jenseits des eigenen Staatsgebiets wie zum Beispiel die Verschmutzung grenz-uumlberschreitender Gewaumlsser

Das Verursacherprinzip besagt dass fuumlr die Linderung und Beseitigung eingetretener Schaumlden der Verursacher verantwortlich ist und er folglich auch die Kosten tragen muss

Das Prinzip gemeinsamer aber unterschiedlicher Verantwortung entspricht einer Verallgemeinerung des Verursacherprinzips in Bezug auf Veraumlnderungen in der Umwelt fuumlr die kein einzelner Verursacher identifiziert werden kann Ein Beispiel hierfuumlr ist der Klimawandel Die gesamte Staaten-gemeinschaft traumlgt eine gemeinsame Verantwortung zu handeln Dabei wird jenen Staaten eine groumlszligere Verantwor-tung zugeschrieben die wirtschaftlich

leistungsfaumlhiger sind und staumlrker an der globalen Ressourcenausbeute beteiligt sind

Umweltrecht beinhaltet haumlufig auch eine Reihe von Verfahrensrechten In den meisten Staaten muumlssen im Vor-feld von Groszligprojekten beispielsweise deren Umweltvertraumlglichkeit analysiert (Ausdruck des Vorsorgeprinzips) und die betroffene Bevoumllkerung dabei ein-gebunden werden Vorbildlich ist hier das Uumlbereinkommen uumlber den Zugang zu Informationen die Oumlffentlichkeits-beteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten der UN Wirtschaftskommission fuumlr Europa (2001) kurz die Aarhus-Konvention Sie gewaumlhrt ausdruumlcklich die Rechte aller Betroffenenbull uumlber Umweltauswirkungen von Pro-

jekten informiert zu werdenbull an Entscheidungs- und Planungs-

prozessen beteiligt zu werden sowiebull Schadensersatzanspruumlche geltend

zu machenDie Aarhus-Konvention wurde von fast 50 Staaten Europas und Zentralasiens (mit Ausnahme Russlands) sowie von der EU ratifiziert

Frauen im kenianischen Tana-Delta sind besonders stark mit den Folgen der zuneh-menden Waserknappheit konfrontiert Foto Anton Pieper

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 19

Respekt

vor Zugang zu angemessener

Nahrung

Schutz

vor Uumlbergriffen Dritter

Gewaumlhrleistung

der Verfuumlgbarkeit und des Zugangs

zu Nahrung

Staatenpflichten

Auch die Rio-Konferenz und ihre Folgeprozesse bauen auf die Beteili-gung der Zivilgesellschaft Uumlber diesen Weg hielten nach und nach auch soziale Menschenrechte ausdruumlcklich Einzug in die Abschlusserklaumlrungen der alle

fuumlnf Jahre stattfindenden UN-Gipfel zu Umwelt und Entwicklung

Die Erklaumlrung von Rio mit ihrem Konzept der Nachhaltigkeit und den drei genannten Prinzipien liefer-te auszligerdem die Grundlage fuumlr die Klimarahmenkonvention

Prinzipien der internationalen Menschenrechte

Allgemeine Prinzipien

Die zentrale Saumlule des internationalen Menschenrechtssystems ist die Men-schenrechtscharta der Vereinten Natio-nen Sie umfasst die Allgemeine Erklauml-rung der Menschenrechte (1948) den Internationale Pakt uumlber Buumlrgerliche und Politische Rechte (UN-Zivilpakt) sowie den Internationalen Pakt uumlber Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) (beide 1966) Neben dem Zivilpakt und dem Sozial-pakt gibt es auszligerdem acht weitere Menschenrechtsvertraumlge die sich auf den Schutz besonders benachteiligter Gruppen sowie auf das Verbot von Folter und unmenschlicher Behandlung beziehen Alle Abkommen sind durch die immer gleichen Querschnittsprinzi-pien gepraumlgt naumlmlich das Gebot der Nichtdiskriminierung die Gleichheit aller die gesellschaftliche Beteiligung

den Zugang zu effektiven Rechtsmitteln bei Rechtsverletzungen die Rechen-schaftspflicht der Staaten sowie das Verbot des Ruumlckschritts Bei diesen Prinzipien handelt es sich durchweg um Verfahrensrechte die allen materiellen Rechten wie dem Recht auf Nahrung Wasser Wohnen etc zur Seite gestellt sind Denn sehr haumlufig liegt der Verlet-zung materieller Rechte die Verletzung von Verfahrensrechten zugrunde

Alle Menschenrechtsvertraumlge un-terscheiden fuumlr ihre gewaumlhrten Rechte je drei Arten staatlicher Verpflichtung gegenuumlber Einzelpersonen und Grup-pen Im UN-Sozialpakt sind dies res-pektieren schuumltzen gewaumlhrleisten Die Respektierungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten die Wahrnehmung eines Rechts nicht behindern duumlrfen Die Schutzpflicht besagt dass die Vertragsstaaten Dritte davon abhalten muumlssen die Ausuumlbung dieses Rechts zu beintraumlchtigen oder zu verhindern Die Gewaumlhrleistungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten Maszlignahmen er-greifen muumlssen um die Verwirklichung eines Rechts voranzubringen

Bezogen auf das Recht auf Nah-rung heiszligt das zum Beispiel dass der Staat BaumluerInnen nicht von ihrem angestammten Land umsiedeln darf um Infrastrukturprojekte umzusetzen wenn dadurch ihr Zugang zu angemes-sener Nahrung verloren geht Er muss ferner Dritte ndash zum Beispiel Groszliggrund-besitzerInnen oder Unternehmen ndash daran hindern dies zu tun wenn sie Land fuumlr Investitionen verkaufen oder Infrastrukturprojekte durchfuumlhren Und der Staat muss durch geeignete Maszlig-nahmen auch jenen die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung ermoumlglichen die davon ausgegrenzt sind ndash zum

Menschenrechten stehen staatliche Pflichten gegenuumlber

20 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Beispiel fuumlr die sichere Ruumlckkehr von Vertriebenen sorgen oder sie auf neuem fruchtbaren Land ansiedeln Da fuumlr viele Laumlnder des Globalen Suumldens wegen der Begrenztheit der verfuumlgbaren Mittel

insbesondere die Gewaumlhrleistungs-pflicht nicht immer leicht zu erfuumlllen ist sieht der UN-Sozialpakt eine all-maumlhliche Verwirklichung der Rechte vor

Extraterritoriale Staatenpflichten

Menschenrechtsvertraumlge beschreiben zunaumlchst die Pflichten eines Vertrags-staates gegenuumlber den Menschen auf seinem Staatsgebiet oder solchen die anderweitig unter seiner Gewalt stehen (zum Beispiel bei Besatzungen) Der UN-Zivilpakt enthaumllt eine Klausel die seinen Anwendungsbereich in diesem Sinn einschraumlnkt Der UN-Sozialpakt hingegen erlaubt weitreichendere Interpretationen Hier heiszligt es in Artikel 2(1) bdquoJeder Vertragsstaat verpflichtet sich einzeln und durch internationale Hilfe und Zusammenar-beit hellip die volle Verwirklichung der in diesem Pakt anerkannten Rechte zu erreichenldquo Fortschrittliche JuristInnen sehen darin eine rechtlich bindende Pflicht wirtschaftliche soziale und kulturelle Menschenrechte auch uumlber das eigene Staatsgebiet hinaus zu respektieren zu schuumltzen und zu gewaumlhrleisten Dies hat der UN-Sozial-ausschuss 2002 in seinem Allgemeinen Kommentar Nr 15 zum Recht auf Wasser aufgegriffen der bdquohellip von den Vertragsstaaten [verlangt] von Hand-lungen abzusehen die den Genuss des Rechts auf Wasser in anderen Laumlndern unmittelbar oder mittelbar beeintraumlchti-genldquo Die International Commission of Jurists (ICJ) hat dies fortgesetzt und 2011 die sogenannten Maastrichter Prinzipien zu extraterritorialen Staaten-pflichten im Rahmen des UN-Sozialpakts veroumlffentlicht Laut den Maastrichter Prinzipien muumlssen Staaten ihre zwi-schenstaatlichen und internationalen Abkommen so gestalten dass sie nicht zu menschenrechtlichen Verwerfungen bei Vertragspartnern fuumlhren und die Staaten nicht in der Erfuumlllung ihrer

menschenrechtlichen Verpflichtungen einschraumlnken Ferner haben Staaten die Pflicht gesetzgeberische und politische Maszlignahmen zu ergreifen um Menschen in anderen Staaten vor Menschen-rechtsverletzungen durch bei ihnen ansaumlssige international agierende Konzerne zu schuumltzen Die freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Men-schenrechten gleichfalls von 2011 weisen zumindest den Spielraum aus den Staaten zur Regulierung transnati-onaler wirtschaftlicher Akteure haben 2017 veroumlffentlichte der UN-Sozialaus-schuss auszligerdem den Allgemeinen Kommentar Nr 24 zu Staatenpflichten im Zusammenhang unternehmerischen Handelns Darin betont er ebenfalls die grenzuumlberschreitenden staatlichen Pflichten zur Kontrolle multinationaler Konzerne Insgesamt hat der Verweis auf extraterritoriale Pflichten der Staaten im Rahmen des UN-Menschen-rechtssystems uumlber die letzten Jahre stark zugenommen

Protest vor der Zentrale der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) gegen ein Staudammprojekt in Panama

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 21

Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten

Obwohl die Umwelt- und die Men-schenrechtsprinzipien ein groszliges Potenzial fuumlr Synergien haben weisen die Klimarahmenkonvention und das Kyoto-Protokoll keinerlei Bezug zu den Menschenrechten auf Zur Veran-schau li chung vergleicht die folgende Tabelle die wesentlichen Prinzipien der international anerkannten Men-schenrechte und die Regeln des Kli-marechts anhand der Grundpfeiler des internationalen Umweltrechts

Wie die Tabelle zeigt sind Staaten aus menschenrechtlicher und aus kli-mapolitischer Perspektive verpflichtet den Klimawandel zu stoppen und seine Wirkungen abzumildern Neben der Emissionsminderung ist es menschen-rechtlich wichtig besonders betroffene Bevoumllkerungsgruppen bei der Anpas-sung zu unterstuumltzen die hierfuumlr kaum Mittel haben

Ferner duumlrfen klimapolitische Maszlignahmen ihrerseits nicht zu Men-schenrechtsverletzungen fuumlhren Da die internationalen Klimaregeln aber im Gegensatz zu Menschenrechtskonven-tionen und vielen anderen Umweltab-kommen vergleichsweise wenig Wert auf die Einbindung betroffener Menschen legt kommt es durch klimapolitische Maszlignahmen immer wieder zu Men-schenrechtsverletzungen Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen sowie UN-SonderberichterstatterInnen und andere Menschenrechtsorgane haben daher intensiv Lobbyarbeit betrieben um Menschenrechte im Abkommen von Paris zu verankern Durchgesetzt hat sich jedoch nur ein Absatz in der nicht-bindenden Praumlambel (Zitat siehe Einlei-tung) Klimaschutz und Menschenrech-te trennen weiterhin Welten

Umwelt-recht-

Prinzipien Internationale Menschenrechte Internationales Klimarecht

Veru

rsac

herp

rinz

ip

Ist Bestandteil der Menschenrechtsprinzipien und kommt im Recht auf Rechtsmittel und Entschaumldigung zum Ausdruck Das Verursacherprinzip setzt voraus dass ein Staat seine Respektierungs- Schutz- oder Gewaumlhrleistungspflicht nachweislich verletzt hat

Wegen des Problems eine spezifische Kausalkette nachzuweisen (welche CO2-Emission hat wen geschauml-digt) ist es kein Prinzip der Klimarahmenkonventi-on In aufgeweichter Form spiegelt es sich im Prinzip der gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortung

Pflic

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on Grundlegendes in Art2 (1) des UN-Sozialpaktes verankertes Prinzip wonach die reichen Industrie-staaten die Laumlnder des Globalen Suumldens bei der allmaumlhlichen Verwirklichung der Menschenrechte unterstuumltzen sollen

Verpflichtung der Industrielaumlnder gemaumlszlig Art 4 (3 4) der Klimarahmenkonvention die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell und technologisch bei der Minde-rung von Emissionen und Anpassung an den Klima-wandel zu unterstuumltzen

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ahre

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Verfahrensrechte (Gleichbehandlung Information Beteiligung Rechtsmittel) sind Grundlage aller menschenrechtlichen Vertraumlge weil sie auch fuumlr die Sicherung substantieller Rechte (zB Recht auf Nahrung) bedeutend sind Dies gilt insbesondere auch fuumlr die Rechte besonders diskriminierter Bevoumllkerungsgruppen

Im Gegensatz zu vielen Umweltabkommen (zB Aarhus-Konvention) spielen in der Klimarahmenkon-vention dem Kyoto-Protokoll und dem Pariser Ab-kommen Verfahrensrechte von Einzelpersonen keine Rolle Die Ausgestaltung der internationalen Klima-schutzmechanismen nimmt entsprechend wenig Ruumlcksicht darauf

Vergleich menschenrechtlicher und klimarechtlicher Prinzipien

22 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Die Malediven fordern von der internationalen Staatengemeinschaft Maszlignahmen zum Klimaschutz zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung

Kaum jemand zweifelt mehr daran dass der Klimawandel maszliggeblich men-schengemacht ist und negative Auswir-kungen auf die Wahrnehmung von Menschenrechten hat Auf Grundlage der menschenrechtlichen Schutzpflicht sind die Staaten verpflichtet rasch effektive Maszlignahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen zu ergrei-fen BerichterstatterInnen des UN-Menschenrechtsrats betrachten das im Pariser Abkommen vereinbarte Ziel Emissionen derart zu reduzieren dass der globale Temperaturanstieg unter 15 Grad Celsius gehalten wird daher als menschenrechtliche Pflicht der Staaten Dennoch findet Emissionsmin-derung nicht in dem Umfang statt wie es noumltig waumlre Seit 2005 haben ver-schiedene Akteure auf unterschiedli-chen Wegen versucht diesen Blockaden mit Hilfe des Menschenrechtssystems entgegenzuwirken

Die Regierung der Malediven schlug den politischen Weg ein Die Malediven sind ein Staat bestehend aus etwa 1200 kleinen Inseln die nur wenige Meter uumlber dem Meeresspiegel liegen und unmittelbar vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen sind Die Regierung des Landes initiierte die Maledivische Erklaumlrung zur menschlichen Dimension des globalen Klimawandels die sie im November 2007 gemeinsam mit 38 weiteren kleinen Inselstaaten unterzeichnete In dieser Erklaumlrung forderten sie das Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte der Vereinten Nationen auf dem Menschenrechtsrat eine detaillierte Studie uumlber die Auswir-kungen des Klimawandels vorzulegen was im Oktober 2009 ndash kurz vor der Klimakonferenz in Kopenhagen ndash auch geschah Die Malediven haben damit einen Prozess in Gang gesetzt der maszliggeblich dazu beigetragen hat dass viele Menschenrechtsorgane begannen sich mit den Auswirkungen des Klima-wandels auf die Menschenrechte zu befassen

Einen anderen Weg schlugen die Inuit des US-amerikanischen Teils Alaskas ein 2005 reichten sie bei der Inter-Amerikanischen Menschenrechts-kommission eine Klage gegen die USA ein weil die USA nicht genug taumlten um den Klimawandel zu verhindern Die Kommission lehnte die Verhandlung des Falls ab Ein wesentlicher Grund war dass die Klaumlger nicht hinreichend darle-gen konnten dass vor allem die Un-taumltigkeit der USA zur Verletzung ihrer Menschenrechte fuumlhre Die Kommission lud die Inuit aber im Maumlrz 2007 zu einer Anhoumlrung ein um die Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Menschen-rechte zu eroumlrtern Obwohl sie rechtlich eine Niederlage erlitten hatten wurde die Anhoumlrung doch zu einem politi-schen Erfolg der der Situation der Inuit global viel Aufmerksamkeit einbrachte

Des Weiteren war die Klageschrift der Inuit der Auftakt zu einer Vielzahl von Versuchen die Staaten auf juristi-schem Wege zur Pflicht zu rufen Dies muss sich aber nicht auf Organe des Menschenrechtssystems beschraumlnken Besonders erfolgreich war eine Klage der niederlaumlndischen Umweltorganisa-tion Urgenda gegen die Niederlande Das Bezirksgericht in Den Haag urteilte 2015 auf Grundlage der in der nieder-laumlndischen Verfassung verankerten Fuumlrsorgepflicht des niederlaumlndischen Staates dass die Niederlande auf-grund der Erkenntnisse des vierten Sachstandsberichts des Weltklimarats ihre Emissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 25 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern muumlssen Mit den bis dahin ergriffenen Maszlignahmen waumlren voraussichtlich nur 17 Prozent erreicht worden

Trotz dieser Erfolge bleibt es schwierig einzelne Staaten fuumlr den Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Menschenrechte zur Verant-wortung zu ziehen Haumlufig verstaumlrkt der Klimawandel nur bereits beste-hende Menschenrechtsverletzungen Auch die Unterscheidung ob eine

Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 23

Menschenrechtsverletzung in diesem Zusammenhang Folge des Klimawandels oder uumlblicher Wetterextreme ist ist oft schwierig So kommt das Hochkommis-sariat fuumlr Menschenrechte 2009 zum Ergebnis dass der Klimawandel zwar eindeutig negative Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Menschenrech-ten hat dass es aber weniger eindeutig ist ob und in welchem Ausmaszlig die Auswirkungen in streng rechtlichem Sinn als Menschenrechtsverletzung qualifiziert werden koumlnnen

Aus Sicht von FIAN Deutschland kann der Verlust des Zugangs zu Nah-rung durch den Klimawandel aber durchaus als Menschenrechtsverletzung gewertet werden fuumlr die andere Staa-

ten als der Heimatstaat mitverantwort-lich sind Zwar ist der Haftungsansatz nach dem Verursacherprinzip aufgrund der oben geschilderten Besonderheiten des Klimaproblems fuumlr eine menschen-rechtliche Argumentation wenig frucht-bar Aufgrund des Wissens der Staaten uumlber die menschliche Verursachung und der nachweislich negativen Auswirkun-gen des Klimawandels auf die weltweite Verwirklichung der Menschenrechte sind die Staaten jedoch gemaumlszlig UN-Sozialpakt Artikel 2(1) menschenrecht-lich verpflichtet einzeln sowie durch internationale Hilfe und Zusammen-arbeit unter Ausschoumlpfung all ihrer Moumlglichkeiten wirksame Maszlignahmen zur Emissionsminderung zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung

bdquoAnpassungldquo umschreibt ein weites Feld von Aktivitaumlten das die Menschen weniger anfaumlllig gegenuumlber den Auswir-kungen des Klimawandels macht Hiermit kann die Einfuumlhrung von duumlrreresistenten Pflanzenarten und von Bewaumlsserungssystemen gemeint sein aber auch Umsiedlung aus Hochrisiko-zonen neue Bauweisen und Bauvor-schriften oder der Ausbau von Institu-tionen zum Risikomanagement Sie macht einen vergleichsweise kleinen Teil der Klimafinanzierung aus die sich 2016 auf insgesamt 380 Milliarden US Dollar belief 93 Prozent der globalen Klimafinanzierung kommen der Emissi-onsminderung zugute die uumlberwiegend privat finanziert ist Mittel aus oumlffentli-cher Hand tragen nur 34 Prozent zur globalen Klimafinanzierung bei wovon wiederum nur 16 Prozent Anpassungs-maszlignahmen zugutekommen 89 Pro-zent der oumlffentlichen Klimafinanzierung werden von internationalen und natio-nalen Entwicklungsbanken gestemmt Selbst die internationalen Banken wie die Weltbank die Asiatische und die

Afrikanische Entwicklungsbank oder die Europaumlische Investitionsbank (EIB) investieren nur durchschnittlich 23 Pro-zent ihrer Investitionen im Klimabe-reich in Anpassungsmaszlignahmen Fuumlr den unmittelbaren Schutz sowie fuumlr Anpassungsmaszlignahmen an die Folgen des Klimawandels werden also verhaumllt-nismaumlszligig wenige Gelder bereitgestellt Dies kann akut zu Menschenrechtsver-letzungen fuumlhren Je spaumlter und halb-herziger in den Klimaschutz investiert wird desto mehr Anpassung wird noumltig Die Pflicht der Staaten solche Maszlignah-men zu unterstuumltzen ergibt sich aus ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen gemaumlszlig Artikel 2(1) des UN Sozialpaktes Sie gilt unabhaumlngig davon wie viel ein Staat zur Klimaer-waumlrmung beitraumlgt Diese Pflicht ergibt sich auszligerdem aus Art 4(3 4) der Klimarahmenkonvention die aumlrmeren Laumlnder sowohl beim Klimaschutz als auch bei der Anpassung an den Klima-wandel unterstuumltzen ndash gemaumlszlig dem Prinzip gemeinsamer aber unterschied-licher Verantwortung

Die Lebensgrundlage der Indigenen im aumlthiopischen Omo-Tal ist durch den Bau des Stauddamms Gibe III bedroht Foto Suvival International

24 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Obergrenze (Cap)

Industriestaaten unterschreiben dashellip

Kyoto-Protokoll (1997)

Ziel Reduktion der Treibhausgasemission

Emissionen im Zeitraum von 2008 bis 2012 um 5 unter das Niveau von 1990 senken

fl exibler Mechanismus

Fabrik A Fabrik B

Wenn die Emissionen unter der Obergrenze

liegen koumlnnen die nicht genutzten Emissionsrechte wieder verkauft

werden

hellip an Staaten oder

Unternehmen die mehr

Emissionen ausstoszligen

wollen

Verkauft die ungenutzten CO

2-Rechtehellip

Funktionsweise des Emissionshandels

Internationale Klimafinanzierung

Gemaumlszlig der Klimarahmenkonvention sind die traditionellen Industrielaumlnder verpflichtet die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell technologisch und mit Kapazitaumltsaufbau zu unterstuumltzen Auf der Klimakonferenz von Kopenha-gen 2009 wurde diese Verpflichtung konkretisiert die Industrielaumlnder sagten zu dass die finanzielle Unter-stuumltzung bis 2020 auf jaumlhrlich 100 Milli-arden US-Dollar anwachsen soll Zu diesen werden nicht nur die aufge-brachten oumlffentlichen Mittel sondern auch private Investitionen in den Klimaschutz gezaumlhlt wenn sie eine Folge staatlicher Maszlignahmen sind

Die Unterstuumltzung durch oumlffentliche Geber laumluft durch eine Vielzahl von Ka-naumllen Zum einen nutzen viele Staaten dazu ihre Organisationen der Entwick-lungszusammenarbeit In Deutschland sind das beispielsweise die Gesellschaft fuumlr Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Kreditanstalt fuumlr Wieder-aufbau (KfW) Zweitens zaumlhlen auch die Weltbank und die regionalen Ent-wicklungsbanken Klimaschutz zu ihren Aufgaben Insbesondere die Weltbank hat mehrere spezielle Klimaschutzfonds geschaffen Drittens wurde eine Reihe von internationalen Fonds eingerichtet Mit den Geldern der 1991 geschaffenen Globalen Umweltfazilitaumlt (Global Envi-ronment Facility GEF) werden Projekte im Rahmen der Klimarahmenkonventi-on und anderer internationaler Um-weltabkommen finanziert 2001 wurden unter der Klimarahmenkonvention eine Reihe von kleinen spezialisierten Fonds eingerichtet die insbesondere Maszlig-nahmen zur Anpassung an den Klima-wandel finanzierenbull der Least Developed Countries Fund

Fonds fuumlr die am wenigsten entwi-ckelten Laumlnder

bull der Special Climate Change Fund Spezieller Klimawandel-Fonds der vor allem Anpassungsmaszlignahmen finanzieren soll und

bull der Adaptation Fund Anpassungs-fonds fuumlr Laumlnder des Globalen Suumldens

Daruumlber hinaus wurde 2010 beschlos-sen den Green Climate Fund (Gruumlner Klimafonds) einzurichten Dieser soll einen erheblichen Teil der zugesagten 100 Milliarden US-Dollar verwalten

Neben diesen Einrichtungen zur Klimafinanzierung wurden im Rahmen des Kyoto-Protokolls auch institutiona-lisierte Verfahren zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige geschaffenbull der internationale Emissionshandel

der den Handel mit Rechten zum Ausstoszlig von Treibhausgasen regelt

bull die Joint Implementation (Gemein-same Umsetzung) uumlber die Klima-schutzprojekte in Industrielaumlndern international zertifiziert werden koumlnnen

bull der Clean Development Mechanism (Mechanismus fuumlr umweltver-traumlgliche Entwicklung) uumlber den Klimaschutzprojekte in Laumlndern

Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 25

des Globalen Suumldens international zertifiziert werden koumlnnen (siehe Kapitel bdquoDer Clean Development Mechanismldquo)

Diese Verfahren dienen aber in ers-ter Linie der Erreichung der Emissi-onsziele der Industrielaumlnder (siehe Kapitel bdquoSenkung der eigenen Emissi-onenldquo) Mitgliedstaaten mit groszligen Regenwaldvorkommen forderten daher

ein Instrument zu schaffen das den Schutz von Waumlldern auf die Klimabilanz anrechnet Infolge wurde 2007 das Programm REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degrada-tion in Developing Countries) ins Leben gerufen Es soll zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige in Laumlndern des Globalen Suumldens beitragen die durch Abholzung von Waumlldern entstehen

Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen

Maszlignahmen zum Klimaschutz sind aus menschenrechtlicher Perspektive oft umstritten Bei Investitionen in erneu-erbare Energien handelt es sich haumlufig um groszlige flaumlchenintensive Infrastruk-turprojekte wie zum Beispiel den Bau von Staudaumlmmen und Wasserkraftwer-ken Windparks groszligflaumlchige Solar- und Erdwaumlrmeanlagen Das Gleiche gilt fuumlr den Anbau von Energiepflanzen wie Oumllpalmen Investitionen in CO2-Senken also die Ausdehnung von Waumlldern oder der Erhalt bestehender Waumllder stehen oft in Konkurrenz zu anderen Flaumlchen- und Waldnutzungen Auch Anpassungs-maszlignahmen wie der Bau von Schutz-waumlllen oder die Einrichtung von siedlungsfreien Zonen in Hochrisikoge-bieten (zum Beispiel in Gebieten die

haumlufig uumlberschwemmt oder durch Erosion und Erdrutsche gepraumlgt sind) betreffen Land das von Menschen genutzt und ihnen durch solche Maszlig-nahmen entzogen wird Die Flaumlchen-konkurrenz zwischen Investitionen zum Klimaschutz und bisheriger Landnut-zung fuumlhrt unter anderem dazu dass KleinbaumluerInnen und Hirtenvoumllkern der Zugang zu Land und Wasser entzogen wird das sie bisher fuumlr den Nahrungs-mittelanbau und die Viehwirtschaft nutzten Haumlufig handelt es sich dabei um indigene Gruppen die keine Landti-tel besitzen Mit der Vertreibung von ihren wirtschaftlich genutzten Flaumlchen geht auch haumlufig die Vertreibung aus den Ansiedlungen einher Verletzungen sozialer Menschenrechte wie die Rechte auf Nahrung Wasser und Woh-nen sind die Folge Aber auch Verfah-rensrechte und das Recht auf Leben werden regelmaumlszligig missachtet

Dafuumlr gibt es viele Beispiele Pana-ma ist eines jener Laumlnder das am meis-ten in Wasserkraftwerke als erneuerbare Energiequelle investiert In mindes-tens drei bekannten Faumlllen ndash Bonyic Chan75 und Barro Blanco ndash kam es dabei zu schweren Menschenrechts-verletzungen Doumlrfer wurden geflutet obwohl die BewohnerInnen noch nicht umgesiedelt waren die Rechte von In-digenen auf ihr Gebiet und Beteiligung an Projekten wurden verletzt Betrof-fene und AktivistInnen die sich gegen diese Maszlignahmen wehrten wurden eingeschuumlchtert und sogar ermordet Auch Kenia gehoumlrt zu den Vorreitern in

Die klimaschuumltzende Wirkung von Staudaumlm-men zur Stromgewinnung wird bestritten Auszligerdem fuumlhren sie oft zu Verletzungen von Menschenrechten der oumlrtlichen Bevoumllkerung Foto Jane Hofbauer

26 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Sachen Klimaschutz ndash haumlufig zu Lasten ausgegrenzter Bevoumllkerungsgruppen In Olkaria willigten Massai in eine Umsiedlungsmaszlignahme zugunsten einer Erdwaumlrmeanlage (Geothermie) ein weil man ihnen eigene Landrech-te versprach die sie jedoch bis heute nicht erhalten haben Mehrere tausend indigene Jaumlger- und Sammlervoumllker wurden aus dem Embobut-Wald in Westkenia (Sengwer und Cherangany) und dem Mau-Wald (Ogiek) vertrieben weil die Regierung deren Nutzung unter REDD+ anstrebt Der Fall der Ogiek wurde 2014 sogar vor dem Afrikani-schen Gerichtshof fuumlr Menschen- und Voumllkerrechte zugunsten der Ogiek ver-handelt Aumlhnliches passierte in anderen Laumlndern Afrikas So wurde in Tansania die Gemeinschaft der Warufiji aus dem Refuiji-Delta vertrieben Sie hatten die Kooperation bei der Aufforstung der Mangrovenwaumllder verweigert weil man ihnen den Anbau von Reis verbot

Die Auswirkungen von Klimaschutz-maszlignahmen koumlnnen aber auch kom-plexerer Natur sein Wie die Weltbank 2008 in einer vielbeachteten Studie zur globalen Nahrungsmittelkrise darlegte trug die Flaumlchenkonkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Energiepflanzen-anbau maszliggeblich zum globalen An-stieg der Nahrungsmittelpreise bei der fuumlr viele Menschen zu Hunger fuumlhrte Anhand dieser katastrophalen Folgen der staatlichen Foumlrderung von Agrar-treibstoffen durch westliche Indust-rienationen wird deutlich wie diese klimapolitisch motivierten Programme in vielen aumlrmeren Laumlndern direkt zur Verletzung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser beitragen

Auch Anpassungsmaszlignahmen schneiden unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten nicht zwingend besser ab Obwohl sie im Prinzip zum Schutz der Menschen gedacht sind fehlt es in manchen Faumlllen an Professionalitaumlt in anderen Faumlllen fehlt der Fokus auf die besonders gefaumlhrdeten Bevoumllkerungs-gruppen In Mosambik wurden die Doumlr-fer im Sambesi-Flussdelta 20072008

nach schweren Uumlberschwemmungen in houmlher gelegene Gebiete umgesiedelt Viele der neuen Siedlungen blieben ohne angemessenen Zugang zu Wasser fruchtbarem Land und Gesundheitsver-sorgung So wurden sie von Nahrungs-mittelhilfen abhaumlngig Viele Familien verloren durch Abwanderung ihren Zusammenhalt Diskriminierungen bei Anpassungsmaszlignahmen kommen auch in entwickelten Laumlndern vor Nach dem Wiederaufbau von New Orleans nach dem Hurrikan Kathrina im Jahr 2005 durfte die arme afro-amerikanische Be-voumllkerung nicht mehr ihre am Flussufer gelegenen Siedlungen beziehen ndash we-gen Uumlberflutungsgefahr Angemesse-nen und finanzierbaren Ersatz bekamen sie jedoch nicht angeboten

Die Ursachen fuumlr negative Aus-wirkungen und Menschenrechtsver-letzungen durch Klimapolitik gehen teilweise auf die Bedingungen in den Projektlaumlndern zuruumlck Die jeweiligen Nationalstaaten sind menschenrecht-lich entsprechend zu beurteilen und zur Pflicht zu rufen Die Ursachen liegen aber auch in den Klimarahmenabkom-men selbst und ihren Mechanismen begruumlndet Bis auf das Abkommen von Paris enthalten diese keinen Verweis auf Menschenrechte Sie betonen aber die Rechte der Nationalstaaten ihre na-tuumlrlichen Ressourcen auszubeuten Das Abkommen von Paris ist insofern ein Erfolg als in der Praumlambel zum ersten Mal ein Bezug zu den Menschenrechten hergestellt wird Auch im Konzept der extraterritorialen Staatenpflichten zur Verwirklichung wirtschaftlicher sozia-ler und kultureller Menschenrechte ist anerkannt dass die Staaten die Pflicht haben ihre Instrumente zum Klima-schutz und zur Unterstuumltzung von An-passungsmaszlignahmen menschenrechts-konform zu gestalten Dennoch gilt es dicke Bretter zu bohren Eine Praumlambel ist nicht rechtsverbindlich sondern als Orientierungs- und Interpretationshilfe fuumlr die Vertragsparteien oder Gerichte zu verstehen

Fuumlr diese Geothermie-Anlage in Kenia wurden Massai von ihrem traditionellen Land vertrieben Foto Jeanette Schade

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 27

Der Clean Development Mechanism

Mit fast 8000 registrierten Projekten ist der Clean Development Mechanism (CDM) des Kyoto-Protokolls das bedeu-tendste internationale Verfahren zum Klimaschutz Er soll einerseits die Gastgeberstaaten der Projekte bei ihrer nachhaltigen Entwicklung unterstuumltzen und andererseits den Industrielaumlndern bei der Erreichung ihrer Emissionsziele helfen

Das Kyoto-Protokoll definiert fuumlr die teilnehmenden Industrielaumlnder verbindliche Emissionsziele Die Uumlber-wachung der Zielerreichung erfolgt auf Grundlage von Emissionszertifikaten jeder verpflichtete Staat muss fuumlr jede Tonne Treibhausgasemission ein Emis-sionszertifikat vorlegen Die Staaten erhalten eine Anfangsausstattung von Zertifikaten auf Grundlage ihrer Ziele zur Verringerung ihrer Emissionen Diese Zertifikate sind handelbar Schafft ein Staat es seine Emissionen staumlrker zu reduzieren als er zum Ziel hat kann er den sich daraus ergebenden Uumlber-schuss an Zertifikaten an andere Laumlnder verkaufen Auszligerdem koumlnnen die In-dustrielaumlnder uumlber den CDM zertifizierte Emissionsreduktionen aus Klimaschutz-projekten in den Laumlndern des Globalen Suumldens ankaufen

Die naturwissenschaftliche Grund-lage dieses so genannten Emissions-handels ist dass die Treibhausgase sich gleichmaumlszligig in der Atmosphaumlre verteilen Fuumlr den Klimawandel macht es keinen Unterschied an welchem Ort Treibhausgase ausgestoszligen oder reduziert werden Durch den Emissions-handel soll es daher ermoumlglicht werden Emissionen an der Stelle zu vermindern an der dies am kostenguumlnstigsten ist Im Kyoto-Protokoll gibt es zum einen den Emissionshandel zwischen Staaten zum anderen werden im CDM Zertifikate fuumlr Emissionsreduktionen in konkreten Projekten ausgestellt wie zum Beispiel fuumlr Windkraftanlagen Prinzipiell kann jeder beliebige Akteur CDM-Projekte durchfuumlhren Zertifikate erhalten und diese dann verkaufen seien es staatli-che Stellen private Unternehmen oder auch zivilgesellschaftliche Organisa-tionen Durch den CDM soll so fuumlr alle Interessierte ein Anreiz gesetzt werden in Emissionsreduktionen zu investieren Die groszlige Mehrheit der CDM-Projekte wird von privaten Unternehmen durchgefuumlhrt

Der CDM unterliegt der Fuumlhrung und Aufsicht der Konferenz der Vertrags-staaten des Kyoto-Protokolls Fuumlr die Pruumlfung und Genehmigung der konkre-ten Projekte sowie fuumlr die Ausarbeitung von Detailregelungen zu den Geneh-migungsverfahren haben die Vertrags-staaten einen Exekutivrat eingerichtet der aus zehn Mitgliedern und zehn stellvertretenden Mitgliedern besteht Die Mitglieder werden von der Vertrags-staatenkonferenz nach einem regiona-len Schluumlssel gewaumlhlt Der Exekutivrat soll nach Moumlglichkeit alle Entscheidun-gen einstimmig treffen Wenn dies nicht moumlglich ist sind auch Abstimmungen mit Dreiviertelmehrheit erlaubt

Um sich fuumlr die Ausstellung von CDM-Zertifikaten zu qualifizieren muumlssen CDM-Projekte ein festgeleg-tes Verfahren durchlaufen Zunaumlchst muumlssen die Traumlger des Projekts eine Projektdokumentation erstellen die darlegt welche Maszlignahmen durchge-fuumlhrt werden sollen und wie dadurch Emissionen vermindert werden Diese

Einige Doumlrfer im kenianischen Tana-Delta muumlssen per Tankwagen mit Trinkwasser versorgt werden

28 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Braucht Zertifi kate um eigene Klimaschaumlden ausgleichen zu

koumlnnen

INDUSTRIELAND

Klimaschutzprojekt wird unterstuumltzt

ENTWICKLUNGSLANDTechnologie

Finanzierung

Die Unterstuumltzung bringt dem Industrieland zusaumltzliche

Zertifi kate ein

Clean Development Mechanism (CDM)-Projekte werden kontrolliert durch den

CDM-EXEKUTIVRAT bestehend aus 10 Mitgliedern

Durch die Unterstuumltzung

sollen CO2-Emissionen vermieden

werden

Jeweils ein Mitglied der fuumlnf regionalen

Gruppen der Vereinten Nationen

Zwei Mitglieder des Kyoto-Protokolls

gelistet als Industrieland (Annex 1)

Zwei Mitglieder die nicht in Annex 1 des

Kyoto-Protokolls gelistet sind

EinE RepraumlsentantIn der kleinen

Inselstaaten

Projektdokumentation muss durch ein sachverstaumlndiges Zertifizierungsun-ternehmen beispielsweise den TUumlV uumlberpruumlft werden Auszligerdem muss das Projekt durch das Durchfuumlhrungsland und mindestens ein Industrieland genehmigt werden Wenn all diese Be-dingungen erfuumlllt sind wird das Projekt dem CDM-Exekutivrat vorgelegt Wenn der Exekutivrat keine Einwaumlnde hat wird es als CDM-Projekt registriert

Waumlhrend der Durchfuumlhrung des Projekts muumlssen seine Traumlger fortlau-fend uumlberwachen und dokumentieren welche Treibhausgasmengen es er-zeugt Die Emissionsminderung ergibt sich aus dem Unterschied zwischen den Emissionen des Projekts und den Emis-sionen die angefallen waumlren wenn das Projekt nicht umgesetzt worden waumlre wenn zum Beispiel statt Strom eines Windparks Strom aus Kohlekraftwerken verwendet worden waumlre Die Dokumen-tation wird wiederum von einer sach-verstaumlndigen Stelle und vom CDM-Exe-kutivrat uumlberpruumlft Abschlieszligend stellt der Exekutivrat den Projektbeteiligten Emissionszertifikate entsprechend der erzielten Emissionsminderung aus

Die Projektbeteiligten koumlnnen die Zertifikate dann an mehrere moumlgliche Abnehmer verkaufen Der erste moumlgli-che Abnehmer sind Industriestaaten die ihre Kyoto-Emissionsziele nicht durch inlaumlndische Emissionsredukti-onen erreichen und daher zusaumltzliche Zertifikate benoumltigen Daruumlber hinaus gibt es in der EU und in mehreren ande-ren Staaten Emissionshandelssysteme auf Unternehmensebene Aumlhnlich wie die Industriestaaten durch das Kyoto-Protokoll verpflichtet sind Emissi-onszertifikate vorzulegen muumlssen in der EU und in anderen Laumlndern auch bestimmte Unternehmen wie die Ener-gieversorger und groszlige Industriebe-triebe fuumlr ihre Treibhausgasemissionen Zertifikate vorlegen Diese Unterneh-men koumlnnen teilweise CDM-Zertifikate verwenden um ihre Verpflichtung zu erfuumlllen Der dritte moumlgliche Abnehmer ist der wachsende Markt der sogenann-ten bdquofreiwilligen Kompensationldquo von Treibhausgasemissionen Dies sind

Unternehmen und Privatpersonen die ihre Emissionen ausgleichen wollen indem sie CDM-Zertifikate kaufen und loumlschen Ein Beispiel dafuumlr sind Aus-gleichszahlungen fuumlr den CO2-Ausstoszlig durch Fluumlge

Der CDM verfuumlgt uumlber keinerlei men-schenrechtliche Kriterien Es gibt ledig-lich die Bestimmung dass die Projekte zur nachhaltigen Entwicklung beitragen sollen und die Vorschrift dass die lokale Bevoumllkerung konsultiert werden muss Allerdings gibt es keine interna-tionalen Kriterien wie der Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung uumlberpruumlft werden soll Stattdessen wird die Pruuml-fung vollstaumlndig den Gastgeberlaumlndern der Projekte uumlberlassen Ebenso gibt es nur vage internationale Kriterien fuumlr die Konsultation der lokalen Bevoumllke-rung Viele Laumlnder haben nur schwache

Funktionsweise des Clean Development Mechanism

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 29

Regeln und uumlberwachen deren Einhal-tung nur schlecht Als Ergebnis kommt es immer wieder zu Vorwuumlrfen dass durch CDM-Projekte Menschenrechte verletzt werden Die internationale Gemeinschaft ist damit nicht ihrer Verantwortung nachgekommen neue voumllkerrechtliche Vertraumlge entsprechend ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen auszugestalten

Das Kyoto-Protokoll wird nach 2020 nicht weitergefuumlhrt entsprechend wird auch der CDM auslaufen Allerdings

wurden im Pariser Abkommen neue Kooperationsmechanismen geschaf-fen Die Regeln zur Umsetzung dieser Mechanismen sollen ausdruumlcklich die Erfahrungen aus den Mechanismen des Kyoto-Protokolls beruumlcksichtigen Aus den menschenrechtlichen Problemen die sich im CDM ergeben haben soll-ten die Staaten die Schlussfolgerung ziehen dass die neuen Mechanismen verbindliche menschenrechtliche Krite-rien benoumltigen

Der Fall Bajo Aguaacuten ndash CDM-Zertifizierung trotz Menschen-rechtsverletzungen

Das Projekt bdquoAguan Biogas Recovery from Palm Oil Mill Effluent [POME] Ponds and Biogas Utilisation ndash Ex-portadora del Atlaacutentico AguanHondurasldquo soll die Behandlung von Abwasser aus einer Palmoumllmuumlhle verbessern und dadurch die Emissio-nen von Methan vermindern Das Palmoumll kommt aus Plantagen die im Zentrum eines gewalttaumltigen Landkon-flikts stehen Laut den oumlrtlichen KleinbaumluerInnen hat sich der Eigentuuml-mer das Plantagenland widerrechtlich angeeignet Sie fordern daher die Ruumlckgabe des Landes Die Sicherheits-kraumlfte der Plantagen und die oumlffentli-chen Sicherheitskraumlfte gehen immer

wieder gewaltsam gegen die Kleinbaumlu-erInnen vor bisher wurden uumlber 50 Personen getoumltet

Diese Umstaumlnde spielten jedoch im Registrierungsverfahren des CDM keine Rolle FIAN und andere Nicht-regierungsorganisationen wiesen den CDM-Exekutivrat darauf hin dass das Projekt in Menschenrechtsver-letzungen verwickelt sei Es wurde dennoch als CDM-Projekt registriert Der CDM-Exekutivrat erklaumlrte dass er kein Mandat habe solche Umstaumlnde zu beruumlcksichtigen Seine Zustaumlndig-keit beschraumlnke sich auf die Klima-schutzauswirkungen von Projekten Neben Honduras war das Projekt auch von Groszligbritannien registriert wor-den Nachdem sie uumlber die Vorwuumlrfe informiert worden war aumluszligerte die britische Regierung zwar dass diese bdquoverstoumlrendldquo seien erklaumlrte aber fuumlr Fragen der Nachhaltigkeit sei das Gastgeberland Honduras zustaumlndig

Das Projekt ist im CDM registriert und kann fuumlr Emissionsreduktionen die bis zum 31 Januar 2018 erzielt wurden Zertifikate erhalten Dieser Zeitraum kann verlaumlngert werden Das Ausmaszlig der Gewalt ist zwar nach einer Intervention der deutschen Regierung zuruumlckgegangen der zugrunde lie-gende Landkonflikt ist aber weiterhin ungeloumlst

Eine honduranische Baumluerin weist bei einer Demonstration auf die schweren Menschen-rechtsverletzungen in Bajo Aguaacuten hin

30 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank

Viele Klimaschutzmaszlignahmen werden ausschlieszliglich von privaten Unterneh-men und Banken durchgefuumlhrt die nicht an verbindliche Sozialstandards gebunden sind Insbesondere in Laumln-dern des Globalen Suumldens mit schwa-chen nationalen Standards und Institu-tionen zu ihrer Durchsetzung gefaumlhrdet dies den Schutz der Menschenrechte

Oumlffentliche Entwicklungsbanken verfuumlgen dagegen uumlber eigene Sozial-standards und Beschwerdeverfahren welche die Gefahr von Menschenrechts-verletzungen bei der Durchfuumlhrung von Projekten verringern koumlnnen Doch auch hier gibt es deutlichen Nachbes-serungsbedarf wie das Beispiel der Europaumlischen Investitionsbank (EIB) zeigt

Die EIB ist eine Bank der Europaumli-schen Union (EU) deren Anteilseigner neben der EU die EU-Mitgliedstaaten sind Sie verfuumlgt uumlber das groumlszligte Bud-get aller Entwicklungsbanken weltweit und ist ein Schluumlsselakteur der Klima-finanzierung Seit 2013 hat sie sich zum Ziel gesetzt jaumlhrlich mindestens 25 Prozent ihres Kreditvolumens fuumlr Kli-maprojekte zu vergeben Im Jahr 2011 leitete die EIB eine Untersuchung ein um ihre Sozialstandards den Anspruuml-chen der EU-Grundrechtecharta sowie den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte anzupassen Das dabei entstandene Handbuch fuumlr Umwelt- und Sozialstandards (2013) verspricht hohe Sozialstandards und beschreibt diese ndash als einzige Bank weltweit ndash sogar mit menschenrechtli-chem Vokabular 2015 uumlberarbeitete die EIB auszligerdem ihre Transparenzpolitik so dass sie im Unterschied zu vielen anderen europaumlischen Entwicklungs-banken bereits vor Bewilligung die Ergebnisse von Umwelt- und Sozial-vertraumlglichkeitsanalysen bekannt gibt Die EIB hat ferner ein eigenes Be-schwerdeverfahren das alle durch ihre Projekte Betroffenen nutzen koumlnnen Die Zustaumlndigen fuumlr die Bearbeitung

der Beschwerden koumlnnen Mediations-prozesse anstoszligen Das Verfahren und das zustaumlndige Gremium koumlnnen sogar selbst Gegenstand einer Beschwerde vor dem EU-Ombudsmann werden wenn die Betroffenen mit seiner Arbeit unzufrieden sind

Gute Standards und ein gutes Beschwerdeverfahren gelten in der Regel als Grundbedingung fuumlr die Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht Dennoch gibt es im System der EIB erhebliche Maumlngel Eine menschenrechtliche Untersuchung der Anwendung der Sozialstandards beim oben erwaumlhnten Erdwaumlrmeprojekt in Kenia fuumlhrte dabei zu folgenden Ergeb-nissen Es werde zu wenige Sozial- und MenschenrechtsexpertInnen je Projekt beschaumlftigt Ersatzweise werden Kre-ditnehmer auf das EIB-Handbuch zu Umwelt- und Sozialstandards verwiesen Die EIB uumlberlaumlsst die Umsetzung ihrer hehren Sozialstandards damit weitge-hend den Kreditnehmern ohne diese mit angemessen Personalressourcen zu unterstuumltzen und zu kontrollieren Betroffene werden von der EIB auch nicht systematisch uumlber die Existenz ihres Beschwerdeverfahrens informiert sondern stoszligen ndash wenn uumlberhaupt ndash erst durch eigene Recherche auf ihn Die EIB-MitarbeiterInnen haben keine Verpflichtung den Beschwerdeaus-schuss aktiv in problematische Projekte einzubinden Er wird erst aktiv wenn Betroffene an ihn herantreten Bei Pro-jekten die von mehreren Geldgebern finanziert werden hat er kein Mandat deren Rolle bei der Verletzung von So-zialstandards zu untersuchen Seine Be-urteilungen und Empfehlungen sind fuumlr die Bank auch nicht rechtlich bindend Das Beispiel der EIB zeigt damit nicht nur deren spezifische Maumlngel in der Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht sondern demonstriert auch die generell begrenzte Reichweite institutioneller Beschwerdemecha-nismen Sie stellen keinen Ersatz fuumlr verbindliche Menschenrechtsstandards dar zu deren Umsetzung Staaten ver-pflichtet sind

Gemaumlszlig dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP) sind 80 Prozent aller Menschen die aufgrund des Klimawan-dels umsiedeln muumlssen FrauenFoto Survival International

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 31

Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Der Status der EU im Menschenrechts-system ist kompliziert Die EU selbst ist kein Staat sondern eine Mitgliederor-ganisation von Staaten Wie andere internationale Organisationen auch ist sie daher keine Vertragspartei der zwischenstaatlichen Menschenrechts-vertraumlge (mit Ausnahme der UN-Behin-dertenrechtskonvention) Sie ist auch keine Vertragspartei der Europaumlischen Menschenrechtskonvention obwohl ihr Beitritt in Artikel 6(2) des EU-Vertrags

festgelegt ist und seit langem gepruumlft wird Daher haben die Menschenrechts-organe der UN und des Europarates auch kein Mandat uumlber die EU und duumlrfen nicht uumlber sie urteilen

Dennoch ist auch die EU verpfl ich-tet Menschenrechte in ihrer Innen- und Auszligenpolitik zu beachten Diese Verpfl ichtungen beruhen vor allem auf a) der EU-Grundrechtecharta (2009) b) dem EU-Vertrag sowie c) auf der Aarhus-Konventiona) Die Grundrechtecharta gilt fuumlr alle

EU-Organe sowie fuumlr die Mitglied-staaten bei der Anwendung von EU-Recht (GRC Art 51(1)) Sowohl das EU-Parlament als auch ein Experten-urteil bestaumltigten ihre extraterritori-ale Reichweite

b) In den EU-Vertraumlgen bekennt sich die EU zum Schutz der Menschen-rechte in ihrer Beziehung zur uumlbri-gen Welt und zur Grundrechtecharta der Vereinten Nationen (EUV Art 3(5)) Sie erklaumlrt diese zu leitenden Grundsaumltzen ihres auswaumlr-tigen Handelns (EUV Art 21) Dies gilt ausdruumlcklich auch fuumlr die Ko-operation mit Entwicklungslaumlndern (EUVA Art 208)

c) Die EU ist eine Vertragspartei der Aarhus-Konvention die nach Expert Innenmeinung ebenfalls auch extraterritorial ausgelegt werden kann

0 100 200 300 400 500

203020141990

Gebaumlude

Landwirtschaft

Industrie

Energiewirtschaft

Verkehr

lt61

72

88

lt98

160

163

lt72

119

209

lt143

181

283

lt183

358

466

Datenquelle Bundesministerium fuumlr UmweltNaturschutz Bau und Reaktorsicherheit (2017)Klimaschutz in Zahlen 2017

Ziele zur Verringerung von Treibhausgas-emissionen Deutschlands nach Sektoren gemaumlszlig dem Klimaschutzplan 2050(in Millionen Tonnen CO2-Aumlquivalenten)

32 FIAN | Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

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IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

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IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

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Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

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UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

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Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 39

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 12: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

Groumlszligere Wetterschwankungen

Insgesamt bringen die klimatischen Veraumlnderungen instabilere Wetterver-haumlltnisse mit sich die die Wasserversor-gung sowie die Land- und Viehwirt-schaft in vielen Regionen erschweren

und Ernteertraumlge schwanken lassen Dies stellt ein Risiko fuumlr die Einkom-mensgrundlage der BaumluerInnen sowie fuumlr die Versorgung lokaler und regiona-ler Maumlrkte mit Nahrungsmitteln dar

Der Klimawandel hat einen enormen Einfluss auf den Zugang zu ausreichen-dem und sauberem Wasser Mit jedem Grad globaler Erwaumlrmung werden sich die erneuerbaren Trinkwasserressour-cen voraussichtlich fuumlr 7 Prozent der Weltbevoumllkerung um 20 Prozent verrin-gern Der Klimawandel verstaumlrkt die

bereits bestehenden Wasserprobleme in vielen Erdregionen die durch das hohe Bevoumllkerungswachstum das Anwachsen der Megastaumldte die Ausbreitung eines ressourcenintensiven Lebensstils und die Uumlbernutzung von Frischwasser durch die industrielle Landwirtschaft hervorgerufen werden

Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels

Neben der Uumlberschwemmung von Kuumlstengebieten sowie vieler kleiner Inseln des indischen und pazifischen Ozeans fuumlhrt der Anstieg des Meeres-spiegels in kuumlstennahen Gebieten auch

zur Versalzung des Grundwassers Frischwasser wird dadurch immer knapper und die Zahl der Menschen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser wird schnell steigen

Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur

Mehr als ein Sechstel der Weltbevoumllke-rung lebt in Flussgebieten die haupt-saumlchlich durch saisonale Abschmelzun-gen von Schnee und Gletschereis mit Suumlszligwasser versorgt werden Durch die ansteigende Lufttemperatur wird die Schneefallmenge in den Wintermonaten abnehmen Zudem wird sich der Abfluss des Schmelzwassers von den Bergen zunehmend von den Sommermonaten ndash in denen der Bedarf am groumlszligten ist ndash in den Fruumlhling verschieben Gleichzeitig wird der Temperaturanstieg zu einem weiteren Ruumlckgang der Gletscher fuumlhren die aufgrund ihrer Kapazitaumlt zur Speicherung von Suumlszligwasser eine zentrale Rolle bei der Trinkwasserver-

sorgung in den Flussgebieten spielen Bei einem Temperaturanstieg von 4 Grad Celsius koumlnnte der Umfang der Gletscher bis zum Ende des Jahrhun-derts weltweit um bis zu vier Fuumlnftel abnehmen Dies wird ein kurzfristiges Ansteigen der Flusslaumlufe zur Folge haben Langfristig wird sich die Wasser-menge der Fluumlsse jedoch verringern Schlieszliglich wird vorhergesagt dass das Ansteigen der Lufttemperatur und die abnehmende Wassermenge in den Suumlszliggewaumlssern zu starkem Algen- und Bakterienwachstum fuumlhren Dadurch wird sich die Wasserqualitaumlt in den betroffenen Regionen verschlechtern

Auswirkungen des Klimawandels auf die

Verwirklichung des Menschenrechts auf

Wasser

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta muss aufgrund des Klimawandels immer tiefer nach Trinkwasser graben

12 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge

Trockene Gebiete sowie Regionen mit geringen Suumlszligwasserspeichern in denen die Gewinnung von Trinkwasser unmit-telbar aus dem Regenwasser erfolgt werden mit groszliger Wahrscheinlichkeit besonders heftig von den abnehmen-den Niederschlaumlgen betroffen werden In tropischen Gebieten wiederum kann

die vorhergesagte Erhoumlhung der jahres-zeitlichen Niederschlagsmenge zu Uumlberschwemmungen fuumlhren Durch das Ausspuumllen der Boumlden der uumlberfluteten Landflaumlchen koumlnnen Schadstoffe in das Wasser gelangen die die Suumlwasserres-sourcen verschmutzen

Die Klimaaumlnderungen werden in der tropischen und subtropischen Klimazo-ne ndash in der sich die Mehrzahl der Laumlnder des Globalen Suumldens befindet ndash weit negativer ausfallen als in der gemaumlszligig-ten Klimazone in der uumlberwiegend Industriestaaten beheimatet sind Daruumlber hinaus verfuumlgen die Menschen in den Laumlndern des Globalen Suumldens aufgrund mangelnder finanzieller und technologischer Mittel uumlber eine nur geringe Anpassungsfaumlhigkeit an die

bevorstehenden Klimaaumlnderungen Es werden also gerade die Menschen am staumlrksten unter den Auswirkungen der Erderwaumlrmung leiden die am allerwe-nigsten zu deren Verursachung beige-tragen haben

Dem Weltklimarat zufolge sind die Arktis Afrika kleine Inseln sowie die groszligen asiatischen Flussdeltas die am staumlrksten vom Klimawandel betroffenen Regionen

Kleine Inselstaaten

Kleine Inselstaaten wie beispielsweise Vanuatu und Tuvalu sind bereits heute schon stark von den klimatischen Veraumlnderungen betroffen Der anstei-gende Meeresspiegel erhoumlht die Gefahr von Uumlberschwemmungen und Sturmflu-ten und stellt eine Bedrohung fuumlr die Wasserversorgung die Landwirtschaft und die gesamte Infrastruktur dar Die Wasserversorgung der Inseln wird zusaumltzlich dadurch erschwert dass durch die Klimaaumlnderungen Meereswas-ser in das Grundwasser dringt Denn gerade auf den kleinen Inseln und Atollen liegt der Grundwasserspiegel haumlufig nur etwa ein bis zwei Meter unter der Erdoberflaumlche

Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels

Die kleinen Inselstaaten sind aufgrund des Klimawandels vom Untergang bedroht

Die Regenfaumllle in Haiti werden heftiger undfuumlhren haumlufiger zu Uumlberschwemmungen

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 13

Daruumlber hinaus gefaumlhrden die vor-ausgesagten Veraumlnderungen der Nie-derschlagsmenge die Wasserversorgung der Inseln Denn auf den meisten Atol-len erfolgt die Trinkwassergewinnung durch das Auffangen von Regenwasser Des Weiteren beeintraumlchtigen die mit dem Meeresspiegelanstieg einherge-hende Versalzung der Boumlden und die

Unregelmaumlszligigkeiten der Niederschlaumlge die landwirtschaftliche Selbstversor-gung vieler Inseln Nicht nur die Ertraumlge der Agrarwirtschaft sondern auch die der Fischwirtschaft drohen aufgrund des temperaturbedingten Absterbens der Korallenriffe drastisch zuruumlckzuge-hen die vielen Fischen als Nahrungsre-servoir dienen

Afrika

Fuumlr das suumldliche Afrika wird vorherge-sagt dass der jaumlhrliche Niederschlag bei einer globalen Erwaumlrmung von 4 Grad Celsius um bis zu 30 Prozent abnehmen koumlnnte In Teilen des suumldli-chen und westlichen Afrikas koumlnnte sich die jaumlhrliche Wiederauffuumlllung des Grundwassers um 50 bis 70 Prozent vermindern Entsprechend erhoumlht sich das Risiko von Duumlrren Fuumlr das Horn von Afrika und das noumlrdliche Ostafrika sagen verschiedene Klimamodelle sehr unterschiedliche Folgen voraus Einige Modelle prognostizieren eine Verringe-rung der Niederschlaumlge andere eine Erhoumlhung Allerdings waumlre diese Erhouml-hung vermutlich nicht gleichmaumlszligig

uumlber das Jahr verteilt sondern wuumlrde sich in intensiven Regenperioden niederschlagen wodurch das Risiko von Uumlberflutungen steigen wuumlrde

Deutliche Auswirkungen auf die Landwirtschaft sind selbst bei niedri-gem Temperaturanstieg zu erwarten Bereits eine Erwaumlrmung von 15 Grad Celsius bis zum Jahr 2030 koumlnnte dazu fuumlhren dass 40 Prozent der Maisan-baugebiete nicht mehr fuumlr die derzeit angebauten Sorten geeignet waumlren Bei einer Erwaumlrmung von bis zu 2 Grad Celsius bis 2050 koumlnnten die Ertraumlge der gesamten Landwirtschaft um 10 Prozent abnehmen bei einer houmlheren Erwaumlr-mung um 15 bis 20 Prozent

Suumldostasien

Die dicht besiedelten Flussdeltas Suumldostasiens sind durch den ansteigen-den Meeresspiegel besonders gefaumlhr-det Denn dieser fuumlhrt zum Eindringen von Salzwasser und verstaumlrkt die Inten-sitaumlt von Wirbelstuumlrmen Zudem wird ein starker Anstieg von Hitzeextremen vorhergesagt Bereits bei einer globa-len Erwaumlrmung von 2 Grad Celsius werden 60 bis 70 Prozent der Region von Hitzeextremen und 30 bis 40 Pro-zent der Region von neuen Hitzerekor-den betroffen sein

Die Landwirtschaft wird durch diese Veraumlnderungen schwer getroffen werden So koumlnnte der Reisanbau im Mekongdelta der die Haumllfte des vietna-mesischen Reisertrags liefert bereits bis 2040 um rund 12 Prozent zuruumlck-gehen Auch die Fischwirtschaft wuumlrde durch die Erwaumlrmung und Versauerung des Wassers sowie das Absterben der Korallenriffe stark geschaumldigt Dadurch koumlnnte sich beispielsweise das Fangpo-tential in den suumldlichen Philippinen bis zum Jahr 2050 halbieren

Suumldasien

Auch in Suumldasien werden ungewoumlhnlich heiszlige Sommermonate in den naumlchsten Jahrzehnten vielfach haumlufiger auftre-ten Die regionalen und jahreszeitli-chen Schwankungen der Niederschlaumlge werden sich voraussichtlich deutlich

verstaumlrken Es wird erwartet dass bei einer globalen Erwaumlrmung von 4 Grad Celsius die Regenmengen in der trocke-nen Jahreszeit um 30 Prozent abneh-men und in der feuchten Jahreszeit um 30 Prozent zunehmen Diese Verschie-

Bewaumlsserungsmethoden der industriellen Landwirtschaft Afrikas verstaumlrken den Verlust des Zugangs zu Wasser der oumlrtlichen Bevoumllkerung

14 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

bung wird das Risiko von Duumlrren deut-lich erhoumlhen insbesondere fuumlr das nordwestliche Indien Pakistan und Afghanistan Fuumlr das suumldliche Indien wird eine houmlhere Feuchtigkeit vorhergesagt

Groszlige Fluumlsse wie der Ganges Indus und Brahmaputra haumlngen wesentlich von der sommerlichen Schnee- und Gletscherschmelze ab Bereits un-terhalb einer Erwaumlrmung von 2 Grad Celsius wird eine deutliche Erhoumlhung der Anzahl schneearmer Winter erwar-tet Dies wird zu deutlich niedrigeren Wasserstaumlnden in der trockenen Jahres-

zeit fuumlhren Wesentlich fuumlr die Land-wirtschaft sind auch das zeitige und regelmaumlszligige Eintreffen des Monsuns Dessen jaumlhrliche Schwankungen werden sich durch den Klimawandel deutlich verstaumlrken

Es wird erwartet dass die landwirt-schaftliche Produktion ohne den Klima-wandel bis zum Jahr 2050 um 60 Pro-zent steigen wuumlrde mit Klimawandel nur um 12 Prozent Durch den gleich-zeitigen Anstieg der Bevoumllkerung wird in der Folge die Produktion pro Kopf der Bevoumllkerung um ein Drittel abnehmen

Auswirkungen des Klimawandels auf Bangladesch

Bangladesch ist eines der Laumlnder die weltweit am staumlrksten durch den Klimawandel gefaumlhrdet sind Auf einer Flaumlche die etwa 40 Prozent der Groumlszlige Deutschlands entspricht leben 150 Millionen Menschen Das Land hat eine lange Kuumlste und die groszligen Fluumlsse Ganges Brahmaputra und Meghna muumlnden dort ins Meer und treten regelmaumlszligig uumlber die Ufer Schon ohne Klimawandel wird Bangla-desch immer wieder von Uumlberschwem-mungen Duumlrren und Wirbelstuumlrmen getroffen Im Durchschnitt werden jedes Jahr 20 bis 25 Prozent des Landes uumlberflutet Der Klimawandel fuumlhrt zu einem Anstieg des Meeres-spiegels und zur Zunahme von Mon-sunregen und Wirbelstuumlrmen Durch diese Faktoren koumlnnten in der Mitte des Jahrhunderts bei starken Fluten bis zu 80 Prozent des Landes uumlber-schwemmt werden Die Anzahl der Menschen die in Gegenden mit hohem Wirbelsturmrisiko leben koumlnnte von derzeit 87 Millionen auf uumlber 38 Milli-onen steigen

Daruumlber hinaus druumlckt der steigen-de Meeresspiegel vermehrt salziges Meerwasser in Bangladeschs Flussdel-tas Wo das Meerwasser nicht abflieszligt versalzen Boumlden und Suumlszligwasserquel-len Der Meeresspiegel koumlnnte bis 2050 um bis zu einem halben Meter

steigen Dadurch wuumlrde das Land 10 Prozent seiner Flaumlche verlieren was etwa der Groumlszlige Schleswig-Holsteins entspricht Davon waumlren 55 Millionen Menschen direkt betroffen und muumlss-ten umsiedeln

Die Kosten fuumlr die entstehenden Schaumlden und fuumlr die notwendigen Maszlignahmen zur Anpassung an den Klimawandel stellen Bangladesch vor eine enorme Herausforderung Als eines der aumlrmsten Laumlnder der Welt ist es bei der Bewaumlltigung dieser Aufgaben auf internationale finan-zielle und technische Unterstuumltzung angewiesen

Bangladeschs Fluumlsse drohen zu versalzen

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 15

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Die ersten Erkenntnisse zu den negati-ven Folgen des Klimawandels ruumlckten im Laufe der 1980er Jahre zunehmend ins Bewusstsein der Oumlffentlichkeit 1990 reagierte die Generalversammlung der Vereinten Nationen (United Na-tions UN) und beschloss ein interna-tionales Klimaschutzabkommen auszu-handeln Als Ergebnis wurde 1992 die Klimarahmenkonvention auf der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro (im Folgenden kurz Rio-Konferenz) verabschiedet

Die Klimarahmenkonvention ist gleichsam das Grundgesetz der inter-nationalen Klimapolitik Sie legt deren grundsaumltzliche Prinzipien fest (siehe folgendes Kapitel) und verpfl ichtet alle Staaten das Klima zu schuumltzen Daruuml-ber hinaus verpfl ichtet sie die traditio-nellen Industrielaumlnder dazu die Laumlnder des Globalen Suumldens fi nanziell tech-nologisch und durch Organisationsent-wicklung und Ausbildung zu unterstuumlt-zen Allerdings enthaumllt die Konvention keine konkreten Verpfl ichtungen fuumlr einzelne Staaten Solche Verpfl ichtun-gen sollten im Rahmen eines Zusatzpro-tokolls geregelt werden

Die Verhandlungen zu solch einem Protokoll wurden 1995 begonnen und 1997 im japanischen Kyoto abgeschlos-sen Das Kyoto-Protokoll verpfl ichtet die traditionellen Industrielaumlnder ihre Treibhausgasemissionen von 2008

bis 2012 um jeweils laumlnderspezifi sch defi nierte Werte zu senken Die Laumlnder koumlnnen diese Emissionsziele entweder auf ihrem eigenen Staatsgebiet erbrin-gen oder aber uumlber den so genannten Emissionshandel Emissionsminderun-gen aus anderen Laumlndern ankaufen Dazu wurden verschiedene Verfahren entwickelt (siehe Kapitel bdquoInternatio-nale Klimafi nanzierungldquo) Der damals groumlszligte Emittent die USA traten dem Abkommen jedoch nicht bei Zudem enthaumllt das Abkommen keine Verpfl ich-tungen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens

2007 wurden daher neue Verhand-lungen begonnen um ein global um-fassendes Klimaabkommen zu schaffen Das Abkommen sollte 2009 auf der Klimakonferenz in Kopenhagen ver-abschiedet werden dieses Vorhaben scheiterte jedoch Die Staaten konnten sich lediglich auf unverbindliche Zusa-gen einigen Allerdings legten erstmals auch viele Laumlnder des Globalen Suumldens Klimaschutzzusagen vor 2011 wurde ein neuer Anlauf gestartet ein um-fassendes Abkommen zu vereinbaren Gleichzeitig stimmten die EU und einige andere Industrielaumlnder zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020 neue ver-bindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

2015 einigten sich schlieszliglich alle Staaten auf das Pariser Klimaschutz-

16 FIAN | Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

3-SPALTIG1845mm times 90mm

Vereinte Nationen setzen Weltklimarat ein

unterzeichnet durch alle Staaten der Welt greift ab 2020

Pariser Klimaschutz-abkommen

Industrielaumlnder verpfl ichten sich ihre Treibhaus-gasemissionen von 2008 bis 2012 zu senken

Maumlngel Die USA haben nicht unterzeichnet und keine Verpfl ichtungen fuumlr den Globalen Suumlden

Verabschiedung

des

Kyoto Protokolls

1988

1992

1997

2011

2015

2016Beschluss der

Klimarahmenkonvention bei der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung (Rio-Konferenz)

Die EU und einige andere Industrielaumlnder stimmen zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020

neue verbindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

US-Praumlsident Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckzuziehen

abkommen Das Abkommen greift ab 2020 und verpflichtet alle Mitglieder Klimaschutzbeitraumlge vorzulegen Diese Beitraumlge sind allerdings rechtlich nicht verbindlich Stattdessen setzt das Abkommen auf transparente Berichter-stattung und oumlffentliches Anprangern um die Staaten anzuhalten ihre Vor-

haben auch tatsaumlchlich umzusetzen Inzwischen sind alle Staaten der Welt dem Pariser Abkommen beigetreten Allerdings hat der 2016 neugewaumlhlte US-Praumlsident Donald Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckziehen zu wollen

Die RegierungsvertreterInnen freuen sichuumlber die Verabschiedung des Klimaschutzabkommens von Paris Foto (ebenso S 16) IISDKiara Worth(enbiisdorgclimatecop21enb2dechtml)

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik | FIAN 17

Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Es ist deutlich geworden dass diejeni-gen Laumlnder die am wenigsten zum Klimawandel beitragen oft am staumlrks-ten von ihm betroffen sind Dieses Kapitel befasst sich daher mit den voumllkerrechtlichen Verpfl ichtungen der Staaten auf menschenrechtskonforme Weise den Klimawandel aufzuhalten und Anpassungsmaszlignahmen zu unterstuumltzen

Internationale Menschenrechte und Umweltvoumllkerrecht wirken inhaltlich ineinander Die Verwirklichung vieler Menschenrechte insbesondere auch des Rechts auf Nahrung haumlngt naumlmlich unmittelbar vom Zustand der natuumlrli-chen Umwelt ab Dem wurde bereits in der Stockholmer Erklaumlrung zur menschli-chen Umwelt von 1972 Rechnung getra-gen Sie formulierte als erste das Recht auf eine gesunde Umwelt und enthielt bereits damals die drei Prinzipien des Umweltrechts wie sie sich 1992 in der Erklaumlrung von Rio uumlber Umwelt und Entwicklung (im Folgenden kurz Erklauml-

rung von Rio) wiederfi nden das Vorsor-geprinzip das Verursacherprinzip und die gemeinsame aber unterschiedliche Verantwortung

Zugleich handelt es sich bei Men-schenrechten und Umweltrecht aber um unterschiedliche Bereiche des Voumllker-rechts Eine durchgaumlngige Beruumlcksichti-gung von Menschenrechten im globalen Umwelt- oder Klimarecht ist daher nicht selbstredend Im Folgenden werden die Gemeinsamkeiten und Unterschie-de der Rechtssysteme dargestellt und verdeutlicht welche Prinzipien und Verpfl ichtungen sich jeweils verstaumlrken und wo es Nachbesserungsbedarf gibt Anschlieszligend werden die staatlichen Verpfl ichtungen die sich aus men-schenrechtlicher Sicht fuumlr die Klima-politik ergeben gepruumlft Pfl ichten zur Emissionsminderung zur Unterstuumlt-zung von Anpassungsmaszlignahmen und zur Beachtung von Menschenrechten bei der Durchfuumlhrung von Maszlignahmen

Ganz allgemein handelt es sich beim Voumllkerrecht um Vertraumlge zwischen Staaten in welchen sie wechselseitige Pfl ichten und Rechte festhalten Die Menschenrechte bilden jedoch eine Ausnahme Sie sind Rechte von Einzel-personen und Gruppen gegenuumlber dem

Staat Diesen Rechten stehen staatliche Verpfl ichtungen gegenuumlber Fuumlr beide Bereiche gilt gleichermaszligen dass man zwischen materiellen Rechten und Verfahrensrechten unterscheidet ndash also zwischen konkreten Inhalten von Rechten einerseits (zum Beispiel das

Prinzipien des interna-tionalen Umweltrechts

und der Menschenrechte

Foto Werner Rudhart

18 FIAN | Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Recht auf sauberes Trinkwasser) und Regeln zu Vorgehensweisen anderer-seits (zum Beispiel die Pflicht zu Kon-

sultationen vor Eingriffen in Trinkwas-serreservoire oder die Festlegung von Rechtsmitteln bei Konflikten)

Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts

Die internationale Klimarahmenkon-vention ist Teil des internationalen Umweltrechts zu dem noch viele weitere Vertraumlge wie zum Beispiel das Washingtoner Artenschutzabkommen (1973) oder das Uumlbereinkommen zum Schutze der Ozonschicht (1985) gehouml-ren Vertragsuumlbergreifend sind im internationalen Umweltrecht die drei oben genannten Prinzipien anerkannt Sie gelten als Voumllkergewohnheitsrecht oder sind auf dem besten Wege dorthin Zu diesem Status hat wesentlich die Erklaumlrung von Rio beigetragen zu deren Grundpfeilern sie gehoumlren

Das Vorsorgeprinzip soll verhin-dern dass Schaumlden fuumlr die Umwelt ent-stehen International verankert ist vor allem der Grundsatz der Schadensver-meidung Er besagt dass auch bei un-vollstaumlndigem oder unsicherem Wissen uumlber Art Ausmaszlig Wahrscheinlichkeit und Ursachen von Umweltschaumlden und -gefahren vorbeugend gehandelt wer-den muss um Risiken zu minimieren Es gilt im internationalen Recht insbeson-dere fuumlr Auswirkungen von Maszlignahmen jenseits des eigenen Staatsgebiets wie zum Beispiel die Verschmutzung grenz-uumlberschreitender Gewaumlsser

Das Verursacherprinzip besagt dass fuumlr die Linderung und Beseitigung eingetretener Schaumlden der Verursacher verantwortlich ist und er folglich auch die Kosten tragen muss

Das Prinzip gemeinsamer aber unterschiedlicher Verantwortung entspricht einer Verallgemeinerung des Verursacherprinzips in Bezug auf Veraumlnderungen in der Umwelt fuumlr die kein einzelner Verursacher identifiziert werden kann Ein Beispiel hierfuumlr ist der Klimawandel Die gesamte Staaten-gemeinschaft traumlgt eine gemeinsame Verantwortung zu handeln Dabei wird jenen Staaten eine groumlszligere Verantwor-tung zugeschrieben die wirtschaftlich

leistungsfaumlhiger sind und staumlrker an der globalen Ressourcenausbeute beteiligt sind

Umweltrecht beinhaltet haumlufig auch eine Reihe von Verfahrensrechten In den meisten Staaten muumlssen im Vor-feld von Groszligprojekten beispielsweise deren Umweltvertraumlglichkeit analysiert (Ausdruck des Vorsorgeprinzips) und die betroffene Bevoumllkerung dabei ein-gebunden werden Vorbildlich ist hier das Uumlbereinkommen uumlber den Zugang zu Informationen die Oumlffentlichkeits-beteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten der UN Wirtschaftskommission fuumlr Europa (2001) kurz die Aarhus-Konvention Sie gewaumlhrt ausdruumlcklich die Rechte aller Betroffenenbull uumlber Umweltauswirkungen von Pro-

jekten informiert zu werdenbull an Entscheidungs- und Planungs-

prozessen beteiligt zu werden sowiebull Schadensersatzanspruumlche geltend

zu machenDie Aarhus-Konvention wurde von fast 50 Staaten Europas und Zentralasiens (mit Ausnahme Russlands) sowie von der EU ratifiziert

Frauen im kenianischen Tana-Delta sind besonders stark mit den Folgen der zuneh-menden Waserknappheit konfrontiert Foto Anton Pieper

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 19

Respekt

vor Zugang zu angemessener

Nahrung

Schutz

vor Uumlbergriffen Dritter

Gewaumlhrleistung

der Verfuumlgbarkeit und des Zugangs

zu Nahrung

Staatenpflichten

Auch die Rio-Konferenz und ihre Folgeprozesse bauen auf die Beteili-gung der Zivilgesellschaft Uumlber diesen Weg hielten nach und nach auch soziale Menschenrechte ausdruumlcklich Einzug in die Abschlusserklaumlrungen der alle

fuumlnf Jahre stattfindenden UN-Gipfel zu Umwelt und Entwicklung

Die Erklaumlrung von Rio mit ihrem Konzept der Nachhaltigkeit und den drei genannten Prinzipien liefer-te auszligerdem die Grundlage fuumlr die Klimarahmenkonvention

Prinzipien der internationalen Menschenrechte

Allgemeine Prinzipien

Die zentrale Saumlule des internationalen Menschenrechtssystems ist die Men-schenrechtscharta der Vereinten Natio-nen Sie umfasst die Allgemeine Erklauml-rung der Menschenrechte (1948) den Internationale Pakt uumlber Buumlrgerliche und Politische Rechte (UN-Zivilpakt) sowie den Internationalen Pakt uumlber Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) (beide 1966) Neben dem Zivilpakt und dem Sozial-pakt gibt es auszligerdem acht weitere Menschenrechtsvertraumlge die sich auf den Schutz besonders benachteiligter Gruppen sowie auf das Verbot von Folter und unmenschlicher Behandlung beziehen Alle Abkommen sind durch die immer gleichen Querschnittsprinzi-pien gepraumlgt naumlmlich das Gebot der Nichtdiskriminierung die Gleichheit aller die gesellschaftliche Beteiligung

den Zugang zu effektiven Rechtsmitteln bei Rechtsverletzungen die Rechen-schaftspflicht der Staaten sowie das Verbot des Ruumlckschritts Bei diesen Prinzipien handelt es sich durchweg um Verfahrensrechte die allen materiellen Rechten wie dem Recht auf Nahrung Wasser Wohnen etc zur Seite gestellt sind Denn sehr haumlufig liegt der Verlet-zung materieller Rechte die Verletzung von Verfahrensrechten zugrunde

Alle Menschenrechtsvertraumlge un-terscheiden fuumlr ihre gewaumlhrten Rechte je drei Arten staatlicher Verpflichtung gegenuumlber Einzelpersonen und Grup-pen Im UN-Sozialpakt sind dies res-pektieren schuumltzen gewaumlhrleisten Die Respektierungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten die Wahrnehmung eines Rechts nicht behindern duumlrfen Die Schutzpflicht besagt dass die Vertragsstaaten Dritte davon abhalten muumlssen die Ausuumlbung dieses Rechts zu beintraumlchtigen oder zu verhindern Die Gewaumlhrleistungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten Maszlignahmen er-greifen muumlssen um die Verwirklichung eines Rechts voranzubringen

Bezogen auf das Recht auf Nah-rung heiszligt das zum Beispiel dass der Staat BaumluerInnen nicht von ihrem angestammten Land umsiedeln darf um Infrastrukturprojekte umzusetzen wenn dadurch ihr Zugang zu angemes-sener Nahrung verloren geht Er muss ferner Dritte ndash zum Beispiel Groszliggrund-besitzerInnen oder Unternehmen ndash daran hindern dies zu tun wenn sie Land fuumlr Investitionen verkaufen oder Infrastrukturprojekte durchfuumlhren Und der Staat muss durch geeignete Maszlig-nahmen auch jenen die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung ermoumlglichen die davon ausgegrenzt sind ndash zum

Menschenrechten stehen staatliche Pflichten gegenuumlber

20 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Beispiel fuumlr die sichere Ruumlckkehr von Vertriebenen sorgen oder sie auf neuem fruchtbaren Land ansiedeln Da fuumlr viele Laumlnder des Globalen Suumldens wegen der Begrenztheit der verfuumlgbaren Mittel

insbesondere die Gewaumlhrleistungs-pflicht nicht immer leicht zu erfuumlllen ist sieht der UN-Sozialpakt eine all-maumlhliche Verwirklichung der Rechte vor

Extraterritoriale Staatenpflichten

Menschenrechtsvertraumlge beschreiben zunaumlchst die Pflichten eines Vertrags-staates gegenuumlber den Menschen auf seinem Staatsgebiet oder solchen die anderweitig unter seiner Gewalt stehen (zum Beispiel bei Besatzungen) Der UN-Zivilpakt enthaumllt eine Klausel die seinen Anwendungsbereich in diesem Sinn einschraumlnkt Der UN-Sozialpakt hingegen erlaubt weitreichendere Interpretationen Hier heiszligt es in Artikel 2(1) bdquoJeder Vertragsstaat verpflichtet sich einzeln und durch internationale Hilfe und Zusammenar-beit hellip die volle Verwirklichung der in diesem Pakt anerkannten Rechte zu erreichenldquo Fortschrittliche JuristInnen sehen darin eine rechtlich bindende Pflicht wirtschaftliche soziale und kulturelle Menschenrechte auch uumlber das eigene Staatsgebiet hinaus zu respektieren zu schuumltzen und zu gewaumlhrleisten Dies hat der UN-Sozial-ausschuss 2002 in seinem Allgemeinen Kommentar Nr 15 zum Recht auf Wasser aufgegriffen der bdquohellip von den Vertragsstaaten [verlangt] von Hand-lungen abzusehen die den Genuss des Rechts auf Wasser in anderen Laumlndern unmittelbar oder mittelbar beeintraumlchti-genldquo Die International Commission of Jurists (ICJ) hat dies fortgesetzt und 2011 die sogenannten Maastrichter Prinzipien zu extraterritorialen Staaten-pflichten im Rahmen des UN-Sozialpakts veroumlffentlicht Laut den Maastrichter Prinzipien muumlssen Staaten ihre zwi-schenstaatlichen und internationalen Abkommen so gestalten dass sie nicht zu menschenrechtlichen Verwerfungen bei Vertragspartnern fuumlhren und die Staaten nicht in der Erfuumlllung ihrer

menschenrechtlichen Verpflichtungen einschraumlnken Ferner haben Staaten die Pflicht gesetzgeberische und politische Maszlignahmen zu ergreifen um Menschen in anderen Staaten vor Menschen-rechtsverletzungen durch bei ihnen ansaumlssige international agierende Konzerne zu schuumltzen Die freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Men-schenrechten gleichfalls von 2011 weisen zumindest den Spielraum aus den Staaten zur Regulierung transnati-onaler wirtschaftlicher Akteure haben 2017 veroumlffentlichte der UN-Sozialaus-schuss auszligerdem den Allgemeinen Kommentar Nr 24 zu Staatenpflichten im Zusammenhang unternehmerischen Handelns Darin betont er ebenfalls die grenzuumlberschreitenden staatlichen Pflichten zur Kontrolle multinationaler Konzerne Insgesamt hat der Verweis auf extraterritoriale Pflichten der Staaten im Rahmen des UN-Menschen-rechtssystems uumlber die letzten Jahre stark zugenommen

Protest vor der Zentrale der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) gegen ein Staudammprojekt in Panama

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 21

Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten

Obwohl die Umwelt- und die Men-schenrechtsprinzipien ein groszliges Potenzial fuumlr Synergien haben weisen die Klimarahmenkonvention und das Kyoto-Protokoll keinerlei Bezug zu den Menschenrechten auf Zur Veran-schau li chung vergleicht die folgende Tabelle die wesentlichen Prinzipien der international anerkannten Men-schenrechte und die Regeln des Kli-marechts anhand der Grundpfeiler des internationalen Umweltrechts

Wie die Tabelle zeigt sind Staaten aus menschenrechtlicher und aus kli-mapolitischer Perspektive verpflichtet den Klimawandel zu stoppen und seine Wirkungen abzumildern Neben der Emissionsminderung ist es menschen-rechtlich wichtig besonders betroffene Bevoumllkerungsgruppen bei der Anpas-sung zu unterstuumltzen die hierfuumlr kaum Mittel haben

Ferner duumlrfen klimapolitische Maszlignahmen ihrerseits nicht zu Men-schenrechtsverletzungen fuumlhren Da die internationalen Klimaregeln aber im Gegensatz zu Menschenrechtskonven-tionen und vielen anderen Umweltab-kommen vergleichsweise wenig Wert auf die Einbindung betroffener Menschen legt kommt es durch klimapolitische Maszlignahmen immer wieder zu Men-schenrechtsverletzungen Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen sowie UN-SonderberichterstatterInnen und andere Menschenrechtsorgane haben daher intensiv Lobbyarbeit betrieben um Menschenrechte im Abkommen von Paris zu verankern Durchgesetzt hat sich jedoch nur ein Absatz in der nicht-bindenden Praumlambel (Zitat siehe Einlei-tung) Klimaschutz und Menschenrech-te trennen weiterhin Welten

Umwelt-recht-

Prinzipien Internationale Menschenrechte Internationales Klimarecht

Veru

rsac

herp

rinz

ip

Ist Bestandteil der Menschenrechtsprinzipien und kommt im Recht auf Rechtsmittel und Entschaumldigung zum Ausdruck Das Verursacherprinzip setzt voraus dass ein Staat seine Respektierungs- Schutz- oder Gewaumlhrleistungspflicht nachweislich verletzt hat

Wegen des Problems eine spezifische Kausalkette nachzuweisen (welche CO2-Emission hat wen geschauml-digt) ist es kein Prinzip der Klimarahmenkonventi-on In aufgeweichter Form spiegelt es sich im Prinzip der gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortung

Pflic

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on Grundlegendes in Art2 (1) des UN-Sozialpaktes verankertes Prinzip wonach die reichen Industrie-staaten die Laumlnder des Globalen Suumldens bei der allmaumlhlichen Verwirklichung der Menschenrechte unterstuumltzen sollen

Verpflichtung der Industrielaumlnder gemaumlszlig Art 4 (3 4) der Klimarahmenkonvention die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell und technologisch bei der Minde-rung von Emissionen und Anpassung an den Klima-wandel zu unterstuumltzen

Verf

ahre

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Verfahrensrechte (Gleichbehandlung Information Beteiligung Rechtsmittel) sind Grundlage aller menschenrechtlichen Vertraumlge weil sie auch fuumlr die Sicherung substantieller Rechte (zB Recht auf Nahrung) bedeutend sind Dies gilt insbesondere auch fuumlr die Rechte besonders diskriminierter Bevoumllkerungsgruppen

Im Gegensatz zu vielen Umweltabkommen (zB Aarhus-Konvention) spielen in der Klimarahmenkon-vention dem Kyoto-Protokoll und dem Pariser Ab-kommen Verfahrensrechte von Einzelpersonen keine Rolle Die Ausgestaltung der internationalen Klima-schutzmechanismen nimmt entsprechend wenig Ruumlcksicht darauf

Vergleich menschenrechtlicher und klimarechtlicher Prinzipien

22 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Die Malediven fordern von der internationalen Staatengemeinschaft Maszlignahmen zum Klimaschutz zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung

Kaum jemand zweifelt mehr daran dass der Klimawandel maszliggeblich men-schengemacht ist und negative Auswir-kungen auf die Wahrnehmung von Menschenrechten hat Auf Grundlage der menschenrechtlichen Schutzpflicht sind die Staaten verpflichtet rasch effektive Maszlignahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen zu ergrei-fen BerichterstatterInnen des UN-Menschenrechtsrats betrachten das im Pariser Abkommen vereinbarte Ziel Emissionen derart zu reduzieren dass der globale Temperaturanstieg unter 15 Grad Celsius gehalten wird daher als menschenrechtliche Pflicht der Staaten Dennoch findet Emissionsmin-derung nicht in dem Umfang statt wie es noumltig waumlre Seit 2005 haben ver-schiedene Akteure auf unterschiedli-chen Wegen versucht diesen Blockaden mit Hilfe des Menschenrechtssystems entgegenzuwirken

Die Regierung der Malediven schlug den politischen Weg ein Die Malediven sind ein Staat bestehend aus etwa 1200 kleinen Inseln die nur wenige Meter uumlber dem Meeresspiegel liegen und unmittelbar vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen sind Die Regierung des Landes initiierte die Maledivische Erklaumlrung zur menschlichen Dimension des globalen Klimawandels die sie im November 2007 gemeinsam mit 38 weiteren kleinen Inselstaaten unterzeichnete In dieser Erklaumlrung forderten sie das Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte der Vereinten Nationen auf dem Menschenrechtsrat eine detaillierte Studie uumlber die Auswir-kungen des Klimawandels vorzulegen was im Oktober 2009 ndash kurz vor der Klimakonferenz in Kopenhagen ndash auch geschah Die Malediven haben damit einen Prozess in Gang gesetzt der maszliggeblich dazu beigetragen hat dass viele Menschenrechtsorgane begannen sich mit den Auswirkungen des Klima-wandels auf die Menschenrechte zu befassen

Einen anderen Weg schlugen die Inuit des US-amerikanischen Teils Alaskas ein 2005 reichten sie bei der Inter-Amerikanischen Menschenrechts-kommission eine Klage gegen die USA ein weil die USA nicht genug taumlten um den Klimawandel zu verhindern Die Kommission lehnte die Verhandlung des Falls ab Ein wesentlicher Grund war dass die Klaumlger nicht hinreichend darle-gen konnten dass vor allem die Un-taumltigkeit der USA zur Verletzung ihrer Menschenrechte fuumlhre Die Kommission lud die Inuit aber im Maumlrz 2007 zu einer Anhoumlrung ein um die Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Menschen-rechte zu eroumlrtern Obwohl sie rechtlich eine Niederlage erlitten hatten wurde die Anhoumlrung doch zu einem politi-schen Erfolg der der Situation der Inuit global viel Aufmerksamkeit einbrachte

Des Weiteren war die Klageschrift der Inuit der Auftakt zu einer Vielzahl von Versuchen die Staaten auf juristi-schem Wege zur Pflicht zu rufen Dies muss sich aber nicht auf Organe des Menschenrechtssystems beschraumlnken Besonders erfolgreich war eine Klage der niederlaumlndischen Umweltorganisa-tion Urgenda gegen die Niederlande Das Bezirksgericht in Den Haag urteilte 2015 auf Grundlage der in der nieder-laumlndischen Verfassung verankerten Fuumlrsorgepflicht des niederlaumlndischen Staates dass die Niederlande auf-grund der Erkenntnisse des vierten Sachstandsberichts des Weltklimarats ihre Emissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 25 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern muumlssen Mit den bis dahin ergriffenen Maszlignahmen waumlren voraussichtlich nur 17 Prozent erreicht worden

Trotz dieser Erfolge bleibt es schwierig einzelne Staaten fuumlr den Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Menschenrechte zur Verant-wortung zu ziehen Haumlufig verstaumlrkt der Klimawandel nur bereits beste-hende Menschenrechtsverletzungen Auch die Unterscheidung ob eine

Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 23

Menschenrechtsverletzung in diesem Zusammenhang Folge des Klimawandels oder uumlblicher Wetterextreme ist ist oft schwierig So kommt das Hochkommis-sariat fuumlr Menschenrechte 2009 zum Ergebnis dass der Klimawandel zwar eindeutig negative Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Menschenrech-ten hat dass es aber weniger eindeutig ist ob und in welchem Ausmaszlig die Auswirkungen in streng rechtlichem Sinn als Menschenrechtsverletzung qualifiziert werden koumlnnen

Aus Sicht von FIAN Deutschland kann der Verlust des Zugangs zu Nah-rung durch den Klimawandel aber durchaus als Menschenrechtsverletzung gewertet werden fuumlr die andere Staa-

ten als der Heimatstaat mitverantwort-lich sind Zwar ist der Haftungsansatz nach dem Verursacherprinzip aufgrund der oben geschilderten Besonderheiten des Klimaproblems fuumlr eine menschen-rechtliche Argumentation wenig frucht-bar Aufgrund des Wissens der Staaten uumlber die menschliche Verursachung und der nachweislich negativen Auswirkun-gen des Klimawandels auf die weltweite Verwirklichung der Menschenrechte sind die Staaten jedoch gemaumlszlig UN-Sozialpakt Artikel 2(1) menschenrecht-lich verpflichtet einzeln sowie durch internationale Hilfe und Zusammen-arbeit unter Ausschoumlpfung all ihrer Moumlglichkeiten wirksame Maszlignahmen zur Emissionsminderung zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung

bdquoAnpassungldquo umschreibt ein weites Feld von Aktivitaumlten das die Menschen weniger anfaumlllig gegenuumlber den Auswir-kungen des Klimawandels macht Hiermit kann die Einfuumlhrung von duumlrreresistenten Pflanzenarten und von Bewaumlsserungssystemen gemeint sein aber auch Umsiedlung aus Hochrisiko-zonen neue Bauweisen und Bauvor-schriften oder der Ausbau von Institu-tionen zum Risikomanagement Sie macht einen vergleichsweise kleinen Teil der Klimafinanzierung aus die sich 2016 auf insgesamt 380 Milliarden US Dollar belief 93 Prozent der globalen Klimafinanzierung kommen der Emissi-onsminderung zugute die uumlberwiegend privat finanziert ist Mittel aus oumlffentli-cher Hand tragen nur 34 Prozent zur globalen Klimafinanzierung bei wovon wiederum nur 16 Prozent Anpassungs-maszlignahmen zugutekommen 89 Pro-zent der oumlffentlichen Klimafinanzierung werden von internationalen und natio-nalen Entwicklungsbanken gestemmt Selbst die internationalen Banken wie die Weltbank die Asiatische und die

Afrikanische Entwicklungsbank oder die Europaumlische Investitionsbank (EIB) investieren nur durchschnittlich 23 Pro-zent ihrer Investitionen im Klimabe-reich in Anpassungsmaszlignahmen Fuumlr den unmittelbaren Schutz sowie fuumlr Anpassungsmaszlignahmen an die Folgen des Klimawandels werden also verhaumllt-nismaumlszligig wenige Gelder bereitgestellt Dies kann akut zu Menschenrechtsver-letzungen fuumlhren Je spaumlter und halb-herziger in den Klimaschutz investiert wird desto mehr Anpassung wird noumltig Die Pflicht der Staaten solche Maszlignah-men zu unterstuumltzen ergibt sich aus ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen gemaumlszlig Artikel 2(1) des UN Sozialpaktes Sie gilt unabhaumlngig davon wie viel ein Staat zur Klimaer-waumlrmung beitraumlgt Diese Pflicht ergibt sich auszligerdem aus Art 4(3 4) der Klimarahmenkonvention die aumlrmeren Laumlnder sowohl beim Klimaschutz als auch bei der Anpassung an den Klima-wandel unterstuumltzen ndash gemaumlszlig dem Prinzip gemeinsamer aber unterschied-licher Verantwortung

Die Lebensgrundlage der Indigenen im aumlthiopischen Omo-Tal ist durch den Bau des Stauddamms Gibe III bedroht Foto Suvival International

24 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Obergrenze (Cap)

Industriestaaten unterschreiben dashellip

Kyoto-Protokoll (1997)

Ziel Reduktion der Treibhausgasemission

Emissionen im Zeitraum von 2008 bis 2012 um 5 unter das Niveau von 1990 senken

fl exibler Mechanismus

Fabrik A Fabrik B

Wenn die Emissionen unter der Obergrenze

liegen koumlnnen die nicht genutzten Emissionsrechte wieder verkauft

werden

hellip an Staaten oder

Unternehmen die mehr

Emissionen ausstoszligen

wollen

Verkauft die ungenutzten CO

2-Rechtehellip

Funktionsweise des Emissionshandels

Internationale Klimafinanzierung

Gemaumlszlig der Klimarahmenkonvention sind die traditionellen Industrielaumlnder verpflichtet die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell technologisch und mit Kapazitaumltsaufbau zu unterstuumltzen Auf der Klimakonferenz von Kopenha-gen 2009 wurde diese Verpflichtung konkretisiert die Industrielaumlnder sagten zu dass die finanzielle Unter-stuumltzung bis 2020 auf jaumlhrlich 100 Milli-arden US-Dollar anwachsen soll Zu diesen werden nicht nur die aufge-brachten oumlffentlichen Mittel sondern auch private Investitionen in den Klimaschutz gezaumlhlt wenn sie eine Folge staatlicher Maszlignahmen sind

Die Unterstuumltzung durch oumlffentliche Geber laumluft durch eine Vielzahl von Ka-naumllen Zum einen nutzen viele Staaten dazu ihre Organisationen der Entwick-lungszusammenarbeit In Deutschland sind das beispielsweise die Gesellschaft fuumlr Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Kreditanstalt fuumlr Wieder-aufbau (KfW) Zweitens zaumlhlen auch die Weltbank und die regionalen Ent-wicklungsbanken Klimaschutz zu ihren Aufgaben Insbesondere die Weltbank hat mehrere spezielle Klimaschutzfonds geschaffen Drittens wurde eine Reihe von internationalen Fonds eingerichtet Mit den Geldern der 1991 geschaffenen Globalen Umweltfazilitaumlt (Global Envi-ronment Facility GEF) werden Projekte im Rahmen der Klimarahmenkonventi-on und anderer internationaler Um-weltabkommen finanziert 2001 wurden unter der Klimarahmenkonvention eine Reihe von kleinen spezialisierten Fonds eingerichtet die insbesondere Maszlig-nahmen zur Anpassung an den Klima-wandel finanzierenbull der Least Developed Countries Fund

Fonds fuumlr die am wenigsten entwi-ckelten Laumlnder

bull der Special Climate Change Fund Spezieller Klimawandel-Fonds der vor allem Anpassungsmaszlignahmen finanzieren soll und

bull der Adaptation Fund Anpassungs-fonds fuumlr Laumlnder des Globalen Suumldens

Daruumlber hinaus wurde 2010 beschlos-sen den Green Climate Fund (Gruumlner Klimafonds) einzurichten Dieser soll einen erheblichen Teil der zugesagten 100 Milliarden US-Dollar verwalten

Neben diesen Einrichtungen zur Klimafinanzierung wurden im Rahmen des Kyoto-Protokolls auch institutiona-lisierte Verfahren zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige geschaffenbull der internationale Emissionshandel

der den Handel mit Rechten zum Ausstoszlig von Treibhausgasen regelt

bull die Joint Implementation (Gemein-same Umsetzung) uumlber die Klima-schutzprojekte in Industrielaumlndern international zertifiziert werden koumlnnen

bull der Clean Development Mechanism (Mechanismus fuumlr umweltver-traumlgliche Entwicklung) uumlber den Klimaschutzprojekte in Laumlndern

Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 25

des Globalen Suumldens international zertifiziert werden koumlnnen (siehe Kapitel bdquoDer Clean Development Mechanismldquo)

Diese Verfahren dienen aber in ers-ter Linie der Erreichung der Emissi-onsziele der Industrielaumlnder (siehe Kapitel bdquoSenkung der eigenen Emissi-onenldquo) Mitgliedstaaten mit groszligen Regenwaldvorkommen forderten daher

ein Instrument zu schaffen das den Schutz von Waumlldern auf die Klimabilanz anrechnet Infolge wurde 2007 das Programm REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degrada-tion in Developing Countries) ins Leben gerufen Es soll zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige in Laumlndern des Globalen Suumldens beitragen die durch Abholzung von Waumlldern entstehen

Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen

Maszlignahmen zum Klimaschutz sind aus menschenrechtlicher Perspektive oft umstritten Bei Investitionen in erneu-erbare Energien handelt es sich haumlufig um groszlige flaumlchenintensive Infrastruk-turprojekte wie zum Beispiel den Bau von Staudaumlmmen und Wasserkraftwer-ken Windparks groszligflaumlchige Solar- und Erdwaumlrmeanlagen Das Gleiche gilt fuumlr den Anbau von Energiepflanzen wie Oumllpalmen Investitionen in CO2-Senken also die Ausdehnung von Waumlldern oder der Erhalt bestehender Waumllder stehen oft in Konkurrenz zu anderen Flaumlchen- und Waldnutzungen Auch Anpassungs-maszlignahmen wie der Bau von Schutz-waumlllen oder die Einrichtung von siedlungsfreien Zonen in Hochrisikoge-bieten (zum Beispiel in Gebieten die

haumlufig uumlberschwemmt oder durch Erosion und Erdrutsche gepraumlgt sind) betreffen Land das von Menschen genutzt und ihnen durch solche Maszlig-nahmen entzogen wird Die Flaumlchen-konkurrenz zwischen Investitionen zum Klimaschutz und bisheriger Landnut-zung fuumlhrt unter anderem dazu dass KleinbaumluerInnen und Hirtenvoumllkern der Zugang zu Land und Wasser entzogen wird das sie bisher fuumlr den Nahrungs-mittelanbau und die Viehwirtschaft nutzten Haumlufig handelt es sich dabei um indigene Gruppen die keine Landti-tel besitzen Mit der Vertreibung von ihren wirtschaftlich genutzten Flaumlchen geht auch haumlufig die Vertreibung aus den Ansiedlungen einher Verletzungen sozialer Menschenrechte wie die Rechte auf Nahrung Wasser und Woh-nen sind die Folge Aber auch Verfah-rensrechte und das Recht auf Leben werden regelmaumlszligig missachtet

Dafuumlr gibt es viele Beispiele Pana-ma ist eines jener Laumlnder das am meis-ten in Wasserkraftwerke als erneuerbare Energiequelle investiert In mindes-tens drei bekannten Faumlllen ndash Bonyic Chan75 und Barro Blanco ndash kam es dabei zu schweren Menschenrechts-verletzungen Doumlrfer wurden geflutet obwohl die BewohnerInnen noch nicht umgesiedelt waren die Rechte von In-digenen auf ihr Gebiet und Beteiligung an Projekten wurden verletzt Betrof-fene und AktivistInnen die sich gegen diese Maszlignahmen wehrten wurden eingeschuumlchtert und sogar ermordet Auch Kenia gehoumlrt zu den Vorreitern in

Die klimaschuumltzende Wirkung von Staudaumlm-men zur Stromgewinnung wird bestritten Auszligerdem fuumlhren sie oft zu Verletzungen von Menschenrechten der oumlrtlichen Bevoumllkerung Foto Jane Hofbauer

26 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Sachen Klimaschutz ndash haumlufig zu Lasten ausgegrenzter Bevoumllkerungsgruppen In Olkaria willigten Massai in eine Umsiedlungsmaszlignahme zugunsten einer Erdwaumlrmeanlage (Geothermie) ein weil man ihnen eigene Landrech-te versprach die sie jedoch bis heute nicht erhalten haben Mehrere tausend indigene Jaumlger- und Sammlervoumllker wurden aus dem Embobut-Wald in Westkenia (Sengwer und Cherangany) und dem Mau-Wald (Ogiek) vertrieben weil die Regierung deren Nutzung unter REDD+ anstrebt Der Fall der Ogiek wurde 2014 sogar vor dem Afrikani-schen Gerichtshof fuumlr Menschen- und Voumllkerrechte zugunsten der Ogiek ver-handelt Aumlhnliches passierte in anderen Laumlndern Afrikas So wurde in Tansania die Gemeinschaft der Warufiji aus dem Refuiji-Delta vertrieben Sie hatten die Kooperation bei der Aufforstung der Mangrovenwaumllder verweigert weil man ihnen den Anbau von Reis verbot

Die Auswirkungen von Klimaschutz-maszlignahmen koumlnnen aber auch kom-plexerer Natur sein Wie die Weltbank 2008 in einer vielbeachteten Studie zur globalen Nahrungsmittelkrise darlegte trug die Flaumlchenkonkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Energiepflanzen-anbau maszliggeblich zum globalen An-stieg der Nahrungsmittelpreise bei der fuumlr viele Menschen zu Hunger fuumlhrte Anhand dieser katastrophalen Folgen der staatlichen Foumlrderung von Agrar-treibstoffen durch westliche Indust-rienationen wird deutlich wie diese klimapolitisch motivierten Programme in vielen aumlrmeren Laumlndern direkt zur Verletzung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser beitragen

Auch Anpassungsmaszlignahmen schneiden unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten nicht zwingend besser ab Obwohl sie im Prinzip zum Schutz der Menschen gedacht sind fehlt es in manchen Faumlllen an Professionalitaumlt in anderen Faumlllen fehlt der Fokus auf die besonders gefaumlhrdeten Bevoumllkerungs-gruppen In Mosambik wurden die Doumlr-fer im Sambesi-Flussdelta 20072008

nach schweren Uumlberschwemmungen in houmlher gelegene Gebiete umgesiedelt Viele der neuen Siedlungen blieben ohne angemessenen Zugang zu Wasser fruchtbarem Land und Gesundheitsver-sorgung So wurden sie von Nahrungs-mittelhilfen abhaumlngig Viele Familien verloren durch Abwanderung ihren Zusammenhalt Diskriminierungen bei Anpassungsmaszlignahmen kommen auch in entwickelten Laumlndern vor Nach dem Wiederaufbau von New Orleans nach dem Hurrikan Kathrina im Jahr 2005 durfte die arme afro-amerikanische Be-voumllkerung nicht mehr ihre am Flussufer gelegenen Siedlungen beziehen ndash we-gen Uumlberflutungsgefahr Angemesse-nen und finanzierbaren Ersatz bekamen sie jedoch nicht angeboten

Die Ursachen fuumlr negative Aus-wirkungen und Menschenrechtsver-letzungen durch Klimapolitik gehen teilweise auf die Bedingungen in den Projektlaumlndern zuruumlck Die jeweiligen Nationalstaaten sind menschenrecht-lich entsprechend zu beurteilen und zur Pflicht zu rufen Die Ursachen liegen aber auch in den Klimarahmenabkom-men selbst und ihren Mechanismen begruumlndet Bis auf das Abkommen von Paris enthalten diese keinen Verweis auf Menschenrechte Sie betonen aber die Rechte der Nationalstaaten ihre na-tuumlrlichen Ressourcen auszubeuten Das Abkommen von Paris ist insofern ein Erfolg als in der Praumlambel zum ersten Mal ein Bezug zu den Menschenrechten hergestellt wird Auch im Konzept der extraterritorialen Staatenpflichten zur Verwirklichung wirtschaftlicher sozia-ler und kultureller Menschenrechte ist anerkannt dass die Staaten die Pflicht haben ihre Instrumente zum Klima-schutz und zur Unterstuumltzung von An-passungsmaszlignahmen menschenrechts-konform zu gestalten Dennoch gilt es dicke Bretter zu bohren Eine Praumlambel ist nicht rechtsverbindlich sondern als Orientierungs- und Interpretationshilfe fuumlr die Vertragsparteien oder Gerichte zu verstehen

Fuumlr diese Geothermie-Anlage in Kenia wurden Massai von ihrem traditionellen Land vertrieben Foto Jeanette Schade

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 27

Der Clean Development Mechanism

Mit fast 8000 registrierten Projekten ist der Clean Development Mechanism (CDM) des Kyoto-Protokolls das bedeu-tendste internationale Verfahren zum Klimaschutz Er soll einerseits die Gastgeberstaaten der Projekte bei ihrer nachhaltigen Entwicklung unterstuumltzen und andererseits den Industrielaumlndern bei der Erreichung ihrer Emissionsziele helfen

Das Kyoto-Protokoll definiert fuumlr die teilnehmenden Industrielaumlnder verbindliche Emissionsziele Die Uumlber-wachung der Zielerreichung erfolgt auf Grundlage von Emissionszertifikaten jeder verpflichtete Staat muss fuumlr jede Tonne Treibhausgasemission ein Emis-sionszertifikat vorlegen Die Staaten erhalten eine Anfangsausstattung von Zertifikaten auf Grundlage ihrer Ziele zur Verringerung ihrer Emissionen Diese Zertifikate sind handelbar Schafft ein Staat es seine Emissionen staumlrker zu reduzieren als er zum Ziel hat kann er den sich daraus ergebenden Uumlber-schuss an Zertifikaten an andere Laumlnder verkaufen Auszligerdem koumlnnen die In-dustrielaumlnder uumlber den CDM zertifizierte Emissionsreduktionen aus Klimaschutz-projekten in den Laumlndern des Globalen Suumldens ankaufen

Die naturwissenschaftliche Grund-lage dieses so genannten Emissions-handels ist dass die Treibhausgase sich gleichmaumlszligig in der Atmosphaumlre verteilen Fuumlr den Klimawandel macht es keinen Unterschied an welchem Ort Treibhausgase ausgestoszligen oder reduziert werden Durch den Emissions-handel soll es daher ermoumlglicht werden Emissionen an der Stelle zu vermindern an der dies am kostenguumlnstigsten ist Im Kyoto-Protokoll gibt es zum einen den Emissionshandel zwischen Staaten zum anderen werden im CDM Zertifikate fuumlr Emissionsreduktionen in konkreten Projekten ausgestellt wie zum Beispiel fuumlr Windkraftanlagen Prinzipiell kann jeder beliebige Akteur CDM-Projekte durchfuumlhren Zertifikate erhalten und diese dann verkaufen seien es staatli-che Stellen private Unternehmen oder auch zivilgesellschaftliche Organisa-tionen Durch den CDM soll so fuumlr alle Interessierte ein Anreiz gesetzt werden in Emissionsreduktionen zu investieren Die groszlige Mehrheit der CDM-Projekte wird von privaten Unternehmen durchgefuumlhrt

Der CDM unterliegt der Fuumlhrung und Aufsicht der Konferenz der Vertrags-staaten des Kyoto-Protokolls Fuumlr die Pruumlfung und Genehmigung der konkre-ten Projekte sowie fuumlr die Ausarbeitung von Detailregelungen zu den Geneh-migungsverfahren haben die Vertrags-staaten einen Exekutivrat eingerichtet der aus zehn Mitgliedern und zehn stellvertretenden Mitgliedern besteht Die Mitglieder werden von der Vertrags-staatenkonferenz nach einem regiona-len Schluumlssel gewaumlhlt Der Exekutivrat soll nach Moumlglichkeit alle Entscheidun-gen einstimmig treffen Wenn dies nicht moumlglich ist sind auch Abstimmungen mit Dreiviertelmehrheit erlaubt

Um sich fuumlr die Ausstellung von CDM-Zertifikaten zu qualifizieren muumlssen CDM-Projekte ein festgeleg-tes Verfahren durchlaufen Zunaumlchst muumlssen die Traumlger des Projekts eine Projektdokumentation erstellen die darlegt welche Maszlignahmen durchge-fuumlhrt werden sollen und wie dadurch Emissionen vermindert werden Diese

Einige Doumlrfer im kenianischen Tana-Delta muumlssen per Tankwagen mit Trinkwasser versorgt werden

28 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Braucht Zertifi kate um eigene Klimaschaumlden ausgleichen zu

koumlnnen

INDUSTRIELAND

Klimaschutzprojekt wird unterstuumltzt

ENTWICKLUNGSLANDTechnologie

Finanzierung

Die Unterstuumltzung bringt dem Industrieland zusaumltzliche

Zertifi kate ein

Clean Development Mechanism (CDM)-Projekte werden kontrolliert durch den

CDM-EXEKUTIVRAT bestehend aus 10 Mitgliedern

Durch die Unterstuumltzung

sollen CO2-Emissionen vermieden

werden

Jeweils ein Mitglied der fuumlnf regionalen

Gruppen der Vereinten Nationen

Zwei Mitglieder des Kyoto-Protokolls

gelistet als Industrieland (Annex 1)

Zwei Mitglieder die nicht in Annex 1 des

Kyoto-Protokolls gelistet sind

EinE RepraumlsentantIn der kleinen

Inselstaaten

Projektdokumentation muss durch ein sachverstaumlndiges Zertifizierungsun-ternehmen beispielsweise den TUumlV uumlberpruumlft werden Auszligerdem muss das Projekt durch das Durchfuumlhrungsland und mindestens ein Industrieland genehmigt werden Wenn all diese Be-dingungen erfuumlllt sind wird das Projekt dem CDM-Exekutivrat vorgelegt Wenn der Exekutivrat keine Einwaumlnde hat wird es als CDM-Projekt registriert

Waumlhrend der Durchfuumlhrung des Projekts muumlssen seine Traumlger fortlau-fend uumlberwachen und dokumentieren welche Treibhausgasmengen es er-zeugt Die Emissionsminderung ergibt sich aus dem Unterschied zwischen den Emissionen des Projekts und den Emis-sionen die angefallen waumlren wenn das Projekt nicht umgesetzt worden waumlre wenn zum Beispiel statt Strom eines Windparks Strom aus Kohlekraftwerken verwendet worden waumlre Die Dokumen-tation wird wiederum von einer sach-verstaumlndigen Stelle und vom CDM-Exe-kutivrat uumlberpruumlft Abschlieszligend stellt der Exekutivrat den Projektbeteiligten Emissionszertifikate entsprechend der erzielten Emissionsminderung aus

Die Projektbeteiligten koumlnnen die Zertifikate dann an mehrere moumlgliche Abnehmer verkaufen Der erste moumlgli-che Abnehmer sind Industriestaaten die ihre Kyoto-Emissionsziele nicht durch inlaumlndische Emissionsredukti-onen erreichen und daher zusaumltzliche Zertifikate benoumltigen Daruumlber hinaus gibt es in der EU und in mehreren ande-ren Staaten Emissionshandelssysteme auf Unternehmensebene Aumlhnlich wie die Industriestaaten durch das Kyoto-Protokoll verpflichtet sind Emissi-onszertifikate vorzulegen muumlssen in der EU und in anderen Laumlndern auch bestimmte Unternehmen wie die Ener-gieversorger und groszlige Industriebe-triebe fuumlr ihre Treibhausgasemissionen Zertifikate vorlegen Diese Unterneh-men koumlnnen teilweise CDM-Zertifikate verwenden um ihre Verpflichtung zu erfuumlllen Der dritte moumlgliche Abnehmer ist der wachsende Markt der sogenann-ten bdquofreiwilligen Kompensationldquo von Treibhausgasemissionen Dies sind

Unternehmen und Privatpersonen die ihre Emissionen ausgleichen wollen indem sie CDM-Zertifikate kaufen und loumlschen Ein Beispiel dafuumlr sind Aus-gleichszahlungen fuumlr den CO2-Ausstoszlig durch Fluumlge

Der CDM verfuumlgt uumlber keinerlei men-schenrechtliche Kriterien Es gibt ledig-lich die Bestimmung dass die Projekte zur nachhaltigen Entwicklung beitragen sollen und die Vorschrift dass die lokale Bevoumllkerung konsultiert werden muss Allerdings gibt es keine interna-tionalen Kriterien wie der Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung uumlberpruumlft werden soll Stattdessen wird die Pruuml-fung vollstaumlndig den Gastgeberlaumlndern der Projekte uumlberlassen Ebenso gibt es nur vage internationale Kriterien fuumlr die Konsultation der lokalen Bevoumllke-rung Viele Laumlnder haben nur schwache

Funktionsweise des Clean Development Mechanism

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 29

Regeln und uumlberwachen deren Einhal-tung nur schlecht Als Ergebnis kommt es immer wieder zu Vorwuumlrfen dass durch CDM-Projekte Menschenrechte verletzt werden Die internationale Gemeinschaft ist damit nicht ihrer Verantwortung nachgekommen neue voumllkerrechtliche Vertraumlge entsprechend ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen auszugestalten

Das Kyoto-Protokoll wird nach 2020 nicht weitergefuumlhrt entsprechend wird auch der CDM auslaufen Allerdings

wurden im Pariser Abkommen neue Kooperationsmechanismen geschaf-fen Die Regeln zur Umsetzung dieser Mechanismen sollen ausdruumlcklich die Erfahrungen aus den Mechanismen des Kyoto-Protokolls beruumlcksichtigen Aus den menschenrechtlichen Problemen die sich im CDM ergeben haben soll-ten die Staaten die Schlussfolgerung ziehen dass die neuen Mechanismen verbindliche menschenrechtliche Krite-rien benoumltigen

Der Fall Bajo Aguaacuten ndash CDM-Zertifizierung trotz Menschen-rechtsverletzungen

Das Projekt bdquoAguan Biogas Recovery from Palm Oil Mill Effluent [POME] Ponds and Biogas Utilisation ndash Ex-portadora del Atlaacutentico AguanHondurasldquo soll die Behandlung von Abwasser aus einer Palmoumllmuumlhle verbessern und dadurch die Emissio-nen von Methan vermindern Das Palmoumll kommt aus Plantagen die im Zentrum eines gewalttaumltigen Landkon-flikts stehen Laut den oumlrtlichen KleinbaumluerInnen hat sich der Eigentuuml-mer das Plantagenland widerrechtlich angeeignet Sie fordern daher die Ruumlckgabe des Landes Die Sicherheits-kraumlfte der Plantagen und die oumlffentli-chen Sicherheitskraumlfte gehen immer

wieder gewaltsam gegen die Kleinbaumlu-erInnen vor bisher wurden uumlber 50 Personen getoumltet

Diese Umstaumlnde spielten jedoch im Registrierungsverfahren des CDM keine Rolle FIAN und andere Nicht-regierungsorganisationen wiesen den CDM-Exekutivrat darauf hin dass das Projekt in Menschenrechtsver-letzungen verwickelt sei Es wurde dennoch als CDM-Projekt registriert Der CDM-Exekutivrat erklaumlrte dass er kein Mandat habe solche Umstaumlnde zu beruumlcksichtigen Seine Zustaumlndig-keit beschraumlnke sich auf die Klima-schutzauswirkungen von Projekten Neben Honduras war das Projekt auch von Groszligbritannien registriert wor-den Nachdem sie uumlber die Vorwuumlrfe informiert worden war aumluszligerte die britische Regierung zwar dass diese bdquoverstoumlrendldquo seien erklaumlrte aber fuumlr Fragen der Nachhaltigkeit sei das Gastgeberland Honduras zustaumlndig

Das Projekt ist im CDM registriert und kann fuumlr Emissionsreduktionen die bis zum 31 Januar 2018 erzielt wurden Zertifikate erhalten Dieser Zeitraum kann verlaumlngert werden Das Ausmaszlig der Gewalt ist zwar nach einer Intervention der deutschen Regierung zuruumlckgegangen der zugrunde lie-gende Landkonflikt ist aber weiterhin ungeloumlst

Eine honduranische Baumluerin weist bei einer Demonstration auf die schweren Menschen-rechtsverletzungen in Bajo Aguaacuten hin

30 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank

Viele Klimaschutzmaszlignahmen werden ausschlieszliglich von privaten Unterneh-men und Banken durchgefuumlhrt die nicht an verbindliche Sozialstandards gebunden sind Insbesondere in Laumln-dern des Globalen Suumldens mit schwa-chen nationalen Standards und Institu-tionen zu ihrer Durchsetzung gefaumlhrdet dies den Schutz der Menschenrechte

Oumlffentliche Entwicklungsbanken verfuumlgen dagegen uumlber eigene Sozial-standards und Beschwerdeverfahren welche die Gefahr von Menschenrechts-verletzungen bei der Durchfuumlhrung von Projekten verringern koumlnnen Doch auch hier gibt es deutlichen Nachbes-serungsbedarf wie das Beispiel der Europaumlischen Investitionsbank (EIB) zeigt

Die EIB ist eine Bank der Europaumli-schen Union (EU) deren Anteilseigner neben der EU die EU-Mitgliedstaaten sind Sie verfuumlgt uumlber das groumlszligte Bud-get aller Entwicklungsbanken weltweit und ist ein Schluumlsselakteur der Klima-finanzierung Seit 2013 hat sie sich zum Ziel gesetzt jaumlhrlich mindestens 25 Prozent ihres Kreditvolumens fuumlr Kli-maprojekte zu vergeben Im Jahr 2011 leitete die EIB eine Untersuchung ein um ihre Sozialstandards den Anspruuml-chen der EU-Grundrechtecharta sowie den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte anzupassen Das dabei entstandene Handbuch fuumlr Umwelt- und Sozialstandards (2013) verspricht hohe Sozialstandards und beschreibt diese ndash als einzige Bank weltweit ndash sogar mit menschenrechtli-chem Vokabular 2015 uumlberarbeitete die EIB auszligerdem ihre Transparenzpolitik so dass sie im Unterschied zu vielen anderen europaumlischen Entwicklungs-banken bereits vor Bewilligung die Ergebnisse von Umwelt- und Sozial-vertraumlglichkeitsanalysen bekannt gibt Die EIB hat ferner ein eigenes Be-schwerdeverfahren das alle durch ihre Projekte Betroffenen nutzen koumlnnen Die Zustaumlndigen fuumlr die Bearbeitung

der Beschwerden koumlnnen Mediations-prozesse anstoszligen Das Verfahren und das zustaumlndige Gremium koumlnnen sogar selbst Gegenstand einer Beschwerde vor dem EU-Ombudsmann werden wenn die Betroffenen mit seiner Arbeit unzufrieden sind

Gute Standards und ein gutes Beschwerdeverfahren gelten in der Regel als Grundbedingung fuumlr die Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht Dennoch gibt es im System der EIB erhebliche Maumlngel Eine menschenrechtliche Untersuchung der Anwendung der Sozialstandards beim oben erwaumlhnten Erdwaumlrmeprojekt in Kenia fuumlhrte dabei zu folgenden Ergeb-nissen Es werde zu wenige Sozial- und MenschenrechtsexpertInnen je Projekt beschaumlftigt Ersatzweise werden Kre-ditnehmer auf das EIB-Handbuch zu Umwelt- und Sozialstandards verwiesen Die EIB uumlberlaumlsst die Umsetzung ihrer hehren Sozialstandards damit weitge-hend den Kreditnehmern ohne diese mit angemessen Personalressourcen zu unterstuumltzen und zu kontrollieren Betroffene werden von der EIB auch nicht systematisch uumlber die Existenz ihres Beschwerdeverfahrens informiert sondern stoszligen ndash wenn uumlberhaupt ndash erst durch eigene Recherche auf ihn Die EIB-MitarbeiterInnen haben keine Verpflichtung den Beschwerdeaus-schuss aktiv in problematische Projekte einzubinden Er wird erst aktiv wenn Betroffene an ihn herantreten Bei Pro-jekten die von mehreren Geldgebern finanziert werden hat er kein Mandat deren Rolle bei der Verletzung von So-zialstandards zu untersuchen Seine Be-urteilungen und Empfehlungen sind fuumlr die Bank auch nicht rechtlich bindend Das Beispiel der EIB zeigt damit nicht nur deren spezifische Maumlngel in der Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht sondern demonstriert auch die generell begrenzte Reichweite institutioneller Beschwerdemecha-nismen Sie stellen keinen Ersatz fuumlr verbindliche Menschenrechtsstandards dar zu deren Umsetzung Staaten ver-pflichtet sind

Gemaumlszlig dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP) sind 80 Prozent aller Menschen die aufgrund des Klimawan-dels umsiedeln muumlssen FrauenFoto Survival International

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 31

Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Der Status der EU im Menschenrechts-system ist kompliziert Die EU selbst ist kein Staat sondern eine Mitgliederor-ganisation von Staaten Wie andere internationale Organisationen auch ist sie daher keine Vertragspartei der zwischenstaatlichen Menschenrechts-vertraumlge (mit Ausnahme der UN-Behin-dertenrechtskonvention) Sie ist auch keine Vertragspartei der Europaumlischen Menschenrechtskonvention obwohl ihr Beitritt in Artikel 6(2) des EU-Vertrags

festgelegt ist und seit langem gepruumlft wird Daher haben die Menschenrechts-organe der UN und des Europarates auch kein Mandat uumlber die EU und duumlrfen nicht uumlber sie urteilen

Dennoch ist auch die EU verpfl ich-tet Menschenrechte in ihrer Innen- und Auszligenpolitik zu beachten Diese Verpfl ichtungen beruhen vor allem auf a) der EU-Grundrechtecharta (2009) b) dem EU-Vertrag sowie c) auf der Aarhus-Konventiona) Die Grundrechtecharta gilt fuumlr alle

EU-Organe sowie fuumlr die Mitglied-staaten bei der Anwendung von EU-Recht (GRC Art 51(1)) Sowohl das EU-Parlament als auch ein Experten-urteil bestaumltigten ihre extraterritori-ale Reichweite

b) In den EU-Vertraumlgen bekennt sich die EU zum Schutz der Menschen-rechte in ihrer Beziehung zur uumlbri-gen Welt und zur Grundrechtecharta der Vereinten Nationen (EUV Art 3(5)) Sie erklaumlrt diese zu leitenden Grundsaumltzen ihres auswaumlr-tigen Handelns (EUV Art 21) Dies gilt ausdruumlcklich auch fuumlr die Ko-operation mit Entwicklungslaumlndern (EUVA Art 208)

c) Die EU ist eine Vertragspartei der Aarhus-Konvention die nach Expert Innenmeinung ebenfalls auch extraterritorial ausgelegt werden kann

0 100 200 300 400 500

203020141990

Gebaumlude

Landwirtschaft

Industrie

Energiewirtschaft

Verkehr

lt61

72

88

lt98

160

163

lt72

119

209

lt143

181

283

lt183

358

466

Datenquelle Bundesministerium fuumlr UmweltNaturschutz Bau und Reaktorsicherheit (2017)Klimaschutz in Zahlen 2017

Ziele zur Verringerung von Treibhausgas-emissionen Deutschlands nach Sektoren gemaumlszlig dem Klimaschutzplan 2050(in Millionen Tonnen CO2-Aumlquivalenten)

32 FIAN | Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh (2012) Second National Com-munication of Bangladesh to the United Nations Framework Convention on Climate Change Dhaka Ministry of Environment and Forests Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh

Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 37

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

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Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitikldquo

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UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

International Commission of Jurists (2011) Maastricht Principles on Extraterritorial Obligations of States in the Area of Economic Social and Cultural Rights Verfuumlgbar mit deutscher Uumlbersetzung unter httpwwwfiandefileadminuser_uploaddo-kumenteshopRaN2012_ETO_Maastricht_Principles_en_de_finalpdf

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Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

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38 FIAN | Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

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Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 13: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge

Trockene Gebiete sowie Regionen mit geringen Suumlszligwasserspeichern in denen die Gewinnung von Trinkwasser unmit-telbar aus dem Regenwasser erfolgt werden mit groszliger Wahrscheinlichkeit besonders heftig von den abnehmen-den Niederschlaumlgen betroffen werden In tropischen Gebieten wiederum kann

die vorhergesagte Erhoumlhung der jahres-zeitlichen Niederschlagsmenge zu Uumlberschwemmungen fuumlhren Durch das Ausspuumllen der Boumlden der uumlberfluteten Landflaumlchen koumlnnen Schadstoffe in das Wasser gelangen die die Suumlwasserres-sourcen verschmutzen

Die Klimaaumlnderungen werden in der tropischen und subtropischen Klimazo-ne ndash in der sich die Mehrzahl der Laumlnder des Globalen Suumldens befindet ndash weit negativer ausfallen als in der gemaumlszligig-ten Klimazone in der uumlberwiegend Industriestaaten beheimatet sind Daruumlber hinaus verfuumlgen die Menschen in den Laumlndern des Globalen Suumldens aufgrund mangelnder finanzieller und technologischer Mittel uumlber eine nur geringe Anpassungsfaumlhigkeit an die

bevorstehenden Klimaaumlnderungen Es werden also gerade die Menschen am staumlrksten unter den Auswirkungen der Erderwaumlrmung leiden die am allerwe-nigsten zu deren Verursachung beige-tragen haben

Dem Weltklimarat zufolge sind die Arktis Afrika kleine Inseln sowie die groszligen asiatischen Flussdeltas die am staumlrksten vom Klimawandel betroffenen Regionen

Kleine Inselstaaten

Kleine Inselstaaten wie beispielsweise Vanuatu und Tuvalu sind bereits heute schon stark von den klimatischen Veraumlnderungen betroffen Der anstei-gende Meeresspiegel erhoumlht die Gefahr von Uumlberschwemmungen und Sturmflu-ten und stellt eine Bedrohung fuumlr die Wasserversorgung die Landwirtschaft und die gesamte Infrastruktur dar Die Wasserversorgung der Inseln wird zusaumltzlich dadurch erschwert dass durch die Klimaaumlnderungen Meereswas-ser in das Grundwasser dringt Denn gerade auf den kleinen Inseln und Atollen liegt der Grundwasserspiegel haumlufig nur etwa ein bis zwei Meter unter der Erdoberflaumlche

Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels

Die kleinen Inselstaaten sind aufgrund des Klimawandels vom Untergang bedroht

Die Regenfaumllle in Haiti werden heftiger undfuumlhren haumlufiger zu Uumlberschwemmungen

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 13

Daruumlber hinaus gefaumlhrden die vor-ausgesagten Veraumlnderungen der Nie-derschlagsmenge die Wasserversorgung der Inseln Denn auf den meisten Atol-len erfolgt die Trinkwassergewinnung durch das Auffangen von Regenwasser Des Weiteren beeintraumlchtigen die mit dem Meeresspiegelanstieg einherge-hende Versalzung der Boumlden und die

Unregelmaumlszligigkeiten der Niederschlaumlge die landwirtschaftliche Selbstversor-gung vieler Inseln Nicht nur die Ertraumlge der Agrarwirtschaft sondern auch die der Fischwirtschaft drohen aufgrund des temperaturbedingten Absterbens der Korallenriffe drastisch zuruumlckzuge-hen die vielen Fischen als Nahrungsre-servoir dienen

Afrika

Fuumlr das suumldliche Afrika wird vorherge-sagt dass der jaumlhrliche Niederschlag bei einer globalen Erwaumlrmung von 4 Grad Celsius um bis zu 30 Prozent abnehmen koumlnnte In Teilen des suumldli-chen und westlichen Afrikas koumlnnte sich die jaumlhrliche Wiederauffuumlllung des Grundwassers um 50 bis 70 Prozent vermindern Entsprechend erhoumlht sich das Risiko von Duumlrren Fuumlr das Horn von Afrika und das noumlrdliche Ostafrika sagen verschiedene Klimamodelle sehr unterschiedliche Folgen voraus Einige Modelle prognostizieren eine Verringe-rung der Niederschlaumlge andere eine Erhoumlhung Allerdings waumlre diese Erhouml-hung vermutlich nicht gleichmaumlszligig

uumlber das Jahr verteilt sondern wuumlrde sich in intensiven Regenperioden niederschlagen wodurch das Risiko von Uumlberflutungen steigen wuumlrde

Deutliche Auswirkungen auf die Landwirtschaft sind selbst bei niedri-gem Temperaturanstieg zu erwarten Bereits eine Erwaumlrmung von 15 Grad Celsius bis zum Jahr 2030 koumlnnte dazu fuumlhren dass 40 Prozent der Maisan-baugebiete nicht mehr fuumlr die derzeit angebauten Sorten geeignet waumlren Bei einer Erwaumlrmung von bis zu 2 Grad Celsius bis 2050 koumlnnten die Ertraumlge der gesamten Landwirtschaft um 10 Prozent abnehmen bei einer houmlheren Erwaumlr-mung um 15 bis 20 Prozent

Suumldostasien

Die dicht besiedelten Flussdeltas Suumldostasiens sind durch den ansteigen-den Meeresspiegel besonders gefaumlhr-det Denn dieser fuumlhrt zum Eindringen von Salzwasser und verstaumlrkt die Inten-sitaumlt von Wirbelstuumlrmen Zudem wird ein starker Anstieg von Hitzeextremen vorhergesagt Bereits bei einer globa-len Erwaumlrmung von 2 Grad Celsius werden 60 bis 70 Prozent der Region von Hitzeextremen und 30 bis 40 Pro-zent der Region von neuen Hitzerekor-den betroffen sein

Die Landwirtschaft wird durch diese Veraumlnderungen schwer getroffen werden So koumlnnte der Reisanbau im Mekongdelta der die Haumllfte des vietna-mesischen Reisertrags liefert bereits bis 2040 um rund 12 Prozent zuruumlck-gehen Auch die Fischwirtschaft wuumlrde durch die Erwaumlrmung und Versauerung des Wassers sowie das Absterben der Korallenriffe stark geschaumldigt Dadurch koumlnnte sich beispielsweise das Fangpo-tential in den suumldlichen Philippinen bis zum Jahr 2050 halbieren

Suumldasien

Auch in Suumldasien werden ungewoumlhnlich heiszlige Sommermonate in den naumlchsten Jahrzehnten vielfach haumlufiger auftre-ten Die regionalen und jahreszeitli-chen Schwankungen der Niederschlaumlge werden sich voraussichtlich deutlich

verstaumlrken Es wird erwartet dass bei einer globalen Erwaumlrmung von 4 Grad Celsius die Regenmengen in der trocke-nen Jahreszeit um 30 Prozent abneh-men und in der feuchten Jahreszeit um 30 Prozent zunehmen Diese Verschie-

Bewaumlsserungsmethoden der industriellen Landwirtschaft Afrikas verstaumlrken den Verlust des Zugangs zu Wasser der oumlrtlichen Bevoumllkerung

14 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

bung wird das Risiko von Duumlrren deut-lich erhoumlhen insbesondere fuumlr das nordwestliche Indien Pakistan und Afghanistan Fuumlr das suumldliche Indien wird eine houmlhere Feuchtigkeit vorhergesagt

Groszlige Fluumlsse wie der Ganges Indus und Brahmaputra haumlngen wesentlich von der sommerlichen Schnee- und Gletscherschmelze ab Bereits un-terhalb einer Erwaumlrmung von 2 Grad Celsius wird eine deutliche Erhoumlhung der Anzahl schneearmer Winter erwar-tet Dies wird zu deutlich niedrigeren Wasserstaumlnden in der trockenen Jahres-

zeit fuumlhren Wesentlich fuumlr die Land-wirtschaft sind auch das zeitige und regelmaumlszligige Eintreffen des Monsuns Dessen jaumlhrliche Schwankungen werden sich durch den Klimawandel deutlich verstaumlrken

Es wird erwartet dass die landwirt-schaftliche Produktion ohne den Klima-wandel bis zum Jahr 2050 um 60 Pro-zent steigen wuumlrde mit Klimawandel nur um 12 Prozent Durch den gleich-zeitigen Anstieg der Bevoumllkerung wird in der Folge die Produktion pro Kopf der Bevoumllkerung um ein Drittel abnehmen

Auswirkungen des Klimawandels auf Bangladesch

Bangladesch ist eines der Laumlnder die weltweit am staumlrksten durch den Klimawandel gefaumlhrdet sind Auf einer Flaumlche die etwa 40 Prozent der Groumlszlige Deutschlands entspricht leben 150 Millionen Menschen Das Land hat eine lange Kuumlste und die groszligen Fluumlsse Ganges Brahmaputra und Meghna muumlnden dort ins Meer und treten regelmaumlszligig uumlber die Ufer Schon ohne Klimawandel wird Bangla-desch immer wieder von Uumlberschwem-mungen Duumlrren und Wirbelstuumlrmen getroffen Im Durchschnitt werden jedes Jahr 20 bis 25 Prozent des Landes uumlberflutet Der Klimawandel fuumlhrt zu einem Anstieg des Meeres-spiegels und zur Zunahme von Mon-sunregen und Wirbelstuumlrmen Durch diese Faktoren koumlnnten in der Mitte des Jahrhunderts bei starken Fluten bis zu 80 Prozent des Landes uumlber-schwemmt werden Die Anzahl der Menschen die in Gegenden mit hohem Wirbelsturmrisiko leben koumlnnte von derzeit 87 Millionen auf uumlber 38 Milli-onen steigen

Daruumlber hinaus druumlckt der steigen-de Meeresspiegel vermehrt salziges Meerwasser in Bangladeschs Flussdel-tas Wo das Meerwasser nicht abflieszligt versalzen Boumlden und Suumlszligwasserquel-len Der Meeresspiegel koumlnnte bis 2050 um bis zu einem halben Meter

steigen Dadurch wuumlrde das Land 10 Prozent seiner Flaumlche verlieren was etwa der Groumlszlige Schleswig-Holsteins entspricht Davon waumlren 55 Millionen Menschen direkt betroffen und muumlss-ten umsiedeln

Die Kosten fuumlr die entstehenden Schaumlden und fuumlr die notwendigen Maszlignahmen zur Anpassung an den Klimawandel stellen Bangladesch vor eine enorme Herausforderung Als eines der aumlrmsten Laumlnder der Welt ist es bei der Bewaumlltigung dieser Aufgaben auf internationale finan-zielle und technische Unterstuumltzung angewiesen

Bangladeschs Fluumlsse drohen zu versalzen

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 15

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Die ersten Erkenntnisse zu den negati-ven Folgen des Klimawandels ruumlckten im Laufe der 1980er Jahre zunehmend ins Bewusstsein der Oumlffentlichkeit 1990 reagierte die Generalversammlung der Vereinten Nationen (United Na-tions UN) und beschloss ein interna-tionales Klimaschutzabkommen auszu-handeln Als Ergebnis wurde 1992 die Klimarahmenkonvention auf der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro (im Folgenden kurz Rio-Konferenz) verabschiedet

Die Klimarahmenkonvention ist gleichsam das Grundgesetz der inter-nationalen Klimapolitik Sie legt deren grundsaumltzliche Prinzipien fest (siehe folgendes Kapitel) und verpfl ichtet alle Staaten das Klima zu schuumltzen Daruuml-ber hinaus verpfl ichtet sie die traditio-nellen Industrielaumlnder dazu die Laumlnder des Globalen Suumldens fi nanziell tech-nologisch und durch Organisationsent-wicklung und Ausbildung zu unterstuumlt-zen Allerdings enthaumllt die Konvention keine konkreten Verpfl ichtungen fuumlr einzelne Staaten Solche Verpfl ichtun-gen sollten im Rahmen eines Zusatzpro-tokolls geregelt werden

Die Verhandlungen zu solch einem Protokoll wurden 1995 begonnen und 1997 im japanischen Kyoto abgeschlos-sen Das Kyoto-Protokoll verpfl ichtet die traditionellen Industrielaumlnder ihre Treibhausgasemissionen von 2008

bis 2012 um jeweils laumlnderspezifi sch defi nierte Werte zu senken Die Laumlnder koumlnnen diese Emissionsziele entweder auf ihrem eigenen Staatsgebiet erbrin-gen oder aber uumlber den so genannten Emissionshandel Emissionsminderun-gen aus anderen Laumlndern ankaufen Dazu wurden verschiedene Verfahren entwickelt (siehe Kapitel bdquoInternatio-nale Klimafi nanzierungldquo) Der damals groumlszligte Emittent die USA traten dem Abkommen jedoch nicht bei Zudem enthaumllt das Abkommen keine Verpfl ich-tungen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens

2007 wurden daher neue Verhand-lungen begonnen um ein global um-fassendes Klimaabkommen zu schaffen Das Abkommen sollte 2009 auf der Klimakonferenz in Kopenhagen ver-abschiedet werden dieses Vorhaben scheiterte jedoch Die Staaten konnten sich lediglich auf unverbindliche Zusa-gen einigen Allerdings legten erstmals auch viele Laumlnder des Globalen Suumldens Klimaschutzzusagen vor 2011 wurde ein neuer Anlauf gestartet ein um-fassendes Abkommen zu vereinbaren Gleichzeitig stimmten die EU und einige andere Industrielaumlnder zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020 neue ver-bindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

2015 einigten sich schlieszliglich alle Staaten auf das Pariser Klimaschutz-

16 FIAN | Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

3-SPALTIG1845mm times 90mm

Vereinte Nationen setzen Weltklimarat ein

unterzeichnet durch alle Staaten der Welt greift ab 2020

Pariser Klimaschutz-abkommen

Industrielaumlnder verpfl ichten sich ihre Treibhaus-gasemissionen von 2008 bis 2012 zu senken

Maumlngel Die USA haben nicht unterzeichnet und keine Verpfl ichtungen fuumlr den Globalen Suumlden

Verabschiedung

des

Kyoto Protokolls

1988

1992

1997

2011

2015

2016Beschluss der

Klimarahmenkonvention bei der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung (Rio-Konferenz)

Die EU und einige andere Industrielaumlnder stimmen zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020

neue verbindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

US-Praumlsident Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckzuziehen

abkommen Das Abkommen greift ab 2020 und verpflichtet alle Mitglieder Klimaschutzbeitraumlge vorzulegen Diese Beitraumlge sind allerdings rechtlich nicht verbindlich Stattdessen setzt das Abkommen auf transparente Berichter-stattung und oumlffentliches Anprangern um die Staaten anzuhalten ihre Vor-

haben auch tatsaumlchlich umzusetzen Inzwischen sind alle Staaten der Welt dem Pariser Abkommen beigetreten Allerdings hat der 2016 neugewaumlhlte US-Praumlsident Donald Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckziehen zu wollen

Die RegierungsvertreterInnen freuen sichuumlber die Verabschiedung des Klimaschutzabkommens von Paris Foto (ebenso S 16) IISDKiara Worth(enbiisdorgclimatecop21enb2dechtml)

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik | FIAN 17

Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Es ist deutlich geworden dass diejeni-gen Laumlnder die am wenigsten zum Klimawandel beitragen oft am staumlrks-ten von ihm betroffen sind Dieses Kapitel befasst sich daher mit den voumllkerrechtlichen Verpfl ichtungen der Staaten auf menschenrechtskonforme Weise den Klimawandel aufzuhalten und Anpassungsmaszlignahmen zu unterstuumltzen

Internationale Menschenrechte und Umweltvoumllkerrecht wirken inhaltlich ineinander Die Verwirklichung vieler Menschenrechte insbesondere auch des Rechts auf Nahrung haumlngt naumlmlich unmittelbar vom Zustand der natuumlrli-chen Umwelt ab Dem wurde bereits in der Stockholmer Erklaumlrung zur menschli-chen Umwelt von 1972 Rechnung getra-gen Sie formulierte als erste das Recht auf eine gesunde Umwelt und enthielt bereits damals die drei Prinzipien des Umweltrechts wie sie sich 1992 in der Erklaumlrung von Rio uumlber Umwelt und Entwicklung (im Folgenden kurz Erklauml-

rung von Rio) wiederfi nden das Vorsor-geprinzip das Verursacherprinzip und die gemeinsame aber unterschiedliche Verantwortung

Zugleich handelt es sich bei Men-schenrechten und Umweltrecht aber um unterschiedliche Bereiche des Voumllker-rechts Eine durchgaumlngige Beruumlcksichti-gung von Menschenrechten im globalen Umwelt- oder Klimarecht ist daher nicht selbstredend Im Folgenden werden die Gemeinsamkeiten und Unterschie-de der Rechtssysteme dargestellt und verdeutlicht welche Prinzipien und Verpfl ichtungen sich jeweils verstaumlrken und wo es Nachbesserungsbedarf gibt Anschlieszligend werden die staatlichen Verpfl ichtungen die sich aus men-schenrechtlicher Sicht fuumlr die Klima-politik ergeben gepruumlft Pfl ichten zur Emissionsminderung zur Unterstuumlt-zung von Anpassungsmaszlignahmen und zur Beachtung von Menschenrechten bei der Durchfuumlhrung von Maszlignahmen

Ganz allgemein handelt es sich beim Voumllkerrecht um Vertraumlge zwischen Staaten in welchen sie wechselseitige Pfl ichten und Rechte festhalten Die Menschenrechte bilden jedoch eine Ausnahme Sie sind Rechte von Einzel-personen und Gruppen gegenuumlber dem

Staat Diesen Rechten stehen staatliche Verpfl ichtungen gegenuumlber Fuumlr beide Bereiche gilt gleichermaszligen dass man zwischen materiellen Rechten und Verfahrensrechten unterscheidet ndash also zwischen konkreten Inhalten von Rechten einerseits (zum Beispiel das

Prinzipien des interna-tionalen Umweltrechts

und der Menschenrechte

Foto Werner Rudhart

18 FIAN | Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Recht auf sauberes Trinkwasser) und Regeln zu Vorgehensweisen anderer-seits (zum Beispiel die Pflicht zu Kon-

sultationen vor Eingriffen in Trinkwas-serreservoire oder die Festlegung von Rechtsmitteln bei Konflikten)

Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts

Die internationale Klimarahmenkon-vention ist Teil des internationalen Umweltrechts zu dem noch viele weitere Vertraumlge wie zum Beispiel das Washingtoner Artenschutzabkommen (1973) oder das Uumlbereinkommen zum Schutze der Ozonschicht (1985) gehouml-ren Vertragsuumlbergreifend sind im internationalen Umweltrecht die drei oben genannten Prinzipien anerkannt Sie gelten als Voumllkergewohnheitsrecht oder sind auf dem besten Wege dorthin Zu diesem Status hat wesentlich die Erklaumlrung von Rio beigetragen zu deren Grundpfeilern sie gehoumlren

Das Vorsorgeprinzip soll verhin-dern dass Schaumlden fuumlr die Umwelt ent-stehen International verankert ist vor allem der Grundsatz der Schadensver-meidung Er besagt dass auch bei un-vollstaumlndigem oder unsicherem Wissen uumlber Art Ausmaszlig Wahrscheinlichkeit und Ursachen von Umweltschaumlden und -gefahren vorbeugend gehandelt wer-den muss um Risiken zu minimieren Es gilt im internationalen Recht insbeson-dere fuumlr Auswirkungen von Maszlignahmen jenseits des eigenen Staatsgebiets wie zum Beispiel die Verschmutzung grenz-uumlberschreitender Gewaumlsser

Das Verursacherprinzip besagt dass fuumlr die Linderung und Beseitigung eingetretener Schaumlden der Verursacher verantwortlich ist und er folglich auch die Kosten tragen muss

Das Prinzip gemeinsamer aber unterschiedlicher Verantwortung entspricht einer Verallgemeinerung des Verursacherprinzips in Bezug auf Veraumlnderungen in der Umwelt fuumlr die kein einzelner Verursacher identifiziert werden kann Ein Beispiel hierfuumlr ist der Klimawandel Die gesamte Staaten-gemeinschaft traumlgt eine gemeinsame Verantwortung zu handeln Dabei wird jenen Staaten eine groumlszligere Verantwor-tung zugeschrieben die wirtschaftlich

leistungsfaumlhiger sind und staumlrker an der globalen Ressourcenausbeute beteiligt sind

Umweltrecht beinhaltet haumlufig auch eine Reihe von Verfahrensrechten In den meisten Staaten muumlssen im Vor-feld von Groszligprojekten beispielsweise deren Umweltvertraumlglichkeit analysiert (Ausdruck des Vorsorgeprinzips) und die betroffene Bevoumllkerung dabei ein-gebunden werden Vorbildlich ist hier das Uumlbereinkommen uumlber den Zugang zu Informationen die Oumlffentlichkeits-beteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten der UN Wirtschaftskommission fuumlr Europa (2001) kurz die Aarhus-Konvention Sie gewaumlhrt ausdruumlcklich die Rechte aller Betroffenenbull uumlber Umweltauswirkungen von Pro-

jekten informiert zu werdenbull an Entscheidungs- und Planungs-

prozessen beteiligt zu werden sowiebull Schadensersatzanspruumlche geltend

zu machenDie Aarhus-Konvention wurde von fast 50 Staaten Europas und Zentralasiens (mit Ausnahme Russlands) sowie von der EU ratifiziert

Frauen im kenianischen Tana-Delta sind besonders stark mit den Folgen der zuneh-menden Waserknappheit konfrontiert Foto Anton Pieper

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 19

Respekt

vor Zugang zu angemessener

Nahrung

Schutz

vor Uumlbergriffen Dritter

Gewaumlhrleistung

der Verfuumlgbarkeit und des Zugangs

zu Nahrung

Staatenpflichten

Auch die Rio-Konferenz und ihre Folgeprozesse bauen auf die Beteili-gung der Zivilgesellschaft Uumlber diesen Weg hielten nach und nach auch soziale Menschenrechte ausdruumlcklich Einzug in die Abschlusserklaumlrungen der alle

fuumlnf Jahre stattfindenden UN-Gipfel zu Umwelt und Entwicklung

Die Erklaumlrung von Rio mit ihrem Konzept der Nachhaltigkeit und den drei genannten Prinzipien liefer-te auszligerdem die Grundlage fuumlr die Klimarahmenkonvention

Prinzipien der internationalen Menschenrechte

Allgemeine Prinzipien

Die zentrale Saumlule des internationalen Menschenrechtssystems ist die Men-schenrechtscharta der Vereinten Natio-nen Sie umfasst die Allgemeine Erklauml-rung der Menschenrechte (1948) den Internationale Pakt uumlber Buumlrgerliche und Politische Rechte (UN-Zivilpakt) sowie den Internationalen Pakt uumlber Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) (beide 1966) Neben dem Zivilpakt und dem Sozial-pakt gibt es auszligerdem acht weitere Menschenrechtsvertraumlge die sich auf den Schutz besonders benachteiligter Gruppen sowie auf das Verbot von Folter und unmenschlicher Behandlung beziehen Alle Abkommen sind durch die immer gleichen Querschnittsprinzi-pien gepraumlgt naumlmlich das Gebot der Nichtdiskriminierung die Gleichheit aller die gesellschaftliche Beteiligung

den Zugang zu effektiven Rechtsmitteln bei Rechtsverletzungen die Rechen-schaftspflicht der Staaten sowie das Verbot des Ruumlckschritts Bei diesen Prinzipien handelt es sich durchweg um Verfahrensrechte die allen materiellen Rechten wie dem Recht auf Nahrung Wasser Wohnen etc zur Seite gestellt sind Denn sehr haumlufig liegt der Verlet-zung materieller Rechte die Verletzung von Verfahrensrechten zugrunde

Alle Menschenrechtsvertraumlge un-terscheiden fuumlr ihre gewaumlhrten Rechte je drei Arten staatlicher Verpflichtung gegenuumlber Einzelpersonen und Grup-pen Im UN-Sozialpakt sind dies res-pektieren schuumltzen gewaumlhrleisten Die Respektierungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten die Wahrnehmung eines Rechts nicht behindern duumlrfen Die Schutzpflicht besagt dass die Vertragsstaaten Dritte davon abhalten muumlssen die Ausuumlbung dieses Rechts zu beintraumlchtigen oder zu verhindern Die Gewaumlhrleistungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten Maszlignahmen er-greifen muumlssen um die Verwirklichung eines Rechts voranzubringen

Bezogen auf das Recht auf Nah-rung heiszligt das zum Beispiel dass der Staat BaumluerInnen nicht von ihrem angestammten Land umsiedeln darf um Infrastrukturprojekte umzusetzen wenn dadurch ihr Zugang zu angemes-sener Nahrung verloren geht Er muss ferner Dritte ndash zum Beispiel Groszliggrund-besitzerInnen oder Unternehmen ndash daran hindern dies zu tun wenn sie Land fuumlr Investitionen verkaufen oder Infrastrukturprojekte durchfuumlhren Und der Staat muss durch geeignete Maszlig-nahmen auch jenen die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung ermoumlglichen die davon ausgegrenzt sind ndash zum

Menschenrechten stehen staatliche Pflichten gegenuumlber

20 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Beispiel fuumlr die sichere Ruumlckkehr von Vertriebenen sorgen oder sie auf neuem fruchtbaren Land ansiedeln Da fuumlr viele Laumlnder des Globalen Suumldens wegen der Begrenztheit der verfuumlgbaren Mittel

insbesondere die Gewaumlhrleistungs-pflicht nicht immer leicht zu erfuumlllen ist sieht der UN-Sozialpakt eine all-maumlhliche Verwirklichung der Rechte vor

Extraterritoriale Staatenpflichten

Menschenrechtsvertraumlge beschreiben zunaumlchst die Pflichten eines Vertrags-staates gegenuumlber den Menschen auf seinem Staatsgebiet oder solchen die anderweitig unter seiner Gewalt stehen (zum Beispiel bei Besatzungen) Der UN-Zivilpakt enthaumllt eine Klausel die seinen Anwendungsbereich in diesem Sinn einschraumlnkt Der UN-Sozialpakt hingegen erlaubt weitreichendere Interpretationen Hier heiszligt es in Artikel 2(1) bdquoJeder Vertragsstaat verpflichtet sich einzeln und durch internationale Hilfe und Zusammenar-beit hellip die volle Verwirklichung der in diesem Pakt anerkannten Rechte zu erreichenldquo Fortschrittliche JuristInnen sehen darin eine rechtlich bindende Pflicht wirtschaftliche soziale und kulturelle Menschenrechte auch uumlber das eigene Staatsgebiet hinaus zu respektieren zu schuumltzen und zu gewaumlhrleisten Dies hat der UN-Sozial-ausschuss 2002 in seinem Allgemeinen Kommentar Nr 15 zum Recht auf Wasser aufgegriffen der bdquohellip von den Vertragsstaaten [verlangt] von Hand-lungen abzusehen die den Genuss des Rechts auf Wasser in anderen Laumlndern unmittelbar oder mittelbar beeintraumlchti-genldquo Die International Commission of Jurists (ICJ) hat dies fortgesetzt und 2011 die sogenannten Maastrichter Prinzipien zu extraterritorialen Staaten-pflichten im Rahmen des UN-Sozialpakts veroumlffentlicht Laut den Maastrichter Prinzipien muumlssen Staaten ihre zwi-schenstaatlichen und internationalen Abkommen so gestalten dass sie nicht zu menschenrechtlichen Verwerfungen bei Vertragspartnern fuumlhren und die Staaten nicht in der Erfuumlllung ihrer

menschenrechtlichen Verpflichtungen einschraumlnken Ferner haben Staaten die Pflicht gesetzgeberische und politische Maszlignahmen zu ergreifen um Menschen in anderen Staaten vor Menschen-rechtsverletzungen durch bei ihnen ansaumlssige international agierende Konzerne zu schuumltzen Die freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Men-schenrechten gleichfalls von 2011 weisen zumindest den Spielraum aus den Staaten zur Regulierung transnati-onaler wirtschaftlicher Akteure haben 2017 veroumlffentlichte der UN-Sozialaus-schuss auszligerdem den Allgemeinen Kommentar Nr 24 zu Staatenpflichten im Zusammenhang unternehmerischen Handelns Darin betont er ebenfalls die grenzuumlberschreitenden staatlichen Pflichten zur Kontrolle multinationaler Konzerne Insgesamt hat der Verweis auf extraterritoriale Pflichten der Staaten im Rahmen des UN-Menschen-rechtssystems uumlber die letzten Jahre stark zugenommen

Protest vor der Zentrale der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) gegen ein Staudammprojekt in Panama

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 21

Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten

Obwohl die Umwelt- und die Men-schenrechtsprinzipien ein groszliges Potenzial fuumlr Synergien haben weisen die Klimarahmenkonvention und das Kyoto-Protokoll keinerlei Bezug zu den Menschenrechten auf Zur Veran-schau li chung vergleicht die folgende Tabelle die wesentlichen Prinzipien der international anerkannten Men-schenrechte und die Regeln des Kli-marechts anhand der Grundpfeiler des internationalen Umweltrechts

Wie die Tabelle zeigt sind Staaten aus menschenrechtlicher und aus kli-mapolitischer Perspektive verpflichtet den Klimawandel zu stoppen und seine Wirkungen abzumildern Neben der Emissionsminderung ist es menschen-rechtlich wichtig besonders betroffene Bevoumllkerungsgruppen bei der Anpas-sung zu unterstuumltzen die hierfuumlr kaum Mittel haben

Ferner duumlrfen klimapolitische Maszlignahmen ihrerseits nicht zu Men-schenrechtsverletzungen fuumlhren Da die internationalen Klimaregeln aber im Gegensatz zu Menschenrechtskonven-tionen und vielen anderen Umweltab-kommen vergleichsweise wenig Wert auf die Einbindung betroffener Menschen legt kommt es durch klimapolitische Maszlignahmen immer wieder zu Men-schenrechtsverletzungen Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen sowie UN-SonderberichterstatterInnen und andere Menschenrechtsorgane haben daher intensiv Lobbyarbeit betrieben um Menschenrechte im Abkommen von Paris zu verankern Durchgesetzt hat sich jedoch nur ein Absatz in der nicht-bindenden Praumlambel (Zitat siehe Einlei-tung) Klimaschutz und Menschenrech-te trennen weiterhin Welten

Umwelt-recht-

Prinzipien Internationale Menschenrechte Internationales Klimarecht

Veru

rsac

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Ist Bestandteil der Menschenrechtsprinzipien und kommt im Recht auf Rechtsmittel und Entschaumldigung zum Ausdruck Das Verursacherprinzip setzt voraus dass ein Staat seine Respektierungs- Schutz- oder Gewaumlhrleistungspflicht nachweislich verletzt hat

Wegen des Problems eine spezifische Kausalkette nachzuweisen (welche CO2-Emission hat wen geschauml-digt) ist es kein Prinzip der Klimarahmenkonventi-on In aufgeweichter Form spiegelt es sich im Prinzip der gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortung

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on Grundlegendes in Art2 (1) des UN-Sozialpaktes verankertes Prinzip wonach die reichen Industrie-staaten die Laumlnder des Globalen Suumldens bei der allmaumlhlichen Verwirklichung der Menschenrechte unterstuumltzen sollen

Verpflichtung der Industrielaumlnder gemaumlszlig Art 4 (3 4) der Klimarahmenkonvention die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell und technologisch bei der Minde-rung von Emissionen und Anpassung an den Klima-wandel zu unterstuumltzen

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Verfahrensrechte (Gleichbehandlung Information Beteiligung Rechtsmittel) sind Grundlage aller menschenrechtlichen Vertraumlge weil sie auch fuumlr die Sicherung substantieller Rechte (zB Recht auf Nahrung) bedeutend sind Dies gilt insbesondere auch fuumlr die Rechte besonders diskriminierter Bevoumllkerungsgruppen

Im Gegensatz zu vielen Umweltabkommen (zB Aarhus-Konvention) spielen in der Klimarahmenkon-vention dem Kyoto-Protokoll und dem Pariser Ab-kommen Verfahrensrechte von Einzelpersonen keine Rolle Die Ausgestaltung der internationalen Klima-schutzmechanismen nimmt entsprechend wenig Ruumlcksicht darauf

Vergleich menschenrechtlicher und klimarechtlicher Prinzipien

22 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Die Malediven fordern von der internationalen Staatengemeinschaft Maszlignahmen zum Klimaschutz zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung

Kaum jemand zweifelt mehr daran dass der Klimawandel maszliggeblich men-schengemacht ist und negative Auswir-kungen auf die Wahrnehmung von Menschenrechten hat Auf Grundlage der menschenrechtlichen Schutzpflicht sind die Staaten verpflichtet rasch effektive Maszlignahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen zu ergrei-fen BerichterstatterInnen des UN-Menschenrechtsrats betrachten das im Pariser Abkommen vereinbarte Ziel Emissionen derart zu reduzieren dass der globale Temperaturanstieg unter 15 Grad Celsius gehalten wird daher als menschenrechtliche Pflicht der Staaten Dennoch findet Emissionsmin-derung nicht in dem Umfang statt wie es noumltig waumlre Seit 2005 haben ver-schiedene Akteure auf unterschiedli-chen Wegen versucht diesen Blockaden mit Hilfe des Menschenrechtssystems entgegenzuwirken

Die Regierung der Malediven schlug den politischen Weg ein Die Malediven sind ein Staat bestehend aus etwa 1200 kleinen Inseln die nur wenige Meter uumlber dem Meeresspiegel liegen und unmittelbar vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen sind Die Regierung des Landes initiierte die Maledivische Erklaumlrung zur menschlichen Dimension des globalen Klimawandels die sie im November 2007 gemeinsam mit 38 weiteren kleinen Inselstaaten unterzeichnete In dieser Erklaumlrung forderten sie das Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte der Vereinten Nationen auf dem Menschenrechtsrat eine detaillierte Studie uumlber die Auswir-kungen des Klimawandels vorzulegen was im Oktober 2009 ndash kurz vor der Klimakonferenz in Kopenhagen ndash auch geschah Die Malediven haben damit einen Prozess in Gang gesetzt der maszliggeblich dazu beigetragen hat dass viele Menschenrechtsorgane begannen sich mit den Auswirkungen des Klima-wandels auf die Menschenrechte zu befassen

Einen anderen Weg schlugen die Inuit des US-amerikanischen Teils Alaskas ein 2005 reichten sie bei der Inter-Amerikanischen Menschenrechts-kommission eine Klage gegen die USA ein weil die USA nicht genug taumlten um den Klimawandel zu verhindern Die Kommission lehnte die Verhandlung des Falls ab Ein wesentlicher Grund war dass die Klaumlger nicht hinreichend darle-gen konnten dass vor allem die Un-taumltigkeit der USA zur Verletzung ihrer Menschenrechte fuumlhre Die Kommission lud die Inuit aber im Maumlrz 2007 zu einer Anhoumlrung ein um die Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Menschen-rechte zu eroumlrtern Obwohl sie rechtlich eine Niederlage erlitten hatten wurde die Anhoumlrung doch zu einem politi-schen Erfolg der der Situation der Inuit global viel Aufmerksamkeit einbrachte

Des Weiteren war die Klageschrift der Inuit der Auftakt zu einer Vielzahl von Versuchen die Staaten auf juristi-schem Wege zur Pflicht zu rufen Dies muss sich aber nicht auf Organe des Menschenrechtssystems beschraumlnken Besonders erfolgreich war eine Klage der niederlaumlndischen Umweltorganisa-tion Urgenda gegen die Niederlande Das Bezirksgericht in Den Haag urteilte 2015 auf Grundlage der in der nieder-laumlndischen Verfassung verankerten Fuumlrsorgepflicht des niederlaumlndischen Staates dass die Niederlande auf-grund der Erkenntnisse des vierten Sachstandsberichts des Weltklimarats ihre Emissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 25 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern muumlssen Mit den bis dahin ergriffenen Maszlignahmen waumlren voraussichtlich nur 17 Prozent erreicht worden

Trotz dieser Erfolge bleibt es schwierig einzelne Staaten fuumlr den Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Menschenrechte zur Verant-wortung zu ziehen Haumlufig verstaumlrkt der Klimawandel nur bereits beste-hende Menschenrechtsverletzungen Auch die Unterscheidung ob eine

Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 23

Menschenrechtsverletzung in diesem Zusammenhang Folge des Klimawandels oder uumlblicher Wetterextreme ist ist oft schwierig So kommt das Hochkommis-sariat fuumlr Menschenrechte 2009 zum Ergebnis dass der Klimawandel zwar eindeutig negative Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Menschenrech-ten hat dass es aber weniger eindeutig ist ob und in welchem Ausmaszlig die Auswirkungen in streng rechtlichem Sinn als Menschenrechtsverletzung qualifiziert werden koumlnnen

Aus Sicht von FIAN Deutschland kann der Verlust des Zugangs zu Nah-rung durch den Klimawandel aber durchaus als Menschenrechtsverletzung gewertet werden fuumlr die andere Staa-

ten als der Heimatstaat mitverantwort-lich sind Zwar ist der Haftungsansatz nach dem Verursacherprinzip aufgrund der oben geschilderten Besonderheiten des Klimaproblems fuumlr eine menschen-rechtliche Argumentation wenig frucht-bar Aufgrund des Wissens der Staaten uumlber die menschliche Verursachung und der nachweislich negativen Auswirkun-gen des Klimawandels auf die weltweite Verwirklichung der Menschenrechte sind die Staaten jedoch gemaumlszlig UN-Sozialpakt Artikel 2(1) menschenrecht-lich verpflichtet einzeln sowie durch internationale Hilfe und Zusammen-arbeit unter Ausschoumlpfung all ihrer Moumlglichkeiten wirksame Maszlignahmen zur Emissionsminderung zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung

bdquoAnpassungldquo umschreibt ein weites Feld von Aktivitaumlten das die Menschen weniger anfaumlllig gegenuumlber den Auswir-kungen des Klimawandels macht Hiermit kann die Einfuumlhrung von duumlrreresistenten Pflanzenarten und von Bewaumlsserungssystemen gemeint sein aber auch Umsiedlung aus Hochrisiko-zonen neue Bauweisen und Bauvor-schriften oder der Ausbau von Institu-tionen zum Risikomanagement Sie macht einen vergleichsweise kleinen Teil der Klimafinanzierung aus die sich 2016 auf insgesamt 380 Milliarden US Dollar belief 93 Prozent der globalen Klimafinanzierung kommen der Emissi-onsminderung zugute die uumlberwiegend privat finanziert ist Mittel aus oumlffentli-cher Hand tragen nur 34 Prozent zur globalen Klimafinanzierung bei wovon wiederum nur 16 Prozent Anpassungs-maszlignahmen zugutekommen 89 Pro-zent der oumlffentlichen Klimafinanzierung werden von internationalen und natio-nalen Entwicklungsbanken gestemmt Selbst die internationalen Banken wie die Weltbank die Asiatische und die

Afrikanische Entwicklungsbank oder die Europaumlische Investitionsbank (EIB) investieren nur durchschnittlich 23 Pro-zent ihrer Investitionen im Klimabe-reich in Anpassungsmaszlignahmen Fuumlr den unmittelbaren Schutz sowie fuumlr Anpassungsmaszlignahmen an die Folgen des Klimawandels werden also verhaumllt-nismaumlszligig wenige Gelder bereitgestellt Dies kann akut zu Menschenrechtsver-letzungen fuumlhren Je spaumlter und halb-herziger in den Klimaschutz investiert wird desto mehr Anpassung wird noumltig Die Pflicht der Staaten solche Maszlignah-men zu unterstuumltzen ergibt sich aus ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen gemaumlszlig Artikel 2(1) des UN Sozialpaktes Sie gilt unabhaumlngig davon wie viel ein Staat zur Klimaer-waumlrmung beitraumlgt Diese Pflicht ergibt sich auszligerdem aus Art 4(3 4) der Klimarahmenkonvention die aumlrmeren Laumlnder sowohl beim Klimaschutz als auch bei der Anpassung an den Klima-wandel unterstuumltzen ndash gemaumlszlig dem Prinzip gemeinsamer aber unterschied-licher Verantwortung

Die Lebensgrundlage der Indigenen im aumlthiopischen Omo-Tal ist durch den Bau des Stauddamms Gibe III bedroht Foto Suvival International

24 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Obergrenze (Cap)

Industriestaaten unterschreiben dashellip

Kyoto-Protokoll (1997)

Ziel Reduktion der Treibhausgasemission

Emissionen im Zeitraum von 2008 bis 2012 um 5 unter das Niveau von 1990 senken

fl exibler Mechanismus

Fabrik A Fabrik B

Wenn die Emissionen unter der Obergrenze

liegen koumlnnen die nicht genutzten Emissionsrechte wieder verkauft

werden

hellip an Staaten oder

Unternehmen die mehr

Emissionen ausstoszligen

wollen

Verkauft die ungenutzten CO

2-Rechtehellip

Funktionsweise des Emissionshandels

Internationale Klimafinanzierung

Gemaumlszlig der Klimarahmenkonvention sind die traditionellen Industrielaumlnder verpflichtet die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell technologisch und mit Kapazitaumltsaufbau zu unterstuumltzen Auf der Klimakonferenz von Kopenha-gen 2009 wurde diese Verpflichtung konkretisiert die Industrielaumlnder sagten zu dass die finanzielle Unter-stuumltzung bis 2020 auf jaumlhrlich 100 Milli-arden US-Dollar anwachsen soll Zu diesen werden nicht nur die aufge-brachten oumlffentlichen Mittel sondern auch private Investitionen in den Klimaschutz gezaumlhlt wenn sie eine Folge staatlicher Maszlignahmen sind

Die Unterstuumltzung durch oumlffentliche Geber laumluft durch eine Vielzahl von Ka-naumllen Zum einen nutzen viele Staaten dazu ihre Organisationen der Entwick-lungszusammenarbeit In Deutschland sind das beispielsweise die Gesellschaft fuumlr Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Kreditanstalt fuumlr Wieder-aufbau (KfW) Zweitens zaumlhlen auch die Weltbank und die regionalen Ent-wicklungsbanken Klimaschutz zu ihren Aufgaben Insbesondere die Weltbank hat mehrere spezielle Klimaschutzfonds geschaffen Drittens wurde eine Reihe von internationalen Fonds eingerichtet Mit den Geldern der 1991 geschaffenen Globalen Umweltfazilitaumlt (Global Envi-ronment Facility GEF) werden Projekte im Rahmen der Klimarahmenkonventi-on und anderer internationaler Um-weltabkommen finanziert 2001 wurden unter der Klimarahmenkonvention eine Reihe von kleinen spezialisierten Fonds eingerichtet die insbesondere Maszlig-nahmen zur Anpassung an den Klima-wandel finanzierenbull der Least Developed Countries Fund

Fonds fuumlr die am wenigsten entwi-ckelten Laumlnder

bull der Special Climate Change Fund Spezieller Klimawandel-Fonds der vor allem Anpassungsmaszlignahmen finanzieren soll und

bull der Adaptation Fund Anpassungs-fonds fuumlr Laumlnder des Globalen Suumldens

Daruumlber hinaus wurde 2010 beschlos-sen den Green Climate Fund (Gruumlner Klimafonds) einzurichten Dieser soll einen erheblichen Teil der zugesagten 100 Milliarden US-Dollar verwalten

Neben diesen Einrichtungen zur Klimafinanzierung wurden im Rahmen des Kyoto-Protokolls auch institutiona-lisierte Verfahren zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige geschaffenbull der internationale Emissionshandel

der den Handel mit Rechten zum Ausstoszlig von Treibhausgasen regelt

bull die Joint Implementation (Gemein-same Umsetzung) uumlber die Klima-schutzprojekte in Industrielaumlndern international zertifiziert werden koumlnnen

bull der Clean Development Mechanism (Mechanismus fuumlr umweltver-traumlgliche Entwicklung) uumlber den Klimaschutzprojekte in Laumlndern

Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 25

des Globalen Suumldens international zertifiziert werden koumlnnen (siehe Kapitel bdquoDer Clean Development Mechanismldquo)

Diese Verfahren dienen aber in ers-ter Linie der Erreichung der Emissi-onsziele der Industrielaumlnder (siehe Kapitel bdquoSenkung der eigenen Emissi-onenldquo) Mitgliedstaaten mit groszligen Regenwaldvorkommen forderten daher

ein Instrument zu schaffen das den Schutz von Waumlldern auf die Klimabilanz anrechnet Infolge wurde 2007 das Programm REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degrada-tion in Developing Countries) ins Leben gerufen Es soll zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige in Laumlndern des Globalen Suumldens beitragen die durch Abholzung von Waumlldern entstehen

Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen

Maszlignahmen zum Klimaschutz sind aus menschenrechtlicher Perspektive oft umstritten Bei Investitionen in erneu-erbare Energien handelt es sich haumlufig um groszlige flaumlchenintensive Infrastruk-turprojekte wie zum Beispiel den Bau von Staudaumlmmen und Wasserkraftwer-ken Windparks groszligflaumlchige Solar- und Erdwaumlrmeanlagen Das Gleiche gilt fuumlr den Anbau von Energiepflanzen wie Oumllpalmen Investitionen in CO2-Senken also die Ausdehnung von Waumlldern oder der Erhalt bestehender Waumllder stehen oft in Konkurrenz zu anderen Flaumlchen- und Waldnutzungen Auch Anpassungs-maszlignahmen wie der Bau von Schutz-waumlllen oder die Einrichtung von siedlungsfreien Zonen in Hochrisikoge-bieten (zum Beispiel in Gebieten die

haumlufig uumlberschwemmt oder durch Erosion und Erdrutsche gepraumlgt sind) betreffen Land das von Menschen genutzt und ihnen durch solche Maszlig-nahmen entzogen wird Die Flaumlchen-konkurrenz zwischen Investitionen zum Klimaschutz und bisheriger Landnut-zung fuumlhrt unter anderem dazu dass KleinbaumluerInnen und Hirtenvoumllkern der Zugang zu Land und Wasser entzogen wird das sie bisher fuumlr den Nahrungs-mittelanbau und die Viehwirtschaft nutzten Haumlufig handelt es sich dabei um indigene Gruppen die keine Landti-tel besitzen Mit der Vertreibung von ihren wirtschaftlich genutzten Flaumlchen geht auch haumlufig die Vertreibung aus den Ansiedlungen einher Verletzungen sozialer Menschenrechte wie die Rechte auf Nahrung Wasser und Woh-nen sind die Folge Aber auch Verfah-rensrechte und das Recht auf Leben werden regelmaumlszligig missachtet

Dafuumlr gibt es viele Beispiele Pana-ma ist eines jener Laumlnder das am meis-ten in Wasserkraftwerke als erneuerbare Energiequelle investiert In mindes-tens drei bekannten Faumlllen ndash Bonyic Chan75 und Barro Blanco ndash kam es dabei zu schweren Menschenrechts-verletzungen Doumlrfer wurden geflutet obwohl die BewohnerInnen noch nicht umgesiedelt waren die Rechte von In-digenen auf ihr Gebiet und Beteiligung an Projekten wurden verletzt Betrof-fene und AktivistInnen die sich gegen diese Maszlignahmen wehrten wurden eingeschuumlchtert und sogar ermordet Auch Kenia gehoumlrt zu den Vorreitern in

Die klimaschuumltzende Wirkung von Staudaumlm-men zur Stromgewinnung wird bestritten Auszligerdem fuumlhren sie oft zu Verletzungen von Menschenrechten der oumlrtlichen Bevoumllkerung Foto Jane Hofbauer

26 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Sachen Klimaschutz ndash haumlufig zu Lasten ausgegrenzter Bevoumllkerungsgruppen In Olkaria willigten Massai in eine Umsiedlungsmaszlignahme zugunsten einer Erdwaumlrmeanlage (Geothermie) ein weil man ihnen eigene Landrech-te versprach die sie jedoch bis heute nicht erhalten haben Mehrere tausend indigene Jaumlger- und Sammlervoumllker wurden aus dem Embobut-Wald in Westkenia (Sengwer und Cherangany) und dem Mau-Wald (Ogiek) vertrieben weil die Regierung deren Nutzung unter REDD+ anstrebt Der Fall der Ogiek wurde 2014 sogar vor dem Afrikani-schen Gerichtshof fuumlr Menschen- und Voumllkerrechte zugunsten der Ogiek ver-handelt Aumlhnliches passierte in anderen Laumlndern Afrikas So wurde in Tansania die Gemeinschaft der Warufiji aus dem Refuiji-Delta vertrieben Sie hatten die Kooperation bei der Aufforstung der Mangrovenwaumllder verweigert weil man ihnen den Anbau von Reis verbot

Die Auswirkungen von Klimaschutz-maszlignahmen koumlnnen aber auch kom-plexerer Natur sein Wie die Weltbank 2008 in einer vielbeachteten Studie zur globalen Nahrungsmittelkrise darlegte trug die Flaumlchenkonkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Energiepflanzen-anbau maszliggeblich zum globalen An-stieg der Nahrungsmittelpreise bei der fuumlr viele Menschen zu Hunger fuumlhrte Anhand dieser katastrophalen Folgen der staatlichen Foumlrderung von Agrar-treibstoffen durch westliche Indust-rienationen wird deutlich wie diese klimapolitisch motivierten Programme in vielen aumlrmeren Laumlndern direkt zur Verletzung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser beitragen

Auch Anpassungsmaszlignahmen schneiden unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten nicht zwingend besser ab Obwohl sie im Prinzip zum Schutz der Menschen gedacht sind fehlt es in manchen Faumlllen an Professionalitaumlt in anderen Faumlllen fehlt der Fokus auf die besonders gefaumlhrdeten Bevoumllkerungs-gruppen In Mosambik wurden die Doumlr-fer im Sambesi-Flussdelta 20072008

nach schweren Uumlberschwemmungen in houmlher gelegene Gebiete umgesiedelt Viele der neuen Siedlungen blieben ohne angemessenen Zugang zu Wasser fruchtbarem Land und Gesundheitsver-sorgung So wurden sie von Nahrungs-mittelhilfen abhaumlngig Viele Familien verloren durch Abwanderung ihren Zusammenhalt Diskriminierungen bei Anpassungsmaszlignahmen kommen auch in entwickelten Laumlndern vor Nach dem Wiederaufbau von New Orleans nach dem Hurrikan Kathrina im Jahr 2005 durfte die arme afro-amerikanische Be-voumllkerung nicht mehr ihre am Flussufer gelegenen Siedlungen beziehen ndash we-gen Uumlberflutungsgefahr Angemesse-nen und finanzierbaren Ersatz bekamen sie jedoch nicht angeboten

Die Ursachen fuumlr negative Aus-wirkungen und Menschenrechtsver-letzungen durch Klimapolitik gehen teilweise auf die Bedingungen in den Projektlaumlndern zuruumlck Die jeweiligen Nationalstaaten sind menschenrecht-lich entsprechend zu beurteilen und zur Pflicht zu rufen Die Ursachen liegen aber auch in den Klimarahmenabkom-men selbst und ihren Mechanismen begruumlndet Bis auf das Abkommen von Paris enthalten diese keinen Verweis auf Menschenrechte Sie betonen aber die Rechte der Nationalstaaten ihre na-tuumlrlichen Ressourcen auszubeuten Das Abkommen von Paris ist insofern ein Erfolg als in der Praumlambel zum ersten Mal ein Bezug zu den Menschenrechten hergestellt wird Auch im Konzept der extraterritorialen Staatenpflichten zur Verwirklichung wirtschaftlicher sozia-ler und kultureller Menschenrechte ist anerkannt dass die Staaten die Pflicht haben ihre Instrumente zum Klima-schutz und zur Unterstuumltzung von An-passungsmaszlignahmen menschenrechts-konform zu gestalten Dennoch gilt es dicke Bretter zu bohren Eine Praumlambel ist nicht rechtsverbindlich sondern als Orientierungs- und Interpretationshilfe fuumlr die Vertragsparteien oder Gerichte zu verstehen

Fuumlr diese Geothermie-Anlage in Kenia wurden Massai von ihrem traditionellen Land vertrieben Foto Jeanette Schade

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 27

Der Clean Development Mechanism

Mit fast 8000 registrierten Projekten ist der Clean Development Mechanism (CDM) des Kyoto-Protokolls das bedeu-tendste internationale Verfahren zum Klimaschutz Er soll einerseits die Gastgeberstaaten der Projekte bei ihrer nachhaltigen Entwicklung unterstuumltzen und andererseits den Industrielaumlndern bei der Erreichung ihrer Emissionsziele helfen

Das Kyoto-Protokoll definiert fuumlr die teilnehmenden Industrielaumlnder verbindliche Emissionsziele Die Uumlber-wachung der Zielerreichung erfolgt auf Grundlage von Emissionszertifikaten jeder verpflichtete Staat muss fuumlr jede Tonne Treibhausgasemission ein Emis-sionszertifikat vorlegen Die Staaten erhalten eine Anfangsausstattung von Zertifikaten auf Grundlage ihrer Ziele zur Verringerung ihrer Emissionen Diese Zertifikate sind handelbar Schafft ein Staat es seine Emissionen staumlrker zu reduzieren als er zum Ziel hat kann er den sich daraus ergebenden Uumlber-schuss an Zertifikaten an andere Laumlnder verkaufen Auszligerdem koumlnnen die In-dustrielaumlnder uumlber den CDM zertifizierte Emissionsreduktionen aus Klimaschutz-projekten in den Laumlndern des Globalen Suumldens ankaufen

Die naturwissenschaftliche Grund-lage dieses so genannten Emissions-handels ist dass die Treibhausgase sich gleichmaumlszligig in der Atmosphaumlre verteilen Fuumlr den Klimawandel macht es keinen Unterschied an welchem Ort Treibhausgase ausgestoszligen oder reduziert werden Durch den Emissions-handel soll es daher ermoumlglicht werden Emissionen an der Stelle zu vermindern an der dies am kostenguumlnstigsten ist Im Kyoto-Protokoll gibt es zum einen den Emissionshandel zwischen Staaten zum anderen werden im CDM Zertifikate fuumlr Emissionsreduktionen in konkreten Projekten ausgestellt wie zum Beispiel fuumlr Windkraftanlagen Prinzipiell kann jeder beliebige Akteur CDM-Projekte durchfuumlhren Zertifikate erhalten und diese dann verkaufen seien es staatli-che Stellen private Unternehmen oder auch zivilgesellschaftliche Organisa-tionen Durch den CDM soll so fuumlr alle Interessierte ein Anreiz gesetzt werden in Emissionsreduktionen zu investieren Die groszlige Mehrheit der CDM-Projekte wird von privaten Unternehmen durchgefuumlhrt

Der CDM unterliegt der Fuumlhrung und Aufsicht der Konferenz der Vertrags-staaten des Kyoto-Protokolls Fuumlr die Pruumlfung und Genehmigung der konkre-ten Projekte sowie fuumlr die Ausarbeitung von Detailregelungen zu den Geneh-migungsverfahren haben die Vertrags-staaten einen Exekutivrat eingerichtet der aus zehn Mitgliedern und zehn stellvertretenden Mitgliedern besteht Die Mitglieder werden von der Vertrags-staatenkonferenz nach einem regiona-len Schluumlssel gewaumlhlt Der Exekutivrat soll nach Moumlglichkeit alle Entscheidun-gen einstimmig treffen Wenn dies nicht moumlglich ist sind auch Abstimmungen mit Dreiviertelmehrheit erlaubt

Um sich fuumlr die Ausstellung von CDM-Zertifikaten zu qualifizieren muumlssen CDM-Projekte ein festgeleg-tes Verfahren durchlaufen Zunaumlchst muumlssen die Traumlger des Projekts eine Projektdokumentation erstellen die darlegt welche Maszlignahmen durchge-fuumlhrt werden sollen und wie dadurch Emissionen vermindert werden Diese

Einige Doumlrfer im kenianischen Tana-Delta muumlssen per Tankwagen mit Trinkwasser versorgt werden

28 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Braucht Zertifi kate um eigene Klimaschaumlden ausgleichen zu

koumlnnen

INDUSTRIELAND

Klimaschutzprojekt wird unterstuumltzt

ENTWICKLUNGSLANDTechnologie

Finanzierung

Die Unterstuumltzung bringt dem Industrieland zusaumltzliche

Zertifi kate ein

Clean Development Mechanism (CDM)-Projekte werden kontrolliert durch den

CDM-EXEKUTIVRAT bestehend aus 10 Mitgliedern

Durch die Unterstuumltzung

sollen CO2-Emissionen vermieden

werden

Jeweils ein Mitglied der fuumlnf regionalen

Gruppen der Vereinten Nationen

Zwei Mitglieder des Kyoto-Protokolls

gelistet als Industrieland (Annex 1)

Zwei Mitglieder die nicht in Annex 1 des

Kyoto-Protokolls gelistet sind

EinE RepraumlsentantIn der kleinen

Inselstaaten

Projektdokumentation muss durch ein sachverstaumlndiges Zertifizierungsun-ternehmen beispielsweise den TUumlV uumlberpruumlft werden Auszligerdem muss das Projekt durch das Durchfuumlhrungsland und mindestens ein Industrieland genehmigt werden Wenn all diese Be-dingungen erfuumlllt sind wird das Projekt dem CDM-Exekutivrat vorgelegt Wenn der Exekutivrat keine Einwaumlnde hat wird es als CDM-Projekt registriert

Waumlhrend der Durchfuumlhrung des Projekts muumlssen seine Traumlger fortlau-fend uumlberwachen und dokumentieren welche Treibhausgasmengen es er-zeugt Die Emissionsminderung ergibt sich aus dem Unterschied zwischen den Emissionen des Projekts und den Emis-sionen die angefallen waumlren wenn das Projekt nicht umgesetzt worden waumlre wenn zum Beispiel statt Strom eines Windparks Strom aus Kohlekraftwerken verwendet worden waumlre Die Dokumen-tation wird wiederum von einer sach-verstaumlndigen Stelle und vom CDM-Exe-kutivrat uumlberpruumlft Abschlieszligend stellt der Exekutivrat den Projektbeteiligten Emissionszertifikate entsprechend der erzielten Emissionsminderung aus

Die Projektbeteiligten koumlnnen die Zertifikate dann an mehrere moumlgliche Abnehmer verkaufen Der erste moumlgli-che Abnehmer sind Industriestaaten die ihre Kyoto-Emissionsziele nicht durch inlaumlndische Emissionsredukti-onen erreichen und daher zusaumltzliche Zertifikate benoumltigen Daruumlber hinaus gibt es in der EU und in mehreren ande-ren Staaten Emissionshandelssysteme auf Unternehmensebene Aumlhnlich wie die Industriestaaten durch das Kyoto-Protokoll verpflichtet sind Emissi-onszertifikate vorzulegen muumlssen in der EU und in anderen Laumlndern auch bestimmte Unternehmen wie die Ener-gieversorger und groszlige Industriebe-triebe fuumlr ihre Treibhausgasemissionen Zertifikate vorlegen Diese Unterneh-men koumlnnen teilweise CDM-Zertifikate verwenden um ihre Verpflichtung zu erfuumlllen Der dritte moumlgliche Abnehmer ist der wachsende Markt der sogenann-ten bdquofreiwilligen Kompensationldquo von Treibhausgasemissionen Dies sind

Unternehmen und Privatpersonen die ihre Emissionen ausgleichen wollen indem sie CDM-Zertifikate kaufen und loumlschen Ein Beispiel dafuumlr sind Aus-gleichszahlungen fuumlr den CO2-Ausstoszlig durch Fluumlge

Der CDM verfuumlgt uumlber keinerlei men-schenrechtliche Kriterien Es gibt ledig-lich die Bestimmung dass die Projekte zur nachhaltigen Entwicklung beitragen sollen und die Vorschrift dass die lokale Bevoumllkerung konsultiert werden muss Allerdings gibt es keine interna-tionalen Kriterien wie der Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung uumlberpruumlft werden soll Stattdessen wird die Pruuml-fung vollstaumlndig den Gastgeberlaumlndern der Projekte uumlberlassen Ebenso gibt es nur vage internationale Kriterien fuumlr die Konsultation der lokalen Bevoumllke-rung Viele Laumlnder haben nur schwache

Funktionsweise des Clean Development Mechanism

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 29

Regeln und uumlberwachen deren Einhal-tung nur schlecht Als Ergebnis kommt es immer wieder zu Vorwuumlrfen dass durch CDM-Projekte Menschenrechte verletzt werden Die internationale Gemeinschaft ist damit nicht ihrer Verantwortung nachgekommen neue voumllkerrechtliche Vertraumlge entsprechend ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen auszugestalten

Das Kyoto-Protokoll wird nach 2020 nicht weitergefuumlhrt entsprechend wird auch der CDM auslaufen Allerdings

wurden im Pariser Abkommen neue Kooperationsmechanismen geschaf-fen Die Regeln zur Umsetzung dieser Mechanismen sollen ausdruumlcklich die Erfahrungen aus den Mechanismen des Kyoto-Protokolls beruumlcksichtigen Aus den menschenrechtlichen Problemen die sich im CDM ergeben haben soll-ten die Staaten die Schlussfolgerung ziehen dass die neuen Mechanismen verbindliche menschenrechtliche Krite-rien benoumltigen

Der Fall Bajo Aguaacuten ndash CDM-Zertifizierung trotz Menschen-rechtsverletzungen

Das Projekt bdquoAguan Biogas Recovery from Palm Oil Mill Effluent [POME] Ponds and Biogas Utilisation ndash Ex-portadora del Atlaacutentico AguanHondurasldquo soll die Behandlung von Abwasser aus einer Palmoumllmuumlhle verbessern und dadurch die Emissio-nen von Methan vermindern Das Palmoumll kommt aus Plantagen die im Zentrum eines gewalttaumltigen Landkon-flikts stehen Laut den oumlrtlichen KleinbaumluerInnen hat sich der Eigentuuml-mer das Plantagenland widerrechtlich angeeignet Sie fordern daher die Ruumlckgabe des Landes Die Sicherheits-kraumlfte der Plantagen und die oumlffentli-chen Sicherheitskraumlfte gehen immer

wieder gewaltsam gegen die Kleinbaumlu-erInnen vor bisher wurden uumlber 50 Personen getoumltet

Diese Umstaumlnde spielten jedoch im Registrierungsverfahren des CDM keine Rolle FIAN und andere Nicht-regierungsorganisationen wiesen den CDM-Exekutivrat darauf hin dass das Projekt in Menschenrechtsver-letzungen verwickelt sei Es wurde dennoch als CDM-Projekt registriert Der CDM-Exekutivrat erklaumlrte dass er kein Mandat habe solche Umstaumlnde zu beruumlcksichtigen Seine Zustaumlndig-keit beschraumlnke sich auf die Klima-schutzauswirkungen von Projekten Neben Honduras war das Projekt auch von Groszligbritannien registriert wor-den Nachdem sie uumlber die Vorwuumlrfe informiert worden war aumluszligerte die britische Regierung zwar dass diese bdquoverstoumlrendldquo seien erklaumlrte aber fuumlr Fragen der Nachhaltigkeit sei das Gastgeberland Honduras zustaumlndig

Das Projekt ist im CDM registriert und kann fuumlr Emissionsreduktionen die bis zum 31 Januar 2018 erzielt wurden Zertifikate erhalten Dieser Zeitraum kann verlaumlngert werden Das Ausmaszlig der Gewalt ist zwar nach einer Intervention der deutschen Regierung zuruumlckgegangen der zugrunde lie-gende Landkonflikt ist aber weiterhin ungeloumlst

Eine honduranische Baumluerin weist bei einer Demonstration auf die schweren Menschen-rechtsverletzungen in Bajo Aguaacuten hin

30 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank

Viele Klimaschutzmaszlignahmen werden ausschlieszliglich von privaten Unterneh-men und Banken durchgefuumlhrt die nicht an verbindliche Sozialstandards gebunden sind Insbesondere in Laumln-dern des Globalen Suumldens mit schwa-chen nationalen Standards und Institu-tionen zu ihrer Durchsetzung gefaumlhrdet dies den Schutz der Menschenrechte

Oumlffentliche Entwicklungsbanken verfuumlgen dagegen uumlber eigene Sozial-standards und Beschwerdeverfahren welche die Gefahr von Menschenrechts-verletzungen bei der Durchfuumlhrung von Projekten verringern koumlnnen Doch auch hier gibt es deutlichen Nachbes-serungsbedarf wie das Beispiel der Europaumlischen Investitionsbank (EIB) zeigt

Die EIB ist eine Bank der Europaumli-schen Union (EU) deren Anteilseigner neben der EU die EU-Mitgliedstaaten sind Sie verfuumlgt uumlber das groumlszligte Bud-get aller Entwicklungsbanken weltweit und ist ein Schluumlsselakteur der Klima-finanzierung Seit 2013 hat sie sich zum Ziel gesetzt jaumlhrlich mindestens 25 Prozent ihres Kreditvolumens fuumlr Kli-maprojekte zu vergeben Im Jahr 2011 leitete die EIB eine Untersuchung ein um ihre Sozialstandards den Anspruuml-chen der EU-Grundrechtecharta sowie den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte anzupassen Das dabei entstandene Handbuch fuumlr Umwelt- und Sozialstandards (2013) verspricht hohe Sozialstandards und beschreibt diese ndash als einzige Bank weltweit ndash sogar mit menschenrechtli-chem Vokabular 2015 uumlberarbeitete die EIB auszligerdem ihre Transparenzpolitik so dass sie im Unterschied zu vielen anderen europaumlischen Entwicklungs-banken bereits vor Bewilligung die Ergebnisse von Umwelt- und Sozial-vertraumlglichkeitsanalysen bekannt gibt Die EIB hat ferner ein eigenes Be-schwerdeverfahren das alle durch ihre Projekte Betroffenen nutzen koumlnnen Die Zustaumlndigen fuumlr die Bearbeitung

der Beschwerden koumlnnen Mediations-prozesse anstoszligen Das Verfahren und das zustaumlndige Gremium koumlnnen sogar selbst Gegenstand einer Beschwerde vor dem EU-Ombudsmann werden wenn die Betroffenen mit seiner Arbeit unzufrieden sind

Gute Standards und ein gutes Beschwerdeverfahren gelten in der Regel als Grundbedingung fuumlr die Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht Dennoch gibt es im System der EIB erhebliche Maumlngel Eine menschenrechtliche Untersuchung der Anwendung der Sozialstandards beim oben erwaumlhnten Erdwaumlrmeprojekt in Kenia fuumlhrte dabei zu folgenden Ergeb-nissen Es werde zu wenige Sozial- und MenschenrechtsexpertInnen je Projekt beschaumlftigt Ersatzweise werden Kre-ditnehmer auf das EIB-Handbuch zu Umwelt- und Sozialstandards verwiesen Die EIB uumlberlaumlsst die Umsetzung ihrer hehren Sozialstandards damit weitge-hend den Kreditnehmern ohne diese mit angemessen Personalressourcen zu unterstuumltzen und zu kontrollieren Betroffene werden von der EIB auch nicht systematisch uumlber die Existenz ihres Beschwerdeverfahrens informiert sondern stoszligen ndash wenn uumlberhaupt ndash erst durch eigene Recherche auf ihn Die EIB-MitarbeiterInnen haben keine Verpflichtung den Beschwerdeaus-schuss aktiv in problematische Projekte einzubinden Er wird erst aktiv wenn Betroffene an ihn herantreten Bei Pro-jekten die von mehreren Geldgebern finanziert werden hat er kein Mandat deren Rolle bei der Verletzung von So-zialstandards zu untersuchen Seine Be-urteilungen und Empfehlungen sind fuumlr die Bank auch nicht rechtlich bindend Das Beispiel der EIB zeigt damit nicht nur deren spezifische Maumlngel in der Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht sondern demonstriert auch die generell begrenzte Reichweite institutioneller Beschwerdemecha-nismen Sie stellen keinen Ersatz fuumlr verbindliche Menschenrechtsstandards dar zu deren Umsetzung Staaten ver-pflichtet sind

Gemaumlszlig dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP) sind 80 Prozent aller Menschen die aufgrund des Klimawan-dels umsiedeln muumlssen FrauenFoto Survival International

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 31

Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Der Status der EU im Menschenrechts-system ist kompliziert Die EU selbst ist kein Staat sondern eine Mitgliederor-ganisation von Staaten Wie andere internationale Organisationen auch ist sie daher keine Vertragspartei der zwischenstaatlichen Menschenrechts-vertraumlge (mit Ausnahme der UN-Behin-dertenrechtskonvention) Sie ist auch keine Vertragspartei der Europaumlischen Menschenrechtskonvention obwohl ihr Beitritt in Artikel 6(2) des EU-Vertrags

festgelegt ist und seit langem gepruumlft wird Daher haben die Menschenrechts-organe der UN und des Europarates auch kein Mandat uumlber die EU und duumlrfen nicht uumlber sie urteilen

Dennoch ist auch die EU verpfl ich-tet Menschenrechte in ihrer Innen- und Auszligenpolitik zu beachten Diese Verpfl ichtungen beruhen vor allem auf a) der EU-Grundrechtecharta (2009) b) dem EU-Vertrag sowie c) auf der Aarhus-Konventiona) Die Grundrechtecharta gilt fuumlr alle

EU-Organe sowie fuumlr die Mitglied-staaten bei der Anwendung von EU-Recht (GRC Art 51(1)) Sowohl das EU-Parlament als auch ein Experten-urteil bestaumltigten ihre extraterritori-ale Reichweite

b) In den EU-Vertraumlgen bekennt sich die EU zum Schutz der Menschen-rechte in ihrer Beziehung zur uumlbri-gen Welt und zur Grundrechtecharta der Vereinten Nationen (EUV Art 3(5)) Sie erklaumlrt diese zu leitenden Grundsaumltzen ihres auswaumlr-tigen Handelns (EUV Art 21) Dies gilt ausdruumlcklich auch fuumlr die Ko-operation mit Entwicklungslaumlndern (EUVA Art 208)

c) Die EU ist eine Vertragspartei der Aarhus-Konvention die nach Expert Innenmeinung ebenfalls auch extraterritorial ausgelegt werden kann

0 100 200 300 400 500

203020141990

Gebaumlude

Landwirtschaft

Industrie

Energiewirtschaft

Verkehr

lt61

72

88

lt98

160

163

lt72

119

209

lt143

181

283

lt183

358

466

Datenquelle Bundesministerium fuumlr UmweltNaturschutz Bau und Reaktorsicherheit (2017)Klimaschutz in Zahlen 2017

Ziele zur Verringerung von Treibhausgas-emissionen Deutschlands nach Sektoren gemaumlszlig dem Klimaschutzplan 2050(in Millionen Tonnen CO2-Aumlquivalenten)

32 FIAN | Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh (2012) Second National Com-munication of Bangladesh to the United Nations Framework Convention on Climate Change Dhaka Ministry of Environment and Forests Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh

Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 37

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Weltbank (2013) Turn Down the Heat Climate Extremes Regional Impacts and the Case for Resilience Washington DC Weltbank

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitikldquo

UN Generalversammlung (1992) Rio-Erklaumlrung uumlber Umwelt und Entwicklung (ACONF15126 (Vol I)) httpwwwunorgdeptsgermanconfagenda21riopdf

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2012) Human Rights Indicators A Guide to Measurement and Implementation httpbitly1oUZYHb

UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

International Commission of Jurists (2011) Maastricht Principles on Extraterritorial Obligations of States in the Area of Economic Social and Cultural Rights Verfuumlgbar mit deutscher Uumlbersetzung unter httpwwwfiandefileadminuser_uploaddo-kumenteshopRaN2012_ETO_Maastricht_Principles_en_de_finalpdf

UN Special Procedures (2015) Climate Change and Human Rights ndash Joint statement by UN Special Procedures on the occasion of World Environment Day 5 Juni 2015 httpwwwohchrorgENNewsEventsPagesDisplayNewsaspxNewsID=16049amp LangID=E

The Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (2015) Human Rights Law Sources UN Pronouncements on Extra-Territorial Obligations httpwwwetoconsortiumorgncenmain-navigationlibrarydocuments tx_drblob_pi15BdownloadUid5D=163

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2015) Report of the Office of the Uni-ted Nations High Commissioner for Human Rights on the relationship between clima-te change and human rights AHRC1061 15 Januar 2009 httpwwwohchrorgENIssuesHRAndClimateChangePagesStudyaspx

UN-Menschenrechtsrat (2016) Report of the Special Rapporteur on the issue of human rights obligations relating to the enjoyment of a safe clean healthy and sustainable environment AHRC3152 1 Februar 2016 httpspapersssrncomsol3paperscfmabstract_id=2729611

Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

European Bank for Reconstruction and Development together with MDB partners the African Development Bank the Asian Development Bank the European In-vestment Bank the Inter-American Development Bank Group and the World Bank Group (2016) Joint Report on Multilateral Development Banksrsquo Climate Finance wwwebrdcom2016-joint-report-on-mdbs-climate-financepdf

Schade Jeanette and Wolfgang Obergassel (2014) Human rights and the Clean Development Mechanism In Cambridge Review of International Affairs Vol 27 No 4 pp 717-735

Sterk Wolfgang und Christof Arens (2010) Investitionen fuumlr den Klimaschutz Die projektbasierten Mechanismen CDM und JI Berlin Bundesministerium fuumlr Umwelt Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) httpwwwcarbon-mechanismsdefileadminmediadokumentePublikationenCMRBroschuere_2010_Einfuehrung_CDM_JI_bfpdf

38 FIAN | Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Finley-Brook Mary Thomas Curtis (2011) Renewable Energy and Human Rights Violations Illustrative Cases from Indigenous Territories in Panama In Annals of the Association of American Geographers 1014 pp 863-872

Schade Jeanette (2013) Climate change and planned relocation Risks and a propo-sal for safeguards In Thomas Faist Jeanette Schade (Eds) Disentangling Migra-tion and Climate Change Methodologies Political Discourses and Human Rights Heidelberg Dordrecht New York Springer pp 138-206

Wolfgang Obergassel Jeanette Schade Lauri Peterson Nicolas Kreibich Timo Beiermann (2017) International Climate Finance Mechanisms and Extraterritorial Human Rights Obligations Status Quo and Future Prospects ein Dossier von FIAN Deutschland httpswwwfiandeartikelansicht2017-07-19-internationale- klimafinanzierung-und-risiken-fuer-die-menschenrechte

FIAN (2008) Agrartreibstoffe und das Menschenrecht auf Nahrung Grundlagen-papier von FIAN-Deutschland httpwwwfiandefiandownloadspdfagrarFIAN_Grundlagenpapier_Agrartreibstoffepdf

Jeanette Schade (2017) EU accountability for the due diligence failures of the European Investment Bank Climate finance and involuntary resettlement in Olkaria Kenya In Journal of Human Rights and the Environment Vol 8(1) 72-97 (Son-derausgabe ldquoClimate Justice and Displacementrdquo Gastherausgeber Schade und Manou)

Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 39

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 14: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

Daruumlber hinaus gefaumlhrden die vor-ausgesagten Veraumlnderungen der Nie-derschlagsmenge die Wasserversorgung der Inseln Denn auf den meisten Atol-len erfolgt die Trinkwassergewinnung durch das Auffangen von Regenwasser Des Weiteren beeintraumlchtigen die mit dem Meeresspiegelanstieg einherge-hende Versalzung der Boumlden und die

Unregelmaumlszligigkeiten der Niederschlaumlge die landwirtschaftliche Selbstversor-gung vieler Inseln Nicht nur die Ertraumlge der Agrarwirtschaft sondern auch die der Fischwirtschaft drohen aufgrund des temperaturbedingten Absterbens der Korallenriffe drastisch zuruumlckzuge-hen die vielen Fischen als Nahrungsre-servoir dienen

Afrika

Fuumlr das suumldliche Afrika wird vorherge-sagt dass der jaumlhrliche Niederschlag bei einer globalen Erwaumlrmung von 4 Grad Celsius um bis zu 30 Prozent abnehmen koumlnnte In Teilen des suumldli-chen und westlichen Afrikas koumlnnte sich die jaumlhrliche Wiederauffuumlllung des Grundwassers um 50 bis 70 Prozent vermindern Entsprechend erhoumlht sich das Risiko von Duumlrren Fuumlr das Horn von Afrika und das noumlrdliche Ostafrika sagen verschiedene Klimamodelle sehr unterschiedliche Folgen voraus Einige Modelle prognostizieren eine Verringe-rung der Niederschlaumlge andere eine Erhoumlhung Allerdings waumlre diese Erhouml-hung vermutlich nicht gleichmaumlszligig

uumlber das Jahr verteilt sondern wuumlrde sich in intensiven Regenperioden niederschlagen wodurch das Risiko von Uumlberflutungen steigen wuumlrde

Deutliche Auswirkungen auf die Landwirtschaft sind selbst bei niedri-gem Temperaturanstieg zu erwarten Bereits eine Erwaumlrmung von 15 Grad Celsius bis zum Jahr 2030 koumlnnte dazu fuumlhren dass 40 Prozent der Maisan-baugebiete nicht mehr fuumlr die derzeit angebauten Sorten geeignet waumlren Bei einer Erwaumlrmung von bis zu 2 Grad Celsius bis 2050 koumlnnten die Ertraumlge der gesamten Landwirtschaft um 10 Prozent abnehmen bei einer houmlheren Erwaumlr-mung um 15 bis 20 Prozent

Suumldostasien

Die dicht besiedelten Flussdeltas Suumldostasiens sind durch den ansteigen-den Meeresspiegel besonders gefaumlhr-det Denn dieser fuumlhrt zum Eindringen von Salzwasser und verstaumlrkt die Inten-sitaumlt von Wirbelstuumlrmen Zudem wird ein starker Anstieg von Hitzeextremen vorhergesagt Bereits bei einer globa-len Erwaumlrmung von 2 Grad Celsius werden 60 bis 70 Prozent der Region von Hitzeextremen und 30 bis 40 Pro-zent der Region von neuen Hitzerekor-den betroffen sein

Die Landwirtschaft wird durch diese Veraumlnderungen schwer getroffen werden So koumlnnte der Reisanbau im Mekongdelta der die Haumllfte des vietna-mesischen Reisertrags liefert bereits bis 2040 um rund 12 Prozent zuruumlck-gehen Auch die Fischwirtschaft wuumlrde durch die Erwaumlrmung und Versauerung des Wassers sowie das Absterben der Korallenriffe stark geschaumldigt Dadurch koumlnnte sich beispielsweise das Fangpo-tential in den suumldlichen Philippinen bis zum Jahr 2050 halbieren

Suumldasien

Auch in Suumldasien werden ungewoumlhnlich heiszlige Sommermonate in den naumlchsten Jahrzehnten vielfach haumlufiger auftre-ten Die regionalen und jahreszeitli-chen Schwankungen der Niederschlaumlge werden sich voraussichtlich deutlich

verstaumlrken Es wird erwartet dass bei einer globalen Erwaumlrmung von 4 Grad Celsius die Regenmengen in der trocke-nen Jahreszeit um 30 Prozent abneh-men und in der feuchten Jahreszeit um 30 Prozent zunehmen Diese Verschie-

Bewaumlsserungsmethoden der industriellen Landwirtschaft Afrikas verstaumlrken den Verlust des Zugangs zu Wasser der oumlrtlichen Bevoumllkerung

14 FIAN | Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser

bung wird das Risiko von Duumlrren deut-lich erhoumlhen insbesondere fuumlr das nordwestliche Indien Pakistan und Afghanistan Fuumlr das suumldliche Indien wird eine houmlhere Feuchtigkeit vorhergesagt

Groszlige Fluumlsse wie der Ganges Indus und Brahmaputra haumlngen wesentlich von der sommerlichen Schnee- und Gletscherschmelze ab Bereits un-terhalb einer Erwaumlrmung von 2 Grad Celsius wird eine deutliche Erhoumlhung der Anzahl schneearmer Winter erwar-tet Dies wird zu deutlich niedrigeren Wasserstaumlnden in der trockenen Jahres-

zeit fuumlhren Wesentlich fuumlr die Land-wirtschaft sind auch das zeitige und regelmaumlszligige Eintreffen des Monsuns Dessen jaumlhrliche Schwankungen werden sich durch den Klimawandel deutlich verstaumlrken

Es wird erwartet dass die landwirt-schaftliche Produktion ohne den Klima-wandel bis zum Jahr 2050 um 60 Pro-zent steigen wuumlrde mit Klimawandel nur um 12 Prozent Durch den gleich-zeitigen Anstieg der Bevoumllkerung wird in der Folge die Produktion pro Kopf der Bevoumllkerung um ein Drittel abnehmen

Auswirkungen des Klimawandels auf Bangladesch

Bangladesch ist eines der Laumlnder die weltweit am staumlrksten durch den Klimawandel gefaumlhrdet sind Auf einer Flaumlche die etwa 40 Prozent der Groumlszlige Deutschlands entspricht leben 150 Millionen Menschen Das Land hat eine lange Kuumlste und die groszligen Fluumlsse Ganges Brahmaputra und Meghna muumlnden dort ins Meer und treten regelmaumlszligig uumlber die Ufer Schon ohne Klimawandel wird Bangla-desch immer wieder von Uumlberschwem-mungen Duumlrren und Wirbelstuumlrmen getroffen Im Durchschnitt werden jedes Jahr 20 bis 25 Prozent des Landes uumlberflutet Der Klimawandel fuumlhrt zu einem Anstieg des Meeres-spiegels und zur Zunahme von Mon-sunregen und Wirbelstuumlrmen Durch diese Faktoren koumlnnten in der Mitte des Jahrhunderts bei starken Fluten bis zu 80 Prozent des Landes uumlber-schwemmt werden Die Anzahl der Menschen die in Gegenden mit hohem Wirbelsturmrisiko leben koumlnnte von derzeit 87 Millionen auf uumlber 38 Milli-onen steigen

Daruumlber hinaus druumlckt der steigen-de Meeresspiegel vermehrt salziges Meerwasser in Bangladeschs Flussdel-tas Wo das Meerwasser nicht abflieszligt versalzen Boumlden und Suumlszligwasserquel-len Der Meeresspiegel koumlnnte bis 2050 um bis zu einem halben Meter

steigen Dadurch wuumlrde das Land 10 Prozent seiner Flaumlche verlieren was etwa der Groumlszlige Schleswig-Holsteins entspricht Davon waumlren 55 Millionen Menschen direkt betroffen und muumlss-ten umsiedeln

Die Kosten fuumlr die entstehenden Schaumlden und fuumlr die notwendigen Maszlignahmen zur Anpassung an den Klimawandel stellen Bangladesch vor eine enorme Herausforderung Als eines der aumlrmsten Laumlnder der Welt ist es bei der Bewaumlltigung dieser Aufgaben auf internationale finan-zielle und technische Unterstuumltzung angewiesen

Bangladeschs Fluumlsse drohen zu versalzen

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 15

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Die ersten Erkenntnisse zu den negati-ven Folgen des Klimawandels ruumlckten im Laufe der 1980er Jahre zunehmend ins Bewusstsein der Oumlffentlichkeit 1990 reagierte die Generalversammlung der Vereinten Nationen (United Na-tions UN) und beschloss ein interna-tionales Klimaschutzabkommen auszu-handeln Als Ergebnis wurde 1992 die Klimarahmenkonvention auf der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro (im Folgenden kurz Rio-Konferenz) verabschiedet

Die Klimarahmenkonvention ist gleichsam das Grundgesetz der inter-nationalen Klimapolitik Sie legt deren grundsaumltzliche Prinzipien fest (siehe folgendes Kapitel) und verpfl ichtet alle Staaten das Klima zu schuumltzen Daruuml-ber hinaus verpfl ichtet sie die traditio-nellen Industrielaumlnder dazu die Laumlnder des Globalen Suumldens fi nanziell tech-nologisch und durch Organisationsent-wicklung und Ausbildung zu unterstuumlt-zen Allerdings enthaumllt die Konvention keine konkreten Verpfl ichtungen fuumlr einzelne Staaten Solche Verpfl ichtun-gen sollten im Rahmen eines Zusatzpro-tokolls geregelt werden

Die Verhandlungen zu solch einem Protokoll wurden 1995 begonnen und 1997 im japanischen Kyoto abgeschlos-sen Das Kyoto-Protokoll verpfl ichtet die traditionellen Industrielaumlnder ihre Treibhausgasemissionen von 2008

bis 2012 um jeweils laumlnderspezifi sch defi nierte Werte zu senken Die Laumlnder koumlnnen diese Emissionsziele entweder auf ihrem eigenen Staatsgebiet erbrin-gen oder aber uumlber den so genannten Emissionshandel Emissionsminderun-gen aus anderen Laumlndern ankaufen Dazu wurden verschiedene Verfahren entwickelt (siehe Kapitel bdquoInternatio-nale Klimafi nanzierungldquo) Der damals groumlszligte Emittent die USA traten dem Abkommen jedoch nicht bei Zudem enthaumllt das Abkommen keine Verpfl ich-tungen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens

2007 wurden daher neue Verhand-lungen begonnen um ein global um-fassendes Klimaabkommen zu schaffen Das Abkommen sollte 2009 auf der Klimakonferenz in Kopenhagen ver-abschiedet werden dieses Vorhaben scheiterte jedoch Die Staaten konnten sich lediglich auf unverbindliche Zusa-gen einigen Allerdings legten erstmals auch viele Laumlnder des Globalen Suumldens Klimaschutzzusagen vor 2011 wurde ein neuer Anlauf gestartet ein um-fassendes Abkommen zu vereinbaren Gleichzeitig stimmten die EU und einige andere Industrielaumlnder zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020 neue ver-bindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

2015 einigten sich schlieszliglich alle Staaten auf das Pariser Klimaschutz-

16 FIAN | Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

3-SPALTIG1845mm times 90mm

Vereinte Nationen setzen Weltklimarat ein

unterzeichnet durch alle Staaten der Welt greift ab 2020

Pariser Klimaschutz-abkommen

Industrielaumlnder verpfl ichten sich ihre Treibhaus-gasemissionen von 2008 bis 2012 zu senken

Maumlngel Die USA haben nicht unterzeichnet und keine Verpfl ichtungen fuumlr den Globalen Suumlden

Verabschiedung

des

Kyoto Protokolls

1988

1992

1997

2011

2015

2016Beschluss der

Klimarahmenkonvention bei der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung (Rio-Konferenz)

Die EU und einige andere Industrielaumlnder stimmen zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020

neue verbindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

US-Praumlsident Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckzuziehen

abkommen Das Abkommen greift ab 2020 und verpflichtet alle Mitglieder Klimaschutzbeitraumlge vorzulegen Diese Beitraumlge sind allerdings rechtlich nicht verbindlich Stattdessen setzt das Abkommen auf transparente Berichter-stattung und oumlffentliches Anprangern um die Staaten anzuhalten ihre Vor-

haben auch tatsaumlchlich umzusetzen Inzwischen sind alle Staaten der Welt dem Pariser Abkommen beigetreten Allerdings hat der 2016 neugewaumlhlte US-Praumlsident Donald Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckziehen zu wollen

Die RegierungsvertreterInnen freuen sichuumlber die Verabschiedung des Klimaschutzabkommens von Paris Foto (ebenso S 16) IISDKiara Worth(enbiisdorgclimatecop21enb2dechtml)

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik | FIAN 17

Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Es ist deutlich geworden dass diejeni-gen Laumlnder die am wenigsten zum Klimawandel beitragen oft am staumlrks-ten von ihm betroffen sind Dieses Kapitel befasst sich daher mit den voumllkerrechtlichen Verpfl ichtungen der Staaten auf menschenrechtskonforme Weise den Klimawandel aufzuhalten und Anpassungsmaszlignahmen zu unterstuumltzen

Internationale Menschenrechte und Umweltvoumllkerrecht wirken inhaltlich ineinander Die Verwirklichung vieler Menschenrechte insbesondere auch des Rechts auf Nahrung haumlngt naumlmlich unmittelbar vom Zustand der natuumlrli-chen Umwelt ab Dem wurde bereits in der Stockholmer Erklaumlrung zur menschli-chen Umwelt von 1972 Rechnung getra-gen Sie formulierte als erste das Recht auf eine gesunde Umwelt und enthielt bereits damals die drei Prinzipien des Umweltrechts wie sie sich 1992 in der Erklaumlrung von Rio uumlber Umwelt und Entwicklung (im Folgenden kurz Erklauml-

rung von Rio) wiederfi nden das Vorsor-geprinzip das Verursacherprinzip und die gemeinsame aber unterschiedliche Verantwortung

Zugleich handelt es sich bei Men-schenrechten und Umweltrecht aber um unterschiedliche Bereiche des Voumllker-rechts Eine durchgaumlngige Beruumlcksichti-gung von Menschenrechten im globalen Umwelt- oder Klimarecht ist daher nicht selbstredend Im Folgenden werden die Gemeinsamkeiten und Unterschie-de der Rechtssysteme dargestellt und verdeutlicht welche Prinzipien und Verpfl ichtungen sich jeweils verstaumlrken und wo es Nachbesserungsbedarf gibt Anschlieszligend werden die staatlichen Verpfl ichtungen die sich aus men-schenrechtlicher Sicht fuumlr die Klima-politik ergeben gepruumlft Pfl ichten zur Emissionsminderung zur Unterstuumlt-zung von Anpassungsmaszlignahmen und zur Beachtung von Menschenrechten bei der Durchfuumlhrung von Maszlignahmen

Ganz allgemein handelt es sich beim Voumllkerrecht um Vertraumlge zwischen Staaten in welchen sie wechselseitige Pfl ichten und Rechte festhalten Die Menschenrechte bilden jedoch eine Ausnahme Sie sind Rechte von Einzel-personen und Gruppen gegenuumlber dem

Staat Diesen Rechten stehen staatliche Verpfl ichtungen gegenuumlber Fuumlr beide Bereiche gilt gleichermaszligen dass man zwischen materiellen Rechten und Verfahrensrechten unterscheidet ndash also zwischen konkreten Inhalten von Rechten einerseits (zum Beispiel das

Prinzipien des interna-tionalen Umweltrechts

und der Menschenrechte

Foto Werner Rudhart

18 FIAN | Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Recht auf sauberes Trinkwasser) und Regeln zu Vorgehensweisen anderer-seits (zum Beispiel die Pflicht zu Kon-

sultationen vor Eingriffen in Trinkwas-serreservoire oder die Festlegung von Rechtsmitteln bei Konflikten)

Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts

Die internationale Klimarahmenkon-vention ist Teil des internationalen Umweltrechts zu dem noch viele weitere Vertraumlge wie zum Beispiel das Washingtoner Artenschutzabkommen (1973) oder das Uumlbereinkommen zum Schutze der Ozonschicht (1985) gehouml-ren Vertragsuumlbergreifend sind im internationalen Umweltrecht die drei oben genannten Prinzipien anerkannt Sie gelten als Voumllkergewohnheitsrecht oder sind auf dem besten Wege dorthin Zu diesem Status hat wesentlich die Erklaumlrung von Rio beigetragen zu deren Grundpfeilern sie gehoumlren

Das Vorsorgeprinzip soll verhin-dern dass Schaumlden fuumlr die Umwelt ent-stehen International verankert ist vor allem der Grundsatz der Schadensver-meidung Er besagt dass auch bei un-vollstaumlndigem oder unsicherem Wissen uumlber Art Ausmaszlig Wahrscheinlichkeit und Ursachen von Umweltschaumlden und -gefahren vorbeugend gehandelt wer-den muss um Risiken zu minimieren Es gilt im internationalen Recht insbeson-dere fuumlr Auswirkungen von Maszlignahmen jenseits des eigenen Staatsgebiets wie zum Beispiel die Verschmutzung grenz-uumlberschreitender Gewaumlsser

Das Verursacherprinzip besagt dass fuumlr die Linderung und Beseitigung eingetretener Schaumlden der Verursacher verantwortlich ist und er folglich auch die Kosten tragen muss

Das Prinzip gemeinsamer aber unterschiedlicher Verantwortung entspricht einer Verallgemeinerung des Verursacherprinzips in Bezug auf Veraumlnderungen in der Umwelt fuumlr die kein einzelner Verursacher identifiziert werden kann Ein Beispiel hierfuumlr ist der Klimawandel Die gesamte Staaten-gemeinschaft traumlgt eine gemeinsame Verantwortung zu handeln Dabei wird jenen Staaten eine groumlszligere Verantwor-tung zugeschrieben die wirtschaftlich

leistungsfaumlhiger sind und staumlrker an der globalen Ressourcenausbeute beteiligt sind

Umweltrecht beinhaltet haumlufig auch eine Reihe von Verfahrensrechten In den meisten Staaten muumlssen im Vor-feld von Groszligprojekten beispielsweise deren Umweltvertraumlglichkeit analysiert (Ausdruck des Vorsorgeprinzips) und die betroffene Bevoumllkerung dabei ein-gebunden werden Vorbildlich ist hier das Uumlbereinkommen uumlber den Zugang zu Informationen die Oumlffentlichkeits-beteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten der UN Wirtschaftskommission fuumlr Europa (2001) kurz die Aarhus-Konvention Sie gewaumlhrt ausdruumlcklich die Rechte aller Betroffenenbull uumlber Umweltauswirkungen von Pro-

jekten informiert zu werdenbull an Entscheidungs- und Planungs-

prozessen beteiligt zu werden sowiebull Schadensersatzanspruumlche geltend

zu machenDie Aarhus-Konvention wurde von fast 50 Staaten Europas und Zentralasiens (mit Ausnahme Russlands) sowie von der EU ratifiziert

Frauen im kenianischen Tana-Delta sind besonders stark mit den Folgen der zuneh-menden Waserknappheit konfrontiert Foto Anton Pieper

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 19

Respekt

vor Zugang zu angemessener

Nahrung

Schutz

vor Uumlbergriffen Dritter

Gewaumlhrleistung

der Verfuumlgbarkeit und des Zugangs

zu Nahrung

Staatenpflichten

Auch die Rio-Konferenz und ihre Folgeprozesse bauen auf die Beteili-gung der Zivilgesellschaft Uumlber diesen Weg hielten nach und nach auch soziale Menschenrechte ausdruumlcklich Einzug in die Abschlusserklaumlrungen der alle

fuumlnf Jahre stattfindenden UN-Gipfel zu Umwelt und Entwicklung

Die Erklaumlrung von Rio mit ihrem Konzept der Nachhaltigkeit und den drei genannten Prinzipien liefer-te auszligerdem die Grundlage fuumlr die Klimarahmenkonvention

Prinzipien der internationalen Menschenrechte

Allgemeine Prinzipien

Die zentrale Saumlule des internationalen Menschenrechtssystems ist die Men-schenrechtscharta der Vereinten Natio-nen Sie umfasst die Allgemeine Erklauml-rung der Menschenrechte (1948) den Internationale Pakt uumlber Buumlrgerliche und Politische Rechte (UN-Zivilpakt) sowie den Internationalen Pakt uumlber Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) (beide 1966) Neben dem Zivilpakt und dem Sozial-pakt gibt es auszligerdem acht weitere Menschenrechtsvertraumlge die sich auf den Schutz besonders benachteiligter Gruppen sowie auf das Verbot von Folter und unmenschlicher Behandlung beziehen Alle Abkommen sind durch die immer gleichen Querschnittsprinzi-pien gepraumlgt naumlmlich das Gebot der Nichtdiskriminierung die Gleichheit aller die gesellschaftliche Beteiligung

den Zugang zu effektiven Rechtsmitteln bei Rechtsverletzungen die Rechen-schaftspflicht der Staaten sowie das Verbot des Ruumlckschritts Bei diesen Prinzipien handelt es sich durchweg um Verfahrensrechte die allen materiellen Rechten wie dem Recht auf Nahrung Wasser Wohnen etc zur Seite gestellt sind Denn sehr haumlufig liegt der Verlet-zung materieller Rechte die Verletzung von Verfahrensrechten zugrunde

Alle Menschenrechtsvertraumlge un-terscheiden fuumlr ihre gewaumlhrten Rechte je drei Arten staatlicher Verpflichtung gegenuumlber Einzelpersonen und Grup-pen Im UN-Sozialpakt sind dies res-pektieren schuumltzen gewaumlhrleisten Die Respektierungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten die Wahrnehmung eines Rechts nicht behindern duumlrfen Die Schutzpflicht besagt dass die Vertragsstaaten Dritte davon abhalten muumlssen die Ausuumlbung dieses Rechts zu beintraumlchtigen oder zu verhindern Die Gewaumlhrleistungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten Maszlignahmen er-greifen muumlssen um die Verwirklichung eines Rechts voranzubringen

Bezogen auf das Recht auf Nah-rung heiszligt das zum Beispiel dass der Staat BaumluerInnen nicht von ihrem angestammten Land umsiedeln darf um Infrastrukturprojekte umzusetzen wenn dadurch ihr Zugang zu angemes-sener Nahrung verloren geht Er muss ferner Dritte ndash zum Beispiel Groszliggrund-besitzerInnen oder Unternehmen ndash daran hindern dies zu tun wenn sie Land fuumlr Investitionen verkaufen oder Infrastrukturprojekte durchfuumlhren Und der Staat muss durch geeignete Maszlig-nahmen auch jenen die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung ermoumlglichen die davon ausgegrenzt sind ndash zum

Menschenrechten stehen staatliche Pflichten gegenuumlber

20 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Beispiel fuumlr die sichere Ruumlckkehr von Vertriebenen sorgen oder sie auf neuem fruchtbaren Land ansiedeln Da fuumlr viele Laumlnder des Globalen Suumldens wegen der Begrenztheit der verfuumlgbaren Mittel

insbesondere die Gewaumlhrleistungs-pflicht nicht immer leicht zu erfuumlllen ist sieht der UN-Sozialpakt eine all-maumlhliche Verwirklichung der Rechte vor

Extraterritoriale Staatenpflichten

Menschenrechtsvertraumlge beschreiben zunaumlchst die Pflichten eines Vertrags-staates gegenuumlber den Menschen auf seinem Staatsgebiet oder solchen die anderweitig unter seiner Gewalt stehen (zum Beispiel bei Besatzungen) Der UN-Zivilpakt enthaumllt eine Klausel die seinen Anwendungsbereich in diesem Sinn einschraumlnkt Der UN-Sozialpakt hingegen erlaubt weitreichendere Interpretationen Hier heiszligt es in Artikel 2(1) bdquoJeder Vertragsstaat verpflichtet sich einzeln und durch internationale Hilfe und Zusammenar-beit hellip die volle Verwirklichung der in diesem Pakt anerkannten Rechte zu erreichenldquo Fortschrittliche JuristInnen sehen darin eine rechtlich bindende Pflicht wirtschaftliche soziale und kulturelle Menschenrechte auch uumlber das eigene Staatsgebiet hinaus zu respektieren zu schuumltzen und zu gewaumlhrleisten Dies hat der UN-Sozial-ausschuss 2002 in seinem Allgemeinen Kommentar Nr 15 zum Recht auf Wasser aufgegriffen der bdquohellip von den Vertragsstaaten [verlangt] von Hand-lungen abzusehen die den Genuss des Rechts auf Wasser in anderen Laumlndern unmittelbar oder mittelbar beeintraumlchti-genldquo Die International Commission of Jurists (ICJ) hat dies fortgesetzt und 2011 die sogenannten Maastrichter Prinzipien zu extraterritorialen Staaten-pflichten im Rahmen des UN-Sozialpakts veroumlffentlicht Laut den Maastrichter Prinzipien muumlssen Staaten ihre zwi-schenstaatlichen und internationalen Abkommen so gestalten dass sie nicht zu menschenrechtlichen Verwerfungen bei Vertragspartnern fuumlhren und die Staaten nicht in der Erfuumlllung ihrer

menschenrechtlichen Verpflichtungen einschraumlnken Ferner haben Staaten die Pflicht gesetzgeberische und politische Maszlignahmen zu ergreifen um Menschen in anderen Staaten vor Menschen-rechtsverletzungen durch bei ihnen ansaumlssige international agierende Konzerne zu schuumltzen Die freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Men-schenrechten gleichfalls von 2011 weisen zumindest den Spielraum aus den Staaten zur Regulierung transnati-onaler wirtschaftlicher Akteure haben 2017 veroumlffentlichte der UN-Sozialaus-schuss auszligerdem den Allgemeinen Kommentar Nr 24 zu Staatenpflichten im Zusammenhang unternehmerischen Handelns Darin betont er ebenfalls die grenzuumlberschreitenden staatlichen Pflichten zur Kontrolle multinationaler Konzerne Insgesamt hat der Verweis auf extraterritoriale Pflichten der Staaten im Rahmen des UN-Menschen-rechtssystems uumlber die letzten Jahre stark zugenommen

Protest vor der Zentrale der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) gegen ein Staudammprojekt in Panama

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 21

Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten

Obwohl die Umwelt- und die Men-schenrechtsprinzipien ein groszliges Potenzial fuumlr Synergien haben weisen die Klimarahmenkonvention und das Kyoto-Protokoll keinerlei Bezug zu den Menschenrechten auf Zur Veran-schau li chung vergleicht die folgende Tabelle die wesentlichen Prinzipien der international anerkannten Men-schenrechte und die Regeln des Kli-marechts anhand der Grundpfeiler des internationalen Umweltrechts

Wie die Tabelle zeigt sind Staaten aus menschenrechtlicher und aus kli-mapolitischer Perspektive verpflichtet den Klimawandel zu stoppen und seine Wirkungen abzumildern Neben der Emissionsminderung ist es menschen-rechtlich wichtig besonders betroffene Bevoumllkerungsgruppen bei der Anpas-sung zu unterstuumltzen die hierfuumlr kaum Mittel haben

Ferner duumlrfen klimapolitische Maszlignahmen ihrerseits nicht zu Men-schenrechtsverletzungen fuumlhren Da die internationalen Klimaregeln aber im Gegensatz zu Menschenrechtskonven-tionen und vielen anderen Umweltab-kommen vergleichsweise wenig Wert auf die Einbindung betroffener Menschen legt kommt es durch klimapolitische Maszlignahmen immer wieder zu Men-schenrechtsverletzungen Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen sowie UN-SonderberichterstatterInnen und andere Menschenrechtsorgane haben daher intensiv Lobbyarbeit betrieben um Menschenrechte im Abkommen von Paris zu verankern Durchgesetzt hat sich jedoch nur ein Absatz in der nicht-bindenden Praumlambel (Zitat siehe Einlei-tung) Klimaschutz und Menschenrech-te trennen weiterhin Welten

Umwelt-recht-

Prinzipien Internationale Menschenrechte Internationales Klimarecht

Veru

rsac

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Ist Bestandteil der Menschenrechtsprinzipien und kommt im Recht auf Rechtsmittel und Entschaumldigung zum Ausdruck Das Verursacherprinzip setzt voraus dass ein Staat seine Respektierungs- Schutz- oder Gewaumlhrleistungspflicht nachweislich verletzt hat

Wegen des Problems eine spezifische Kausalkette nachzuweisen (welche CO2-Emission hat wen geschauml-digt) ist es kein Prinzip der Klimarahmenkonventi-on In aufgeweichter Form spiegelt es sich im Prinzip der gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortung

Pflic

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on Grundlegendes in Art2 (1) des UN-Sozialpaktes verankertes Prinzip wonach die reichen Industrie-staaten die Laumlnder des Globalen Suumldens bei der allmaumlhlichen Verwirklichung der Menschenrechte unterstuumltzen sollen

Verpflichtung der Industrielaumlnder gemaumlszlig Art 4 (3 4) der Klimarahmenkonvention die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell und technologisch bei der Minde-rung von Emissionen und Anpassung an den Klima-wandel zu unterstuumltzen

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Verfahrensrechte (Gleichbehandlung Information Beteiligung Rechtsmittel) sind Grundlage aller menschenrechtlichen Vertraumlge weil sie auch fuumlr die Sicherung substantieller Rechte (zB Recht auf Nahrung) bedeutend sind Dies gilt insbesondere auch fuumlr die Rechte besonders diskriminierter Bevoumllkerungsgruppen

Im Gegensatz zu vielen Umweltabkommen (zB Aarhus-Konvention) spielen in der Klimarahmenkon-vention dem Kyoto-Protokoll und dem Pariser Ab-kommen Verfahrensrechte von Einzelpersonen keine Rolle Die Ausgestaltung der internationalen Klima-schutzmechanismen nimmt entsprechend wenig Ruumlcksicht darauf

Vergleich menschenrechtlicher und klimarechtlicher Prinzipien

22 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Die Malediven fordern von der internationalen Staatengemeinschaft Maszlignahmen zum Klimaschutz zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung

Kaum jemand zweifelt mehr daran dass der Klimawandel maszliggeblich men-schengemacht ist und negative Auswir-kungen auf die Wahrnehmung von Menschenrechten hat Auf Grundlage der menschenrechtlichen Schutzpflicht sind die Staaten verpflichtet rasch effektive Maszlignahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen zu ergrei-fen BerichterstatterInnen des UN-Menschenrechtsrats betrachten das im Pariser Abkommen vereinbarte Ziel Emissionen derart zu reduzieren dass der globale Temperaturanstieg unter 15 Grad Celsius gehalten wird daher als menschenrechtliche Pflicht der Staaten Dennoch findet Emissionsmin-derung nicht in dem Umfang statt wie es noumltig waumlre Seit 2005 haben ver-schiedene Akteure auf unterschiedli-chen Wegen versucht diesen Blockaden mit Hilfe des Menschenrechtssystems entgegenzuwirken

Die Regierung der Malediven schlug den politischen Weg ein Die Malediven sind ein Staat bestehend aus etwa 1200 kleinen Inseln die nur wenige Meter uumlber dem Meeresspiegel liegen und unmittelbar vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen sind Die Regierung des Landes initiierte die Maledivische Erklaumlrung zur menschlichen Dimension des globalen Klimawandels die sie im November 2007 gemeinsam mit 38 weiteren kleinen Inselstaaten unterzeichnete In dieser Erklaumlrung forderten sie das Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte der Vereinten Nationen auf dem Menschenrechtsrat eine detaillierte Studie uumlber die Auswir-kungen des Klimawandels vorzulegen was im Oktober 2009 ndash kurz vor der Klimakonferenz in Kopenhagen ndash auch geschah Die Malediven haben damit einen Prozess in Gang gesetzt der maszliggeblich dazu beigetragen hat dass viele Menschenrechtsorgane begannen sich mit den Auswirkungen des Klima-wandels auf die Menschenrechte zu befassen

Einen anderen Weg schlugen die Inuit des US-amerikanischen Teils Alaskas ein 2005 reichten sie bei der Inter-Amerikanischen Menschenrechts-kommission eine Klage gegen die USA ein weil die USA nicht genug taumlten um den Klimawandel zu verhindern Die Kommission lehnte die Verhandlung des Falls ab Ein wesentlicher Grund war dass die Klaumlger nicht hinreichend darle-gen konnten dass vor allem die Un-taumltigkeit der USA zur Verletzung ihrer Menschenrechte fuumlhre Die Kommission lud die Inuit aber im Maumlrz 2007 zu einer Anhoumlrung ein um die Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Menschen-rechte zu eroumlrtern Obwohl sie rechtlich eine Niederlage erlitten hatten wurde die Anhoumlrung doch zu einem politi-schen Erfolg der der Situation der Inuit global viel Aufmerksamkeit einbrachte

Des Weiteren war die Klageschrift der Inuit der Auftakt zu einer Vielzahl von Versuchen die Staaten auf juristi-schem Wege zur Pflicht zu rufen Dies muss sich aber nicht auf Organe des Menschenrechtssystems beschraumlnken Besonders erfolgreich war eine Klage der niederlaumlndischen Umweltorganisa-tion Urgenda gegen die Niederlande Das Bezirksgericht in Den Haag urteilte 2015 auf Grundlage der in der nieder-laumlndischen Verfassung verankerten Fuumlrsorgepflicht des niederlaumlndischen Staates dass die Niederlande auf-grund der Erkenntnisse des vierten Sachstandsberichts des Weltklimarats ihre Emissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 25 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern muumlssen Mit den bis dahin ergriffenen Maszlignahmen waumlren voraussichtlich nur 17 Prozent erreicht worden

Trotz dieser Erfolge bleibt es schwierig einzelne Staaten fuumlr den Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Menschenrechte zur Verant-wortung zu ziehen Haumlufig verstaumlrkt der Klimawandel nur bereits beste-hende Menschenrechtsverletzungen Auch die Unterscheidung ob eine

Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 23

Menschenrechtsverletzung in diesem Zusammenhang Folge des Klimawandels oder uumlblicher Wetterextreme ist ist oft schwierig So kommt das Hochkommis-sariat fuumlr Menschenrechte 2009 zum Ergebnis dass der Klimawandel zwar eindeutig negative Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Menschenrech-ten hat dass es aber weniger eindeutig ist ob und in welchem Ausmaszlig die Auswirkungen in streng rechtlichem Sinn als Menschenrechtsverletzung qualifiziert werden koumlnnen

Aus Sicht von FIAN Deutschland kann der Verlust des Zugangs zu Nah-rung durch den Klimawandel aber durchaus als Menschenrechtsverletzung gewertet werden fuumlr die andere Staa-

ten als der Heimatstaat mitverantwort-lich sind Zwar ist der Haftungsansatz nach dem Verursacherprinzip aufgrund der oben geschilderten Besonderheiten des Klimaproblems fuumlr eine menschen-rechtliche Argumentation wenig frucht-bar Aufgrund des Wissens der Staaten uumlber die menschliche Verursachung und der nachweislich negativen Auswirkun-gen des Klimawandels auf die weltweite Verwirklichung der Menschenrechte sind die Staaten jedoch gemaumlszlig UN-Sozialpakt Artikel 2(1) menschenrecht-lich verpflichtet einzeln sowie durch internationale Hilfe und Zusammen-arbeit unter Ausschoumlpfung all ihrer Moumlglichkeiten wirksame Maszlignahmen zur Emissionsminderung zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung

bdquoAnpassungldquo umschreibt ein weites Feld von Aktivitaumlten das die Menschen weniger anfaumlllig gegenuumlber den Auswir-kungen des Klimawandels macht Hiermit kann die Einfuumlhrung von duumlrreresistenten Pflanzenarten und von Bewaumlsserungssystemen gemeint sein aber auch Umsiedlung aus Hochrisiko-zonen neue Bauweisen und Bauvor-schriften oder der Ausbau von Institu-tionen zum Risikomanagement Sie macht einen vergleichsweise kleinen Teil der Klimafinanzierung aus die sich 2016 auf insgesamt 380 Milliarden US Dollar belief 93 Prozent der globalen Klimafinanzierung kommen der Emissi-onsminderung zugute die uumlberwiegend privat finanziert ist Mittel aus oumlffentli-cher Hand tragen nur 34 Prozent zur globalen Klimafinanzierung bei wovon wiederum nur 16 Prozent Anpassungs-maszlignahmen zugutekommen 89 Pro-zent der oumlffentlichen Klimafinanzierung werden von internationalen und natio-nalen Entwicklungsbanken gestemmt Selbst die internationalen Banken wie die Weltbank die Asiatische und die

Afrikanische Entwicklungsbank oder die Europaumlische Investitionsbank (EIB) investieren nur durchschnittlich 23 Pro-zent ihrer Investitionen im Klimabe-reich in Anpassungsmaszlignahmen Fuumlr den unmittelbaren Schutz sowie fuumlr Anpassungsmaszlignahmen an die Folgen des Klimawandels werden also verhaumllt-nismaumlszligig wenige Gelder bereitgestellt Dies kann akut zu Menschenrechtsver-letzungen fuumlhren Je spaumlter und halb-herziger in den Klimaschutz investiert wird desto mehr Anpassung wird noumltig Die Pflicht der Staaten solche Maszlignah-men zu unterstuumltzen ergibt sich aus ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen gemaumlszlig Artikel 2(1) des UN Sozialpaktes Sie gilt unabhaumlngig davon wie viel ein Staat zur Klimaer-waumlrmung beitraumlgt Diese Pflicht ergibt sich auszligerdem aus Art 4(3 4) der Klimarahmenkonvention die aumlrmeren Laumlnder sowohl beim Klimaschutz als auch bei der Anpassung an den Klima-wandel unterstuumltzen ndash gemaumlszlig dem Prinzip gemeinsamer aber unterschied-licher Verantwortung

Die Lebensgrundlage der Indigenen im aumlthiopischen Omo-Tal ist durch den Bau des Stauddamms Gibe III bedroht Foto Suvival International

24 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Obergrenze (Cap)

Industriestaaten unterschreiben dashellip

Kyoto-Protokoll (1997)

Ziel Reduktion der Treibhausgasemission

Emissionen im Zeitraum von 2008 bis 2012 um 5 unter das Niveau von 1990 senken

fl exibler Mechanismus

Fabrik A Fabrik B

Wenn die Emissionen unter der Obergrenze

liegen koumlnnen die nicht genutzten Emissionsrechte wieder verkauft

werden

hellip an Staaten oder

Unternehmen die mehr

Emissionen ausstoszligen

wollen

Verkauft die ungenutzten CO

2-Rechtehellip

Funktionsweise des Emissionshandels

Internationale Klimafinanzierung

Gemaumlszlig der Klimarahmenkonvention sind die traditionellen Industrielaumlnder verpflichtet die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell technologisch und mit Kapazitaumltsaufbau zu unterstuumltzen Auf der Klimakonferenz von Kopenha-gen 2009 wurde diese Verpflichtung konkretisiert die Industrielaumlnder sagten zu dass die finanzielle Unter-stuumltzung bis 2020 auf jaumlhrlich 100 Milli-arden US-Dollar anwachsen soll Zu diesen werden nicht nur die aufge-brachten oumlffentlichen Mittel sondern auch private Investitionen in den Klimaschutz gezaumlhlt wenn sie eine Folge staatlicher Maszlignahmen sind

Die Unterstuumltzung durch oumlffentliche Geber laumluft durch eine Vielzahl von Ka-naumllen Zum einen nutzen viele Staaten dazu ihre Organisationen der Entwick-lungszusammenarbeit In Deutschland sind das beispielsweise die Gesellschaft fuumlr Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Kreditanstalt fuumlr Wieder-aufbau (KfW) Zweitens zaumlhlen auch die Weltbank und die regionalen Ent-wicklungsbanken Klimaschutz zu ihren Aufgaben Insbesondere die Weltbank hat mehrere spezielle Klimaschutzfonds geschaffen Drittens wurde eine Reihe von internationalen Fonds eingerichtet Mit den Geldern der 1991 geschaffenen Globalen Umweltfazilitaumlt (Global Envi-ronment Facility GEF) werden Projekte im Rahmen der Klimarahmenkonventi-on und anderer internationaler Um-weltabkommen finanziert 2001 wurden unter der Klimarahmenkonvention eine Reihe von kleinen spezialisierten Fonds eingerichtet die insbesondere Maszlig-nahmen zur Anpassung an den Klima-wandel finanzierenbull der Least Developed Countries Fund

Fonds fuumlr die am wenigsten entwi-ckelten Laumlnder

bull der Special Climate Change Fund Spezieller Klimawandel-Fonds der vor allem Anpassungsmaszlignahmen finanzieren soll und

bull der Adaptation Fund Anpassungs-fonds fuumlr Laumlnder des Globalen Suumldens

Daruumlber hinaus wurde 2010 beschlos-sen den Green Climate Fund (Gruumlner Klimafonds) einzurichten Dieser soll einen erheblichen Teil der zugesagten 100 Milliarden US-Dollar verwalten

Neben diesen Einrichtungen zur Klimafinanzierung wurden im Rahmen des Kyoto-Protokolls auch institutiona-lisierte Verfahren zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige geschaffenbull der internationale Emissionshandel

der den Handel mit Rechten zum Ausstoszlig von Treibhausgasen regelt

bull die Joint Implementation (Gemein-same Umsetzung) uumlber die Klima-schutzprojekte in Industrielaumlndern international zertifiziert werden koumlnnen

bull der Clean Development Mechanism (Mechanismus fuumlr umweltver-traumlgliche Entwicklung) uumlber den Klimaschutzprojekte in Laumlndern

Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 25

des Globalen Suumldens international zertifiziert werden koumlnnen (siehe Kapitel bdquoDer Clean Development Mechanismldquo)

Diese Verfahren dienen aber in ers-ter Linie der Erreichung der Emissi-onsziele der Industrielaumlnder (siehe Kapitel bdquoSenkung der eigenen Emissi-onenldquo) Mitgliedstaaten mit groszligen Regenwaldvorkommen forderten daher

ein Instrument zu schaffen das den Schutz von Waumlldern auf die Klimabilanz anrechnet Infolge wurde 2007 das Programm REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degrada-tion in Developing Countries) ins Leben gerufen Es soll zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige in Laumlndern des Globalen Suumldens beitragen die durch Abholzung von Waumlldern entstehen

Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen

Maszlignahmen zum Klimaschutz sind aus menschenrechtlicher Perspektive oft umstritten Bei Investitionen in erneu-erbare Energien handelt es sich haumlufig um groszlige flaumlchenintensive Infrastruk-turprojekte wie zum Beispiel den Bau von Staudaumlmmen und Wasserkraftwer-ken Windparks groszligflaumlchige Solar- und Erdwaumlrmeanlagen Das Gleiche gilt fuumlr den Anbau von Energiepflanzen wie Oumllpalmen Investitionen in CO2-Senken also die Ausdehnung von Waumlldern oder der Erhalt bestehender Waumllder stehen oft in Konkurrenz zu anderen Flaumlchen- und Waldnutzungen Auch Anpassungs-maszlignahmen wie der Bau von Schutz-waumlllen oder die Einrichtung von siedlungsfreien Zonen in Hochrisikoge-bieten (zum Beispiel in Gebieten die

haumlufig uumlberschwemmt oder durch Erosion und Erdrutsche gepraumlgt sind) betreffen Land das von Menschen genutzt und ihnen durch solche Maszlig-nahmen entzogen wird Die Flaumlchen-konkurrenz zwischen Investitionen zum Klimaschutz und bisheriger Landnut-zung fuumlhrt unter anderem dazu dass KleinbaumluerInnen und Hirtenvoumllkern der Zugang zu Land und Wasser entzogen wird das sie bisher fuumlr den Nahrungs-mittelanbau und die Viehwirtschaft nutzten Haumlufig handelt es sich dabei um indigene Gruppen die keine Landti-tel besitzen Mit der Vertreibung von ihren wirtschaftlich genutzten Flaumlchen geht auch haumlufig die Vertreibung aus den Ansiedlungen einher Verletzungen sozialer Menschenrechte wie die Rechte auf Nahrung Wasser und Woh-nen sind die Folge Aber auch Verfah-rensrechte und das Recht auf Leben werden regelmaumlszligig missachtet

Dafuumlr gibt es viele Beispiele Pana-ma ist eines jener Laumlnder das am meis-ten in Wasserkraftwerke als erneuerbare Energiequelle investiert In mindes-tens drei bekannten Faumlllen ndash Bonyic Chan75 und Barro Blanco ndash kam es dabei zu schweren Menschenrechts-verletzungen Doumlrfer wurden geflutet obwohl die BewohnerInnen noch nicht umgesiedelt waren die Rechte von In-digenen auf ihr Gebiet und Beteiligung an Projekten wurden verletzt Betrof-fene und AktivistInnen die sich gegen diese Maszlignahmen wehrten wurden eingeschuumlchtert und sogar ermordet Auch Kenia gehoumlrt zu den Vorreitern in

Die klimaschuumltzende Wirkung von Staudaumlm-men zur Stromgewinnung wird bestritten Auszligerdem fuumlhren sie oft zu Verletzungen von Menschenrechten der oumlrtlichen Bevoumllkerung Foto Jane Hofbauer

26 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Sachen Klimaschutz ndash haumlufig zu Lasten ausgegrenzter Bevoumllkerungsgruppen In Olkaria willigten Massai in eine Umsiedlungsmaszlignahme zugunsten einer Erdwaumlrmeanlage (Geothermie) ein weil man ihnen eigene Landrech-te versprach die sie jedoch bis heute nicht erhalten haben Mehrere tausend indigene Jaumlger- und Sammlervoumllker wurden aus dem Embobut-Wald in Westkenia (Sengwer und Cherangany) und dem Mau-Wald (Ogiek) vertrieben weil die Regierung deren Nutzung unter REDD+ anstrebt Der Fall der Ogiek wurde 2014 sogar vor dem Afrikani-schen Gerichtshof fuumlr Menschen- und Voumllkerrechte zugunsten der Ogiek ver-handelt Aumlhnliches passierte in anderen Laumlndern Afrikas So wurde in Tansania die Gemeinschaft der Warufiji aus dem Refuiji-Delta vertrieben Sie hatten die Kooperation bei der Aufforstung der Mangrovenwaumllder verweigert weil man ihnen den Anbau von Reis verbot

Die Auswirkungen von Klimaschutz-maszlignahmen koumlnnen aber auch kom-plexerer Natur sein Wie die Weltbank 2008 in einer vielbeachteten Studie zur globalen Nahrungsmittelkrise darlegte trug die Flaumlchenkonkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Energiepflanzen-anbau maszliggeblich zum globalen An-stieg der Nahrungsmittelpreise bei der fuumlr viele Menschen zu Hunger fuumlhrte Anhand dieser katastrophalen Folgen der staatlichen Foumlrderung von Agrar-treibstoffen durch westliche Indust-rienationen wird deutlich wie diese klimapolitisch motivierten Programme in vielen aumlrmeren Laumlndern direkt zur Verletzung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser beitragen

Auch Anpassungsmaszlignahmen schneiden unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten nicht zwingend besser ab Obwohl sie im Prinzip zum Schutz der Menschen gedacht sind fehlt es in manchen Faumlllen an Professionalitaumlt in anderen Faumlllen fehlt der Fokus auf die besonders gefaumlhrdeten Bevoumllkerungs-gruppen In Mosambik wurden die Doumlr-fer im Sambesi-Flussdelta 20072008

nach schweren Uumlberschwemmungen in houmlher gelegene Gebiete umgesiedelt Viele der neuen Siedlungen blieben ohne angemessenen Zugang zu Wasser fruchtbarem Land und Gesundheitsver-sorgung So wurden sie von Nahrungs-mittelhilfen abhaumlngig Viele Familien verloren durch Abwanderung ihren Zusammenhalt Diskriminierungen bei Anpassungsmaszlignahmen kommen auch in entwickelten Laumlndern vor Nach dem Wiederaufbau von New Orleans nach dem Hurrikan Kathrina im Jahr 2005 durfte die arme afro-amerikanische Be-voumllkerung nicht mehr ihre am Flussufer gelegenen Siedlungen beziehen ndash we-gen Uumlberflutungsgefahr Angemesse-nen und finanzierbaren Ersatz bekamen sie jedoch nicht angeboten

Die Ursachen fuumlr negative Aus-wirkungen und Menschenrechtsver-letzungen durch Klimapolitik gehen teilweise auf die Bedingungen in den Projektlaumlndern zuruumlck Die jeweiligen Nationalstaaten sind menschenrecht-lich entsprechend zu beurteilen und zur Pflicht zu rufen Die Ursachen liegen aber auch in den Klimarahmenabkom-men selbst und ihren Mechanismen begruumlndet Bis auf das Abkommen von Paris enthalten diese keinen Verweis auf Menschenrechte Sie betonen aber die Rechte der Nationalstaaten ihre na-tuumlrlichen Ressourcen auszubeuten Das Abkommen von Paris ist insofern ein Erfolg als in der Praumlambel zum ersten Mal ein Bezug zu den Menschenrechten hergestellt wird Auch im Konzept der extraterritorialen Staatenpflichten zur Verwirklichung wirtschaftlicher sozia-ler und kultureller Menschenrechte ist anerkannt dass die Staaten die Pflicht haben ihre Instrumente zum Klima-schutz und zur Unterstuumltzung von An-passungsmaszlignahmen menschenrechts-konform zu gestalten Dennoch gilt es dicke Bretter zu bohren Eine Praumlambel ist nicht rechtsverbindlich sondern als Orientierungs- und Interpretationshilfe fuumlr die Vertragsparteien oder Gerichte zu verstehen

Fuumlr diese Geothermie-Anlage in Kenia wurden Massai von ihrem traditionellen Land vertrieben Foto Jeanette Schade

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 27

Der Clean Development Mechanism

Mit fast 8000 registrierten Projekten ist der Clean Development Mechanism (CDM) des Kyoto-Protokolls das bedeu-tendste internationale Verfahren zum Klimaschutz Er soll einerseits die Gastgeberstaaten der Projekte bei ihrer nachhaltigen Entwicklung unterstuumltzen und andererseits den Industrielaumlndern bei der Erreichung ihrer Emissionsziele helfen

Das Kyoto-Protokoll definiert fuumlr die teilnehmenden Industrielaumlnder verbindliche Emissionsziele Die Uumlber-wachung der Zielerreichung erfolgt auf Grundlage von Emissionszertifikaten jeder verpflichtete Staat muss fuumlr jede Tonne Treibhausgasemission ein Emis-sionszertifikat vorlegen Die Staaten erhalten eine Anfangsausstattung von Zertifikaten auf Grundlage ihrer Ziele zur Verringerung ihrer Emissionen Diese Zertifikate sind handelbar Schafft ein Staat es seine Emissionen staumlrker zu reduzieren als er zum Ziel hat kann er den sich daraus ergebenden Uumlber-schuss an Zertifikaten an andere Laumlnder verkaufen Auszligerdem koumlnnen die In-dustrielaumlnder uumlber den CDM zertifizierte Emissionsreduktionen aus Klimaschutz-projekten in den Laumlndern des Globalen Suumldens ankaufen

Die naturwissenschaftliche Grund-lage dieses so genannten Emissions-handels ist dass die Treibhausgase sich gleichmaumlszligig in der Atmosphaumlre verteilen Fuumlr den Klimawandel macht es keinen Unterschied an welchem Ort Treibhausgase ausgestoszligen oder reduziert werden Durch den Emissions-handel soll es daher ermoumlglicht werden Emissionen an der Stelle zu vermindern an der dies am kostenguumlnstigsten ist Im Kyoto-Protokoll gibt es zum einen den Emissionshandel zwischen Staaten zum anderen werden im CDM Zertifikate fuumlr Emissionsreduktionen in konkreten Projekten ausgestellt wie zum Beispiel fuumlr Windkraftanlagen Prinzipiell kann jeder beliebige Akteur CDM-Projekte durchfuumlhren Zertifikate erhalten und diese dann verkaufen seien es staatli-che Stellen private Unternehmen oder auch zivilgesellschaftliche Organisa-tionen Durch den CDM soll so fuumlr alle Interessierte ein Anreiz gesetzt werden in Emissionsreduktionen zu investieren Die groszlige Mehrheit der CDM-Projekte wird von privaten Unternehmen durchgefuumlhrt

Der CDM unterliegt der Fuumlhrung und Aufsicht der Konferenz der Vertrags-staaten des Kyoto-Protokolls Fuumlr die Pruumlfung und Genehmigung der konkre-ten Projekte sowie fuumlr die Ausarbeitung von Detailregelungen zu den Geneh-migungsverfahren haben die Vertrags-staaten einen Exekutivrat eingerichtet der aus zehn Mitgliedern und zehn stellvertretenden Mitgliedern besteht Die Mitglieder werden von der Vertrags-staatenkonferenz nach einem regiona-len Schluumlssel gewaumlhlt Der Exekutivrat soll nach Moumlglichkeit alle Entscheidun-gen einstimmig treffen Wenn dies nicht moumlglich ist sind auch Abstimmungen mit Dreiviertelmehrheit erlaubt

Um sich fuumlr die Ausstellung von CDM-Zertifikaten zu qualifizieren muumlssen CDM-Projekte ein festgeleg-tes Verfahren durchlaufen Zunaumlchst muumlssen die Traumlger des Projekts eine Projektdokumentation erstellen die darlegt welche Maszlignahmen durchge-fuumlhrt werden sollen und wie dadurch Emissionen vermindert werden Diese

Einige Doumlrfer im kenianischen Tana-Delta muumlssen per Tankwagen mit Trinkwasser versorgt werden

28 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Braucht Zertifi kate um eigene Klimaschaumlden ausgleichen zu

koumlnnen

INDUSTRIELAND

Klimaschutzprojekt wird unterstuumltzt

ENTWICKLUNGSLANDTechnologie

Finanzierung

Die Unterstuumltzung bringt dem Industrieland zusaumltzliche

Zertifi kate ein

Clean Development Mechanism (CDM)-Projekte werden kontrolliert durch den

CDM-EXEKUTIVRAT bestehend aus 10 Mitgliedern

Durch die Unterstuumltzung

sollen CO2-Emissionen vermieden

werden

Jeweils ein Mitglied der fuumlnf regionalen

Gruppen der Vereinten Nationen

Zwei Mitglieder des Kyoto-Protokolls

gelistet als Industrieland (Annex 1)

Zwei Mitglieder die nicht in Annex 1 des

Kyoto-Protokolls gelistet sind

EinE RepraumlsentantIn der kleinen

Inselstaaten

Projektdokumentation muss durch ein sachverstaumlndiges Zertifizierungsun-ternehmen beispielsweise den TUumlV uumlberpruumlft werden Auszligerdem muss das Projekt durch das Durchfuumlhrungsland und mindestens ein Industrieland genehmigt werden Wenn all diese Be-dingungen erfuumlllt sind wird das Projekt dem CDM-Exekutivrat vorgelegt Wenn der Exekutivrat keine Einwaumlnde hat wird es als CDM-Projekt registriert

Waumlhrend der Durchfuumlhrung des Projekts muumlssen seine Traumlger fortlau-fend uumlberwachen und dokumentieren welche Treibhausgasmengen es er-zeugt Die Emissionsminderung ergibt sich aus dem Unterschied zwischen den Emissionen des Projekts und den Emis-sionen die angefallen waumlren wenn das Projekt nicht umgesetzt worden waumlre wenn zum Beispiel statt Strom eines Windparks Strom aus Kohlekraftwerken verwendet worden waumlre Die Dokumen-tation wird wiederum von einer sach-verstaumlndigen Stelle und vom CDM-Exe-kutivrat uumlberpruumlft Abschlieszligend stellt der Exekutivrat den Projektbeteiligten Emissionszertifikate entsprechend der erzielten Emissionsminderung aus

Die Projektbeteiligten koumlnnen die Zertifikate dann an mehrere moumlgliche Abnehmer verkaufen Der erste moumlgli-che Abnehmer sind Industriestaaten die ihre Kyoto-Emissionsziele nicht durch inlaumlndische Emissionsredukti-onen erreichen und daher zusaumltzliche Zertifikate benoumltigen Daruumlber hinaus gibt es in der EU und in mehreren ande-ren Staaten Emissionshandelssysteme auf Unternehmensebene Aumlhnlich wie die Industriestaaten durch das Kyoto-Protokoll verpflichtet sind Emissi-onszertifikate vorzulegen muumlssen in der EU und in anderen Laumlndern auch bestimmte Unternehmen wie die Ener-gieversorger und groszlige Industriebe-triebe fuumlr ihre Treibhausgasemissionen Zertifikate vorlegen Diese Unterneh-men koumlnnen teilweise CDM-Zertifikate verwenden um ihre Verpflichtung zu erfuumlllen Der dritte moumlgliche Abnehmer ist der wachsende Markt der sogenann-ten bdquofreiwilligen Kompensationldquo von Treibhausgasemissionen Dies sind

Unternehmen und Privatpersonen die ihre Emissionen ausgleichen wollen indem sie CDM-Zertifikate kaufen und loumlschen Ein Beispiel dafuumlr sind Aus-gleichszahlungen fuumlr den CO2-Ausstoszlig durch Fluumlge

Der CDM verfuumlgt uumlber keinerlei men-schenrechtliche Kriterien Es gibt ledig-lich die Bestimmung dass die Projekte zur nachhaltigen Entwicklung beitragen sollen und die Vorschrift dass die lokale Bevoumllkerung konsultiert werden muss Allerdings gibt es keine interna-tionalen Kriterien wie der Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung uumlberpruumlft werden soll Stattdessen wird die Pruuml-fung vollstaumlndig den Gastgeberlaumlndern der Projekte uumlberlassen Ebenso gibt es nur vage internationale Kriterien fuumlr die Konsultation der lokalen Bevoumllke-rung Viele Laumlnder haben nur schwache

Funktionsweise des Clean Development Mechanism

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 29

Regeln und uumlberwachen deren Einhal-tung nur schlecht Als Ergebnis kommt es immer wieder zu Vorwuumlrfen dass durch CDM-Projekte Menschenrechte verletzt werden Die internationale Gemeinschaft ist damit nicht ihrer Verantwortung nachgekommen neue voumllkerrechtliche Vertraumlge entsprechend ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen auszugestalten

Das Kyoto-Protokoll wird nach 2020 nicht weitergefuumlhrt entsprechend wird auch der CDM auslaufen Allerdings

wurden im Pariser Abkommen neue Kooperationsmechanismen geschaf-fen Die Regeln zur Umsetzung dieser Mechanismen sollen ausdruumlcklich die Erfahrungen aus den Mechanismen des Kyoto-Protokolls beruumlcksichtigen Aus den menschenrechtlichen Problemen die sich im CDM ergeben haben soll-ten die Staaten die Schlussfolgerung ziehen dass die neuen Mechanismen verbindliche menschenrechtliche Krite-rien benoumltigen

Der Fall Bajo Aguaacuten ndash CDM-Zertifizierung trotz Menschen-rechtsverletzungen

Das Projekt bdquoAguan Biogas Recovery from Palm Oil Mill Effluent [POME] Ponds and Biogas Utilisation ndash Ex-portadora del Atlaacutentico AguanHondurasldquo soll die Behandlung von Abwasser aus einer Palmoumllmuumlhle verbessern und dadurch die Emissio-nen von Methan vermindern Das Palmoumll kommt aus Plantagen die im Zentrum eines gewalttaumltigen Landkon-flikts stehen Laut den oumlrtlichen KleinbaumluerInnen hat sich der Eigentuuml-mer das Plantagenland widerrechtlich angeeignet Sie fordern daher die Ruumlckgabe des Landes Die Sicherheits-kraumlfte der Plantagen und die oumlffentli-chen Sicherheitskraumlfte gehen immer

wieder gewaltsam gegen die Kleinbaumlu-erInnen vor bisher wurden uumlber 50 Personen getoumltet

Diese Umstaumlnde spielten jedoch im Registrierungsverfahren des CDM keine Rolle FIAN und andere Nicht-regierungsorganisationen wiesen den CDM-Exekutivrat darauf hin dass das Projekt in Menschenrechtsver-letzungen verwickelt sei Es wurde dennoch als CDM-Projekt registriert Der CDM-Exekutivrat erklaumlrte dass er kein Mandat habe solche Umstaumlnde zu beruumlcksichtigen Seine Zustaumlndig-keit beschraumlnke sich auf die Klima-schutzauswirkungen von Projekten Neben Honduras war das Projekt auch von Groszligbritannien registriert wor-den Nachdem sie uumlber die Vorwuumlrfe informiert worden war aumluszligerte die britische Regierung zwar dass diese bdquoverstoumlrendldquo seien erklaumlrte aber fuumlr Fragen der Nachhaltigkeit sei das Gastgeberland Honduras zustaumlndig

Das Projekt ist im CDM registriert und kann fuumlr Emissionsreduktionen die bis zum 31 Januar 2018 erzielt wurden Zertifikate erhalten Dieser Zeitraum kann verlaumlngert werden Das Ausmaszlig der Gewalt ist zwar nach einer Intervention der deutschen Regierung zuruumlckgegangen der zugrunde lie-gende Landkonflikt ist aber weiterhin ungeloumlst

Eine honduranische Baumluerin weist bei einer Demonstration auf die schweren Menschen-rechtsverletzungen in Bajo Aguaacuten hin

30 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank

Viele Klimaschutzmaszlignahmen werden ausschlieszliglich von privaten Unterneh-men und Banken durchgefuumlhrt die nicht an verbindliche Sozialstandards gebunden sind Insbesondere in Laumln-dern des Globalen Suumldens mit schwa-chen nationalen Standards und Institu-tionen zu ihrer Durchsetzung gefaumlhrdet dies den Schutz der Menschenrechte

Oumlffentliche Entwicklungsbanken verfuumlgen dagegen uumlber eigene Sozial-standards und Beschwerdeverfahren welche die Gefahr von Menschenrechts-verletzungen bei der Durchfuumlhrung von Projekten verringern koumlnnen Doch auch hier gibt es deutlichen Nachbes-serungsbedarf wie das Beispiel der Europaumlischen Investitionsbank (EIB) zeigt

Die EIB ist eine Bank der Europaumli-schen Union (EU) deren Anteilseigner neben der EU die EU-Mitgliedstaaten sind Sie verfuumlgt uumlber das groumlszligte Bud-get aller Entwicklungsbanken weltweit und ist ein Schluumlsselakteur der Klima-finanzierung Seit 2013 hat sie sich zum Ziel gesetzt jaumlhrlich mindestens 25 Prozent ihres Kreditvolumens fuumlr Kli-maprojekte zu vergeben Im Jahr 2011 leitete die EIB eine Untersuchung ein um ihre Sozialstandards den Anspruuml-chen der EU-Grundrechtecharta sowie den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte anzupassen Das dabei entstandene Handbuch fuumlr Umwelt- und Sozialstandards (2013) verspricht hohe Sozialstandards und beschreibt diese ndash als einzige Bank weltweit ndash sogar mit menschenrechtli-chem Vokabular 2015 uumlberarbeitete die EIB auszligerdem ihre Transparenzpolitik so dass sie im Unterschied zu vielen anderen europaumlischen Entwicklungs-banken bereits vor Bewilligung die Ergebnisse von Umwelt- und Sozial-vertraumlglichkeitsanalysen bekannt gibt Die EIB hat ferner ein eigenes Be-schwerdeverfahren das alle durch ihre Projekte Betroffenen nutzen koumlnnen Die Zustaumlndigen fuumlr die Bearbeitung

der Beschwerden koumlnnen Mediations-prozesse anstoszligen Das Verfahren und das zustaumlndige Gremium koumlnnen sogar selbst Gegenstand einer Beschwerde vor dem EU-Ombudsmann werden wenn die Betroffenen mit seiner Arbeit unzufrieden sind

Gute Standards und ein gutes Beschwerdeverfahren gelten in der Regel als Grundbedingung fuumlr die Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht Dennoch gibt es im System der EIB erhebliche Maumlngel Eine menschenrechtliche Untersuchung der Anwendung der Sozialstandards beim oben erwaumlhnten Erdwaumlrmeprojekt in Kenia fuumlhrte dabei zu folgenden Ergeb-nissen Es werde zu wenige Sozial- und MenschenrechtsexpertInnen je Projekt beschaumlftigt Ersatzweise werden Kre-ditnehmer auf das EIB-Handbuch zu Umwelt- und Sozialstandards verwiesen Die EIB uumlberlaumlsst die Umsetzung ihrer hehren Sozialstandards damit weitge-hend den Kreditnehmern ohne diese mit angemessen Personalressourcen zu unterstuumltzen und zu kontrollieren Betroffene werden von der EIB auch nicht systematisch uumlber die Existenz ihres Beschwerdeverfahrens informiert sondern stoszligen ndash wenn uumlberhaupt ndash erst durch eigene Recherche auf ihn Die EIB-MitarbeiterInnen haben keine Verpflichtung den Beschwerdeaus-schuss aktiv in problematische Projekte einzubinden Er wird erst aktiv wenn Betroffene an ihn herantreten Bei Pro-jekten die von mehreren Geldgebern finanziert werden hat er kein Mandat deren Rolle bei der Verletzung von So-zialstandards zu untersuchen Seine Be-urteilungen und Empfehlungen sind fuumlr die Bank auch nicht rechtlich bindend Das Beispiel der EIB zeigt damit nicht nur deren spezifische Maumlngel in der Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht sondern demonstriert auch die generell begrenzte Reichweite institutioneller Beschwerdemecha-nismen Sie stellen keinen Ersatz fuumlr verbindliche Menschenrechtsstandards dar zu deren Umsetzung Staaten ver-pflichtet sind

Gemaumlszlig dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP) sind 80 Prozent aller Menschen die aufgrund des Klimawan-dels umsiedeln muumlssen FrauenFoto Survival International

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 31

Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Der Status der EU im Menschenrechts-system ist kompliziert Die EU selbst ist kein Staat sondern eine Mitgliederor-ganisation von Staaten Wie andere internationale Organisationen auch ist sie daher keine Vertragspartei der zwischenstaatlichen Menschenrechts-vertraumlge (mit Ausnahme der UN-Behin-dertenrechtskonvention) Sie ist auch keine Vertragspartei der Europaumlischen Menschenrechtskonvention obwohl ihr Beitritt in Artikel 6(2) des EU-Vertrags

festgelegt ist und seit langem gepruumlft wird Daher haben die Menschenrechts-organe der UN und des Europarates auch kein Mandat uumlber die EU und duumlrfen nicht uumlber sie urteilen

Dennoch ist auch die EU verpfl ich-tet Menschenrechte in ihrer Innen- und Auszligenpolitik zu beachten Diese Verpfl ichtungen beruhen vor allem auf a) der EU-Grundrechtecharta (2009) b) dem EU-Vertrag sowie c) auf der Aarhus-Konventiona) Die Grundrechtecharta gilt fuumlr alle

EU-Organe sowie fuumlr die Mitglied-staaten bei der Anwendung von EU-Recht (GRC Art 51(1)) Sowohl das EU-Parlament als auch ein Experten-urteil bestaumltigten ihre extraterritori-ale Reichweite

b) In den EU-Vertraumlgen bekennt sich die EU zum Schutz der Menschen-rechte in ihrer Beziehung zur uumlbri-gen Welt und zur Grundrechtecharta der Vereinten Nationen (EUV Art 3(5)) Sie erklaumlrt diese zu leitenden Grundsaumltzen ihres auswaumlr-tigen Handelns (EUV Art 21) Dies gilt ausdruumlcklich auch fuumlr die Ko-operation mit Entwicklungslaumlndern (EUVA Art 208)

c) Die EU ist eine Vertragspartei der Aarhus-Konvention die nach Expert Innenmeinung ebenfalls auch extraterritorial ausgelegt werden kann

0 100 200 300 400 500

203020141990

Gebaumlude

Landwirtschaft

Industrie

Energiewirtschaft

Verkehr

lt61

72

88

lt98

160

163

lt72

119

209

lt143

181

283

lt183

358

466

Datenquelle Bundesministerium fuumlr UmweltNaturschutz Bau und Reaktorsicherheit (2017)Klimaschutz in Zahlen 2017

Ziele zur Verringerung von Treibhausgas-emissionen Deutschlands nach Sektoren gemaumlszlig dem Klimaschutzplan 2050(in Millionen Tonnen CO2-Aumlquivalenten)

32 FIAN | Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh (2012) Second National Com-munication of Bangladesh to the United Nations Framework Convention on Climate Change Dhaka Ministry of Environment and Forests Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh

Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 37

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Weltbank (2013) Turn Down the Heat Climate Extremes Regional Impacts and the Case for Resilience Washington DC Weltbank

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitikldquo

UN Generalversammlung (1992) Rio-Erklaumlrung uumlber Umwelt und Entwicklung (ACONF15126 (Vol I)) httpwwwunorgdeptsgermanconfagenda21riopdf

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2012) Human Rights Indicators A Guide to Measurement and Implementation httpbitly1oUZYHb

UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

International Commission of Jurists (2011) Maastricht Principles on Extraterritorial Obligations of States in the Area of Economic Social and Cultural Rights Verfuumlgbar mit deutscher Uumlbersetzung unter httpwwwfiandefileadminuser_uploaddo-kumenteshopRaN2012_ETO_Maastricht_Principles_en_de_finalpdf

UN Special Procedures (2015) Climate Change and Human Rights ndash Joint statement by UN Special Procedures on the occasion of World Environment Day 5 Juni 2015 httpwwwohchrorgENNewsEventsPagesDisplayNewsaspxNewsID=16049amp LangID=E

The Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (2015) Human Rights Law Sources UN Pronouncements on Extra-Territorial Obligations httpwwwetoconsortiumorgncenmain-navigationlibrarydocuments tx_drblob_pi15BdownloadUid5D=163

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2015) Report of the Office of the Uni-ted Nations High Commissioner for Human Rights on the relationship between clima-te change and human rights AHRC1061 15 Januar 2009 httpwwwohchrorgENIssuesHRAndClimateChangePagesStudyaspx

UN-Menschenrechtsrat (2016) Report of the Special Rapporteur on the issue of human rights obligations relating to the enjoyment of a safe clean healthy and sustainable environment AHRC3152 1 Februar 2016 httpspapersssrncomsol3paperscfmabstract_id=2729611

Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

European Bank for Reconstruction and Development together with MDB partners the African Development Bank the Asian Development Bank the European In-vestment Bank the Inter-American Development Bank Group and the World Bank Group (2016) Joint Report on Multilateral Development Banksrsquo Climate Finance wwwebrdcom2016-joint-report-on-mdbs-climate-financepdf

Schade Jeanette and Wolfgang Obergassel (2014) Human rights and the Clean Development Mechanism In Cambridge Review of International Affairs Vol 27 No 4 pp 717-735

Sterk Wolfgang und Christof Arens (2010) Investitionen fuumlr den Klimaschutz Die projektbasierten Mechanismen CDM und JI Berlin Bundesministerium fuumlr Umwelt Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) httpwwwcarbon-mechanismsdefileadminmediadokumentePublikationenCMRBroschuere_2010_Einfuehrung_CDM_JI_bfpdf

38 FIAN | Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Finley-Brook Mary Thomas Curtis (2011) Renewable Energy and Human Rights Violations Illustrative Cases from Indigenous Territories in Panama In Annals of the Association of American Geographers 1014 pp 863-872

Schade Jeanette (2013) Climate change and planned relocation Risks and a propo-sal for safeguards In Thomas Faist Jeanette Schade (Eds) Disentangling Migra-tion and Climate Change Methodologies Political Discourses and Human Rights Heidelberg Dordrecht New York Springer pp 138-206

Wolfgang Obergassel Jeanette Schade Lauri Peterson Nicolas Kreibich Timo Beiermann (2017) International Climate Finance Mechanisms and Extraterritorial Human Rights Obligations Status Quo and Future Prospects ein Dossier von FIAN Deutschland httpswwwfiandeartikelansicht2017-07-19-internationale- klimafinanzierung-und-risiken-fuer-die-menschenrechte

FIAN (2008) Agrartreibstoffe und das Menschenrecht auf Nahrung Grundlagen-papier von FIAN-Deutschland httpwwwfiandefiandownloadspdfagrarFIAN_Grundlagenpapier_Agrartreibstoffepdf

Jeanette Schade (2017) EU accountability for the due diligence failures of the European Investment Bank Climate finance and involuntary resettlement in Olkaria Kenya In Journal of Human Rights and the Environment Vol 8(1) 72-97 (Son-derausgabe ldquoClimate Justice and Displacementrdquo Gastherausgeber Schade und Manou)

Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 39

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 15: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

bung wird das Risiko von Duumlrren deut-lich erhoumlhen insbesondere fuumlr das nordwestliche Indien Pakistan und Afghanistan Fuumlr das suumldliche Indien wird eine houmlhere Feuchtigkeit vorhergesagt

Groszlige Fluumlsse wie der Ganges Indus und Brahmaputra haumlngen wesentlich von der sommerlichen Schnee- und Gletscherschmelze ab Bereits un-terhalb einer Erwaumlrmung von 2 Grad Celsius wird eine deutliche Erhoumlhung der Anzahl schneearmer Winter erwar-tet Dies wird zu deutlich niedrigeren Wasserstaumlnden in der trockenen Jahres-

zeit fuumlhren Wesentlich fuumlr die Land-wirtschaft sind auch das zeitige und regelmaumlszligige Eintreffen des Monsuns Dessen jaumlhrliche Schwankungen werden sich durch den Klimawandel deutlich verstaumlrken

Es wird erwartet dass die landwirt-schaftliche Produktion ohne den Klima-wandel bis zum Jahr 2050 um 60 Pro-zent steigen wuumlrde mit Klimawandel nur um 12 Prozent Durch den gleich-zeitigen Anstieg der Bevoumllkerung wird in der Folge die Produktion pro Kopf der Bevoumllkerung um ein Drittel abnehmen

Auswirkungen des Klimawandels auf Bangladesch

Bangladesch ist eines der Laumlnder die weltweit am staumlrksten durch den Klimawandel gefaumlhrdet sind Auf einer Flaumlche die etwa 40 Prozent der Groumlszlige Deutschlands entspricht leben 150 Millionen Menschen Das Land hat eine lange Kuumlste und die groszligen Fluumlsse Ganges Brahmaputra und Meghna muumlnden dort ins Meer und treten regelmaumlszligig uumlber die Ufer Schon ohne Klimawandel wird Bangla-desch immer wieder von Uumlberschwem-mungen Duumlrren und Wirbelstuumlrmen getroffen Im Durchschnitt werden jedes Jahr 20 bis 25 Prozent des Landes uumlberflutet Der Klimawandel fuumlhrt zu einem Anstieg des Meeres-spiegels und zur Zunahme von Mon-sunregen und Wirbelstuumlrmen Durch diese Faktoren koumlnnten in der Mitte des Jahrhunderts bei starken Fluten bis zu 80 Prozent des Landes uumlber-schwemmt werden Die Anzahl der Menschen die in Gegenden mit hohem Wirbelsturmrisiko leben koumlnnte von derzeit 87 Millionen auf uumlber 38 Milli-onen steigen

Daruumlber hinaus druumlckt der steigen-de Meeresspiegel vermehrt salziges Meerwasser in Bangladeschs Flussdel-tas Wo das Meerwasser nicht abflieszligt versalzen Boumlden und Suumlszligwasserquel-len Der Meeresspiegel koumlnnte bis 2050 um bis zu einem halben Meter

steigen Dadurch wuumlrde das Land 10 Prozent seiner Flaumlche verlieren was etwa der Groumlszlige Schleswig-Holsteins entspricht Davon waumlren 55 Millionen Menschen direkt betroffen und muumlss-ten umsiedeln

Die Kosten fuumlr die entstehenden Schaumlden und fuumlr die notwendigen Maszlignahmen zur Anpassung an den Klimawandel stellen Bangladesch vor eine enorme Herausforderung Als eines der aumlrmsten Laumlnder der Welt ist es bei der Bewaumlltigung dieser Aufgaben auf internationale finan-zielle und technische Unterstuumltzung angewiesen

Bangladeschs Fluumlsse drohen zu versalzen

Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser | FIAN 15

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Die ersten Erkenntnisse zu den negati-ven Folgen des Klimawandels ruumlckten im Laufe der 1980er Jahre zunehmend ins Bewusstsein der Oumlffentlichkeit 1990 reagierte die Generalversammlung der Vereinten Nationen (United Na-tions UN) und beschloss ein interna-tionales Klimaschutzabkommen auszu-handeln Als Ergebnis wurde 1992 die Klimarahmenkonvention auf der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro (im Folgenden kurz Rio-Konferenz) verabschiedet

Die Klimarahmenkonvention ist gleichsam das Grundgesetz der inter-nationalen Klimapolitik Sie legt deren grundsaumltzliche Prinzipien fest (siehe folgendes Kapitel) und verpfl ichtet alle Staaten das Klima zu schuumltzen Daruuml-ber hinaus verpfl ichtet sie die traditio-nellen Industrielaumlnder dazu die Laumlnder des Globalen Suumldens fi nanziell tech-nologisch und durch Organisationsent-wicklung und Ausbildung zu unterstuumlt-zen Allerdings enthaumllt die Konvention keine konkreten Verpfl ichtungen fuumlr einzelne Staaten Solche Verpfl ichtun-gen sollten im Rahmen eines Zusatzpro-tokolls geregelt werden

Die Verhandlungen zu solch einem Protokoll wurden 1995 begonnen und 1997 im japanischen Kyoto abgeschlos-sen Das Kyoto-Protokoll verpfl ichtet die traditionellen Industrielaumlnder ihre Treibhausgasemissionen von 2008

bis 2012 um jeweils laumlnderspezifi sch defi nierte Werte zu senken Die Laumlnder koumlnnen diese Emissionsziele entweder auf ihrem eigenen Staatsgebiet erbrin-gen oder aber uumlber den so genannten Emissionshandel Emissionsminderun-gen aus anderen Laumlndern ankaufen Dazu wurden verschiedene Verfahren entwickelt (siehe Kapitel bdquoInternatio-nale Klimafi nanzierungldquo) Der damals groumlszligte Emittent die USA traten dem Abkommen jedoch nicht bei Zudem enthaumllt das Abkommen keine Verpfl ich-tungen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens

2007 wurden daher neue Verhand-lungen begonnen um ein global um-fassendes Klimaabkommen zu schaffen Das Abkommen sollte 2009 auf der Klimakonferenz in Kopenhagen ver-abschiedet werden dieses Vorhaben scheiterte jedoch Die Staaten konnten sich lediglich auf unverbindliche Zusa-gen einigen Allerdings legten erstmals auch viele Laumlnder des Globalen Suumldens Klimaschutzzusagen vor 2011 wurde ein neuer Anlauf gestartet ein um-fassendes Abkommen zu vereinbaren Gleichzeitig stimmten die EU und einige andere Industrielaumlnder zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020 neue ver-bindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

2015 einigten sich schlieszliglich alle Staaten auf das Pariser Klimaschutz-

16 FIAN | Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

3-SPALTIG1845mm times 90mm

Vereinte Nationen setzen Weltklimarat ein

unterzeichnet durch alle Staaten der Welt greift ab 2020

Pariser Klimaschutz-abkommen

Industrielaumlnder verpfl ichten sich ihre Treibhaus-gasemissionen von 2008 bis 2012 zu senken

Maumlngel Die USA haben nicht unterzeichnet und keine Verpfl ichtungen fuumlr den Globalen Suumlden

Verabschiedung

des

Kyoto Protokolls

1988

1992

1997

2011

2015

2016Beschluss der

Klimarahmenkonvention bei der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung (Rio-Konferenz)

Die EU und einige andere Industrielaumlnder stimmen zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020

neue verbindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

US-Praumlsident Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckzuziehen

abkommen Das Abkommen greift ab 2020 und verpflichtet alle Mitglieder Klimaschutzbeitraumlge vorzulegen Diese Beitraumlge sind allerdings rechtlich nicht verbindlich Stattdessen setzt das Abkommen auf transparente Berichter-stattung und oumlffentliches Anprangern um die Staaten anzuhalten ihre Vor-

haben auch tatsaumlchlich umzusetzen Inzwischen sind alle Staaten der Welt dem Pariser Abkommen beigetreten Allerdings hat der 2016 neugewaumlhlte US-Praumlsident Donald Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckziehen zu wollen

Die RegierungsvertreterInnen freuen sichuumlber die Verabschiedung des Klimaschutzabkommens von Paris Foto (ebenso S 16) IISDKiara Worth(enbiisdorgclimatecop21enb2dechtml)

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik | FIAN 17

Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Es ist deutlich geworden dass diejeni-gen Laumlnder die am wenigsten zum Klimawandel beitragen oft am staumlrks-ten von ihm betroffen sind Dieses Kapitel befasst sich daher mit den voumllkerrechtlichen Verpfl ichtungen der Staaten auf menschenrechtskonforme Weise den Klimawandel aufzuhalten und Anpassungsmaszlignahmen zu unterstuumltzen

Internationale Menschenrechte und Umweltvoumllkerrecht wirken inhaltlich ineinander Die Verwirklichung vieler Menschenrechte insbesondere auch des Rechts auf Nahrung haumlngt naumlmlich unmittelbar vom Zustand der natuumlrli-chen Umwelt ab Dem wurde bereits in der Stockholmer Erklaumlrung zur menschli-chen Umwelt von 1972 Rechnung getra-gen Sie formulierte als erste das Recht auf eine gesunde Umwelt und enthielt bereits damals die drei Prinzipien des Umweltrechts wie sie sich 1992 in der Erklaumlrung von Rio uumlber Umwelt und Entwicklung (im Folgenden kurz Erklauml-

rung von Rio) wiederfi nden das Vorsor-geprinzip das Verursacherprinzip und die gemeinsame aber unterschiedliche Verantwortung

Zugleich handelt es sich bei Men-schenrechten und Umweltrecht aber um unterschiedliche Bereiche des Voumllker-rechts Eine durchgaumlngige Beruumlcksichti-gung von Menschenrechten im globalen Umwelt- oder Klimarecht ist daher nicht selbstredend Im Folgenden werden die Gemeinsamkeiten und Unterschie-de der Rechtssysteme dargestellt und verdeutlicht welche Prinzipien und Verpfl ichtungen sich jeweils verstaumlrken und wo es Nachbesserungsbedarf gibt Anschlieszligend werden die staatlichen Verpfl ichtungen die sich aus men-schenrechtlicher Sicht fuumlr die Klima-politik ergeben gepruumlft Pfl ichten zur Emissionsminderung zur Unterstuumlt-zung von Anpassungsmaszlignahmen und zur Beachtung von Menschenrechten bei der Durchfuumlhrung von Maszlignahmen

Ganz allgemein handelt es sich beim Voumllkerrecht um Vertraumlge zwischen Staaten in welchen sie wechselseitige Pfl ichten und Rechte festhalten Die Menschenrechte bilden jedoch eine Ausnahme Sie sind Rechte von Einzel-personen und Gruppen gegenuumlber dem

Staat Diesen Rechten stehen staatliche Verpfl ichtungen gegenuumlber Fuumlr beide Bereiche gilt gleichermaszligen dass man zwischen materiellen Rechten und Verfahrensrechten unterscheidet ndash also zwischen konkreten Inhalten von Rechten einerseits (zum Beispiel das

Prinzipien des interna-tionalen Umweltrechts

und der Menschenrechte

Foto Werner Rudhart

18 FIAN | Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Recht auf sauberes Trinkwasser) und Regeln zu Vorgehensweisen anderer-seits (zum Beispiel die Pflicht zu Kon-

sultationen vor Eingriffen in Trinkwas-serreservoire oder die Festlegung von Rechtsmitteln bei Konflikten)

Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts

Die internationale Klimarahmenkon-vention ist Teil des internationalen Umweltrechts zu dem noch viele weitere Vertraumlge wie zum Beispiel das Washingtoner Artenschutzabkommen (1973) oder das Uumlbereinkommen zum Schutze der Ozonschicht (1985) gehouml-ren Vertragsuumlbergreifend sind im internationalen Umweltrecht die drei oben genannten Prinzipien anerkannt Sie gelten als Voumllkergewohnheitsrecht oder sind auf dem besten Wege dorthin Zu diesem Status hat wesentlich die Erklaumlrung von Rio beigetragen zu deren Grundpfeilern sie gehoumlren

Das Vorsorgeprinzip soll verhin-dern dass Schaumlden fuumlr die Umwelt ent-stehen International verankert ist vor allem der Grundsatz der Schadensver-meidung Er besagt dass auch bei un-vollstaumlndigem oder unsicherem Wissen uumlber Art Ausmaszlig Wahrscheinlichkeit und Ursachen von Umweltschaumlden und -gefahren vorbeugend gehandelt wer-den muss um Risiken zu minimieren Es gilt im internationalen Recht insbeson-dere fuumlr Auswirkungen von Maszlignahmen jenseits des eigenen Staatsgebiets wie zum Beispiel die Verschmutzung grenz-uumlberschreitender Gewaumlsser

Das Verursacherprinzip besagt dass fuumlr die Linderung und Beseitigung eingetretener Schaumlden der Verursacher verantwortlich ist und er folglich auch die Kosten tragen muss

Das Prinzip gemeinsamer aber unterschiedlicher Verantwortung entspricht einer Verallgemeinerung des Verursacherprinzips in Bezug auf Veraumlnderungen in der Umwelt fuumlr die kein einzelner Verursacher identifiziert werden kann Ein Beispiel hierfuumlr ist der Klimawandel Die gesamte Staaten-gemeinschaft traumlgt eine gemeinsame Verantwortung zu handeln Dabei wird jenen Staaten eine groumlszligere Verantwor-tung zugeschrieben die wirtschaftlich

leistungsfaumlhiger sind und staumlrker an der globalen Ressourcenausbeute beteiligt sind

Umweltrecht beinhaltet haumlufig auch eine Reihe von Verfahrensrechten In den meisten Staaten muumlssen im Vor-feld von Groszligprojekten beispielsweise deren Umweltvertraumlglichkeit analysiert (Ausdruck des Vorsorgeprinzips) und die betroffene Bevoumllkerung dabei ein-gebunden werden Vorbildlich ist hier das Uumlbereinkommen uumlber den Zugang zu Informationen die Oumlffentlichkeits-beteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten der UN Wirtschaftskommission fuumlr Europa (2001) kurz die Aarhus-Konvention Sie gewaumlhrt ausdruumlcklich die Rechte aller Betroffenenbull uumlber Umweltauswirkungen von Pro-

jekten informiert zu werdenbull an Entscheidungs- und Planungs-

prozessen beteiligt zu werden sowiebull Schadensersatzanspruumlche geltend

zu machenDie Aarhus-Konvention wurde von fast 50 Staaten Europas und Zentralasiens (mit Ausnahme Russlands) sowie von der EU ratifiziert

Frauen im kenianischen Tana-Delta sind besonders stark mit den Folgen der zuneh-menden Waserknappheit konfrontiert Foto Anton Pieper

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 19

Respekt

vor Zugang zu angemessener

Nahrung

Schutz

vor Uumlbergriffen Dritter

Gewaumlhrleistung

der Verfuumlgbarkeit und des Zugangs

zu Nahrung

Staatenpflichten

Auch die Rio-Konferenz und ihre Folgeprozesse bauen auf die Beteili-gung der Zivilgesellschaft Uumlber diesen Weg hielten nach und nach auch soziale Menschenrechte ausdruumlcklich Einzug in die Abschlusserklaumlrungen der alle

fuumlnf Jahre stattfindenden UN-Gipfel zu Umwelt und Entwicklung

Die Erklaumlrung von Rio mit ihrem Konzept der Nachhaltigkeit und den drei genannten Prinzipien liefer-te auszligerdem die Grundlage fuumlr die Klimarahmenkonvention

Prinzipien der internationalen Menschenrechte

Allgemeine Prinzipien

Die zentrale Saumlule des internationalen Menschenrechtssystems ist die Men-schenrechtscharta der Vereinten Natio-nen Sie umfasst die Allgemeine Erklauml-rung der Menschenrechte (1948) den Internationale Pakt uumlber Buumlrgerliche und Politische Rechte (UN-Zivilpakt) sowie den Internationalen Pakt uumlber Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) (beide 1966) Neben dem Zivilpakt und dem Sozial-pakt gibt es auszligerdem acht weitere Menschenrechtsvertraumlge die sich auf den Schutz besonders benachteiligter Gruppen sowie auf das Verbot von Folter und unmenschlicher Behandlung beziehen Alle Abkommen sind durch die immer gleichen Querschnittsprinzi-pien gepraumlgt naumlmlich das Gebot der Nichtdiskriminierung die Gleichheit aller die gesellschaftliche Beteiligung

den Zugang zu effektiven Rechtsmitteln bei Rechtsverletzungen die Rechen-schaftspflicht der Staaten sowie das Verbot des Ruumlckschritts Bei diesen Prinzipien handelt es sich durchweg um Verfahrensrechte die allen materiellen Rechten wie dem Recht auf Nahrung Wasser Wohnen etc zur Seite gestellt sind Denn sehr haumlufig liegt der Verlet-zung materieller Rechte die Verletzung von Verfahrensrechten zugrunde

Alle Menschenrechtsvertraumlge un-terscheiden fuumlr ihre gewaumlhrten Rechte je drei Arten staatlicher Verpflichtung gegenuumlber Einzelpersonen und Grup-pen Im UN-Sozialpakt sind dies res-pektieren schuumltzen gewaumlhrleisten Die Respektierungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten die Wahrnehmung eines Rechts nicht behindern duumlrfen Die Schutzpflicht besagt dass die Vertragsstaaten Dritte davon abhalten muumlssen die Ausuumlbung dieses Rechts zu beintraumlchtigen oder zu verhindern Die Gewaumlhrleistungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten Maszlignahmen er-greifen muumlssen um die Verwirklichung eines Rechts voranzubringen

Bezogen auf das Recht auf Nah-rung heiszligt das zum Beispiel dass der Staat BaumluerInnen nicht von ihrem angestammten Land umsiedeln darf um Infrastrukturprojekte umzusetzen wenn dadurch ihr Zugang zu angemes-sener Nahrung verloren geht Er muss ferner Dritte ndash zum Beispiel Groszliggrund-besitzerInnen oder Unternehmen ndash daran hindern dies zu tun wenn sie Land fuumlr Investitionen verkaufen oder Infrastrukturprojekte durchfuumlhren Und der Staat muss durch geeignete Maszlig-nahmen auch jenen die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung ermoumlglichen die davon ausgegrenzt sind ndash zum

Menschenrechten stehen staatliche Pflichten gegenuumlber

20 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Beispiel fuumlr die sichere Ruumlckkehr von Vertriebenen sorgen oder sie auf neuem fruchtbaren Land ansiedeln Da fuumlr viele Laumlnder des Globalen Suumldens wegen der Begrenztheit der verfuumlgbaren Mittel

insbesondere die Gewaumlhrleistungs-pflicht nicht immer leicht zu erfuumlllen ist sieht der UN-Sozialpakt eine all-maumlhliche Verwirklichung der Rechte vor

Extraterritoriale Staatenpflichten

Menschenrechtsvertraumlge beschreiben zunaumlchst die Pflichten eines Vertrags-staates gegenuumlber den Menschen auf seinem Staatsgebiet oder solchen die anderweitig unter seiner Gewalt stehen (zum Beispiel bei Besatzungen) Der UN-Zivilpakt enthaumllt eine Klausel die seinen Anwendungsbereich in diesem Sinn einschraumlnkt Der UN-Sozialpakt hingegen erlaubt weitreichendere Interpretationen Hier heiszligt es in Artikel 2(1) bdquoJeder Vertragsstaat verpflichtet sich einzeln und durch internationale Hilfe und Zusammenar-beit hellip die volle Verwirklichung der in diesem Pakt anerkannten Rechte zu erreichenldquo Fortschrittliche JuristInnen sehen darin eine rechtlich bindende Pflicht wirtschaftliche soziale und kulturelle Menschenrechte auch uumlber das eigene Staatsgebiet hinaus zu respektieren zu schuumltzen und zu gewaumlhrleisten Dies hat der UN-Sozial-ausschuss 2002 in seinem Allgemeinen Kommentar Nr 15 zum Recht auf Wasser aufgegriffen der bdquohellip von den Vertragsstaaten [verlangt] von Hand-lungen abzusehen die den Genuss des Rechts auf Wasser in anderen Laumlndern unmittelbar oder mittelbar beeintraumlchti-genldquo Die International Commission of Jurists (ICJ) hat dies fortgesetzt und 2011 die sogenannten Maastrichter Prinzipien zu extraterritorialen Staaten-pflichten im Rahmen des UN-Sozialpakts veroumlffentlicht Laut den Maastrichter Prinzipien muumlssen Staaten ihre zwi-schenstaatlichen und internationalen Abkommen so gestalten dass sie nicht zu menschenrechtlichen Verwerfungen bei Vertragspartnern fuumlhren und die Staaten nicht in der Erfuumlllung ihrer

menschenrechtlichen Verpflichtungen einschraumlnken Ferner haben Staaten die Pflicht gesetzgeberische und politische Maszlignahmen zu ergreifen um Menschen in anderen Staaten vor Menschen-rechtsverletzungen durch bei ihnen ansaumlssige international agierende Konzerne zu schuumltzen Die freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Men-schenrechten gleichfalls von 2011 weisen zumindest den Spielraum aus den Staaten zur Regulierung transnati-onaler wirtschaftlicher Akteure haben 2017 veroumlffentlichte der UN-Sozialaus-schuss auszligerdem den Allgemeinen Kommentar Nr 24 zu Staatenpflichten im Zusammenhang unternehmerischen Handelns Darin betont er ebenfalls die grenzuumlberschreitenden staatlichen Pflichten zur Kontrolle multinationaler Konzerne Insgesamt hat der Verweis auf extraterritoriale Pflichten der Staaten im Rahmen des UN-Menschen-rechtssystems uumlber die letzten Jahre stark zugenommen

Protest vor der Zentrale der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) gegen ein Staudammprojekt in Panama

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 21

Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten

Obwohl die Umwelt- und die Men-schenrechtsprinzipien ein groszliges Potenzial fuumlr Synergien haben weisen die Klimarahmenkonvention und das Kyoto-Protokoll keinerlei Bezug zu den Menschenrechten auf Zur Veran-schau li chung vergleicht die folgende Tabelle die wesentlichen Prinzipien der international anerkannten Men-schenrechte und die Regeln des Kli-marechts anhand der Grundpfeiler des internationalen Umweltrechts

Wie die Tabelle zeigt sind Staaten aus menschenrechtlicher und aus kli-mapolitischer Perspektive verpflichtet den Klimawandel zu stoppen und seine Wirkungen abzumildern Neben der Emissionsminderung ist es menschen-rechtlich wichtig besonders betroffene Bevoumllkerungsgruppen bei der Anpas-sung zu unterstuumltzen die hierfuumlr kaum Mittel haben

Ferner duumlrfen klimapolitische Maszlignahmen ihrerseits nicht zu Men-schenrechtsverletzungen fuumlhren Da die internationalen Klimaregeln aber im Gegensatz zu Menschenrechtskonven-tionen und vielen anderen Umweltab-kommen vergleichsweise wenig Wert auf die Einbindung betroffener Menschen legt kommt es durch klimapolitische Maszlignahmen immer wieder zu Men-schenrechtsverletzungen Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen sowie UN-SonderberichterstatterInnen und andere Menschenrechtsorgane haben daher intensiv Lobbyarbeit betrieben um Menschenrechte im Abkommen von Paris zu verankern Durchgesetzt hat sich jedoch nur ein Absatz in der nicht-bindenden Praumlambel (Zitat siehe Einlei-tung) Klimaschutz und Menschenrech-te trennen weiterhin Welten

Umwelt-recht-

Prinzipien Internationale Menschenrechte Internationales Klimarecht

Veru

rsac

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ip

Ist Bestandteil der Menschenrechtsprinzipien und kommt im Recht auf Rechtsmittel und Entschaumldigung zum Ausdruck Das Verursacherprinzip setzt voraus dass ein Staat seine Respektierungs- Schutz- oder Gewaumlhrleistungspflicht nachweislich verletzt hat

Wegen des Problems eine spezifische Kausalkette nachzuweisen (welche CO2-Emission hat wen geschauml-digt) ist es kein Prinzip der Klimarahmenkonventi-on In aufgeweichter Form spiegelt es sich im Prinzip der gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortung

Pflic

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on Grundlegendes in Art2 (1) des UN-Sozialpaktes verankertes Prinzip wonach die reichen Industrie-staaten die Laumlnder des Globalen Suumldens bei der allmaumlhlichen Verwirklichung der Menschenrechte unterstuumltzen sollen

Verpflichtung der Industrielaumlnder gemaumlszlig Art 4 (3 4) der Klimarahmenkonvention die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell und technologisch bei der Minde-rung von Emissionen und Anpassung an den Klima-wandel zu unterstuumltzen

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Verfahrensrechte (Gleichbehandlung Information Beteiligung Rechtsmittel) sind Grundlage aller menschenrechtlichen Vertraumlge weil sie auch fuumlr die Sicherung substantieller Rechte (zB Recht auf Nahrung) bedeutend sind Dies gilt insbesondere auch fuumlr die Rechte besonders diskriminierter Bevoumllkerungsgruppen

Im Gegensatz zu vielen Umweltabkommen (zB Aarhus-Konvention) spielen in der Klimarahmenkon-vention dem Kyoto-Protokoll und dem Pariser Ab-kommen Verfahrensrechte von Einzelpersonen keine Rolle Die Ausgestaltung der internationalen Klima-schutzmechanismen nimmt entsprechend wenig Ruumlcksicht darauf

Vergleich menschenrechtlicher und klimarechtlicher Prinzipien

22 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Die Malediven fordern von der internationalen Staatengemeinschaft Maszlignahmen zum Klimaschutz zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung

Kaum jemand zweifelt mehr daran dass der Klimawandel maszliggeblich men-schengemacht ist und negative Auswir-kungen auf die Wahrnehmung von Menschenrechten hat Auf Grundlage der menschenrechtlichen Schutzpflicht sind die Staaten verpflichtet rasch effektive Maszlignahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen zu ergrei-fen BerichterstatterInnen des UN-Menschenrechtsrats betrachten das im Pariser Abkommen vereinbarte Ziel Emissionen derart zu reduzieren dass der globale Temperaturanstieg unter 15 Grad Celsius gehalten wird daher als menschenrechtliche Pflicht der Staaten Dennoch findet Emissionsmin-derung nicht in dem Umfang statt wie es noumltig waumlre Seit 2005 haben ver-schiedene Akteure auf unterschiedli-chen Wegen versucht diesen Blockaden mit Hilfe des Menschenrechtssystems entgegenzuwirken

Die Regierung der Malediven schlug den politischen Weg ein Die Malediven sind ein Staat bestehend aus etwa 1200 kleinen Inseln die nur wenige Meter uumlber dem Meeresspiegel liegen und unmittelbar vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen sind Die Regierung des Landes initiierte die Maledivische Erklaumlrung zur menschlichen Dimension des globalen Klimawandels die sie im November 2007 gemeinsam mit 38 weiteren kleinen Inselstaaten unterzeichnete In dieser Erklaumlrung forderten sie das Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte der Vereinten Nationen auf dem Menschenrechtsrat eine detaillierte Studie uumlber die Auswir-kungen des Klimawandels vorzulegen was im Oktober 2009 ndash kurz vor der Klimakonferenz in Kopenhagen ndash auch geschah Die Malediven haben damit einen Prozess in Gang gesetzt der maszliggeblich dazu beigetragen hat dass viele Menschenrechtsorgane begannen sich mit den Auswirkungen des Klima-wandels auf die Menschenrechte zu befassen

Einen anderen Weg schlugen die Inuit des US-amerikanischen Teils Alaskas ein 2005 reichten sie bei der Inter-Amerikanischen Menschenrechts-kommission eine Klage gegen die USA ein weil die USA nicht genug taumlten um den Klimawandel zu verhindern Die Kommission lehnte die Verhandlung des Falls ab Ein wesentlicher Grund war dass die Klaumlger nicht hinreichend darle-gen konnten dass vor allem die Un-taumltigkeit der USA zur Verletzung ihrer Menschenrechte fuumlhre Die Kommission lud die Inuit aber im Maumlrz 2007 zu einer Anhoumlrung ein um die Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Menschen-rechte zu eroumlrtern Obwohl sie rechtlich eine Niederlage erlitten hatten wurde die Anhoumlrung doch zu einem politi-schen Erfolg der der Situation der Inuit global viel Aufmerksamkeit einbrachte

Des Weiteren war die Klageschrift der Inuit der Auftakt zu einer Vielzahl von Versuchen die Staaten auf juristi-schem Wege zur Pflicht zu rufen Dies muss sich aber nicht auf Organe des Menschenrechtssystems beschraumlnken Besonders erfolgreich war eine Klage der niederlaumlndischen Umweltorganisa-tion Urgenda gegen die Niederlande Das Bezirksgericht in Den Haag urteilte 2015 auf Grundlage der in der nieder-laumlndischen Verfassung verankerten Fuumlrsorgepflicht des niederlaumlndischen Staates dass die Niederlande auf-grund der Erkenntnisse des vierten Sachstandsberichts des Weltklimarats ihre Emissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 25 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern muumlssen Mit den bis dahin ergriffenen Maszlignahmen waumlren voraussichtlich nur 17 Prozent erreicht worden

Trotz dieser Erfolge bleibt es schwierig einzelne Staaten fuumlr den Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Menschenrechte zur Verant-wortung zu ziehen Haumlufig verstaumlrkt der Klimawandel nur bereits beste-hende Menschenrechtsverletzungen Auch die Unterscheidung ob eine

Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 23

Menschenrechtsverletzung in diesem Zusammenhang Folge des Klimawandels oder uumlblicher Wetterextreme ist ist oft schwierig So kommt das Hochkommis-sariat fuumlr Menschenrechte 2009 zum Ergebnis dass der Klimawandel zwar eindeutig negative Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Menschenrech-ten hat dass es aber weniger eindeutig ist ob und in welchem Ausmaszlig die Auswirkungen in streng rechtlichem Sinn als Menschenrechtsverletzung qualifiziert werden koumlnnen

Aus Sicht von FIAN Deutschland kann der Verlust des Zugangs zu Nah-rung durch den Klimawandel aber durchaus als Menschenrechtsverletzung gewertet werden fuumlr die andere Staa-

ten als der Heimatstaat mitverantwort-lich sind Zwar ist der Haftungsansatz nach dem Verursacherprinzip aufgrund der oben geschilderten Besonderheiten des Klimaproblems fuumlr eine menschen-rechtliche Argumentation wenig frucht-bar Aufgrund des Wissens der Staaten uumlber die menschliche Verursachung und der nachweislich negativen Auswirkun-gen des Klimawandels auf die weltweite Verwirklichung der Menschenrechte sind die Staaten jedoch gemaumlszlig UN-Sozialpakt Artikel 2(1) menschenrecht-lich verpflichtet einzeln sowie durch internationale Hilfe und Zusammen-arbeit unter Ausschoumlpfung all ihrer Moumlglichkeiten wirksame Maszlignahmen zur Emissionsminderung zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung

bdquoAnpassungldquo umschreibt ein weites Feld von Aktivitaumlten das die Menschen weniger anfaumlllig gegenuumlber den Auswir-kungen des Klimawandels macht Hiermit kann die Einfuumlhrung von duumlrreresistenten Pflanzenarten und von Bewaumlsserungssystemen gemeint sein aber auch Umsiedlung aus Hochrisiko-zonen neue Bauweisen und Bauvor-schriften oder der Ausbau von Institu-tionen zum Risikomanagement Sie macht einen vergleichsweise kleinen Teil der Klimafinanzierung aus die sich 2016 auf insgesamt 380 Milliarden US Dollar belief 93 Prozent der globalen Klimafinanzierung kommen der Emissi-onsminderung zugute die uumlberwiegend privat finanziert ist Mittel aus oumlffentli-cher Hand tragen nur 34 Prozent zur globalen Klimafinanzierung bei wovon wiederum nur 16 Prozent Anpassungs-maszlignahmen zugutekommen 89 Pro-zent der oumlffentlichen Klimafinanzierung werden von internationalen und natio-nalen Entwicklungsbanken gestemmt Selbst die internationalen Banken wie die Weltbank die Asiatische und die

Afrikanische Entwicklungsbank oder die Europaumlische Investitionsbank (EIB) investieren nur durchschnittlich 23 Pro-zent ihrer Investitionen im Klimabe-reich in Anpassungsmaszlignahmen Fuumlr den unmittelbaren Schutz sowie fuumlr Anpassungsmaszlignahmen an die Folgen des Klimawandels werden also verhaumllt-nismaumlszligig wenige Gelder bereitgestellt Dies kann akut zu Menschenrechtsver-letzungen fuumlhren Je spaumlter und halb-herziger in den Klimaschutz investiert wird desto mehr Anpassung wird noumltig Die Pflicht der Staaten solche Maszlignah-men zu unterstuumltzen ergibt sich aus ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen gemaumlszlig Artikel 2(1) des UN Sozialpaktes Sie gilt unabhaumlngig davon wie viel ein Staat zur Klimaer-waumlrmung beitraumlgt Diese Pflicht ergibt sich auszligerdem aus Art 4(3 4) der Klimarahmenkonvention die aumlrmeren Laumlnder sowohl beim Klimaschutz als auch bei der Anpassung an den Klima-wandel unterstuumltzen ndash gemaumlszlig dem Prinzip gemeinsamer aber unterschied-licher Verantwortung

Die Lebensgrundlage der Indigenen im aumlthiopischen Omo-Tal ist durch den Bau des Stauddamms Gibe III bedroht Foto Suvival International

24 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Obergrenze (Cap)

Industriestaaten unterschreiben dashellip

Kyoto-Protokoll (1997)

Ziel Reduktion der Treibhausgasemission

Emissionen im Zeitraum von 2008 bis 2012 um 5 unter das Niveau von 1990 senken

fl exibler Mechanismus

Fabrik A Fabrik B

Wenn die Emissionen unter der Obergrenze

liegen koumlnnen die nicht genutzten Emissionsrechte wieder verkauft

werden

hellip an Staaten oder

Unternehmen die mehr

Emissionen ausstoszligen

wollen

Verkauft die ungenutzten CO

2-Rechtehellip

Funktionsweise des Emissionshandels

Internationale Klimafinanzierung

Gemaumlszlig der Klimarahmenkonvention sind die traditionellen Industrielaumlnder verpflichtet die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell technologisch und mit Kapazitaumltsaufbau zu unterstuumltzen Auf der Klimakonferenz von Kopenha-gen 2009 wurde diese Verpflichtung konkretisiert die Industrielaumlnder sagten zu dass die finanzielle Unter-stuumltzung bis 2020 auf jaumlhrlich 100 Milli-arden US-Dollar anwachsen soll Zu diesen werden nicht nur die aufge-brachten oumlffentlichen Mittel sondern auch private Investitionen in den Klimaschutz gezaumlhlt wenn sie eine Folge staatlicher Maszlignahmen sind

Die Unterstuumltzung durch oumlffentliche Geber laumluft durch eine Vielzahl von Ka-naumllen Zum einen nutzen viele Staaten dazu ihre Organisationen der Entwick-lungszusammenarbeit In Deutschland sind das beispielsweise die Gesellschaft fuumlr Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Kreditanstalt fuumlr Wieder-aufbau (KfW) Zweitens zaumlhlen auch die Weltbank und die regionalen Ent-wicklungsbanken Klimaschutz zu ihren Aufgaben Insbesondere die Weltbank hat mehrere spezielle Klimaschutzfonds geschaffen Drittens wurde eine Reihe von internationalen Fonds eingerichtet Mit den Geldern der 1991 geschaffenen Globalen Umweltfazilitaumlt (Global Envi-ronment Facility GEF) werden Projekte im Rahmen der Klimarahmenkonventi-on und anderer internationaler Um-weltabkommen finanziert 2001 wurden unter der Klimarahmenkonvention eine Reihe von kleinen spezialisierten Fonds eingerichtet die insbesondere Maszlig-nahmen zur Anpassung an den Klima-wandel finanzierenbull der Least Developed Countries Fund

Fonds fuumlr die am wenigsten entwi-ckelten Laumlnder

bull der Special Climate Change Fund Spezieller Klimawandel-Fonds der vor allem Anpassungsmaszlignahmen finanzieren soll und

bull der Adaptation Fund Anpassungs-fonds fuumlr Laumlnder des Globalen Suumldens

Daruumlber hinaus wurde 2010 beschlos-sen den Green Climate Fund (Gruumlner Klimafonds) einzurichten Dieser soll einen erheblichen Teil der zugesagten 100 Milliarden US-Dollar verwalten

Neben diesen Einrichtungen zur Klimafinanzierung wurden im Rahmen des Kyoto-Protokolls auch institutiona-lisierte Verfahren zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige geschaffenbull der internationale Emissionshandel

der den Handel mit Rechten zum Ausstoszlig von Treibhausgasen regelt

bull die Joint Implementation (Gemein-same Umsetzung) uumlber die Klima-schutzprojekte in Industrielaumlndern international zertifiziert werden koumlnnen

bull der Clean Development Mechanism (Mechanismus fuumlr umweltver-traumlgliche Entwicklung) uumlber den Klimaschutzprojekte in Laumlndern

Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 25

des Globalen Suumldens international zertifiziert werden koumlnnen (siehe Kapitel bdquoDer Clean Development Mechanismldquo)

Diese Verfahren dienen aber in ers-ter Linie der Erreichung der Emissi-onsziele der Industrielaumlnder (siehe Kapitel bdquoSenkung der eigenen Emissi-onenldquo) Mitgliedstaaten mit groszligen Regenwaldvorkommen forderten daher

ein Instrument zu schaffen das den Schutz von Waumlldern auf die Klimabilanz anrechnet Infolge wurde 2007 das Programm REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degrada-tion in Developing Countries) ins Leben gerufen Es soll zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige in Laumlndern des Globalen Suumldens beitragen die durch Abholzung von Waumlldern entstehen

Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen

Maszlignahmen zum Klimaschutz sind aus menschenrechtlicher Perspektive oft umstritten Bei Investitionen in erneu-erbare Energien handelt es sich haumlufig um groszlige flaumlchenintensive Infrastruk-turprojekte wie zum Beispiel den Bau von Staudaumlmmen und Wasserkraftwer-ken Windparks groszligflaumlchige Solar- und Erdwaumlrmeanlagen Das Gleiche gilt fuumlr den Anbau von Energiepflanzen wie Oumllpalmen Investitionen in CO2-Senken also die Ausdehnung von Waumlldern oder der Erhalt bestehender Waumllder stehen oft in Konkurrenz zu anderen Flaumlchen- und Waldnutzungen Auch Anpassungs-maszlignahmen wie der Bau von Schutz-waumlllen oder die Einrichtung von siedlungsfreien Zonen in Hochrisikoge-bieten (zum Beispiel in Gebieten die

haumlufig uumlberschwemmt oder durch Erosion und Erdrutsche gepraumlgt sind) betreffen Land das von Menschen genutzt und ihnen durch solche Maszlig-nahmen entzogen wird Die Flaumlchen-konkurrenz zwischen Investitionen zum Klimaschutz und bisheriger Landnut-zung fuumlhrt unter anderem dazu dass KleinbaumluerInnen und Hirtenvoumllkern der Zugang zu Land und Wasser entzogen wird das sie bisher fuumlr den Nahrungs-mittelanbau und die Viehwirtschaft nutzten Haumlufig handelt es sich dabei um indigene Gruppen die keine Landti-tel besitzen Mit der Vertreibung von ihren wirtschaftlich genutzten Flaumlchen geht auch haumlufig die Vertreibung aus den Ansiedlungen einher Verletzungen sozialer Menschenrechte wie die Rechte auf Nahrung Wasser und Woh-nen sind die Folge Aber auch Verfah-rensrechte und das Recht auf Leben werden regelmaumlszligig missachtet

Dafuumlr gibt es viele Beispiele Pana-ma ist eines jener Laumlnder das am meis-ten in Wasserkraftwerke als erneuerbare Energiequelle investiert In mindes-tens drei bekannten Faumlllen ndash Bonyic Chan75 und Barro Blanco ndash kam es dabei zu schweren Menschenrechts-verletzungen Doumlrfer wurden geflutet obwohl die BewohnerInnen noch nicht umgesiedelt waren die Rechte von In-digenen auf ihr Gebiet und Beteiligung an Projekten wurden verletzt Betrof-fene und AktivistInnen die sich gegen diese Maszlignahmen wehrten wurden eingeschuumlchtert und sogar ermordet Auch Kenia gehoumlrt zu den Vorreitern in

Die klimaschuumltzende Wirkung von Staudaumlm-men zur Stromgewinnung wird bestritten Auszligerdem fuumlhren sie oft zu Verletzungen von Menschenrechten der oumlrtlichen Bevoumllkerung Foto Jane Hofbauer

26 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Sachen Klimaschutz ndash haumlufig zu Lasten ausgegrenzter Bevoumllkerungsgruppen In Olkaria willigten Massai in eine Umsiedlungsmaszlignahme zugunsten einer Erdwaumlrmeanlage (Geothermie) ein weil man ihnen eigene Landrech-te versprach die sie jedoch bis heute nicht erhalten haben Mehrere tausend indigene Jaumlger- und Sammlervoumllker wurden aus dem Embobut-Wald in Westkenia (Sengwer und Cherangany) und dem Mau-Wald (Ogiek) vertrieben weil die Regierung deren Nutzung unter REDD+ anstrebt Der Fall der Ogiek wurde 2014 sogar vor dem Afrikani-schen Gerichtshof fuumlr Menschen- und Voumllkerrechte zugunsten der Ogiek ver-handelt Aumlhnliches passierte in anderen Laumlndern Afrikas So wurde in Tansania die Gemeinschaft der Warufiji aus dem Refuiji-Delta vertrieben Sie hatten die Kooperation bei der Aufforstung der Mangrovenwaumllder verweigert weil man ihnen den Anbau von Reis verbot

Die Auswirkungen von Klimaschutz-maszlignahmen koumlnnen aber auch kom-plexerer Natur sein Wie die Weltbank 2008 in einer vielbeachteten Studie zur globalen Nahrungsmittelkrise darlegte trug die Flaumlchenkonkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Energiepflanzen-anbau maszliggeblich zum globalen An-stieg der Nahrungsmittelpreise bei der fuumlr viele Menschen zu Hunger fuumlhrte Anhand dieser katastrophalen Folgen der staatlichen Foumlrderung von Agrar-treibstoffen durch westliche Indust-rienationen wird deutlich wie diese klimapolitisch motivierten Programme in vielen aumlrmeren Laumlndern direkt zur Verletzung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser beitragen

Auch Anpassungsmaszlignahmen schneiden unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten nicht zwingend besser ab Obwohl sie im Prinzip zum Schutz der Menschen gedacht sind fehlt es in manchen Faumlllen an Professionalitaumlt in anderen Faumlllen fehlt der Fokus auf die besonders gefaumlhrdeten Bevoumllkerungs-gruppen In Mosambik wurden die Doumlr-fer im Sambesi-Flussdelta 20072008

nach schweren Uumlberschwemmungen in houmlher gelegene Gebiete umgesiedelt Viele der neuen Siedlungen blieben ohne angemessenen Zugang zu Wasser fruchtbarem Land und Gesundheitsver-sorgung So wurden sie von Nahrungs-mittelhilfen abhaumlngig Viele Familien verloren durch Abwanderung ihren Zusammenhalt Diskriminierungen bei Anpassungsmaszlignahmen kommen auch in entwickelten Laumlndern vor Nach dem Wiederaufbau von New Orleans nach dem Hurrikan Kathrina im Jahr 2005 durfte die arme afro-amerikanische Be-voumllkerung nicht mehr ihre am Flussufer gelegenen Siedlungen beziehen ndash we-gen Uumlberflutungsgefahr Angemesse-nen und finanzierbaren Ersatz bekamen sie jedoch nicht angeboten

Die Ursachen fuumlr negative Aus-wirkungen und Menschenrechtsver-letzungen durch Klimapolitik gehen teilweise auf die Bedingungen in den Projektlaumlndern zuruumlck Die jeweiligen Nationalstaaten sind menschenrecht-lich entsprechend zu beurteilen und zur Pflicht zu rufen Die Ursachen liegen aber auch in den Klimarahmenabkom-men selbst und ihren Mechanismen begruumlndet Bis auf das Abkommen von Paris enthalten diese keinen Verweis auf Menschenrechte Sie betonen aber die Rechte der Nationalstaaten ihre na-tuumlrlichen Ressourcen auszubeuten Das Abkommen von Paris ist insofern ein Erfolg als in der Praumlambel zum ersten Mal ein Bezug zu den Menschenrechten hergestellt wird Auch im Konzept der extraterritorialen Staatenpflichten zur Verwirklichung wirtschaftlicher sozia-ler und kultureller Menschenrechte ist anerkannt dass die Staaten die Pflicht haben ihre Instrumente zum Klima-schutz und zur Unterstuumltzung von An-passungsmaszlignahmen menschenrechts-konform zu gestalten Dennoch gilt es dicke Bretter zu bohren Eine Praumlambel ist nicht rechtsverbindlich sondern als Orientierungs- und Interpretationshilfe fuumlr die Vertragsparteien oder Gerichte zu verstehen

Fuumlr diese Geothermie-Anlage in Kenia wurden Massai von ihrem traditionellen Land vertrieben Foto Jeanette Schade

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Der Clean Development Mechanism

Mit fast 8000 registrierten Projekten ist der Clean Development Mechanism (CDM) des Kyoto-Protokolls das bedeu-tendste internationale Verfahren zum Klimaschutz Er soll einerseits die Gastgeberstaaten der Projekte bei ihrer nachhaltigen Entwicklung unterstuumltzen und andererseits den Industrielaumlndern bei der Erreichung ihrer Emissionsziele helfen

Das Kyoto-Protokoll definiert fuumlr die teilnehmenden Industrielaumlnder verbindliche Emissionsziele Die Uumlber-wachung der Zielerreichung erfolgt auf Grundlage von Emissionszertifikaten jeder verpflichtete Staat muss fuumlr jede Tonne Treibhausgasemission ein Emis-sionszertifikat vorlegen Die Staaten erhalten eine Anfangsausstattung von Zertifikaten auf Grundlage ihrer Ziele zur Verringerung ihrer Emissionen Diese Zertifikate sind handelbar Schafft ein Staat es seine Emissionen staumlrker zu reduzieren als er zum Ziel hat kann er den sich daraus ergebenden Uumlber-schuss an Zertifikaten an andere Laumlnder verkaufen Auszligerdem koumlnnen die In-dustrielaumlnder uumlber den CDM zertifizierte Emissionsreduktionen aus Klimaschutz-projekten in den Laumlndern des Globalen Suumldens ankaufen

Die naturwissenschaftliche Grund-lage dieses so genannten Emissions-handels ist dass die Treibhausgase sich gleichmaumlszligig in der Atmosphaumlre verteilen Fuumlr den Klimawandel macht es keinen Unterschied an welchem Ort Treibhausgase ausgestoszligen oder reduziert werden Durch den Emissions-handel soll es daher ermoumlglicht werden Emissionen an der Stelle zu vermindern an der dies am kostenguumlnstigsten ist Im Kyoto-Protokoll gibt es zum einen den Emissionshandel zwischen Staaten zum anderen werden im CDM Zertifikate fuumlr Emissionsreduktionen in konkreten Projekten ausgestellt wie zum Beispiel fuumlr Windkraftanlagen Prinzipiell kann jeder beliebige Akteur CDM-Projekte durchfuumlhren Zertifikate erhalten und diese dann verkaufen seien es staatli-che Stellen private Unternehmen oder auch zivilgesellschaftliche Organisa-tionen Durch den CDM soll so fuumlr alle Interessierte ein Anreiz gesetzt werden in Emissionsreduktionen zu investieren Die groszlige Mehrheit der CDM-Projekte wird von privaten Unternehmen durchgefuumlhrt

Der CDM unterliegt der Fuumlhrung und Aufsicht der Konferenz der Vertrags-staaten des Kyoto-Protokolls Fuumlr die Pruumlfung und Genehmigung der konkre-ten Projekte sowie fuumlr die Ausarbeitung von Detailregelungen zu den Geneh-migungsverfahren haben die Vertrags-staaten einen Exekutivrat eingerichtet der aus zehn Mitgliedern und zehn stellvertretenden Mitgliedern besteht Die Mitglieder werden von der Vertrags-staatenkonferenz nach einem regiona-len Schluumlssel gewaumlhlt Der Exekutivrat soll nach Moumlglichkeit alle Entscheidun-gen einstimmig treffen Wenn dies nicht moumlglich ist sind auch Abstimmungen mit Dreiviertelmehrheit erlaubt

Um sich fuumlr die Ausstellung von CDM-Zertifikaten zu qualifizieren muumlssen CDM-Projekte ein festgeleg-tes Verfahren durchlaufen Zunaumlchst muumlssen die Traumlger des Projekts eine Projektdokumentation erstellen die darlegt welche Maszlignahmen durchge-fuumlhrt werden sollen und wie dadurch Emissionen vermindert werden Diese

Einige Doumlrfer im kenianischen Tana-Delta muumlssen per Tankwagen mit Trinkwasser versorgt werden

28 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Braucht Zertifi kate um eigene Klimaschaumlden ausgleichen zu

koumlnnen

INDUSTRIELAND

Klimaschutzprojekt wird unterstuumltzt

ENTWICKLUNGSLANDTechnologie

Finanzierung

Die Unterstuumltzung bringt dem Industrieland zusaumltzliche

Zertifi kate ein

Clean Development Mechanism (CDM)-Projekte werden kontrolliert durch den

CDM-EXEKUTIVRAT bestehend aus 10 Mitgliedern

Durch die Unterstuumltzung

sollen CO2-Emissionen vermieden

werden

Jeweils ein Mitglied der fuumlnf regionalen

Gruppen der Vereinten Nationen

Zwei Mitglieder des Kyoto-Protokolls

gelistet als Industrieland (Annex 1)

Zwei Mitglieder die nicht in Annex 1 des

Kyoto-Protokolls gelistet sind

EinE RepraumlsentantIn der kleinen

Inselstaaten

Projektdokumentation muss durch ein sachverstaumlndiges Zertifizierungsun-ternehmen beispielsweise den TUumlV uumlberpruumlft werden Auszligerdem muss das Projekt durch das Durchfuumlhrungsland und mindestens ein Industrieland genehmigt werden Wenn all diese Be-dingungen erfuumlllt sind wird das Projekt dem CDM-Exekutivrat vorgelegt Wenn der Exekutivrat keine Einwaumlnde hat wird es als CDM-Projekt registriert

Waumlhrend der Durchfuumlhrung des Projekts muumlssen seine Traumlger fortlau-fend uumlberwachen und dokumentieren welche Treibhausgasmengen es er-zeugt Die Emissionsminderung ergibt sich aus dem Unterschied zwischen den Emissionen des Projekts und den Emis-sionen die angefallen waumlren wenn das Projekt nicht umgesetzt worden waumlre wenn zum Beispiel statt Strom eines Windparks Strom aus Kohlekraftwerken verwendet worden waumlre Die Dokumen-tation wird wiederum von einer sach-verstaumlndigen Stelle und vom CDM-Exe-kutivrat uumlberpruumlft Abschlieszligend stellt der Exekutivrat den Projektbeteiligten Emissionszertifikate entsprechend der erzielten Emissionsminderung aus

Die Projektbeteiligten koumlnnen die Zertifikate dann an mehrere moumlgliche Abnehmer verkaufen Der erste moumlgli-che Abnehmer sind Industriestaaten die ihre Kyoto-Emissionsziele nicht durch inlaumlndische Emissionsredukti-onen erreichen und daher zusaumltzliche Zertifikate benoumltigen Daruumlber hinaus gibt es in der EU und in mehreren ande-ren Staaten Emissionshandelssysteme auf Unternehmensebene Aumlhnlich wie die Industriestaaten durch das Kyoto-Protokoll verpflichtet sind Emissi-onszertifikate vorzulegen muumlssen in der EU und in anderen Laumlndern auch bestimmte Unternehmen wie die Ener-gieversorger und groszlige Industriebe-triebe fuumlr ihre Treibhausgasemissionen Zertifikate vorlegen Diese Unterneh-men koumlnnen teilweise CDM-Zertifikate verwenden um ihre Verpflichtung zu erfuumlllen Der dritte moumlgliche Abnehmer ist der wachsende Markt der sogenann-ten bdquofreiwilligen Kompensationldquo von Treibhausgasemissionen Dies sind

Unternehmen und Privatpersonen die ihre Emissionen ausgleichen wollen indem sie CDM-Zertifikate kaufen und loumlschen Ein Beispiel dafuumlr sind Aus-gleichszahlungen fuumlr den CO2-Ausstoszlig durch Fluumlge

Der CDM verfuumlgt uumlber keinerlei men-schenrechtliche Kriterien Es gibt ledig-lich die Bestimmung dass die Projekte zur nachhaltigen Entwicklung beitragen sollen und die Vorschrift dass die lokale Bevoumllkerung konsultiert werden muss Allerdings gibt es keine interna-tionalen Kriterien wie der Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung uumlberpruumlft werden soll Stattdessen wird die Pruuml-fung vollstaumlndig den Gastgeberlaumlndern der Projekte uumlberlassen Ebenso gibt es nur vage internationale Kriterien fuumlr die Konsultation der lokalen Bevoumllke-rung Viele Laumlnder haben nur schwache

Funktionsweise des Clean Development Mechanism

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 29

Regeln und uumlberwachen deren Einhal-tung nur schlecht Als Ergebnis kommt es immer wieder zu Vorwuumlrfen dass durch CDM-Projekte Menschenrechte verletzt werden Die internationale Gemeinschaft ist damit nicht ihrer Verantwortung nachgekommen neue voumllkerrechtliche Vertraumlge entsprechend ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen auszugestalten

Das Kyoto-Protokoll wird nach 2020 nicht weitergefuumlhrt entsprechend wird auch der CDM auslaufen Allerdings

wurden im Pariser Abkommen neue Kooperationsmechanismen geschaf-fen Die Regeln zur Umsetzung dieser Mechanismen sollen ausdruumlcklich die Erfahrungen aus den Mechanismen des Kyoto-Protokolls beruumlcksichtigen Aus den menschenrechtlichen Problemen die sich im CDM ergeben haben soll-ten die Staaten die Schlussfolgerung ziehen dass die neuen Mechanismen verbindliche menschenrechtliche Krite-rien benoumltigen

Der Fall Bajo Aguaacuten ndash CDM-Zertifizierung trotz Menschen-rechtsverletzungen

Das Projekt bdquoAguan Biogas Recovery from Palm Oil Mill Effluent [POME] Ponds and Biogas Utilisation ndash Ex-portadora del Atlaacutentico AguanHondurasldquo soll die Behandlung von Abwasser aus einer Palmoumllmuumlhle verbessern und dadurch die Emissio-nen von Methan vermindern Das Palmoumll kommt aus Plantagen die im Zentrum eines gewalttaumltigen Landkon-flikts stehen Laut den oumlrtlichen KleinbaumluerInnen hat sich der Eigentuuml-mer das Plantagenland widerrechtlich angeeignet Sie fordern daher die Ruumlckgabe des Landes Die Sicherheits-kraumlfte der Plantagen und die oumlffentli-chen Sicherheitskraumlfte gehen immer

wieder gewaltsam gegen die Kleinbaumlu-erInnen vor bisher wurden uumlber 50 Personen getoumltet

Diese Umstaumlnde spielten jedoch im Registrierungsverfahren des CDM keine Rolle FIAN und andere Nicht-regierungsorganisationen wiesen den CDM-Exekutivrat darauf hin dass das Projekt in Menschenrechtsver-letzungen verwickelt sei Es wurde dennoch als CDM-Projekt registriert Der CDM-Exekutivrat erklaumlrte dass er kein Mandat habe solche Umstaumlnde zu beruumlcksichtigen Seine Zustaumlndig-keit beschraumlnke sich auf die Klima-schutzauswirkungen von Projekten Neben Honduras war das Projekt auch von Groszligbritannien registriert wor-den Nachdem sie uumlber die Vorwuumlrfe informiert worden war aumluszligerte die britische Regierung zwar dass diese bdquoverstoumlrendldquo seien erklaumlrte aber fuumlr Fragen der Nachhaltigkeit sei das Gastgeberland Honduras zustaumlndig

Das Projekt ist im CDM registriert und kann fuumlr Emissionsreduktionen die bis zum 31 Januar 2018 erzielt wurden Zertifikate erhalten Dieser Zeitraum kann verlaumlngert werden Das Ausmaszlig der Gewalt ist zwar nach einer Intervention der deutschen Regierung zuruumlckgegangen der zugrunde lie-gende Landkonflikt ist aber weiterhin ungeloumlst

Eine honduranische Baumluerin weist bei einer Demonstration auf die schweren Menschen-rechtsverletzungen in Bajo Aguaacuten hin

30 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank

Viele Klimaschutzmaszlignahmen werden ausschlieszliglich von privaten Unterneh-men und Banken durchgefuumlhrt die nicht an verbindliche Sozialstandards gebunden sind Insbesondere in Laumln-dern des Globalen Suumldens mit schwa-chen nationalen Standards und Institu-tionen zu ihrer Durchsetzung gefaumlhrdet dies den Schutz der Menschenrechte

Oumlffentliche Entwicklungsbanken verfuumlgen dagegen uumlber eigene Sozial-standards und Beschwerdeverfahren welche die Gefahr von Menschenrechts-verletzungen bei der Durchfuumlhrung von Projekten verringern koumlnnen Doch auch hier gibt es deutlichen Nachbes-serungsbedarf wie das Beispiel der Europaumlischen Investitionsbank (EIB) zeigt

Die EIB ist eine Bank der Europaumli-schen Union (EU) deren Anteilseigner neben der EU die EU-Mitgliedstaaten sind Sie verfuumlgt uumlber das groumlszligte Bud-get aller Entwicklungsbanken weltweit und ist ein Schluumlsselakteur der Klima-finanzierung Seit 2013 hat sie sich zum Ziel gesetzt jaumlhrlich mindestens 25 Prozent ihres Kreditvolumens fuumlr Kli-maprojekte zu vergeben Im Jahr 2011 leitete die EIB eine Untersuchung ein um ihre Sozialstandards den Anspruuml-chen der EU-Grundrechtecharta sowie den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte anzupassen Das dabei entstandene Handbuch fuumlr Umwelt- und Sozialstandards (2013) verspricht hohe Sozialstandards und beschreibt diese ndash als einzige Bank weltweit ndash sogar mit menschenrechtli-chem Vokabular 2015 uumlberarbeitete die EIB auszligerdem ihre Transparenzpolitik so dass sie im Unterschied zu vielen anderen europaumlischen Entwicklungs-banken bereits vor Bewilligung die Ergebnisse von Umwelt- und Sozial-vertraumlglichkeitsanalysen bekannt gibt Die EIB hat ferner ein eigenes Be-schwerdeverfahren das alle durch ihre Projekte Betroffenen nutzen koumlnnen Die Zustaumlndigen fuumlr die Bearbeitung

der Beschwerden koumlnnen Mediations-prozesse anstoszligen Das Verfahren und das zustaumlndige Gremium koumlnnen sogar selbst Gegenstand einer Beschwerde vor dem EU-Ombudsmann werden wenn die Betroffenen mit seiner Arbeit unzufrieden sind

Gute Standards und ein gutes Beschwerdeverfahren gelten in der Regel als Grundbedingung fuumlr die Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht Dennoch gibt es im System der EIB erhebliche Maumlngel Eine menschenrechtliche Untersuchung der Anwendung der Sozialstandards beim oben erwaumlhnten Erdwaumlrmeprojekt in Kenia fuumlhrte dabei zu folgenden Ergeb-nissen Es werde zu wenige Sozial- und MenschenrechtsexpertInnen je Projekt beschaumlftigt Ersatzweise werden Kre-ditnehmer auf das EIB-Handbuch zu Umwelt- und Sozialstandards verwiesen Die EIB uumlberlaumlsst die Umsetzung ihrer hehren Sozialstandards damit weitge-hend den Kreditnehmern ohne diese mit angemessen Personalressourcen zu unterstuumltzen und zu kontrollieren Betroffene werden von der EIB auch nicht systematisch uumlber die Existenz ihres Beschwerdeverfahrens informiert sondern stoszligen ndash wenn uumlberhaupt ndash erst durch eigene Recherche auf ihn Die EIB-MitarbeiterInnen haben keine Verpflichtung den Beschwerdeaus-schuss aktiv in problematische Projekte einzubinden Er wird erst aktiv wenn Betroffene an ihn herantreten Bei Pro-jekten die von mehreren Geldgebern finanziert werden hat er kein Mandat deren Rolle bei der Verletzung von So-zialstandards zu untersuchen Seine Be-urteilungen und Empfehlungen sind fuumlr die Bank auch nicht rechtlich bindend Das Beispiel der EIB zeigt damit nicht nur deren spezifische Maumlngel in der Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht sondern demonstriert auch die generell begrenzte Reichweite institutioneller Beschwerdemecha-nismen Sie stellen keinen Ersatz fuumlr verbindliche Menschenrechtsstandards dar zu deren Umsetzung Staaten ver-pflichtet sind

Gemaumlszlig dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP) sind 80 Prozent aller Menschen die aufgrund des Klimawan-dels umsiedeln muumlssen FrauenFoto Survival International

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 31

Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Der Status der EU im Menschenrechts-system ist kompliziert Die EU selbst ist kein Staat sondern eine Mitgliederor-ganisation von Staaten Wie andere internationale Organisationen auch ist sie daher keine Vertragspartei der zwischenstaatlichen Menschenrechts-vertraumlge (mit Ausnahme der UN-Behin-dertenrechtskonvention) Sie ist auch keine Vertragspartei der Europaumlischen Menschenrechtskonvention obwohl ihr Beitritt in Artikel 6(2) des EU-Vertrags

festgelegt ist und seit langem gepruumlft wird Daher haben die Menschenrechts-organe der UN und des Europarates auch kein Mandat uumlber die EU und duumlrfen nicht uumlber sie urteilen

Dennoch ist auch die EU verpfl ich-tet Menschenrechte in ihrer Innen- und Auszligenpolitik zu beachten Diese Verpfl ichtungen beruhen vor allem auf a) der EU-Grundrechtecharta (2009) b) dem EU-Vertrag sowie c) auf der Aarhus-Konventiona) Die Grundrechtecharta gilt fuumlr alle

EU-Organe sowie fuumlr die Mitglied-staaten bei der Anwendung von EU-Recht (GRC Art 51(1)) Sowohl das EU-Parlament als auch ein Experten-urteil bestaumltigten ihre extraterritori-ale Reichweite

b) In den EU-Vertraumlgen bekennt sich die EU zum Schutz der Menschen-rechte in ihrer Beziehung zur uumlbri-gen Welt und zur Grundrechtecharta der Vereinten Nationen (EUV Art 3(5)) Sie erklaumlrt diese zu leitenden Grundsaumltzen ihres auswaumlr-tigen Handelns (EUV Art 21) Dies gilt ausdruumlcklich auch fuumlr die Ko-operation mit Entwicklungslaumlndern (EUVA Art 208)

c) Die EU ist eine Vertragspartei der Aarhus-Konvention die nach Expert Innenmeinung ebenfalls auch extraterritorial ausgelegt werden kann

0 100 200 300 400 500

203020141990

Gebaumlude

Landwirtschaft

Industrie

Energiewirtschaft

Verkehr

lt61

72

88

lt98

160

163

lt72

119

209

lt143

181

283

lt183

358

466

Datenquelle Bundesministerium fuumlr UmweltNaturschutz Bau und Reaktorsicherheit (2017)Klimaschutz in Zahlen 2017

Ziele zur Verringerung von Treibhausgas-emissionen Deutschlands nach Sektoren gemaumlszlig dem Klimaschutzplan 2050(in Millionen Tonnen CO2-Aumlquivalenten)

32 FIAN | Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh (2012) Second National Com-munication of Bangladesh to the United Nations Framework Convention on Climate Change Dhaka Ministry of Environment and Forests Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh

Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 37

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Weltbank (2013) Turn Down the Heat Climate Extremes Regional Impacts and the Case for Resilience Washington DC Weltbank

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitikldquo

UN Generalversammlung (1992) Rio-Erklaumlrung uumlber Umwelt und Entwicklung (ACONF15126 (Vol I)) httpwwwunorgdeptsgermanconfagenda21riopdf

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2012) Human Rights Indicators A Guide to Measurement and Implementation httpbitly1oUZYHb

UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

International Commission of Jurists (2011) Maastricht Principles on Extraterritorial Obligations of States in the Area of Economic Social and Cultural Rights Verfuumlgbar mit deutscher Uumlbersetzung unter httpwwwfiandefileadminuser_uploaddo-kumenteshopRaN2012_ETO_Maastricht_Principles_en_de_finalpdf

UN Special Procedures (2015) Climate Change and Human Rights ndash Joint statement by UN Special Procedures on the occasion of World Environment Day 5 Juni 2015 httpwwwohchrorgENNewsEventsPagesDisplayNewsaspxNewsID=16049amp LangID=E

The Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (2015) Human Rights Law Sources UN Pronouncements on Extra-Territorial Obligations httpwwwetoconsortiumorgncenmain-navigationlibrarydocuments tx_drblob_pi15BdownloadUid5D=163

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2015) Report of the Office of the Uni-ted Nations High Commissioner for Human Rights on the relationship between clima-te change and human rights AHRC1061 15 Januar 2009 httpwwwohchrorgENIssuesHRAndClimateChangePagesStudyaspx

UN-Menschenrechtsrat (2016) Report of the Special Rapporteur on the issue of human rights obligations relating to the enjoyment of a safe clean healthy and sustainable environment AHRC3152 1 Februar 2016 httpspapersssrncomsol3paperscfmabstract_id=2729611

Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

European Bank for Reconstruction and Development together with MDB partners the African Development Bank the Asian Development Bank the European In-vestment Bank the Inter-American Development Bank Group and the World Bank Group (2016) Joint Report on Multilateral Development Banksrsquo Climate Finance wwwebrdcom2016-joint-report-on-mdbs-climate-financepdf

Schade Jeanette and Wolfgang Obergassel (2014) Human rights and the Clean Development Mechanism In Cambridge Review of International Affairs Vol 27 No 4 pp 717-735

Sterk Wolfgang und Christof Arens (2010) Investitionen fuumlr den Klimaschutz Die projektbasierten Mechanismen CDM und JI Berlin Bundesministerium fuumlr Umwelt Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) httpwwwcarbon-mechanismsdefileadminmediadokumentePublikationenCMRBroschuere_2010_Einfuehrung_CDM_JI_bfpdf

38 FIAN | Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Finley-Brook Mary Thomas Curtis (2011) Renewable Energy and Human Rights Violations Illustrative Cases from Indigenous Territories in Panama In Annals of the Association of American Geographers 1014 pp 863-872

Schade Jeanette (2013) Climate change and planned relocation Risks and a propo-sal for safeguards In Thomas Faist Jeanette Schade (Eds) Disentangling Migra-tion and Climate Change Methodologies Political Discourses and Human Rights Heidelberg Dordrecht New York Springer pp 138-206

Wolfgang Obergassel Jeanette Schade Lauri Peterson Nicolas Kreibich Timo Beiermann (2017) International Climate Finance Mechanisms and Extraterritorial Human Rights Obligations Status Quo and Future Prospects ein Dossier von FIAN Deutschland httpswwwfiandeartikelansicht2017-07-19-internationale- klimafinanzierung-und-risiken-fuer-die-menschenrechte

FIAN (2008) Agrartreibstoffe und das Menschenrecht auf Nahrung Grundlagen-papier von FIAN-Deutschland httpwwwfiandefiandownloadspdfagrarFIAN_Grundlagenpapier_Agrartreibstoffepdf

Jeanette Schade (2017) EU accountability for the due diligence failures of the European Investment Bank Climate finance and involuntary resettlement in Olkaria Kenya In Journal of Human Rights and the Environment Vol 8(1) 72-97 (Son-derausgabe ldquoClimate Justice and Displacementrdquo Gastherausgeber Schade und Manou)

Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 39

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 16: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Die ersten Erkenntnisse zu den negati-ven Folgen des Klimawandels ruumlckten im Laufe der 1980er Jahre zunehmend ins Bewusstsein der Oumlffentlichkeit 1990 reagierte die Generalversammlung der Vereinten Nationen (United Na-tions UN) und beschloss ein interna-tionales Klimaschutzabkommen auszu-handeln Als Ergebnis wurde 1992 die Klimarahmenkonvention auf der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro (im Folgenden kurz Rio-Konferenz) verabschiedet

Die Klimarahmenkonvention ist gleichsam das Grundgesetz der inter-nationalen Klimapolitik Sie legt deren grundsaumltzliche Prinzipien fest (siehe folgendes Kapitel) und verpfl ichtet alle Staaten das Klima zu schuumltzen Daruuml-ber hinaus verpfl ichtet sie die traditio-nellen Industrielaumlnder dazu die Laumlnder des Globalen Suumldens fi nanziell tech-nologisch und durch Organisationsent-wicklung und Ausbildung zu unterstuumlt-zen Allerdings enthaumllt die Konvention keine konkreten Verpfl ichtungen fuumlr einzelne Staaten Solche Verpfl ichtun-gen sollten im Rahmen eines Zusatzpro-tokolls geregelt werden

Die Verhandlungen zu solch einem Protokoll wurden 1995 begonnen und 1997 im japanischen Kyoto abgeschlos-sen Das Kyoto-Protokoll verpfl ichtet die traditionellen Industrielaumlnder ihre Treibhausgasemissionen von 2008

bis 2012 um jeweils laumlnderspezifi sch defi nierte Werte zu senken Die Laumlnder koumlnnen diese Emissionsziele entweder auf ihrem eigenen Staatsgebiet erbrin-gen oder aber uumlber den so genannten Emissionshandel Emissionsminderun-gen aus anderen Laumlndern ankaufen Dazu wurden verschiedene Verfahren entwickelt (siehe Kapitel bdquoInternatio-nale Klimafi nanzierungldquo) Der damals groumlszligte Emittent die USA traten dem Abkommen jedoch nicht bei Zudem enthaumllt das Abkommen keine Verpfl ich-tungen fuumlr die Laumlnder des Globalen Suumldens

2007 wurden daher neue Verhand-lungen begonnen um ein global um-fassendes Klimaabkommen zu schaffen Das Abkommen sollte 2009 auf der Klimakonferenz in Kopenhagen ver-abschiedet werden dieses Vorhaben scheiterte jedoch Die Staaten konnten sich lediglich auf unverbindliche Zusa-gen einigen Allerdings legten erstmals auch viele Laumlnder des Globalen Suumldens Klimaschutzzusagen vor 2011 wurde ein neuer Anlauf gestartet ein um-fassendes Abkommen zu vereinbaren Gleichzeitig stimmten die EU und einige andere Industrielaumlnder zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020 neue ver-bindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

2015 einigten sich schlieszliglich alle Staaten auf das Pariser Klimaschutz-

16 FIAN | Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

3-SPALTIG1845mm times 90mm

Vereinte Nationen setzen Weltklimarat ein

unterzeichnet durch alle Staaten der Welt greift ab 2020

Pariser Klimaschutz-abkommen

Industrielaumlnder verpfl ichten sich ihre Treibhaus-gasemissionen von 2008 bis 2012 zu senken

Maumlngel Die USA haben nicht unterzeichnet und keine Verpfl ichtungen fuumlr den Globalen Suumlden

Verabschiedung

des

Kyoto Protokolls

1988

1992

1997

2011

2015

2016Beschluss der

Klimarahmenkonvention bei der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung (Rio-Konferenz)

Die EU und einige andere Industrielaumlnder stimmen zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020

neue verbindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

US-Praumlsident Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckzuziehen

abkommen Das Abkommen greift ab 2020 und verpflichtet alle Mitglieder Klimaschutzbeitraumlge vorzulegen Diese Beitraumlge sind allerdings rechtlich nicht verbindlich Stattdessen setzt das Abkommen auf transparente Berichter-stattung und oumlffentliches Anprangern um die Staaten anzuhalten ihre Vor-

haben auch tatsaumlchlich umzusetzen Inzwischen sind alle Staaten der Welt dem Pariser Abkommen beigetreten Allerdings hat der 2016 neugewaumlhlte US-Praumlsident Donald Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckziehen zu wollen

Die RegierungsvertreterInnen freuen sichuumlber die Verabschiedung des Klimaschutzabkommens von Paris Foto (ebenso S 16) IISDKiara Worth(enbiisdorgclimatecop21enb2dechtml)

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik | FIAN 17

Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Es ist deutlich geworden dass diejeni-gen Laumlnder die am wenigsten zum Klimawandel beitragen oft am staumlrks-ten von ihm betroffen sind Dieses Kapitel befasst sich daher mit den voumllkerrechtlichen Verpfl ichtungen der Staaten auf menschenrechtskonforme Weise den Klimawandel aufzuhalten und Anpassungsmaszlignahmen zu unterstuumltzen

Internationale Menschenrechte und Umweltvoumllkerrecht wirken inhaltlich ineinander Die Verwirklichung vieler Menschenrechte insbesondere auch des Rechts auf Nahrung haumlngt naumlmlich unmittelbar vom Zustand der natuumlrli-chen Umwelt ab Dem wurde bereits in der Stockholmer Erklaumlrung zur menschli-chen Umwelt von 1972 Rechnung getra-gen Sie formulierte als erste das Recht auf eine gesunde Umwelt und enthielt bereits damals die drei Prinzipien des Umweltrechts wie sie sich 1992 in der Erklaumlrung von Rio uumlber Umwelt und Entwicklung (im Folgenden kurz Erklauml-

rung von Rio) wiederfi nden das Vorsor-geprinzip das Verursacherprinzip und die gemeinsame aber unterschiedliche Verantwortung

Zugleich handelt es sich bei Men-schenrechten und Umweltrecht aber um unterschiedliche Bereiche des Voumllker-rechts Eine durchgaumlngige Beruumlcksichti-gung von Menschenrechten im globalen Umwelt- oder Klimarecht ist daher nicht selbstredend Im Folgenden werden die Gemeinsamkeiten und Unterschie-de der Rechtssysteme dargestellt und verdeutlicht welche Prinzipien und Verpfl ichtungen sich jeweils verstaumlrken und wo es Nachbesserungsbedarf gibt Anschlieszligend werden die staatlichen Verpfl ichtungen die sich aus men-schenrechtlicher Sicht fuumlr die Klima-politik ergeben gepruumlft Pfl ichten zur Emissionsminderung zur Unterstuumlt-zung von Anpassungsmaszlignahmen und zur Beachtung von Menschenrechten bei der Durchfuumlhrung von Maszlignahmen

Ganz allgemein handelt es sich beim Voumllkerrecht um Vertraumlge zwischen Staaten in welchen sie wechselseitige Pfl ichten und Rechte festhalten Die Menschenrechte bilden jedoch eine Ausnahme Sie sind Rechte von Einzel-personen und Gruppen gegenuumlber dem

Staat Diesen Rechten stehen staatliche Verpfl ichtungen gegenuumlber Fuumlr beide Bereiche gilt gleichermaszligen dass man zwischen materiellen Rechten und Verfahrensrechten unterscheidet ndash also zwischen konkreten Inhalten von Rechten einerseits (zum Beispiel das

Prinzipien des interna-tionalen Umweltrechts

und der Menschenrechte

Foto Werner Rudhart

18 FIAN | Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Recht auf sauberes Trinkwasser) und Regeln zu Vorgehensweisen anderer-seits (zum Beispiel die Pflicht zu Kon-

sultationen vor Eingriffen in Trinkwas-serreservoire oder die Festlegung von Rechtsmitteln bei Konflikten)

Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts

Die internationale Klimarahmenkon-vention ist Teil des internationalen Umweltrechts zu dem noch viele weitere Vertraumlge wie zum Beispiel das Washingtoner Artenschutzabkommen (1973) oder das Uumlbereinkommen zum Schutze der Ozonschicht (1985) gehouml-ren Vertragsuumlbergreifend sind im internationalen Umweltrecht die drei oben genannten Prinzipien anerkannt Sie gelten als Voumllkergewohnheitsrecht oder sind auf dem besten Wege dorthin Zu diesem Status hat wesentlich die Erklaumlrung von Rio beigetragen zu deren Grundpfeilern sie gehoumlren

Das Vorsorgeprinzip soll verhin-dern dass Schaumlden fuumlr die Umwelt ent-stehen International verankert ist vor allem der Grundsatz der Schadensver-meidung Er besagt dass auch bei un-vollstaumlndigem oder unsicherem Wissen uumlber Art Ausmaszlig Wahrscheinlichkeit und Ursachen von Umweltschaumlden und -gefahren vorbeugend gehandelt wer-den muss um Risiken zu minimieren Es gilt im internationalen Recht insbeson-dere fuumlr Auswirkungen von Maszlignahmen jenseits des eigenen Staatsgebiets wie zum Beispiel die Verschmutzung grenz-uumlberschreitender Gewaumlsser

Das Verursacherprinzip besagt dass fuumlr die Linderung und Beseitigung eingetretener Schaumlden der Verursacher verantwortlich ist und er folglich auch die Kosten tragen muss

Das Prinzip gemeinsamer aber unterschiedlicher Verantwortung entspricht einer Verallgemeinerung des Verursacherprinzips in Bezug auf Veraumlnderungen in der Umwelt fuumlr die kein einzelner Verursacher identifiziert werden kann Ein Beispiel hierfuumlr ist der Klimawandel Die gesamte Staaten-gemeinschaft traumlgt eine gemeinsame Verantwortung zu handeln Dabei wird jenen Staaten eine groumlszligere Verantwor-tung zugeschrieben die wirtschaftlich

leistungsfaumlhiger sind und staumlrker an der globalen Ressourcenausbeute beteiligt sind

Umweltrecht beinhaltet haumlufig auch eine Reihe von Verfahrensrechten In den meisten Staaten muumlssen im Vor-feld von Groszligprojekten beispielsweise deren Umweltvertraumlglichkeit analysiert (Ausdruck des Vorsorgeprinzips) und die betroffene Bevoumllkerung dabei ein-gebunden werden Vorbildlich ist hier das Uumlbereinkommen uumlber den Zugang zu Informationen die Oumlffentlichkeits-beteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten der UN Wirtschaftskommission fuumlr Europa (2001) kurz die Aarhus-Konvention Sie gewaumlhrt ausdruumlcklich die Rechte aller Betroffenenbull uumlber Umweltauswirkungen von Pro-

jekten informiert zu werdenbull an Entscheidungs- und Planungs-

prozessen beteiligt zu werden sowiebull Schadensersatzanspruumlche geltend

zu machenDie Aarhus-Konvention wurde von fast 50 Staaten Europas und Zentralasiens (mit Ausnahme Russlands) sowie von der EU ratifiziert

Frauen im kenianischen Tana-Delta sind besonders stark mit den Folgen der zuneh-menden Waserknappheit konfrontiert Foto Anton Pieper

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 19

Respekt

vor Zugang zu angemessener

Nahrung

Schutz

vor Uumlbergriffen Dritter

Gewaumlhrleistung

der Verfuumlgbarkeit und des Zugangs

zu Nahrung

Staatenpflichten

Auch die Rio-Konferenz und ihre Folgeprozesse bauen auf die Beteili-gung der Zivilgesellschaft Uumlber diesen Weg hielten nach und nach auch soziale Menschenrechte ausdruumlcklich Einzug in die Abschlusserklaumlrungen der alle

fuumlnf Jahre stattfindenden UN-Gipfel zu Umwelt und Entwicklung

Die Erklaumlrung von Rio mit ihrem Konzept der Nachhaltigkeit und den drei genannten Prinzipien liefer-te auszligerdem die Grundlage fuumlr die Klimarahmenkonvention

Prinzipien der internationalen Menschenrechte

Allgemeine Prinzipien

Die zentrale Saumlule des internationalen Menschenrechtssystems ist die Men-schenrechtscharta der Vereinten Natio-nen Sie umfasst die Allgemeine Erklauml-rung der Menschenrechte (1948) den Internationale Pakt uumlber Buumlrgerliche und Politische Rechte (UN-Zivilpakt) sowie den Internationalen Pakt uumlber Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) (beide 1966) Neben dem Zivilpakt und dem Sozial-pakt gibt es auszligerdem acht weitere Menschenrechtsvertraumlge die sich auf den Schutz besonders benachteiligter Gruppen sowie auf das Verbot von Folter und unmenschlicher Behandlung beziehen Alle Abkommen sind durch die immer gleichen Querschnittsprinzi-pien gepraumlgt naumlmlich das Gebot der Nichtdiskriminierung die Gleichheit aller die gesellschaftliche Beteiligung

den Zugang zu effektiven Rechtsmitteln bei Rechtsverletzungen die Rechen-schaftspflicht der Staaten sowie das Verbot des Ruumlckschritts Bei diesen Prinzipien handelt es sich durchweg um Verfahrensrechte die allen materiellen Rechten wie dem Recht auf Nahrung Wasser Wohnen etc zur Seite gestellt sind Denn sehr haumlufig liegt der Verlet-zung materieller Rechte die Verletzung von Verfahrensrechten zugrunde

Alle Menschenrechtsvertraumlge un-terscheiden fuumlr ihre gewaumlhrten Rechte je drei Arten staatlicher Verpflichtung gegenuumlber Einzelpersonen und Grup-pen Im UN-Sozialpakt sind dies res-pektieren schuumltzen gewaumlhrleisten Die Respektierungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten die Wahrnehmung eines Rechts nicht behindern duumlrfen Die Schutzpflicht besagt dass die Vertragsstaaten Dritte davon abhalten muumlssen die Ausuumlbung dieses Rechts zu beintraumlchtigen oder zu verhindern Die Gewaumlhrleistungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten Maszlignahmen er-greifen muumlssen um die Verwirklichung eines Rechts voranzubringen

Bezogen auf das Recht auf Nah-rung heiszligt das zum Beispiel dass der Staat BaumluerInnen nicht von ihrem angestammten Land umsiedeln darf um Infrastrukturprojekte umzusetzen wenn dadurch ihr Zugang zu angemes-sener Nahrung verloren geht Er muss ferner Dritte ndash zum Beispiel Groszliggrund-besitzerInnen oder Unternehmen ndash daran hindern dies zu tun wenn sie Land fuumlr Investitionen verkaufen oder Infrastrukturprojekte durchfuumlhren Und der Staat muss durch geeignete Maszlig-nahmen auch jenen die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung ermoumlglichen die davon ausgegrenzt sind ndash zum

Menschenrechten stehen staatliche Pflichten gegenuumlber

20 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Beispiel fuumlr die sichere Ruumlckkehr von Vertriebenen sorgen oder sie auf neuem fruchtbaren Land ansiedeln Da fuumlr viele Laumlnder des Globalen Suumldens wegen der Begrenztheit der verfuumlgbaren Mittel

insbesondere die Gewaumlhrleistungs-pflicht nicht immer leicht zu erfuumlllen ist sieht der UN-Sozialpakt eine all-maumlhliche Verwirklichung der Rechte vor

Extraterritoriale Staatenpflichten

Menschenrechtsvertraumlge beschreiben zunaumlchst die Pflichten eines Vertrags-staates gegenuumlber den Menschen auf seinem Staatsgebiet oder solchen die anderweitig unter seiner Gewalt stehen (zum Beispiel bei Besatzungen) Der UN-Zivilpakt enthaumllt eine Klausel die seinen Anwendungsbereich in diesem Sinn einschraumlnkt Der UN-Sozialpakt hingegen erlaubt weitreichendere Interpretationen Hier heiszligt es in Artikel 2(1) bdquoJeder Vertragsstaat verpflichtet sich einzeln und durch internationale Hilfe und Zusammenar-beit hellip die volle Verwirklichung der in diesem Pakt anerkannten Rechte zu erreichenldquo Fortschrittliche JuristInnen sehen darin eine rechtlich bindende Pflicht wirtschaftliche soziale und kulturelle Menschenrechte auch uumlber das eigene Staatsgebiet hinaus zu respektieren zu schuumltzen und zu gewaumlhrleisten Dies hat der UN-Sozial-ausschuss 2002 in seinem Allgemeinen Kommentar Nr 15 zum Recht auf Wasser aufgegriffen der bdquohellip von den Vertragsstaaten [verlangt] von Hand-lungen abzusehen die den Genuss des Rechts auf Wasser in anderen Laumlndern unmittelbar oder mittelbar beeintraumlchti-genldquo Die International Commission of Jurists (ICJ) hat dies fortgesetzt und 2011 die sogenannten Maastrichter Prinzipien zu extraterritorialen Staaten-pflichten im Rahmen des UN-Sozialpakts veroumlffentlicht Laut den Maastrichter Prinzipien muumlssen Staaten ihre zwi-schenstaatlichen und internationalen Abkommen so gestalten dass sie nicht zu menschenrechtlichen Verwerfungen bei Vertragspartnern fuumlhren und die Staaten nicht in der Erfuumlllung ihrer

menschenrechtlichen Verpflichtungen einschraumlnken Ferner haben Staaten die Pflicht gesetzgeberische und politische Maszlignahmen zu ergreifen um Menschen in anderen Staaten vor Menschen-rechtsverletzungen durch bei ihnen ansaumlssige international agierende Konzerne zu schuumltzen Die freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Men-schenrechten gleichfalls von 2011 weisen zumindest den Spielraum aus den Staaten zur Regulierung transnati-onaler wirtschaftlicher Akteure haben 2017 veroumlffentlichte der UN-Sozialaus-schuss auszligerdem den Allgemeinen Kommentar Nr 24 zu Staatenpflichten im Zusammenhang unternehmerischen Handelns Darin betont er ebenfalls die grenzuumlberschreitenden staatlichen Pflichten zur Kontrolle multinationaler Konzerne Insgesamt hat der Verweis auf extraterritoriale Pflichten der Staaten im Rahmen des UN-Menschen-rechtssystems uumlber die letzten Jahre stark zugenommen

Protest vor der Zentrale der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) gegen ein Staudammprojekt in Panama

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 21

Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten

Obwohl die Umwelt- und die Men-schenrechtsprinzipien ein groszliges Potenzial fuumlr Synergien haben weisen die Klimarahmenkonvention und das Kyoto-Protokoll keinerlei Bezug zu den Menschenrechten auf Zur Veran-schau li chung vergleicht die folgende Tabelle die wesentlichen Prinzipien der international anerkannten Men-schenrechte und die Regeln des Kli-marechts anhand der Grundpfeiler des internationalen Umweltrechts

Wie die Tabelle zeigt sind Staaten aus menschenrechtlicher und aus kli-mapolitischer Perspektive verpflichtet den Klimawandel zu stoppen und seine Wirkungen abzumildern Neben der Emissionsminderung ist es menschen-rechtlich wichtig besonders betroffene Bevoumllkerungsgruppen bei der Anpas-sung zu unterstuumltzen die hierfuumlr kaum Mittel haben

Ferner duumlrfen klimapolitische Maszlignahmen ihrerseits nicht zu Men-schenrechtsverletzungen fuumlhren Da die internationalen Klimaregeln aber im Gegensatz zu Menschenrechtskonven-tionen und vielen anderen Umweltab-kommen vergleichsweise wenig Wert auf die Einbindung betroffener Menschen legt kommt es durch klimapolitische Maszlignahmen immer wieder zu Men-schenrechtsverletzungen Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen sowie UN-SonderberichterstatterInnen und andere Menschenrechtsorgane haben daher intensiv Lobbyarbeit betrieben um Menschenrechte im Abkommen von Paris zu verankern Durchgesetzt hat sich jedoch nur ein Absatz in der nicht-bindenden Praumlambel (Zitat siehe Einlei-tung) Klimaschutz und Menschenrech-te trennen weiterhin Welten

Umwelt-recht-

Prinzipien Internationale Menschenrechte Internationales Klimarecht

Veru

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Ist Bestandteil der Menschenrechtsprinzipien und kommt im Recht auf Rechtsmittel und Entschaumldigung zum Ausdruck Das Verursacherprinzip setzt voraus dass ein Staat seine Respektierungs- Schutz- oder Gewaumlhrleistungspflicht nachweislich verletzt hat

Wegen des Problems eine spezifische Kausalkette nachzuweisen (welche CO2-Emission hat wen geschauml-digt) ist es kein Prinzip der Klimarahmenkonventi-on In aufgeweichter Form spiegelt es sich im Prinzip der gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortung

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on Grundlegendes in Art2 (1) des UN-Sozialpaktes verankertes Prinzip wonach die reichen Industrie-staaten die Laumlnder des Globalen Suumldens bei der allmaumlhlichen Verwirklichung der Menschenrechte unterstuumltzen sollen

Verpflichtung der Industrielaumlnder gemaumlszlig Art 4 (3 4) der Klimarahmenkonvention die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell und technologisch bei der Minde-rung von Emissionen und Anpassung an den Klima-wandel zu unterstuumltzen

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Verfahrensrechte (Gleichbehandlung Information Beteiligung Rechtsmittel) sind Grundlage aller menschenrechtlichen Vertraumlge weil sie auch fuumlr die Sicherung substantieller Rechte (zB Recht auf Nahrung) bedeutend sind Dies gilt insbesondere auch fuumlr die Rechte besonders diskriminierter Bevoumllkerungsgruppen

Im Gegensatz zu vielen Umweltabkommen (zB Aarhus-Konvention) spielen in der Klimarahmenkon-vention dem Kyoto-Protokoll und dem Pariser Ab-kommen Verfahrensrechte von Einzelpersonen keine Rolle Die Ausgestaltung der internationalen Klima-schutzmechanismen nimmt entsprechend wenig Ruumlcksicht darauf

Vergleich menschenrechtlicher und klimarechtlicher Prinzipien

22 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Die Malediven fordern von der internationalen Staatengemeinschaft Maszlignahmen zum Klimaschutz zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung

Kaum jemand zweifelt mehr daran dass der Klimawandel maszliggeblich men-schengemacht ist und negative Auswir-kungen auf die Wahrnehmung von Menschenrechten hat Auf Grundlage der menschenrechtlichen Schutzpflicht sind die Staaten verpflichtet rasch effektive Maszlignahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen zu ergrei-fen BerichterstatterInnen des UN-Menschenrechtsrats betrachten das im Pariser Abkommen vereinbarte Ziel Emissionen derart zu reduzieren dass der globale Temperaturanstieg unter 15 Grad Celsius gehalten wird daher als menschenrechtliche Pflicht der Staaten Dennoch findet Emissionsmin-derung nicht in dem Umfang statt wie es noumltig waumlre Seit 2005 haben ver-schiedene Akteure auf unterschiedli-chen Wegen versucht diesen Blockaden mit Hilfe des Menschenrechtssystems entgegenzuwirken

Die Regierung der Malediven schlug den politischen Weg ein Die Malediven sind ein Staat bestehend aus etwa 1200 kleinen Inseln die nur wenige Meter uumlber dem Meeresspiegel liegen und unmittelbar vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen sind Die Regierung des Landes initiierte die Maledivische Erklaumlrung zur menschlichen Dimension des globalen Klimawandels die sie im November 2007 gemeinsam mit 38 weiteren kleinen Inselstaaten unterzeichnete In dieser Erklaumlrung forderten sie das Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte der Vereinten Nationen auf dem Menschenrechtsrat eine detaillierte Studie uumlber die Auswir-kungen des Klimawandels vorzulegen was im Oktober 2009 ndash kurz vor der Klimakonferenz in Kopenhagen ndash auch geschah Die Malediven haben damit einen Prozess in Gang gesetzt der maszliggeblich dazu beigetragen hat dass viele Menschenrechtsorgane begannen sich mit den Auswirkungen des Klima-wandels auf die Menschenrechte zu befassen

Einen anderen Weg schlugen die Inuit des US-amerikanischen Teils Alaskas ein 2005 reichten sie bei der Inter-Amerikanischen Menschenrechts-kommission eine Klage gegen die USA ein weil die USA nicht genug taumlten um den Klimawandel zu verhindern Die Kommission lehnte die Verhandlung des Falls ab Ein wesentlicher Grund war dass die Klaumlger nicht hinreichend darle-gen konnten dass vor allem die Un-taumltigkeit der USA zur Verletzung ihrer Menschenrechte fuumlhre Die Kommission lud die Inuit aber im Maumlrz 2007 zu einer Anhoumlrung ein um die Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Menschen-rechte zu eroumlrtern Obwohl sie rechtlich eine Niederlage erlitten hatten wurde die Anhoumlrung doch zu einem politi-schen Erfolg der der Situation der Inuit global viel Aufmerksamkeit einbrachte

Des Weiteren war die Klageschrift der Inuit der Auftakt zu einer Vielzahl von Versuchen die Staaten auf juristi-schem Wege zur Pflicht zu rufen Dies muss sich aber nicht auf Organe des Menschenrechtssystems beschraumlnken Besonders erfolgreich war eine Klage der niederlaumlndischen Umweltorganisa-tion Urgenda gegen die Niederlande Das Bezirksgericht in Den Haag urteilte 2015 auf Grundlage der in der nieder-laumlndischen Verfassung verankerten Fuumlrsorgepflicht des niederlaumlndischen Staates dass die Niederlande auf-grund der Erkenntnisse des vierten Sachstandsberichts des Weltklimarats ihre Emissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 25 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern muumlssen Mit den bis dahin ergriffenen Maszlignahmen waumlren voraussichtlich nur 17 Prozent erreicht worden

Trotz dieser Erfolge bleibt es schwierig einzelne Staaten fuumlr den Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Menschenrechte zur Verant-wortung zu ziehen Haumlufig verstaumlrkt der Klimawandel nur bereits beste-hende Menschenrechtsverletzungen Auch die Unterscheidung ob eine

Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 23

Menschenrechtsverletzung in diesem Zusammenhang Folge des Klimawandels oder uumlblicher Wetterextreme ist ist oft schwierig So kommt das Hochkommis-sariat fuumlr Menschenrechte 2009 zum Ergebnis dass der Klimawandel zwar eindeutig negative Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Menschenrech-ten hat dass es aber weniger eindeutig ist ob und in welchem Ausmaszlig die Auswirkungen in streng rechtlichem Sinn als Menschenrechtsverletzung qualifiziert werden koumlnnen

Aus Sicht von FIAN Deutschland kann der Verlust des Zugangs zu Nah-rung durch den Klimawandel aber durchaus als Menschenrechtsverletzung gewertet werden fuumlr die andere Staa-

ten als der Heimatstaat mitverantwort-lich sind Zwar ist der Haftungsansatz nach dem Verursacherprinzip aufgrund der oben geschilderten Besonderheiten des Klimaproblems fuumlr eine menschen-rechtliche Argumentation wenig frucht-bar Aufgrund des Wissens der Staaten uumlber die menschliche Verursachung und der nachweislich negativen Auswirkun-gen des Klimawandels auf die weltweite Verwirklichung der Menschenrechte sind die Staaten jedoch gemaumlszlig UN-Sozialpakt Artikel 2(1) menschenrecht-lich verpflichtet einzeln sowie durch internationale Hilfe und Zusammen-arbeit unter Ausschoumlpfung all ihrer Moumlglichkeiten wirksame Maszlignahmen zur Emissionsminderung zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung

bdquoAnpassungldquo umschreibt ein weites Feld von Aktivitaumlten das die Menschen weniger anfaumlllig gegenuumlber den Auswir-kungen des Klimawandels macht Hiermit kann die Einfuumlhrung von duumlrreresistenten Pflanzenarten und von Bewaumlsserungssystemen gemeint sein aber auch Umsiedlung aus Hochrisiko-zonen neue Bauweisen und Bauvor-schriften oder der Ausbau von Institu-tionen zum Risikomanagement Sie macht einen vergleichsweise kleinen Teil der Klimafinanzierung aus die sich 2016 auf insgesamt 380 Milliarden US Dollar belief 93 Prozent der globalen Klimafinanzierung kommen der Emissi-onsminderung zugute die uumlberwiegend privat finanziert ist Mittel aus oumlffentli-cher Hand tragen nur 34 Prozent zur globalen Klimafinanzierung bei wovon wiederum nur 16 Prozent Anpassungs-maszlignahmen zugutekommen 89 Pro-zent der oumlffentlichen Klimafinanzierung werden von internationalen und natio-nalen Entwicklungsbanken gestemmt Selbst die internationalen Banken wie die Weltbank die Asiatische und die

Afrikanische Entwicklungsbank oder die Europaumlische Investitionsbank (EIB) investieren nur durchschnittlich 23 Pro-zent ihrer Investitionen im Klimabe-reich in Anpassungsmaszlignahmen Fuumlr den unmittelbaren Schutz sowie fuumlr Anpassungsmaszlignahmen an die Folgen des Klimawandels werden also verhaumllt-nismaumlszligig wenige Gelder bereitgestellt Dies kann akut zu Menschenrechtsver-letzungen fuumlhren Je spaumlter und halb-herziger in den Klimaschutz investiert wird desto mehr Anpassung wird noumltig Die Pflicht der Staaten solche Maszlignah-men zu unterstuumltzen ergibt sich aus ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen gemaumlszlig Artikel 2(1) des UN Sozialpaktes Sie gilt unabhaumlngig davon wie viel ein Staat zur Klimaer-waumlrmung beitraumlgt Diese Pflicht ergibt sich auszligerdem aus Art 4(3 4) der Klimarahmenkonvention die aumlrmeren Laumlnder sowohl beim Klimaschutz als auch bei der Anpassung an den Klima-wandel unterstuumltzen ndash gemaumlszlig dem Prinzip gemeinsamer aber unterschied-licher Verantwortung

Die Lebensgrundlage der Indigenen im aumlthiopischen Omo-Tal ist durch den Bau des Stauddamms Gibe III bedroht Foto Suvival International

24 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Obergrenze (Cap)

Industriestaaten unterschreiben dashellip

Kyoto-Protokoll (1997)

Ziel Reduktion der Treibhausgasemission

Emissionen im Zeitraum von 2008 bis 2012 um 5 unter das Niveau von 1990 senken

fl exibler Mechanismus

Fabrik A Fabrik B

Wenn die Emissionen unter der Obergrenze

liegen koumlnnen die nicht genutzten Emissionsrechte wieder verkauft

werden

hellip an Staaten oder

Unternehmen die mehr

Emissionen ausstoszligen

wollen

Verkauft die ungenutzten CO

2-Rechtehellip

Funktionsweise des Emissionshandels

Internationale Klimafinanzierung

Gemaumlszlig der Klimarahmenkonvention sind die traditionellen Industrielaumlnder verpflichtet die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell technologisch und mit Kapazitaumltsaufbau zu unterstuumltzen Auf der Klimakonferenz von Kopenha-gen 2009 wurde diese Verpflichtung konkretisiert die Industrielaumlnder sagten zu dass die finanzielle Unter-stuumltzung bis 2020 auf jaumlhrlich 100 Milli-arden US-Dollar anwachsen soll Zu diesen werden nicht nur die aufge-brachten oumlffentlichen Mittel sondern auch private Investitionen in den Klimaschutz gezaumlhlt wenn sie eine Folge staatlicher Maszlignahmen sind

Die Unterstuumltzung durch oumlffentliche Geber laumluft durch eine Vielzahl von Ka-naumllen Zum einen nutzen viele Staaten dazu ihre Organisationen der Entwick-lungszusammenarbeit In Deutschland sind das beispielsweise die Gesellschaft fuumlr Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Kreditanstalt fuumlr Wieder-aufbau (KfW) Zweitens zaumlhlen auch die Weltbank und die regionalen Ent-wicklungsbanken Klimaschutz zu ihren Aufgaben Insbesondere die Weltbank hat mehrere spezielle Klimaschutzfonds geschaffen Drittens wurde eine Reihe von internationalen Fonds eingerichtet Mit den Geldern der 1991 geschaffenen Globalen Umweltfazilitaumlt (Global Envi-ronment Facility GEF) werden Projekte im Rahmen der Klimarahmenkonventi-on und anderer internationaler Um-weltabkommen finanziert 2001 wurden unter der Klimarahmenkonvention eine Reihe von kleinen spezialisierten Fonds eingerichtet die insbesondere Maszlig-nahmen zur Anpassung an den Klima-wandel finanzierenbull der Least Developed Countries Fund

Fonds fuumlr die am wenigsten entwi-ckelten Laumlnder

bull der Special Climate Change Fund Spezieller Klimawandel-Fonds der vor allem Anpassungsmaszlignahmen finanzieren soll und

bull der Adaptation Fund Anpassungs-fonds fuumlr Laumlnder des Globalen Suumldens

Daruumlber hinaus wurde 2010 beschlos-sen den Green Climate Fund (Gruumlner Klimafonds) einzurichten Dieser soll einen erheblichen Teil der zugesagten 100 Milliarden US-Dollar verwalten

Neben diesen Einrichtungen zur Klimafinanzierung wurden im Rahmen des Kyoto-Protokolls auch institutiona-lisierte Verfahren zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige geschaffenbull der internationale Emissionshandel

der den Handel mit Rechten zum Ausstoszlig von Treibhausgasen regelt

bull die Joint Implementation (Gemein-same Umsetzung) uumlber die Klima-schutzprojekte in Industrielaumlndern international zertifiziert werden koumlnnen

bull der Clean Development Mechanism (Mechanismus fuumlr umweltver-traumlgliche Entwicklung) uumlber den Klimaschutzprojekte in Laumlndern

Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 25

des Globalen Suumldens international zertifiziert werden koumlnnen (siehe Kapitel bdquoDer Clean Development Mechanismldquo)

Diese Verfahren dienen aber in ers-ter Linie der Erreichung der Emissi-onsziele der Industrielaumlnder (siehe Kapitel bdquoSenkung der eigenen Emissi-onenldquo) Mitgliedstaaten mit groszligen Regenwaldvorkommen forderten daher

ein Instrument zu schaffen das den Schutz von Waumlldern auf die Klimabilanz anrechnet Infolge wurde 2007 das Programm REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degrada-tion in Developing Countries) ins Leben gerufen Es soll zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige in Laumlndern des Globalen Suumldens beitragen die durch Abholzung von Waumlldern entstehen

Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen

Maszlignahmen zum Klimaschutz sind aus menschenrechtlicher Perspektive oft umstritten Bei Investitionen in erneu-erbare Energien handelt es sich haumlufig um groszlige flaumlchenintensive Infrastruk-turprojekte wie zum Beispiel den Bau von Staudaumlmmen und Wasserkraftwer-ken Windparks groszligflaumlchige Solar- und Erdwaumlrmeanlagen Das Gleiche gilt fuumlr den Anbau von Energiepflanzen wie Oumllpalmen Investitionen in CO2-Senken also die Ausdehnung von Waumlldern oder der Erhalt bestehender Waumllder stehen oft in Konkurrenz zu anderen Flaumlchen- und Waldnutzungen Auch Anpassungs-maszlignahmen wie der Bau von Schutz-waumlllen oder die Einrichtung von siedlungsfreien Zonen in Hochrisikoge-bieten (zum Beispiel in Gebieten die

haumlufig uumlberschwemmt oder durch Erosion und Erdrutsche gepraumlgt sind) betreffen Land das von Menschen genutzt und ihnen durch solche Maszlig-nahmen entzogen wird Die Flaumlchen-konkurrenz zwischen Investitionen zum Klimaschutz und bisheriger Landnut-zung fuumlhrt unter anderem dazu dass KleinbaumluerInnen und Hirtenvoumllkern der Zugang zu Land und Wasser entzogen wird das sie bisher fuumlr den Nahrungs-mittelanbau und die Viehwirtschaft nutzten Haumlufig handelt es sich dabei um indigene Gruppen die keine Landti-tel besitzen Mit der Vertreibung von ihren wirtschaftlich genutzten Flaumlchen geht auch haumlufig die Vertreibung aus den Ansiedlungen einher Verletzungen sozialer Menschenrechte wie die Rechte auf Nahrung Wasser und Woh-nen sind die Folge Aber auch Verfah-rensrechte und das Recht auf Leben werden regelmaumlszligig missachtet

Dafuumlr gibt es viele Beispiele Pana-ma ist eines jener Laumlnder das am meis-ten in Wasserkraftwerke als erneuerbare Energiequelle investiert In mindes-tens drei bekannten Faumlllen ndash Bonyic Chan75 und Barro Blanco ndash kam es dabei zu schweren Menschenrechts-verletzungen Doumlrfer wurden geflutet obwohl die BewohnerInnen noch nicht umgesiedelt waren die Rechte von In-digenen auf ihr Gebiet und Beteiligung an Projekten wurden verletzt Betrof-fene und AktivistInnen die sich gegen diese Maszlignahmen wehrten wurden eingeschuumlchtert und sogar ermordet Auch Kenia gehoumlrt zu den Vorreitern in

Die klimaschuumltzende Wirkung von Staudaumlm-men zur Stromgewinnung wird bestritten Auszligerdem fuumlhren sie oft zu Verletzungen von Menschenrechten der oumlrtlichen Bevoumllkerung Foto Jane Hofbauer

26 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Sachen Klimaschutz ndash haumlufig zu Lasten ausgegrenzter Bevoumllkerungsgruppen In Olkaria willigten Massai in eine Umsiedlungsmaszlignahme zugunsten einer Erdwaumlrmeanlage (Geothermie) ein weil man ihnen eigene Landrech-te versprach die sie jedoch bis heute nicht erhalten haben Mehrere tausend indigene Jaumlger- und Sammlervoumllker wurden aus dem Embobut-Wald in Westkenia (Sengwer und Cherangany) und dem Mau-Wald (Ogiek) vertrieben weil die Regierung deren Nutzung unter REDD+ anstrebt Der Fall der Ogiek wurde 2014 sogar vor dem Afrikani-schen Gerichtshof fuumlr Menschen- und Voumllkerrechte zugunsten der Ogiek ver-handelt Aumlhnliches passierte in anderen Laumlndern Afrikas So wurde in Tansania die Gemeinschaft der Warufiji aus dem Refuiji-Delta vertrieben Sie hatten die Kooperation bei der Aufforstung der Mangrovenwaumllder verweigert weil man ihnen den Anbau von Reis verbot

Die Auswirkungen von Klimaschutz-maszlignahmen koumlnnen aber auch kom-plexerer Natur sein Wie die Weltbank 2008 in einer vielbeachteten Studie zur globalen Nahrungsmittelkrise darlegte trug die Flaumlchenkonkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Energiepflanzen-anbau maszliggeblich zum globalen An-stieg der Nahrungsmittelpreise bei der fuumlr viele Menschen zu Hunger fuumlhrte Anhand dieser katastrophalen Folgen der staatlichen Foumlrderung von Agrar-treibstoffen durch westliche Indust-rienationen wird deutlich wie diese klimapolitisch motivierten Programme in vielen aumlrmeren Laumlndern direkt zur Verletzung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser beitragen

Auch Anpassungsmaszlignahmen schneiden unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten nicht zwingend besser ab Obwohl sie im Prinzip zum Schutz der Menschen gedacht sind fehlt es in manchen Faumlllen an Professionalitaumlt in anderen Faumlllen fehlt der Fokus auf die besonders gefaumlhrdeten Bevoumllkerungs-gruppen In Mosambik wurden die Doumlr-fer im Sambesi-Flussdelta 20072008

nach schweren Uumlberschwemmungen in houmlher gelegene Gebiete umgesiedelt Viele der neuen Siedlungen blieben ohne angemessenen Zugang zu Wasser fruchtbarem Land und Gesundheitsver-sorgung So wurden sie von Nahrungs-mittelhilfen abhaumlngig Viele Familien verloren durch Abwanderung ihren Zusammenhalt Diskriminierungen bei Anpassungsmaszlignahmen kommen auch in entwickelten Laumlndern vor Nach dem Wiederaufbau von New Orleans nach dem Hurrikan Kathrina im Jahr 2005 durfte die arme afro-amerikanische Be-voumllkerung nicht mehr ihre am Flussufer gelegenen Siedlungen beziehen ndash we-gen Uumlberflutungsgefahr Angemesse-nen und finanzierbaren Ersatz bekamen sie jedoch nicht angeboten

Die Ursachen fuumlr negative Aus-wirkungen und Menschenrechtsver-letzungen durch Klimapolitik gehen teilweise auf die Bedingungen in den Projektlaumlndern zuruumlck Die jeweiligen Nationalstaaten sind menschenrecht-lich entsprechend zu beurteilen und zur Pflicht zu rufen Die Ursachen liegen aber auch in den Klimarahmenabkom-men selbst und ihren Mechanismen begruumlndet Bis auf das Abkommen von Paris enthalten diese keinen Verweis auf Menschenrechte Sie betonen aber die Rechte der Nationalstaaten ihre na-tuumlrlichen Ressourcen auszubeuten Das Abkommen von Paris ist insofern ein Erfolg als in der Praumlambel zum ersten Mal ein Bezug zu den Menschenrechten hergestellt wird Auch im Konzept der extraterritorialen Staatenpflichten zur Verwirklichung wirtschaftlicher sozia-ler und kultureller Menschenrechte ist anerkannt dass die Staaten die Pflicht haben ihre Instrumente zum Klima-schutz und zur Unterstuumltzung von An-passungsmaszlignahmen menschenrechts-konform zu gestalten Dennoch gilt es dicke Bretter zu bohren Eine Praumlambel ist nicht rechtsverbindlich sondern als Orientierungs- und Interpretationshilfe fuumlr die Vertragsparteien oder Gerichte zu verstehen

Fuumlr diese Geothermie-Anlage in Kenia wurden Massai von ihrem traditionellen Land vertrieben Foto Jeanette Schade

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 27

Der Clean Development Mechanism

Mit fast 8000 registrierten Projekten ist der Clean Development Mechanism (CDM) des Kyoto-Protokolls das bedeu-tendste internationale Verfahren zum Klimaschutz Er soll einerseits die Gastgeberstaaten der Projekte bei ihrer nachhaltigen Entwicklung unterstuumltzen und andererseits den Industrielaumlndern bei der Erreichung ihrer Emissionsziele helfen

Das Kyoto-Protokoll definiert fuumlr die teilnehmenden Industrielaumlnder verbindliche Emissionsziele Die Uumlber-wachung der Zielerreichung erfolgt auf Grundlage von Emissionszertifikaten jeder verpflichtete Staat muss fuumlr jede Tonne Treibhausgasemission ein Emis-sionszertifikat vorlegen Die Staaten erhalten eine Anfangsausstattung von Zertifikaten auf Grundlage ihrer Ziele zur Verringerung ihrer Emissionen Diese Zertifikate sind handelbar Schafft ein Staat es seine Emissionen staumlrker zu reduzieren als er zum Ziel hat kann er den sich daraus ergebenden Uumlber-schuss an Zertifikaten an andere Laumlnder verkaufen Auszligerdem koumlnnen die In-dustrielaumlnder uumlber den CDM zertifizierte Emissionsreduktionen aus Klimaschutz-projekten in den Laumlndern des Globalen Suumldens ankaufen

Die naturwissenschaftliche Grund-lage dieses so genannten Emissions-handels ist dass die Treibhausgase sich gleichmaumlszligig in der Atmosphaumlre verteilen Fuumlr den Klimawandel macht es keinen Unterschied an welchem Ort Treibhausgase ausgestoszligen oder reduziert werden Durch den Emissions-handel soll es daher ermoumlglicht werden Emissionen an der Stelle zu vermindern an der dies am kostenguumlnstigsten ist Im Kyoto-Protokoll gibt es zum einen den Emissionshandel zwischen Staaten zum anderen werden im CDM Zertifikate fuumlr Emissionsreduktionen in konkreten Projekten ausgestellt wie zum Beispiel fuumlr Windkraftanlagen Prinzipiell kann jeder beliebige Akteur CDM-Projekte durchfuumlhren Zertifikate erhalten und diese dann verkaufen seien es staatli-che Stellen private Unternehmen oder auch zivilgesellschaftliche Organisa-tionen Durch den CDM soll so fuumlr alle Interessierte ein Anreiz gesetzt werden in Emissionsreduktionen zu investieren Die groszlige Mehrheit der CDM-Projekte wird von privaten Unternehmen durchgefuumlhrt

Der CDM unterliegt der Fuumlhrung und Aufsicht der Konferenz der Vertrags-staaten des Kyoto-Protokolls Fuumlr die Pruumlfung und Genehmigung der konkre-ten Projekte sowie fuumlr die Ausarbeitung von Detailregelungen zu den Geneh-migungsverfahren haben die Vertrags-staaten einen Exekutivrat eingerichtet der aus zehn Mitgliedern und zehn stellvertretenden Mitgliedern besteht Die Mitglieder werden von der Vertrags-staatenkonferenz nach einem regiona-len Schluumlssel gewaumlhlt Der Exekutivrat soll nach Moumlglichkeit alle Entscheidun-gen einstimmig treffen Wenn dies nicht moumlglich ist sind auch Abstimmungen mit Dreiviertelmehrheit erlaubt

Um sich fuumlr die Ausstellung von CDM-Zertifikaten zu qualifizieren muumlssen CDM-Projekte ein festgeleg-tes Verfahren durchlaufen Zunaumlchst muumlssen die Traumlger des Projekts eine Projektdokumentation erstellen die darlegt welche Maszlignahmen durchge-fuumlhrt werden sollen und wie dadurch Emissionen vermindert werden Diese

Einige Doumlrfer im kenianischen Tana-Delta muumlssen per Tankwagen mit Trinkwasser versorgt werden

28 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Braucht Zertifi kate um eigene Klimaschaumlden ausgleichen zu

koumlnnen

INDUSTRIELAND

Klimaschutzprojekt wird unterstuumltzt

ENTWICKLUNGSLANDTechnologie

Finanzierung

Die Unterstuumltzung bringt dem Industrieland zusaumltzliche

Zertifi kate ein

Clean Development Mechanism (CDM)-Projekte werden kontrolliert durch den

CDM-EXEKUTIVRAT bestehend aus 10 Mitgliedern

Durch die Unterstuumltzung

sollen CO2-Emissionen vermieden

werden

Jeweils ein Mitglied der fuumlnf regionalen

Gruppen der Vereinten Nationen

Zwei Mitglieder des Kyoto-Protokolls

gelistet als Industrieland (Annex 1)

Zwei Mitglieder die nicht in Annex 1 des

Kyoto-Protokolls gelistet sind

EinE RepraumlsentantIn der kleinen

Inselstaaten

Projektdokumentation muss durch ein sachverstaumlndiges Zertifizierungsun-ternehmen beispielsweise den TUumlV uumlberpruumlft werden Auszligerdem muss das Projekt durch das Durchfuumlhrungsland und mindestens ein Industrieland genehmigt werden Wenn all diese Be-dingungen erfuumlllt sind wird das Projekt dem CDM-Exekutivrat vorgelegt Wenn der Exekutivrat keine Einwaumlnde hat wird es als CDM-Projekt registriert

Waumlhrend der Durchfuumlhrung des Projekts muumlssen seine Traumlger fortlau-fend uumlberwachen und dokumentieren welche Treibhausgasmengen es er-zeugt Die Emissionsminderung ergibt sich aus dem Unterschied zwischen den Emissionen des Projekts und den Emis-sionen die angefallen waumlren wenn das Projekt nicht umgesetzt worden waumlre wenn zum Beispiel statt Strom eines Windparks Strom aus Kohlekraftwerken verwendet worden waumlre Die Dokumen-tation wird wiederum von einer sach-verstaumlndigen Stelle und vom CDM-Exe-kutivrat uumlberpruumlft Abschlieszligend stellt der Exekutivrat den Projektbeteiligten Emissionszertifikate entsprechend der erzielten Emissionsminderung aus

Die Projektbeteiligten koumlnnen die Zertifikate dann an mehrere moumlgliche Abnehmer verkaufen Der erste moumlgli-che Abnehmer sind Industriestaaten die ihre Kyoto-Emissionsziele nicht durch inlaumlndische Emissionsredukti-onen erreichen und daher zusaumltzliche Zertifikate benoumltigen Daruumlber hinaus gibt es in der EU und in mehreren ande-ren Staaten Emissionshandelssysteme auf Unternehmensebene Aumlhnlich wie die Industriestaaten durch das Kyoto-Protokoll verpflichtet sind Emissi-onszertifikate vorzulegen muumlssen in der EU und in anderen Laumlndern auch bestimmte Unternehmen wie die Ener-gieversorger und groszlige Industriebe-triebe fuumlr ihre Treibhausgasemissionen Zertifikate vorlegen Diese Unterneh-men koumlnnen teilweise CDM-Zertifikate verwenden um ihre Verpflichtung zu erfuumlllen Der dritte moumlgliche Abnehmer ist der wachsende Markt der sogenann-ten bdquofreiwilligen Kompensationldquo von Treibhausgasemissionen Dies sind

Unternehmen und Privatpersonen die ihre Emissionen ausgleichen wollen indem sie CDM-Zertifikate kaufen und loumlschen Ein Beispiel dafuumlr sind Aus-gleichszahlungen fuumlr den CO2-Ausstoszlig durch Fluumlge

Der CDM verfuumlgt uumlber keinerlei men-schenrechtliche Kriterien Es gibt ledig-lich die Bestimmung dass die Projekte zur nachhaltigen Entwicklung beitragen sollen und die Vorschrift dass die lokale Bevoumllkerung konsultiert werden muss Allerdings gibt es keine interna-tionalen Kriterien wie der Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung uumlberpruumlft werden soll Stattdessen wird die Pruuml-fung vollstaumlndig den Gastgeberlaumlndern der Projekte uumlberlassen Ebenso gibt es nur vage internationale Kriterien fuumlr die Konsultation der lokalen Bevoumllke-rung Viele Laumlnder haben nur schwache

Funktionsweise des Clean Development Mechanism

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 29

Regeln und uumlberwachen deren Einhal-tung nur schlecht Als Ergebnis kommt es immer wieder zu Vorwuumlrfen dass durch CDM-Projekte Menschenrechte verletzt werden Die internationale Gemeinschaft ist damit nicht ihrer Verantwortung nachgekommen neue voumllkerrechtliche Vertraumlge entsprechend ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen auszugestalten

Das Kyoto-Protokoll wird nach 2020 nicht weitergefuumlhrt entsprechend wird auch der CDM auslaufen Allerdings

wurden im Pariser Abkommen neue Kooperationsmechanismen geschaf-fen Die Regeln zur Umsetzung dieser Mechanismen sollen ausdruumlcklich die Erfahrungen aus den Mechanismen des Kyoto-Protokolls beruumlcksichtigen Aus den menschenrechtlichen Problemen die sich im CDM ergeben haben soll-ten die Staaten die Schlussfolgerung ziehen dass die neuen Mechanismen verbindliche menschenrechtliche Krite-rien benoumltigen

Der Fall Bajo Aguaacuten ndash CDM-Zertifizierung trotz Menschen-rechtsverletzungen

Das Projekt bdquoAguan Biogas Recovery from Palm Oil Mill Effluent [POME] Ponds and Biogas Utilisation ndash Ex-portadora del Atlaacutentico AguanHondurasldquo soll die Behandlung von Abwasser aus einer Palmoumllmuumlhle verbessern und dadurch die Emissio-nen von Methan vermindern Das Palmoumll kommt aus Plantagen die im Zentrum eines gewalttaumltigen Landkon-flikts stehen Laut den oumlrtlichen KleinbaumluerInnen hat sich der Eigentuuml-mer das Plantagenland widerrechtlich angeeignet Sie fordern daher die Ruumlckgabe des Landes Die Sicherheits-kraumlfte der Plantagen und die oumlffentli-chen Sicherheitskraumlfte gehen immer

wieder gewaltsam gegen die Kleinbaumlu-erInnen vor bisher wurden uumlber 50 Personen getoumltet

Diese Umstaumlnde spielten jedoch im Registrierungsverfahren des CDM keine Rolle FIAN und andere Nicht-regierungsorganisationen wiesen den CDM-Exekutivrat darauf hin dass das Projekt in Menschenrechtsver-letzungen verwickelt sei Es wurde dennoch als CDM-Projekt registriert Der CDM-Exekutivrat erklaumlrte dass er kein Mandat habe solche Umstaumlnde zu beruumlcksichtigen Seine Zustaumlndig-keit beschraumlnke sich auf die Klima-schutzauswirkungen von Projekten Neben Honduras war das Projekt auch von Groszligbritannien registriert wor-den Nachdem sie uumlber die Vorwuumlrfe informiert worden war aumluszligerte die britische Regierung zwar dass diese bdquoverstoumlrendldquo seien erklaumlrte aber fuumlr Fragen der Nachhaltigkeit sei das Gastgeberland Honduras zustaumlndig

Das Projekt ist im CDM registriert und kann fuumlr Emissionsreduktionen die bis zum 31 Januar 2018 erzielt wurden Zertifikate erhalten Dieser Zeitraum kann verlaumlngert werden Das Ausmaszlig der Gewalt ist zwar nach einer Intervention der deutschen Regierung zuruumlckgegangen der zugrunde lie-gende Landkonflikt ist aber weiterhin ungeloumlst

Eine honduranische Baumluerin weist bei einer Demonstration auf die schweren Menschen-rechtsverletzungen in Bajo Aguaacuten hin

30 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank

Viele Klimaschutzmaszlignahmen werden ausschlieszliglich von privaten Unterneh-men und Banken durchgefuumlhrt die nicht an verbindliche Sozialstandards gebunden sind Insbesondere in Laumln-dern des Globalen Suumldens mit schwa-chen nationalen Standards und Institu-tionen zu ihrer Durchsetzung gefaumlhrdet dies den Schutz der Menschenrechte

Oumlffentliche Entwicklungsbanken verfuumlgen dagegen uumlber eigene Sozial-standards und Beschwerdeverfahren welche die Gefahr von Menschenrechts-verletzungen bei der Durchfuumlhrung von Projekten verringern koumlnnen Doch auch hier gibt es deutlichen Nachbes-serungsbedarf wie das Beispiel der Europaumlischen Investitionsbank (EIB) zeigt

Die EIB ist eine Bank der Europaumli-schen Union (EU) deren Anteilseigner neben der EU die EU-Mitgliedstaaten sind Sie verfuumlgt uumlber das groumlszligte Bud-get aller Entwicklungsbanken weltweit und ist ein Schluumlsselakteur der Klima-finanzierung Seit 2013 hat sie sich zum Ziel gesetzt jaumlhrlich mindestens 25 Prozent ihres Kreditvolumens fuumlr Kli-maprojekte zu vergeben Im Jahr 2011 leitete die EIB eine Untersuchung ein um ihre Sozialstandards den Anspruuml-chen der EU-Grundrechtecharta sowie den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte anzupassen Das dabei entstandene Handbuch fuumlr Umwelt- und Sozialstandards (2013) verspricht hohe Sozialstandards und beschreibt diese ndash als einzige Bank weltweit ndash sogar mit menschenrechtli-chem Vokabular 2015 uumlberarbeitete die EIB auszligerdem ihre Transparenzpolitik so dass sie im Unterschied zu vielen anderen europaumlischen Entwicklungs-banken bereits vor Bewilligung die Ergebnisse von Umwelt- und Sozial-vertraumlglichkeitsanalysen bekannt gibt Die EIB hat ferner ein eigenes Be-schwerdeverfahren das alle durch ihre Projekte Betroffenen nutzen koumlnnen Die Zustaumlndigen fuumlr die Bearbeitung

der Beschwerden koumlnnen Mediations-prozesse anstoszligen Das Verfahren und das zustaumlndige Gremium koumlnnen sogar selbst Gegenstand einer Beschwerde vor dem EU-Ombudsmann werden wenn die Betroffenen mit seiner Arbeit unzufrieden sind

Gute Standards und ein gutes Beschwerdeverfahren gelten in der Regel als Grundbedingung fuumlr die Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht Dennoch gibt es im System der EIB erhebliche Maumlngel Eine menschenrechtliche Untersuchung der Anwendung der Sozialstandards beim oben erwaumlhnten Erdwaumlrmeprojekt in Kenia fuumlhrte dabei zu folgenden Ergeb-nissen Es werde zu wenige Sozial- und MenschenrechtsexpertInnen je Projekt beschaumlftigt Ersatzweise werden Kre-ditnehmer auf das EIB-Handbuch zu Umwelt- und Sozialstandards verwiesen Die EIB uumlberlaumlsst die Umsetzung ihrer hehren Sozialstandards damit weitge-hend den Kreditnehmern ohne diese mit angemessen Personalressourcen zu unterstuumltzen und zu kontrollieren Betroffene werden von der EIB auch nicht systematisch uumlber die Existenz ihres Beschwerdeverfahrens informiert sondern stoszligen ndash wenn uumlberhaupt ndash erst durch eigene Recherche auf ihn Die EIB-MitarbeiterInnen haben keine Verpflichtung den Beschwerdeaus-schuss aktiv in problematische Projekte einzubinden Er wird erst aktiv wenn Betroffene an ihn herantreten Bei Pro-jekten die von mehreren Geldgebern finanziert werden hat er kein Mandat deren Rolle bei der Verletzung von So-zialstandards zu untersuchen Seine Be-urteilungen und Empfehlungen sind fuumlr die Bank auch nicht rechtlich bindend Das Beispiel der EIB zeigt damit nicht nur deren spezifische Maumlngel in der Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht sondern demonstriert auch die generell begrenzte Reichweite institutioneller Beschwerdemecha-nismen Sie stellen keinen Ersatz fuumlr verbindliche Menschenrechtsstandards dar zu deren Umsetzung Staaten ver-pflichtet sind

Gemaumlszlig dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP) sind 80 Prozent aller Menschen die aufgrund des Klimawan-dels umsiedeln muumlssen FrauenFoto Survival International

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 31

Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Der Status der EU im Menschenrechts-system ist kompliziert Die EU selbst ist kein Staat sondern eine Mitgliederor-ganisation von Staaten Wie andere internationale Organisationen auch ist sie daher keine Vertragspartei der zwischenstaatlichen Menschenrechts-vertraumlge (mit Ausnahme der UN-Behin-dertenrechtskonvention) Sie ist auch keine Vertragspartei der Europaumlischen Menschenrechtskonvention obwohl ihr Beitritt in Artikel 6(2) des EU-Vertrags

festgelegt ist und seit langem gepruumlft wird Daher haben die Menschenrechts-organe der UN und des Europarates auch kein Mandat uumlber die EU und duumlrfen nicht uumlber sie urteilen

Dennoch ist auch die EU verpfl ich-tet Menschenrechte in ihrer Innen- und Auszligenpolitik zu beachten Diese Verpfl ichtungen beruhen vor allem auf a) der EU-Grundrechtecharta (2009) b) dem EU-Vertrag sowie c) auf der Aarhus-Konventiona) Die Grundrechtecharta gilt fuumlr alle

EU-Organe sowie fuumlr die Mitglied-staaten bei der Anwendung von EU-Recht (GRC Art 51(1)) Sowohl das EU-Parlament als auch ein Experten-urteil bestaumltigten ihre extraterritori-ale Reichweite

b) In den EU-Vertraumlgen bekennt sich die EU zum Schutz der Menschen-rechte in ihrer Beziehung zur uumlbri-gen Welt und zur Grundrechtecharta der Vereinten Nationen (EUV Art 3(5)) Sie erklaumlrt diese zu leitenden Grundsaumltzen ihres auswaumlr-tigen Handelns (EUV Art 21) Dies gilt ausdruumlcklich auch fuumlr die Ko-operation mit Entwicklungslaumlndern (EUVA Art 208)

c) Die EU ist eine Vertragspartei der Aarhus-Konvention die nach Expert Innenmeinung ebenfalls auch extraterritorial ausgelegt werden kann

0 100 200 300 400 500

203020141990

Gebaumlude

Landwirtschaft

Industrie

Energiewirtschaft

Verkehr

lt61

72

88

lt98

160

163

lt72

119

209

lt143

181

283

lt183

358

466

Datenquelle Bundesministerium fuumlr UmweltNaturschutz Bau und Reaktorsicherheit (2017)Klimaschutz in Zahlen 2017

Ziele zur Verringerung von Treibhausgas-emissionen Deutschlands nach Sektoren gemaumlszlig dem Klimaschutzplan 2050(in Millionen Tonnen CO2-Aumlquivalenten)

32 FIAN | Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

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IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh (2012) Second National Com-munication of Bangladesh to the United Nations Framework Convention on Climate Change Dhaka Ministry of Environment and Forests Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh

Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 37

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Weltbank (2013) Turn Down the Heat Climate Extremes Regional Impacts and the Case for Resilience Washington DC Weltbank

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitikldquo

UN Generalversammlung (1992) Rio-Erklaumlrung uumlber Umwelt und Entwicklung (ACONF15126 (Vol I)) httpwwwunorgdeptsgermanconfagenda21riopdf

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2012) Human Rights Indicators A Guide to Measurement and Implementation httpbitly1oUZYHb

UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

International Commission of Jurists (2011) Maastricht Principles on Extraterritorial Obligations of States in the Area of Economic Social and Cultural Rights Verfuumlgbar mit deutscher Uumlbersetzung unter httpwwwfiandefileadminuser_uploaddo-kumenteshopRaN2012_ETO_Maastricht_Principles_en_de_finalpdf

UN Special Procedures (2015) Climate Change and Human Rights ndash Joint statement by UN Special Procedures on the occasion of World Environment Day 5 Juni 2015 httpwwwohchrorgENNewsEventsPagesDisplayNewsaspxNewsID=16049amp LangID=E

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UN-Menschenrechtsrat (2016) Report of the Special Rapporteur on the issue of human rights obligations relating to the enjoyment of a safe clean healthy and sustainable environment AHRC3152 1 Februar 2016 httpspapersssrncomsol3paperscfmabstract_id=2729611

Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

European Bank for Reconstruction and Development together with MDB partners the African Development Bank the Asian Development Bank the European In-vestment Bank the Inter-American Development Bank Group and the World Bank Group (2016) Joint Report on Multilateral Development Banksrsquo Climate Finance wwwebrdcom2016-joint-report-on-mdbs-climate-financepdf

Schade Jeanette and Wolfgang Obergassel (2014) Human rights and the Clean Development Mechanism In Cambridge Review of International Affairs Vol 27 No 4 pp 717-735

Sterk Wolfgang und Christof Arens (2010) Investitionen fuumlr den Klimaschutz Die projektbasierten Mechanismen CDM und JI Berlin Bundesministerium fuumlr Umwelt Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) httpwwwcarbon-mechanismsdefileadminmediadokumentePublikationenCMRBroschuere_2010_Einfuehrung_CDM_JI_bfpdf

38 FIAN | Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

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Wolfgang Obergassel Jeanette Schade Lauri Peterson Nicolas Kreibich Timo Beiermann (2017) International Climate Finance Mechanisms and Extraterritorial Human Rights Obligations Status Quo and Future Prospects ein Dossier von FIAN Deutschland httpswwwfiandeartikelansicht2017-07-19-internationale- klimafinanzierung-und-risiken-fuer-die-menschenrechte

FIAN (2008) Agrartreibstoffe und das Menschenrecht auf Nahrung Grundlagen-papier von FIAN-Deutschland httpwwwfiandefiandownloadspdfagrarFIAN_Grundlagenpapier_Agrartreibstoffepdf

Jeanette Schade (2017) EU accountability for the due diligence failures of the European Investment Bank Climate finance and involuntary resettlement in Olkaria Kenya In Journal of Human Rights and the Environment Vol 8(1) 72-97 (Son-derausgabe ldquoClimate Justice and Displacementrdquo Gastherausgeber Schade und Manou)

Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 39

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 17: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

3-SPALTIG1845mm times 90mm

Vereinte Nationen setzen Weltklimarat ein

unterzeichnet durch alle Staaten der Welt greift ab 2020

Pariser Klimaschutz-abkommen

Industrielaumlnder verpfl ichten sich ihre Treibhaus-gasemissionen von 2008 bis 2012 zu senken

Maumlngel Die USA haben nicht unterzeichnet und keine Verpfl ichtungen fuumlr den Globalen Suumlden

Verabschiedung

des

Kyoto Protokolls

1988

1992

1997

2011

2015

2016Beschluss der

Klimarahmenkonvention bei der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung (Rio-Konferenz)

Die EU und einige andere Industrielaumlnder stimmen zu fuumlr die Zeitspanne 2013 bis 2020

neue verbindliche Klimaschutzverpfl ichtungen einzugehen

US-Praumlsident Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckzuziehen

abkommen Das Abkommen greift ab 2020 und verpflichtet alle Mitglieder Klimaschutzbeitraumlge vorzulegen Diese Beitraumlge sind allerdings rechtlich nicht verbindlich Stattdessen setzt das Abkommen auf transparente Berichter-stattung und oumlffentliches Anprangern um die Staaten anzuhalten ihre Vor-

haben auch tatsaumlchlich umzusetzen Inzwischen sind alle Staaten der Welt dem Pariser Abkommen beigetreten Allerdings hat der 2016 neugewaumlhlte US-Praumlsident Donald Trump verkuumlndet sich aus dem Abkommen zuruumlckziehen zu wollen

Die RegierungsvertreterInnen freuen sichuumlber die Verabschiedung des Klimaschutzabkommens von Paris Foto (ebenso S 16) IISDKiara Worth(enbiisdorgclimatecop21enb2dechtml)

Meilensteine der internationalen Klimapolitik

Meilensteine der internationalen Klimapolitik | FIAN 17

Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Es ist deutlich geworden dass diejeni-gen Laumlnder die am wenigsten zum Klimawandel beitragen oft am staumlrks-ten von ihm betroffen sind Dieses Kapitel befasst sich daher mit den voumllkerrechtlichen Verpfl ichtungen der Staaten auf menschenrechtskonforme Weise den Klimawandel aufzuhalten und Anpassungsmaszlignahmen zu unterstuumltzen

Internationale Menschenrechte und Umweltvoumllkerrecht wirken inhaltlich ineinander Die Verwirklichung vieler Menschenrechte insbesondere auch des Rechts auf Nahrung haumlngt naumlmlich unmittelbar vom Zustand der natuumlrli-chen Umwelt ab Dem wurde bereits in der Stockholmer Erklaumlrung zur menschli-chen Umwelt von 1972 Rechnung getra-gen Sie formulierte als erste das Recht auf eine gesunde Umwelt und enthielt bereits damals die drei Prinzipien des Umweltrechts wie sie sich 1992 in der Erklaumlrung von Rio uumlber Umwelt und Entwicklung (im Folgenden kurz Erklauml-

rung von Rio) wiederfi nden das Vorsor-geprinzip das Verursacherprinzip und die gemeinsame aber unterschiedliche Verantwortung

Zugleich handelt es sich bei Men-schenrechten und Umweltrecht aber um unterschiedliche Bereiche des Voumllker-rechts Eine durchgaumlngige Beruumlcksichti-gung von Menschenrechten im globalen Umwelt- oder Klimarecht ist daher nicht selbstredend Im Folgenden werden die Gemeinsamkeiten und Unterschie-de der Rechtssysteme dargestellt und verdeutlicht welche Prinzipien und Verpfl ichtungen sich jeweils verstaumlrken und wo es Nachbesserungsbedarf gibt Anschlieszligend werden die staatlichen Verpfl ichtungen die sich aus men-schenrechtlicher Sicht fuumlr die Klima-politik ergeben gepruumlft Pfl ichten zur Emissionsminderung zur Unterstuumlt-zung von Anpassungsmaszlignahmen und zur Beachtung von Menschenrechten bei der Durchfuumlhrung von Maszlignahmen

Ganz allgemein handelt es sich beim Voumllkerrecht um Vertraumlge zwischen Staaten in welchen sie wechselseitige Pfl ichten und Rechte festhalten Die Menschenrechte bilden jedoch eine Ausnahme Sie sind Rechte von Einzel-personen und Gruppen gegenuumlber dem

Staat Diesen Rechten stehen staatliche Verpfl ichtungen gegenuumlber Fuumlr beide Bereiche gilt gleichermaszligen dass man zwischen materiellen Rechten und Verfahrensrechten unterscheidet ndash also zwischen konkreten Inhalten von Rechten einerseits (zum Beispiel das

Prinzipien des interna-tionalen Umweltrechts

und der Menschenrechte

Foto Werner Rudhart

18 FIAN | Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Recht auf sauberes Trinkwasser) und Regeln zu Vorgehensweisen anderer-seits (zum Beispiel die Pflicht zu Kon-

sultationen vor Eingriffen in Trinkwas-serreservoire oder die Festlegung von Rechtsmitteln bei Konflikten)

Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts

Die internationale Klimarahmenkon-vention ist Teil des internationalen Umweltrechts zu dem noch viele weitere Vertraumlge wie zum Beispiel das Washingtoner Artenschutzabkommen (1973) oder das Uumlbereinkommen zum Schutze der Ozonschicht (1985) gehouml-ren Vertragsuumlbergreifend sind im internationalen Umweltrecht die drei oben genannten Prinzipien anerkannt Sie gelten als Voumllkergewohnheitsrecht oder sind auf dem besten Wege dorthin Zu diesem Status hat wesentlich die Erklaumlrung von Rio beigetragen zu deren Grundpfeilern sie gehoumlren

Das Vorsorgeprinzip soll verhin-dern dass Schaumlden fuumlr die Umwelt ent-stehen International verankert ist vor allem der Grundsatz der Schadensver-meidung Er besagt dass auch bei un-vollstaumlndigem oder unsicherem Wissen uumlber Art Ausmaszlig Wahrscheinlichkeit und Ursachen von Umweltschaumlden und -gefahren vorbeugend gehandelt wer-den muss um Risiken zu minimieren Es gilt im internationalen Recht insbeson-dere fuumlr Auswirkungen von Maszlignahmen jenseits des eigenen Staatsgebiets wie zum Beispiel die Verschmutzung grenz-uumlberschreitender Gewaumlsser

Das Verursacherprinzip besagt dass fuumlr die Linderung und Beseitigung eingetretener Schaumlden der Verursacher verantwortlich ist und er folglich auch die Kosten tragen muss

Das Prinzip gemeinsamer aber unterschiedlicher Verantwortung entspricht einer Verallgemeinerung des Verursacherprinzips in Bezug auf Veraumlnderungen in der Umwelt fuumlr die kein einzelner Verursacher identifiziert werden kann Ein Beispiel hierfuumlr ist der Klimawandel Die gesamte Staaten-gemeinschaft traumlgt eine gemeinsame Verantwortung zu handeln Dabei wird jenen Staaten eine groumlszligere Verantwor-tung zugeschrieben die wirtschaftlich

leistungsfaumlhiger sind und staumlrker an der globalen Ressourcenausbeute beteiligt sind

Umweltrecht beinhaltet haumlufig auch eine Reihe von Verfahrensrechten In den meisten Staaten muumlssen im Vor-feld von Groszligprojekten beispielsweise deren Umweltvertraumlglichkeit analysiert (Ausdruck des Vorsorgeprinzips) und die betroffene Bevoumllkerung dabei ein-gebunden werden Vorbildlich ist hier das Uumlbereinkommen uumlber den Zugang zu Informationen die Oumlffentlichkeits-beteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten der UN Wirtschaftskommission fuumlr Europa (2001) kurz die Aarhus-Konvention Sie gewaumlhrt ausdruumlcklich die Rechte aller Betroffenenbull uumlber Umweltauswirkungen von Pro-

jekten informiert zu werdenbull an Entscheidungs- und Planungs-

prozessen beteiligt zu werden sowiebull Schadensersatzanspruumlche geltend

zu machenDie Aarhus-Konvention wurde von fast 50 Staaten Europas und Zentralasiens (mit Ausnahme Russlands) sowie von der EU ratifiziert

Frauen im kenianischen Tana-Delta sind besonders stark mit den Folgen der zuneh-menden Waserknappheit konfrontiert Foto Anton Pieper

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 19

Respekt

vor Zugang zu angemessener

Nahrung

Schutz

vor Uumlbergriffen Dritter

Gewaumlhrleistung

der Verfuumlgbarkeit und des Zugangs

zu Nahrung

Staatenpflichten

Auch die Rio-Konferenz und ihre Folgeprozesse bauen auf die Beteili-gung der Zivilgesellschaft Uumlber diesen Weg hielten nach und nach auch soziale Menschenrechte ausdruumlcklich Einzug in die Abschlusserklaumlrungen der alle

fuumlnf Jahre stattfindenden UN-Gipfel zu Umwelt und Entwicklung

Die Erklaumlrung von Rio mit ihrem Konzept der Nachhaltigkeit und den drei genannten Prinzipien liefer-te auszligerdem die Grundlage fuumlr die Klimarahmenkonvention

Prinzipien der internationalen Menschenrechte

Allgemeine Prinzipien

Die zentrale Saumlule des internationalen Menschenrechtssystems ist die Men-schenrechtscharta der Vereinten Natio-nen Sie umfasst die Allgemeine Erklauml-rung der Menschenrechte (1948) den Internationale Pakt uumlber Buumlrgerliche und Politische Rechte (UN-Zivilpakt) sowie den Internationalen Pakt uumlber Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) (beide 1966) Neben dem Zivilpakt und dem Sozial-pakt gibt es auszligerdem acht weitere Menschenrechtsvertraumlge die sich auf den Schutz besonders benachteiligter Gruppen sowie auf das Verbot von Folter und unmenschlicher Behandlung beziehen Alle Abkommen sind durch die immer gleichen Querschnittsprinzi-pien gepraumlgt naumlmlich das Gebot der Nichtdiskriminierung die Gleichheit aller die gesellschaftliche Beteiligung

den Zugang zu effektiven Rechtsmitteln bei Rechtsverletzungen die Rechen-schaftspflicht der Staaten sowie das Verbot des Ruumlckschritts Bei diesen Prinzipien handelt es sich durchweg um Verfahrensrechte die allen materiellen Rechten wie dem Recht auf Nahrung Wasser Wohnen etc zur Seite gestellt sind Denn sehr haumlufig liegt der Verlet-zung materieller Rechte die Verletzung von Verfahrensrechten zugrunde

Alle Menschenrechtsvertraumlge un-terscheiden fuumlr ihre gewaumlhrten Rechte je drei Arten staatlicher Verpflichtung gegenuumlber Einzelpersonen und Grup-pen Im UN-Sozialpakt sind dies res-pektieren schuumltzen gewaumlhrleisten Die Respektierungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten die Wahrnehmung eines Rechts nicht behindern duumlrfen Die Schutzpflicht besagt dass die Vertragsstaaten Dritte davon abhalten muumlssen die Ausuumlbung dieses Rechts zu beintraumlchtigen oder zu verhindern Die Gewaumlhrleistungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten Maszlignahmen er-greifen muumlssen um die Verwirklichung eines Rechts voranzubringen

Bezogen auf das Recht auf Nah-rung heiszligt das zum Beispiel dass der Staat BaumluerInnen nicht von ihrem angestammten Land umsiedeln darf um Infrastrukturprojekte umzusetzen wenn dadurch ihr Zugang zu angemes-sener Nahrung verloren geht Er muss ferner Dritte ndash zum Beispiel Groszliggrund-besitzerInnen oder Unternehmen ndash daran hindern dies zu tun wenn sie Land fuumlr Investitionen verkaufen oder Infrastrukturprojekte durchfuumlhren Und der Staat muss durch geeignete Maszlig-nahmen auch jenen die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung ermoumlglichen die davon ausgegrenzt sind ndash zum

Menschenrechten stehen staatliche Pflichten gegenuumlber

20 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Beispiel fuumlr die sichere Ruumlckkehr von Vertriebenen sorgen oder sie auf neuem fruchtbaren Land ansiedeln Da fuumlr viele Laumlnder des Globalen Suumldens wegen der Begrenztheit der verfuumlgbaren Mittel

insbesondere die Gewaumlhrleistungs-pflicht nicht immer leicht zu erfuumlllen ist sieht der UN-Sozialpakt eine all-maumlhliche Verwirklichung der Rechte vor

Extraterritoriale Staatenpflichten

Menschenrechtsvertraumlge beschreiben zunaumlchst die Pflichten eines Vertrags-staates gegenuumlber den Menschen auf seinem Staatsgebiet oder solchen die anderweitig unter seiner Gewalt stehen (zum Beispiel bei Besatzungen) Der UN-Zivilpakt enthaumllt eine Klausel die seinen Anwendungsbereich in diesem Sinn einschraumlnkt Der UN-Sozialpakt hingegen erlaubt weitreichendere Interpretationen Hier heiszligt es in Artikel 2(1) bdquoJeder Vertragsstaat verpflichtet sich einzeln und durch internationale Hilfe und Zusammenar-beit hellip die volle Verwirklichung der in diesem Pakt anerkannten Rechte zu erreichenldquo Fortschrittliche JuristInnen sehen darin eine rechtlich bindende Pflicht wirtschaftliche soziale und kulturelle Menschenrechte auch uumlber das eigene Staatsgebiet hinaus zu respektieren zu schuumltzen und zu gewaumlhrleisten Dies hat der UN-Sozial-ausschuss 2002 in seinem Allgemeinen Kommentar Nr 15 zum Recht auf Wasser aufgegriffen der bdquohellip von den Vertragsstaaten [verlangt] von Hand-lungen abzusehen die den Genuss des Rechts auf Wasser in anderen Laumlndern unmittelbar oder mittelbar beeintraumlchti-genldquo Die International Commission of Jurists (ICJ) hat dies fortgesetzt und 2011 die sogenannten Maastrichter Prinzipien zu extraterritorialen Staaten-pflichten im Rahmen des UN-Sozialpakts veroumlffentlicht Laut den Maastrichter Prinzipien muumlssen Staaten ihre zwi-schenstaatlichen und internationalen Abkommen so gestalten dass sie nicht zu menschenrechtlichen Verwerfungen bei Vertragspartnern fuumlhren und die Staaten nicht in der Erfuumlllung ihrer

menschenrechtlichen Verpflichtungen einschraumlnken Ferner haben Staaten die Pflicht gesetzgeberische und politische Maszlignahmen zu ergreifen um Menschen in anderen Staaten vor Menschen-rechtsverletzungen durch bei ihnen ansaumlssige international agierende Konzerne zu schuumltzen Die freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Men-schenrechten gleichfalls von 2011 weisen zumindest den Spielraum aus den Staaten zur Regulierung transnati-onaler wirtschaftlicher Akteure haben 2017 veroumlffentlichte der UN-Sozialaus-schuss auszligerdem den Allgemeinen Kommentar Nr 24 zu Staatenpflichten im Zusammenhang unternehmerischen Handelns Darin betont er ebenfalls die grenzuumlberschreitenden staatlichen Pflichten zur Kontrolle multinationaler Konzerne Insgesamt hat der Verweis auf extraterritoriale Pflichten der Staaten im Rahmen des UN-Menschen-rechtssystems uumlber die letzten Jahre stark zugenommen

Protest vor der Zentrale der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) gegen ein Staudammprojekt in Panama

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 21

Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten

Obwohl die Umwelt- und die Men-schenrechtsprinzipien ein groszliges Potenzial fuumlr Synergien haben weisen die Klimarahmenkonvention und das Kyoto-Protokoll keinerlei Bezug zu den Menschenrechten auf Zur Veran-schau li chung vergleicht die folgende Tabelle die wesentlichen Prinzipien der international anerkannten Men-schenrechte und die Regeln des Kli-marechts anhand der Grundpfeiler des internationalen Umweltrechts

Wie die Tabelle zeigt sind Staaten aus menschenrechtlicher und aus kli-mapolitischer Perspektive verpflichtet den Klimawandel zu stoppen und seine Wirkungen abzumildern Neben der Emissionsminderung ist es menschen-rechtlich wichtig besonders betroffene Bevoumllkerungsgruppen bei der Anpas-sung zu unterstuumltzen die hierfuumlr kaum Mittel haben

Ferner duumlrfen klimapolitische Maszlignahmen ihrerseits nicht zu Men-schenrechtsverletzungen fuumlhren Da die internationalen Klimaregeln aber im Gegensatz zu Menschenrechtskonven-tionen und vielen anderen Umweltab-kommen vergleichsweise wenig Wert auf die Einbindung betroffener Menschen legt kommt es durch klimapolitische Maszlignahmen immer wieder zu Men-schenrechtsverletzungen Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen sowie UN-SonderberichterstatterInnen und andere Menschenrechtsorgane haben daher intensiv Lobbyarbeit betrieben um Menschenrechte im Abkommen von Paris zu verankern Durchgesetzt hat sich jedoch nur ein Absatz in der nicht-bindenden Praumlambel (Zitat siehe Einlei-tung) Klimaschutz und Menschenrech-te trennen weiterhin Welten

Umwelt-recht-

Prinzipien Internationale Menschenrechte Internationales Klimarecht

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Ist Bestandteil der Menschenrechtsprinzipien und kommt im Recht auf Rechtsmittel und Entschaumldigung zum Ausdruck Das Verursacherprinzip setzt voraus dass ein Staat seine Respektierungs- Schutz- oder Gewaumlhrleistungspflicht nachweislich verletzt hat

Wegen des Problems eine spezifische Kausalkette nachzuweisen (welche CO2-Emission hat wen geschauml-digt) ist es kein Prinzip der Klimarahmenkonventi-on In aufgeweichter Form spiegelt es sich im Prinzip der gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortung

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on Grundlegendes in Art2 (1) des UN-Sozialpaktes verankertes Prinzip wonach die reichen Industrie-staaten die Laumlnder des Globalen Suumldens bei der allmaumlhlichen Verwirklichung der Menschenrechte unterstuumltzen sollen

Verpflichtung der Industrielaumlnder gemaumlszlig Art 4 (3 4) der Klimarahmenkonvention die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell und technologisch bei der Minde-rung von Emissionen und Anpassung an den Klima-wandel zu unterstuumltzen

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Verfahrensrechte (Gleichbehandlung Information Beteiligung Rechtsmittel) sind Grundlage aller menschenrechtlichen Vertraumlge weil sie auch fuumlr die Sicherung substantieller Rechte (zB Recht auf Nahrung) bedeutend sind Dies gilt insbesondere auch fuumlr die Rechte besonders diskriminierter Bevoumllkerungsgruppen

Im Gegensatz zu vielen Umweltabkommen (zB Aarhus-Konvention) spielen in der Klimarahmenkon-vention dem Kyoto-Protokoll und dem Pariser Ab-kommen Verfahrensrechte von Einzelpersonen keine Rolle Die Ausgestaltung der internationalen Klima-schutzmechanismen nimmt entsprechend wenig Ruumlcksicht darauf

Vergleich menschenrechtlicher und klimarechtlicher Prinzipien

22 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Die Malediven fordern von der internationalen Staatengemeinschaft Maszlignahmen zum Klimaschutz zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung

Kaum jemand zweifelt mehr daran dass der Klimawandel maszliggeblich men-schengemacht ist und negative Auswir-kungen auf die Wahrnehmung von Menschenrechten hat Auf Grundlage der menschenrechtlichen Schutzpflicht sind die Staaten verpflichtet rasch effektive Maszlignahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen zu ergrei-fen BerichterstatterInnen des UN-Menschenrechtsrats betrachten das im Pariser Abkommen vereinbarte Ziel Emissionen derart zu reduzieren dass der globale Temperaturanstieg unter 15 Grad Celsius gehalten wird daher als menschenrechtliche Pflicht der Staaten Dennoch findet Emissionsmin-derung nicht in dem Umfang statt wie es noumltig waumlre Seit 2005 haben ver-schiedene Akteure auf unterschiedli-chen Wegen versucht diesen Blockaden mit Hilfe des Menschenrechtssystems entgegenzuwirken

Die Regierung der Malediven schlug den politischen Weg ein Die Malediven sind ein Staat bestehend aus etwa 1200 kleinen Inseln die nur wenige Meter uumlber dem Meeresspiegel liegen und unmittelbar vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen sind Die Regierung des Landes initiierte die Maledivische Erklaumlrung zur menschlichen Dimension des globalen Klimawandels die sie im November 2007 gemeinsam mit 38 weiteren kleinen Inselstaaten unterzeichnete In dieser Erklaumlrung forderten sie das Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte der Vereinten Nationen auf dem Menschenrechtsrat eine detaillierte Studie uumlber die Auswir-kungen des Klimawandels vorzulegen was im Oktober 2009 ndash kurz vor der Klimakonferenz in Kopenhagen ndash auch geschah Die Malediven haben damit einen Prozess in Gang gesetzt der maszliggeblich dazu beigetragen hat dass viele Menschenrechtsorgane begannen sich mit den Auswirkungen des Klima-wandels auf die Menschenrechte zu befassen

Einen anderen Weg schlugen die Inuit des US-amerikanischen Teils Alaskas ein 2005 reichten sie bei der Inter-Amerikanischen Menschenrechts-kommission eine Klage gegen die USA ein weil die USA nicht genug taumlten um den Klimawandel zu verhindern Die Kommission lehnte die Verhandlung des Falls ab Ein wesentlicher Grund war dass die Klaumlger nicht hinreichend darle-gen konnten dass vor allem die Un-taumltigkeit der USA zur Verletzung ihrer Menschenrechte fuumlhre Die Kommission lud die Inuit aber im Maumlrz 2007 zu einer Anhoumlrung ein um die Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Menschen-rechte zu eroumlrtern Obwohl sie rechtlich eine Niederlage erlitten hatten wurde die Anhoumlrung doch zu einem politi-schen Erfolg der der Situation der Inuit global viel Aufmerksamkeit einbrachte

Des Weiteren war die Klageschrift der Inuit der Auftakt zu einer Vielzahl von Versuchen die Staaten auf juristi-schem Wege zur Pflicht zu rufen Dies muss sich aber nicht auf Organe des Menschenrechtssystems beschraumlnken Besonders erfolgreich war eine Klage der niederlaumlndischen Umweltorganisa-tion Urgenda gegen die Niederlande Das Bezirksgericht in Den Haag urteilte 2015 auf Grundlage der in der nieder-laumlndischen Verfassung verankerten Fuumlrsorgepflicht des niederlaumlndischen Staates dass die Niederlande auf-grund der Erkenntnisse des vierten Sachstandsberichts des Weltklimarats ihre Emissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 25 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern muumlssen Mit den bis dahin ergriffenen Maszlignahmen waumlren voraussichtlich nur 17 Prozent erreicht worden

Trotz dieser Erfolge bleibt es schwierig einzelne Staaten fuumlr den Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Menschenrechte zur Verant-wortung zu ziehen Haumlufig verstaumlrkt der Klimawandel nur bereits beste-hende Menschenrechtsverletzungen Auch die Unterscheidung ob eine

Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 23

Menschenrechtsverletzung in diesem Zusammenhang Folge des Klimawandels oder uumlblicher Wetterextreme ist ist oft schwierig So kommt das Hochkommis-sariat fuumlr Menschenrechte 2009 zum Ergebnis dass der Klimawandel zwar eindeutig negative Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Menschenrech-ten hat dass es aber weniger eindeutig ist ob und in welchem Ausmaszlig die Auswirkungen in streng rechtlichem Sinn als Menschenrechtsverletzung qualifiziert werden koumlnnen

Aus Sicht von FIAN Deutschland kann der Verlust des Zugangs zu Nah-rung durch den Klimawandel aber durchaus als Menschenrechtsverletzung gewertet werden fuumlr die andere Staa-

ten als der Heimatstaat mitverantwort-lich sind Zwar ist der Haftungsansatz nach dem Verursacherprinzip aufgrund der oben geschilderten Besonderheiten des Klimaproblems fuumlr eine menschen-rechtliche Argumentation wenig frucht-bar Aufgrund des Wissens der Staaten uumlber die menschliche Verursachung und der nachweislich negativen Auswirkun-gen des Klimawandels auf die weltweite Verwirklichung der Menschenrechte sind die Staaten jedoch gemaumlszlig UN-Sozialpakt Artikel 2(1) menschenrecht-lich verpflichtet einzeln sowie durch internationale Hilfe und Zusammen-arbeit unter Ausschoumlpfung all ihrer Moumlglichkeiten wirksame Maszlignahmen zur Emissionsminderung zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung

bdquoAnpassungldquo umschreibt ein weites Feld von Aktivitaumlten das die Menschen weniger anfaumlllig gegenuumlber den Auswir-kungen des Klimawandels macht Hiermit kann die Einfuumlhrung von duumlrreresistenten Pflanzenarten und von Bewaumlsserungssystemen gemeint sein aber auch Umsiedlung aus Hochrisiko-zonen neue Bauweisen und Bauvor-schriften oder der Ausbau von Institu-tionen zum Risikomanagement Sie macht einen vergleichsweise kleinen Teil der Klimafinanzierung aus die sich 2016 auf insgesamt 380 Milliarden US Dollar belief 93 Prozent der globalen Klimafinanzierung kommen der Emissi-onsminderung zugute die uumlberwiegend privat finanziert ist Mittel aus oumlffentli-cher Hand tragen nur 34 Prozent zur globalen Klimafinanzierung bei wovon wiederum nur 16 Prozent Anpassungs-maszlignahmen zugutekommen 89 Pro-zent der oumlffentlichen Klimafinanzierung werden von internationalen und natio-nalen Entwicklungsbanken gestemmt Selbst die internationalen Banken wie die Weltbank die Asiatische und die

Afrikanische Entwicklungsbank oder die Europaumlische Investitionsbank (EIB) investieren nur durchschnittlich 23 Pro-zent ihrer Investitionen im Klimabe-reich in Anpassungsmaszlignahmen Fuumlr den unmittelbaren Schutz sowie fuumlr Anpassungsmaszlignahmen an die Folgen des Klimawandels werden also verhaumllt-nismaumlszligig wenige Gelder bereitgestellt Dies kann akut zu Menschenrechtsver-letzungen fuumlhren Je spaumlter und halb-herziger in den Klimaschutz investiert wird desto mehr Anpassung wird noumltig Die Pflicht der Staaten solche Maszlignah-men zu unterstuumltzen ergibt sich aus ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen gemaumlszlig Artikel 2(1) des UN Sozialpaktes Sie gilt unabhaumlngig davon wie viel ein Staat zur Klimaer-waumlrmung beitraumlgt Diese Pflicht ergibt sich auszligerdem aus Art 4(3 4) der Klimarahmenkonvention die aumlrmeren Laumlnder sowohl beim Klimaschutz als auch bei der Anpassung an den Klima-wandel unterstuumltzen ndash gemaumlszlig dem Prinzip gemeinsamer aber unterschied-licher Verantwortung

Die Lebensgrundlage der Indigenen im aumlthiopischen Omo-Tal ist durch den Bau des Stauddamms Gibe III bedroht Foto Suvival International

24 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Obergrenze (Cap)

Industriestaaten unterschreiben dashellip

Kyoto-Protokoll (1997)

Ziel Reduktion der Treibhausgasemission

Emissionen im Zeitraum von 2008 bis 2012 um 5 unter das Niveau von 1990 senken

fl exibler Mechanismus

Fabrik A Fabrik B

Wenn die Emissionen unter der Obergrenze

liegen koumlnnen die nicht genutzten Emissionsrechte wieder verkauft

werden

hellip an Staaten oder

Unternehmen die mehr

Emissionen ausstoszligen

wollen

Verkauft die ungenutzten CO

2-Rechtehellip

Funktionsweise des Emissionshandels

Internationale Klimafinanzierung

Gemaumlszlig der Klimarahmenkonvention sind die traditionellen Industrielaumlnder verpflichtet die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell technologisch und mit Kapazitaumltsaufbau zu unterstuumltzen Auf der Klimakonferenz von Kopenha-gen 2009 wurde diese Verpflichtung konkretisiert die Industrielaumlnder sagten zu dass die finanzielle Unter-stuumltzung bis 2020 auf jaumlhrlich 100 Milli-arden US-Dollar anwachsen soll Zu diesen werden nicht nur die aufge-brachten oumlffentlichen Mittel sondern auch private Investitionen in den Klimaschutz gezaumlhlt wenn sie eine Folge staatlicher Maszlignahmen sind

Die Unterstuumltzung durch oumlffentliche Geber laumluft durch eine Vielzahl von Ka-naumllen Zum einen nutzen viele Staaten dazu ihre Organisationen der Entwick-lungszusammenarbeit In Deutschland sind das beispielsweise die Gesellschaft fuumlr Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Kreditanstalt fuumlr Wieder-aufbau (KfW) Zweitens zaumlhlen auch die Weltbank und die regionalen Ent-wicklungsbanken Klimaschutz zu ihren Aufgaben Insbesondere die Weltbank hat mehrere spezielle Klimaschutzfonds geschaffen Drittens wurde eine Reihe von internationalen Fonds eingerichtet Mit den Geldern der 1991 geschaffenen Globalen Umweltfazilitaumlt (Global Envi-ronment Facility GEF) werden Projekte im Rahmen der Klimarahmenkonventi-on und anderer internationaler Um-weltabkommen finanziert 2001 wurden unter der Klimarahmenkonvention eine Reihe von kleinen spezialisierten Fonds eingerichtet die insbesondere Maszlig-nahmen zur Anpassung an den Klima-wandel finanzierenbull der Least Developed Countries Fund

Fonds fuumlr die am wenigsten entwi-ckelten Laumlnder

bull der Special Climate Change Fund Spezieller Klimawandel-Fonds der vor allem Anpassungsmaszlignahmen finanzieren soll und

bull der Adaptation Fund Anpassungs-fonds fuumlr Laumlnder des Globalen Suumldens

Daruumlber hinaus wurde 2010 beschlos-sen den Green Climate Fund (Gruumlner Klimafonds) einzurichten Dieser soll einen erheblichen Teil der zugesagten 100 Milliarden US-Dollar verwalten

Neben diesen Einrichtungen zur Klimafinanzierung wurden im Rahmen des Kyoto-Protokolls auch institutiona-lisierte Verfahren zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige geschaffenbull der internationale Emissionshandel

der den Handel mit Rechten zum Ausstoszlig von Treibhausgasen regelt

bull die Joint Implementation (Gemein-same Umsetzung) uumlber die Klima-schutzprojekte in Industrielaumlndern international zertifiziert werden koumlnnen

bull der Clean Development Mechanism (Mechanismus fuumlr umweltver-traumlgliche Entwicklung) uumlber den Klimaschutzprojekte in Laumlndern

Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 25

des Globalen Suumldens international zertifiziert werden koumlnnen (siehe Kapitel bdquoDer Clean Development Mechanismldquo)

Diese Verfahren dienen aber in ers-ter Linie der Erreichung der Emissi-onsziele der Industrielaumlnder (siehe Kapitel bdquoSenkung der eigenen Emissi-onenldquo) Mitgliedstaaten mit groszligen Regenwaldvorkommen forderten daher

ein Instrument zu schaffen das den Schutz von Waumlldern auf die Klimabilanz anrechnet Infolge wurde 2007 das Programm REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degrada-tion in Developing Countries) ins Leben gerufen Es soll zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige in Laumlndern des Globalen Suumldens beitragen die durch Abholzung von Waumlldern entstehen

Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen

Maszlignahmen zum Klimaschutz sind aus menschenrechtlicher Perspektive oft umstritten Bei Investitionen in erneu-erbare Energien handelt es sich haumlufig um groszlige flaumlchenintensive Infrastruk-turprojekte wie zum Beispiel den Bau von Staudaumlmmen und Wasserkraftwer-ken Windparks groszligflaumlchige Solar- und Erdwaumlrmeanlagen Das Gleiche gilt fuumlr den Anbau von Energiepflanzen wie Oumllpalmen Investitionen in CO2-Senken also die Ausdehnung von Waumlldern oder der Erhalt bestehender Waumllder stehen oft in Konkurrenz zu anderen Flaumlchen- und Waldnutzungen Auch Anpassungs-maszlignahmen wie der Bau von Schutz-waumlllen oder die Einrichtung von siedlungsfreien Zonen in Hochrisikoge-bieten (zum Beispiel in Gebieten die

haumlufig uumlberschwemmt oder durch Erosion und Erdrutsche gepraumlgt sind) betreffen Land das von Menschen genutzt und ihnen durch solche Maszlig-nahmen entzogen wird Die Flaumlchen-konkurrenz zwischen Investitionen zum Klimaschutz und bisheriger Landnut-zung fuumlhrt unter anderem dazu dass KleinbaumluerInnen und Hirtenvoumllkern der Zugang zu Land und Wasser entzogen wird das sie bisher fuumlr den Nahrungs-mittelanbau und die Viehwirtschaft nutzten Haumlufig handelt es sich dabei um indigene Gruppen die keine Landti-tel besitzen Mit der Vertreibung von ihren wirtschaftlich genutzten Flaumlchen geht auch haumlufig die Vertreibung aus den Ansiedlungen einher Verletzungen sozialer Menschenrechte wie die Rechte auf Nahrung Wasser und Woh-nen sind die Folge Aber auch Verfah-rensrechte und das Recht auf Leben werden regelmaumlszligig missachtet

Dafuumlr gibt es viele Beispiele Pana-ma ist eines jener Laumlnder das am meis-ten in Wasserkraftwerke als erneuerbare Energiequelle investiert In mindes-tens drei bekannten Faumlllen ndash Bonyic Chan75 und Barro Blanco ndash kam es dabei zu schweren Menschenrechts-verletzungen Doumlrfer wurden geflutet obwohl die BewohnerInnen noch nicht umgesiedelt waren die Rechte von In-digenen auf ihr Gebiet und Beteiligung an Projekten wurden verletzt Betrof-fene und AktivistInnen die sich gegen diese Maszlignahmen wehrten wurden eingeschuumlchtert und sogar ermordet Auch Kenia gehoumlrt zu den Vorreitern in

Die klimaschuumltzende Wirkung von Staudaumlm-men zur Stromgewinnung wird bestritten Auszligerdem fuumlhren sie oft zu Verletzungen von Menschenrechten der oumlrtlichen Bevoumllkerung Foto Jane Hofbauer

26 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Sachen Klimaschutz ndash haumlufig zu Lasten ausgegrenzter Bevoumllkerungsgruppen In Olkaria willigten Massai in eine Umsiedlungsmaszlignahme zugunsten einer Erdwaumlrmeanlage (Geothermie) ein weil man ihnen eigene Landrech-te versprach die sie jedoch bis heute nicht erhalten haben Mehrere tausend indigene Jaumlger- und Sammlervoumllker wurden aus dem Embobut-Wald in Westkenia (Sengwer und Cherangany) und dem Mau-Wald (Ogiek) vertrieben weil die Regierung deren Nutzung unter REDD+ anstrebt Der Fall der Ogiek wurde 2014 sogar vor dem Afrikani-schen Gerichtshof fuumlr Menschen- und Voumllkerrechte zugunsten der Ogiek ver-handelt Aumlhnliches passierte in anderen Laumlndern Afrikas So wurde in Tansania die Gemeinschaft der Warufiji aus dem Refuiji-Delta vertrieben Sie hatten die Kooperation bei der Aufforstung der Mangrovenwaumllder verweigert weil man ihnen den Anbau von Reis verbot

Die Auswirkungen von Klimaschutz-maszlignahmen koumlnnen aber auch kom-plexerer Natur sein Wie die Weltbank 2008 in einer vielbeachteten Studie zur globalen Nahrungsmittelkrise darlegte trug die Flaumlchenkonkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Energiepflanzen-anbau maszliggeblich zum globalen An-stieg der Nahrungsmittelpreise bei der fuumlr viele Menschen zu Hunger fuumlhrte Anhand dieser katastrophalen Folgen der staatlichen Foumlrderung von Agrar-treibstoffen durch westliche Indust-rienationen wird deutlich wie diese klimapolitisch motivierten Programme in vielen aumlrmeren Laumlndern direkt zur Verletzung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser beitragen

Auch Anpassungsmaszlignahmen schneiden unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten nicht zwingend besser ab Obwohl sie im Prinzip zum Schutz der Menschen gedacht sind fehlt es in manchen Faumlllen an Professionalitaumlt in anderen Faumlllen fehlt der Fokus auf die besonders gefaumlhrdeten Bevoumllkerungs-gruppen In Mosambik wurden die Doumlr-fer im Sambesi-Flussdelta 20072008

nach schweren Uumlberschwemmungen in houmlher gelegene Gebiete umgesiedelt Viele der neuen Siedlungen blieben ohne angemessenen Zugang zu Wasser fruchtbarem Land und Gesundheitsver-sorgung So wurden sie von Nahrungs-mittelhilfen abhaumlngig Viele Familien verloren durch Abwanderung ihren Zusammenhalt Diskriminierungen bei Anpassungsmaszlignahmen kommen auch in entwickelten Laumlndern vor Nach dem Wiederaufbau von New Orleans nach dem Hurrikan Kathrina im Jahr 2005 durfte die arme afro-amerikanische Be-voumllkerung nicht mehr ihre am Flussufer gelegenen Siedlungen beziehen ndash we-gen Uumlberflutungsgefahr Angemesse-nen und finanzierbaren Ersatz bekamen sie jedoch nicht angeboten

Die Ursachen fuumlr negative Aus-wirkungen und Menschenrechtsver-letzungen durch Klimapolitik gehen teilweise auf die Bedingungen in den Projektlaumlndern zuruumlck Die jeweiligen Nationalstaaten sind menschenrecht-lich entsprechend zu beurteilen und zur Pflicht zu rufen Die Ursachen liegen aber auch in den Klimarahmenabkom-men selbst und ihren Mechanismen begruumlndet Bis auf das Abkommen von Paris enthalten diese keinen Verweis auf Menschenrechte Sie betonen aber die Rechte der Nationalstaaten ihre na-tuumlrlichen Ressourcen auszubeuten Das Abkommen von Paris ist insofern ein Erfolg als in der Praumlambel zum ersten Mal ein Bezug zu den Menschenrechten hergestellt wird Auch im Konzept der extraterritorialen Staatenpflichten zur Verwirklichung wirtschaftlicher sozia-ler und kultureller Menschenrechte ist anerkannt dass die Staaten die Pflicht haben ihre Instrumente zum Klima-schutz und zur Unterstuumltzung von An-passungsmaszlignahmen menschenrechts-konform zu gestalten Dennoch gilt es dicke Bretter zu bohren Eine Praumlambel ist nicht rechtsverbindlich sondern als Orientierungs- und Interpretationshilfe fuumlr die Vertragsparteien oder Gerichte zu verstehen

Fuumlr diese Geothermie-Anlage in Kenia wurden Massai von ihrem traditionellen Land vertrieben Foto Jeanette Schade

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 27

Der Clean Development Mechanism

Mit fast 8000 registrierten Projekten ist der Clean Development Mechanism (CDM) des Kyoto-Protokolls das bedeu-tendste internationale Verfahren zum Klimaschutz Er soll einerseits die Gastgeberstaaten der Projekte bei ihrer nachhaltigen Entwicklung unterstuumltzen und andererseits den Industrielaumlndern bei der Erreichung ihrer Emissionsziele helfen

Das Kyoto-Protokoll definiert fuumlr die teilnehmenden Industrielaumlnder verbindliche Emissionsziele Die Uumlber-wachung der Zielerreichung erfolgt auf Grundlage von Emissionszertifikaten jeder verpflichtete Staat muss fuumlr jede Tonne Treibhausgasemission ein Emis-sionszertifikat vorlegen Die Staaten erhalten eine Anfangsausstattung von Zertifikaten auf Grundlage ihrer Ziele zur Verringerung ihrer Emissionen Diese Zertifikate sind handelbar Schafft ein Staat es seine Emissionen staumlrker zu reduzieren als er zum Ziel hat kann er den sich daraus ergebenden Uumlber-schuss an Zertifikaten an andere Laumlnder verkaufen Auszligerdem koumlnnen die In-dustrielaumlnder uumlber den CDM zertifizierte Emissionsreduktionen aus Klimaschutz-projekten in den Laumlndern des Globalen Suumldens ankaufen

Die naturwissenschaftliche Grund-lage dieses so genannten Emissions-handels ist dass die Treibhausgase sich gleichmaumlszligig in der Atmosphaumlre verteilen Fuumlr den Klimawandel macht es keinen Unterschied an welchem Ort Treibhausgase ausgestoszligen oder reduziert werden Durch den Emissions-handel soll es daher ermoumlglicht werden Emissionen an der Stelle zu vermindern an der dies am kostenguumlnstigsten ist Im Kyoto-Protokoll gibt es zum einen den Emissionshandel zwischen Staaten zum anderen werden im CDM Zertifikate fuumlr Emissionsreduktionen in konkreten Projekten ausgestellt wie zum Beispiel fuumlr Windkraftanlagen Prinzipiell kann jeder beliebige Akteur CDM-Projekte durchfuumlhren Zertifikate erhalten und diese dann verkaufen seien es staatli-che Stellen private Unternehmen oder auch zivilgesellschaftliche Organisa-tionen Durch den CDM soll so fuumlr alle Interessierte ein Anreiz gesetzt werden in Emissionsreduktionen zu investieren Die groszlige Mehrheit der CDM-Projekte wird von privaten Unternehmen durchgefuumlhrt

Der CDM unterliegt der Fuumlhrung und Aufsicht der Konferenz der Vertrags-staaten des Kyoto-Protokolls Fuumlr die Pruumlfung und Genehmigung der konkre-ten Projekte sowie fuumlr die Ausarbeitung von Detailregelungen zu den Geneh-migungsverfahren haben die Vertrags-staaten einen Exekutivrat eingerichtet der aus zehn Mitgliedern und zehn stellvertretenden Mitgliedern besteht Die Mitglieder werden von der Vertrags-staatenkonferenz nach einem regiona-len Schluumlssel gewaumlhlt Der Exekutivrat soll nach Moumlglichkeit alle Entscheidun-gen einstimmig treffen Wenn dies nicht moumlglich ist sind auch Abstimmungen mit Dreiviertelmehrheit erlaubt

Um sich fuumlr die Ausstellung von CDM-Zertifikaten zu qualifizieren muumlssen CDM-Projekte ein festgeleg-tes Verfahren durchlaufen Zunaumlchst muumlssen die Traumlger des Projekts eine Projektdokumentation erstellen die darlegt welche Maszlignahmen durchge-fuumlhrt werden sollen und wie dadurch Emissionen vermindert werden Diese

Einige Doumlrfer im kenianischen Tana-Delta muumlssen per Tankwagen mit Trinkwasser versorgt werden

28 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Braucht Zertifi kate um eigene Klimaschaumlden ausgleichen zu

koumlnnen

INDUSTRIELAND

Klimaschutzprojekt wird unterstuumltzt

ENTWICKLUNGSLANDTechnologie

Finanzierung

Die Unterstuumltzung bringt dem Industrieland zusaumltzliche

Zertifi kate ein

Clean Development Mechanism (CDM)-Projekte werden kontrolliert durch den

CDM-EXEKUTIVRAT bestehend aus 10 Mitgliedern

Durch die Unterstuumltzung

sollen CO2-Emissionen vermieden

werden

Jeweils ein Mitglied der fuumlnf regionalen

Gruppen der Vereinten Nationen

Zwei Mitglieder des Kyoto-Protokolls

gelistet als Industrieland (Annex 1)

Zwei Mitglieder die nicht in Annex 1 des

Kyoto-Protokolls gelistet sind

EinE RepraumlsentantIn der kleinen

Inselstaaten

Projektdokumentation muss durch ein sachverstaumlndiges Zertifizierungsun-ternehmen beispielsweise den TUumlV uumlberpruumlft werden Auszligerdem muss das Projekt durch das Durchfuumlhrungsland und mindestens ein Industrieland genehmigt werden Wenn all diese Be-dingungen erfuumlllt sind wird das Projekt dem CDM-Exekutivrat vorgelegt Wenn der Exekutivrat keine Einwaumlnde hat wird es als CDM-Projekt registriert

Waumlhrend der Durchfuumlhrung des Projekts muumlssen seine Traumlger fortlau-fend uumlberwachen und dokumentieren welche Treibhausgasmengen es er-zeugt Die Emissionsminderung ergibt sich aus dem Unterschied zwischen den Emissionen des Projekts und den Emis-sionen die angefallen waumlren wenn das Projekt nicht umgesetzt worden waumlre wenn zum Beispiel statt Strom eines Windparks Strom aus Kohlekraftwerken verwendet worden waumlre Die Dokumen-tation wird wiederum von einer sach-verstaumlndigen Stelle und vom CDM-Exe-kutivrat uumlberpruumlft Abschlieszligend stellt der Exekutivrat den Projektbeteiligten Emissionszertifikate entsprechend der erzielten Emissionsminderung aus

Die Projektbeteiligten koumlnnen die Zertifikate dann an mehrere moumlgliche Abnehmer verkaufen Der erste moumlgli-che Abnehmer sind Industriestaaten die ihre Kyoto-Emissionsziele nicht durch inlaumlndische Emissionsredukti-onen erreichen und daher zusaumltzliche Zertifikate benoumltigen Daruumlber hinaus gibt es in der EU und in mehreren ande-ren Staaten Emissionshandelssysteme auf Unternehmensebene Aumlhnlich wie die Industriestaaten durch das Kyoto-Protokoll verpflichtet sind Emissi-onszertifikate vorzulegen muumlssen in der EU und in anderen Laumlndern auch bestimmte Unternehmen wie die Ener-gieversorger und groszlige Industriebe-triebe fuumlr ihre Treibhausgasemissionen Zertifikate vorlegen Diese Unterneh-men koumlnnen teilweise CDM-Zertifikate verwenden um ihre Verpflichtung zu erfuumlllen Der dritte moumlgliche Abnehmer ist der wachsende Markt der sogenann-ten bdquofreiwilligen Kompensationldquo von Treibhausgasemissionen Dies sind

Unternehmen und Privatpersonen die ihre Emissionen ausgleichen wollen indem sie CDM-Zertifikate kaufen und loumlschen Ein Beispiel dafuumlr sind Aus-gleichszahlungen fuumlr den CO2-Ausstoszlig durch Fluumlge

Der CDM verfuumlgt uumlber keinerlei men-schenrechtliche Kriterien Es gibt ledig-lich die Bestimmung dass die Projekte zur nachhaltigen Entwicklung beitragen sollen und die Vorschrift dass die lokale Bevoumllkerung konsultiert werden muss Allerdings gibt es keine interna-tionalen Kriterien wie der Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung uumlberpruumlft werden soll Stattdessen wird die Pruuml-fung vollstaumlndig den Gastgeberlaumlndern der Projekte uumlberlassen Ebenso gibt es nur vage internationale Kriterien fuumlr die Konsultation der lokalen Bevoumllke-rung Viele Laumlnder haben nur schwache

Funktionsweise des Clean Development Mechanism

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 29

Regeln und uumlberwachen deren Einhal-tung nur schlecht Als Ergebnis kommt es immer wieder zu Vorwuumlrfen dass durch CDM-Projekte Menschenrechte verletzt werden Die internationale Gemeinschaft ist damit nicht ihrer Verantwortung nachgekommen neue voumllkerrechtliche Vertraumlge entsprechend ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen auszugestalten

Das Kyoto-Protokoll wird nach 2020 nicht weitergefuumlhrt entsprechend wird auch der CDM auslaufen Allerdings

wurden im Pariser Abkommen neue Kooperationsmechanismen geschaf-fen Die Regeln zur Umsetzung dieser Mechanismen sollen ausdruumlcklich die Erfahrungen aus den Mechanismen des Kyoto-Protokolls beruumlcksichtigen Aus den menschenrechtlichen Problemen die sich im CDM ergeben haben soll-ten die Staaten die Schlussfolgerung ziehen dass die neuen Mechanismen verbindliche menschenrechtliche Krite-rien benoumltigen

Der Fall Bajo Aguaacuten ndash CDM-Zertifizierung trotz Menschen-rechtsverletzungen

Das Projekt bdquoAguan Biogas Recovery from Palm Oil Mill Effluent [POME] Ponds and Biogas Utilisation ndash Ex-portadora del Atlaacutentico AguanHondurasldquo soll die Behandlung von Abwasser aus einer Palmoumllmuumlhle verbessern und dadurch die Emissio-nen von Methan vermindern Das Palmoumll kommt aus Plantagen die im Zentrum eines gewalttaumltigen Landkon-flikts stehen Laut den oumlrtlichen KleinbaumluerInnen hat sich der Eigentuuml-mer das Plantagenland widerrechtlich angeeignet Sie fordern daher die Ruumlckgabe des Landes Die Sicherheits-kraumlfte der Plantagen und die oumlffentli-chen Sicherheitskraumlfte gehen immer

wieder gewaltsam gegen die Kleinbaumlu-erInnen vor bisher wurden uumlber 50 Personen getoumltet

Diese Umstaumlnde spielten jedoch im Registrierungsverfahren des CDM keine Rolle FIAN und andere Nicht-regierungsorganisationen wiesen den CDM-Exekutivrat darauf hin dass das Projekt in Menschenrechtsver-letzungen verwickelt sei Es wurde dennoch als CDM-Projekt registriert Der CDM-Exekutivrat erklaumlrte dass er kein Mandat habe solche Umstaumlnde zu beruumlcksichtigen Seine Zustaumlndig-keit beschraumlnke sich auf die Klima-schutzauswirkungen von Projekten Neben Honduras war das Projekt auch von Groszligbritannien registriert wor-den Nachdem sie uumlber die Vorwuumlrfe informiert worden war aumluszligerte die britische Regierung zwar dass diese bdquoverstoumlrendldquo seien erklaumlrte aber fuumlr Fragen der Nachhaltigkeit sei das Gastgeberland Honduras zustaumlndig

Das Projekt ist im CDM registriert und kann fuumlr Emissionsreduktionen die bis zum 31 Januar 2018 erzielt wurden Zertifikate erhalten Dieser Zeitraum kann verlaumlngert werden Das Ausmaszlig der Gewalt ist zwar nach einer Intervention der deutschen Regierung zuruumlckgegangen der zugrunde lie-gende Landkonflikt ist aber weiterhin ungeloumlst

Eine honduranische Baumluerin weist bei einer Demonstration auf die schweren Menschen-rechtsverletzungen in Bajo Aguaacuten hin

30 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank

Viele Klimaschutzmaszlignahmen werden ausschlieszliglich von privaten Unterneh-men und Banken durchgefuumlhrt die nicht an verbindliche Sozialstandards gebunden sind Insbesondere in Laumln-dern des Globalen Suumldens mit schwa-chen nationalen Standards und Institu-tionen zu ihrer Durchsetzung gefaumlhrdet dies den Schutz der Menschenrechte

Oumlffentliche Entwicklungsbanken verfuumlgen dagegen uumlber eigene Sozial-standards und Beschwerdeverfahren welche die Gefahr von Menschenrechts-verletzungen bei der Durchfuumlhrung von Projekten verringern koumlnnen Doch auch hier gibt es deutlichen Nachbes-serungsbedarf wie das Beispiel der Europaumlischen Investitionsbank (EIB) zeigt

Die EIB ist eine Bank der Europaumli-schen Union (EU) deren Anteilseigner neben der EU die EU-Mitgliedstaaten sind Sie verfuumlgt uumlber das groumlszligte Bud-get aller Entwicklungsbanken weltweit und ist ein Schluumlsselakteur der Klima-finanzierung Seit 2013 hat sie sich zum Ziel gesetzt jaumlhrlich mindestens 25 Prozent ihres Kreditvolumens fuumlr Kli-maprojekte zu vergeben Im Jahr 2011 leitete die EIB eine Untersuchung ein um ihre Sozialstandards den Anspruuml-chen der EU-Grundrechtecharta sowie den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte anzupassen Das dabei entstandene Handbuch fuumlr Umwelt- und Sozialstandards (2013) verspricht hohe Sozialstandards und beschreibt diese ndash als einzige Bank weltweit ndash sogar mit menschenrechtli-chem Vokabular 2015 uumlberarbeitete die EIB auszligerdem ihre Transparenzpolitik so dass sie im Unterschied zu vielen anderen europaumlischen Entwicklungs-banken bereits vor Bewilligung die Ergebnisse von Umwelt- und Sozial-vertraumlglichkeitsanalysen bekannt gibt Die EIB hat ferner ein eigenes Be-schwerdeverfahren das alle durch ihre Projekte Betroffenen nutzen koumlnnen Die Zustaumlndigen fuumlr die Bearbeitung

der Beschwerden koumlnnen Mediations-prozesse anstoszligen Das Verfahren und das zustaumlndige Gremium koumlnnen sogar selbst Gegenstand einer Beschwerde vor dem EU-Ombudsmann werden wenn die Betroffenen mit seiner Arbeit unzufrieden sind

Gute Standards und ein gutes Beschwerdeverfahren gelten in der Regel als Grundbedingung fuumlr die Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht Dennoch gibt es im System der EIB erhebliche Maumlngel Eine menschenrechtliche Untersuchung der Anwendung der Sozialstandards beim oben erwaumlhnten Erdwaumlrmeprojekt in Kenia fuumlhrte dabei zu folgenden Ergeb-nissen Es werde zu wenige Sozial- und MenschenrechtsexpertInnen je Projekt beschaumlftigt Ersatzweise werden Kre-ditnehmer auf das EIB-Handbuch zu Umwelt- und Sozialstandards verwiesen Die EIB uumlberlaumlsst die Umsetzung ihrer hehren Sozialstandards damit weitge-hend den Kreditnehmern ohne diese mit angemessen Personalressourcen zu unterstuumltzen und zu kontrollieren Betroffene werden von der EIB auch nicht systematisch uumlber die Existenz ihres Beschwerdeverfahrens informiert sondern stoszligen ndash wenn uumlberhaupt ndash erst durch eigene Recherche auf ihn Die EIB-MitarbeiterInnen haben keine Verpflichtung den Beschwerdeaus-schuss aktiv in problematische Projekte einzubinden Er wird erst aktiv wenn Betroffene an ihn herantreten Bei Pro-jekten die von mehreren Geldgebern finanziert werden hat er kein Mandat deren Rolle bei der Verletzung von So-zialstandards zu untersuchen Seine Be-urteilungen und Empfehlungen sind fuumlr die Bank auch nicht rechtlich bindend Das Beispiel der EIB zeigt damit nicht nur deren spezifische Maumlngel in der Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht sondern demonstriert auch die generell begrenzte Reichweite institutioneller Beschwerdemecha-nismen Sie stellen keinen Ersatz fuumlr verbindliche Menschenrechtsstandards dar zu deren Umsetzung Staaten ver-pflichtet sind

Gemaumlszlig dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP) sind 80 Prozent aller Menschen die aufgrund des Klimawan-dels umsiedeln muumlssen FrauenFoto Survival International

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 31

Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Der Status der EU im Menschenrechts-system ist kompliziert Die EU selbst ist kein Staat sondern eine Mitgliederor-ganisation von Staaten Wie andere internationale Organisationen auch ist sie daher keine Vertragspartei der zwischenstaatlichen Menschenrechts-vertraumlge (mit Ausnahme der UN-Behin-dertenrechtskonvention) Sie ist auch keine Vertragspartei der Europaumlischen Menschenrechtskonvention obwohl ihr Beitritt in Artikel 6(2) des EU-Vertrags

festgelegt ist und seit langem gepruumlft wird Daher haben die Menschenrechts-organe der UN und des Europarates auch kein Mandat uumlber die EU und duumlrfen nicht uumlber sie urteilen

Dennoch ist auch die EU verpfl ich-tet Menschenrechte in ihrer Innen- und Auszligenpolitik zu beachten Diese Verpfl ichtungen beruhen vor allem auf a) der EU-Grundrechtecharta (2009) b) dem EU-Vertrag sowie c) auf der Aarhus-Konventiona) Die Grundrechtecharta gilt fuumlr alle

EU-Organe sowie fuumlr die Mitglied-staaten bei der Anwendung von EU-Recht (GRC Art 51(1)) Sowohl das EU-Parlament als auch ein Experten-urteil bestaumltigten ihre extraterritori-ale Reichweite

b) In den EU-Vertraumlgen bekennt sich die EU zum Schutz der Menschen-rechte in ihrer Beziehung zur uumlbri-gen Welt und zur Grundrechtecharta der Vereinten Nationen (EUV Art 3(5)) Sie erklaumlrt diese zu leitenden Grundsaumltzen ihres auswaumlr-tigen Handelns (EUV Art 21) Dies gilt ausdruumlcklich auch fuumlr die Ko-operation mit Entwicklungslaumlndern (EUVA Art 208)

c) Die EU ist eine Vertragspartei der Aarhus-Konvention die nach Expert Innenmeinung ebenfalls auch extraterritorial ausgelegt werden kann

0 100 200 300 400 500

203020141990

Gebaumlude

Landwirtschaft

Industrie

Energiewirtschaft

Verkehr

lt61

72

88

lt98

160

163

lt72

119

209

lt143

181

283

lt183

358

466

Datenquelle Bundesministerium fuumlr UmweltNaturschutz Bau und Reaktorsicherheit (2017)Klimaschutz in Zahlen 2017

Ziele zur Verringerung von Treibhausgas-emissionen Deutschlands nach Sektoren gemaumlszlig dem Klimaschutzplan 2050(in Millionen Tonnen CO2-Aumlquivalenten)

32 FIAN | Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

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IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

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Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

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Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

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Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

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Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

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Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitikldquo

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UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2012) Human Rights Indicators A Guide to Measurement and Implementation httpbitly1oUZYHb

UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

International Commission of Jurists (2011) Maastricht Principles on Extraterritorial Obligations of States in the Area of Economic Social and Cultural Rights Verfuumlgbar mit deutscher Uumlbersetzung unter httpwwwfiandefileadminuser_uploaddo-kumenteshopRaN2012_ETO_Maastricht_Principles_en_de_finalpdf

UN Special Procedures (2015) Climate Change and Human Rights ndash Joint statement by UN Special Procedures on the occasion of World Environment Day 5 Juni 2015 httpwwwohchrorgENNewsEventsPagesDisplayNewsaspxNewsID=16049amp LangID=E

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UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2015) Report of the Office of the Uni-ted Nations High Commissioner for Human Rights on the relationship between clima-te change and human rights AHRC1061 15 Januar 2009 httpwwwohchrorgENIssuesHRAndClimateChangePagesStudyaspx

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Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

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Jeanette Schade (2017) EU accountability for the due diligence failures of the European Investment Bank Climate finance and involuntary resettlement in Olkaria Kenya In Journal of Human Rights and the Environment Vol 8(1) 72-97 (Son-derausgabe ldquoClimate Justice and Displacementrdquo Gastherausgeber Schade und Manou)

Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 39

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 18: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Es ist deutlich geworden dass diejeni-gen Laumlnder die am wenigsten zum Klimawandel beitragen oft am staumlrks-ten von ihm betroffen sind Dieses Kapitel befasst sich daher mit den voumllkerrechtlichen Verpfl ichtungen der Staaten auf menschenrechtskonforme Weise den Klimawandel aufzuhalten und Anpassungsmaszlignahmen zu unterstuumltzen

Internationale Menschenrechte und Umweltvoumllkerrecht wirken inhaltlich ineinander Die Verwirklichung vieler Menschenrechte insbesondere auch des Rechts auf Nahrung haumlngt naumlmlich unmittelbar vom Zustand der natuumlrli-chen Umwelt ab Dem wurde bereits in der Stockholmer Erklaumlrung zur menschli-chen Umwelt von 1972 Rechnung getra-gen Sie formulierte als erste das Recht auf eine gesunde Umwelt und enthielt bereits damals die drei Prinzipien des Umweltrechts wie sie sich 1992 in der Erklaumlrung von Rio uumlber Umwelt und Entwicklung (im Folgenden kurz Erklauml-

rung von Rio) wiederfi nden das Vorsor-geprinzip das Verursacherprinzip und die gemeinsame aber unterschiedliche Verantwortung

Zugleich handelt es sich bei Men-schenrechten und Umweltrecht aber um unterschiedliche Bereiche des Voumllker-rechts Eine durchgaumlngige Beruumlcksichti-gung von Menschenrechten im globalen Umwelt- oder Klimarecht ist daher nicht selbstredend Im Folgenden werden die Gemeinsamkeiten und Unterschie-de der Rechtssysteme dargestellt und verdeutlicht welche Prinzipien und Verpfl ichtungen sich jeweils verstaumlrken und wo es Nachbesserungsbedarf gibt Anschlieszligend werden die staatlichen Verpfl ichtungen die sich aus men-schenrechtlicher Sicht fuumlr die Klima-politik ergeben gepruumlft Pfl ichten zur Emissionsminderung zur Unterstuumlt-zung von Anpassungsmaszlignahmen und zur Beachtung von Menschenrechten bei der Durchfuumlhrung von Maszlignahmen

Ganz allgemein handelt es sich beim Voumllkerrecht um Vertraumlge zwischen Staaten in welchen sie wechselseitige Pfl ichten und Rechte festhalten Die Menschenrechte bilden jedoch eine Ausnahme Sie sind Rechte von Einzel-personen und Gruppen gegenuumlber dem

Staat Diesen Rechten stehen staatliche Verpfl ichtungen gegenuumlber Fuumlr beide Bereiche gilt gleichermaszligen dass man zwischen materiellen Rechten und Verfahrensrechten unterscheidet ndash also zwischen konkreten Inhalten von Rechten einerseits (zum Beispiel das

Prinzipien des interna-tionalen Umweltrechts

und der Menschenrechte

Foto Werner Rudhart

18 FIAN | Menschenrechtliche Pfl ichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Recht auf sauberes Trinkwasser) und Regeln zu Vorgehensweisen anderer-seits (zum Beispiel die Pflicht zu Kon-

sultationen vor Eingriffen in Trinkwas-serreservoire oder die Festlegung von Rechtsmitteln bei Konflikten)

Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts

Die internationale Klimarahmenkon-vention ist Teil des internationalen Umweltrechts zu dem noch viele weitere Vertraumlge wie zum Beispiel das Washingtoner Artenschutzabkommen (1973) oder das Uumlbereinkommen zum Schutze der Ozonschicht (1985) gehouml-ren Vertragsuumlbergreifend sind im internationalen Umweltrecht die drei oben genannten Prinzipien anerkannt Sie gelten als Voumllkergewohnheitsrecht oder sind auf dem besten Wege dorthin Zu diesem Status hat wesentlich die Erklaumlrung von Rio beigetragen zu deren Grundpfeilern sie gehoumlren

Das Vorsorgeprinzip soll verhin-dern dass Schaumlden fuumlr die Umwelt ent-stehen International verankert ist vor allem der Grundsatz der Schadensver-meidung Er besagt dass auch bei un-vollstaumlndigem oder unsicherem Wissen uumlber Art Ausmaszlig Wahrscheinlichkeit und Ursachen von Umweltschaumlden und -gefahren vorbeugend gehandelt wer-den muss um Risiken zu minimieren Es gilt im internationalen Recht insbeson-dere fuumlr Auswirkungen von Maszlignahmen jenseits des eigenen Staatsgebiets wie zum Beispiel die Verschmutzung grenz-uumlberschreitender Gewaumlsser

Das Verursacherprinzip besagt dass fuumlr die Linderung und Beseitigung eingetretener Schaumlden der Verursacher verantwortlich ist und er folglich auch die Kosten tragen muss

Das Prinzip gemeinsamer aber unterschiedlicher Verantwortung entspricht einer Verallgemeinerung des Verursacherprinzips in Bezug auf Veraumlnderungen in der Umwelt fuumlr die kein einzelner Verursacher identifiziert werden kann Ein Beispiel hierfuumlr ist der Klimawandel Die gesamte Staaten-gemeinschaft traumlgt eine gemeinsame Verantwortung zu handeln Dabei wird jenen Staaten eine groumlszligere Verantwor-tung zugeschrieben die wirtschaftlich

leistungsfaumlhiger sind und staumlrker an der globalen Ressourcenausbeute beteiligt sind

Umweltrecht beinhaltet haumlufig auch eine Reihe von Verfahrensrechten In den meisten Staaten muumlssen im Vor-feld von Groszligprojekten beispielsweise deren Umweltvertraumlglichkeit analysiert (Ausdruck des Vorsorgeprinzips) und die betroffene Bevoumllkerung dabei ein-gebunden werden Vorbildlich ist hier das Uumlbereinkommen uumlber den Zugang zu Informationen die Oumlffentlichkeits-beteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten der UN Wirtschaftskommission fuumlr Europa (2001) kurz die Aarhus-Konvention Sie gewaumlhrt ausdruumlcklich die Rechte aller Betroffenenbull uumlber Umweltauswirkungen von Pro-

jekten informiert zu werdenbull an Entscheidungs- und Planungs-

prozessen beteiligt zu werden sowiebull Schadensersatzanspruumlche geltend

zu machenDie Aarhus-Konvention wurde von fast 50 Staaten Europas und Zentralasiens (mit Ausnahme Russlands) sowie von der EU ratifiziert

Frauen im kenianischen Tana-Delta sind besonders stark mit den Folgen der zuneh-menden Waserknappheit konfrontiert Foto Anton Pieper

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 19

Respekt

vor Zugang zu angemessener

Nahrung

Schutz

vor Uumlbergriffen Dritter

Gewaumlhrleistung

der Verfuumlgbarkeit und des Zugangs

zu Nahrung

Staatenpflichten

Auch die Rio-Konferenz und ihre Folgeprozesse bauen auf die Beteili-gung der Zivilgesellschaft Uumlber diesen Weg hielten nach und nach auch soziale Menschenrechte ausdruumlcklich Einzug in die Abschlusserklaumlrungen der alle

fuumlnf Jahre stattfindenden UN-Gipfel zu Umwelt und Entwicklung

Die Erklaumlrung von Rio mit ihrem Konzept der Nachhaltigkeit und den drei genannten Prinzipien liefer-te auszligerdem die Grundlage fuumlr die Klimarahmenkonvention

Prinzipien der internationalen Menschenrechte

Allgemeine Prinzipien

Die zentrale Saumlule des internationalen Menschenrechtssystems ist die Men-schenrechtscharta der Vereinten Natio-nen Sie umfasst die Allgemeine Erklauml-rung der Menschenrechte (1948) den Internationale Pakt uumlber Buumlrgerliche und Politische Rechte (UN-Zivilpakt) sowie den Internationalen Pakt uumlber Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) (beide 1966) Neben dem Zivilpakt und dem Sozial-pakt gibt es auszligerdem acht weitere Menschenrechtsvertraumlge die sich auf den Schutz besonders benachteiligter Gruppen sowie auf das Verbot von Folter und unmenschlicher Behandlung beziehen Alle Abkommen sind durch die immer gleichen Querschnittsprinzi-pien gepraumlgt naumlmlich das Gebot der Nichtdiskriminierung die Gleichheit aller die gesellschaftliche Beteiligung

den Zugang zu effektiven Rechtsmitteln bei Rechtsverletzungen die Rechen-schaftspflicht der Staaten sowie das Verbot des Ruumlckschritts Bei diesen Prinzipien handelt es sich durchweg um Verfahrensrechte die allen materiellen Rechten wie dem Recht auf Nahrung Wasser Wohnen etc zur Seite gestellt sind Denn sehr haumlufig liegt der Verlet-zung materieller Rechte die Verletzung von Verfahrensrechten zugrunde

Alle Menschenrechtsvertraumlge un-terscheiden fuumlr ihre gewaumlhrten Rechte je drei Arten staatlicher Verpflichtung gegenuumlber Einzelpersonen und Grup-pen Im UN-Sozialpakt sind dies res-pektieren schuumltzen gewaumlhrleisten Die Respektierungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten die Wahrnehmung eines Rechts nicht behindern duumlrfen Die Schutzpflicht besagt dass die Vertragsstaaten Dritte davon abhalten muumlssen die Ausuumlbung dieses Rechts zu beintraumlchtigen oder zu verhindern Die Gewaumlhrleistungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten Maszlignahmen er-greifen muumlssen um die Verwirklichung eines Rechts voranzubringen

Bezogen auf das Recht auf Nah-rung heiszligt das zum Beispiel dass der Staat BaumluerInnen nicht von ihrem angestammten Land umsiedeln darf um Infrastrukturprojekte umzusetzen wenn dadurch ihr Zugang zu angemes-sener Nahrung verloren geht Er muss ferner Dritte ndash zum Beispiel Groszliggrund-besitzerInnen oder Unternehmen ndash daran hindern dies zu tun wenn sie Land fuumlr Investitionen verkaufen oder Infrastrukturprojekte durchfuumlhren Und der Staat muss durch geeignete Maszlig-nahmen auch jenen die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung ermoumlglichen die davon ausgegrenzt sind ndash zum

Menschenrechten stehen staatliche Pflichten gegenuumlber

20 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Beispiel fuumlr die sichere Ruumlckkehr von Vertriebenen sorgen oder sie auf neuem fruchtbaren Land ansiedeln Da fuumlr viele Laumlnder des Globalen Suumldens wegen der Begrenztheit der verfuumlgbaren Mittel

insbesondere die Gewaumlhrleistungs-pflicht nicht immer leicht zu erfuumlllen ist sieht der UN-Sozialpakt eine all-maumlhliche Verwirklichung der Rechte vor

Extraterritoriale Staatenpflichten

Menschenrechtsvertraumlge beschreiben zunaumlchst die Pflichten eines Vertrags-staates gegenuumlber den Menschen auf seinem Staatsgebiet oder solchen die anderweitig unter seiner Gewalt stehen (zum Beispiel bei Besatzungen) Der UN-Zivilpakt enthaumllt eine Klausel die seinen Anwendungsbereich in diesem Sinn einschraumlnkt Der UN-Sozialpakt hingegen erlaubt weitreichendere Interpretationen Hier heiszligt es in Artikel 2(1) bdquoJeder Vertragsstaat verpflichtet sich einzeln und durch internationale Hilfe und Zusammenar-beit hellip die volle Verwirklichung der in diesem Pakt anerkannten Rechte zu erreichenldquo Fortschrittliche JuristInnen sehen darin eine rechtlich bindende Pflicht wirtschaftliche soziale und kulturelle Menschenrechte auch uumlber das eigene Staatsgebiet hinaus zu respektieren zu schuumltzen und zu gewaumlhrleisten Dies hat der UN-Sozial-ausschuss 2002 in seinem Allgemeinen Kommentar Nr 15 zum Recht auf Wasser aufgegriffen der bdquohellip von den Vertragsstaaten [verlangt] von Hand-lungen abzusehen die den Genuss des Rechts auf Wasser in anderen Laumlndern unmittelbar oder mittelbar beeintraumlchti-genldquo Die International Commission of Jurists (ICJ) hat dies fortgesetzt und 2011 die sogenannten Maastrichter Prinzipien zu extraterritorialen Staaten-pflichten im Rahmen des UN-Sozialpakts veroumlffentlicht Laut den Maastrichter Prinzipien muumlssen Staaten ihre zwi-schenstaatlichen und internationalen Abkommen so gestalten dass sie nicht zu menschenrechtlichen Verwerfungen bei Vertragspartnern fuumlhren und die Staaten nicht in der Erfuumlllung ihrer

menschenrechtlichen Verpflichtungen einschraumlnken Ferner haben Staaten die Pflicht gesetzgeberische und politische Maszlignahmen zu ergreifen um Menschen in anderen Staaten vor Menschen-rechtsverletzungen durch bei ihnen ansaumlssige international agierende Konzerne zu schuumltzen Die freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Men-schenrechten gleichfalls von 2011 weisen zumindest den Spielraum aus den Staaten zur Regulierung transnati-onaler wirtschaftlicher Akteure haben 2017 veroumlffentlichte der UN-Sozialaus-schuss auszligerdem den Allgemeinen Kommentar Nr 24 zu Staatenpflichten im Zusammenhang unternehmerischen Handelns Darin betont er ebenfalls die grenzuumlberschreitenden staatlichen Pflichten zur Kontrolle multinationaler Konzerne Insgesamt hat der Verweis auf extraterritoriale Pflichten der Staaten im Rahmen des UN-Menschen-rechtssystems uumlber die letzten Jahre stark zugenommen

Protest vor der Zentrale der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) gegen ein Staudammprojekt in Panama

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 21

Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten

Obwohl die Umwelt- und die Men-schenrechtsprinzipien ein groszliges Potenzial fuumlr Synergien haben weisen die Klimarahmenkonvention und das Kyoto-Protokoll keinerlei Bezug zu den Menschenrechten auf Zur Veran-schau li chung vergleicht die folgende Tabelle die wesentlichen Prinzipien der international anerkannten Men-schenrechte und die Regeln des Kli-marechts anhand der Grundpfeiler des internationalen Umweltrechts

Wie die Tabelle zeigt sind Staaten aus menschenrechtlicher und aus kli-mapolitischer Perspektive verpflichtet den Klimawandel zu stoppen und seine Wirkungen abzumildern Neben der Emissionsminderung ist es menschen-rechtlich wichtig besonders betroffene Bevoumllkerungsgruppen bei der Anpas-sung zu unterstuumltzen die hierfuumlr kaum Mittel haben

Ferner duumlrfen klimapolitische Maszlignahmen ihrerseits nicht zu Men-schenrechtsverletzungen fuumlhren Da die internationalen Klimaregeln aber im Gegensatz zu Menschenrechtskonven-tionen und vielen anderen Umweltab-kommen vergleichsweise wenig Wert auf die Einbindung betroffener Menschen legt kommt es durch klimapolitische Maszlignahmen immer wieder zu Men-schenrechtsverletzungen Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen sowie UN-SonderberichterstatterInnen und andere Menschenrechtsorgane haben daher intensiv Lobbyarbeit betrieben um Menschenrechte im Abkommen von Paris zu verankern Durchgesetzt hat sich jedoch nur ein Absatz in der nicht-bindenden Praumlambel (Zitat siehe Einlei-tung) Klimaschutz und Menschenrech-te trennen weiterhin Welten

Umwelt-recht-

Prinzipien Internationale Menschenrechte Internationales Klimarecht

Veru

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Ist Bestandteil der Menschenrechtsprinzipien und kommt im Recht auf Rechtsmittel und Entschaumldigung zum Ausdruck Das Verursacherprinzip setzt voraus dass ein Staat seine Respektierungs- Schutz- oder Gewaumlhrleistungspflicht nachweislich verletzt hat

Wegen des Problems eine spezifische Kausalkette nachzuweisen (welche CO2-Emission hat wen geschauml-digt) ist es kein Prinzip der Klimarahmenkonventi-on In aufgeweichter Form spiegelt es sich im Prinzip der gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortung

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on Grundlegendes in Art2 (1) des UN-Sozialpaktes verankertes Prinzip wonach die reichen Industrie-staaten die Laumlnder des Globalen Suumldens bei der allmaumlhlichen Verwirklichung der Menschenrechte unterstuumltzen sollen

Verpflichtung der Industrielaumlnder gemaumlszlig Art 4 (3 4) der Klimarahmenkonvention die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell und technologisch bei der Minde-rung von Emissionen und Anpassung an den Klima-wandel zu unterstuumltzen

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Verfahrensrechte (Gleichbehandlung Information Beteiligung Rechtsmittel) sind Grundlage aller menschenrechtlichen Vertraumlge weil sie auch fuumlr die Sicherung substantieller Rechte (zB Recht auf Nahrung) bedeutend sind Dies gilt insbesondere auch fuumlr die Rechte besonders diskriminierter Bevoumllkerungsgruppen

Im Gegensatz zu vielen Umweltabkommen (zB Aarhus-Konvention) spielen in der Klimarahmenkon-vention dem Kyoto-Protokoll und dem Pariser Ab-kommen Verfahrensrechte von Einzelpersonen keine Rolle Die Ausgestaltung der internationalen Klima-schutzmechanismen nimmt entsprechend wenig Ruumlcksicht darauf

Vergleich menschenrechtlicher und klimarechtlicher Prinzipien

22 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Die Malediven fordern von der internationalen Staatengemeinschaft Maszlignahmen zum Klimaschutz zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung

Kaum jemand zweifelt mehr daran dass der Klimawandel maszliggeblich men-schengemacht ist und negative Auswir-kungen auf die Wahrnehmung von Menschenrechten hat Auf Grundlage der menschenrechtlichen Schutzpflicht sind die Staaten verpflichtet rasch effektive Maszlignahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen zu ergrei-fen BerichterstatterInnen des UN-Menschenrechtsrats betrachten das im Pariser Abkommen vereinbarte Ziel Emissionen derart zu reduzieren dass der globale Temperaturanstieg unter 15 Grad Celsius gehalten wird daher als menschenrechtliche Pflicht der Staaten Dennoch findet Emissionsmin-derung nicht in dem Umfang statt wie es noumltig waumlre Seit 2005 haben ver-schiedene Akteure auf unterschiedli-chen Wegen versucht diesen Blockaden mit Hilfe des Menschenrechtssystems entgegenzuwirken

Die Regierung der Malediven schlug den politischen Weg ein Die Malediven sind ein Staat bestehend aus etwa 1200 kleinen Inseln die nur wenige Meter uumlber dem Meeresspiegel liegen und unmittelbar vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen sind Die Regierung des Landes initiierte die Maledivische Erklaumlrung zur menschlichen Dimension des globalen Klimawandels die sie im November 2007 gemeinsam mit 38 weiteren kleinen Inselstaaten unterzeichnete In dieser Erklaumlrung forderten sie das Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte der Vereinten Nationen auf dem Menschenrechtsrat eine detaillierte Studie uumlber die Auswir-kungen des Klimawandels vorzulegen was im Oktober 2009 ndash kurz vor der Klimakonferenz in Kopenhagen ndash auch geschah Die Malediven haben damit einen Prozess in Gang gesetzt der maszliggeblich dazu beigetragen hat dass viele Menschenrechtsorgane begannen sich mit den Auswirkungen des Klima-wandels auf die Menschenrechte zu befassen

Einen anderen Weg schlugen die Inuit des US-amerikanischen Teils Alaskas ein 2005 reichten sie bei der Inter-Amerikanischen Menschenrechts-kommission eine Klage gegen die USA ein weil die USA nicht genug taumlten um den Klimawandel zu verhindern Die Kommission lehnte die Verhandlung des Falls ab Ein wesentlicher Grund war dass die Klaumlger nicht hinreichend darle-gen konnten dass vor allem die Un-taumltigkeit der USA zur Verletzung ihrer Menschenrechte fuumlhre Die Kommission lud die Inuit aber im Maumlrz 2007 zu einer Anhoumlrung ein um die Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Menschen-rechte zu eroumlrtern Obwohl sie rechtlich eine Niederlage erlitten hatten wurde die Anhoumlrung doch zu einem politi-schen Erfolg der der Situation der Inuit global viel Aufmerksamkeit einbrachte

Des Weiteren war die Klageschrift der Inuit der Auftakt zu einer Vielzahl von Versuchen die Staaten auf juristi-schem Wege zur Pflicht zu rufen Dies muss sich aber nicht auf Organe des Menschenrechtssystems beschraumlnken Besonders erfolgreich war eine Klage der niederlaumlndischen Umweltorganisa-tion Urgenda gegen die Niederlande Das Bezirksgericht in Den Haag urteilte 2015 auf Grundlage der in der nieder-laumlndischen Verfassung verankerten Fuumlrsorgepflicht des niederlaumlndischen Staates dass die Niederlande auf-grund der Erkenntnisse des vierten Sachstandsberichts des Weltklimarats ihre Emissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 25 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern muumlssen Mit den bis dahin ergriffenen Maszlignahmen waumlren voraussichtlich nur 17 Prozent erreicht worden

Trotz dieser Erfolge bleibt es schwierig einzelne Staaten fuumlr den Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Menschenrechte zur Verant-wortung zu ziehen Haumlufig verstaumlrkt der Klimawandel nur bereits beste-hende Menschenrechtsverletzungen Auch die Unterscheidung ob eine

Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 23

Menschenrechtsverletzung in diesem Zusammenhang Folge des Klimawandels oder uumlblicher Wetterextreme ist ist oft schwierig So kommt das Hochkommis-sariat fuumlr Menschenrechte 2009 zum Ergebnis dass der Klimawandel zwar eindeutig negative Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Menschenrech-ten hat dass es aber weniger eindeutig ist ob und in welchem Ausmaszlig die Auswirkungen in streng rechtlichem Sinn als Menschenrechtsverletzung qualifiziert werden koumlnnen

Aus Sicht von FIAN Deutschland kann der Verlust des Zugangs zu Nah-rung durch den Klimawandel aber durchaus als Menschenrechtsverletzung gewertet werden fuumlr die andere Staa-

ten als der Heimatstaat mitverantwort-lich sind Zwar ist der Haftungsansatz nach dem Verursacherprinzip aufgrund der oben geschilderten Besonderheiten des Klimaproblems fuumlr eine menschen-rechtliche Argumentation wenig frucht-bar Aufgrund des Wissens der Staaten uumlber die menschliche Verursachung und der nachweislich negativen Auswirkun-gen des Klimawandels auf die weltweite Verwirklichung der Menschenrechte sind die Staaten jedoch gemaumlszlig UN-Sozialpakt Artikel 2(1) menschenrecht-lich verpflichtet einzeln sowie durch internationale Hilfe und Zusammen-arbeit unter Ausschoumlpfung all ihrer Moumlglichkeiten wirksame Maszlignahmen zur Emissionsminderung zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung

bdquoAnpassungldquo umschreibt ein weites Feld von Aktivitaumlten das die Menschen weniger anfaumlllig gegenuumlber den Auswir-kungen des Klimawandels macht Hiermit kann die Einfuumlhrung von duumlrreresistenten Pflanzenarten und von Bewaumlsserungssystemen gemeint sein aber auch Umsiedlung aus Hochrisiko-zonen neue Bauweisen und Bauvor-schriften oder der Ausbau von Institu-tionen zum Risikomanagement Sie macht einen vergleichsweise kleinen Teil der Klimafinanzierung aus die sich 2016 auf insgesamt 380 Milliarden US Dollar belief 93 Prozent der globalen Klimafinanzierung kommen der Emissi-onsminderung zugute die uumlberwiegend privat finanziert ist Mittel aus oumlffentli-cher Hand tragen nur 34 Prozent zur globalen Klimafinanzierung bei wovon wiederum nur 16 Prozent Anpassungs-maszlignahmen zugutekommen 89 Pro-zent der oumlffentlichen Klimafinanzierung werden von internationalen und natio-nalen Entwicklungsbanken gestemmt Selbst die internationalen Banken wie die Weltbank die Asiatische und die

Afrikanische Entwicklungsbank oder die Europaumlische Investitionsbank (EIB) investieren nur durchschnittlich 23 Pro-zent ihrer Investitionen im Klimabe-reich in Anpassungsmaszlignahmen Fuumlr den unmittelbaren Schutz sowie fuumlr Anpassungsmaszlignahmen an die Folgen des Klimawandels werden also verhaumllt-nismaumlszligig wenige Gelder bereitgestellt Dies kann akut zu Menschenrechtsver-letzungen fuumlhren Je spaumlter und halb-herziger in den Klimaschutz investiert wird desto mehr Anpassung wird noumltig Die Pflicht der Staaten solche Maszlignah-men zu unterstuumltzen ergibt sich aus ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen gemaumlszlig Artikel 2(1) des UN Sozialpaktes Sie gilt unabhaumlngig davon wie viel ein Staat zur Klimaer-waumlrmung beitraumlgt Diese Pflicht ergibt sich auszligerdem aus Art 4(3 4) der Klimarahmenkonvention die aumlrmeren Laumlnder sowohl beim Klimaschutz als auch bei der Anpassung an den Klima-wandel unterstuumltzen ndash gemaumlszlig dem Prinzip gemeinsamer aber unterschied-licher Verantwortung

Die Lebensgrundlage der Indigenen im aumlthiopischen Omo-Tal ist durch den Bau des Stauddamms Gibe III bedroht Foto Suvival International

24 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Obergrenze (Cap)

Industriestaaten unterschreiben dashellip

Kyoto-Protokoll (1997)

Ziel Reduktion der Treibhausgasemission

Emissionen im Zeitraum von 2008 bis 2012 um 5 unter das Niveau von 1990 senken

fl exibler Mechanismus

Fabrik A Fabrik B

Wenn die Emissionen unter der Obergrenze

liegen koumlnnen die nicht genutzten Emissionsrechte wieder verkauft

werden

hellip an Staaten oder

Unternehmen die mehr

Emissionen ausstoszligen

wollen

Verkauft die ungenutzten CO

2-Rechtehellip

Funktionsweise des Emissionshandels

Internationale Klimafinanzierung

Gemaumlszlig der Klimarahmenkonvention sind die traditionellen Industrielaumlnder verpflichtet die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell technologisch und mit Kapazitaumltsaufbau zu unterstuumltzen Auf der Klimakonferenz von Kopenha-gen 2009 wurde diese Verpflichtung konkretisiert die Industrielaumlnder sagten zu dass die finanzielle Unter-stuumltzung bis 2020 auf jaumlhrlich 100 Milli-arden US-Dollar anwachsen soll Zu diesen werden nicht nur die aufge-brachten oumlffentlichen Mittel sondern auch private Investitionen in den Klimaschutz gezaumlhlt wenn sie eine Folge staatlicher Maszlignahmen sind

Die Unterstuumltzung durch oumlffentliche Geber laumluft durch eine Vielzahl von Ka-naumllen Zum einen nutzen viele Staaten dazu ihre Organisationen der Entwick-lungszusammenarbeit In Deutschland sind das beispielsweise die Gesellschaft fuumlr Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Kreditanstalt fuumlr Wieder-aufbau (KfW) Zweitens zaumlhlen auch die Weltbank und die regionalen Ent-wicklungsbanken Klimaschutz zu ihren Aufgaben Insbesondere die Weltbank hat mehrere spezielle Klimaschutzfonds geschaffen Drittens wurde eine Reihe von internationalen Fonds eingerichtet Mit den Geldern der 1991 geschaffenen Globalen Umweltfazilitaumlt (Global Envi-ronment Facility GEF) werden Projekte im Rahmen der Klimarahmenkonventi-on und anderer internationaler Um-weltabkommen finanziert 2001 wurden unter der Klimarahmenkonvention eine Reihe von kleinen spezialisierten Fonds eingerichtet die insbesondere Maszlig-nahmen zur Anpassung an den Klima-wandel finanzierenbull der Least Developed Countries Fund

Fonds fuumlr die am wenigsten entwi-ckelten Laumlnder

bull der Special Climate Change Fund Spezieller Klimawandel-Fonds der vor allem Anpassungsmaszlignahmen finanzieren soll und

bull der Adaptation Fund Anpassungs-fonds fuumlr Laumlnder des Globalen Suumldens

Daruumlber hinaus wurde 2010 beschlos-sen den Green Climate Fund (Gruumlner Klimafonds) einzurichten Dieser soll einen erheblichen Teil der zugesagten 100 Milliarden US-Dollar verwalten

Neben diesen Einrichtungen zur Klimafinanzierung wurden im Rahmen des Kyoto-Protokolls auch institutiona-lisierte Verfahren zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige geschaffenbull der internationale Emissionshandel

der den Handel mit Rechten zum Ausstoszlig von Treibhausgasen regelt

bull die Joint Implementation (Gemein-same Umsetzung) uumlber die Klima-schutzprojekte in Industrielaumlndern international zertifiziert werden koumlnnen

bull der Clean Development Mechanism (Mechanismus fuumlr umweltver-traumlgliche Entwicklung) uumlber den Klimaschutzprojekte in Laumlndern

Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 25

des Globalen Suumldens international zertifiziert werden koumlnnen (siehe Kapitel bdquoDer Clean Development Mechanismldquo)

Diese Verfahren dienen aber in ers-ter Linie der Erreichung der Emissi-onsziele der Industrielaumlnder (siehe Kapitel bdquoSenkung der eigenen Emissi-onenldquo) Mitgliedstaaten mit groszligen Regenwaldvorkommen forderten daher

ein Instrument zu schaffen das den Schutz von Waumlldern auf die Klimabilanz anrechnet Infolge wurde 2007 das Programm REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degrada-tion in Developing Countries) ins Leben gerufen Es soll zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige in Laumlndern des Globalen Suumldens beitragen die durch Abholzung von Waumlldern entstehen

Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen

Maszlignahmen zum Klimaschutz sind aus menschenrechtlicher Perspektive oft umstritten Bei Investitionen in erneu-erbare Energien handelt es sich haumlufig um groszlige flaumlchenintensive Infrastruk-turprojekte wie zum Beispiel den Bau von Staudaumlmmen und Wasserkraftwer-ken Windparks groszligflaumlchige Solar- und Erdwaumlrmeanlagen Das Gleiche gilt fuumlr den Anbau von Energiepflanzen wie Oumllpalmen Investitionen in CO2-Senken also die Ausdehnung von Waumlldern oder der Erhalt bestehender Waumllder stehen oft in Konkurrenz zu anderen Flaumlchen- und Waldnutzungen Auch Anpassungs-maszlignahmen wie der Bau von Schutz-waumlllen oder die Einrichtung von siedlungsfreien Zonen in Hochrisikoge-bieten (zum Beispiel in Gebieten die

haumlufig uumlberschwemmt oder durch Erosion und Erdrutsche gepraumlgt sind) betreffen Land das von Menschen genutzt und ihnen durch solche Maszlig-nahmen entzogen wird Die Flaumlchen-konkurrenz zwischen Investitionen zum Klimaschutz und bisheriger Landnut-zung fuumlhrt unter anderem dazu dass KleinbaumluerInnen und Hirtenvoumllkern der Zugang zu Land und Wasser entzogen wird das sie bisher fuumlr den Nahrungs-mittelanbau und die Viehwirtschaft nutzten Haumlufig handelt es sich dabei um indigene Gruppen die keine Landti-tel besitzen Mit der Vertreibung von ihren wirtschaftlich genutzten Flaumlchen geht auch haumlufig die Vertreibung aus den Ansiedlungen einher Verletzungen sozialer Menschenrechte wie die Rechte auf Nahrung Wasser und Woh-nen sind die Folge Aber auch Verfah-rensrechte und das Recht auf Leben werden regelmaumlszligig missachtet

Dafuumlr gibt es viele Beispiele Pana-ma ist eines jener Laumlnder das am meis-ten in Wasserkraftwerke als erneuerbare Energiequelle investiert In mindes-tens drei bekannten Faumlllen ndash Bonyic Chan75 und Barro Blanco ndash kam es dabei zu schweren Menschenrechts-verletzungen Doumlrfer wurden geflutet obwohl die BewohnerInnen noch nicht umgesiedelt waren die Rechte von In-digenen auf ihr Gebiet und Beteiligung an Projekten wurden verletzt Betrof-fene und AktivistInnen die sich gegen diese Maszlignahmen wehrten wurden eingeschuumlchtert und sogar ermordet Auch Kenia gehoumlrt zu den Vorreitern in

Die klimaschuumltzende Wirkung von Staudaumlm-men zur Stromgewinnung wird bestritten Auszligerdem fuumlhren sie oft zu Verletzungen von Menschenrechten der oumlrtlichen Bevoumllkerung Foto Jane Hofbauer

26 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Sachen Klimaschutz ndash haumlufig zu Lasten ausgegrenzter Bevoumllkerungsgruppen In Olkaria willigten Massai in eine Umsiedlungsmaszlignahme zugunsten einer Erdwaumlrmeanlage (Geothermie) ein weil man ihnen eigene Landrech-te versprach die sie jedoch bis heute nicht erhalten haben Mehrere tausend indigene Jaumlger- und Sammlervoumllker wurden aus dem Embobut-Wald in Westkenia (Sengwer und Cherangany) und dem Mau-Wald (Ogiek) vertrieben weil die Regierung deren Nutzung unter REDD+ anstrebt Der Fall der Ogiek wurde 2014 sogar vor dem Afrikani-schen Gerichtshof fuumlr Menschen- und Voumllkerrechte zugunsten der Ogiek ver-handelt Aumlhnliches passierte in anderen Laumlndern Afrikas So wurde in Tansania die Gemeinschaft der Warufiji aus dem Refuiji-Delta vertrieben Sie hatten die Kooperation bei der Aufforstung der Mangrovenwaumllder verweigert weil man ihnen den Anbau von Reis verbot

Die Auswirkungen von Klimaschutz-maszlignahmen koumlnnen aber auch kom-plexerer Natur sein Wie die Weltbank 2008 in einer vielbeachteten Studie zur globalen Nahrungsmittelkrise darlegte trug die Flaumlchenkonkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Energiepflanzen-anbau maszliggeblich zum globalen An-stieg der Nahrungsmittelpreise bei der fuumlr viele Menschen zu Hunger fuumlhrte Anhand dieser katastrophalen Folgen der staatlichen Foumlrderung von Agrar-treibstoffen durch westliche Indust-rienationen wird deutlich wie diese klimapolitisch motivierten Programme in vielen aumlrmeren Laumlndern direkt zur Verletzung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser beitragen

Auch Anpassungsmaszlignahmen schneiden unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten nicht zwingend besser ab Obwohl sie im Prinzip zum Schutz der Menschen gedacht sind fehlt es in manchen Faumlllen an Professionalitaumlt in anderen Faumlllen fehlt der Fokus auf die besonders gefaumlhrdeten Bevoumllkerungs-gruppen In Mosambik wurden die Doumlr-fer im Sambesi-Flussdelta 20072008

nach schweren Uumlberschwemmungen in houmlher gelegene Gebiete umgesiedelt Viele der neuen Siedlungen blieben ohne angemessenen Zugang zu Wasser fruchtbarem Land und Gesundheitsver-sorgung So wurden sie von Nahrungs-mittelhilfen abhaumlngig Viele Familien verloren durch Abwanderung ihren Zusammenhalt Diskriminierungen bei Anpassungsmaszlignahmen kommen auch in entwickelten Laumlndern vor Nach dem Wiederaufbau von New Orleans nach dem Hurrikan Kathrina im Jahr 2005 durfte die arme afro-amerikanische Be-voumllkerung nicht mehr ihre am Flussufer gelegenen Siedlungen beziehen ndash we-gen Uumlberflutungsgefahr Angemesse-nen und finanzierbaren Ersatz bekamen sie jedoch nicht angeboten

Die Ursachen fuumlr negative Aus-wirkungen und Menschenrechtsver-letzungen durch Klimapolitik gehen teilweise auf die Bedingungen in den Projektlaumlndern zuruumlck Die jeweiligen Nationalstaaten sind menschenrecht-lich entsprechend zu beurteilen und zur Pflicht zu rufen Die Ursachen liegen aber auch in den Klimarahmenabkom-men selbst und ihren Mechanismen begruumlndet Bis auf das Abkommen von Paris enthalten diese keinen Verweis auf Menschenrechte Sie betonen aber die Rechte der Nationalstaaten ihre na-tuumlrlichen Ressourcen auszubeuten Das Abkommen von Paris ist insofern ein Erfolg als in der Praumlambel zum ersten Mal ein Bezug zu den Menschenrechten hergestellt wird Auch im Konzept der extraterritorialen Staatenpflichten zur Verwirklichung wirtschaftlicher sozia-ler und kultureller Menschenrechte ist anerkannt dass die Staaten die Pflicht haben ihre Instrumente zum Klima-schutz und zur Unterstuumltzung von An-passungsmaszlignahmen menschenrechts-konform zu gestalten Dennoch gilt es dicke Bretter zu bohren Eine Praumlambel ist nicht rechtsverbindlich sondern als Orientierungs- und Interpretationshilfe fuumlr die Vertragsparteien oder Gerichte zu verstehen

Fuumlr diese Geothermie-Anlage in Kenia wurden Massai von ihrem traditionellen Land vertrieben Foto Jeanette Schade

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 27

Der Clean Development Mechanism

Mit fast 8000 registrierten Projekten ist der Clean Development Mechanism (CDM) des Kyoto-Protokolls das bedeu-tendste internationale Verfahren zum Klimaschutz Er soll einerseits die Gastgeberstaaten der Projekte bei ihrer nachhaltigen Entwicklung unterstuumltzen und andererseits den Industrielaumlndern bei der Erreichung ihrer Emissionsziele helfen

Das Kyoto-Protokoll definiert fuumlr die teilnehmenden Industrielaumlnder verbindliche Emissionsziele Die Uumlber-wachung der Zielerreichung erfolgt auf Grundlage von Emissionszertifikaten jeder verpflichtete Staat muss fuumlr jede Tonne Treibhausgasemission ein Emis-sionszertifikat vorlegen Die Staaten erhalten eine Anfangsausstattung von Zertifikaten auf Grundlage ihrer Ziele zur Verringerung ihrer Emissionen Diese Zertifikate sind handelbar Schafft ein Staat es seine Emissionen staumlrker zu reduzieren als er zum Ziel hat kann er den sich daraus ergebenden Uumlber-schuss an Zertifikaten an andere Laumlnder verkaufen Auszligerdem koumlnnen die In-dustrielaumlnder uumlber den CDM zertifizierte Emissionsreduktionen aus Klimaschutz-projekten in den Laumlndern des Globalen Suumldens ankaufen

Die naturwissenschaftliche Grund-lage dieses so genannten Emissions-handels ist dass die Treibhausgase sich gleichmaumlszligig in der Atmosphaumlre verteilen Fuumlr den Klimawandel macht es keinen Unterschied an welchem Ort Treibhausgase ausgestoszligen oder reduziert werden Durch den Emissions-handel soll es daher ermoumlglicht werden Emissionen an der Stelle zu vermindern an der dies am kostenguumlnstigsten ist Im Kyoto-Protokoll gibt es zum einen den Emissionshandel zwischen Staaten zum anderen werden im CDM Zertifikate fuumlr Emissionsreduktionen in konkreten Projekten ausgestellt wie zum Beispiel fuumlr Windkraftanlagen Prinzipiell kann jeder beliebige Akteur CDM-Projekte durchfuumlhren Zertifikate erhalten und diese dann verkaufen seien es staatli-che Stellen private Unternehmen oder auch zivilgesellschaftliche Organisa-tionen Durch den CDM soll so fuumlr alle Interessierte ein Anreiz gesetzt werden in Emissionsreduktionen zu investieren Die groszlige Mehrheit der CDM-Projekte wird von privaten Unternehmen durchgefuumlhrt

Der CDM unterliegt der Fuumlhrung und Aufsicht der Konferenz der Vertrags-staaten des Kyoto-Protokolls Fuumlr die Pruumlfung und Genehmigung der konkre-ten Projekte sowie fuumlr die Ausarbeitung von Detailregelungen zu den Geneh-migungsverfahren haben die Vertrags-staaten einen Exekutivrat eingerichtet der aus zehn Mitgliedern und zehn stellvertretenden Mitgliedern besteht Die Mitglieder werden von der Vertrags-staatenkonferenz nach einem regiona-len Schluumlssel gewaumlhlt Der Exekutivrat soll nach Moumlglichkeit alle Entscheidun-gen einstimmig treffen Wenn dies nicht moumlglich ist sind auch Abstimmungen mit Dreiviertelmehrheit erlaubt

Um sich fuumlr die Ausstellung von CDM-Zertifikaten zu qualifizieren muumlssen CDM-Projekte ein festgeleg-tes Verfahren durchlaufen Zunaumlchst muumlssen die Traumlger des Projekts eine Projektdokumentation erstellen die darlegt welche Maszlignahmen durchge-fuumlhrt werden sollen und wie dadurch Emissionen vermindert werden Diese

Einige Doumlrfer im kenianischen Tana-Delta muumlssen per Tankwagen mit Trinkwasser versorgt werden

28 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Braucht Zertifi kate um eigene Klimaschaumlden ausgleichen zu

koumlnnen

INDUSTRIELAND

Klimaschutzprojekt wird unterstuumltzt

ENTWICKLUNGSLANDTechnologie

Finanzierung

Die Unterstuumltzung bringt dem Industrieland zusaumltzliche

Zertifi kate ein

Clean Development Mechanism (CDM)-Projekte werden kontrolliert durch den

CDM-EXEKUTIVRAT bestehend aus 10 Mitgliedern

Durch die Unterstuumltzung

sollen CO2-Emissionen vermieden

werden

Jeweils ein Mitglied der fuumlnf regionalen

Gruppen der Vereinten Nationen

Zwei Mitglieder des Kyoto-Protokolls

gelistet als Industrieland (Annex 1)

Zwei Mitglieder die nicht in Annex 1 des

Kyoto-Protokolls gelistet sind

EinE RepraumlsentantIn der kleinen

Inselstaaten

Projektdokumentation muss durch ein sachverstaumlndiges Zertifizierungsun-ternehmen beispielsweise den TUumlV uumlberpruumlft werden Auszligerdem muss das Projekt durch das Durchfuumlhrungsland und mindestens ein Industrieland genehmigt werden Wenn all diese Be-dingungen erfuumlllt sind wird das Projekt dem CDM-Exekutivrat vorgelegt Wenn der Exekutivrat keine Einwaumlnde hat wird es als CDM-Projekt registriert

Waumlhrend der Durchfuumlhrung des Projekts muumlssen seine Traumlger fortlau-fend uumlberwachen und dokumentieren welche Treibhausgasmengen es er-zeugt Die Emissionsminderung ergibt sich aus dem Unterschied zwischen den Emissionen des Projekts und den Emis-sionen die angefallen waumlren wenn das Projekt nicht umgesetzt worden waumlre wenn zum Beispiel statt Strom eines Windparks Strom aus Kohlekraftwerken verwendet worden waumlre Die Dokumen-tation wird wiederum von einer sach-verstaumlndigen Stelle und vom CDM-Exe-kutivrat uumlberpruumlft Abschlieszligend stellt der Exekutivrat den Projektbeteiligten Emissionszertifikate entsprechend der erzielten Emissionsminderung aus

Die Projektbeteiligten koumlnnen die Zertifikate dann an mehrere moumlgliche Abnehmer verkaufen Der erste moumlgli-che Abnehmer sind Industriestaaten die ihre Kyoto-Emissionsziele nicht durch inlaumlndische Emissionsredukti-onen erreichen und daher zusaumltzliche Zertifikate benoumltigen Daruumlber hinaus gibt es in der EU und in mehreren ande-ren Staaten Emissionshandelssysteme auf Unternehmensebene Aumlhnlich wie die Industriestaaten durch das Kyoto-Protokoll verpflichtet sind Emissi-onszertifikate vorzulegen muumlssen in der EU und in anderen Laumlndern auch bestimmte Unternehmen wie die Ener-gieversorger und groszlige Industriebe-triebe fuumlr ihre Treibhausgasemissionen Zertifikate vorlegen Diese Unterneh-men koumlnnen teilweise CDM-Zertifikate verwenden um ihre Verpflichtung zu erfuumlllen Der dritte moumlgliche Abnehmer ist der wachsende Markt der sogenann-ten bdquofreiwilligen Kompensationldquo von Treibhausgasemissionen Dies sind

Unternehmen und Privatpersonen die ihre Emissionen ausgleichen wollen indem sie CDM-Zertifikate kaufen und loumlschen Ein Beispiel dafuumlr sind Aus-gleichszahlungen fuumlr den CO2-Ausstoszlig durch Fluumlge

Der CDM verfuumlgt uumlber keinerlei men-schenrechtliche Kriterien Es gibt ledig-lich die Bestimmung dass die Projekte zur nachhaltigen Entwicklung beitragen sollen und die Vorschrift dass die lokale Bevoumllkerung konsultiert werden muss Allerdings gibt es keine interna-tionalen Kriterien wie der Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung uumlberpruumlft werden soll Stattdessen wird die Pruuml-fung vollstaumlndig den Gastgeberlaumlndern der Projekte uumlberlassen Ebenso gibt es nur vage internationale Kriterien fuumlr die Konsultation der lokalen Bevoumllke-rung Viele Laumlnder haben nur schwache

Funktionsweise des Clean Development Mechanism

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 29

Regeln und uumlberwachen deren Einhal-tung nur schlecht Als Ergebnis kommt es immer wieder zu Vorwuumlrfen dass durch CDM-Projekte Menschenrechte verletzt werden Die internationale Gemeinschaft ist damit nicht ihrer Verantwortung nachgekommen neue voumllkerrechtliche Vertraumlge entsprechend ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen auszugestalten

Das Kyoto-Protokoll wird nach 2020 nicht weitergefuumlhrt entsprechend wird auch der CDM auslaufen Allerdings

wurden im Pariser Abkommen neue Kooperationsmechanismen geschaf-fen Die Regeln zur Umsetzung dieser Mechanismen sollen ausdruumlcklich die Erfahrungen aus den Mechanismen des Kyoto-Protokolls beruumlcksichtigen Aus den menschenrechtlichen Problemen die sich im CDM ergeben haben soll-ten die Staaten die Schlussfolgerung ziehen dass die neuen Mechanismen verbindliche menschenrechtliche Krite-rien benoumltigen

Der Fall Bajo Aguaacuten ndash CDM-Zertifizierung trotz Menschen-rechtsverletzungen

Das Projekt bdquoAguan Biogas Recovery from Palm Oil Mill Effluent [POME] Ponds and Biogas Utilisation ndash Ex-portadora del Atlaacutentico AguanHondurasldquo soll die Behandlung von Abwasser aus einer Palmoumllmuumlhle verbessern und dadurch die Emissio-nen von Methan vermindern Das Palmoumll kommt aus Plantagen die im Zentrum eines gewalttaumltigen Landkon-flikts stehen Laut den oumlrtlichen KleinbaumluerInnen hat sich der Eigentuuml-mer das Plantagenland widerrechtlich angeeignet Sie fordern daher die Ruumlckgabe des Landes Die Sicherheits-kraumlfte der Plantagen und die oumlffentli-chen Sicherheitskraumlfte gehen immer

wieder gewaltsam gegen die Kleinbaumlu-erInnen vor bisher wurden uumlber 50 Personen getoumltet

Diese Umstaumlnde spielten jedoch im Registrierungsverfahren des CDM keine Rolle FIAN und andere Nicht-regierungsorganisationen wiesen den CDM-Exekutivrat darauf hin dass das Projekt in Menschenrechtsver-letzungen verwickelt sei Es wurde dennoch als CDM-Projekt registriert Der CDM-Exekutivrat erklaumlrte dass er kein Mandat habe solche Umstaumlnde zu beruumlcksichtigen Seine Zustaumlndig-keit beschraumlnke sich auf die Klima-schutzauswirkungen von Projekten Neben Honduras war das Projekt auch von Groszligbritannien registriert wor-den Nachdem sie uumlber die Vorwuumlrfe informiert worden war aumluszligerte die britische Regierung zwar dass diese bdquoverstoumlrendldquo seien erklaumlrte aber fuumlr Fragen der Nachhaltigkeit sei das Gastgeberland Honduras zustaumlndig

Das Projekt ist im CDM registriert und kann fuumlr Emissionsreduktionen die bis zum 31 Januar 2018 erzielt wurden Zertifikate erhalten Dieser Zeitraum kann verlaumlngert werden Das Ausmaszlig der Gewalt ist zwar nach einer Intervention der deutschen Regierung zuruumlckgegangen der zugrunde lie-gende Landkonflikt ist aber weiterhin ungeloumlst

Eine honduranische Baumluerin weist bei einer Demonstration auf die schweren Menschen-rechtsverletzungen in Bajo Aguaacuten hin

30 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank

Viele Klimaschutzmaszlignahmen werden ausschlieszliglich von privaten Unterneh-men und Banken durchgefuumlhrt die nicht an verbindliche Sozialstandards gebunden sind Insbesondere in Laumln-dern des Globalen Suumldens mit schwa-chen nationalen Standards und Institu-tionen zu ihrer Durchsetzung gefaumlhrdet dies den Schutz der Menschenrechte

Oumlffentliche Entwicklungsbanken verfuumlgen dagegen uumlber eigene Sozial-standards und Beschwerdeverfahren welche die Gefahr von Menschenrechts-verletzungen bei der Durchfuumlhrung von Projekten verringern koumlnnen Doch auch hier gibt es deutlichen Nachbes-serungsbedarf wie das Beispiel der Europaumlischen Investitionsbank (EIB) zeigt

Die EIB ist eine Bank der Europaumli-schen Union (EU) deren Anteilseigner neben der EU die EU-Mitgliedstaaten sind Sie verfuumlgt uumlber das groumlszligte Bud-get aller Entwicklungsbanken weltweit und ist ein Schluumlsselakteur der Klima-finanzierung Seit 2013 hat sie sich zum Ziel gesetzt jaumlhrlich mindestens 25 Prozent ihres Kreditvolumens fuumlr Kli-maprojekte zu vergeben Im Jahr 2011 leitete die EIB eine Untersuchung ein um ihre Sozialstandards den Anspruuml-chen der EU-Grundrechtecharta sowie den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte anzupassen Das dabei entstandene Handbuch fuumlr Umwelt- und Sozialstandards (2013) verspricht hohe Sozialstandards und beschreibt diese ndash als einzige Bank weltweit ndash sogar mit menschenrechtli-chem Vokabular 2015 uumlberarbeitete die EIB auszligerdem ihre Transparenzpolitik so dass sie im Unterschied zu vielen anderen europaumlischen Entwicklungs-banken bereits vor Bewilligung die Ergebnisse von Umwelt- und Sozial-vertraumlglichkeitsanalysen bekannt gibt Die EIB hat ferner ein eigenes Be-schwerdeverfahren das alle durch ihre Projekte Betroffenen nutzen koumlnnen Die Zustaumlndigen fuumlr die Bearbeitung

der Beschwerden koumlnnen Mediations-prozesse anstoszligen Das Verfahren und das zustaumlndige Gremium koumlnnen sogar selbst Gegenstand einer Beschwerde vor dem EU-Ombudsmann werden wenn die Betroffenen mit seiner Arbeit unzufrieden sind

Gute Standards und ein gutes Beschwerdeverfahren gelten in der Regel als Grundbedingung fuumlr die Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht Dennoch gibt es im System der EIB erhebliche Maumlngel Eine menschenrechtliche Untersuchung der Anwendung der Sozialstandards beim oben erwaumlhnten Erdwaumlrmeprojekt in Kenia fuumlhrte dabei zu folgenden Ergeb-nissen Es werde zu wenige Sozial- und MenschenrechtsexpertInnen je Projekt beschaumlftigt Ersatzweise werden Kre-ditnehmer auf das EIB-Handbuch zu Umwelt- und Sozialstandards verwiesen Die EIB uumlberlaumlsst die Umsetzung ihrer hehren Sozialstandards damit weitge-hend den Kreditnehmern ohne diese mit angemessen Personalressourcen zu unterstuumltzen und zu kontrollieren Betroffene werden von der EIB auch nicht systematisch uumlber die Existenz ihres Beschwerdeverfahrens informiert sondern stoszligen ndash wenn uumlberhaupt ndash erst durch eigene Recherche auf ihn Die EIB-MitarbeiterInnen haben keine Verpflichtung den Beschwerdeaus-schuss aktiv in problematische Projekte einzubinden Er wird erst aktiv wenn Betroffene an ihn herantreten Bei Pro-jekten die von mehreren Geldgebern finanziert werden hat er kein Mandat deren Rolle bei der Verletzung von So-zialstandards zu untersuchen Seine Be-urteilungen und Empfehlungen sind fuumlr die Bank auch nicht rechtlich bindend Das Beispiel der EIB zeigt damit nicht nur deren spezifische Maumlngel in der Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht sondern demonstriert auch die generell begrenzte Reichweite institutioneller Beschwerdemecha-nismen Sie stellen keinen Ersatz fuumlr verbindliche Menschenrechtsstandards dar zu deren Umsetzung Staaten ver-pflichtet sind

Gemaumlszlig dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP) sind 80 Prozent aller Menschen die aufgrund des Klimawan-dels umsiedeln muumlssen FrauenFoto Survival International

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 31

Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Der Status der EU im Menschenrechts-system ist kompliziert Die EU selbst ist kein Staat sondern eine Mitgliederor-ganisation von Staaten Wie andere internationale Organisationen auch ist sie daher keine Vertragspartei der zwischenstaatlichen Menschenrechts-vertraumlge (mit Ausnahme der UN-Behin-dertenrechtskonvention) Sie ist auch keine Vertragspartei der Europaumlischen Menschenrechtskonvention obwohl ihr Beitritt in Artikel 6(2) des EU-Vertrags

festgelegt ist und seit langem gepruumlft wird Daher haben die Menschenrechts-organe der UN und des Europarates auch kein Mandat uumlber die EU und duumlrfen nicht uumlber sie urteilen

Dennoch ist auch die EU verpfl ich-tet Menschenrechte in ihrer Innen- und Auszligenpolitik zu beachten Diese Verpfl ichtungen beruhen vor allem auf a) der EU-Grundrechtecharta (2009) b) dem EU-Vertrag sowie c) auf der Aarhus-Konventiona) Die Grundrechtecharta gilt fuumlr alle

EU-Organe sowie fuumlr die Mitglied-staaten bei der Anwendung von EU-Recht (GRC Art 51(1)) Sowohl das EU-Parlament als auch ein Experten-urteil bestaumltigten ihre extraterritori-ale Reichweite

b) In den EU-Vertraumlgen bekennt sich die EU zum Schutz der Menschen-rechte in ihrer Beziehung zur uumlbri-gen Welt und zur Grundrechtecharta der Vereinten Nationen (EUV Art 3(5)) Sie erklaumlrt diese zu leitenden Grundsaumltzen ihres auswaumlr-tigen Handelns (EUV Art 21) Dies gilt ausdruumlcklich auch fuumlr die Ko-operation mit Entwicklungslaumlndern (EUVA Art 208)

c) Die EU ist eine Vertragspartei der Aarhus-Konvention die nach Expert Innenmeinung ebenfalls auch extraterritorial ausgelegt werden kann

0 100 200 300 400 500

203020141990

Gebaumlude

Landwirtschaft

Industrie

Energiewirtschaft

Verkehr

lt61

72

88

lt98

160

163

lt72

119

209

lt143

181

283

lt183

358

466

Datenquelle Bundesministerium fuumlr UmweltNaturschutz Bau und Reaktorsicherheit (2017)Klimaschutz in Zahlen 2017

Ziele zur Verringerung von Treibhausgas-emissionen Deutschlands nach Sektoren gemaumlszlig dem Klimaschutzplan 2050(in Millionen Tonnen CO2-Aumlquivalenten)

32 FIAN | Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh (2012) Second National Com-munication of Bangladesh to the United Nations Framework Convention on Climate Change Dhaka Ministry of Environment and Forests Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh

Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 37

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Weltbank (2013) Turn Down the Heat Climate Extremes Regional Impacts and the Case for Resilience Washington DC Weltbank

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitikldquo

UN Generalversammlung (1992) Rio-Erklaumlrung uumlber Umwelt und Entwicklung (ACONF15126 (Vol I)) httpwwwunorgdeptsgermanconfagenda21riopdf

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2012) Human Rights Indicators A Guide to Measurement and Implementation httpbitly1oUZYHb

UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

International Commission of Jurists (2011) Maastricht Principles on Extraterritorial Obligations of States in the Area of Economic Social and Cultural Rights Verfuumlgbar mit deutscher Uumlbersetzung unter httpwwwfiandefileadminuser_uploaddo-kumenteshopRaN2012_ETO_Maastricht_Principles_en_de_finalpdf

UN Special Procedures (2015) Climate Change and Human Rights ndash Joint statement by UN Special Procedures on the occasion of World Environment Day 5 Juni 2015 httpwwwohchrorgENNewsEventsPagesDisplayNewsaspxNewsID=16049amp LangID=E

The Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (2015) Human Rights Law Sources UN Pronouncements on Extra-Territorial Obligations httpwwwetoconsortiumorgncenmain-navigationlibrarydocuments tx_drblob_pi15BdownloadUid5D=163

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2015) Report of the Office of the Uni-ted Nations High Commissioner for Human Rights on the relationship between clima-te change and human rights AHRC1061 15 Januar 2009 httpwwwohchrorgENIssuesHRAndClimateChangePagesStudyaspx

UN-Menschenrechtsrat (2016) Report of the Special Rapporteur on the issue of human rights obligations relating to the enjoyment of a safe clean healthy and sustainable environment AHRC3152 1 Februar 2016 httpspapersssrncomsol3paperscfmabstract_id=2729611

Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

European Bank for Reconstruction and Development together with MDB partners the African Development Bank the Asian Development Bank the European In-vestment Bank the Inter-American Development Bank Group and the World Bank Group (2016) Joint Report on Multilateral Development Banksrsquo Climate Finance wwwebrdcom2016-joint-report-on-mdbs-climate-financepdf

Schade Jeanette and Wolfgang Obergassel (2014) Human rights and the Clean Development Mechanism In Cambridge Review of International Affairs Vol 27 No 4 pp 717-735

Sterk Wolfgang und Christof Arens (2010) Investitionen fuumlr den Klimaschutz Die projektbasierten Mechanismen CDM und JI Berlin Bundesministerium fuumlr Umwelt Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) httpwwwcarbon-mechanismsdefileadminmediadokumentePublikationenCMRBroschuere_2010_Einfuehrung_CDM_JI_bfpdf

38 FIAN | Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Finley-Brook Mary Thomas Curtis (2011) Renewable Energy and Human Rights Violations Illustrative Cases from Indigenous Territories in Panama In Annals of the Association of American Geographers 1014 pp 863-872

Schade Jeanette (2013) Climate change and planned relocation Risks and a propo-sal for safeguards In Thomas Faist Jeanette Schade (Eds) Disentangling Migra-tion and Climate Change Methodologies Political Discourses and Human Rights Heidelberg Dordrecht New York Springer pp 138-206

Wolfgang Obergassel Jeanette Schade Lauri Peterson Nicolas Kreibich Timo Beiermann (2017) International Climate Finance Mechanisms and Extraterritorial Human Rights Obligations Status Quo and Future Prospects ein Dossier von FIAN Deutschland httpswwwfiandeartikelansicht2017-07-19-internationale- klimafinanzierung-und-risiken-fuer-die-menschenrechte

FIAN (2008) Agrartreibstoffe und das Menschenrecht auf Nahrung Grundlagen-papier von FIAN-Deutschland httpwwwfiandefiandownloadspdfagrarFIAN_Grundlagenpapier_Agrartreibstoffepdf

Jeanette Schade (2017) EU accountability for the due diligence failures of the European Investment Bank Climate finance and involuntary resettlement in Olkaria Kenya In Journal of Human Rights and the Environment Vol 8(1) 72-97 (Son-derausgabe ldquoClimate Justice and Displacementrdquo Gastherausgeber Schade und Manou)

Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 39

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 19: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

Recht auf sauberes Trinkwasser) und Regeln zu Vorgehensweisen anderer-seits (zum Beispiel die Pflicht zu Kon-

sultationen vor Eingriffen in Trinkwas-serreservoire oder die Festlegung von Rechtsmitteln bei Konflikten)

Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts

Die internationale Klimarahmenkon-vention ist Teil des internationalen Umweltrechts zu dem noch viele weitere Vertraumlge wie zum Beispiel das Washingtoner Artenschutzabkommen (1973) oder das Uumlbereinkommen zum Schutze der Ozonschicht (1985) gehouml-ren Vertragsuumlbergreifend sind im internationalen Umweltrecht die drei oben genannten Prinzipien anerkannt Sie gelten als Voumllkergewohnheitsrecht oder sind auf dem besten Wege dorthin Zu diesem Status hat wesentlich die Erklaumlrung von Rio beigetragen zu deren Grundpfeilern sie gehoumlren

Das Vorsorgeprinzip soll verhin-dern dass Schaumlden fuumlr die Umwelt ent-stehen International verankert ist vor allem der Grundsatz der Schadensver-meidung Er besagt dass auch bei un-vollstaumlndigem oder unsicherem Wissen uumlber Art Ausmaszlig Wahrscheinlichkeit und Ursachen von Umweltschaumlden und -gefahren vorbeugend gehandelt wer-den muss um Risiken zu minimieren Es gilt im internationalen Recht insbeson-dere fuumlr Auswirkungen von Maszlignahmen jenseits des eigenen Staatsgebiets wie zum Beispiel die Verschmutzung grenz-uumlberschreitender Gewaumlsser

Das Verursacherprinzip besagt dass fuumlr die Linderung und Beseitigung eingetretener Schaumlden der Verursacher verantwortlich ist und er folglich auch die Kosten tragen muss

Das Prinzip gemeinsamer aber unterschiedlicher Verantwortung entspricht einer Verallgemeinerung des Verursacherprinzips in Bezug auf Veraumlnderungen in der Umwelt fuumlr die kein einzelner Verursacher identifiziert werden kann Ein Beispiel hierfuumlr ist der Klimawandel Die gesamte Staaten-gemeinschaft traumlgt eine gemeinsame Verantwortung zu handeln Dabei wird jenen Staaten eine groumlszligere Verantwor-tung zugeschrieben die wirtschaftlich

leistungsfaumlhiger sind und staumlrker an der globalen Ressourcenausbeute beteiligt sind

Umweltrecht beinhaltet haumlufig auch eine Reihe von Verfahrensrechten In den meisten Staaten muumlssen im Vor-feld von Groszligprojekten beispielsweise deren Umweltvertraumlglichkeit analysiert (Ausdruck des Vorsorgeprinzips) und die betroffene Bevoumllkerung dabei ein-gebunden werden Vorbildlich ist hier das Uumlbereinkommen uumlber den Zugang zu Informationen die Oumlffentlichkeits-beteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten der UN Wirtschaftskommission fuumlr Europa (2001) kurz die Aarhus-Konvention Sie gewaumlhrt ausdruumlcklich die Rechte aller Betroffenenbull uumlber Umweltauswirkungen von Pro-

jekten informiert zu werdenbull an Entscheidungs- und Planungs-

prozessen beteiligt zu werden sowiebull Schadensersatzanspruumlche geltend

zu machenDie Aarhus-Konvention wurde von fast 50 Staaten Europas und Zentralasiens (mit Ausnahme Russlands) sowie von der EU ratifiziert

Frauen im kenianischen Tana-Delta sind besonders stark mit den Folgen der zuneh-menden Waserknappheit konfrontiert Foto Anton Pieper

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 19

Respekt

vor Zugang zu angemessener

Nahrung

Schutz

vor Uumlbergriffen Dritter

Gewaumlhrleistung

der Verfuumlgbarkeit und des Zugangs

zu Nahrung

Staatenpflichten

Auch die Rio-Konferenz und ihre Folgeprozesse bauen auf die Beteili-gung der Zivilgesellschaft Uumlber diesen Weg hielten nach und nach auch soziale Menschenrechte ausdruumlcklich Einzug in die Abschlusserklaumlrungen der alle

fuumlnf Jahre stattfindenden UN-Gipfel zu Umwelt und Entwicklung

Die Erklaumlrung von Rio mit ihrem Konzept der Nachhaltigkeit und den drei genannten Prinzipien liefer-te auszligerdem die Grundlage fuumlr die Klimarahmenkonvention

Prinzipien der internationalen Menschenrechte

Allgemeine Prinzipien

Die zentrale Saumlule des internationalen Menschenrechtssystems ist die Men-schenrechtscharta der Vereinten Natio-nen Sie umfasst die Allgemeine Erklauml-rung der Menschenrechte (1948) den Internationale Pakt uumlber Buumlrgerliche und Politische Rechte (UN-Zivilpakt) sowie den Internationalen Pakt uumlber Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) (beide 1966) Neben dem Zivilpakt und dem Sozial-pakt gibt es auszligerdem acht weitere Menschenrechtsvertraumlge die sich auf den Schutz besonders benachteiligter Gruppen sowie auf das Verbot von Folter und unmenschlicher Behandlung beziehen Alle Abkommen sind durch die immer gleichen Querschnittsprinzi-pien gepraumlgt naumlmlich das Gebot der Nichtdiskriminierung die Gleichheit aller die gesellschaftliche Beteiligung

den Zugang zu effektiven Rechtsmitteln bei Rechtsverletzungen die Rechen-schaftspflicht der Staaten sowie das Verbot des Ruumlckschritts Bei diesen Prinzipien handelt es sich durchweg um Verfahrensrechte die allen materiellen Rechten wie dem Recht auf Nahrung Wasser Wohnen etc zur Seite gestellt sind Denn sehr haumlufig liegt der Verlet-zung materieller Rechte die Verletzung von Verfahrensrechten zugrunde

Alle Menschenrechtsvertraumlge un-terscheiden fuumlr ihre gewaumlhrten Rechte je drei Arten staatlicher Verpflichtung gegenuumlber Einzelpersonen und Grup-pen Im UN-Sozialpakt sind dies res-pektieren schuumltzen gewaumlhrleisten Die Respektierungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten die Wahrnehmung eines Rechts nicht behindern duumlrfen Die Schutzpflicht besagt dass die Vertragsstaaten Dritte davon abhalten muumlssen die Ausuumlbung dieses Rechts zu beintraumlchtigen oder zu verhindern Die Gewaumlhrleistungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten Maszlignahmen er-greifen muumlssen um die Verwirklichung eines Rechts voranzubringen

Bezogen auf das Recht auf Nah-rung heiszligt das zum Beispiel dass der Staat BaumluerInnen nicht von ihrem angestammten Land umsiedeln darf um Infrastrukturprojekte umzusetzen wenn dadurch ihr Zugang zu angemes-sener Nahrung verloren geht Er muss ferner Dritte ndash zum Beispiel Groszliggrund-besitzerInnen oder Unternehmen ndash daran hindern dies zu tun wenn sie Land fuumlr Investitionen verkaufen oder Infrastrukturprojekte durchfuumlhren Und der Staat muss durch geeignete Maszlig-nahmen auch jenen die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung ermoumlglichen die davon ausgegrenzt sind ndash zum

Menschenrechten stehen staatliche Pflichten gegenuumlber

20 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Beispiel fuumlr die sichere Ruumlckkehr von Vertriebenen sorgen oder sie auf neuem fruchtbaren Land ansiedeln Da fuumlr viele Laumlnder des Globalen Suumldens wegen der Begrenztheit der verfuumlgbaren Mittel

insbesondere die Gewaumlhrleistungs-pflicht nicht immer leicht zu erfuumlllen ist sieht der UN-Sozialpakt eine all-maumlhliche Verwirklichung der Rechte vor

Extraterritoriale Staatenpflichten

Menschenrechtsvertraumlge beschreiben zunaumlchst die Pflichten eines Vertrags-staates gegenuumlber den Menschen auf seinem Staatsgebiet oder solchen die anderweitig unter seiner Gewalt stehen (zum Beispiel bei Besatzungen) Der UN-Zivilpakt enthaumllt eine Klausel die seinen Anwendungsbereich in diesem Sinn einschraumlnkt Der UN-Sozialpakt hingegen erlaubt weitreichendere Interpretationen Hier heiszligt es in Artikel 2(1) bdquoJeder Vertragsstaat verpflichtet sich einzeln und durch internationale Hilfe und Zusammenar-beit hellip die volle Verwirklichung der in diesem Pakt anerkannten Rechte zu erreichenldquo Fortschrittliche JuristInnen sehen darin eine rechtlich bindende Pflicht wirtschaftliche soziale und kulturelle Menschenrechte auch uumlber das eigene Staatsgebiet hinaus zu respektieren zu schuumltzen und zu gewaumlhrleisten Dies hat der UN-Sozial-ausschuss 2002 in seinem Allgemeinen Kommentar Nr 15 zum Recht auf Wasser aufgegriffen der bdquohellip von den Vertragsstaaten [verlangt] von Hand-lungen abzusehen die den Genuss des Rechts auf Wasser in anderen Laumlndern unmittelbar oder mittelbar beeintraumlchti-genldquo Die International Commission of Jurists (ICJ) hat dies fortgesetzt und 2011 die sogenannten Maastrichter Prinzipien zu extraterritorialen Staaten-pflichten im Rahmen des UN-Sozialpakts veroumlffentlicht Laut den Maastrichter Prinzipien muumlssen Staaten ihre zwi-schenstaatlichen und internationalen Abkommen so gestalten dass sie nicht zu menschenrechtlichen Verwerfungen bei Vertragspartnern fuumlhren und die Staaten nicht in der Erfuumlllung ihrer

menschenrechtlichen Verpflichtungen einschraumlnken Ferner haben Staaten die Pflicht gesetzgeberische und politische Maszlignahmen zu ergreifen um Menschen in anderen Staaten vor Menschen-rechtsverletzungen durch bei ihnen ansaumlssige international agierende Konzerne zu schuumltzen Die freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Men-schenrechten gleichfalls von 2011 weisen zumindest den Spielraum aus den Staaten zur Regulierung transnati-onaler wirtschaftlicher Akteure haben 2017 veroumlffentlichte der UN-Sozialaus-schuss auszligerdem den Allgemeinen Kommentar Nr 24 zu Staatenpflichten im Zusammenhang unternehmerischen Handelns Darin betont er ebenfalls die grenzuumlberschreitenden staatlichen Pflichten zur Kontrolle multinationaler Konzerne Insgesamt hat der Verweis auf extraterritoriale Pflichten der Staaten im Rahmen des UN-Menschen-rechtssystems uumlber die letzten Jahre stark zugenommen

Protest vor der Zentrale der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) gegen ein Staudammprojekt in Panama

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 21

Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten

Obwohl die Umwelt- und die Men-schenrechtsprinzipien ein groszliges Potenzial fuumlr Synergien haben weisen die Klimarahmenkonvention und das Kyoto-Protokoll keinerlei Bezug zu den Menschenrechten auf Zur Veran-schau li chung vergleicht die folgende Tabelle die wesentlichen Prinzipien der international anerkannten Men-schenrechte und die Regeln des Kli-marechts anhand der Grundpfeiler des internationalen Umweltrechts

Wie die Tabelle zeigt sind Staaten aus menschenrechtlicher und aus kli-mapolitischer Perspektive verpflichtet den Klimawandel zu stoppen und seine Wirkungen abzumildern Neben der Emissionsminderung ist es menschen-rechtlich wichtig besonders betroffene Bevoumllkerungsgruppen bei der Anpas-sung zu unterstuumltzen die hierfuumlr kaum Mittel haben

Ferner duumlrfen klimapolitische Maszlignahmen ihrerseits nicht zu Men-schenrechtsverletzungen fuumlhren Da die internationalen Klimaregeln aber im Gegensatz zu Menschenrechtskonven-tionen und vielen anderen Umweltab-kommen vergleichsweise wenig Wert auf die Einbindung betroffener Menschen legt kommt es durch klimapolitische Maszlignahmen immer wieder zu Men-schenrechtsverletzungen Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen sowie UN-SonderberichterstatterInnen und andere Menschenrechtsorgane haben daher intensiv Lobbyarbeit betrieben um Menschenrechte im Abkommen von Paris zu verankern Durchgesetzt hat sich jedoch nur ein Absatz in der nicht-bindenden Praumlambel (Zitat siehe Einlei-tung) Klimaschutz und Menschenrech-te trennen weiterhin Welten

Umwelt-recht-

Prinzipien Internationale Menschenrechte Internationales Klimarecht

Veru

rsac

herp

rinz

ip

Ist Bestandteil der Menschenrechtsprinzipien und kommt im Recht auf Rechtsmittel und Entschaumldigung zum Ausdruck Das Verursacherprinzip setzt voraus dass ein Staat seine Respektierungs- Schutz- oder Gewaumlhrleistungspflicht nachweislich verletzt hat

Wegen des Problems eine spezifische Kausalkette nachzuweisen (welche CO2-Emission hat wen geschauml-digt) ist es kein Prinzip der Klimarahmenkonventi-on In aufgeweichter Form spiegelt es sich im Prinzip der gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortung

Pflic

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on Grundlegendes in Art2 (1) des UN-Sozialpaktes verankertes Prinzip wonach die reichen Industrie-staaten die Laumlnder des Globalen Suumldens bei der allmaumlhlichen Verwirklichung der Menschenrechte unterstuumltzen sollen

Verpflichtung der Industrielaumlnder gemaumlszlig Art 4 (3 4) der Klimarahmenkonvention die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell und technologisch bei der Minde-rung von Emissionen und Anpassung an den Klima-wandel zu unterstuumltzen

Verf

ahre

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Verfahrensrechte (Gleichbehandlung Information Beteiligung Rechtsmittel) sind Grundlage aller menschenrechtlichen Vertraumlge weil sie auch fuumlr die Sicherung substantieller Rechte (zB Recht auf Nahrung) bedeutend sind Dies gilt insbesondere auch fuumlr die Rechte besonders diskriminierter Bevoumllkerungsgruppen

Im Gegensatz zu vielen Umweltabkommen (zB Aarhus-Konvention) spielen in der Klimarahmenkon-vention dem Kyoto-Protokoll und dem Pariser Ab-kommen Verfahrensrechte von Einzelpersonen keine Rolle Die Ausgestaltung der internationalen Klima-schutzmechanismen nimmt entsprechend wenig Ruumlcksicht darauf

Vergleich menschenrechtlicher und klimarechtlicher Prinzipien

22 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Die Malediven fordern von der internationalen Staatengemeinschaft Maszlignahmen zum Klimaschutz zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung

Kaum jemand zweifelt mehr daran dass der Klimawandel maszliggeblich men-schengemacht ist und negative Auswir-kungen auf die Wahrnehmung von Menschenrechten hat Auf Grundlage der menschenrechtlichen Schutzpflicht sind die Staaten verpflichtet rasch effektive Maszlignahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen zu ergrei-fen BerichterstatterInnen des UN-Menschenrechtsrats betrachten das im Pariser Abkommen vereinbarte Ziel Emissionen derart zu reduzieren dass der globale Temperaturanstieg unter 15 Grad Celsius gehalten wird daher als menschenrechtliche Pflicht der Staaten Dennoch findet Emissionsmin-derung nicht in dem Umfang statt wie es noumltig waumlre Seit 2005 haben ver-schiedene Akteure auf unterschiedli-chen Wegen versucht diesen Blockaden mit Hilfe des Menschenrechtssystems entgegenzuwirken

Die Regierung der Malediven schlug den politischen Weg ein Die Malediven sind ein Staat bestehend aus etwa 1200 kleinen Inseln die nur wenige Meter uumlber dem Meeresspiegel liegen und unmittelbar vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen sind Die Regierung des Landes initiierte die Maledivische Erklaumlrung zur menschlichen Dimension des globalen Klimawandels die sie im November 2007 gemeinsam mit 38 weiteren kleinen Inselstaaten unterzeichnete In dieser Erklaumlrung forderten sie das Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte der Vereinten Nationen auf dem Menschenrechtsrat eine detaillierte Studie uumlber die Auswir-kungen des Klimawandels vorzulegen was im Oktober 2009 ndash kurz vor der Klimakonferenz in Kopenhagen ndash auch geschah Die Malediven haben damit einen Prozess in Gang gesetzt der maszliggeblich dazu beigetragen hat dass viele Menschenrechtsorgane begannen sich mit den Auswirkungen des Klima-wandels auf die Menschenrechte zu befassen

Einen anderen Weg schlugen die Inuit des US-amerikanischen Teils Alaskas ein 2005 reichten sie bei der Inter-Amerikanischen Menschenrechts-kommission eine Klage gegen die USA ein weil die USA nicht genug taumlten um den Klimawandel zu verhindern Die Kommission lehnte die Verhandlung des Falls ab Ein wesentlicher Grund war dass die Klaumlger nicht hinreichend darle-gen konnten dass vor allem die Un-taumltigkeit der USA zur Verletzung ihrer Menschenrechte fuumlhre Die Kommission lud die Inuit aber im Maumlrz 2007 zu einer Anhoumlrung ein um die Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Menschen-rechte zu eroumlrtern Obwohl sie rechtlich eine Niederlage erlitten hatten wurde die Anhoumlrung doch zu einem politi-schen Erfolg der der Situation der Inuit global viel Aufmerksamkeit einbrachte

Des Weiteren war die Klageschrift der Inuit der Auftakt zu einer Vielzahl von Versuchen die Staaten auf juristi-schem Wege zur Pflicht zu rufen Dies muss sich aber nicht auf Organe des Menschenrechtssystems beschraumlnken Besonders erfolgreich war eine Klage der niederlaumlndischen Umweltorganisa-tion Urgenda gegen die Niederlande Das Bezirksgericht in Den Haag urteilte 2015 auf Grundlage der in der nieder-laumlndischen Verfassung verankerten Fuumlrsorgepflicht des niederlaumlndischen Staates dass die Niederlande auf-grund der Erkenntnisse des vierten Sachstandsberichts des Weltklimarats ihre Emissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 25 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern muumlssen Mit den bis dahin ergriffenen Maszlignahmen waumlren voraussichtlich nur 17 Prozent erreicht worden

Trotz dieser Erfolge bleibt es schwierig einzelne Staaten fuumlr den Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Menschenrechte zur Verant-wortung zu ziehen Haumlufig verstaumlrkt der Klimawandel nur bereits beste-hende Menschenrechtsverletzungen Auch die Unterscheidung ob eine

Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 23

Menschenrechtsverletzung in diesem Zusammenhang Folge des Klimawandels oder uumlblicher Wetterextreme ist ist oft schwierig So kommt das Hochkommis-sariat fuumlr Menschenrechte 2009 zum Ergebnis dass der Klimawandel zwar eindeutig negative Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Menschenrech-ten hat dass es aber weniger eindeutig ist ob und in welchem Ausmaszlig die Auswirkungen in streng rechtlichem Sinn als Menschenrechtsverletzung qualifiziert werden koumlnnen

Aus Sicht von FIAN Deutschland kann der Verlust des Zugangs zu Nah-rung durch den Klimawandel aber durchaus als Menschenrechtsverletzung gewertet werden fuumlr die andere Staa-

ten als der Heimatstaat mitverantwort-lich sind Zwar ist der Haftungsansatz nach dem Verursacherprinzip aufgrund der oben geschilderten Besonderheiten des Klimaproblems fuumlr eine menschen-rechtliche Argumentation wenig frucht-bar Aufgrund des Wissens der Staaten uumlber die menschliche Verursachung und der nachweislich negativen Auswirkun-gen des Klimawandels auf die weltweite Verwirklichung der Menschenrechte sind die Staaten jedoch gemaumlszlig UN-Sozialpakt Artikel 2(1) menschenrecht-lich verpflichtet einzeln sowie durch internationale Hilfe und Zusammen-arbeit unter Ausschoumlpfung all ihrer Moumlglichkeiten wirksame Maszlignahmen zur Emissionsminderung zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung

bdquoAnpassungldquo umschreibt ein weites Feld von Aktivitaumlten das die Menschen weniger anfaumlllig gegenuumlber den Auswir-kungen des Klimawandels macht Hiermit kann die Einfuumlhrung von duumlrreresistenten Pflanzenarten und von Bewaumlsserungssystemen gemeint sein aber auch Umsiedlung aus Hochrisiko-zonen neue Bauweisen und Bauvor-schriften oder der Ausbau von Institu-tionen zum Risikomanagement Sie macht einen vergleichsweise kleinen Teil der Klimafinanzierung aus die sich 2016 auf insgesamt 380 Milliarden US Dollar belief 93 Prozent der globalen Klimafinanzierung kommen der Emissi-onsminderung zugute die uumlberwiegend privat finanziert ist Mittel aus oumlffentli-cher Hand tragen nur 34 Prozent zur globalen Klimafinanzierung bei wovon wiederum nur 16 Prozent Anpassungs-maszlignahmen zugutekommen 89 Pro-zent der oumlffentlichen Klimafinanzierung werden von internationalen und natio-nalen Entwicklungsbanken gestemmt Selbst die internationalen Banken wie die Weltbank die Asiatische und die

Afrikanische Entwicklungsbank oder die Europaumlische Investitionsbank (EIB) investieren nur durchschnittlich 23 Pro-zent ihrer Investitionen im Klimabe-reich in Anpassungsmaszlignahmen Fuumlr den unmittelbaren Schutz sowie fuumlr Anpassungsmaszlignahmen an die Folgen des Klimawandels werden also verhaumllt-nismaumlszligig wenige Gelder bereitgestellt Dies kann akut zu Menschenrechtsver-letzungen fuumlhren Je spaumlter und halb-herziger in den Klimaschutz investiert wird desto mehr Anpassung wird noumltig Die Pflicht der Staaten solche Maszlignah-men zu unterstuumltzen ergibt sich aus ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen gemaumlszlig Artikel 2(1) des UN Sozialpaktes Sie gilt unabhaumlngig davon wie viel ein Staat zur Klimaer-waumlrmung beitraumlgt Diese Pflicht ergibt sich auszligerdem aus Art 4(3 4) der Klimarahmenkonvention die aumlrmeren Laumlnder sowohl beim Klimaschutz als auch bei der Anpassung an den Klima-wandel unterstuumltzen ndash gemaumlszlig dem Prinzip gemeinsamer aber unterschied-licher Verantwortung

Die Lebensgrundlage der Indigenen im aumlthiopischen Omo-Tal ist durch den Bau des Stauddamms Gibe III bedroht Foto Suvival International

24 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Obergrenze (Cap)

Industriestaaten unterschreiben dashellip

Kyoto-Protokoll (1997)

Ziel Reduktion der Treibhausgasemission

Emissionen im Zeitraum von 2008 bis 2012 um 5 unter das Niveau von 1990 senken

fl exibler Mechanismus

Fabrik A Fabrik B

Wenn die Emissionen unter der Obergrenze

liegen koumlnnen die nicht genutzten Emissionsrechte wieder verkauft

werden

hellip an Staaten oder

Unternehmen die mehr

Emissionen ausstoszligen

wollen

Verkauft die ungenutzten CO

2-Rechtehellip

Funktionsweise des Emissionshandels

Internationale Klimafinanzierung

Gemaumlszlig der Klimarahmenkonvention sind die traditionellen Industrielaumlnder verpflichtet die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell technologisch und mit Kapazitaumltsaufbau zu unterstuumltzen Auf der Klimakonferenz von Kopenha-gen 2009 wurde diese Verpflichtung konkretisiert die Industrielaumlnder sagten zu dass die finanzielle Unter-stuumltzung bis 2020 auf jaumlhrlich 100 Milli-arden US-Dollar anwachsen soll Zu diesen werden nicht nur die aufge-brachten oumlffentlichen Mittel sondern auch private Investitionen in den Klimaschutz gezaumlhlt wenn sie eine Folge staatlicher Maszlignahmen sind

Die Unterstuumltzung durch oumlffentliche Geber laumluft durch eine Vielzahl von Ka-naumllen Zum einen nutzen viele Staaten dazu ihre Organisationen der Entwick-lungszusammenarbeit In Deutschland sind das beispielsweise die Gesellschaft fuumlr Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Kreditanstalt fuumlr Wieder-aufbau (KfW) Zweitens zaumlhlen auch die Weltbank und die regionalen Ent-wicklungsbanken Klimaschutz zu ihren Aufgaben Insbesondere die Weltbank hat mehrere spezielle Klimaschutzfonds geschaffen Drittens wurde eine Reihe von internationalen Fonds eingerichtet Mit den Geldern der 1991 geschaffenen Globalen Umweltfazilitaumlt (Global Envi-ronment Facility GEF) werden Projekte im Rahmen der Klimarahmenkonventi-on und anderer internationaler Um-weltabkommen finanziert 2001 wurden unter der Klimarahmenkonvention eine Reihe von kleinen spezialisierten Fonds eingerichtet die insbesondere Maszlig-nahmen zur Anpassung an den Klima-wandel finanzierenbull der Least Developed Countries Fund

Fonds fuumlr die am wenigsten entwi-ckelten Laumlnder

bull der Special Climate Change Fund Spezieller Klimawandel-Fonds der vor allem Anpassungsmaszlignahmen finanzieren soll und

bull der Adaptation Fund Anpassungs-fonds fuumlr Laumlnder des Globalen Suumldens

Daruumlber hinaus wurde 2010 beschlos-sen den Green Climate Fund (Gruumlner Klimafonds) einzurichten Dieser soll einen erheblichen Teil der zugesagten 100 Milliarden US-Dollar verwalten

Neben diesen Einrichtungen zur Klimafinanzierung wurden im Rahmen des Kyoto-Protokolls auch institutiona-lisierte Verfahren zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige geschaffenbull der internationale Emissionshandel

der den Handel mit Rechten zum Ausstoszlig von Treibhausgasen regelt

bull die Joint Implementation (Gemein-same Umsetzung) uumlber die Klima-schutzprojekte in Industrielaumlndern international zertifiziert werden koumlnnen

bull der Clean Development Mechanism (Mechanismus fuumlr umweltver-traumlgliche Entwicklung) uumlber den Klimaschutzprojekte in Laumlndern

Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 25

des Globalen Suumldens international zertifiziert werden koumlnnen (siehe Kapitel bdquoDer Clean Development Mechanismldquo)

Diese Verfahren dienen aber in ers-ter Linie der Erreichung der Emissi-onsziele der Industrielaumlnder (siehe Kapitel bdquoSenkung der eigenen Emissi-onenldquo) Mitgliedstaaten mit groszligen Regenwaldvorkommen forderten daher

ein Instrument zu schaffen das den Schutz von Waumlldern auf die Klimabilanz anrechnet Infolge wurde 2007 das Programm REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degrada-tion in Developing Countries) ins Leben gerufen Es soll zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige in Laumlndern des Globalen Suumldens beitragen die durch Abholzung von Waumlldern entstehen

Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen

Maszlignahmen zum Klimaschutz sind aus menschenrechtlicher Perspektive oft umstritten Bei Investitionen in erneu-erbare Energien handelt es sich haumlufig um groszlige flaumlchenintensive Infrastruk-turprojekte wie zum Beispiel den Bau von Staudaumlmmen und Wasserkraftwer-ken Windparks groszligflaumlchige Solar- und Erdwaumlrmeanlagen Das Gleiche gilt fuumlr den Anbau von Energiepflanzen wie Oumllpalmen Investitionen in CO2-Senken also die Ausdehnung von Waumlldern oder der Erhalt bestehender Waumllder stehen oft in Konkurrenz zu anderen Flaumlchen- und Waldnutzungen Auch Anpassungs-maszlignahmen wie der Bau von Schutz-waumlllen oder die Einrichtung von siedlungsfreien Zonen in Hochrisikoge-bieten (zum Beispiel in Gebieten die

haumlufig uumlberschwemmt oder durch Erosion und Erdrutsche gepraumlgt sind) betreffen Land das von Menschen genutzt und ihnen durch solche Maszlig-nahmen entzogen wird Die Flaumlchen-konkurrenz zwischen Investitionen zum Klimaschutz und bisheriger Landnut-zung fuumlhrt unter anderem dazu dass KleinbaumluerInnen und Hirtenvoumllkern der Zugang zu Land und Wasser entzogen wird das sie bisher fuumlr den Nahrungs-mittelanbau und die Viehwirtschaft nutzten Haumlufig handelt es sich dabei um indigene Gruppen die keine Landti-tel besitzen Mit der Vertreibung von ihren wirtschaftlich genutzten Flaumlchen geht auch haumlufig die Vertreibung aus den Ansiedlungen einher Verletzungen sozialer Menschenrechte wie die Rechte auf Nahrung Wasser und Woh-nen sind die Folge Aber auch Verfah-rensrechte und das Recht auf Leben werden regelmaumlszligig missachtet

Dafuumlr gibt es viele Beispiele Pana-ma ist eines jener Laumlnder das am meis-ten in Wasserkraftwerke als erneuerbare Energiequelle investiert In mindes-tens drei bekannten Faumlllen ndash Bonyic Chan75 und Barro Blanco ndash kam es dabei zu schweren Menschenrechts-verletzungen Doumlrfer wurden geflutet obwohl die BewohnerInnen noch nicht umgesiedelt waren die Rechte von In-digenen auf ihr Gebiet und Beteiligung an Projekten wurden verletzt Betrof-fene und AktivistInnen die sich gegen diese Maszlignahmen wehrten wurden eingeschuumlchtert und sogar ermordet Auch Kenia gehoumlrt zu den Vorreitern in

Die klimaschuumltzende Wirkung von Staudaumlm-men zur Stromgewinnung wird bestritten Auszligerdem fuumlhren sie oft zu Verletzungen von Menschenrechten der oumlrtlichen Bevoumllkerung Foto Jane Hofbauer

26 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Sachen Klimaschutz ndash haumlufig zu Lasten ausgegrenzter Bevoumllkerungsgruppen In Olkaria willigten Massai in eine Umsiedlungsmaszlignahme zugunsten einer Erdwaumlrmeanlage (Geothermie) ein weil man ihnen eigene Landrech-te versprach die sie jedoch bis heute nicht erhalten haben Mehrere tausend indigene Jaumlger- und Sammlervoumllker wurden aus dem Embobut-Wald in Westkenia (Sengwer und Cherangany) und dem Mau-Wald (Ogiek) vertrieben weil die Regierung deren Nutzung unter REDD+ anstrebt Der Fall der Ogiek wurde 2014 sogar vor dem Afrikani-schen Gerichtshof fuumlr Menschen- und Voumllkerrechte zugunsten der Ogiek ver-handelt Aumlhnliches passierte in anderen Laumlndern Afrikas So wurde in Tansania die Gemeinschaft der Warufiji aus dem Refuiji-Delta vertrieben Sie hatten die Kooperation bei der Aufforstung der Mangrovenwaumllder verweigert weil man ihnen den Anbau von Reis verbot

Die Auswirkungen von Klimaschutz-maszlignahmen koumlnnen aber auch kom-plexerer Natur sein Wie die Weltbank 2008 in einer vielbeachteten Studie zur globalen Nahrungsmittelkrise darlegte trug die Flaumlchenkonkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Energiepflanzen-anbau maszliggeblich zum globalen An-stieg der Nahrungsmittelpreise bei der fuumlr viele Menschen zu Hunger fuumlhrte Anhand dieser katastrophalen Folgen der staatlichen Foumlrderung von Agrar-treibstoffen durch westliche Indust-rienationen wird deutlich wie diese klimapolitisch motivierten Programme in vielen aumlrmeren Laumlndern direkt zur Verletzung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser beitragen

Auch Anpassungsmaszlignahmen schneiden unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten nicht zwingend besser ab Obwohl sie im Prinzip zum Schutz der Menschen gedacht sind fehlt es in manchen Faumlllen an Professionalitaumlt in anderen Faumlllen fehlt der Fokus auf die besonders gefaumlhrdeten Bevoumllkerungs-gruppen In Mosambik wurden die Doumlr-fer im Sambesi-Flussdelta 20072008

nach schweren Uumlberschwemmungen in houmlher gelegene Gebiete umgesiedelt Viele der neuen Siedlungen blieben ohne angemessenen Zugang zu Wasser fruchtbarem Land und Gesundheitsver-sorgung So wurden sie von Nahrungs-mittelhilfen abhaumlngig Viele Familien verloren durch Abwanderung ihren Zusammenhalt Diskriminierungen bei Anpassungsmaszlignahmen kommen auch in entwickelten Laumlndern vor Nach dem Wiederaufbau von New Orleans nach dem Hurrikan Kathrina im Jahr 2005 durfte die arme afro-amerikanische Be-voumllkerung nicht mehr ihre am Flussufer gelegenen Siedlungen beziehen ndash we-gen Uumlberflutungsgefahr Angemesse-nen und finanzierbaren Ersatz bekamen sie jedoch nicht angeboten

Die Ursachen fuumlr negative Aus-wirkungen und Menschenrechtsver-letzungen durch Klimapolitik gehen teilweise auf die Bedingungen in den Projektlaumlndern zuruumlck Die jeweiligen Nationalstaaten sind menschenrecht-lich entsprechend zu beurteilen und zur Pflicht zu rufen Die Ursachen liegen aber auch in den Klimarahmenabkom-men selbst und ihren Mechanismen begruumlndet Bis auf das Abkommen von Paris enthalten diese keinen Verweis auf Menschenrechte Sie betonen aber die Rechte der Nationalstaaten ihre na-tuumlrlichen Ressourcen auszubeuten Das Abkommen von Paris ist insofern ein Erfolg als in der Praumlambel zum ersten Mal ein Bezug zu den Menschenrechten hergestellt wird Auch im Konzept der extraterritorialen Staatenpflichten zur Verwirklichung wirtschaftlicher sozia-ler und kultureller Menschenrechte ist anerkannt dass die Staaten die Pflicht haben ihre Instrumente zum Klima-schutz und zur Unterstuumltzung von An-passungsmaszlignahmen menschenrechts-konform zu gestalten Dennoch gilt es dicke Bretter zu bohren Eine Praumlambel ist nicht rechtsverbindlich sondern als Orientierungs- und Interpretationshilfe fuumlr die Vertragsparteien oder Gerichte zu verstehen

Fuumlr diese Geothermie-Anlage in Kenia wurden Massai von ihrem traditionellen Land vertrieben Foto Jeanette Schade

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 27

Der Clean Development Mechanism

Mit fast 8000 registrierten Projekten ist der Clean Development Mechanism (CDM) des Kyoto-Protokolls das bedeu-tendste internationale Verfahren zum Klimaschutz Er soll einerseits die Gastgeberstaaten der Projekte bei ihrer nachhaltigen Entwicklung unterstuumltzen und andererseits den Industrielaumlndern bei der Erreichung ihrer Emissionsziele helfen

Das Kyoto-Protokoll definiert fuumlr die teilnehmenden Industrielaumlnder verbindliche Emissionsziele Die Uumlber-wachung der Zielerreichung erfolgt auf Grundlage von Emissionszertifikaten jeder verpflichtete Staat muss fuumlr jede Tonne Treibhausgasemission ein Emis-sionszertifikat vorlegen Die Staaten erhalten eine Anfangsausstattung von Zertifikaten auf Grundlage ihrer Ziele zur Verringerung ihrer Emissionen Diese Zertifikate sind handelbar Schafft ein Staat es seine Emissionen staumlrker zu reduzieren als er zum Ziel hat kann er den sich daraus ergebenden Uumlber-schuss an Zertifikaten an andere Laumlnder verkaufen Auszligerdem koumlnnen die In-dustrielaumlnder uumlber den CDM zertifizierte Emissionsreduktionen aus Klimaschutz-projekten in den Laumlndern des Globalen Suumldens ankaufen

Die naturwissenschaftliche Grund-lage dieses so genannten Emissions-handels ist dass die Treibhausgase sich gleichmaumlszligig in der Atmosphaumlre verteilen Fuumlr den Klimawandel macht es keinen Unterschied an welchem Ort Treibhausgase ausgestoszligen oder reduziert werden Durch den Emissions-handel soll es daher ermoumlglicht werden Emissionen an der Stelle zu vermindern an der dies am kostenguumlnstigsten ist Im Kyoto-Protokoll gibt es zum einen den Emissionshandel zwischen Staaten zum anderen werden im CDM Zertifikate fuumlr Emissionsreduktionen in konkreten Projekten ausgestellt wie zum Beispiel fuumlr Windkraftanlagen Prinzipiell kann jeder beliebige Akteur CDM-Projekte durchfuumlhren Zertifikate erhalten und diese dann verkaufen seien es staatli-che Stellen private Unternehmen oder auch zivilgesellschaftliche Organisa-tionen Durch den CDM soll so fuumlr alle Interessierte ein Anreiz gesetzt werden in Emissionsreduktionen zu investieren Die groszlige Mehrheit der CDM-Projekte wird von privaten Unternehmen durchgefuumlhrt

Der CDM unterliegt der Fuumlhrung und Aufsicht der Konferenz der Vertrags-staaten des Kyoto-Protokolls Fuumlr die Pruumlfung und Genehmigung der konkre-ten Projekte sowie fuumlr die Ausarbeitung von Detailregelungen zu den Geneh-migungsverfahren haben die Vertrags-staaten einen Exekutivrat eingerichtet der aus zehn Mitgliedern und zehn stellvertretenden Mitgliedern besteht Die Mitglieder werden von der Vertrags-staatenkonferenz nach einem regiona-len Schluumlssel gewaumlhlt Der Exekutivrat soll nach Moumlglichkeit alle Entscheidun-gen einstimmig treffen Wenn dies nicht moumlglich ist sind auch Abstimmungen mit Dreiviertelmehrheit erlaubt

Um sich fuumlr die Ausstellung von CDM-Zertifikaten zu qualifizieren muumlssen CDM-Projekte ein festgeleg-tes Verfahren durchlaufen Zunaumlchst muumlssen die Traumlger des Projekts eine Projektdokumentation erstellen die darlegt welche Maszlignahmen durchge-fuumlhrt werden sollen und wie dadurch Emissionen vermindert werden Diese

Einige Doumlrfer im kenianischen Tana-Delta muumlssen per Tankwagen mit Trinkwasser versorgt werden

28 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Braucht Zertifi kate um eigene Klimaschaumlden ausgleichen zu

koumlnnen

INDUSTRIELAND

Klimaschutzprojekt wird unterstuumltzt

ENTWICKLUNGSLANDTechnologie

Finanzierung

Die Unterstuumltzung bringt dem Industrieland zusaumltzliche

Zertifi kate ein

Clean Development Mechanism (CDM)-Projekte werden kontrolliert durch den

CDM-EXEKUTIVRAT bestehend aus 10 Mitgliedern

Durch die Unterstuumltzung

sollen CO2-Emissionen vermieden

werden

Jeweils ein Mitglied der fuumlnf regionalen

Gruppen der Vereinten Nationen

Zwei Mitglieder des Kyoto-Protokolls

gelistet als Industrieland (Annex 1)

Zwei Mitglieder die nicht in Annex 1 des

Kyoto-Protokolls gelistet sind

EinE RepraumlsentantIn der kleinen

Inselstaaten

Projektdokumentation muss durch ein sachverstaumlndiges Zertifizierungsun-ternehmen beispielsweise den TUumlV uumlberpruumlft werden Auszligerdem muss das Projekt durch das Durchfuumlhrungsland und mindestens ein Industrieland genehmigt werden Wenn all diese Be-dingungen erfuumlllt sind wird das Projekt dem CDM-Exekutivrat vorgelegt Wenn der Exekutivrat keine Einwaumlnde hat wird es als CDM-Projekt registriert

Waumlhrend der Durchfuumlhrung des Projekts muumlssen seine Traumlger fortlau-fend uumlberwachen und dokumentieren welche Treibhausgasmengen es er-zeugt Die Emissionsminderung ergibt sich aus dem Unterschied zwischen den Emissionen des Projekts und den Emis-sionen die angefallen waumlren wenn das Projekt nicht umgesetzt worden waumlre wenn zum Beispiel statt Strom eines Windparks Strom aus Kohlekraftwerken verwendet worden waumlre Die Dokumen-tation wird wiederum von einer sach-verstaumlndigen Stelle und vom CDM-Exe-kutivrat uumlberpruumlft Abschlieszligend stellt der Exekutivrat den Projektbeteiligten Emissionszertifikate entsprechend der erzielten Emissionsminderung aus

Die Projektbeteiligten koumlnnen die Zertifikate dann an mehrere moumlgliche Abnehmer verkaufen Der erste moumlgli-che Abnehmer sind Industriestaaten die ihre Kyoto-Emissionsziele nicht durch inlaumlndische Emissionsredukti-onen erreichen und daher zusaumltzliche Zertifikate benoumltigen Daruumlber hinaus gibt es in der EU und in mehreren ande-ren Staaten Emissionshandelssysteme auf Unternehmensebene Aumlhnlich wie die Industriestaaten durch das Kyoto-Protokoll verpflichtet sind Emissi-onszertifikate vorzulegen muumlssen in der EU und in anderen Laumlndern auch bestimmte Unternehmen wie die Ener-gieversorger und groszlige Industriebe-triebe fuumlr ihre Treibhausgasemissionen Zertifikate vorlegen Diese Unterneh-men koumlnnen teilweise CDM-Zertifikate verwenden um ihre Verpflichtung zu erfuumlllen Der dritte moumlgliche Abnehmer ist der wachsende Markt der sogenann-ten bdquofreiwilligen Kompensationldquo von Treibhausgasemissionen Dies sind

Unternehmen und Privatpersonen die ihre Emissionen ausgleichen wollen indem sie CDM-Zertifikate kaufen und loumlschen Ein Beispiel dafuumlr sind Aus-gleichszahlungen fuumlr den CO2-Ausstoszlig durch Fluumlge

Der CDM verfuumlgt uumlber keinerlei men-schenrechtliche Kriterien Es gibt ledig-lich die Bestimmung dass die Projekte zur nachhaltigen Entwicklung beitragen sollen und die Vorschrift dass die lokale Bevoumllkerung konsultiert werden muss Allerdings gibt es keine interna-tionalen Kriterien wie der Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung uumlberpruumlft werden soll Stattdessen wird die Pruuml-fung vollstaumlndig den Gastgeberlaumlndern der Projekte uumlberlassen Ebenso gibt es nur vage internationale Kriterien fuumlr die Konsultation der lokalen Bevoumllke-rung Viele Laumlnder haben nur schwache

Funktionsweise des Clean Development Mechanism

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 29

Regeln und uumlberwachen deren Einhal-tung nur schlecht Als Ergebnis kommt es immer wieder zu Vorwuumlrfen dass durch CDM-Projekte Menschenrechte verletzt werden Die internationale Gemeinschaft ist damit nicht ihrer Verantwortung nachgekommen neue voumllkerrechtliche Vertraumlge entsprechend ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen auszugestalten

Das Kyoto-Protokoll wird nach 2020 nicht weitergefuumlhrt entsprechend wird auch der CDM auslaufen Allerdings

wurden im Pariser Abkommen neue Kooperationsmechanismen geschaf-fen Die Regeln zur Umsetzung dieser Mechanismen sollen ausdruumlcklich die Erfahrungen aus den Mechanismen des Kyoto-Protokolls beruumlcksichtigen Aus den menschenrechtlichen Problemen die sich im CDM ergeben haben soll-ten die Staaten die Schlussfolgerung ziehen dass die neuen Mechanismen verbindliche menschenrechtliche Krite-rien benoumltigen

Der Fall Bajo Aguaacuten ndash CDM-Zertifizierung trotz Menschen-rechtsverletzungen

Das Projekt bdquoAguan Biogas Recovery from Palm Oil Mill Effluent [POME] Ponds and Biogas Utilisation ndash Ex-portadora del Atlaacutentico AguanHondurasldquo soll die Behandlung von Abwasser aus einer Palmoumllmuumlhle verbessern und dadurch die Emissio-nen von Methan vermindern Das Palmoumll kommt aus Plantagen die im Zentrum eines gewalttaumltigen Landkon-flikts stehen Laut den oumlrtlichen KleinbaumluerInnen hat sich der Eigentuuml-mer das Plantagenland widerrechtlich angeeignet Sie fordern daher die Ruumlckgabe des Landes Die Sicherheits-kraumlfte der Plantagen und die oumlffentli-chen Sicherheitskraumlfte gehen immer

wieder gewaltsam gegen die Kleinbaumlu-erInnen vor bisher wurden uumlber 50 Personen getoumltet

Diese Umstaumlnde spielten jedoch im Registrierungsverfahren des CDM keine Rolle FIAN und andere Nicht-regierungsorganisationen wiesen den CDM-Exekutivrat darauf hin dass das Projekt in Menschenrechtsver-letzungen verwickelt sei Es wurde dennoch als CDM-Projekt registriert Der CDM-Exekutivrat erklaumlrte dass er kein Mandat habe solche Umstaumlnde zu beruumlcksichtigen Seine Zustaumlndig-keit beschraumlnke sich auf die Klima-schutzauswirkungen von Projekten Neben Honduras war das Projekt auch von Groszligbritannien registriert wor-den Nachdem sie uumlber die Vorwuumlrfe informiert worden war aumluszligerte die britische Regierung zwar dass diese bdquoverstoumlrendldquo seien erklaumlrte aber fuumlr Fragen der Nachhaltigkeit sei das Gastgeberland Honduras zustaumlndig

Das Projekt ist im CDM registriert und kann fuumlr Emissionsreduktionen die bis zum 31 Januar 2018 erzielt wurden Zertifikate erhalten Dieser Zeitraum kann verlaumlngert werden Das Ausmaszlig der Gewalt ist zwar nach einer Intervention der deutschen Regierung zuruumlckgegangen der zugrunde lie-gende Landkonflikt ist aber weiterhin ungeloumlst

Eine honduranische Baumluerin weist bei einer Demonstration auf die schweren Menschen-rechtsverletzungen in Bajo Aguaacuten hin

30 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank

Viele Klimaschutzmaszlignahmen werden ausschlieszliglich von privaten Unterneh-men und Banken durchgefuumlhrt die nicht an verbindliche Sozialstandards gebunden sind Insbesondere in Laumln-dern des Globalen Suumldens mit schwa-chen nationalen Standards und Institu-tionen zu ihrer Durchsetzung gefaumlhrdet dies den Schutz der Menschenrechte

Oumlffentliche Entwicklungsbanken verfuumlgen dagegen uumlber eigene Sozial-standards und Beschwerdeverfahren welche die Gefahr von Menschenrechts-verletzungen bei der Durchfuumlhrung von Projekten verringern koumlnnen Doch auch hier gibt es deutlichen Nachbes-serungsbedarf wie das Beispiel der Europaumlischen Investitionsbank (EIB) zeigt

Die EIB ist eine Bank der Europaumli-schen Union (EU) deren Anteilseigner neben der EU die EU-Mitgliedstaaten sind Sie verfuumlgt uumlber das groumlszligte Bud-get aller Entwicklungsbanken weltweit und ist ein Schluumlsselakteur der Klima-finanzierung Seit 2013 hat sie sich zum Ziel gesetzt jaumlhrlich mindestens 25 Prozent ihres Kreditvolumens fuumlr Kli-maprojekte zu vergeben Im Jahr 2011 leitete die EIB eine Untersuchung ein um ihre Sozialstandards den Anspruuml-chen der EU-Grundrechtecharta sowie den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte anzupassen Das dabei entstandene Handbuch fuumlr Umwelt- und Sozialstandards (2013) verspricht hohe Sozialstandards und beschreibt diese ndash als einzige Bank weltweit ndash sogar mit menschenrechtli-chem Vokabular 2015 uumlberarbeitete die EIB auszligerdem ihre Transparenzpolitik so dass sie im Unterschied zu vielen anderen europaumlischen Entwicklungs-banken bereits vor Bewilligung die Ergebnisse von Umwelt- und Sozial-vertraumlglichkeitsanalysen bekannt gibt Die EIB hat ferner ein eigenes Be-schwerdeverfahren das alle durch ihre Projekte Betroffenen nutzen koumlnnen Die Zustaumlndigen fuumlr die Bearbeitung

der Beschwerden koumlnnen Mediations-prozesse anstoszligen Das Verfahren und das zustaumlndige Gremium koumlnnen sogar selbst Gegenstand einer Beschwerde vor dem EU-Ombudsmann werden wenn die Betroffenen mit seiner Arbeit unzufrieden sind

Gute Standards und ein gutes Beschwerdeverfahren gelten in der Regel als Grundbedingung fuumlr die Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht Dennoch gibt es im System der EIB erhebliche Maumlngel Eine menschenrechtliche Untersuchung der Anwendung der Sozialstandards beim oben erwaumlhnten Erdwaumlrmeprojekt in Kenia fuumlhrte dabei zu folgenden Ergeb-nissen Es werde zu wenige Sozial- und MenschenrechtsexpertInnen je Projekt beschaumlftigt Ersatzweise werden Kre-ditnehmer auf das EIB-Handbuch zu Umwelt- und Sozialstandards verwiesen Die EIB uumlberlaumlsst die Umsetzung ihrer hehren Sozialstandards damit weitge-hend den Kreditnehmern ohne diese mit angemessen Personalressourcen zu unterstuumltzen und zu kontrollieren Betroffene werden von der EIB auch nicht systematisch uumlber die Existenz ihres Beschwerdeverfahrens informiert sondern stoszligen ndash wenn uumlberhaupt ndash erst durch eigene Recherche auf ihn Die EIB-MitarbeiterInnen haben keine Verpflichtung den Beschwerdeaus-schuss aktiv in problematische Projekte einzubinden Er wird erst aktiv wenn Betroffene an ihn herantreten Bei Pro-jekten die von mehreren Geldgebern finanziert werden hat er kein Mandat deren Rolle bei der Verletzung von So-zialstandards zu untersuchen Seine Be-urteilungen und Empfehlungen sind fuumlr die Bank auch nicht rechtlich bindend Das Beispiel der EIB zeigt damit nicht nur deren spezifische Maumlngel in der Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht sondern demonstriert auch die generell begrenzte Reichweite institutioneller Beschwerdemecha-nismen Sie stellen keinen Ersatz fuumlr verbindliche Menschenrechtsstandards dar zu deren Umsetzung Staaten ver-pflichtet sind

Gemaumlszlig dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP) sind 80 Prozent aller Menschen die aufgrund des Klimawan-dels umsiedeln muumlssen FrauenFoto Survival International

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 31

Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Der Status der EU im Menschenrechts-system ist kompliziert Die EU selbst ist kein Staat sondern eine Mitgliederor-ganisation von Staaten Wie andere internationale Organisationen auch ist sie daher keine Vertragspartei der zwischenstaatlichen Menschenrechts-vertraumlge (mit Ausnahme der UN-Behin-dertenrechtskonvention) Sie ist auch keine Vertragspartei der Europaumlischen Menschenrechtskonvention obwohl ihr Beitritt in Artikel 6(2) des EU-Vertrags

festgelegt ist und seit langem gepruumlft wird Daher haben die Menschenrechts-organe der UN und des Europarates auch kein Mandat uumlber die EU und duumlrfen nicht uumlber sie urteilen

Dennoch ist auch die EU verpfl ich-tet Menschenrechte in ihrer Innen- und Auszligenpolitik zu beachten Diese Verpfl ichtungen beruhen vor allem auf a) der EU-Grundrechtecharta (2009) b) dem EU-Vertrag sowie c) auf der Aarhus-Konventiona) Die Grundrechtecharta gilt fuumlr alle

EU-Organe sowie fuumlr die Mitglied-staaten bei der Anwendung von EU-Recht (GRC Art 51(1)) Sowohl das EU-Parlament als auch ein Experten-urteil bestaumltigten ihre extraterritori-ale Reichweite

b) In den EU-Vertraumlgen bekennt sich die EU zum Schutz der Menschen-rechte in ihrer Beziehung zur uumlbri-gen Welt und zur Grundrechtecharta der Vereinten Nationen (EUV Art 3(5)) Sie erklaumlrt diese zu leitenden Grundsaumltzen ihres auswaumlr-tigen Handelns (EUV Art 21) Dies gilt ausdruumlcklich auch fuumlr die Ko-operation mit Entwicklungslaumlndern (EUVA Art 208)

c) Die EU ist eine Vertragspartei der Aarhus-Konvention die nach Expert Innenmeinung ebenfalls auch extraterritorial ausgelegt werden kann

0 100 200 300 400 500

203020141990

Gebaumlude

Landwirtschaft

Industrie

Energiewirtschaft

Verkehr

lt61

72

88

lt98

160

163

lt72

119

209

lt143

181

283

lt183

358

466

Datenquelle Bundesministerium fuumlr UmweltNaturschutz Bau und Reaktorsicherheit (2017)Klimaschutz in Zahlen 2017

Ziele zur Verringerung von Treibhausgas-emissionen Deutschlands nach Sektoren gemaumlszlig dem Klimaschutzplan 2050(in Millionen Tonnen CO2-Aumlquivalenten)

32 FIAN | Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh (2012) Second National Com-munication of Bangladesh to the United Nations Framework Convention on Climate Change Dhaka Ministry of Environment and Forests Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh

Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 37

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Weltbank (2013) Turn Down the Heat Climate Extremes Regional Impacts and the Case for Resilience Washington DC Weltbank

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitikldquo

UN Generalversammlung (1992) Rio-Erklaumlrung uumlber Umwelt und Entwicklung (ACONF15126 (Vol I)) httpwwwunorgdeptsgermanconfagenda21riopdf

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2012) Human Rights Indicators A Guide to Measurement and Implementation httpbitly1oUZYHb

UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

International Commission of Jurists (2011) Maastricht Principles on Extraterritorial Obligations of States in the Area of Economic Social and Cultural Rights Verfuumlgbar mit deutscher Uumlbersetzung unter httpwwwfiandefileadminuser_uploaddo-kumenteshopRaN2012_ETO_Maastricht_Principles_en_de_finalpdf

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UN-Menschenrechtsrat (2016) Report of the Special Rapporteur on the issue of human rights obligations relating to the enjoyment of a safe clean healthy and sustainable environment AHRC3152 1 Februar 2016 httpspapersssrncomsol3paperscfmabstract_id=2729611

Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

European Bank for Reconstruction and Development together with MDB partners the African Development Bank the Asian Development Bank the European In-vestment Bank the Inter-American Development Bank Group and the World Bank Group (2016) Joint Report on Multilateral Development Banksrsquo Climate Finance wwwebrdcom2016-joint-report-on-mdbs-climate-financepdf

Schade Jeanette and Wolfgang Obergassel (2014) Human rights and the Clean Development Mechanism In Cambridge Review of International Affairs Vol 27 No 4 pp 717-735

Sterk Wolfgang und Christof Arens (2010) Investitionen fuumlr den Klimaschutz Die projektbasierten Mechanismen CDM und JI Berlin Bundesministerium fuumlr Umwelt Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) httpwwwcarbon-mechanismsdefileadminmediadokumentePublikationenCMRBroschuere_2010_Einfuehrung_CDM_JI_bfpdf

38 FIAN | Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

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Wolfgang Obergassel Jeanette Schade Lauri Peterson Nicolas Kreibich Timo Beiermann (2017) International Climate Finance Mechanisms and Extraterritorial Human Rights Obligations Status Quo and Future Prospects ein Dossier von FIAN Deutschland httpswwwfiandeartikelansicht2017-07-19-internationale- klimafinanzierung-und-risiken-fuer-die-menschenrechte

FIAN (2008) Agrartreibstoffe und das Menschenrecht auf Nahrung Grundlagen-papier von FIAN-Deutschland httpwwwfiandefiandownloadspdfagrarFIAN_Grundlagenpapier_Agrartreibstoffepdf

Jeanette Schade (2017) EU accountability for the due diligence failures of the European Investment Bank Climate finance and involuntary resettlement in Olkaria Kenya In Journal of Human Rights and the Environment Vol 8(1) 72-97 (Son-derausgabe ldquoClimate Justice and Displacementrdquo Gastherausgeber Schade und Manou)

Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 20: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

Respekt

vor Zugang zu angemessener

Nahrung

Schutz

vor Uumlbergriffen Dritter

Gewaumlhrleistung

der Verfuumlgbarkeit und des Zugangs

zu Nahrung

Staatenpflichten

Auch die Rio-Konferenz und ihre Folgeprozesse bauen auf die Beteili-gung der Zivilgesellschaft Uumlber diesen Weg hielten nach und nach auch soziale Menschenrechte ausdruumlcklich Einzug in die Abschlusserklaumlrungen der alle

fuumlnf Jahre stattfindenden UN-Gipfel zu Umwelt und Entwicklung

Die Erklaumlrung von Rio mit ihrem Konzept der Nachhaltigkeit und den drei genannten Prinzipien liefer-te auszligerdem die Grundlage fuumlr die Klimarahmenkonvention

Prinzipien der internationalen Menschenrechte

Allgemeine Prinzipien

Die zentrale Saumlule des internationalen Menschenrechtssystems ist die Men-schenrechtscharta der Vereinten Natio-nen Sie umfasst die Allgemeine Erklauml-rung der Menschenrechte (1948) den Internationale Pakt uumlber Buumlrgerliche und Politische Rechte (UN-Zivilpakt) sowie den Internationalen Pakt uumlber Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) (beide 1966) Neben dem Zivilpakt und dem Sozial-pakt gibt es auszligerdem acht weitere Menschenrechtsvertraumlge die sich auf den Schutz besonders benachteiligter Gruppen sowie auf das Verbot von Folter und unmenschlicher Behandlung beziehen Alle Abkommen sind durch die immer gleichen Querschnittsprinzi-pien gepraumlgt naumlmlich das Gebot der Nichtdiskriminierung die Gleichheit aller die gesellschaftliche Beteiligung

den Zugang zu effektiven Rechtsmitteln bei Rechtsverletzungen die Rechen-schaftspflicht der Staaten sowie das Verbot des Ruumlckschritts Bei diesen Prinzipien handelt es sich durchweg um Verfahrensrechte die allen materiellen Rechten wie dem Recht auf Nahrung Wasser Wohnen etc zur Seite gestellt sind Denn sehr haumlufig liegt der Verlet-zung materieller Rechte die Verletzung von Verfahrensrechten zugrunde

Alle Menschenrechtsvertraumlge un-terscheiden fuumlr ihre gewaumlhrten Rechte je drei Arten staatlicher Verpflichtung gegenuumlber Einzelpersonen und Grup-pen Im UN-Sozialpakt sind dies res-pektieren schuumltzen gewaumlhrleisten Die Respektierungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten die Wahrnehmung eines Rechts nicht behindern duumlrfen Die Schutzpflicht besagt dass die Vertragsstaaten Dritte davon abhalten muumlssen die Ausuumlbung dieses Rechts zu beintraumlchtigen oder zu verhindern Die Gewaumlhrleistungspflicht besagt dass die Vertragsstaaten Maszlignahmen er-greifen muumlssen um die Verwirklichung eines Rechts voranzubringen

Bezogen auf das Recht auf Nah-rung heiszligt das zum Beispiel dass der Staat BaumluerInnen nicht von ihrem angestammten Land umsiedeln darf um Infrastrukturprojekte umzusetzen wenn dadurch ihr Zugang zu angemes-sener Nahrung verloren geht Er muss ferner Dritte ndash zum Beispiel Groszliggrund-besitzerInnen oder Unternehmen ndash daran hindern dies zu tun wenn sie Land fuumlr Investitionen verkaufen oder Infrastrukturprojekte durchfuumlhren Und der Staat muss durch geeignete Maszlig-nahmen auch jenen die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung ermoumlglichen die davon ausgegrenzt sind ndash zum

Menschenrechten stehen staatliche Pflichten gegenuumlber

20 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Beispiel fuumlr die sichere Ruumlckkehr von Vertriebenen sorgen oder sie auf neuem fruchtbaren Land ansiedeln Da fuumlr viele Laumlnder des Globalen Suumldens wegen der Begrenztheit der verfuumlgbaren Mittel

insbesondere die Gewaumlhrleistungs-pflicht nicht immer leicht zu erfuumlllen ist sieht der UN-Sozialpakt eine all-maumlhliche Verwirklichung der Rechte vor

Extraterritoriale Staatenpflichten

Menschenrechtsvertraumlge beschreiben zunaumlchst die Pflichten eines Vertrags-staates gegenuumlber den Menschen auf seinem Staatsgebiet oder solchen die anderweitig unter seiner Gewalt stehen (zum Beispiel bei Besatzungen) Der UN-Zivilpakt enthaumllt eine Klausel die seinen Anwendungsbereich in diesem Sinn einschraumlnkt Der UN-Sozialpakt hingegen erlaubt weitreichendere Interpretationen Hier heiszligt es in Artikel 2(1) bdquoJeder Vertragsstaat verpflichtet sich einzeln und durch internationale Hilfe und Zusammenar-beit hellip die volle Verwirklichung der in diesem Pakt anerkannten Rechte zu erreichenldquo Fortschrittliche JuristInnen sehen darin eine rechtlich bindende Pflicht wirtschaftliche soziale und kulturelle Menschenrechte auch uumlber das eigene Staatsgebiet hinaus zu respektieren zu schuumltzen und zu gewaumlhrleisten Dies hat der UN-Sozial-ausschuss 2002 in seinem Allgemeinen Kommentar Nr 15 zum Recht auf Wasser aufgegriffen der bdquohellip von den Vertragsstaaten [verlangt] von Hand-lungen abzusehen die den Genuss des Rechts auf Wasser in anderen Laumlndern unmittelbar oder mittelbar beeintraumlchti-genldquo Die International Commission of Jurists (ICJ) hat dies fortgesetzt und 2011 die sogenannten Maastrichter Prinzipien zu extraterritorialen Staaten-pflichten im Rahmen des UN-Sozialpakts veroumlffentlicht Laut den Maastrichter Prinzipien muumlssen Staaten ihre zwi-schenstaatlichen und internationalen Abkommen so gestalten dass sie nicht zu menschenrechtlichen Verwerfungen bei Vertragspartnern fuumlhren und die Staaten nicht in der Erfuumlllung ihrer

menschenrechtlichen Verpflichtungen einschraumlnken Ferner haben Staaten die Pflicht gesetzgeberische und politische Maszlignahmen zu ergreifen um Menschen in anderen Staaten vor Menschen-rechtsverletzungen durch bei ihnen ansaumlssige international agierende Konzerne zu schuumltzen Die freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Men-schenrechten gleichfalls von 2011 weisen zumindest den Spielraum aus den Staaten zur Regulierung transnati-onaler wirtschaftlicher Akteure haben 2017 veroumlffentlichte der UN-Sozialaus-schuss auszligerdem den Allgemeinen Kommentar Nr 24 zu Staatenpflichten im Zusammenhang unternehmerischen Handelns Darin betont er ebenfalls die grenzuumlberschreitenden staatlichen Pflichten zur Kontrolle multinationaler Konzerne Insgesamt hat der Verweis auf extraterritoriale Pflichten der Staaten im Rahmen des UN-Menschen-rechtssystems uumlber die letzten Jahre stark zugenommen

Protest vor der Zentrale der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) gegen ein Staudammprojekt in Panama

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 21

Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten

Obwohl die Umwelt- und die Men-schenrechtsprinzipien ein groszliges Potenzial fuumlr Synergien haben weisen die Klimarahmenkonvention und das Kyoto-Protokoll keinerlei Bezug zu den Menschenrechten auf Zur Veran-schau li chung vergleicht die folgende Tabelle die wesentlichen Prinzipien der international anerkannten Men-schenrechte und die Regeln des Kli-marechts anhand der Grundpfeiler des internationalen Umweltrechts

Wie die Tabelle zeigt sind Staaten aus menschenrechtlicher und aus kli-mapolitischer Perspektive verpflichtet den Klimawandel zu stoppen und seine Wirkungen abzumildern Neben der Emissionsminderung ist es menschen-rechtlich wichtig besonders betroffene Bevoumllkerungsgruppen bei der Anpas-sung zu unterstuumltzen die hierfuumlr kaum Mittel haben

Ferner duumlrfen klimapolitische Maszlignahmen ihrerseits nicht zu Men-schenrechtsverletzungen fuumlhren Da die internationalen Klimaregeln aber im Gegensatz zu Menschenrechtskonven-tionen und vielen anderen Umweltab-kommen vergleichsweise wenig Wert auf die Einbindung betroffener Menschen legt kommt es durch klimapolitische Maszlignahmen immer wieder zu Men-schenrechtsverletzungen Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen sowie UN-SonderberichterstatterInnen und andere Menschenrechtsorgane haben daher intensiv Lobbyarbeit betrieben um Menschenrechte im Abkommen von Paris zu verankern Durchgesetzt hat sich jedoch nur ein Absatz in der nicht-bindenden Praumlambel (Zitat siehe Einlei-tung) Klimaschutz und Menschenrech-te trennen weiterhin Welten

Umwelt-recht-

Prinzipien Internationale Menschenrechte Internationales Klimarecht

Veru

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Ist Bestandteil der Menschenrechtsprinzipien und kommt im Recht auf Rechtsmittel und Entschaumldigung zum Ausdruck Das Verursacherprinzip setzt voraus dass ein Staat seine Respektierungs- Schutz- oder Gewaumlhrleistungspflicht nachweislich verletzt hat

Wegen des Problems eine spezifische Kausalkette nachzuweisen (welche CO2-Emission hat wen geschauml-digt) ist es kein Prinzip der Klimarahmenkonventi-on In aufgeweichter Form spiegelt es sich im Prinzip der gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortung

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on Grundlegendes in Art2 (1) des UN-Sozialpaktes verankertes Prinzip wonach die reichen Industrie-staaten die Laumlnder des Globalen Suumldens bei der allmaumlhlichen Verwirklichung der Menschenrechte unterstuumltzen sollen

Verpflichtung der Industrielaumlnder gemaumlszlig Art 4 (3 4) der Klimarahmenkonvention die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell und technologisch bei der Minde-rung von Emissionen und Anpassung an den Klima-wandel zu unterstuumltzen

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Verfahrensrechte (Gleichbehandlung Information Beteiligung Rechtsmittel) sind Grundlage aller menschenrechtlichen Vertraumlge weil sie auch fuumlr die Sicherung substantieller Rechte (zB Recht auf Nahrung) bedeutend sind Dies gilt insbesondere auch fuumlr die Rechte besonders diskriminierter Bevoumllkerungsgruppen

Im Gegensatz zu vielen Umweltabkommen (zB Aarhus-Konvention) spielen in der Klimarahmenkon-vention dem Kyoto-Protokoll und dem Pariser Ab-kommen Verfahrensrechte von Einzelpersonen keine Rolle Die Ausgestaltung der internationalen Klima-schutzmechanismen nimmt entsprechend wenig Ruumlcksicht darauf

Vergleich menschenrechtlicher und klimarechtlicher Prinzipien

22 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Die Malediven fordern von der internationalen Staatengemeinschaft Maszlignahmen zum Klimaschutz zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung

Kaum jemand zweifelt mehr daran dass der Klimawandel maszliggeblich men-schengemacht ist und negative Auswir-kungen auf die Wahrnehmung von Menschenrechten hat Auf Grundlage der menschenrechtlichen Schutzpflicht sind die Staaten verpflichtet rasch effektive Maszlignahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen zu ergrei-fen BerichterstatterInnen des UN-Menschenrechtsrats betrachten das im Pariser Abkommen vereinbarte Ziel Emissionen derart zu reduzieren dass der globale Temperaturanstieg unter 15 Grad Celsius gehalten wird daher als menschenrechtliche Pflicht der Staaten Dennoch findet Emissionsmin-derung nicht in dem Umfang statt wie es noumltig waumlre Seit 2005 haben ver-schiedene Akteure auf unterschiedli-chen Wegen versucht diesen Blockaden mit Hilfe des Menschenrechtssystems entgegenzuwirken

Die Regierung der Malediven schlug den politischen Weg ein Die Malediven sind ein Staat bestehend aus etwa 1200 kleinen Inseln die nur wenige Meter uumlber dem Meeresspiegel liegen und unmittelbar vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen sind Die Regierung des Landes initiierte die Maledivische Erklaumlrung zur menschlichen Dimension des globalen Klimawandels die sie im November 2007 gemeinsam mit 38 weiteren kleinen Inselstaaten unterzeichnete In dieser Erklaumlrung forderten sie das Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte der Vereinten Nationen auf dem Menschenrechtsrat eine detaillierte Studie uumlber die Auswir-kungen des Klimawandels vorzulegen was im Oktober 2009 ndash kurz vor der Klimakonferenz in Kopenhagen ndash auch geschah Die Malediven haben damit einen Prozess in Gang gesetzt der maszliggeblich dazu beigetragen hat dass viele Menschenrechtsorgane begannen sich mit den Auswirkungen des Klima-wandels auf die Menschenrechte zu befassen

Einen anderen Weg schlugen die Inuit des US-amerikanischen Teils Alaskas ein 2005 reichten sie bei der Inter-Amerikanischen Menschenrechts-kommission eine Klage gegen die USA ein weil die USA nicht genug taumlten um den Klimawandel zu verhindern Die Kommission lehnte die Verhandlung des Falls ab Ein wesentlicher Grund war dass die Klaumlger nicht hinreichend darle-gen konnten dass vor allem die Un-taumltigkeit der USA zur Verletzung ihrer Menschenrechte fuumlhre Die Kommission lud die Inuit aber im Maumlrz 2007 zu einer Anhoumlrung ein um die Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Menschen-rechte zu eroumlrtern Obwohl sie rechtlich eine Niederlage erlitten hatten wurde die Anhoumlrung doch zu einem politi-schen Erfolg der der Situation der Inuit global viel Aufmerksamkeit einbrachte

Des Weiteren war die Klageschrift der Inuit der Auftakt zu einer Vielzahl von Versuchen die Staaten auf juristi-schem Wege zur Pflicht zu rufen Dies muss sich aber nicht auf Organe des Menschenrechtssystems beschraumlnken Besonders erfolgreich war eine Klage der niederlaumlndischen Umweltorganisa-tion Urgenda gegen die Niederlande Das Bezirksgericht in Den Haag urteilte 2015 auf Grundlage der in der nieder-laumlndischen Verfassung verankerten Fuumlrsorgepflicht des niederlaumlndischen Staates dass die Niederlande auf-grund der Erkenntnisse des vierten Sachstandsberichts des Weltklimarats ihre Emissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 25 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern muumlssen Mit den bis dahin ergriffenen Maszlignahmen waumlren voraussichtlich nur 17 Prozent erreicht worden

Trotz dieser Erfolge bleibt es schwierig einzelne Staaten fuumlr den Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Menschenrechte zur Verant-wortung zu ziehen Haumlufig verstaumlrkt der Klimawandel nur bereits beste-hende Menschenrechtsverletzungen Auch die Unterscheidung ob eine

Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 23

Menschenrechtsverletzung in diesem Zusammenhang Folge des Klimawandels oder uumlblicher Wetterextreme ist ist oft schwierig So kommt das Hochkommis-sariat fuumlr Menschenrechte 2009 zum Ergebnis dass der Klimawandel zwar eindeutig negative Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Menschenrech-ten hat dass es aber weniger eindeutig ist ob und in welchem Ausmaszlig die Auswirkungen in streng rechtlichem Sinn als Menschenrechtsverletzung qualifiziert werden koumlnnen

Aus Sicht von FIAN Deutschland kann der Verlust des Zugangs zu Nah-rung durch den Klimawandel aber durchaus als Menschenrechtsverletzung gewertet werden fuumlr die andere Staa-

ten als der Heimatstaat mitverantwort-lich sind Zwar ist der Haftungsansatz nach dem Verursacherprinzip aufgrund der oben geschilderten Besonderheiten des Klimaproblems fuumlr eine menschen-rechtliche Argumentation wenig frucht-bar Aufgrund des Wissens der Staaten uumlber die menschliche Verursachung und der nachweislich negativen Auswirkun-gen des Klimawandels auf die weltweite Verwirklichung der Menschenrechte sind die Staaten jedoch gemaumlszlig UN-Sozialpakt Artikel 2(1) menschenrecht-lich verpflichtet einzeln sowie durch internationale Hilfe und Zusammen-arbeit unter Ausschoumlpfung all ihrer Moumlglichkeiten wirksame Maszlignahmen zur Emissionsminderung zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung

bdquoAnpassungldquo umschreibt ein weites Feld von Aktivitaumlten das die Menschen weniger anfaumlllig gegenuumlber den Auswir-kungen des Klimawandels macht Hiermit kann die Einfuumlhrung von duumlrreresistenten Pflanzenarten und von Bewaumlsserungssystemen gemeint sein aber auch Umsiedlung aus Hochrisiko-zonen neue Bauweisen und Bauvor-schriften oder der Ausbau von Institu-tionen zum Risikomanagement Sie macht einen vergleichsweise kleinen Teil der Klimafinanzierung aus die sich 2016 auf insgesamt 380 Milliarden US Dollar belief 93 Prozent der globalen Klimafinanzierung kommen der Emissi-onsminderung zugute die uumlberwiegend privat finanziert ist Mittel aus oumlffentli-cher Hand tragen nur 34 Prozent zur globalen Klimafinanzierung bei wovon wiederum nur 16 Prozent Anpassungs-maszlignahmen zugutekommen 89 Pro-zent der oumlffentlichen Klimafinanzierung werden von internationalen und natio-nalen Entwicklungsbanken gestemmt Selbst die internationalen Banken wie die Weltbank die Asiatische und die

Afrikanische Entwicklungsbank oder die Europaumlische Investitionsbank (EIB) investieren nur durchschnittlich 23 Pro-zent ihrer Investitionen im Klimabe-reich in Anpassungsmaszlignahmen Fuumlr den unmittelbaren Schutz sowie fuumlr Anpassungsmaszlignahmen an die Folgen des Klimawandels werden also verhaumllt-nismaumlszligig wenige Gelder bereitgestellt Dies kann akut zu Menschenrechtsver-letzungen fuumlhren Je spaumlter und halb-herziger in den Klimaschutz investiert wird desto mehr Anpassung wird noumltig Die Pflicht der Staaten solche Maszlignah-men zu unterstuumltzen ergibt sich aus ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen gemaumlszlig Artikel 2(1) des UN Sozialpaktes Sie gilt unabhaumlngig davon wie viel ein Staat zur Klimaer-waumlrmung beitraumlgt Diese Pflicht ergibt sich auszligerdem aus Art 4(3 4) der Klimarahmenkonvention die aumlrmeren Laumlnder sowohl beim Klimaschutz als auch bei der Anpassung an den Klima-wandel unterstuumltzen ndash gemaumlszlig dem Prinzip gemeinsamer aber unterschied-licher Verantwortung

Die Lebensgrundlage der Indigenen im aumlthiopischen Omo-Tal ist durch den Bau des Stauddamms Gibe III bedroht Foto Suvival International

24 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Obergrenze (Cap)

Industriestaaten unterschreiben dashellip

Kyoto-Protokoll (1997)

Ziel Reduktion der Treibhausgasemission

Emissionen im Zeitraum von 2008 bis 2012 um 5 unter das Niveau von 1990 senken

fl exibler Mechanismus

Fabrik A Fabrik B

Wenn die Emissionen unter der Obergrenze

liegen koumlnnen die nicht genutzten Emissionsrechte wieder verkauft

werden

hellip an Staaten oder

Unternehmen die mehr

Emissionen ausstoszligen

wollen

Verkauft die ungenutzten CO

2-Rechtehellip

Funktionsweise des Emissionshandels

Internationale Klimafinanzierung

Gemaumlszlig der Klimarahmenkonvention sind die traditionellen Industrielaumlnder verpflichtet die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell technologisch und mit Kapazitaumltsaufbau zu unterstuumltzen Auf der Klimakonferenz von Kopenha-gen 2009 wurde diese Verpflichtung konkretisiert die Industrielaumlnder sagten zu dass die finanzielle Unter-stuumltzung bis 2020 auf jaumlhrlich 100 Milli-arden US-Dollar anwachsen soll Zu diesen werden nicht nur die aufge-brachten oumlffentlichen Mittel sondern auch private Investitionen in den Klimaschutz gezaumlhlt wenn sie eine Folge staatlicher Maszlignahmen sind

Die Unterstuumltzung durch oumlffentliche Geber laumluft durch eine Vielzahl von Ka-naumllen Zum einen nutzen viele Staaten dazu ihre Organisationen der Entwick-lungszusammenarbeit In Deutschland sind das beispielsweise die Gesellschaft fuumlr Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Kreditanstalt fuumlr Wieder-aufbau (KfW) Zweitens zaumlhlen auch die Weltbank und die regionalen Ent-wicklungsbanken Klimaschutz zu ihren Aufgaben Insbesondere die Weltbank hat mehrere spezielle Klimaschutzfonds geschaffen Drittens wurde eine Reihe von internationalen Fonds eingerichtet Mit den Geldern der 1991 geschaffenen Globalen Umweltfazilitaumlt (Global Envi-ronment Facility GEF) werden Projekte im Rahmen der Klimarahmenkonventi-on und anderer internationaler Um-weltabkommen finanziert 2001 wurden unter der Klimarahmenkonvention eine Reihe von kleinen spezialisierten Fonds eingerichtet die insbesondere Maszlig-nahmen zur Anpassung an den Klima-wandel finanzierenbull der Least Developed Countries Fund

Fonds fuumlr die am wenigsten entwi-ckelten Laumlnder

bull der Special Climate Change Fund Spezieller Klimawandel-Fonds der vor allem Anpassungsmaszlignahmen finanzieren soll und

bull der Adaptation Fund Anpassungs-fonds fuumlr Laumlnder des Globalen Suumldens

Daruumlber hinaus wurde 2010 beschlos-sen den Green Climate Fund (Gruumlner Klimafonds) einzurichten Dieser soll einen erheblichen Teil der zugesagten 100 Milliarden US-Dollar verwalten

Neben diesen Einrichtungen zur Klimafinanzierung wurden im Rahmen des Kyoto-Protokolls auch institutiona-lisierte Verfahren zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige geschaffenbull der internationale Emissionshandel

der den Handel mit Rechten zum Ausstoszlig von Treibhausgasen regelt

bull die Joint Implementation (Gemein-same Umsetzung) uumlber die Klima-schutzprojekte in Industrielaumlndern international zertifiziert werden koumlnnen

bull der Clean Development Mechanism (Mechanismus fuumlr umweltver-traumlgliche Entwicklung) uumlber den Klimaschutzprojekte in Laumlndern

Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 25

des Globalen Suumldens international zertifiziert werden koumlnnen (siehe Kapitel bdquoDer Clean Development Mechanismldquo)

Diese Verfahren dienen aber in ers-ter Linie der Erreichung der Emissi-onsziele der Industrielaumlnder (siehe Kapitel bdquoSenkung der eigenen Emissi-onenldquo) Mitgliedstaaten mit groszligen Regenwaldvorkommen forderten daher

ein Instrument zu schaffen das den Schutz von Waumlldern auf die Klimabilanz anrechnet Infolge wurde 2007 das Programm REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degrada-tion in Developing Countries) ins Leben gerufen Es soll zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige in Laumlndern des Globalen Suumldens beitragen die durch Abholzung von Waumlldern entstehen

Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen

Maszlignahmen zum Klimaschutz sind aus menschenrechtlicher Perspektive oft umstritten Bei Investitionen in erneu-erbare Energien handelt es sich haumlufig um groszlige flaumlchenintensive Infrastruk-turprojekte wie zum Beispiel den Bau von Staudaumlmmen und Wasserkraftwer-ken Windparks groszligflaumlchige Solar- und Erdwaumlrmeanlagen Das Gleiche gilt fuumlr den Anbau von Energiepflanzen wie Oumllpalmen Investitionen in CO2-Senken also die Ausdehnung von Waumlldern oder der Erhalt bestehender Waumllder stehen oft in Konkurrenz zu anderen Flaumlchen- und Waldnutzungen Auch Anpassungs-maszlignahmen wie der Bau von Schutz-waumlllen oder die Einrichtung von siedlungsfreien Zonen in Hochrisikoge-bieten (zum Beispiel in Gebieten die

haumlufig uumlberschwemmt oder durch Erosion und Erdrutsche gepraumlgt sind) betreffen Land das von Menschen genutzt und ihnen durch solche Maszlig-nahmen entzogen wird Die Flaumlchen-konkurrenz zwischen Investitionen zum Klimaschutz und bisheriger Landnut-zung fuumlhrt unter anderem dazu dass KleinbaumluerInnen und Hirtenvoumllkern der Zugang zu Land und Wasser entzogen wird das sie bisher fuumlr den Nahrungs-mittelanbau und die Viehwirtschaft nutzten Haumlufig handelt es sich dabei um indigene Gruppen die keine Landti-tel besitzen Mit der Vertreibung von ihren wirtschaftlich genutzten Flaumlchen geht auch haumlufig die Vertreibung aus den Ansiedlungen einher Verletzungen sozialer Menschenrechte wie die Rechte auf Nahrung Wasser und Woh-nen sind die Folge Aber auch Verfah-rensrechte und das Recht auf Leben werden regelmaumlszligig missachtet

Dafuumlr gibt es viele Beispiele Pana-ma ist eines jener Laumlnder das am meis-ten in Wasserkraftwerke als erneuerbare Energiequelle investiert In mindes-tens drei bekannten Faumlllen ndash Bonyic Chan75 und Barro Blanco ndash kam es dabei zu schweren Menschenrechts-verletzungen Doumlrfer wurden geflutet obwohl die BewohnerInnen noch nicht umgesiedelt waren die Rechte von In-digenen auf ihr Gebiet und Beteiligung an Projekten wurden verletzt Betrof-fene und AktivistInnen die sich gegen diese Maszlignahmen wehrten wurden eingeschuumlchtert und sogar ermordet Auch Kenia gehoumlrt zu den Vorreitern in

Die klimaschuumltzende Wirkung von Staudaumlm-men zur Stromgewinnung wird bestritten Auszligerdem fuumlhren sie oft zu Verletzungen von Menschenrechten der oumlrtlichen Bevoumllkerung Foto Jane Hofbauer

26 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Sachen Klimaschutz ndash haumlufig zu Lasten ausgegrenzter Bevoumllkerungsgruppen In Olkaria willigten Massai in eine Umsiedlungsmaszlignahme zugunsten einer Erdwaumlrmeanlage (Geothermie) ein weil man ihnen eigene Landrech-te versprach die sie jedoch bis heute nicht erhalten haben Mehrere tausend indigene Jaumlger- und Sammlervoumllker wurden aus dem Embobut-Wald in Westkenia (Sengwer und Cherangany) und dem Mau-Wald (Ogiek) vertrieben weil die Regierung deren Nutzung unter REDD+ anstrebt Der Fall der Ogiek wurde 2014 sogar vor dem Afrikani-schen Gerichtshof fuumlr Menschen- und Voumllkerrechte zugunsten der Ogiek ver-handelt Aumlhnliches passierte in anderen Laumlndern Afrikas So wurde in Tansania die Gemeinschaft der Warufiji aus dem Refuiji-Delta vertrieben Sie hatten die Kooperation bei der Aufforstung der Mangrovenwaumllder verweigert weil man ihnen den Anbau von Reis verbot

Die Auswirkungen von Klimaschutz-maszlignahmen koumlnnen aber auch kom-plexerer Natur sein Wie die Weltbank 2008 in einer vielbeachteten Studie zur globalen Nahrungsmittelkrise darlegte trug die Flaumlchenkonkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Energiepflanzen-anbau maszliggeblich zum globalen An-stieg der Nahrungsmittelpreise bei der fuumlr viele Menschen zu Hunger fuumlhrte Anhand dieser katastrophalen Folgen der staatlichen Foumlrderung von Agrar-treibstoffen durch westliche Indust-rienationen wird deutlich wie diese klimapolitisch motivierten Programme in vielen aumlrmeren Laumlndern direkt zur Verletzung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser beitragen

Auch Anpassungsmaszlignahmen schneiden unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten nicht zwingend besser ab Obwohl sie im Prinzip zum Schutz der Menschen gedacht sind fehlt es in manchen Faumlllen an Professionalitaumlt in anderen Faumlllen fehlt der Fokus auf die besonders gefaumlhrdeten Bevoumllkerungs-gruppen In Mosambik wurden die Doumlr-fer im Sambesi-Flussdelta 20072008

nach schweren Uumlberschwemmungen in houmlher gelegene Gebiete umgesiedelt Viele der neuen Siedlungen blieben ohne angemessenen Zugang zu Wasser fruchtbarem Land und Gesundheitsver-sorgung So wurden sie von Nahrungs-mittelhilfen abhaumlngig Viele Familien verloren durch Abwanderung ihren Zusammenhalt Diskriminierungen bei Anpassungsmaszlignahmen kommen auch in entwickelten Laumlndern vor Nach dem Wiederaufbau von New Orleans nach dem Hurrikan Kathrina im Jahr 2005 durfte die arme afro-amerikanische Be-voumllkerung nicht mehr ihre am Flussufer gelegenen Siedlungen beziehen ndash we-gen Uumlberflutungsgefahr Angemesse-nen und finanzierbaren Ersatz bekamen sie jedoch nicht angeboten

Die Ursachen fuumlr negative Aus-wirkungen und Menschenrechtsver-letzungen durch Klimapolitik gehen teilweise auf die Bedingungen in den Projektlaumlndern zuruumlck Die jeweiligen Nationalstaaten sind menschenrecht-lich entsprechend zu beurteilen und zur Pflicht zu rufen Die Ursachen liegen aber auch in den Klimarahmenabkom-men selbst und ihren Mechanismen begruumlndet Bis auf das Abkommen von Paris enthalten diese keinen Verweis auf Menschenrechte Sie betonen aber die Rechte der Nationalstaaten ihre na-tuumlrlichen Ressourcen auszubeuten Das Abkommen von Paris ist insofern ein Erfolg als in der Praumlambel zum ersten Mal ein Bezug zu den Menschenrechten hergestellt wird Auch im Konzept der extraterritorialen Staatenpflichten zur Verwirklichung wirtschaftlicher sozia-ler und kultureller Menschenrechte ist anerkannt dass die Staaten die Pflicht haben ihre Instrumente zum Klima-schutz und zur Unterstuumltzung von An-passungsmaszlignahmen menschenrechts-konform zu gestalten Dennoch gilt es dicke Bretter zu bohren Eine Praumlambel ist nicht rechtsverbindlich sondern als Orientierungs- und Interpretationshilfe fuumlr die Vertragsparteien oder Gerichte zu verstehen

Fuumlr diese Geothermie-Anlage in Kenia wurden Massai von ihrem traditionellen Land vertrieben Foto Jeanette Schade

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 27

Der Clean Development Mechanism

Mit fast 8000 registrierten Projekten ist der Clean Development Mechanism (CDM) des Kyoto-Protokolls das bedeu-tendste internationale Verfahren zum Klimaschutz Er soll einerseits die Gastgeberstaaten der Projekte bei ihrer nachhaltigen Entwicklung unterstuumltzen und andererseits den Industrielaumlndern bei der Erreichung ihrer Emissionsziele helfen

Das Kyoto-Protokoll definiert fuumlr die teilnehmenden Industrielaumlnder verbindliche Emissionsziele Die Uumlber-wachung der Zielerreichung erfolgt auf Grundlage von Emissionszertifikaten jeder verpflichtete Staat muss fuumlr jede Tonne Treibhausgasemission ein Emis-sionszertifikat vorlegen Die Staaten erhalten eine Anfangsausstattung von Zertifikaten auf Grundlage ihrer Ziele zur Verringerung ihrer Emissionen Diese Zertifikate sind handelbar Schafft ein Staat es seine Emissionen staumlrker zu reduzieren als er zum Ziel hat kann er den sich daraus ergebenden Uumlber-schuss an Zertifikaten an andere Laumlnder verkaufen Auszligerdem koumlnnen die In-dustrielaumlnder uumlber den CDM zertifizierte Emissionsreduktionen aus Klimaschutz-projekten in den Laumlndern des Globalen Suumldens ankaufen

Die naturwissenschaftliche Grund-lage dieses so genannten Emissions-handels ist dass die Treibhausgase sich gleichmaumlszligig in der Atmosphaumlre verteilen Fuumlr den Klimawandel macht es keinen Unterschied an welchem Ort Treibhausgase ausgestoszligen oder reduziert werden Durch den Emissions-handel soll es daher ermoumlglicht werden Emissionen an der Stelle zu vermindern an der dies am kostenguumlnstigsten ist Im Kyoto-Protokoll gibt es zum einen den Emissionshandel zwischen Staaten zum anderen werden im CDM Zertifikate fuumlr Emissionsreduktionen in konkreten Projekten ausgestellt wie zum Beispiel fuumlr Windkraftanlagen Prinzipiell kann jeder beliebige Akteur CDM-Projekte durchfuumlhren Zertifikate erhalten und diese dann verkaufen seien es staatli-che Stellen private Unternehmen oder auch zivilgesellschaftliche Organisa-tionen Durch den CDM soll so fuumlr alle Interessierte ein Anreiz gesetzt werden in Emissionsreduktionen zu investieren Die groszlige Mehrheit der CDM-Projekte wird von privaten Unternehmen durchgefuumlhrt

Der CDM unterliegt der Fuumlhrung und Aufsicht der Konferenz der Vertrags-staaten des Kyoto-Protokolls Fuumlr die Pruumlfung und Genehmigung der konkre-ten Projekte sowie fuumlr die Ausarbeitung von Detailregelungen zu den Geneh-migungsverfahren haben die Vertrags-staaten einen Exekutivrat eingerichtet der aus zehn Mitgliedern und zehn stellvertretenden Mitgliedern besteht Die Mitglieder werden von der Vertrags-staatenkonferenz nach einem regiona-len Schluumlssel gewaumlhlt Der Exekutivrat soll nach Moumlglichkeit alle Entscheidun-gen einstimmig treffen Wenn dies nicht moumlglich ist sind auch Abstimmungen mit Dreiviertelmehrheit erlaubt

Um sich fuumlr die Ausstellung von CDM-Zertifikaten zu qualifizieren muumlssen CDM-Projekte ein festgeleg-tes Verfahren durchlaufen Zunaumlchst muumlssen die Traumlger des Projekts eine Projektdokumentation erstellen die darlegt welche Maszlignahmen durchge-fuumlhrt werden sollen und wie dadurch Emissionen vermindert werden Diese

Einige Doumlrfer im kenianischen Tana-Delta muumlssen per Tankwagen mit Trinkwasser versorgt werden

28 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Braucht Zertifi kate um eigene Klimaschaumlden ausgleichen zu

koumlnnen

INDUSTRIELAND

Klimaschutzprojekt wird unterstuumltzt

ENTWICKLUNGSLANDTechnologie

Finanzierung

Die Unterstuumltzung bringt dem Industrieland zusaumltzliche

Zertifi kate ein

Clean Development Mechanism (CDM)-Projekte werden kontrolliert durch den

CDM-EXEKUTIVRAT bestehend aus 10 Mitgliedern

Durch die Unterstuumltzung

sollen CO2-Emissionen vermieden

werden

Jeweils ein Mitglied der fuumlnf regionalen

Gruppen der Vereinten Nationen

Zwei Mitglieder des Kyoto-Protokolls

gelistet als Industrieland (Annex 1)

Zwei Mitglieder die nicht in Annex 1 des

Kyoto-Protokolls gelistet sind

EinE RepraumlsentantIn der kleinen

Inselstaaten

Projektdokumentation muss durch ein sachverstaumlndiges Zertifizierungsun-ternehmen beispielsweise den TUumlV uumlberpruumlft werden Auszligerdem muss das Projekt durch das Durchfuumlhrungsland und mindestens ein Industrieland genehmigt werden Wenn all diese Be-dingungen erfuumlllt sind wird das Projekt dem CDM-Exekutivrat vorgelegt Wenn der Exekutivrat keine Einwaumlnde hat wird es als CDM-Projekt registriert

Waumlhrend der Durchfuumlhrung des Projekts muumlssen seine Traumlger fortlau-fend uumlberwachen und dokumentieren welche Treibhausgasmengen es er-zeugt Die Emissionsminderung ergibt sich aus dem Unterschied zwischen den Emissionen des Projekts und den Emis-sionen die angefallen waumlren wenn das Projekt nicht umgesetzt worden waumlre wenn zum Beispiel statt Strom eines Windparks Strom aus Kohlekraftwerken verwendet worden waumlre Die Dokumen-tation wird wiederum von einer sach-verstaumlndigen Stelle und vom CDM-Exe-kutivrat uumlberpruumlft Abschlieszligend stellt der Exekutivrat den Projektbeteiligten Emissionszertifikate entsprechend der erzielten Emissionsminderung aus

Die Projektbeteiligten koumlnnen die Zertifikate dann an mehrere moumlgliche Abnehmer verkaufen Der erste moumlgli-che Abnehmer sind Industriestaaten die ihre Kyoto-Emissionsziele nicht durch inlaumlndische Emissionsredukti-onen erreichen und daher zusaumltzliche Zertifikate benoumltigen Daruumlber hinaus gibt es in der EU und in mehreren ande-ren Staaten Emissionshandelssysteme auf Unternehmensebene Aumlhnlich wie die Industriestaaten durch das Kyoto-Protokoll verpflichtet sind Emissi-onszertifikate vorzulegen muumlssen in der EU und in anderen Laumlndern auch bestimmte Unternehmen wie die Ener-gieversorger und groszlige Industriebe-triebe fuumlr ihre Treibhausgasemissionen Zertifikate vorlegen Diese Unterneh-men koumlnnen teilweise CDM-Zertifikate verwenden um ihre Verpflichtung zu erfuumlllen Der dritte moumlgliche Abnehmer ist der wachsende Markt der sogenann-ten bdquofreiwilligen Kompensationldquo von Treibhausgasemissionen Dies sind

Unternehmen und Privatpersonen die ihre Emissionen ausgleichen wollen indem sie CDM-Zertifikate kaufen und loumlschen Ein Beispiel dafuumlr sind Aus-gleichszahlungen fuumlr den CO2-Ausstoszlig durch Fluumlge

Der CDM verfuumlgt uumlber keinerlei men-schenrechtliche Kriterien Es gibt ledig-lich die Bestimmung dass die Projekte zur nachhaltigen Entwicklung beitragen sollen und die Vorschrift dass die lokale Bevoumllkerung konsultiert werden muss Allerdings gibt es keine interna-tionalen Kriterien wie der Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung uumlberpruumlft werden soll Stattdessen wird die Pruuml-fung vollstaumlndig den Gastgeberlaumlndern der Projekte uumlberlassen Ebenso gibt es nur vage internationale Kriterien fuumlr die Konsultation der lokalen Bevoumllke-rung Viele Laumlnder haben nur schwache

Funktionsweise des Clean Development Mechanism

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 29

Regeln und uumlberwachen deren Einhal-tung nur schlecht Als Ergebnis kommt es immer wieder zu Vorwuumlrfen dass durch CDM-Projekte Menschenrechte verletzt werden Die internationale Gemeinschaft ist damit nicht ihrer Verantwortung nachgekommen neue voumllkerrechtliche Vertraumlge entsprechend ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen auszugestalten

Das Kyoto-Protokoll wird nach 2020 nicht weitergefuumlhrt entsprechend wird auch der CDM auslaufen Allerdings

wurden im Pariser Abkommen neue Kooperationsmechanismen geschaf-fen Die Regeln zur Umsetzung dieser Mechanismen sollen ausdruumlcklich die Erfahrungen aus den Mechanismen des Kyoto-Protokolls beruumlcksichtigen Aus den menschenrechtlichen Problemen die sich im CDM ergeben haben soll-ten die Staaten die Schlussfolgerung ziehen dass die neuen Mechanismen verbindliche menschenrechtliche Krite-rien benoumltigen

Der Fall Bajo Aguaacuten ndash CDM-Zertifizierung trotz Menschen-rechtsverletzungen

Das Projekt bdquoAguan Biogas Recovery from Palm Oil Mill Effluent [POME] Ponds and Biogas Utilisation ndash Ex-portadora del Atlaacutentico AguanHondurasldquo soll die Behandlung von Abwasser aus einer Palmoumllmuumlhle verbessern und dadurch die Emissio-nen von Methan vermindern Das Palmoumll kommt aus Plantagen die im Zentrum eines gewalttaumltigen Landkon-flikts stehen Laut den oumlrtlichen KleinbaumluerInnen hat sich der Eigentuuml-mer das Plantagenland widerrechtlich angeeignet Sie fordern daher die Ruumlckgabe des Landes Die Sicherheits-kraumlfte der Plantagen und die oumlffentli-chen Sicherheitskraumlfte gehen immer

wieder gewaltsam gegen die Kleinbaumlu-erInnen vor bisher wurden uumlber 50 Personen getoumltet

Diese Umstaumlnde spielten jedoch im Registrierungsverfahren des CDM keine Rolle FIAN und andere Nicht-regierungsorganisationen wiesen den CDM-Exekutivrat darauf hin dass das Projekt in Menschenrechtsver-letzungen verwickelt sei Es wurde dennoch als CDM-Projekt registriert Der CDM-Exekutivrat erklaumlrte dass er kein Mandat habe solche Umstaumlnde zu beruumlcksichtigen Seine Zustaumlndig-keit beschraumlnke sich auf die Klima-schutzauswirkungen von Projekten Neben Honduras war das Projekt auch von Groszligbritannien registriert wor-den Nachdem sie uumlber die Vorwuumlrfe informiert worden war aumluszligerte die britische Regierung zwar dass diese bdquoverstoumlrendldquo seien erklaumlrte aber fuumlr Fragen der Nachhaltigkeit sei das Gastgeberland Honduras zustaumlndig

Das Projekt ist im CDM registriert und kann fuumlr Emissionsreduktionen die bis zum 31 Januar 2018 erzielt wurden Zertifikate erhalten Dieser Zeitraum kann verlaumlngert werden Das Ausmaszlig der Gewalt ist zwar nach einer Intervention der deutschen Regierung zuruumlckgegangen der zugrunde lie-gende Landkonflikt ist aber weiterhin ungeloumlst

Eine honduranische Baumluerin weist bei einer Demonstration auf die schweren Menschen-rechtsverletzungen in Bajo Aguaacuten hin

30 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank

Viele Klimaschutzmaszlignahmen werden ausschlieszliglich von privaten Unterneh-men und Banken durchgefuumlhrt die nicht an verbindliche Sozialstandards gebunden sind Insbesondere in Laumln-dern des Globalen Suumldens mit schwa-chen nationalen Standards und Institu-tionen zu ihrer Durchsetzung gefaumlhrdet dies den Schutz der Menschenrechte

Oumlffentliche Entwicklungsbanken verfuumlgen dagegen uumlber eigene Sozial-standards und Beschwerdeverfahren welche die Gefahr von Menschenrechts-verletzungen bei der Durchfuumlhrung von Projekten verringern koumlnnen Doch auch hier gibt es deutlichen Nachbes-serungsbedarf wie das Beispiel der Europaumlischen Investitionsbank (EIB) zeigt

Die EIB ist eine Bank der Europaumli-schen Union (EU) deren Anteilseigner neben der EU die EU-Mitgliedstaaten sind Sie verfuumlgt uumlber das groumlszligte Bud-get aller Entwicklungsbanken weltweit und ist ein Schluumlsselakteur der Klima-finanzierung Seit 2013 hat sie sich zum Ziel gesetzt jaumlhrlich mindestens 25 Prozent ihres Kreditvolumens fuumlr Kli-maprojekte zu vergeben Im Jahr 2011 leitete die EIB eine Untersuchung ein um ihre Sozialstandards den Anspruuml-chen der EU-Grundrechtecharta sowie den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte anzupassen Das dabei entstandene Handbuch fuumlr Umwelt- und Sozialstandards (2013) verspricht hohe Sozialstandards und beschreibt diese ndash als einzige Bank weltweit ndash sogar mit menschenrechtli-chem Vokabular 2015 uumlberarbeitete die EIB auszligerdem ihre Transparenzpolitik so dass sie im Unterschied zu vielen anderen europaumlischen Entwicklungs-banken bereits vor Bewilligung die Ergebnisse von Umwelt- und Sozial-vertraumlglichkeitsanalysen bekannt gibt Die EIB hat ferner ein eigenes Be-schwerdeverfahren das alle durch ihre Projekte Betroffenen nutzen koumlnnen Die Zustaumlndigen fuumlr die Bearbeitung

der Beschwerden koumlnnen Mediations-prozesse anstoszligen Das Verfahren und das zustaumlndige Gremium koumlnnen sogar selbst Gegenstand einer Beschwerde vor dem EU-Ombudsmann werden wenn die Betroffenen mit seiner Arbeit unzufrieden sind

Gute Standards und ein gutes Beschwerdeverfahren gelten in der Regel als Grundbedingung fuumlr die Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht Dennoch gibt es im System der EIB erhebliche Maumlngel Eine menschenrechtliche Untersuchung der Anwendung der Sozialstandards beim oben erwaumlhnten Erdwaumlrmeprojekt in Kenia fuumlhrte dabei zu folgenden Ergeb-nissen Es werde zu wenige Sozial- und MenschenrechtsexpertInnen je Projekt beschaumlftigt Ersatzweise werden Kre-ditnehmer auf das EIB-Handbuch zu Umwelt- und Sozialstandards verwiesen Die EIB uumlberlaumlsst die Umsetzung ihrer hehren Sozialstandards damit weitge-hend den Kreditnehmern ohne diese mit angemessen Personalressourcen zu unterstuumltzen und zu kontrollieren Betroffene werden von der EIB auch nicht systematisch uumlber die Existenz ihres Beschwerdeverfahrens informiert sondern stoszligen ndash wenn uumlberhaupt ndash erst durch eigene Recherche auf ihn Die EIB-MitarbeiterInnen haben keine Verpflichtung den Beschwerdeaus-schuss aktiv in problematische Projekte einzubinden Er wird erst aktiv wenn Betroffene an ihn herantreten Bei Pro-jekten die von mehreren Geldgebern finanziert werden hat er kein Mandat deren Rolle bei der Verletzung von So-zialstandards zu untersuchen Seine Be-urteilungen und Empfehlungen sind fuumlr die Bank auch nicht rechtlich bindend Das Beispiel der EIB zeigt damit nicht nur deren spezifische Maumlngel in der Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht sondern demonstriert auch die generell begrenzte Reichweite institutioneller Beschwerdemecha-nismen Sie stellen keinen Ersatz fuumlr verbindliche Menschenrechtsstandards dar zu deren Umsetzung Staaten ver-pflichtet sind

Gemaumlszlig dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP) sind 80 Prozent aller Menschen die aufgrund des Klimawan-dels umsiedeln muumlssen FrauenFoto Survival International

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 31

Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Der Status der EU im Menschenrechts-system ist kompliziert Die EU selbst ist kein Staat sondern eine Mitgliederor-ganisation von Staaten Wie andere internationale Organisationen auch ist sie daher keine Vertragspartei der zwischenstaatlichen Menschenrechts-vertraumlge (mit Ausnahme der UN-Behin-dertenrechtskonvention) Sie ist auch keine Vertragspartei der Europaumlischen Menschenrechtskonvention obwohl ihr Beitritt in Artikel 6(2) des EU-Vertrags

festgelegt ist und seit langem gepruumlft wird Daher haben die Menschenrechts-organe der UN und des Europarates auch kein Mandat uumlber die EU und duumlrfen nicht uumlber sie urteilen

Dennoch ist auch die EU verpfl ich-tet Menschenrechte in ihrer Innen- und Auszligenpolitik zu beachten Diese Verpfl ichtungen beruhen vor allem auf a) der EU-Grundrechtecharta (2009) b) dem EU-Vertrag sowie c) auf der Aarhus-Konventiona) Die Grundrechtecharta gilt fuumlr alle

EU-Organe sowie fuumlr die Mitglied-staaten bei der Anwendung von EU-Recht (GRC Art 51(1)) Sowohl das EU-Parlament als auch ein Experten-urteil bestaumltigten ihre extraterritori-ale Reichweite

b) In den EU-Vertraumlgen bekennt sich die EU zum Schutz der Menschen-rechte in ihrer Beziehung zur uumlbri-gen Welt und zur Grundrechtecharta der Vereinten Nationen (EUV Art 3(5)) Sie erklaumlrt diese zu leitenden Grundsaumltzen ihres auswaumlr-tigen Handelns (EUV Art 21) Dies gilt ausdruumlcklich auch fuumlr die Ko-operation mit Entwicklungslaumlndern (EUVA Art 208)

c) Die EU ist eine Vertragspartei der Aarhus-Konvention die nach Expert Innenmeinung ebenfalls auch extraterritorial ausgelegt werden kann

0 100 200 300 400 500

203020141990

Gebaumlude

Landwirtschaft

Industrie

Energiewirtschaft

Verkehr

lt61

72

88

lt98

160

163

lt72

119

209

lt143

181

283

lt183

358

466

Datenquelle Bundesministerium fuumlr UmweltNaturschutz Bau und Reaktorsicherheit (2017)Klimaschutz in Zahlen 2017

Ziele zur Verringerung von Treibhausgas-emissionen Deutschlands nach Sektoren gemaumlszlig dem Klimaschutzplan 2050(in Millionen Tonnen CO2-Aumlquivalenten)

32 FIAN | Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh (2012) Second National Com-munication of Bangladesh to the United Nations Framework Convention on Climate Change Dhaka Ministry of Environment and Forests Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh

Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 37

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Weltbank (2013) Turn Down the Heat Climate Extremes Regional Impacts and the Case for Resilience Washington DC Weltbank

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitikldquo

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UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2012) Human Rights Indicators A Guide to Measurement and Implementation httpbitly1oUZYHb

UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

International Commission of Jurists (2011) Maastricht Principles on Extraterritorial Obligations of States in the Area of Economic Social and Cultural Rights Verfuumlgbar mit deutscher Uumlbersetzung unter httpwwwfiandefileadminuser_uploaddo-kumenteshopRaN2012_ETO_Maastricht_Principles_en_de_finalpdf

UN Special Procedures (2015) Climate Change and Human Rights ndash Joint statement by UN Special Procedures on the occasion of World Environment Day 5 Juni 2015 httpwwwohchrorgENNewsEventsPagesDisplayNewsaspxNewsID=16049amp LangID=E

The Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (2015) Human Rights Law Sources UN Pronouncements on Extra-Territorial Obligations httpwwwetoconsortiumorgncenmain-navigationlibrarydocuments tx_drblob_pi15BdownloadUid5D=163

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2015) Report of the Office of the Uni-ted Nations High Commissioner for Human Rights on the relationship between clima-te change and human rights AHRC1061 15 Januar 2009 httpwwwohchrorgENIssuesHRAndClimateChangePagesStudyaspx

UN-Menschenrechtsrat (2016) Report of the Special Rapporteur on the issue of human rights obligations relating to the enjoyment of a safe clean healthy and sustainable environment AHRC3152 1 Februar 2016 httpspapersssrncomsol3paperscfmabstract_id=2729611

Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

European Bank for Reconstruction and Development together with MDB partners the African Development Bank the Asian Development Bank the European In-vestment Bank the Inter-American Development Bank Group and the World Bank Group (2016) Joint Report on Multilateral Development Banksrsquo Climate Finance wwwebrdcom2016-joint-report-on-mdbs-climate-financepdf

Schade Jeanette and Wolfgang Obergassel (2014) Human rights and the Clean Development Mechanism In Cambridge Review of International Affairs Vol 27 No 4 pp 717-735

Sterk Wolfgang und Christof Arens (2010) Investitionen fuumlr den Klimaschutz Die projektbasierten Mechanismen CDM und JI Berlin Bundesministerium fuumlr Umwelt Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) httpwwwcarbon-mechanismsdefileadminmediadokumentePublikationenCMRBroschuere_2010_Einfuehrung_CDM_JI_bfpdf

38 FIAN | Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Finley-Brook Mary Thomas Curtis (2011) Renewable Energy and Human Rights Violations Illustrative Cases from Indigenous Territories in Panama In Annals of the Association of American Geographers 1014 pp 863-872

Schade Jeanette (2013) Climate change and planned relocation Risks and a propo-sal for safeguards In Thomas Faist Jeanette Schade (Eds) Disentangling Migra-tion and Climate Change Methodologies Political Discourses and Human Rights Heidelberg Dordrecht New York Springer pp 138-206

Wolfgang Obergassel Jeanette Schade Lauri Peterson Nicolas Kreibich Timo Beiermann (2017) International Climate Finance Mechanisms and Extraterritorial Human Rights Obligations Status Quo and Future Prospects ein Dossier von FIAN Deutschland httpswwwfiandeartikelansicht2017-07-19-internationale- klimafinanzierung-und-risiken-fuer-die-menschenrechte

FIAN (2008) Agrartreibstoffe und das Menschenrecht auf Nahrung Grundlagen-papier von FIAN-Deutschland httpwwwfiandefiandownloadspdfagrarFIAN_Grundlagenpapier_Agrartreibstoffepdf

Jeanette Schade (2017) EU accountability for the due diligence failures of the European Investment Bank Climate finance and involuntary resettlement in Olkaria Kenya In Journal of Human Rights and the Environment Vol 8(1) 72-97 (Son-derausgabe ldquoClimate Justice and Displacementrdquo Gastherausgeber Schade und Manou)

Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 39

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 21: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

Beispiel fuumlr die sichere Ruumlckkehr von Vertriebenen sorgen oder sie auf neuem fruchtbaren Land ansiedeln Da fuumlr viele Laumlnder des Globalen Suumldens wegen der Begrenztheit der verfuumlgbaren Mittel

insbesondere die Gewaumlhrleistungs-pflicht nicht immer leicht zu erfuumlllen ist sieht der UN-Sozialpakt eine all-maumlhliche Verwirklichung der Rechte vor

Extraterritoriale Staatenpflichten

Menschenrechtsvertraumlge beschreiben zunaumlchst die Pflichten eines Vertrags-staates gegenuumlber den Menschen auf seinem Staatsgebiet oder solchen die anderweitig unter seiner Gewalt stehen (zum Beispiel bei Besatzungen) Der UN-Zivilpakt enthaumllt eine Klausel die seinen Anwendungsbereich in diesem Sinn einschraumlnkt Der UN-Sozialpakt hingegen erlaubt weitreichendere Interpretationen Hier heiszligt es in Artikel 2(1) bdquoJeder Vertragsstaat verpflichtet sich einzeln und durch internationale Hilfe und Zusammenar-beit hellip die volle Verwirklichung der in diesem Pakt anerkannten Rechte zu erreichenldquo Fortschrittliche JuristInnen sehen darin eine rechtlich bindende Pflicht wirtschaftliche soziale und kulturelle Menschenrechte auch uumlber das eigene Staatsgebiet hinaus zu respektieren zu schuumltzen und zu gewaumlhrleisten Dies hat der UN-Sozial-ausschuss 2002 in seinem Allgemeinen Kommentar Nr 15 zum Recht auf Wasser aufgegriffen der bdquohellip von den Vertragsstaaten [verlangt] von Hand-lungen abzusehen die den Genuss des Rechts auf Wasser in anderen Laumlndern unmittelbar oder mittelbar beeintraumlchti-genldquo Die International Commission of Jurists (ICJ) hat dies fortgesetzt und 2011 die sogenannten Maastrichter Prinzipien zu extraterritorialen Staaten-pflichten im Rahmen des UN-Sozialpakts veroumlffentlicht Laut den Maastrichter Prinzipien muumlssen Staaten ihre zwi-schenstaatlichen und internationalen Abkommen so gestalten dass sie nicht zu menschenrechtlichen Verwerfungen bei Vertragspartnern fuumlhren und die Staaten nicht in der Erfuumlllung ihrer

menschenrechtlichen Verpflichtungen einschraumlnken Ferner haben Staaten die Pflicht gesetzgeberische und politische Maszlignahmen zu ergreifen um Menschen in anderen Staaten vor Menschen-rechtsverletzungen durch bei ihnen ansaumlssige international agierende Konzerne zu schuumltzen Die freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Men-schenrechten gleichfalls von 2011 weisen zumindest den Spielraum aus den Staaten zur Regulierung transnati-onaler wirtschaftlicher Akteure haben 2017 veroumlffentlichte der UN-Sozialaus-schuss auszligerdem den Allgemeinen Kommentar Nr 24 zu Staatenpflichten im Zusammenhang unternehmerischen Handelns Darin betont er ebenfalls die grenzuumlberschreitenden staatlichen Pflichten zur Kontrolle multinationaler Konzerne Insgesamt hat der Verweis auf extraterritoriale Pflichten der Staaten im Rahmen des UN-Menschen-rechtssystems uumlber die letzten Jahre stark zugenommen

Protest vor der Zentrale der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) gegen ein Staudammprojekt in Panama

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 21

Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten

Obwohl die Umwelt- und die Men-schenrechtsprinzipien ein groszliges Potenzial fuumlr Synergien haben weisen die Klimarahmenkonvention und das Kyoto-Protokoll keinerlei Bezug zu den Menschenrechten auf Zur Veran-schau li chung vergleicht die folgende Tabelle die wesentlichen Prinzipien der international anerkannten Men-schenrechte und die Regeln des Kli-marechts anhand der Grundpfeiler des internationalen Umweltrechts

Wie die Tabelle zeigt sind Staaten aus menschenrechtlicher und aus kli-mapolitischer Perspektive verpflichtet den Klimawandel zu stoppen und seine Wirkungen abzumildern Neben der Emissionsminderung ist es menschen-rechtlich wichtig besonders betroffene Bevoumllkerungsgruppen bei der Anpas-sung zu unterstuumltzen die hierfuumlr kaum Mittel haben

Ferner duumlrfen klimapolitische Maszlignahmen ihrerseits nicht zu Men-schenrechtsverletzungen fuumlhren Da die internationalen Klimaregeln aber im Gegensatz zu Menschenrechtskonven-tionen und vielen anderen Umweltab-kommen vergleichsweise wenig Wert auf die Einbindung betroffener Menschen legt kommt es durch klimapolitische Maszlignahmen immer wieder zu Men-schenrechtsverletzungen Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen sowie UN-SonderberichterstatterInnen und andere Menschenrechtsorgane haben daher intensiv Lobbyarbeit betrieben um Menschenrechte im Abkommen von Paris zu verankern Durchgesetzt hat sich jedoch nur ein Absatz in der nicht-bindenden Praumlambel (Zitat siehe Einlei-tung) Klimaschutz und Menschenrech-te trennen weiterhin Welten

Umwelt-recht-

Prinzipien Internationale Menschenrechte Internationales Klimarecht

Veru

rsac

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ip

Ist Bestandteil der Menschenrechtsprinzipien und kommt im Recht auf Rechtsmittel und Entschaumldigung zum Ausdruck Das Verursacherprinzip setzt voraus dass ein Staat seine Respektierungs- Schutz- oder Gewaumlhrleistungspflicht nachweislich verletzt hat

Wegen des Problems eine spezifische Kausalkette nachzuweisen (welche CO2-Emission hat wen geschauml-digt) ist es kein Prinzip der Klimarahmenkonventi-on In aufgeweichter Form spiegelt es sich im Prinzip der gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortung

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on Grundlegendes in Art2 (1) des UN-Sozialpaktes verankertes Prinzip wonach die reichen Industrie-staaten die Laumlnder des Globalen Suumldens bei der allmaumlhlichen Verwirklichung der Menschenrechte unterstuumltzen sollen

Verpflichtung der Industrielaumlnder gemaumlszlig Art 4 (3 4) der Klimarahmenkonvention die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell und technologisch bei der Minde-rung von Emissionen und Anpassung an den Klima-wandel zu unterstuumltzen

Verf

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Verfahrensrechte (Gleichbehandlung Information Beteiligung Rechtsmittel) sind Grundlage aller menschenrechtlichen Vertraumlge weil sie auch fuumlr die Sicherung substantieller Rechte (zB Recht auf Nahrung) bedeutend sind Dies gilt insbesondere auch fuumlr die Rechte besonders diskriminierter Bevoumllkerungsgruppen

Im Gegensatz zu vielen Umweltabkommen (zB Aarhus-Konvention) spielen in der Klimarahmenkon-vention dem Kyoto-Protokoll und dem Pariser Ab-kommen Verfahrensrechte von Einzelpersonen keine Rolle Die Ausgestaltung der internationalen Klima-schutzmechanismen nimmt entsprechend wenig Ruumlcksicht darauf

Vergleich menschenrechtlicher und klimarechtlicher Prinzipien

22 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Die Malediven fordern von der internationalen Staatengemeinschaft Maszlignahmen zum Klimaschutz zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung

Kaum jemand zweifelt mehr daran dass der Klimawandel maszliggeblich men-schengemacht ist und negative Auswir-kungen auf die Wahrnehmung von Menschenrechten hat Auf Grundlage der menschenrechtlichen Schutzpflicht sind die Staaten verpflichtet rasch effektive Maszlignahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen zu ergrei-fen BerichterstatterInnen des UN-Menschenrechtsrats betrachten das im Pariser Abkommen vereinbarte Ziel Emissionen derart zu reduzieren dass der globale Temperaturanstieg unter 15 Grad Celsius gehalten wird daher als menschenrechtliche Pflicht der Staaten Dennoch findet Emissionsmin-derung nicht in dem Umfang statt wie es noumltig waumlre Seit 2005 haben ver-schiedene Akteure auf unterschiedli-chen Wegen versucht diesen Blockaden mit Hilfe des Menschenrechtssystems entgegenzuwirken

Die Regierung der Malediven schlug den politischen Weg ein Die Malediven sind ein Staat bestehend aus etwa 1200 kleinen Inseln die nur wenige Meter uumlber dem Meeresspiegel liegen und unmittelbar vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen sind Die Regierung des Landes initiierte die Maledivische Erklaumlrung zur menschlichen Dimension des globalen Klimawandels die sie im November 2007 gemeinsam mit 38 weiteren kleinen Inselstaaten unterzeichnete In dieser Erklaumlrung forderten sie das Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte der Vereinten Nationen auf dem Menschenrechtsrat eine detaillierte Studie uumlber die Auswir-kungen des Klimawandels vorzulegen was im Oktober 2009 ndash kurz vor der Klimakonferenz in Kopenhagen ndash auch geschah Die Malediven haben damit einen Prozess in Gang gesetzt der maszliggeblich dazu beigetragen hat dass viele Menschenrechtsorgane begannen sich mit den Auswirkungen des Klima-wandels auf die Menschenrechte zu befassen

Einen anderen Weg schlugen die Inuit des US-amerikanischen Teils Alaskas ein 2005 reichten sie bei der Inter-Amerikanischen Menschenrechts-kommission eine Klage gegen die USA ein weil die USA nicht genug taumlten um den Klimawandel zu verhindern Die Kommission lehnte die Verhandlung des Falls ab Ein wesentlicher Grund war dass die Klaumlger nicht hinreichend darle-gen konnten dass vor allem die Un-taumltigkeit der USA zur Verletzung ihrer Menschenrechte fuumlhre Die Kommission lud die Inuit aber im Maumlrz 2007 zu einer Anhoumlrung ein um die Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Menschen-rechte zu eroumlrtern Obwohl sie rechtlich eine Niederlage erlitten hatten wurde die Anhoumlrung doch zu einem politi-schen Erfolg der der Situation der Inuit global viel Aufmerksamkeit einbrachte

Des Weiteren war die Klageschrift der Inuit der Auftakt zu einer Vielzahl von Versuchen die Staaten auf juristi-schem Wege zur Pflicht zu rufen Dies muss sich aber nicht auf Organe des Menschenrechtssystems beschraumlnken Besonders erfolgreich war eine Klage der niederlaumlndischen Umweltorganisa-tion Urgenda gegen die Niederlande Das Bezirksgericht in Den Haag urteilte 2015 auf Grundlage der in der nieder-laumlndischen Verfassung verankerten Fuumlrsorgepflicht des niederlaumlndischen Staates dass die Niederlande auf-grund der Erkenntnisse des vierten Sachstandsberichts des Weltklimarats ihre Emissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 25 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern muumlssen Mit den bis dahin ergriffenen Maszlignahmen waumlren voraussichtlich nur 17 Prozent erreicht worden

Trotz dieser Erfolge bleibt es schwierig einzelne Staaten fuumlr den Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Menschenrechte zur Verant-wortung zu ziehen Haumlufig verstaumlrkt der Klimawandel nur bereits beste-hende Menschenrechtsverletzungen Auch die Unterscheidung ob eine

Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 23

Menschenrechtsverletzung in diesem Zusammenhang Folge des Klimawandels oder uumlblicher Wetterextreme ist ist oft schwierig So kommt das Hochkommis-sariat fuumlr Menschenrechte 2009 zum Ergebnis dass der Klimawandel zwar eindeutig negative Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Menschenrech-ten hat dass es aber weniger eindeutig ist ob und in welchem Ausmaszlig die Auswirkungen in streng rechtlichem Sinn als Menschenrechtsverletzung qualifiziert werden koumlnnen

Aus Sicht von FIAN Deutschland kann der Verlust des Zugangs zu Nah-rung durch den Klimawandel aber durchaus als Menschenrechtsverletzung gewertet werden fuumlr die andere Staa-

ten als der Heimatstaat mitverantwort-lich sind Zwar ist der Haftungsansatz nach dem Verursacherprinzip aufgrund der oben geschilderten Besonderheiten des Klimaproblems fuumlr eine menschen-rechtliche Argumentation wenig frucht-bar Aufgrund des Wissens der Staaten uumlber die menschliche Verursachung und der nachweislich negativen Auswirkun-gen des Klimawandels auf die weltweite Verwirklichung der Menschenrechte sind die Staaten jedoch gemaumlszlig UN-Sozialpakt Artikel 2(1) menschenrecht-lich verpflichtet einzeln sowie durch internationale Hilfe und Zusammen-arbeit unter Ausschoumlpfung all ihrer Moumlglichkeiten wirksame Maszlignahmen zur Emissionsminderung zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung

bdquoAnpassungldquo umschreibt ein weites Feld von Aktivitaumlten das die Menschen weniger anfaumlllig gegenuumlber den Auswir-kungen des Klimawandels macht Hiermit kann die Einfuumlhrung von duumlrreresistenten Pflanzenarten und von Bewaumlsserungssystemen gemeint sein aber auch Umsiedlung aus Hochrisiko-zonen neue Bauweisen und Bauvor-schriften oder der Ausbau von Institu-tionen zum Risikomanagement Sie macht einen vergleichsweise kleinen Teil der Klimafinanzierung aus die sich 2016 auf insgesamt 380 Milliarden US Dollar belief 93 Prozent der globalen Klimafinanzierung kommen der Emissi-onsminderung zugute die uumlberwiegend privat finanziert ist Mittel aus oumlffentli-cher Hand tragen nur 34 Prozent zur globalen Klimafinanzierung bei wovon wiederum nur 16 Prozent Anpassungs-maszlignahmen zugutekommen 89 Pro-zent der oumlffentlichen Klimafinanzierung werden von internationalen und natio-nalen Entwicklungsbanken gestemmt Selbst die internationalen Banken wie die Weltbank die Asiatische und die

Afrikanische Entwicklungsbank oder die Europaumlische Investitionsbank (EIB) investieren nur durchschnittlich 23 Pro-zent ihrer Investitionen im Klimabe-reich in Anpassungsmaszlignahmen Fuumlr den unmittelbaren Schutz sowie fuumlr Anpassungsmaszlignahmen an die Folgen des Klimawandels werden also verhaumllt-nismaumlszligig wenige Gelder bereitgestellt Dies kann akut zu Menschenrechtsver-letzungen fuumlhren Je spaumlter und halb-herziger in den Klimaschutz investiert wird desto mehr Anpassung wird noumltig Die Pflicht der Staaten solche Maszlignah-men zu unterstuumltzen ergibt sich aus ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen gemaumlszlig Artikel 2(1) des UN Sozialpaktes Sie gilt unabhaumlngig davon wie viel ein Staat zur Klimaer-waumlrmung beitraumlgt Diese Pflicht ergibt sich auszligerdem aus Art 4(3 4) der Klimarahmenkonvention die aumlrmeren Laumlnder sowohl beim Klimaschutz als auch bei der Anpassung an den Klima-wandel unterstuumltzen ndash gemaumlszlig dem Prinzip gemeinsamer aber unterschied-licher Verantwortung

Die Lebensgrundlage der Indigenen im aumlthiopischen Omo-Tal ist durch den Bau des Stauddamms Gibe III bedroht Foto Suvival International

24 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Obergrenze (Cap)

Industriestaaten unterschreiben dashellip

Kyoto-Protokoll (1997)

Ziel Reduktion der Treibhausgasemission

Emissionen im Zeitraum von 2008 bis 2012 um 5 unter das Niveau von 1990 senken

fl exibler Mechanismus

Fabrik A Fabrik B

Wenn die Emissionen unter der Obergrenze

liegen koumlnnen die nicht genutzten Emissionsrechte wieder verkauft

werden

hellip an Staaten oder

Unternehmen die mehr

Emissionen ausstoszligen

wollen

Verkauft die ungenutzten CO

2-Rechtehellip

Funktionsweise des Emissionshandels

Internationale Klimafinanzierung

Gemaumlszlig der Klimarahmenkonvention sind die traditionellen Industrielaumlnder verpflichtet die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell technologisch und mit Kapazitaumltsaufbau zu unterstuumltzen Auf der Klimakonferenz von Kopenha-gen 2009 wurde diese Verpflichtung konkretisiert die Industrielaumlnder sagten zu dass die finanzielle Unter-stuumltzung bis 2020 auf jaumlhrlich 100 Milli-arden US-Dollar anwachsen soll Zu diesen werden nicht nur die aufge-brachten oumlffentlichen Mittel sondern auch private Investitionen in den Klimaschutz gezaumlhlt wenn sie eine Folge staatlicher Maszlignahmen sind

Die Unterstuumltzung durch oumlffentliche Geber laumluft durch eine Vielzahl von Ka-naumllen Zum einen nutzen viele Staaten dazu ihre Organisationen der Entwick-lungszusammenarbeit In Deutschland sind das beispielsweise die Gesellschaft fuumlr Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Kreditanstalt fuumlr Wieder-aufbau (KfW) Zweitens zaumlhlen auch die Weltbank und die regionalen Ent-wicklungsbanken Klimaschutz zu ihren Aufgaben Insbesondere die Weltbank hat mehrere spezielle Klimaschutzfonds geschaffen Drittens wurde eine Reihe von internationalen Fonds eingerichtet Mit den Geldern der 1991 geschaffenen Globalen Umweltfazilitaumlt (Global Envi-ronment Facility GEF) werden Projekte im Rahmen der Klimarahmenkonventi-on und anderer internationaler Um-weltabkommen finanziert 2001 wurden unter der Klimarahmenkonvention eine Reihe von kleinen spezialisierten Fonds eingerichtet die insbesondere Maszlig-nahmen zur Anpassung an den Klima-wandel finanzierenbull der Least Developed Countries Fund

Fonds fuumlr die am wenigsten entwi-ckelten Laumlnder

bull der Special Climate Change Fund Spezieller Klimawandel-Fonds der vor allem Anpassungsmaszlignahmen finanzieren soll und

bull der Adaptation Fund Anpassungs-fonds fuumlr Laumlnder des Globalen Suumldens

Daruumlber hinaus wurde 2010 beschlos-sen den Green Climate Fund (Gruumlner Klimafonds) einzurichten Dieser soll einen erheblichen Teil der zugesagten 100 Milliarden US-Dollar verwalten

Neben diesen Einrichtungen zur Klimafinanzierung wurden im Rahmen des Kyoto-Protokolls auch institutiona-lisierte Verfahren zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige geschaffenbull der internationale Emissionshandel

der den Handel mit Rechten zum Ausstoszlig von Treibhausgasen regelt

bull die Joint Implementation (Gemein-same Umsetzung) uumlber die Klima-schutzprojekte in Industrielaumlndern international zertifiziert werden koumlnnen

bull der Clean Development Mechanism (Mechanismus fuumlr umweltver-traumlgliche Entwicklung) uumlber den Klimaschutzprojekte in Laumlndern

Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 25

des Globalen Suumldens international zertifiziert werden koumlnnen (siehe Kapitel bdquoDer Clean Development Mechanismldquo)

Diese Verfahren dienen aber in ers-ter Linie der Erreichung der Emissi-onsziele der Industrielaumlnder (siehe Kapitel bdquoSenkung der eigenen Emissi-onenldquo) Mitgliedstaaten mit groszligen Regenwaldvorkommen forderten daher

ein Instrument zu schaffen das den Schutz von Waumlldern auf die Klimabilanz anrechnet Infolge wurde 2007 das Programm REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degrada-tion in Developing Countries) ins Leben gerufen Es soll zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige in Laumlndern des Globalen Suumldens beitragen die durch Abholzung von Waumlldern entstehen

Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen

Maszlignahmen zum Klimaschutz sind aus menschenrechtlicher Perspektive oft umstritten Bei Investitionen in erneu-erbare Energien handelt es sich haumlufig um groszlige flaumlchenintensive Infrastruk-turprojekte wie zum Beispiel den Bau von Staudaumlmmen und Wasserkraftwer-ken Windparks groszligflaumlchige Solar- und Erdwaumlrmeanlagen Das Gleiche gilt fuumlr den Anbau von Energiepflanzen wie Oumllpalmen Investitionen in CO2-Senken also die Ausdehnung von Waumlldern oder der Erhalt bestehender Waumllder stehen oft in Konkurrenz zu anderen Flaumlchen- und Waldnutzungen Auch Anpassungs-maszlignahmen wie der Bau von Schutz-waumlllen oder die Einrichtung von siedlungsfreien Zonen in Hochrisikoge-bieten (zum Beispiel in Gebieten die

haumlufig uumlberschwemmt oder durch Erosion und Erdrutsche gepraumlgt sind) betreffen Land das von Menschen genutzt und ihnen durch solche Maszlig-nahmen entzogen wird Die Flaumlchen-konkurrenz zwischen Investitionen zum Klimaschutz und bisheriger Landnut-zung fuumlhrt unter anderem dazu dass KleinbaumluerInnen und Hirtenvoumllkern der Zugang zu Land und Wasser entzogen wird das sie bisher fuumlr den Nahrungs-mittelanbau und die Viehwirtschaft nutzten Haumlufig handelt es sich dabei um indigene Gruppen die keine Landti-tel besitzen Mit der Vertreibung von ihren wirtschaftlich genutzten Flaumlchen geht auch haumlufig die Vertreibung aus den Ansiedlungen einher Verletzungen sozialer Menschenrechte wie die Rechte auf Nahrung Wasser und Woh-nen sind die Folge Aber auch Verfah-rensrechte und das Recht auf Leben werden regelmaumlszligig missachtet

Dafuumlr gibt es viele Beispiele Pana-ma ist eines jener Laumlnder das am meis-ten in Wasserkraftwerke als erneuerbare Energiequelle investiert In mindes-tens drei bekannten Faumlllen ndash Bonyic Chan75 und Barro Blanco ndash kam es dabei zu schweren Menschenrechts-verletzungen Doumlrfer wurden geflutet obwohl die BewohnerInnen noch nicht umgesiedelt waren die Rechte von In-digenen auf ihr Gebiet und Beteiligung an Projekten wurden verletzt Betrof-fene und AktivistInnen die sich gegen diese Maszlignahmen wehrten wurden eingeschuumlchtert und sogar ermordet Auch Kenia gehoumlrt zu den Vorreitern in

Die klimaschuumltzende Wirkung von Staudaumlm-men zur Stromgewinnung wird bestritten Auszligerdem fuumlhren sie oft zu Verletzungen von Menschenrechten der oumlrtlichen Bevoumllkerung Foto Jane Hofbauer

26 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Sachen Klimaschutz ndash haumlufig zu Lasten ausgegrenzter Bevoumllkerungsgruppen In Olkaria willigten Massai in eine Umsiedlungsmaszlignahme zugunsten einer Erdwaumlrmeanlage (Geothermie) ein weil man ihnen eigene Landrech-te versprach die sie jedoch bis heute nicht erhalten haben Mehrere tausend indigene Jaumlger- und Sammlervoumllker wurden aus dem Embobut-Wald in Westkenia (Sengwer und Cherangany) und dem Mau-Wald (Ogiek) vertrieben weil die Regierung deren Nutzung unter REDD+ anstrebt Der Fall der Ogiek wurde 2014 sogar vor dem Afrikani-schen Gerichtshof fuumlr Menschen- und Voumllkerrechte zugunsten der Ogiek ver-handelt Aumlhnliches passierte in anderen Laumlndern Afrikas So wurde in Tansania die Gemeinschaft der Warufiji aus dem Refuiji-Delta vertrieben Sie hatten die Kooperation bei der Aufforstung der Mangrovenwaumllder verweigert weil man ihnen den Anbau von Reis verbot

Die Auswirkungen von Klimaschutz-maszlignahmen koumlnnen aber auch kom-plexerer Natur sein Wie die Weltbank 2008 in einer vielbeachteten Studie zur globalen Nahrungsmittelkrise darlegte trug die Flaumlchenkonkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Energiepflanzen-anbau maszliggeblich zum globalen An-stieg der Nahrungsmittelpreise bei der fuumlr viele Menschen zu Hunger fuumlhrte Anhand dieser katastrophalen Folgen der staatlichen Foumlrderung von Agrar-treibstoffen durch westliche Indust-rienationen wird deutlich wie diese klimapolitisch motivierten Programme in vielen aumlrmeren Laumlndern direkt zur Verletzung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser beitragen

Auch Anpassungsmaszlignahmen schneiden unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten nicht zwingend besser ab Obwohl sie im Prinzip zum Schutz der Menschen gedacht sind fehlt es in manchen Faumlllen an Professionalitaumlt in anderen Faumlllen fehlt der Fokus auf die besonders gefaumlhrdeten Bevoumllkerungs-gruppen In Mosambik wurden die Doumlr-fer im Sambesi-Flussdelta 20072008

nach schweren Uumlberschwemmungen in houmlher gelegene Gebiete umgesiedelt Viele der neuen Siedlungen blieben ohne angemessenen Zugang zu Wasser fruchtbarem Land und Gesundheitsver-sorgung So wurden sie von Nahrungs-mittelhilfen abhaumlngig Viele Familien verloren durch Abwanderung ihren Zusammenhalt Diskriminierungen bei Anpassungsmaszlignahmen kommen auch in entwickelten Laumlndern vor Nach dem Wiederaufbau von New Orleans nach dem Hurrikan Kathrina im Jahr 2005 durfte die arme afro-amerikanische Be-voumllkerung nicht mehr ihre am Flussufer gelegenen Siedlungen beziehen ndash we-gen Uumlberflutungsgefahr Angemesse-nen und finanzierbaren Ersatz bekamen sie jedoch nicht angeboten

Die Ursachen fuumlr negative Aus-wirkungen und Menschenrechtsver-letzungen durch Klimapolitik gehen teilweise auf die Bedingungen in den Projektlaumlndern zuruumlck Die jeweiligen Nationalstaaten sind menschenrecht-lich entsprechend zu beurteilen und zur Pflicht zu rufen Die Ursachen liegen aber auch in den Klimarahmenabkom-men selbst und ihren Mechanismen begruumlndet Bis auf das Abkommen von Paris enthalten diese keinen Verweis auf Menschenrechte Sie betonen aber die Rechte der Nationalstaaten ihre na-tuumlrlichen Ressourcen auszubeuten Das Abkommen von Paris ist insofern ein Erfolg als in der Praumlambel zum ersten Mal ein Bezug zu den Menschenrechten hergestellt wird Auch im Konzept der extraterritorialen Staatenpflichten zur Verwirklichung wirtschaftlicher sozia-ler und kultureller Menschenrechte ist anerkannt dass die Staaten die Pflicht haben ihre Instrumente zum Klima-schutz und zur Unterstuumltzung von An-passungsmaszlignahmen menschenrechts-konform zu gestalten Dennoch gilt es dicke Bretter zu bohren Eine Praumlambel ist nicht rechtsverbindlich sondern als Orientierungs- und Interpretationshilfe fuumlr die Vertragsparteien oder Gerichte zu verstehen

Fuumlr diese Geothermie-Anlage in Kenia wurden Massai von ihrem traditionellen Land vertrieben Foto Jeanette Schade

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 27

Der Clean Development Mechanism

Mit fast 8000 registrierten Projekten ist der Clean Development Mechanism (CDM) des Kyoto-Protokolls das bedeu-tendste internationale Verfahren zum Klimaschutz Er soll einerseits die Gastgeberstaaten der Projekte bei ihrer nachhaltigen Entwicklung unterstuumltzen und andererseits den Industrielaumlndern bei der Erreichung ihrer Emissionsziele helfen

Das Kyoto-Protokoll definiert fuumlr die teilnehmenden Industrielaumlnder verbindliche Emissionsziele Die Uumlber-wachung der Zielerreichung erfolgt auf Grundlage von Emissionszertifikaten jeder verpflichtete Staat muss fuumlr jede Tonne Treibhausgasemission ein Emis-sionszertifikat vorlegen Die Staaten erhalten eine Anfangsausstattung von Zertifikaten auf Grundlage ihrer Ziele zur Verringerung ihrer Emissionen Diese Zertifikate sind handelbar Schafft ein Staat es seine Emissionen staumlrker zu reduzieren als er zum Ziel hat kann er den sich daraus ergebenden Uumlber-schuss an Zertifikaten an andere Laumlnder verkaufen Auszligerdem koumlnnen die In-dustrielaumlnder uumlber den CDM zertifizierte Emissionsreduktionen aus Klimaschutz-projekten in den Laumlndern des Globalen Suumldens ankaufen

Die naturwissenschaftliche Grund-lage dieses so genannten Emissions-handels ist dass die Treibhausgase sich gleichmaumlszligig in der Atmosphaumlre verteilen Fuumlr den Klimawandel macht es keinen Unterschied an welchem Ort Treibhausgase ausgestoszligen oder reduziert werden Durch den Emissions-handel soll es daher ermoumlglicht werden Emissionen an der Stelle zu vermindern an der dies am kostenguumlnstigsten ist Im Kyoto-Protokoll gibt es zum einen den Emissionshandel zwischen Staaten zum anderen werden im CDM Zertifikate fuumlr Emissionsreduktionen in konkreten Projekten ausgestellt wie zum Beispiel fuumlr Windkraftanlagen Prinzipiell kann jeder beliebige Akteur CDM-Projekte durchfuumlhren Zertifikate erhalten und diese dann verkaufen seien es staatli-che Stellen private Unternehmen oder auch zivilgesellschaftliche Organisa-tionen Durch den CDM soll so fuumlr alle Interessierte ein Anreiz gesetzt werden in Emissionsreduktionen zu investieren Die groszlige Mehrheit der CDM-Projekte wird von privaten Unternehmen durchgefuumlhrt

Der CDM unterliegt der Fuumlhrung und Aufsicht der Konferenz der Vertrags-staaten des Kyoto-Protokolls Fuumlr die Pruumlfung und Genehmigung der konkre-ten Projekte sowie fuumlr die Ausarbeitung von Detailregelungen zu den Geneh-migungsverfahren haben die Vertrags-staaten einen Exekutivrat eingerichtet der aus zehn Mitgliedern und zehn stellvertretenden Mitgliedern besteht Die Mitglieder werden von der Vertrags-staatenkonferenz nach einem regiona-len Schluumlssel gewaumlhlt Der Exekutivrat soll nach Moumlglichkeit alle Entscheidun-gen einstimmig treffen Wenn dies nicht moumlglich ist sind auch Abstimmungen mit Dreiviertelmehrheit erlaubt

Um sich fuumlr die Ausstellung von CDM-Zertifikaten zu qualifizieren muumlssen CDM-Projekte ein festgeleg-tes Verfahren durchlaufen Zunaumlchst muumlssen die Traumlger des Projekts eine Projektdokumentation erstellen die darlegt welche Maszlignahmen durchge-fuumlhrt werden sollen und wie dadurch Emissionen vermindert werden Diese

Einige Doumlrfer im kenianischen Tana-Delta muumlssen per Tankwagen mit Trinkwasser versorgt werden

28 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Braucht Zertifi kate um eigene Klimaschaumlden ausgleichen zu

koumlnnen

INDUSTRIELAND

Klimaschutzprojekt wird unterstuumltzt

ENTWICKLUNGSLANDTechnologie

Finanzierung

Die Unterstuumltzung bringt dem Industrieland zusaumltzliche

Zertifi kate ein

Clean Development Mechanism (CDM)-Projekte werden kontrolliert durch den

CDM-EXEKUTIVRAT bestehend aus 10 Mitgliedern

Durch die Unterstuumltzung

sollen CO2-Emissionen vermieden

werden

Jeweils ein Mitglied der fuumlnf regionalen

Gruppen der Vereinten Nationen

Zwei Mitglieder des Kyoto-Protokolls

gelistet als Industrieland (Annex 1)

Zwei Mitglieder die nicht in Annex 1 des

Kyoto-Protokolls gelistet sind

EinE RepraumlsentantIn der kleinen

Inselstaaten

Projektdokumentation muss durch ein sachverstaumlndiges Zertifizierungsun-ternehmen beispielsweise den TUumlV uumlberpruumlft werden Auszligerdem muss das Projekt durch das Durchfuumlhrungsland und mindestens ein Industrieland genehmigt werden Wenn all diese Be-dingungen erfuumlllt sind wird das Projekt dem CDM-Exekutivrat vorgelegt Wenn der Exekutivrat keine Einwaumlnde hat wird es als CDM-Projekt registriert

Waumlhrend der Durchfuumlhrung des Projekts muumlssen seine Traumlger fortlau-fend uumlberwachen und dokumentieren welche Treibhausgasmengen es er-zeugt Die Emissionsminderung ergibt sich aus dem Unterschied zwischen den Emissionen des Projekts und den Emis-sionen die angefallen waumlren wenn das Projekt nicht umgesetzt worden waumlre wenn zum Beispiel statt Strom eines Windparks Strom aus Kohlekraftwerken verwendet worden waumlre Die Dokumen-tation wird wiederum von einer sach-verstaumlndigen Stelle und vom CDM-Exe-kutivrat uumlberpruumlft Abschlieszligend stellt der Exekutivrat den Projektbeteiligten Emissionszertifikate entsprechend der erzielten Emissionsminderung aus

Die Projektbeteiligten koumlnnen die Zertifikate dann an mehrere moumlgliche Abnehmer verkaufen Der erste moumlgli-che Abnehmer sind Industriestaaten die ihre Kyoto-Emissionsziele nicht durch inlaumlndische Emissionsredukti-onen erreichen und daher zusaumltzliche Zertifikate benoumltigen Daruumlber hinaus gibt es in der EU und in mehreren ande-ren Staaten Emissionshandelssysteme auf Unternehmensebene Aumlhnlich wie die Industriestaaten durch das Kyoto-Protokoll verpflichtet sind Emissi-onszertifikate vorzulegen muumlssen in der EU und in anderen Laumlndern auch bestimmte Unternehmen wie die Ener-gieversorger und groszlige Industriebe-triebe fuumlr ihre Treibhausgasemissionen Zertifikate vorlegen Diese Unterneh-men koumlnnen teilweise CDM-Zertifikate verwenden um ihre Verpflichtung zu erfuumlllen Der dritte moumlgliche Abnehmer ist der wachsende Markt der sogenann-ten bdquofreiwilligen Kompensationldquo von Treibhausgasemissionen Dies sind

Unternehmen und Privatpersonen die ihre Emissionen ausgleichen wollen indem sie CDM-Zertifikate kaufen und loumlschen Ein Beispiel dafuumlr sind Aus-gleichszahlungen fuumlr den CO2-Ausstoszlig durch Fluumlge

Der CDM verfuumlgt uumlber keinerlei men-schenrechtliche Kriterien Es gibt ledig-lich die Bestimmung dass die Projekte zur nachhaltigen Entwicklung beitragen sollen und die Vorschrift dass die lokale Bevoumllkerung konsultiert werden muss Allerdings gibt es keine interna-tionalen Kriterien wie der Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung uumlberpruumlft werden soll Stattdessen wird die Pruuml-fung vollstaumlndig den Gastgeberlaumlndern der Projekte uumlberlassen Ebenso gibt es nur vage internationale Kriterien fuumlr die Konsultation der lokalen Bevoumllke-rung Viele Laumlnder haben nur schwache

Funktionsweise des Clean Development Mechanism

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 29

Regeln und uumlberwachen deren Einhal-tung nur schlecht Als Ergebnis kommt es immer wieder zu Vorwuumlrfen dass durch CDM-Projekte Menschenrechte verletzt werden Die internationale Gemeinschaft ist damit nicht ihrer Verantwortung nachgekommen neue voumllkerrechtliche Vertraumlge entsprechend ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen auszugestalten

Das Kyoto-Protokoll wird nach 2020 nicht weitergefuumlhrt entsprechend wird auch der CDM auslaufen Allerdings

wurden im Pariser Abkommen neue Kooperationsmechanismen geschaf-fen Die Regeln zur Umsetzung dieser Mechanismen sollen ausdruumlcklich die Erfahrungen aus den Mechanismen des Kyoto-Protokolls beruumlcksichtigen Aus den menschenrechtlichen Problemen die sich im CDM ergeben haben soll-ten die Staaten die Schlussfolgerung ziehen dass die neuen Mechanismen verbindliche menschenrechtliche Krite-rien benoumltigen

Der Fall Bajo Aguaacuten ndash CDM-Zertifizierung trotz Menschen-rechtsverletzungen

Das Projekt bdquoAguan Biogas Recovery from Palm Oil Mill Effluent [POME] Ponds and Biogas Utilisation ndash Ex-portadora del Atlaacutentico AguanHondurasldquo soll die Behandlung von Abwasser aus einer Palmoumllmuumlhle verbessern und dadurch die Emissio-nen von Methan vermindern Das Palmoumll kommt aus Plantagen die im Zentrum eines gewalttaumltigen Landkon-flikts stehen Laut den oumlrtlichen KleinbaumluerInnen hat sich der Eigentuuml-mer das Plantagenland widerrechtlich angeeignet Sie fordern daher die Ruumlckgabe des Landes Die Sicherheits-kraumlfte der Plantagen und die oumlffentli-chen Sicherheitskraumlfte gehen immer

wieder gewaltsam gegen die Kleinbaumlu-erInnen vor bisher wurden uumlber 50 Personen getoumltet

Diese Umstaumlnde spielten jedoch im Registrierungsverfahren des CDM keine Rolle FIAN und andere Nicht-regierungsorganisationen wiesen den CDM-Exekutivrat darauf hin dass das Projekt in Menschenrechtsver-letzungen verwickelt sei Es wurde dennoch als CDM-Projekt registriert Der CDM-Exekutivrat erklaumlrte dass er kein Mandat habe solche Umstaumlnde zu beruumlcksichtigen Seine Zustaumlndig-keit beschraumlnke sich auf die Klima-schutzauswirkungen von Projekten Neben Honduras war das Projekt auch von Groszligbritannien registriert wor-den Nachdem sie uumlber die Vorwuumlrfe informiert worden war aumluszligerte die britische Regierung zwar dass diese bdquoverstoumlrendldquo seien erklaumlrte aber fuumlr Fragen der Nachhaltigkeit sei das Gastgeberland Honduras zustaumlndig

Das Projekt ist im CDM registriert und kann fuumlr Emissionsreduktionen die bis zum 31 Januar 2018 erzielt wurden Zertifikate erhalten Dieser Zeitraum kann verlaumlngert werden Das Ausmaszlig der Gewalt ist zwar nach einer Intervention der deutschen Regierung zuruumlckgegangen der zugrunde lie-gende Landkonflikt ist aber weiterhin ungeloumlst

Eine honduranische Baumluerin weist bei einer Demonstration auf die schweren Menschen-rechtsverletzungen in Bajo Aguaacuten hin

30 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank

Viele Klimaschutzmaszlignahmen werden ausschlieszliglich von privaten Unterneh-men und Banken durchgefuumlhrt die nicht an verbindliche Sozialstandards gebunden sind Insbesondere in Laumln-dern des Globalen Suumldens mit schwa-chen nationalen Standards und Institu-tionen zu ihrer Durchsetzung gefaumlhrdet dies den Schutz der Menschenrechte

Oumlffentliche Entwicklungsbanken verfuumlgen dagegen uumlber eigene Sozial-standards und Beschwerdeverfahren welche die Gefahr von Menschenrechts-verletzungen bei der Durchfuumlhrung von Projekten verringern koumlnnen Doch auch hier gibt es deutlichen Nachbes-serungsbedarf wie das Beispiel der Europaumlischen Investitionsbank (EIB) zeigt

Die EIB ist eine Bank der Europaumli-schen Union (EU) deren Anteilseigner neben der EU die EU-Mitgliedstaaten sind Sie verfuumlgt uumlber das groumlszligte Bud-get aller Entwicklungsbanken weltweit und ist ein Schluumlsselakteur der Klima-finanzierung Seit 2013 hat sie sich zum Ziel gesetzt jaumlhrlich mindestens 25 Prozent ihres Kreditvolumens fuumlr Kli-maprojekte zu vergeben Im Jahr 2011 leitete die EIB eine Untersuchung ein um ihre Sozialstandards den Anspruuml-chen der EU-Grundrechtecharta sowie den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte anzupassen Das dabei entstandene Handbuch fuumlr Umwelt- und Sozialstandards (2013) verspricht hohe Sozialstandards und beschreibt diese ndash als einzige Bank weltweit ndash sogar mit menschenrechtli-chem Vokabular 2015 uumlberarbeitete die EIB auszligerdem ihre Transparenzpolitik so dass sie im Unterschied zu vielen anderen europaumlischen Entwicklungs-banken bereits vor Bewilligung die Ergebnisse von Umwelt- und Sozial-vertraumlglichkeitsanalysen bekannt gibt Die EIB hat ferner ein eigenes Be-schwerdeverfahren das alle durch ihre Projekte Betroffenen nutzen koumlnnen Die Zustaumlndigen fuumlr die Bearbeitung

der Beschwerden koumlnnen Mediations-prozesse anstoszligen Das Verfahren und das zustaumlndige Gremium koumlnnen sogar selbst Gegenstand einer Beschwerde vor dem EU-Ombudsmann werden wenn die Betroffenen mit seiner Arbeit unzufrieden sind

Gute Standards und ein gutes Beschwerdeverfahren gelten in der Regel als Grundbedingung fuumlr die Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht Dennoch gibt es im System der EIB erhebliche Maumlngel Eine menschenrechtliche Untersuchung der Anwendung der Sozialstandards beim oben erwaumlhnten Erdwaumlrmeprojekt in Kenia fuumlhrte dabei zu folgenden Ergeb-nissen Es werde zu wenige Sozial- und MenschenrechtsexpertInnen je Projekt beschaumlftigt Ersatzweise werden Kre-ditnehmer auf das EIB-Handbuch zu Umwelt- und Sozialstandards verwiesen Die EIB uumlberlaumlsst die Umsetzung ihrer hehren Sozialstandards damit weitge-hend den Kreditnehmern ohne diese mit angemessen Personalressourcen zu unterstuumltzen und zu kontrollieren Betroffene werden von der EIB auch nicht systematisch uumlber die Existenz ihres Beschwerdeverfahrens informiert sondern stoszligen ndash wenn uumlberhaupt ndash erst durch eigene Recherche auf ihn Die EIB-MitarbeiterInnen haben keine Verpflichtung den Beschwerdeaus-schuss aktiv in problematische Projekte einzubinden Er wird erst aktiv wenn Betroffene an ihn herantreten Bei Pro-jekten die von mehreren Geldgebern finanziert werden hat er kein Mandat deren Rolle bei der Verletzung von So-zialstandards zu untersuchen Seine Be-urteilungen und Empfehlungen sind fuumlr die Bank auch nicht rechtlich bindend Das Beispiel der EIB zeigt damit nicht nur deren spezifische Maumlngel in der Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht sondern demonstriert auch die generell begrenzte Reichweite institutioneller Beschwerdemecha-nismen Sie stellen keinen Ersatz fuumlr verbindliche Menschenrechtsstandards dar zu deren Umsetzung Staaten ver-pflichtet sind

Gemaumlszlig dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP) sind 80 Prozent aller Menschen die aufgrund des Klimawan-dels umsiedeln muumlssen FrauenFoto Survival International

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 31

Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Der Status der EU im Menschenrechts-system ist kompliziert Die EU selbst ist kein Staat sondern eine Mitgliederor-ganisation von Staaten Wie andere internationale Organisationen auch ist sie daher keine Vertragspartei der zwischenstaatlichen Menschenrechts-vertraumlge (mit Ausnahme der UN-Behin-dertenrechtskonvention) Sie ist auch keine Vertragspartei der Europaumlischen Menschenrechtskonvention obwohl ihr Beitritt in Artikel 6(2) des EU-Vertrags

festgelegt ist und seit langem gepruumlft wird Daher haben die Menschenrechts-organe der UN und des Europarates auch kein Mandat uumlber die EU und duumlrfen nicht uumlber sie urteilen

Dennoch ist auch die EU verpfl ich-tet Menschenrechte in ihrer Innen- und Auszligenpolitik zu beachten Diese Verpfl ichtungen beruhen vor allem auf a) der EU-Grundrechtecharta (2009) b) dem EU-Vertrag sowie c) auf der Aarhus-Konventiona) Die Grundrechtecharta gilt fuumlr alle

EU-Organe sowie fuumlr die Mitglied-staaten bei der Anwendung von EU-Recht (GRC Art 51(1)) Sowohl das EU-Parlament als auch ein Experten-urteil bestaumltigten ihre extraterritori-ale Reichweite

b) In den EU-Vertraumlgen bekennt sich die EU zum Schutz der Menschen-rechte in ihrer Beziehung zur uumlbri-gen Welt und zur Grundrechtecharta der Vereinten Nationen (EUV Art 3(5)) Sie erklaumlrt diese zu leitenden Grundsaumltzen ihres auswaumlr-tigen Handelns (EUV Art 21) Dies gilt ausdruumlcklich auch fuumlr die Ko-operation mit Entwicklungslaumlndern (EUVA Art 208)

c) Die EU ist eine Vertragspartei der Aarhus-Konvention die nach Expert Innenmeinung ebenfalls auch extraterritorial ausgelegt werden kann

0 100 200 300 400 500

203020141990

Gebaumlude

Landwirtschaft

Industrie

Energiewirtschaft

Verkehr

lt61

72

88

lt98

160

163

lt72

119

209

lt143

181

283

lt183

358

466

Datenquelle Bundesministerium fuumlr UmweltNaturschutz Bau und Reaktorsicherheit (2017)Klimaschutz in Zahlen 2017

Ziele zur Verringerung von Treibhausgas-emissionen Deutschlands nach Sektoren gemaumlszlig dem Klimaschutzplan 2050(in Millionen Tonnen CO2-Aumlquivalenten)

32 FIAN | Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh (2012) Second National Com-munication of Bangladesh to the United Nations Framework Convention on Climate Change Dhaka Ministry of Environment and Forests Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh

Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 37

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

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Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitikldquo

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UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2012) Human Rights Indicators A Guide to Measurement and Implementation httpbitly1oUZYHb

UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

International Commission of Jurists (2011) Maastricht Principles on Extraterritorial Obligations of States in the Area of Economic Social and Cultural Rights Verfuumlgbar mit deutscher Uumlbersetzung unter httpwwwfiandefileadminuser_uploaddo-kumenteshopRaN2012_ETO_Maastricht_Principles_en_de_finalpdf

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Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

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38 FIAN | Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

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FIAN (2008) Agrartreibstoffe und das Menschenrecht auf Nahrung Grundlagen-papier von FIAN-Deutschland httpwwwfiandefiandownloadspdfagrarFIAN_Grundlagenpapier_Agrartreibstoffepdf

Jeanette Schade (2017) EU accountability for the due diligence failures of the European Investment Bank Climate finance and involuntary resettlement in Olkaria Kenya In Journal of Human Rights and the Environment Vol 8(1) 72-97 (Son-derausgabe ldquoClimate Justice and Displacementrdquo Gastherausgeber Schade und Manou)

Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 22: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten

Obwohl die Umwelt- und die Men-schenrechtsprinzipien ein groszliges Potenzial fuumlr Synergien haben weisen die Klimarahmenkonvention und das Kyoto-Protokoll keinerlei Bezug zu den Menschenrechten auf Zur Veran-schau li chung vergleicht die folgende Tabelle die wesentlichen Prinzipien der international anerkannten Men-schenrechte und die Regeln des Kli-marechts anhand der Grundpfeiler des internationalen Umweltrechts

Wie die Tabelle zeigt sind Staaten aus menschenrechtlicher und aus kli-mapolitischer Perspektive verpflichtet den Klimawandel zu stoppen und seine Wirkungen abzumildern Neben der Emissionsminderung ist es menschen-rechtlich wichtig besonders betroffene Bevoumllkerungsgruppen bei der Anpas-sung zu unterstuumltzen die hierfuumlr kaum Mittel haben

Ferner duumlrfen klimapolitische Maszlignahmen ihrerseits nicht zu Men-schenrechtsverletzungen fuumlhren Da die internationalen Klimaregeln aber im Gegensatz zu Menschenrechtskonven-tionen und vielen anderen Umweltab-kommen vergleichsweise wenig Wert auf die Einbindung betroffener Menschen legt kommt es durch klimapolitische Maszlignahmen immer wieder zu Men-schenrechtsverletzungen Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen sowie UN-SonderberichterstatterInnen und andere Menschenrechtsorgane haben daher intensiv Lobbyarbeit betrieben um Menschenrechte im Abkommen von Paris zu verankern Durchgesetzt hat sich jedoch nur ein Absatz in der nicht-bindenden Praumlambel (Zitat siehe Einlei-tung) Klimaschutz und Menschenrech-te trennen weiterhin Welten

Umwelt-recht-

Prinzipien Internationale Menschenrechte Internationales Klimarecht

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Ist Bestandteil der Menschenrechtsprinzipien und kommt im Recht auf Rechtsmittel und Entschaumldigung zum Ausdruck Das Verursacherprinzip setzt voraus dass ein Staat seine Respektierungs- Schutz- oder Gewaumlhrleistungspflicht nachweislich verletzt hat

Wegen des Problems eine spezifische Kausalkette nachzuweisen (welche CO2-Emission hat wen geschauml-digt) ist es kein Prinzip der Klimarahmenkonventi-on In aufgeweichter Form spiegelt es sich im Prinzip der gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortung

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on Grundlegendes in Art2 (1) des UN-Sozialpaktes verankertes Prinzip wonach die reichen Industrie-staaten die Laumlnder des Globalen Suumldens bei der allmaumlhlichen Verwirklichung der Menschenrechte unterstuumltzen sollen

Verpflichtung der Industrielaumlnder gemaumlszlig Art 4 (3 4) der Klimarahmenkonvention die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell und technologisch bei der Minde-rung von Emissionen und Anpassung an den Klima-wandel zu unterstuumltzen

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Verfahrensrechte (Gleichbehandlung Information Beteiligung Rechtsmittel) sind Grundlage aller menschenrechtlichen Vertraumlge weil sie auch fuumlr die Sicherung substantieller Rechte (zB Recht auf Nahrung) bedeutend sind Dies gilt insbesondere auch fuumlr die Rechte besonders diskriminierter Bevoumllkerungsgruppen

Im Gegensatz zu vielen Umweltabkommen (zB Aarhus-Konvention) spielen in der Klimarahmenkon-vention dem Kyoto-Protokoll und dem Pariser Ab-kommen Verfahrensrechte von Einzelpersonen keine Rolle Die Ausgestaltung der internationalen Klima-schutzmechanismen nimmt entsprechend wenig Ruumlcksicht darauf

Vergleich menschenrechtlicher und klimarechtlicher Prinzipien

22 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Die Malediven fordern von der internationalen Staatengemeinschaft Maszlignahmen zum Klimaschutz zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung

Kaum jemand zweifelt mehr daran dass der Klimawandel maszliggeblich men-schengemacht ist und negative Auswir-kungen auf die Wahrnehmung von Menschenrechten hat Auf Grundlage der menschenrechtlichen Schutzpflicht sind die Staaten verpflichtet rasch effektive Maszlignahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen zu ergrei-fen BerichterstatterInnen des UN-Menschenrechtsrats betrachten das im Pariser Abkommen vereinbarte Ziel Emissionen derart zu reduzieren dass der globale Temperaturanstieg unter 15 Grad Celsius gehalten wird daher als menschenrechtliche Pflicht der Staaten Dennoch findet Emissionsmin-derung nicht in dem Umfang statt wie es noumltig waumlre Seit 2005 haben ver-schiedene Akteure auf unterschiedli-chen Wegen versucht diesen Blockaden mit Hilfe des Menschenrechtssystems entgegenzuwirken

Die Regierung der Malediven schlug den politischen Weg ein Die Malediven sind ein Staat bestehend aus etwa 1200 kleinen Inseln die nur wenige Meter uumlber dem Meeresspiegel liegen und unmittelbar vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen sind Die Regierung des Landes initiierte die Maledivische Erklaumlrung zur menschlichen Dimension des globalen Klimawandels die sie im November 2007 gemeinsam mit 38 weiteren kleinen Inselstaaten unterzeichnete In dieser Erklaumlrung forderten sie das Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte der Vereinten Nationen auf dem Menschenrechtsrat eine detaillierte Studie uumlber die Auswir-kungen des Klimawandels vorzulegen was im Oktober 2009 ndash kurz vor der Klimakonferenz in Kopenhagen ndash auch geschah Die Malediven haben damit einen Prozess in Gang gesetzt der maszliggeblich dazu beigetragen hat dass viele Menschenrechtsorgane begannen sich mit den Auswirkungen des Klima-wandels auf die Menschenrechte zu befassen

Einen anderen Weg schlugen die Inuit des US-amerikanischen Teils Alaskas ein 2005 reichten sie bei der Inter-Amerikanischen Menschenrechts-kommission eine Klage gegen die USA ein weil die USA nicht genug taumlten um den Klimawandel zu verhindern Die Kommission lehnte die Verhandlung des Falls ab Ein wesentlicher Grund war dass die Klaumlger nicht hinreichend darle-gen konnten dass vor allem die Un-taumltigkeit der USA zur Verletzung ihrer Menschenrechte fuumlhre Die Kommission lud die Inuit aber im Maumlrz 2007 zu einer Anhoumlrung ein um die Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Menschen-rechte zu eroumlrtern Obwohl sie rechtlich eine Niederlage erlitten hatten wurde die Anhoumlrung doch zu einem politi-schen Erfolg der der Situation der Inuit global viel Aufmerksamkeit einbrachte

Des Weiteren war die Klageschrift der Inuit der Auftakt zu einer Vielzahl von Versuchen die Staaten auf juristi-schem Wege zur Pflicht zu rufen Dies muss sich aber nicht auf Organe des Menschenrechtssystems beschraumlnken Besonders erfolgreich war eine Klage der niederlaumlndischen Umweltorganisa-tion Urgenda gegen die Niederlande Das Bezirksgericht in Den Haag urteilte 2015 auf Grundlage der in der nieder-laumlndischen Verfassung verankerten Fuumlrsorgepflicht des niederlaumlndischen Staates dass die Niederlande auf-grund der Erkenntnisse des vierten Sachstandsberichts des Weltklimarats ihre Emissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 25 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern muumlssen Mit den bis dahin ergriffenen Maszlignahmen waumlren voraussichtlich nur 17 Prozent erreicht worden

Trotz dieser Erfolge bleibt es schwierig einzelne Staaten fuumlr den Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Menschenrechte zur Verant-wortung zu ziehen Haumlufig verstaumlrkt der Klimawandel nur bereits beste-hende Menschenrechtsverletzungen Auch die Unterscheidung ob eine

Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 23

Menschenrechtsverletzung in diesem Zusammenhang Folge des Klimawandels oder uumlblicher Wetterextreme ist ist oft schwierig So kommt das Hochkommis-sariat fuumlr Menschenrechte 2009 zum Ergebnis dass der Klimawandel zwar eindeutig negative Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Menschenrech-ten hat dass es aber weniger eindeutig ist ob und in welchem Ausmaszlig die Auswirkungen in streng rechtlichem Sinn als Menschenrechtsverletzung qualifiziert werden koumlnnen

Aus Sicht von FIAN Deutschland kann der Verlust des Zugangs zu Nah-rung durch den Klimawandel aber durchaus als Menschenrechtsverletzung gewertet werden fuumlr die andere Staa-

ten als der Heimatstaat mitverantwort-lich sind Zwar ist der Haftungsansatz nach dem Verursacherprinzip aufgrund der oben geschilderten Besonderheiten des Klimaproblems fuumlr eine menschen-rechtliche Argumentation wenig frucht-bar Aufgrund des Wissens der Staaten uumlber die menschliche Verursachung und der nachweislich negativen Auswirkun-gen des Klimawandels auf die weltweite Verwirklichung der Menschenrechte sind die Staaten jedoch gemaumlszlig UN-Sozialpakt Artikel 2(1) menschenrecht-lich verpflichtet einzeln sowie durch internationale Hilfe und Zusammen-arbeit unter Ausschoumlpfung all ihrer Moumlglichkeiten wirksame Maszlignahmen zur Emissionsminderung zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung

bdquoAnpassungldquo umschreibt ein weites Feld von Aktivitaumlten das die Menschen weniger anfaumlllig gegenuumlber den Auswir-kungen des Klimawandels macht Hiermit kann die Einfuumlhrung von duumlrreresistenten Pflanzenarten und von Bewaumlsserungssystemen gemeint sein aber auch Umsiedlung aus Hochrisiko-zonen neue Bauweisen und Bauvor-schriften oder der Ausbau von Institu-tionen zum Risikomanagement Sie macht einen vergleichsweise kleinen Teil der Klimafinanzierung aus die sich 2016 auf insgesamt 380 Milliarden US Dollar belief 93 Prozent der globalen Klimafinanzierung kommen der Emissi-onsminderung zugute die uumlberwiegend privat finanziert ist Mittel aus oumlffentli-cher Hand tragen nur 34 Prozent zur globalen Klimafinanzierung bei wovon wiederum nur 16 Prozent Anpassungs-maszlignahmen zugutekommen 89 Pro-zent der oumlffentlichen Klimafinanzierung werden von internationalen und natio-nalen Entwicklungsbanken gestemmt Selbst die internationalen Banken wie die Weltbank die Asiatische und die

Afrikanische Entwicklungsbank oder die Europaumlische Investitionsbank (EIB) investieren nur durchschnittlich 23 Pro-zent ihrer Investitionen im Klimabe-reich in Anpassungsmaszlignahmen Fuumlr den unmittelbaren Schutz sowie fuumlr Anpassungsmaszlignahmen an die Folgen des Klimawandels werden also verhaumllt-nismaumlszligig wenige Gelder bereitgestellt Dies kann akut zu Menschenrechtsver-letzungen fuumlhren Je spaumlter und halb-herziger in den Klimaschutz investiert wird desto mehr Anpassung wird noumltig Die Pflicht der Staaten solche Maszlignah-men zu unterstuumltzen ergibt sich aus ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen gemaumlszlig Artikel 2(1) des UN Sozialpaktes Sie gilt unabhaumlngig davon wie viel ein Staat zur Klimaer-waumlrmung beitraumlgt Diese Pflicht ergibt sich auszligerdem aus Art 4(3 4) der Klimarahmenkonvention die aumlrmeren Laumlnder sowohl beim Klimaschutz als auch bei der Anpassung an den Klima-wandel unterstuumltzen ndash gemaumlszlig dem Prinzip gemeinsamer aber unterschied-licher Verantwortung

Die Lebensgrundlage der Indigenen im aumlthiopischen Omo-Tal ist durch den Bau des Stauddamms Gibe III bedroht Foto Suvival International

24 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Obergrenze (Cap)

Industriestaaten unterschreiben dashellip

Kyoto-Protokoll (1997)

Ziel Reduktion der Treibhausgasemission

Emissionen im Zeitraum von 2008 bis 2012 um 5 unter das Niveau von 1990 senken

fl exibler Mechanismus

Fabrik A Fabrik B

Wenn die Emissionen unter der Obergrenze

liegen koumlnnen die nicht genutzten Emissionsrechte wieder verkauft

werden

hellip an Staaten oder

Unternehmen die mehr

Emissionen ausstoszligen

wollen

Verkauft die ungenutzten CO

2-Rechtehellip

Funktionsweise des Emissionshandels

Internationale Klimafinanzierung

Gemaumlszlig der Klimarahmenkonvention sind die traditionellen Industrielaumlnder verpflichtet die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell technologisch und mit Kapazitaumltsaufbau zu unterstuumltzen Auf der Klimakonferenz von Kopenha-gen 2009 wurde diese Verpflichtung konkretisiert die Industrielaumlnder sagten zu dass die finanzielle Unter-stuumltzung bis 2020 auf jaumlhrlich 100 Milli-arden US-Dollar anwachsen soll Zu diesen werden nicht nur die aufge-brachten oumlffentlichen Mittel sondern auch private Investitionen in den Klimaschutz gezaumlhlt wenn sie eine Folge staatlicher Maszlignahmen sind

Die Unterstuumltzung durch oumlffentliche Geber laumluft durch eine Vielzahl von Ka-naumllen Zum einen nutzen viele Staaten dazu ihre Organisationen der Entwick-lungszusammenarbeit In Deutschland sind das beispielsweise die Gesellschaft fuumlr Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Kreditanstalt fuumlr Wieder-aufbau (KfW) Zweitens zaumlhlen auch die Weltbank und die regionalen Ent-wicklungsbanken Klimaschutz zu ihren Aufgaben Insbesondere die Weltbank hat mehrere spezielle Klimaschutzfonds geschaffen Drittens wurde eine Reihe von internationalen Fonds eingerichtet Mit den Geldern der 1991 geschaffenen Globalen Umweltfazilitaumlt (Global Envi-ronment Facility GEF) werden Projekte im Rahmen der Klimarahmenkonventi-on und anderer internationaler Um-weltabkommen finanziert 2001 wurden unter der Klimarahmenkonvention eine Reihe von kleinen spezialisierten Fonds eingerichtet die insbesondere Maszlig-nahmen zur Anpassung an den Klima-wandel finanzierenbull der Least Developed Countries Fund

Fonds fuumlr die am wenigsten entwi-ckelten Laumlnder

bull der Special Climate Change Fund Spezieller Klimawandel-Fonds der vor allem Anpassungsmaszlignahmen finanzieren soll und

bull der Adaptation Fund Anpassungs-fonds fuumlr Laumlnder des Globalen Suumldens

Daruumlber hinaus wurde 2010 beschlos-sen den Green Climate Fund (Gruumlner Klimafonds) einzurichten Dieser soll einen erheblichen Teil der zugesagten 100 Milliarden US-Dollar verwalten

Neben diesen Einrichtungen zur Klimafinanzierung wurden im Rahmen des Kyoto-Protokolls auch institutiona-lisierte Verfahren zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige geschaffenbull der internationale Emissionshandel

der den Handel mit Rechten zum Ausstoszlig von Treibhausgasen regelt

bull die Joint Implementation (Gemein-same Umsetzung) uumlber die Klima-schutzprojekte in Industrielaumlndern international zertifiziert werden koumlnnen

bull der Clean Development Mechanism (Mechanismus fuumlr umweltver-traumlgliche Entwicklung) uumlber den Klimaschutzprojekte in Laumlndern

Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 25

des Globalen Suumldens international zertifiziert werden koumlnnen (siehe Kapitel bdquoDer Clean Development Mechanismldquo)

Diese Verfahren dienen aber in ers-ter Linie der Erreichung der Emissi-onsziele der Industrielaumlnder (siehe Kapitel bdquoSenkung der eigenen Emissi-onenldquo) Mitgliedstaaten mit groszligen Regenwaldvorkommen forderten daher

ein Instrument zu schaffen das den Schutz von Waumlldern auf die Klimabilanz anrechnet Infolge wurde 2007 das Programm REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degrada-tion in Developing Countries) ins Leben gerufen Es soll zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige in Laumlndern des Globalen Suumldens beitragen die durch Abholzung von Waumlldern entstehen

Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen

Maszlignahmen zum Klimaschutz sind aus menschenrechtlicher Perspektive oft umstritten Bei Investitionen in erneu-erbare Energien handelt es sich haumlufig um groszlige flaumlchenintensive Infrastruk-turprojekte wie zum Beispiel den Bau von Staudaumlmmen und Wasserkraftwer-ken Windparks groszligflaumlchige Solar- und Erdwaumlrmeanlagen Das Gleiche gilt fuumlr den Anbau von Energiepflanzen wie Oumllpalmen Investitionen in CO2-Senken also die Ausdehnung von Waumlldern oder der Erhalt bestehender Waumllder stehen oft in Konkurrenz zu anderen Flaumlchen- und Waldnutzungen Auch Anpassungs-maszlignahmen wie der Bau von Schutz-waumlllen oder die Einrichtung von siedlungsfreien Zonen in Hochrisikoge-bieten (zum Beispiel in Gebieten die

haumlufig uumlberschwemmt oder durch Erosion und Erdrutsche gepraumlgt sind) betreffen Land das von Menschen genutzt und ihnen durch solche Maszlig-nahmen entzogen wird Die Flaumlchen-konkurrenz zwischen Investitionen zum Klimaschutz und bisheriger Landnut-zung fuumlhrt unter anderem dazu dass KleinbaumluerInnen und Hirtenvoumllkern der Zugang zu Land und Wasser entzogen wird das sie bisher fuumlr den Nahrungs-mittelanbau und die Viehwirtschaft nutzten Haumlufig handelt es sich dabei um indigene Gruppen die keine Landti-tel besitzen Mit der Vertreibung von ihren wirtschaftlich genutzten Flaumlchen geht auch haumlufig die Vertreibung aus den Ansiedlungen einher Verletzungen sozialer Menschenrechte wie die Rechte auf Nahrung Wasser und Woh-nen sind die Folge Aber auch Verfah-rensrechte und das Recht auf Leben werden regelmaumlszligig missachtet

Dafuumlr gibt es viele Beispiele Pana-ma ist eines jener Laumlnder das am meis-ten in Wasserkraftwerke als erneuerbare Energiequelle investiert In mindes-tens drei bekannten Faumlllen ndash Bonyic Chan75 und Barro Blanco ndash kam es dabei zu schweren Menschenrechts-verletzungen Doumlrfer wurden geflutet obwohl die BewohnerInnen noch nicht umgesiedelt waren die Rechte von In-digenen auf ihr Gebiet und Beteiligung an Projekten wurden verletzt Betrof-fene und AktivistInnen die sich gegen diese Maszlignahmen wehrten wurden eingeschuumlchtert und sogar ermordet Auch Kenia gehoumlrt zu den Vorreitern in

Die klimaschuumltzende Wirkung von Staudaumlm-men zur Stromgewinnung wird bestritten Auszligerdem fuumlhren sie oft zu Verletzungen von Menschenrechten der oumlrtlichen Bevoumllkerung Foto Jane Hofbauer

26 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Sachen Klimaschutz ndash haumlufig zu Lasten ausgegrenzter Bevoumllkerungsgruppen In Olkaria willigten Massai in eine Umsiedlungsmaszlignahme zugunsten einer Erdwaumlrmeanlage (Geothermie) ein weil man ihnen eigene Landrech-te versprach die sie jedoch bis heute nicht erhalten haben Mehrere tausend indigene Jaumlger- und Sammlervoumllker wurden aus dem Embobut-Wald in Westkenia (Sengwer und Cherangany) und dem Mau-Wald (Ogiek) vertrieben weil die Regierung deren Nutzung unter REDD+ anstrebt Der Fall der Ogiek wurde 2014 sogar vor dem Afrikani-schen Gerichtshof fuumlr Menschen- und Voumllkerrechte zugunsten der Ogiek ver-handelt Aumlhnliches passierte in anderen Laumlndern Afrikas So wurde in Tansania die Gemeinschaft der Warufiji aus dem Refuiji-Delta vertrieben Sie hatten die Kooperation bei der Aufforstung der Mangrovenwaumllder verweigert weil man ihnen den Anbau von Reis verbot

Die Auswirkungen von Klimaschutz-maszlignahmen koumlnnen aber auch kom-plexerer Natur sein Wie die Weltbank 2008 in einer vielbeachteten Studie zur globalen Nahrungsmittelkrise darlegte trug die Flaumlchenkonkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Energiepflanzen-anbau maszliggeblich zum globalen An-stieg der Nahrungsmittelpreise bei der fuumlr viele Menschen zu Hunger fuumlhrte Anhand dieser katastrophalen Folgen der staatlichen Foumlrderung von Agrar-treibstoffen durch westliche Indust-rienationen wird deutlich wie diese klimapolitisch motivierten Programme in vielen aumlrmeren Laumlndern direkt zur Verletzung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser beitragen

Auch Anpassungsmaszlignahmen schneiden unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten nicht zwingend besser ab Obwohl sie im Prinzip zum Schutz der Menschen gedacht sind fehlt es in manchen Faumlllen an Professionalitaumlt in anderen Faumlllen fehlt der Fokus auf die besonders gefaumlhrdeten Bevoumllkerungs-gruppen In Mosambik wurden die Doumlr-fer im Sambesi-Flussdelta 20072008

nach schweren Uumlberschwemmungen in houmlher gelegene Gebiete umgesiedelt Viele der neuen Siedlungen blieben ohne angemessenen Zugang zu Wasser fruchtbarem Land und Gesundheitsver-sorgung So wurden sie von Nahrungs-mittelhilfen abhaumlngig Viele Familien verloren durch Abwanderung ihren Zusammenhalt Diskriminierungen bei Anpassungsmaszlignahmen kommen auch in entwickelten Laumlndern vor Nach dem Wiederaufbau von New Orleans nach dem Hurrikan Kathrina im Jahr 2005 durfte die arme afro-amerikanische Be-voumllkerung nicht mehr ihre am Flussufer gelegenen Siedlungen beziehen ndash we-gen Uumlberflutungsgefahr Angemesse-nen und finanzierbaren Ersatz bekamen sie jedoch nicht angeboten

Die Ursachen fuumlr negative Aus-wirkungen und Menschenrechtsver-letzungen durch Klimapolitik gehen teilweise auf die Bedingungen in den Projektlaumlndern zuruumlck Die jeweiligen Nationalstaaten sind menschenrecht-lich entsprechend zu beurteilen und zur Pflicht zu rufen Die Ursachen liegen aber auch in den Klimarahmenabkom-men selbst und ihren Mechanismen begruumlndet Bis auf das Abkommen von Paris enthalten diese keinen Verweis auf Menschenrechte Sie betonen aber die Rechte der Nationalstaaten ihre na-tuumlrlichen Ressourcen auszubeuten Das Abkommen von Paris ist insofern ein Erfolg als in der Praumlambel zum ersten Mal ein Bezug zu den Menschenrechten hergestellt wird Auch im Konzept der extraterritorialen Staatenpflichten zur Verwirklichung wirtschaftlicher sozia-ler und kultureller Menschenrechte ist anerkannt dass die Staaten die Pflicht haben ihre Instrumente zum Klima-schutz und zur Unterstuumltzung von An-passungsmaszlignahmen menschenrechts-konform zu gestalten Dennoch gilt es dicke Bretter zu bohren Eine Praumlambel ist nicht rechtsverbindlich sondern als Orientierungs- und Interpretationshilfe fuumlr die Vertragsparteien oder Gerichte zu verstehen

Fuumlr diese Geothermie-Anlage in Kenia wurden Massai von ihrem traditionellen Land vertrieben Foto Jeanette Schade

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 27

Der Clean Development Mechanism

Mit fast 8000 registrierten Projekten ist der Clean Development Mechanism (CDM) des Kyoto-Protokolls das bedeu-tendste internationale Verfahren zum Klimaschutz Er soll einerseits die Gastgeberstaaten der Projekte bei ihrer nachhaltigen Entwicklung unterstuumltzen und andererseits den Industrielaumlndern bei der Erreichung ihrer Emissionsziele helfen

Das Kyoto-Protokoll definiert fuumlr die teilnehmenden Industrielaumlnder verbindliche Emissionsziele Die Uumlber-wachung der Zielerreichung erfolgt auf Grundlage von Emissionszertifikaten jeder verpflichtete Staat muss fuumlr jede Tonne Treibhausgasemission ein Emis-sionszertifikat vorlegen Die Staaten erhalten eine Anfangsausstattung von Zertifikaten auf Grundlage ihrer Ziele zur Verringerung ihrer Emissionen Diese Zertifikate sind handelbar Schafft ein Staat es seine Emissionen staumlrker zu reduzieren als er zum Ziel hat kann er den sich daraus ergebenden Uumlber-schuss an Zertifikaten an andere Laumlnder verkaufen Auszligerdem koumlnnen die In-dustrielaumlnder uumlber den CDM zertifizierte Emissionsreduktionen aus Klimaschutz-projekten in den Laumlndern des Globalen Suumldens ankaufen

Die naturwissenschaftliche Grund-lage dieses so genannten Emissions-handels ist dass die Treibhausgase sich gleichmaumlszligig in der Atmosphaumlre verteilen Fuumlr den Klimawandel macht es keinen Unterschied an welchem Ort Treibhausgase ausgestoszligen oder reduziert werden Durch den Emissions-handel soll es daher ermoumlglicht werden Emissionen an der Stelle zu vermindern an der dies am kostenguumlnstigsten ist Im Kyoto-Protokoll gibt es zum einen den Emissionshandel zwischen Staaten zum anderen werden im CDM Zertifikate fuumlr Emissionsreduktionen in konkreten Projekten ausgestellt wie zum Beispiel fuumlr Windkraftanlagen Prinzipiell kann jeder beliebige Akteur CDM-Projekte durchfuumlhren Zertifikate erhalten und diese dann verkaufen seien es staatli-che Stellen private Unternehmen oder auch zivilgesellschaftliche Organisa-tionen Durch den CDM soll so fuumlr alle Interessierte ein Anreiz gesetzt werden in Emissionsreduktionen zu investieren Die groszlige Mehrheit der CDM-Projekte wird von privaten Unternehmen durchgefuumlhrt

Der CDM unterliegt der Fuumlhrung und Aufsicht der Konferenz der Vertrags-staaten des Kyoto-Protokolls Fuumlr die Pruumlfung und Genehmigung der konkre-ten Projekte sowie fuumlr die Ausarbeitung von Detailregelungen zu den Geneh-migungsverfahren haben die Vertrags-staaten einen Exekutivrat eingerichtet der aus zehn Mitgliedern und zehn stellvertretenden Mitgliedern besteht Die Mitglieder werden von der Vertrags-staatenkonferenz nach einem regiona-len Schluumlssel gewaumlhlt Der Exekutivrat soll nach Moumlglichkeit alle Entscheidun-gen einstimmig treffen Wenn dies nicht moumlglich ist sind auch Abstimmungen mit Dreiviertelmehrheit erlaubt

Um sich fuumlr die Ausstellung von CDM-Zertifikaten zu qualifizieren muumlssen CDM-Projekte ein festgeleg-tes Verfahren durchlaufen Zunaumlchst muumlssen die Traumlger des Projekts eine Projektdokumentation erstellen die darlegt welche Maszlignahmen durchge-fuumlhrt werden sollen und wie dadurch Emissionen vermindert werden Diese

Einige Doumlrfer im kenianischen Tana-Delta muumlssen per Tankwagen mit Trinkwasser versorgt werden

28 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Braucht Zertifi kate um eigene Klimaschaumlden ausgleichen zu

koumlnnen

INDUSTRIELAND

Klimaschutzprojekt wird unterstuumltzt

ENTWICKLUNGSLANDTechnologie

Finanzierung

Die Unterstuumltzung bringt dem Industrieland zusaumltzliche

Zertifi kate ein

Clean Development Mechanism (CDM)-Projekte werden kontrolliert durch den

CDM-EXEKUTIVRAT bestehend aus 10 Mitgliedern

Durch die Unterstuumltzung

sollen CO2-Emissionen vermieden

werden

Jeweils ein Mitglied der fuumlnf regionalen

Gruppen der Vereinten Nationen

Zwei Mitglieder des Kyoto-Protokolls

gelistet als Industrieland (Annex 1)

Zwei Mitglieder die nicht in Annex 1 des

Kyoto-Protokolls gelistet sind

EinE RepraumlsentantIn der kleinen

Inselstaaten

Projektdokumentation muss durch ein sachverstaumlndiges Zertifizierungsun-ternehmen beispielsweise den TUumlV uumlberpruumlft werden Auszligerdem muss das Projekt durch das Durchfuumlhrungsland und mindestens ein Industrieland genehmigt werden Wenn all diese Be-dingungen erfuumlllt sind wird das Projekt dem CDM-Exekutivrat vorgelegt Wenn der Exekutivrat keine Einwaumlnde hat wird es als CDM-Projekt registriert

Waumlhrend der Durchfuumlhrung des Projekts muumlssen seine Traumlger fortlau-fend uumlberwachen und dokumentieren welche Treibhausgasmengen es er-zeugt Die Emissionsminderung ergibt sich aus dem Unterschied zwischen den Emissionen des Projekts und den Emis-sionen die angefallen waumlren wenn das Projekt nicht umgesetzt worden waumlre wenn zum Beispiel statt Strom eines Windparks Strom aus Kohlekraftwerken verwendet worden waumlre Die Dokumen-tation wird wiederum von einer sach-verstaumlndigen Stelle und vom CDM-Exe-kutivrat uumlberpruumlft Abschlieszligend stellt der Exekutivrat den Projektbeteiligten Emissionszertifikate entsprechend der erzielten Emissionsminderung aus

Die Projektbeteiligten koumlnnen die Zertifikate dann an mehrere moumlgliche Abnehmer verkaufen Der erste moumlgli-che Abnehmer sind Industriestaaten die ihre Kyoto-Emissionsziele nicht durch inlaumlndische Emissionsredukti-onen erreichen und daher zusaumltzliche Zertifikate benoumltigen Daruumlber hinaus gibt es in der EU und in mehreren ande-ren Staaten Emissionshandelssysteme auf Unternehmensebene Aumlhnlich wie die Industriestaaten durch das Kyoto-Protokoll verpflichtet sind Emissi-onszertifikate vorzulegen muumlssen in der EU und in anderen Laumlndern auch bestimmte Unternehmen wie die Ener-gieversorger und groszlige Industriebe-triebe fuumlr ihre Treibhausgasemissionen Zertifikate vorlegen Diese Unterneh-men koumlnnen teilweise CDM-Zertifikate verwenden um ihre Verpflichtung zu erfuumlllen Der dritte moumlgliche Abnehmer ist der wachsende Markt der sogenann-ten bdquofreiwilligen Kompensationldquo von Treibhausgasemissionen Dies sind

Unternehmen und Privatpersonen die ihre Emissionen ausgleichen wollen indem sie CDM-Zertifikate kaufen und loumlschen Ein Beispiel dafuumlr sind Aus-gleichszahlungen fuumlr den CO2-Ausstoszlig durch Fluumlge

Der CDM verfuumlgt uumlber keinerlei men-schenrechtliche Kriterien Es gibt ledig-lich die Bestimmung dass die Projekte zur nachhaltigen Entwicklung beitragen sollen und die Vorschrift dass die lokale Bevoumllkerung konsultiert werden muss Allerdings gibt es keine interna-tionalen Kriterien wie der Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung uumlberpruumlft werden soll Stattdessen wird die Pruuml-fung vollstaumlndig den Gastgeberlaumlndern der Projekte uumlberlassen Ebenso gibt es nur vage internationale Kriterien fuumlr die Konsultation der lokalen Bevoumllke-rung Viele Laumlnder haben nur schwache

Funktionsweise des Clean Development Mechanism

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 29

Regeln und uumlberwachen deren Einhal-tung nur schlecht Als Ergebnis kommt es immer wieder zu Vorwuumlrfen dass durch CDM-Projekte Menschenrechte verletzt werden Die internationale Gemeinschaft ist damit nicht ihrer Verantwortung nachgekommen neue voumllkerrechtliche Vertraumlge entsprechend ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen auszugestalten

Das Kyoto-Protokoll wird nach 2020 nicht weitergefuumlhrt entsprechend wird auch der CDM auslaufen Allerdings

wurden im Pariser Abkommen neue Kooperationsmechanismen geschaf-fen Die Regeln zur Umsetzung dieser Mechanismen sollen ausdruumlcklich die Erfahrungen aus den Mechanismen des Kyoto-Protokolls beruumlcksichtigen Aus den menschenrechtlichen Problemen die sich im CDM ergeben haben soll-ten die Staaten die Schlussfolgerung ziehen dass die neuen Mechanismen verbindliche menschenrechtliche Krite-rien benoumltigen

Der Fall Bajo Aguaacuten ndash CDM-Zertifizierung trotz Menschen-rechtsverletzungen

Das Projekt bdquoAguan Biogas Recovery from Palm Oil Mill Effluent [POME] Ponds and Biogas Utilisation ndash Ex-portadora del Atlaacutentico AguanHondurasldquo soll die Behandlung von Abwasser aus einer Palmoumllmuumlhle verbessern und dadurch die Emissio-nen von Methan vermindern Das Palmoumll kommt aus Plantagen die im Zentrum eines gewalttaumltigen Landkon-flikts stehen Laut den oumlrtlichen KleinbaumluerInnen hat sich der Eigentuuml-mer das Plantagenland widerrechtlich angeeignet Sie fordern daher die Ruumlckgabe des Landes Die Sicherheits-kraumlfte der Plantagen und die oumlffentli-chen Sicherheitskraumlfte gehen immer

wieder gewaltsam gegen die Kleinbaumlu-erInnen vor bisher wurden uumlber 50 Personen getoumltet

Diese Umstaumlnde spielten jedoch im Registrierungsverfahren des CDM keine Rolle FIAN und andere Nicht-regierungsorganisationen wiesen den CDM-Exekutivrat darauf hin dass das Projekt in Menschenrechtsver-letzungen verwickelt sei Es wurde dennoch als CDM-Projekt registriert Der CDM-Exekutivrat erklaumlrte dass er kein Mandat habe solche Umstaumlnde zu beruumlcksichtigen Seine Zustaumlndig-keit beschraumlnke sich auf die Klima-schutzauswirkungen von Projekten Neben Honduras war das Projekt auch von Groszligbritannien registriert wor-den Nachdem sie uumlber die Vorwuumlrfe informiert worden war aumluszligerte die britische Regierung zwar dass diese bdquoverstoumlrendldquo seien erklaumlrte aber fuumlr Fragen der Nachhaltigkeit sei das Gastgeberland Honduras zustaumlndig

Das Projekt ist im CDM registriert und kann fuumlr Emissionsreduktionen die bis zum 31 Januar 2018 erzielt wurden Zertifikate erhalten Dieser Zeitraum kann verlaumlngert werden Das Ausmaszlig der Gewalt ist zwar nach einer Intervention der deutschen Regierung zuruumlckgegangen der zugrunde lie-gende Landkonflikt ist aber weiterhin ungeloumlst

Eine honduranische Baumluerin weist bei einer Demonstration auf die schweren Menschen-rechtsverletzungen in Bajo Aguaacuten hin

30 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank

Viele Klimaschutzmaszlignahmen werden ausschlieszliglich von privaten Unterneh-men und Banken durchgefuumlhrt die nicht an verbindliche Sozialstandards gebunden sind Insbesondere in Laumln-dern des Globalen Suumldens mit schwa-chen nationalen Standards und Institu-tionen zu ihrer Durchsetzung gefaumlhrdet dies den Schutz der Menschenrechte

Oumlffentliche Entwicklungsbanken verfuumlgen dagegen uumlber eigene Sozial-standards und Beschwerdeverfahren welche die Gefahr von Menschenrechts-verletzungen bei der Durchfuumlhrung von Projekten verringern koumlnnen Doch auch hier gibt es deutlichen Nachbes-serungsbedarf wie das Beispiel der Europaumlischen Investitionsbank (EIB) zeigt

Die EIB ist eine Bank der Europaumli-schen Union (EU) deren Anteilseigner neben der EU die EU-Mitgliedstaaten sind Sie verfuumlgt uumlber das groumlszligte Bud-get aller Entwicklungsbanken weltweit und ist ein Schluumlsselakteur der Klima-finanzierung Seit 2013 hat sie sich zum Ziel gesetzt jaumlhrlich mindestens 25 Prozent ihres Kreditvolumens fuumlr Kli-maprojekte zu vergeben Im Jahr 2011 leitete die EIB eine Untersuchung ein um ihre Sozialstandards den Anspruuml-chen der EU-Grundrechtecharta sowie den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte anzupassen Das dabei entstandene Handbuch fuumlr Umwelt- und Sozialstandards (2013) verspricht hohe Sozialstandards und beschreibt diese ndash als einzige Bank weltweit ndash sogar mit menschenrechtli-chem Vokabular 2015 uumlberarbeitete die EIB auszligerdem ihre Transparenzpolitik so dass sie im Unterschied zu vielen anderen europaumlischen Entwicklungs-banken bereits vor Bewilligung die Ergebnisse von Umwelt- und Sozial-vertraumlglichkeitsanalysen bekannt gibt Die EIB hat ferner ein eigenes Be-schwerdeverfahren das alle durch ihre Projekte Betroffenen nutzen koumlnnen Die Zustaumlndigen fuumlr die Bearbeitung

der Beschwerden koumlnnen Mediations-prozesse anstoszligen Das Verfahren und das zustaumlndige Gremium koumlnnen sogar selbst Gegenstand einer Beschwerde vor dem EU-Ombudsmann werden wenn die Betroffenen mit seiner Arbeit unzufrieden sind

Gute Standards und ein gutes Beschwerdeverfahren gelten in der Regel als Grundbedingung fuumlr die Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht Dennoch gibt es im System der EIB erhebliche Maumlngel Eine menschenrechtliche Untersuchung der Anwendung der Sozialstandards beim oben erwaumlhnten Erdwaumlrmeprojekt in Kenia fuumlhrte dabei zu folgenden Ergeb-nissen Es werde zu wenige Sozial- und MenschenrechtsexpertInnen je Projekt beschaumlftigt Ersatzweise werden Kre-ditnehmer auf das EIB-Handbuch zu Umwelt- und Sozialstandards verwiesen Die EIB uumlberlaumlsst die Umsetzung ihrer hehren Sozialstandards damit weitge-hend den Kreditnehmern ohne diese mit angemessen Personalressourcen zu unterstuumltzen und zu kontrollieren Betroffene werden von der EIB auch nicht systematisch uumlber die Existenz ihres Beschwerdeverfahrens informiert sondern stoszligen ndash wenn uumlberhaupt ndash erst durch eigene Recherche auf ihn Die EIB-MitarbeiterInnen haben keine Verpflichtung den Beschwerdeaus-schuss aktiv in problematische Projekte einzubinden Er wird erst aktiv wenn Betroffene an ihn herantreten Bei Pro-jekten die von mehreren Geldgebern finanziert werden hat er kein Mandat deren Rolle bei der Verletzung von So-zialstandards zu untersuchen Seine Be-urteilungen und Empfehlungen sind fuumlr die Bank auch nicht rechtlich bindend Das Beispiel der EIB zeigt damit nicht nur deren spezifische Maumlngel in der Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht sondern demonstriert auch die generell begrenzte Reichweite institutioneller Beschwerdemecha-nismen Sie stellen keinen Ersatz fuumlr verbindliche Menschenrechtsstandards dar zu deren Umsetzung Staaten ver-pflichtet sind

Gemaumlszlig dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP) sind 80 Prozent aller Menschen die aufgrund des Klimawan-dels umsiedeln muumlssen FrauenFoto Survival International

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 31

Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Der Status der EU im Menschenrechts-system ist kompliziert Die EU selbst ist kein Staat sondern eine Mitgliederor-ganisation von Staaten Wie andere internationale Organisationen auch ist sie daher keine Vertragspartei der zwischenstaatlichen Menschenrechts-vertraumlge (mit Ausnahme der UN-Behin-dertenrechtskonvention) Sie ist auch keine Vertragspartei der Europaumlischen Menschenrechtskonvention obwohl ihr Beitritt in Artikel 6(2) des EU-Vertrags

festgelegt ist und seit langem gepruumlft wird Daher haben die Menschenrechts-organe der UN und des Europarates auch kein Mandat uumlber die EU und duumlrfen nicht uumlber sie urteilen

Dennoch ist auch die EU verpfl ich-tet Menschenrechte in ihrer Innen- und Auszligenpolitik zu beachten Diese Verpfl ichtungen beruhen vor allem auf a) der EU-Grundrechtecharta (2009) b) dem EU-Vertrag sowie c) auf der Aarhus-Konventiona) Die Grundrechtecharta gilt fuumlr alle

EU-Organe sowie fuumlr die Mitglied-staaten bei der Anwendung von EU-Recht (GRC Art 51(1)) Sowohl das EU-Parlament als auch ein Experten-urteil bestaumltigten ihre extraterritori-ale Reichweite

b) In den EU-Vertraumlgen bekennt sich die EU zum Schutz der Menschen-rechte in ihrer Beziehung zur uumlbri-gen Welt und zur Grundrechtecharta der Vereinten Nationen (EUV Art 3(5)) Sie erklaumlrt diese zu leitenden Grundsaumltzen ihres auswaumlr-tigen Handelns (EUV Art 21) Dies gilt ausdruumlcklich auch fuumlr die Ko-operation mit Entwicklungslaumlndern (EUVA Art 208)

c) Die EU ist eine Vertragspartei der Aarhus-Konvention die nach Expert Innenmeinung ebenfalls auch extraterritorial ausgelegt werden kann

0 100 200 300 400 500

203020141990

Gebaumlude

Landwirtschaft

Industrie

Energiewirtschaft

Verkehr

lt61

72

88

lt98

160

163

lt72

119

209

lt143

181

283

lt183

358

466

Datenquelle Bundesministerium fuumlr UmweltNaturschutz Bau und Reaktorsicherheit (2017)Klimaschutz in Zahlen 2017

Ziele zur Verringerung von Treibhausgas-emissionen Deutschlands nach Sektoren gemaumlszlig dem Klimaschutzplan 2050(in Millionen Tonnen CO2-Aumlquivalenten)

32 FIAN | Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh (2012) Second National Com-munication of Bangladesh to the United Nations Framework Convention on Climate Change Dhaka Ministry of Environment and Forests Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh

Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 37

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Weltbank (2013) Turn Down the Heat Climate Extremes Regional Impacts and the Case for Resilience Washington DC Weltbank

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitikldquo

UN Generalversammlung (1992) Rio-Erklaumlrung uumlber Umwelt und Entwicklung (ACONF15126 (Vol I)) httpwwwunorgdeptsgermanconfagenda21riopdf

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2012) Human Rights Indicators A Guide to Measurement and Implementation httpbitly1oUZYHb

UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

International Commission of Jurists (2011) Maastricht Principles on Extraterritorial Obligations of States in the Area of Economic Social and Cultural Rights Verfuumlgbar mit deutscher Uumlbersetzung unter httpwwwfiandefileadminuser_uploaddo-kumenteshopRaN2012_ETO_Maastricht_Principles_en_de_finalpdf

UN Special Procedures (2015) Climate Change and Human Rights ndash Joint statement by UN Special Procedures on the occasion of World Environment Day 5 Juni 2015 httpwwwohchrorgENNewsEventsPagesDisplayNewsaspxNewsID=16049amp LangID=E

The Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (2015) Human Rights Law Sources UN Pronouncements on Extra-Territorial Obligations httpwwwetoconsortiumorgncenmain-navigationlibrarydocuments tx_drblob_pi15BdownloadUid5D=163

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2015) Report of the Office of the Uni-ted Nations High Commissioner for Human Rights on the relationship between clima-te change and human rights AHRC1061 15 Januar 2009 httpwwwohchrorgENIssuesHRAndClimateChangePagesStudyaspx

UN-Menschenrechtsrat (2016) Report of the Special Rapporteur on the issue of human rights obligations relating to the enjoyment of a safe clean healthy and sustainable environment AHRC3152 1 Februar 2016 httpspapersssrncomsol3paperscfmabstract_id=2729611

Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

European Bank for Reconstruction and Development together with MDB partners the African Development Bank the Asian Development Bank the European In-vestment Bank the Inter-American Development Bank Group and the World Bank Group (2016) Joint Report on Multilateral Development Banksrsquo Climate Finance wwwebrdcom2016-joint-report-on-mdbs-climate-financepdf

Schade Jeanette and Wolfgang Obergassel (2014) Human rights and the Clean Development Mechanism In Cambridge Review of International Affairs Vol 27 No 4 pp 717-735

Sterk Wolfgang und Christof Arens (2010) Investitionen fuumlr den Klimaschutz Die projektbasierten Mechanismen CDM und JI Berlin Bundesministerium fuumlr Umwelt Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) httpwwwcarbon-mechanismsdefileadminmediadokumentePublikationenCMRBroschuere_2010_Einfuehrung_CDM_JI_bfpdf

38 FIAN | Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Finley-Brook Mary Thomas Curtis (2011) Renewable Energy and Human Rights Violations Illustrative Cases from Indigenous Territories in Panama In Annals of the Association of American Geographers 1014 pp 863-872

Schade Jeanette (2013) Climate change and planned relocation Risks and a propo-sal for safeguards In Thomas Faist Jeanette Schade (Eds) Disentangling Migra-tion and Climate Change Methodologies Political Discourses and Human Rights Heidelberg Dordrecht New York Springer pp 138-206

Wolfgang Obergassel Jeanette Schade Lauri Peterson Nicolas Kreibich Timo Beiermann (2017) International Climate Finance Mechanisms and Extraterritorial Human Rights Obligations Status Quo and Future Prospects ein Dossier von FIAN Deutschland httpswwwfiandeartikelansicht2017-07-19-internationale- klimafinanzierung-und-risiken-fuer-die-menschenrechte

FIAN (2008) Agrartreibstoffe und das Menschenrecht auf Nahrung Grundlagen-papier von FIAN-Deutschland httpwwwfiandefiandownloadspdfagrarFIAN_Grundlagenpapier_Agrartreibstoffepdf

Jeanette Schade (2017) EU accountability for the due diligence failures of the European Investment Bank Climate finance and involuntary resettlement in Olkaria Kenya In Journal of Human Rights and the Environment Vol 8(1) 72-97 (Son-derausgabe ldquoClimate Justice and Displacementrdquo Gastherausgeber Schade und Manou)

Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 39

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 23: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

Die Malediven fordern von der internationalen Staatengemeinschaft Maszlignahmen zum Klimaschutz zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung

Kaum jemand zweifelt mehr daran dass der Klimawandel maszliggeblich men-schengemacht ist und negative Auswir-kungen auf die Wahrnehmung von Menschenrechten hat Auf Grundlage der menschenrechtlichen Schutzpflicht sind die Staaten verpflichtet rasch effektive Maszlignahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen zu ergrei-fen BerichterstatterInnen des UN-Menschenrechtsrats betrachten das im Pariser Abkommen vereinbarte Ziel Emissionen derart zu reduzieren dass der globale Temperaturanstieg unter 15 Grad Celsius gehalten wird daher als menschenrechtliche Pflicht der Staaten Dennoch findet Emissionsmin-derung nicht in dem Umfang statt wie es noumltig waumlre Seit 2005 haben ver-schiedene Akteure auf unterschiedli-chen Wegen versucht diesen Blockaden mit Hilfe des Menschenrechtssystems entgegenzuwirken

Die Regierung der Malediven schlug den politischen Weg ein Die Malediven sind ein Staat bestehend aus etwa 1200 kleinen Inseln die nur wenige Meter uumlber dem Meeresspiegel liegen und unmittelbar vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen sind Die Regierung des Landes initiierte die Maledivische Erklaumlrung zur menschlichen Dimension des globalen Klimawandels die sie im November 2007 gemeinsam mit 38 weiteren kleinen Inselstaaten unterzeichnete In dieser Erklaumlrung forderten sie das Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte der Vereinten Nationen auf dem Menschenrechtsrat eine detaillierte Studie uumlber die Auswir-kungen des Klimawandels vorzulegen was im Oktober 2009 ndash kurz vor der Klimakonferenz in Kopenhagen ndash auch geschah Die Malediven haben damit einen Prozess in Gang gesetzt der maszliggeblich dazu beigetragen hat dass viele Menschenrechtsorgane begannen sich mit den Auswirkungen des Klima-wandels auf die Menschenrechte zu befassen

Einen anderen Weg schlugen die Inuit des US-amerikanischen Teils Alaskas ein 2005 reichten sie bei der Inter-Amerikanischen Menschenrechts-kommission eine Klage gegen die USA ein weil die USA nicht genug taumlten um den Klimawandel zu verhindern Die Kommission lehnte die Verhandlung des Falls ab Ein wesentlicher Grund war dass die Klaumlger nicht hinreichend darle-gen konnten dass vor allem die Un-taumltigkeit der USA zur Verletzung ihrer Menschenrechte fuumlhre Die Kommission lud die Inuit aber im Maumlrz 2007 zu einer Anhoumlrung ein um die Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Menschen-rechte zu eroumlrtern Obwohl sie rechtlich eine Niederlage erlitten hatten wurde die Anhoumlrung doch zu einem politi-schen Erfolg der der Situation der Inuit global viel Aufmerksamkeit einbrachte

Des Weiteren war die Klageschrift der Inuit der Auftakt zu einer Vielzahl von Versuchen die Staaten auf juristi-schem Wege zur Pflicht zu rufen Dies muss sich aber nicht auf Organe des Menschenrechtssystems beschraumlnken Besonders erfolgreich war eine Klage der niederlaumlndischen Umweltorganisa-tion Urgenda gegen die Niederlande Das Bezirksgericht in Den Haag urteilte 2015 auf Grundlage der in der nieder-laumlndischen Verfassung verankerten Fuumlrsorgepflicht des niederlaumlndischen Staates dass die Niederlande auf-grund der Erkenntnisse des vierten Sachstandsberichts des Weltklimarats ihre Emissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 25 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern muumlssen Mit den bis dahin ergriffenen Maszlignahmen waumlren voraussichtlich nur 17 Prozent erreicht worden

Trotz dieser Erfolge bleibt es schwierig einzelne Staaten fuumlr den Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Menschenrechte zur Verant-wortung zu ziehen Haumlufig verstaumlrkt der Klimawandel nur bereits beste-hende Menschenrechtsverletzungen Auch die Unterscheidung ob eine

Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 23

Menschenrechtsverletzung in diesem Zusammenhang Folge des Klimawandels oder uumlblicher Wetterextreme ist ist oft schwierig So kommt das Hochkommis-sariat fuumlr Menschenrechte 2009 zum Ergebnis dass der Klimawandel zwar eindeutig negative Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Menschenrech-ten hat dass es aber weniger eindeutig ist ob und in welchem Ausmaszlig die Auswirkungen in streng rechtlichem Sinn als Menschenrechtsverletzung qualifiziert werden koumlnnen

Aus Sicht von FIAN Deutschland kann der Verlust des Zugangs zu Nah-rung durch den Klimawandel aber durchaus als Menschenrechtsverletzung gewertet werden fuumlr die andere Staa-

ten als der Heimatstaat mitverantwort-lich sind Zwar ist der Haftungsansatz nach dem Verursacherprinzip aufgrund der oben geschilderten Besonderheiten des Klimaproblems fuumlr eine menschen-rechtliche Argumentation wenig frucht-bar Aufgrund des Wissens der Staaten uumlber die menschliche Verursachung und der nachweislich negativen Auswirkun-gen des Klimawandels auf die weltweite Verwirklichung der Menschenrechte sind die Staaten jedoch gemaumlszlig UN-Sozialpakt Artikel 2(1) menschenrecht-lich verpflichtet einzeln sowie durch internationale Hilfe und Zusammen-arbeit unter Ausschoumlpfung all ihrer Moumlglichkeiten wirksame Maszlignahmen zur Emissionsminderung zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung

bdquoAnpassungldquo umschreibt ein weites Feld von Aktivitaumlten das die Menschen weniger anfaumlllig gegenuumlber den Auswir-kungen des Klimawandels macht Hiermit kann die Einfuumlhrung von duumlrreresistenten Pflanzenarten und von Bewaumlsserungssystemen gemeint sein aber auch Umsiedlung aus Hochrisiko-zonen neue Bauweisen und Bauvor-schriften oder der Ausbau von Institu-tionen zum Risikomanagement Sie macht einen vergleichsweise kleinen Teil der Klimafinanzierung aus die sich 2016 auf insgesamt 380 Milliarden US Dollar belief 93 Prozent der globalen Klimafinanzierung kommen der Emissi-onsminderung zugute die uumlberwiegend privat finanziert ist Mittel aus oumlffentli-cher Hand tragen nur 34 Prozent zur globalen Klimafinanzierung bei wovon wiederum nur 16 Prozent Anpassungs-maszlignahmen zugutekommen 89 Pro-zent der oumlffentlichen Klimafinanzierung werden von internationalen und natio-nalen Entwicklungsbanken gestemmt Selbst die internationalen Banken wie die Weltbank die Asiatische und die

Afrikanische Entwicklungsbank oder die Europaumlische Investitionsbank (EIB) investieren nur durchschnittlich 23 Pro-zent ihrer Investitionen im Klimabe-reich in Anpassungsmaszlignahmen Fuumlr den unmittelbaren Schutz sowie fuumlr Anpassungsmaszlignahmen an die Folgen des Klimawandels werden also verhaumllt-nismaumlszligig wenige Gelder bereitgestellt Dies kann akut zu Menschenrechtsver-letzungen fuumlhren Je spaumlter und halb-herziger in den Klimaschutz investiert wird desto mehr Anpassung wird noumltig Die Pflicht der Staaten solche Maszlignah-men zu unterstuumltzen ergibt sich aus ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen gemaumlszlig Artikel 2(1) des UN Sozialpaktes Sie gilt unabhaumlngig davon wie viel ein Staat zur Klimaer-waumlrmung beitraumlgt Diese Pflicht ergibt sich auszligerdem aus Art 4(3 4) der Klimarahmenkonvention die aumlrmeren Laumlnder sowohl beim Klimaschutz als auch bei der Anpassung an den Klima-wandel unterstuumltzen ndash gemaumlszlig dem Prinzip gemeinsamer aber unterschied-licher Verantwortung

Die Lebensgrundlage der Indigenen im aumlthiopischen Omo-Tal ist durch den Bau des Stauddamms Gibe III bedroht Foto Suvival International

24 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Obergrenze (Cap)

Industriestaaten unterschreiben dashellip

Kyoto-Protokoll (1997)

Ziel Reduktion der Treibhausgasemission

Emissionen im Zeitraum von 2008 bis 2012 um 5 unter das Niveau von 1990 senken

fl exibler Mechanismus

Fabrik A Fabrik B

Wenn die Emissionen unter der Obergrenze

liegen koumlnnen die nicht genutzten Emissionsrechte wieder verkauft

werden

hellip an Staaten oder

Unternehmen die mehr

Emissionen ausstoszligen

wollen

Verkauft die ungenutzten CO

2-Rechtehellip

Funktionsweise des Emissionshandels

Internationale Klimafinanzierung

Gemaumlszlig der Klimarahmenkonvention sind die traditionellen Industrielaumlnder verpflichtet die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell technologisch und mit Kapazitaumltsaufbau zu unterstuumltzen Auf der Klimakonferenz von Kopenha-gen 2009 wurde diese Verpflichtung konkretisiert die Industrielaumlnder sagten zu dass die finanzielle Unter-stuumltzung bis 2020 auf jaumlhrlich 100 Milli-arden US-Dollar anwachsen soll Zu diesen werden nicht nur die aufge-brachten oumlffentlichen Mittel sondern auch private Investitionen in den Klimaschutz gezaumlhlt wenn sie eine Folge staatlicher Maszlignahmen sind

Die Unterstuumltzung durch oumlffentliche Geber laumluft durch eine Vielzahl von Ka-naumllen Zum einen nutzen viele Staaten dazu ihre Organisationen der Entwick-lungszusammenarbeit In Deutschland sind das beispielsweise die Gesellschaft fuumlr Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Kreditanstalt fuumlr Wieder-aufbau (KfW) Zweitens zaumlhlen auch die Weltbank und die regionalen Ent-wicklungsbanken Klimaschutz zu ihren Aufgaben Insbesondere die Weltbank hat mehrere spezielle Klimaschutzfonds geschaffen Drittens wurde eine Reihe von internationalen Fonds eingerichtet Mit den Geldern der 1991 geschaffenen Globalen Umweltfazilitaumlt (Global Envi-ronment Facility GEF) werden Projekte im Rahmen der Klimarahmenkonventi-on und anderer internationaler Um-weltabkommen finanziert 2001 wurden unter der Klimarahmenkonvention eine Reihe von kleinen spezialisierten Fonds eingerichtet die insbesondere Maszlig-nahmen zur Anpassung an den Klima-wandel finanzierenbull der Least Developed Countries Fund

Fonds fuumlr die am wenigsten entwi-ckelten Laumlnder

bull der Special Climate Change Fund Spezieller Klimawandel-Fonds der vor allem Anpassungsmaszlignahmen finanzieren soll und

bull der Adaptation Fund Anpassungs-fonds fuumlr Laumlnder des Globalen Suumldens

Daruumlber hinaus wurde 2010 beschlos-sen den Green Climate Fund (Gruumlner Klimafonds) einzurichten Dieser soll einen erheblichen Teil der zugesagten 100 Milliarden US-Dollar verwalten

Neben diesen Einrichtungen zur Klimafinanzierung wurden im Rahmen des Kyoto-Protokolls auch institutiona-lisierte Verfahren zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige geschaffenbull der internationale Emissionshandel

der den Handel mit Rechten zum Ausstoszlig von Treibhausgasen regelt

bull die Joint Implementation (Gemein-same Umsetzung) uumlber die Klima-schutzprojekte in Industrielaumlndern international zertifiziert werden koumlnnen

bull der Clean Development Mechanism (Mechanismus fuumlr umweltver-traumlgliche Entwicklung) uumlber den Klimaschutzprojekte in Laumlndern

Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 25

des Globalen Suumldens international zertifiziert werden koumlnnen (siehe Kapitel bdquoDer Clean Development Mechanismldquo)

Diese Verfahren dienen aber in ers-ter Linie der Erreichung der Emissi-onsziele der Industrielaumlnder (siehe Kapitel bdquoSenkung der eigenen Emissi-onenldquo) Mitgliedstaaten mit groszligen Regenwaldvorkommen forderten daher

ein Instrument zu schaffen das den Schutz von Waumlldern auf die Klimabilanz anrechnet Infolge wurde 2007 das Programm REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degrada-tion in Developing Countries) ins Leben gerufen Es soll zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige in Laumlndern des Globalen Suumldens beitragen die durch Abholzung von Waumlldern entstehen

Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen

Maszlignahmen zum Klimaschutz sind aus menschenrechtlicher Perspektive oft umstritten Bei Investitionen in erneu-erbare Energien handelt es sich haumlufig um groszlige flaumlchenintensive Infrastruk-turprojekte wie zum Beispiel den Bau von Staudaumlmmen und Wasserkraftwer-ken Windparks groszligflaumlchige Solar- und Erdwaumlrmeanlagen Das Gleiche gilt fuumlr den Anbau von Energiepflanzen wie Oumllpalmen Investitionen in CO2-Senken also die Ausdehnung von Waumlldern oder der Erhalt bestehender Waumllder stehen oft in Konkurrenz zu anderen Flaumlchen- und Waldnutzungen Auch Anpassungs-maszlignahmen wie der Bau von Schutz-waumlllen oder die Einrichtung von siedlungsfreien Zonen in Hochrisikoge-bieten (zum Beispiel in Gebieten die

haumlufig uumlberschwemmt oder durch Erosion und Erdrutsche gepraumlgt sind) betreffen Land das von Menschen genutzt und ihnen durch solche Maszlig-nahmen entzogen wird Die Flaumlchen-konkurrenz zwischen Investitionen zum Klimaschutz und bisheriger Landnut-zung fuumlhrt unter anderem dazu dass KleinbaumluerInnen und Hirtenvoumllkern der Zugang zu Land und Wasser entzogen wird das sie bisher fuumlr den Nahrungs-mittelanbau und die Viehwirtschaft nutzten Haumlufig handelt es sich dabei um indigene Gruppen die keine Landti-tel besitzen Mit der Vertreibung von ihren wirtschaftlich genutzten Flaumlchen geht auch haumlufig die Vertreibung aus den Ansiedlungen einher Verletzungen sozialer Menschenrechte wie die Rechte auf Nahrung Wasser und Woh-nen sind die Folge Aber auch Verfah-rensrechte und das Recht auf Leben werden regelmaumlszligig missachtet

Dafuumlr gibt es viele Beispiele Pana-ma ist eines jener Laumlnder das am meis-ten in Wasserkraftwerke als erneuerbare Energiequelle investiert In mindes-tens drei bekannten Faumlllen ndash Bonyic Chan75 und Barro Blanco ndash kam es dabei zu schweren Menschenrechts-verletzungen Doumlrfer wurden geflutet obwohl die BewohnerInnen noch nicht umgesiedelt waren die Rechte von In-digenen auf ihr Gebiet und Beteiligung an Projekten wurden verletzt Betrof-fene und AktivistInnen die sich gegen diese Maszlignahmen wehrten wurden eingeschuumlchtert und sogar ermordet Auch Kenia gehoumlrt zu den Vorreitern in

Die klimaschuumltzende Wirkung von Staudaumlm-men zur Stromgewinnung wird bestritten Auszligerdem fuumlhren sie oft zu Verletzungen von Menschenrechten der oumlrtlichen Bevoumllkerung Foto Jane Hofbauer

26 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Sachen Klimaschutz ndash haumlufig zu Lasten ausgegrenzter Bevoumllkerungsgruppen In Olkaria willigten Massai in eine Umsiedlungsmaszlignahme zugunsten einer Erdwaumlrmeanlage (Geothermie) ein weil man ihnen eigene Landrech-te versprach die sie jedoch bis heute nicht erhalten haben Mehrere tausend indigene Jaumlger- und Sammlervoumllker wurden aus dem Embobut-Wald in Westkenia (Sengwer und Cherangany) und dem Mau-Wald (Ogiek) vertrieben weil die Regierung deren Nutzung unter REDD+ anstrebt Der Fall der Ogiek wurde 2014 sogar vor dem Afrikani-schen Gerichtshof fuumlr Menschen- und Voumllkerrechte zugunsten der Ogiek ver-handelt Aumlhnliches passierte in anderen Laumlndern Afrikas So wurde in Tansania die Gemeinschaft der Warufiji aus dem Refuiji-Delta vertrieben Sie hatten die Kooperation bei der Aufforstung der Mangrovenwaumllder verweigert weil man ihnen den Anbau von Reis verbot

Die Auswirkungen von Klimaschutz-maszlignahmen koumlnnen aber auch kom-plexerer Natur sein Wie die Weltbank 2008 in einer vielbeachteten Studie zur globalen Nahrungsmittelkrise darlegte trug die Flaumlchenkonkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Energiepflanzen-anbau maszliggeblich zum globalen An-stieg der Nahrungsmittelpreise bei der fuumlr viele Menschen zu Hunger fuumlhrte Anhand dieser katastrophalen Folgen der staatlichen Foumlrderung von Agrar-treibstoffen durch westliche Indust-rienationen wird deutlich wie diese klimapolitisch motivierten Programme in vielen aumlrmeren Laumlndern direkt zur Verletzung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser beitragen

Auch Anpassungsmaszlignahmen schneiden unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten nicht zwingend besser ab Obwohl sie im Prinzip zum Schutz der Menschen gedacht sind fehlt es in manchen Faumlllen an Professionalitaumlt in anderen Faumlllen fehlt der Fokus auf die besonders gefaumlhrdeten Bevoumllkerungs-gruppen In Mosambik wurden die Doumlr-fer im Sambesi-Flussdelta 20072008

nach schweren Uumlberschwemmungen in houmlher gelegene Gebiete umgesiedelt Viele der neuen Siedlungen blieben ohne angemessenen Zugang zu Wasser fruchtbarem Land und Gesundheitsver-sorgung So wurden sie von Nahrungs-mittelhilfen abhaumlngig Viele Familien verloren durch Abwanderung ihren Zusammenhalt Diskriminierungen bei Anpassungsmaszlignahmen kommen auch in entwickelten Laumlndern vor Nach dem Wiederaufbau von New Orleans nach dem Hurrikan Kathrina im Jahr 2005 durfte die arme afro-amerikanische Be-voumllkerung nicht mehr ihre am Flussufer gelegenen Siedlungen beziehen ndash we-gen Uumlberflutungsgefahr Angemesse-nen und finanzierbaren Ersatz bekamen sie jedoch nicht angeboten

Die Ursachen fuumlr negative Aus-wirkungen und Menschenrechtsver-letzungen durch Klimapolitik gehen teilweise auf die Bedingungen in den Projektlaumlndern zuruumlck Die jeweiligen Nationalstaaten sind menschenrecht-lich entsprechend zu beurteilen und zur Pflicht zu rufen Die Ursachen liegen aber auch in den Klimarahmenabkom-men selbst und ihren Mechanismen begruumlndet Bis auf das Abkommen von Paris enthalten diese keinen Verweis auf Menschenrechte Sie betonen aber die Rechte der Nationalstaaten ihre na-tuumlrlichen Ressourcen auszubeuten Das Abkommen von Paris ist insofern ein Erfolg als in der Praumlambel zum ersten Mal ein Bezug zu den Menschenrechten hergestellt wird Auch im Konzept der extraterritorialen Staatenpflichten zur Verwirklichung wirtschaftlicher sozia-ler und kultureller Menschenrechte ist anerkannt dass die Staaten die Pflicht haben ihre Instrumente zum Klima-schutz und zur Unterstuumltzung von An-passungsmaszlignahmen menschenrechts-konform zu gestalten Dennoch gilt es dicke Bretter zu bohren Eine Praumlambel ist nicht rechtsverbindlich sondern als Orientierungs- und Interpretationshilfe fuumlr die Vertragsparteien oder Gerichte zu verstehen

Fuumlr diese Geothermie-Anlage in Kenia wurden Massai von ihrem traditionellen Land vertrieben Foto Jeanette Schade

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 27

Der Clean Development Mechanism

Mit fast 8000 registrierten Projekten ist der Clean Development Mechanism (CDM) des Kyoto-Protokolls das bedeu-tendste internationale Verfahren zum Klimaschutz Er soll einerseits die Gastgeberstaaten der Projekte bei ihrer nachhaltigen Entwicklung unterstuumltzen und andererseits den Industrielaumlndern bei der Erreichung ihrer Emissionsziele helfen

Das Kyoto-Protokoll definiert fuumlr die teilnehmenden Industrielaumlnder verbindliche Emissionsziele Die Uumlber-wachung der Zielerreichung erfolgt auf Grundlage von Emissionszertifikaten jeder verpflichtete Staat muss fuumlr jede Tonne Treibhausgasemission ein Emis-sionszertifikat vorlegen Die Staaten erhalten eine Anfangsausstattung von Zertifikaten auf Grundlage ihrer Ziele zur Verringerung ihrer Emissionen Diese Zertifikate sind handelbar Schafft ein Staat es seine Emissionen staumlrker zu reduzieren als er zum Ziel hat kann er den sich daraus ergebenden Uumlber-schuss an Zertifikaten an andere Laumlnder verkaufen Auszligerdem koumlnnen die In-dustrielaumlnder uumlber den CDM zertifizierte Emissionsreduktionen aus Klimaschutz-projekten in den Laumlndern des Globalen Suumldens ankaufen

Die naturwissenschaftliche Grund-lage dieses so genannten Emissions-handels ist dass die Treibhausgase sich gleichmaumlszligig in der Atmosphaumlre verteilen Fuumlr den Klimawandel macht es keinen Unterschied an welchem Ort Treibhausgase ausgestoszligen oder reduziert werden Durch den Emissions-handel soll es daher ermoumlglicht werden Emissionen an der Stelle zu vermindern an der dies am kostenguumlnstigsten ist Im Kyoto-Protokoll gibt es zum einen den Emissionshandel zwischen Staaten zum anderen werden im CDM Zertifikate fuumlr Emissionsreduktionen in konkreten Projekten ausgestellt wie zum Beispiel fuumlr Windkraftanlagen Prinzipiell kann jeder beliebige Akteur CDM-Projekte durchfuumlhren Zertifikate erhalten und diese dann verkaufen seien es staatli-che Stellen private Unternehmen oder auch zivilgesellschaftliche Organisa-tionen Durch den CDM soll so fuumlr alle Interessierte ein Anreiz gesetzt werden in Emissionsreduktionen zu investieren Die groszlige Mehrheit der CDM-Projekte wird von privaten Unternehmen durchgefuumlhrt

Der CDM unterliegt der Fuumlhrung und Aufsicht der Konferenz der Vertrags-staaten des Kyoto-Protokolls Fuumlr die Pruumlfung und Genehmigung der konkre-ten Projekte sowie fuumlr die Ausarbeitung von Detailregelungen zu den Geneh-migungsverfahren haben die Vertrags-staaten einen Exekutivrat eingerichtet der aus zehn Mitgliedern und zehn stellvertretenden Mitgliedern besteht Die Mitglieder werden von der Vertrags-staatenkonferenz nach einem regiona-len Schluumlssel gewaumlhlt Der Exekutivrat soll nach Moumlglichkeit alle Entscheidun-gen einstimmig treffen Wenn dies nicht moumlglich ist sind auch Abstimmungen mit Dreiviertelmehrheit erlaubt

Um sich fuumlr die Ausstellung von CDM-Zertifikaten zu qualifizieren muumlssen CDM-Projekte ein festgeleg-tes Verfahren durchlaufen Zunaumlchst muumlssen die Traumlger des Projekts eine Projektdokumentation erstellen die darlegt welche Maszlignahmen durchge-fuumlhrt werden sollen und wie dadurch Emissionen vermindert werden Diese

Einige Doumlrfer im kenianischen Tana-Delta muumlssen per Tankwagen mit Trinkwasser versorgt werden

28 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Braucht Zertifi kate um eigene Klimaschaumlden ausgleichen zu

koumlnnen

INDUSTRIELAND

Klimaschutzprojekt wird unterstuumltzt

ENTWICKLUNGSLANDTechnologie

Finanzierung

Die Unterstuumltzung bringt dem Industrieland zusaumltzliche

Zertifi kate ein

Clean Development Mechanism (CDM)-Projekte werden kontrolliert durch den

CDM-EXEKUTIVRAT bestehend aus 10 Mitgliedern

Durch die Unterstuumltzung

sollen CO2-Emissionen vermieden

werden

Jeweils ein Mitglied der fuumlnf regionalen

Gruppen der Vereinten Nationen

Zwei Mitglieder des Kyoto-Protokolls

gelistet als Industrieland (Annex 1)

Zwei Mitglieder die nicht in Annex 1 des

Kyoto-Protokolls gelistet sind

EinE RepraumlsentantIn der kleinen

Inselstaaten

Projektdokumentation muss durch ein sachverstaumlndiges Zertifizierungsun-ternehmen beispielsweise den TUumlV uumlberpruumlft werden Auszligerdem muss das Projekt durch das Durchfuumlhrungsland und mindestens ein Industrieland genehmigt werden Wenn all diese Be-dingungen erfuumlllt sind wird das Projekt dem CDM-Exekutivrat vorgelegt Wenn der Exekutivrat keine Einwaumlnde hat wird es als CDM-Projekt registriert

Waumlhrend der Durchfuumlhrung des Projekts muumlssen seine Traumlger fortlau-fend uumlberwachen und dokumentieren welche Treibhausgasmengen es er-zeugt Die Emissionsminderung ergibt sich aus dem Unterschied zwischen den Emissionen des Projekts und den Emis-sionen die angefallen waumlren wenn das Projekt nicht umgesetzt worden waumlre wenn zum Beispiel statt Strom eines Windparks Strom aus Kohlekraftwerken verwendet worden waumlre Die Dokumen-tation wird wiederum von einer sach-verstaumlndigen Stelle und vom CDM-Exe-kutivrat uumlberpruumlft Abschlieszligend stellt der Exekutivrat den Projektbeteiligten Emissionszertifikate entsprechend der erzielten Emissionsminderung aus

Die Projektbeteiligten koumlnnen die Zertifikate dann an mehrere moumlgliche Abnehmer verkaufen Der erste moumlgli-che Abnehmer sind Industriestaaten die ihre Kyoto-Emissionsziele nicht durch inlaumlndische Emissionsredukti-onen erreichen und daher zusaumltzliche Zertifikate benoumltigen Daruumlber hinaus gibt es in der EU und in mehreren ande-ren Staaten Emissionshandelssysteme auf Unternehmensebene Aumlhnlich wie die Industriestaaten durch das Kyoto-Protokoll verpflichtet sind Emissi-onszertifikate vorzulegen muumlssen in der EU und in anderen Laumlndern auch bestimmte Unternehmen wie die Ener-gieversorger und groszlige Industriebe-triebe fuumlr ihre Treibhausgasemissionen Zertifikate vorlegen Diese Unterneh-men koumlnnen teilweise CDM-Zertifikate verwenden um ihre Verpflichtung zu erfuumlllen Der dritte moumlgliche Abnehmer ist der wachsende Markt der sogenann-ten bdquofreiwilligen Kompensationldquo von Treibhausgasemissionen Dies sind

Unternehmen und Privatpersonen die ihre Emissionen ausgleichen wollen indem sie CDM-Zertifikate kaufen und loumlschen Ein Beispiel dafuumlr sind Aus-gleichszahlungen fuumlr den CO2-Ausstoszlig durch Fluumlge

Der CDM verfuumlgt uumlber keinerlei men-schenrechtliche Kriterien Es gibt ledig-lich die Bestimmung dass die Projekte zur nachhaltigen Entwicklung beitragen sollen und die Vorschrift dass die lokale Bevoumllkerung konsultiert werden muss Allerdings gibt es keine interna-tionalen Kriterien wie der Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung uumlberpruumlft werden soll Stattdessen wird die Pruuml-fung vollstaumlndig den Gastgeberlaumlndern der Projekte uumlberlassen Ebenso gibt es nur vage internationale Kriterien fuumlr die Konsultation der lokalen Bevoumllke-rung Viele Laumlnder haben nur schwache

Funktionsweise des Clean Development Mechanism

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 29

Regeln und uumlberwachen deren Einhal-tung nur schlecht Als Ergebnis kommt es immer wieder zu Vorwuumlrfen dass durch CDM-Projekte Menschenrechte verletzt werden Die internationale Gemeinschaft ist damit nicht ihrer Verantwortung nachgekommen neue voumllkerrechtliche Vertraumlge entsprechend ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen auszugestalten

Das Kyoto-Protokoll wird nach 2020 nicht weitergefuumlhrt entsprechend wird auch der CDM auslaufen Allerdings

wurden im Pariser Abkommen neue Kooperationsmechanismen geschaf-fen Die Regeln zur Umsetzung dieser Mechanismen sollen ausdruumlcklich die Erfahrungen aus den Mechanismen des Kyoto-Protokolls beruumlcksichtigen Aus den menschenrechtlichen Problemen die sich im CDM ergeben haben soll-ten die Staaten die Schlussfolgerung ziehen dass die neuen Mechanismen verbindliche menschenrechtliche Krite-rien benoumltigen

Der Fall Bajo Aguaacuten ndash CDM-Zertifizierung trotz Menschen-rechtsverletzungen

Das Projekt bdquoAguan Biogas Recovery from Palm Oil Mill Effluent [POME] Ponds and Biogas Utilisation ndash Ex-portadora del Atlaacutentico AguanHondurasldquo soll die Behandlung von Abwasser aus einer Palmoumllmuumlhle verbessern und dadurch die Emissio-nen von Methan vermindern Das Palmoumll kommt aus Plantagen die im Zentrum eines gewalttaumltigen Landkon-flikts stehen Laut den oumlrtlichen KleinbaumluerInnen hat sich der Eigentuuml-mer das Plantagenland widerrechtlich angeeignet Sie fordern daher die Ruumlckgabe des Landes Die Sicherheits-kraumlfte der Plantagen und die oumlffentli-chen Sicherheitskraumlfte gehen immer

wieder gewaltsam gegen die Kleinbaumlu-erInnen vor bisher wurden uumlber 50 Personen getoumltet

Diese Umstaumlnde spielten jedoch im Registrierungsverfahren des CDM keine Rolle FIAN und andere Nicht-regierungsorganisationen wiesen den CDM-Exekutivrat darauf hin dass das Projekt in Menschenrechtsver-letzungen verwickelt sei Es wurde dennoch als CDM-Projekt registriert Der CDM-Exekutivrat erklaumlrte dass er kein Mandat habe solche Umstaumlnde zu beruumlcksichtigen Seine Zustaumlndig-keit beschraumlnke sich auf die Klima-schutzauswirkungen von Projekten Neben Honduras war das Projekt auch von Groszligbritannien registriert wor-den Nachdem sie uumlber die Vorwuumlrfe informiert worden war aumluszligerte die britische Regierung zwar dass diese bdquoverstoumlrendldquo seien erklaumlrte aber fuumlr Fragen der Nachhaltigkeit sei das Gastgeberland Honduras zustaumlndig

Das Projekt ist im CDM registriert und kann fuumlr Emissionsreduktionen die bis zum 31 Januar 2018 erzielt wurden Zertifikate erhalten Dieser Zeitraum kann verlaumlngert werden Das Ausmaszlig der Gewalt ist zwar nach einer Intervention der deutschen Regierung zuruumlckgegangen der zugrunde lie-gende Landkonflikt ist aber weiterhin ungeloumlst

Eine honduranische Baumluerin weist bei einer Demonstration auf die schweren Menschen-rechtsverletzungen in Bajo Aguaacuten hin

30 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank

Viele Klimaschutzmaszlignahmen werden ausschlieszliglich von privaten Unterneh-men und Banken durchgefuumlhrt die nicht an verbindliche Sozialstandards gebunden sind Insbesondere in Laumln-dern des Globalen Suumldens mit schwa-chen nationalen Standards und Institu-tionen zu ihrer Durchsetzung gefaumlhrdet dies den Schutz der Menschenrechte

Oumlffentliche Entwicklungsbanken verfuumlgen dagegen uumlber eigene Sozial-standards und Beschwerdeverfahren welche die Gefahr von Menschenrechts-verletzungen bei der Durchfuumlhrung von Projekten verringern koumlnnen Doch auch hier gibt es deutlichen Nachbes-serungsbedarf wie das Beispiel der Europaumlischen Investitionsbank (EIB) zeigt

Die EIB ist eine Bank der Europaumli-schen Union (EU) deren Anteilseigner neben der EU die EU-Mitgliedstaaten sind Sie verfuumlgt uumlber das groumlszligte Bud-get aller Entwicklungsbanken weltweit und ist ein Schluumlsselakteur der Klima-finanzierung Seit 2013 hat sie sich zum Ziel gesetzt jaumlhrlich mindestens 25 Prozent ihres Kreditvolumens fuumlr Kli-maprojekte zu vergeben Im Jahr 2011 leitete die EIB eine Untersuchung ein um ihre Sozialstandards den Anspruuml-chen der EU-Grundrechtecharta sowie den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte anzupassen Das dabei entstandene Handbuch fuumlr Umwelt- und Sozialstandards (2013) verspricht hohe Sozialstandards und beschreibt diese ndash als einzige Bank weltweit ndash sogar mit menschenrechtli-chem Vokabular 2015 uumlberarbeitete die EIB auszligerdem ihre Transparenzpolitik so dass sie im Unterschied zu vielen anderen europaumlischen Entwicklungs-banken bereits vor Bewilligung die Ergebnisse von Umwelt- und Sozial-vertraumlglichkeitsanalysen bekannt gibt Die EIB hat ferner ein eigenes Be-schwerdeverfahren das alle durch ihre Projekte Betroffenen nutzen koumlnnen Die Zustaumlndigen fuumlr die Bearbeitung

der Beschwerden koumlnnen Mediations-prozesse anstoszligen Das Verfahren und das zustaumlndige Gremium koumlnnen sogar selbst Gegenstand einer Beschwerde vor dem EU-Ombudsmann werden wenn die Betroffenen mit seiner Arbeit unzufrieden sind

Gute Standards und ein gutes Beschwerdeverfahren gelten in der Regel als Grundbedingung fuumlr die Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht Dennoch gibt es im System der EIB erhebliche Maumlngel Eine menschenrechtliche Untersuchung der Anwendung der Sozialstandards beim oben erwaumlhnten Erdwaumlrmeprojekt in Kenia fuumlhrte dabei zu folgenden Ergeb-nissen Es werde zu wenige Sozial- und MenschenrechtsexpertInnen je Projekt beschaumlftigt Ersatzweise werden Kre-ditnehmer auf das EIB-Handbuch zu Umwelt- und Sozialstandards verwiesen Die EIB uumlberlaumlsst die Umsetzung ihrer hehren Sozialstandards damit weitge-hend den Kreditnehmern ohne diese mit angemessen Personalressourcen zu unterstuumltzen und zu kontrollieren Betroffene werden von der EIB auch nicht systematisch uumlber die Existenz ihres Beschwerdeverfahrens informiert sondern stoszligen ndash wenn uumlberhaupt ndash erst durch eigene Recherche auf ihn Die EIB-MitarbeiterInnen haben keine Verpflichtung den Beschwerdeaus-schuss aktiv in problematische Projekte einzubinden Er wird erst aktiv wenn Betroffene an ihn herantreten Bei Pro-jekten die von mehreren Geldgebern finanziert werden hat er kein Mandat deren Rolle bei der Verletzung von So-zialstandards zu untersuchen Seine Be-urteilungen und Empfehlungen sind fuumlr die Bank auch nicht rechtlich bindend Das Beispiel der EIB zeigt damit nicht nur deren spezifische Maumlngel in der Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht sondern demonstriert auch die generell begrenzte Reichweite institutioneller Beschwerdemecha-nismen Sie stellen keinen Ersatz fuumlr verbindliche Menschenrechtsstandards dar zu deren Umsetzung Staaten ver-pflichtet sind

Gemaumlszlig dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP) sind 80 Prozent aller Menschen die aufgrund des Klimawan-dels umsiedeln muumlssen FrauenFoto Survival International

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 31

Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Der Status der EU im Menschenrechts-system ist kompliziert Die EU selbst ist kein Staat sondern eine Mitgliederor-ganisation von Staaten Wie andere internationale Organisationen auch ist sie daher keine Vertragspartei der zwischenstaatlichen Menschenrechts-vertraumlge (mit Ausnahme der UN-Behin-dertenrechtskonvention) Sie ist auch keine Vertragspartei der Europaumlischen Menschenrechtskonvention obwohl ihr Beitritt in Artikel 6(2) des EU-Vertrags

festgelegt ist und seit langem gepruumlft wird Daher haben die Menschenrechts-organe der UN und des Europarates auch kein Mandat uumlber die EU und duumlrfen nicht uumlber sie urteilen

Dennoch ist auch die EU verpfl ich-tet Menschenrechte in ihrer Innen- und Auszligenpolitik zu beachten Diese Verpfl ichtungen beruhen vor allem auf a) der EU-Grundrechtecharta (2009) b) dem EU-Vertrag sowie c) auf der Aarhus-Konventiona) Die Grundrechtecharta gilt fuumlr alle

EU-Organe sowie fuumlr die Mitglied-staaten bei der Anwendung von EU-Recht (GRC Art 51(1)) Sowohl das EU-Parlament als auch ein Experten-urteil bestaumltigten ihre extraterritori-ale Reichweite

b) In den EU-Vertraumlgen bekennt sich die EU zum Schutz der Menschen-rechte in ihrer Beziehung zur uumlbri-gen Welt und zur Grundrechtecharta der Vereinten Nationen (EUV Art 3(5)) Sie erklaumlrt diese zu leitenden Grundsaumltzen ihres auswaumlr-tigen Handelns (EUV Art 21) Dies gilt ausdruumlcklich auch fuumlr die Ko-operation mit Entwicklungslaumlndern (EUVA Art 208)

c) Die EU ist eine Vertragspartei der Aarhus-Konvention die nach Expert Innenmeinung ebenfalls auch extraterritorial ausgelegt werden kann

0 100 200 300 400 500

203020141990

Gebaumlude

Landwirtschaft

Industrie

Energiewirtschaft

Verkehr

lt61

72

88

lt98

160

163

lt72

119

209

lt143

181

283

lt183

358

466

Datenquelle Bundesministerium fuumlr UmweltNaturschutz Bau und Reaktorsicherheit (2017)Klimaschutz in Zahlen 2017

Ziele zur Verringerung von Treibhausgas-emissionen Deutschlands nach Sektoren gemaumlszlig dem Klimaschutzplan 2050(in Millionen Tonnen CO2-Aumlquivalenten)

32 FIAN | Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

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IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

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Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

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Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

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Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

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UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

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Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

European Bank for Reconstruction and Development together with MDB partners the African Development Bank the Asian Development Bank the European In-vestment Bank the Inter-American Development Bank Group and the World Bank Group (2016) Joint Report on Multilateral Development Banksrsquo Climate Finance wwwebrdcom2016-joint-report-on-mdbs-climate-financepdf

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Schade Jeanette (2013) Climate change and planned relocation Risks and a propo-sal for safeguards In Thomas Faist Jeanette Schade (Eds) Disentangling Migra-tion and Climate Change Methodologies Political Discourses and Human Rights Heidelberg Dordrecht New York Springer pp 138-206

Wolfgang Obergassel Jeanette Schade Lauri Peterson Nicolas Kreibich Timo Beiermann (2017) International Climate Finance Mechanisms and Extraterritorial Human Rights Obligations Status Quo and Future Prospects ein Dossier von FIAN Deutschland httpswwwfiandeartikelansicht2017-07-19-internationale- klimafinanzierung-und-risiken-fuer-die-menschenrechte

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Jeanette Schade (2017) EU accountability for the due diligence failures of the European Investment Bank Climate finance and involuntary resettlement in Olkaria Kenya In Journal of Human Rights and the Environment Vol 8(1) 72-97 (Son-derausgabe ldquoClimate Justice and Displacementrdquo Gastherausgeber Schade und Manou)

Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 39

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 24: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

Menschenrechtsverletzung in diesem Zusammenhang Folge des Klimawandels oder uumlblicher Wetterextreme ist ist oft schwierig So kommt das Hochkommis-sariat fuumlr Menschenrechte 2009 zum Ergebnis dass der Klimawandel zwar eindeutig negative Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Menschenrech-ten hat dass es aber weniger eindeutig ist ob und in welchem Ausmaszlig die Auswirkungen in streng rechtlichem Sinn als Menschenrechtsverletzung qualifiziert werden koumlnnen

Aus Sicht von FIAN Deutschland kann der Verlust des Zugangs zu Nah-rung durch den Klimawandel aber durchaus als Menschenrechtsverletzung gewertet werden fuumlr die andere Staa-

ten als der Heimatstaat mitverantwort-lich sind Zwar ist der Haftungsansatz nach dem Verursacherprinzip aufgrund der oben geschilderten Besonderheiten des Klimaproblems fuumlr eine menschen-rechtliche Argumentation wenig frucht-bar Aufgrund des Wissens der Staaten uumlber die menschliche Verursachung und der nachweislich negativen Auswirkun-gen des Klimawandels auf die weltweite Verwirklichung der Menschenrechte sind die Staaten jedoch gemaumlszlig UN-Sozialpakt Artikel 2(1) menschenrecht-lich verpflichtet einzeln sowie durch internationale Hilfe und Zusammen-arbeit unter Ausschoumlpfung all ihrer Moumlglichkeiten wirksame Maszlignahmen zur Emissionsminderung zu ergreifen

Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung

bdquoAnpassungldquo umschreibt ein weites Feld von Aktivitaumlten das die Menschen weniger anfaumlllig gegenuumlber den Auswir-kungen des Klimawandels macht Hiermit kann die Einfuumlhrung von duumlrreresistenten Pflanzenarten und von Bewaumlsserungssystemen gemeint sein aber auch Umsiedlung aus Hochrisiko-zonen neue Bauweisen und Bauvor-schriften oder der Ausbau von Institu-tionen zum Risikomanagement Sie macht einen vergleichsweise kleinen Teil der Klimafinanzierung aus die sich 2016 auf insgesamt 380 Milliarden US Dollar belief 93 Prozent der globalen Klimafinanzierung kommen der Emissi-onsminderung zugute die uumlberwiegend privat finanziert ist Mittel aus oumlffentli-cher Hand tragen nur 34 Prozent zur globalen Klimafinanzierung bei wovon wiederum nur 16 Prozent Anpassungs-maszlignahmen zugutekommen 89 Pro-zent der oumlffentlichen Klimafinanzierung werden von internationalen und natio-nalen Entwicklungsbanken gestemmt Selbst die internationalen Banken wie die Weltbank die Asiatische und die

Afrikanische Entwicklungsbank oder die Europaumlische Investitionsbank (EIB) investieren nur durchschnittlich 23 Pro-zent ihrer Investitionen im Klimabe-reich in Anpassungsmaszlignahmen Fuumlr den unmittelbaren Schutz sowie fuumlr Anpassungsmaszlignahmen an die Folgen des Klimawandels werden also verhaumllt-nismaumlszligig wenige Gelder bereitgestellt Dies kann akut zu Menschenrechtsver-letzungen fuumlhren Je spaumlter und halb-herziger in den Klimaschutz investiert wird desto mehr Anpassung wird noumltig Die Pflicht der Staaten solche Maszlignah-men zu unterstuumltzen ergibt sich aus ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen gemaumlszlig Artikel 2(1) des UN Sozialpaktes Sie gilt unabhaumlngig davon wie viel ein Staat zur Klimaer-waumlrmung beitraumlgt Diese Pflicht ergibt sich auszligerdem aus Art 4(3 4) der Klimarahmenkonvention die aumlrmeren Laumlnder sowohl beim Klimaschutz als auch bei der Anpassung an den Klima-wandel unterstuumltzen ndash gemaumlszlig dem Prinzip gemeinsamer aber unterschied-licher Verantwortung

Die Lebensgrundlage der Indigenen im aumlthiopischen Omo-Tal ist durch den Bau des Stauddamms Gibe III bedroht Foto Suvival International

24 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Obergrenze (Cap)

Industriestaaten unterschreiben dashellip

Kyoto-Protokoll (1997)

Ziel Reduktion der Treibhausgasemission

Emissionen im Zeitraum von 2008 bis 2012 um 5 unter das Niveau von 1990 senken

fl exibler Mechanismus

Fabrik A Fabrik B

Wenn die Emissionen unter der Obergrenze

liegen koumlnnen die nicht genutzten Emissionsrechte wieder verkauft

werden

hellip an Staaten oder

Unternehmen die mehr

Emissionen ausstoszligen

wollen

Verkauft die ungenutzten CO

2-Rechtehellip

Funktionsweise des Emissionshandels

Internationale Klimafinanzierung

Gemaumlszlig der Klimarahmenkonvention sind die traditionellen Industrielaumlnder verpflichtet die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell technologisch und mit Kapazitaumltsaufbau zu unterstuumltzen Auf der Klimakonferenz von Kopenha-gen 2009 wurde diese Verpflichtung konkretisiert die Industrielaumlnder sagten zu dass die finanzielle Unter-stuumltzung bis 2020 auf jaumlhrlich 100 Milli-arden US-Dollar anwachsen soll Zu diesen werden nicht nur die aufge-brachten oumlffentlichen Mittel sondern auch private Investitionen in den Klimaschutz gezaumlhlt wenn sie eine Folge staatlicher Maszlignahmen sind

Die Unterstuumltzung durch oumlffentliche Geber laumluft durch eine Vielzahl von Ka-naumllen Zum einen nutzen viele Staaten dazu ihre Organisationen der Entwick-lungszusammenarbeit In Deutschland sind das beispielsweise die Gesellschaft fuumlr Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Kreditanstalt fuumlr Wieder-aufbau (KfW) Zweitens zaumlhlen auch die Weltbank und die regionalen Ent-wicklungsbanken Klimaschutz zu ihren Aufgaben Insbesondere die Weltbank hat mehrere spezielle Klimaschutzfonds geschaffen Drittens wurde eine Reihe von internationalen Fonds eingerichtet Mit den Geldern der 1991 geschaffenen Globalen Umweltfazilitaumlt (Global Envi-ronment Facility GEF) werden Projekte im Rahmen der Klimarahmenkonventi-on und anderer internationaler Um-weltabkommen finanziert 2001 wurden unter der Klimarahmenkonvention eine Reihe von kleinen spezialisierten Fonds eingerichtet die insbesondere Maszlig-nahmen zur Anpassung an den Klima-wandel finanzierenbull der Least Developed Countries Fund

Fonds fuumlr die am wenigsten entwi-ckelten Laumlnder

bull der Special Climate Change Fund Spezieller Klimawandel-Fonds der vor allem Anpassungsmaszlignahmen finanzieren soll und

bull der Adaptation Fund Anpassungs-fonds fuumlr Laumlnder des Globalen Suumldens

Daruumlber hinaus wurde 2010 beschlos-sen den Green Climate Fund (Gruumlner Klimafonds) einzurichten Dieser soll einen erheblichen Teil der zugesagten 100 Milliarden US-Dollar verwalten

Neben diesen Einrichtungen zur Klimafinanzierung wurden im Rahmen des Kyoto-Protokolls auch institutiona-lisierte Verfahren zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige geschaffenbull der internationale Emissionshandel

der den Handel mit Rechten zum Ausstoszlig von Treibhausgasen regelt

bull die Joint Implementation (Gemein-same Umsetzung) uumlber die Klima-schutzprojekte in Industrielaumlndern international zertifiziert werden koumlnnen

bull der Clean Development Mechanism (Mechanismus fuumlr umweltver-traumlgliche Entwicklung) uumlber den Klimaschutzprojekte in Laumlndern

Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 25

des Globalen Suumldens international zertifiziert werden koumlnnen (siehe Kapitel bdquoDer Clean Development Mechanismldquo)

Diese Verfahren dienen aber in ers-ter Linie der Erreichung der Emissi-onsziele der Industrielaumlnder (siehe Kapitel bdquoSenkung der eigenen Emissi-onenldquo) Mitgliedstaaten mit groszligen Regenwaldvorkommen forderten daher

ein Instrument zu schaffen das den Schutz von Waumlldern auf die Klimabilanz anrechnet Infolge wurde 2007 das Programm REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degrada-tion in Developing Countries) ins Leben gerufen Es soll zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige in Laumlndern des Globalen Suumldens beitragen die durch Abholzung von Waumlldern entstehen

Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen

Maszlignahmen zum Klimaschutz sind aus menschenrechtlicher Perspektive oft umstritten Bei Investitionen in erneu-erbare Energien handelt es sich haumlufig um groszlige flaumlchenintensive Infrastruk-turprojekte wie zum Beispiel den Bau von Staudaumlmmen und Wasserkraftwer-ken Windparks groszligflaumlchige Solar- und Erdwaumlrmeanlagen Das Gleiche gilt fuumlr den Anbau von Energiepflanzen wie Oumllpalmen Investitionen in CO2-Senken also die Ausdehnung von Waumlldern oder der Erhalt bestehender Waumllder stehen oft in Konkurrenz zu anderen Flaumlchen- und Waldnutzungen Auch Anpassungs-maszlignahmen wie der Bau von Schutz-waumlllen oder die Einrichtung von siedlungsfreien Zonen in Hochrisikoge-bieten (zum Beispiel in Gebieten die

haumlufig uumlberschwemmt oder durch Erosion und Erdrutsche gepraumlgt sind) betreffen Land das von Menschen genutzt und ihnen durch solche Maszlig-nahmen entzogen wird Die Flaumlchen-konkurrenz zwischen Investitionen zum Klimaschutz und bisheriger Landnut-zung fuumlhrt unter anderem dazu dass KleinbaumluerInnen und Hirtenvoumllkern der Zugang zu Land und Wasser entzogen wird das sie bisher fuumlr den Nahrungs-mittelanbau und die Viehwirtschaft nutzten Haumlufig handelt es sich dabei um indigene Gruppen die keine Landti-tel besitzen Mit der Vertreibung von ihren wirtschaftlich genutzten Flaumlchen geht auch haumlufig die Vertreibung aus den Ansiedlungen einher Verletzungen sozialer Menschenrechte wie die Rechte auf Nahrung Wasser und Woh-nen sind die Folge Aber auch Verfah-rensrechte und das Recht auf Leben werden regelmaumlszligig missachtet

Dafuumlr gibt es viele Beispiele Pana-ma ist eines jener Laumlnder das am meis-ten in Wasserkraftwerke als erneuerbare Energiequelle investiert In mindes-tens drei bekannten Faumlllen ndash Bonyic Chan75 und Barro Blanco ndash kam es dabei zu schweren Menschenrechts-verletzungen Doumlrfer wurden geflutet obwohl die BewohnerInnen noch nicht umgesiedelt waren die Rechte von In-digenen auf ihr Gebiet und Beteiligung an Projekten wurden verletzt Betrof-fene und AktivistInnen die sich gegen diese Maszlignahmen wehrten wurden eingeschuumlchtert und sogar ermordet Auch Kenia gehoumlrt zu den Vorreitern in

Die klimaschuumltzende Wirkung von Staudaumlm-men zur Stromgewinnung wird bestritten Auszligerdem fuumlhren sie oft zu Verletzungen von Menschenrechten der oumlrtlichen Bevoumllkerung Foto Jane Hofbauer

26 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Sachen Klimaschutz ndash haumlufig zu Lasten ausgegrenzter Bevoumllkerungsgruppen In Olkaria willigten Massai in eine Umsiedlungsmaszlignahme zugunsten einer Erdwaumlrmeanlage (Geothermie) ein weil man ihnen eigene Landrech-te versprach die sie jedoch bis heute nicht erhalten haben Mehrere tausend indigene Jaumlger- und Sammlervoumllker wurden aus dem Embobut-Wald in Westkenia (Sengwer und Cherangany) und dem Mau-Wald (Ogiek) vertrieben weil die Regierung deren Nutzung unter REDD+ anstrebt Der Fall der Ogiek wurde 2014 sogar vor dem Afrikani-schen Gerichtshof fuumlr Menschen- und Voumllkerrechte zugunsten der Ogiek ver-handelt Aumlhnliches passierte in anderen Laumlndern Afrikas So wurde in Tansania die Gemeinschaft der Warufiji aus dem Refuiji-Delta vertrieben Sie hatten die Kooperation bei der Aufforstung der Mangrovenwaumllder verweigert weil man ihnen den Anbau von Reis verbot

Die Auswirkungen von Klimaschutz-maszlignahmen koumlnnen aber auch kom-plexerer Natur sein Wie die Weltbank 2008 in einer vielbeachteten Studie zur globalen Nahrungsmittelkrise darlegte trug die Flaumlchenkonkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Energiepflanzen-anbau maszliggeblich zum globalen An-stieg der Nahrungsmittelpreise bei der fuumlr viele Menschen zu Hunger fuumlhrte Anhand dieser katastrophalen Folgen der staatlichen Foumlrderung von Agrar-treibstoffen durch westliche Indust-rienationen wird deutlich wie diese klimapolitisch motivierten Programme in vielen aumlrmeren Laumlndern direkt zur Verletzung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser beitragen

Auch Anpassungsmaszlignahmen schneiden unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten nicht zwingend besser ab Obwohl sie im Prinzip zum Schutz der Menschen gedacht sind fehlt es in manchen Faumlllen an Professionalitaumlt in anderen Faumlllen fehlt der Fokus auf die besonders gefaumlhrdeten Bevoumllkerungs-gruppen In Mosambik wurden die Doumlr-fer im Sambesi-Flussdelta 20072008

nach schweren Uumlberschwemmungen in houmlher gelegene Gebiete umgesiedelt Viele der neuen Siedlungen blieben ohne angemessenen Zugang zu Wasser fruchtbarem Land und Gesundheitsver-sorgung So wurden sie von Nahrungs-mittelhilfen abhaumlngig Viele Familien verloren durch Abwanderung ihren Zusammenhalt Diskriminierungen bei Anpassungsmaszlignahmen kommen auch in entwickelten Laumlndern vor Nach dem Wiederaufbau von New Orleans nach dem Hurrikan Kathrina im Jahr 2005 durfte die arme afro-amerikanische Be-voumllkerung nicht mehr ihre am Flussufer gelegenen Siedlungen beziehen ndash we-gen Uumlberflutungsgefahr Angemesse-nen und finanzierbaren Ersatz bekamen sie jedoch nicht angeboten

Die Ursachen fuumlr negative Aus-wirkungen und Menschenrechtsver-letzungen durch Klimapolitik gehen teilweise auf die Bedingungen in den Projektlaumlndern zuruumlck Die jeweiligen Nationalstaaten sind menschenrecht-lich entsprechend zu beurteilen und zur Pflicht zu rufen Die Ursachen liegen aber auch in den Klimarahmenabkom-men selbst und ihren Mechanismen begruumlndet Bis auf das Abkommen von Paris enthalten diese keinen Verweis auf Menschenrechte Sie betonen aber die Rechte der Nationalstaaten ihre na-tuumlrlichen Ressourcen auszubeuten Das Abkommen von Paris ist insofern ein Erfolg als in der Praumlambel zum ersten Mal ein Bezug zu den Menschenrechten hergestellt wird Auch im Konzept der extraterritorialen Staatenpflichten zur Verwirklichung wirtschaftlicher sozia-ler und kultureller Menschenrechte ist anerkannt dass die Staaten die Pflicht haben ihre Instrumente zum Klima-schutz und zur Unterstuumltzung von An-passungsmaszlignahmen menschenrechts-konform zu gestalten Dennoch gilt es dicke Bretter zu bohren Eine Praumlambel ist nicht rechtsverbindlich sondern als Orientierungs- und Interpretationshilfe fuumlr die Vertragsparteien oder Gerichte zu verstehen

Fuumlr diese Geothermie-Anlage in Kenia wurden Massai von ihrem traditionellen Land vertrieben Foto Jeanette Schade

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 27

Der Clean Development Mechanism

Mit fast 8000 registrierten Projekten ist der Clean Development Mechanism (CDM) des Kyoto-Protokolls das bedeu-tendste internationale Verfahren zum Klimaschutz Er soll einerseits die Gastgeberstaaten der Projekte bei ihrer nachhaltigen Entwicklung unterstuumltzen und andererseits den Industrielaumlndern bei der Erreichung ihrer Emissionsziele helfen

Das Kyoto-Protokoll definiert fuumlr die teilnehmenden Industrielaumlnder verbindliche Emissionsziele Die Uumlber-wachung der Zielerreichung erfolgt auf Grundlage von Emissionszertifikaten jeder verpflichtete Staat muss fuumlr jede Tonne Treibhausgasemission ein Emis-sionszertifikat vorlegen Die Staaten erhalten eine Anfangsausstattung von Zertifikaten auf Grundlage ihrer Ziele zur Verringerung ihrer Emissionen Diese Zertifikate sind handelbar Schafft ein Staat es seine Emissionen staumlrker zu reduzieren als er zum Ziel hat kann er den sich daraus ergebenden Uumlber-schuss an Zertifikaten an andere Laumlnder verkaufen Auszligerdem koumlnnen die In-dustrielaumlnder uumlber den CDM zertifizierte Emissionsreduktionen aus Klimaschutz-projekten in den Laumlndern des Globalen Suumldens ankaufen

Die naturwissenschaftliche Grund-lage dieses so genannten Emissions-handels ist dass die Treibhausgase sich gleichmaumlszligig in der Atmosphaumlre verteilen Fuumlr den Klimawandel macht es keinen Unterschied an welchem Ort Treibhausgase ausgestoszligen oder reduziert werden Durch den Emissions-handel soll es daher ermoumlglicht werden Emissionen an der Stelle zu vermindern an der dies am kostenguumlnstigsten ist Im Kyoto-Protokoll gibt es zum einen den Emissionshandel zwischen Staaten zum anderen werden im CDM Zertifikate fuumlr Emissionsreduktionen in konkreten Projekten ausgestellt wie zum Beispiel fuumlr Windkraftanlagen Prinzipiell kann jeder beliebige Akteur CDM-Projekte durchfuumlhren Zertifikate erhalten und diese dann verkaufen seien es staatli-che Stellen private Unternehmen oder auch zivilgesellschaftliche Organisa-tionen Durch den CDM soll so fuumlr alle Interessierte ein Anreiz gesetzt werden in Emissionsreduktionen zu investieren Die groszlige Mehrheit der CDM-Projekte wird von privaten Unternehmen durchgefuumlhrt

Der CDM unterliegt der Fuumlhrung und Aufsicht der Konferenz der Vertrags-staaten des Kyoto-Protokolls Fuumlr die Pruumlfung und Genehmigung der konkre-ten Projekte sowie fuumlr die Ausarbeitung von Detailregelungen zu den Geneh-migungsverfahren haben die Vertrags-staaten einen Exekutivrat eingerichtet der aus zehn Mitgliedern und zehn stellvertretenden Mitgliedern besteht Die Mitglieder werden von der Vertrags-staatenkonferenz nach einem regiona-len Schluumlssel gewaumlhlt Der Exekutivrat soll nach Moumlglichkeit alle Entscheidun-gen einstimmig treffen Wenn dies nicht moumlglich ist sind auch Abstimmungen mit Dreiviertelmehrheit erlaubt

Um sich fuumlr die Ausstellung von CDM-Zertifikaten zu qualifizieren muumlssen CDM-Projekte ein festgeleg-tes Verfahren durchlaufen Zunaumlchst muumlssen die Traumlger des Projekts eine Projektdokumentation erstellen die darlegt welche Maszlignahmen durchge-fuumlhrt werden sollen und wie dadurch Emissionen vermindert werden Diese

Einige Doumlrfer im kenianischen Tana-Delta muumlssen per Tankwagen mit Trinkwasser versorgt werden

28 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Braucht Zertifi kate um eigene Klimaschaumlden ausgleichen zu

koumlnnen

INDUSTRIELAND

Klimaschutzprojekt wird unterstuumltzt

ENTWICKLUNGSLANDTechnologie

Finanzierung

Die Unterstuumltzung bringt dem Industrieland zusaumltzliche

Zertifi kate ein

Clean Development Mechanism (CDM)-Projekte werden kontrolliert durch den

CDM-EXEKUTIVRAT bestehend aus 10 Mitgliedern

Durch die Unterstuumltzung

sollen CO2-Emissionen vermieden

werden

Jeweils ein Mitglied der fuumlnf regionalen

Gruppen der Vereinten Nationen

Zwei Mitglieder des Kyoto-Protokolls

gelistet als Industrieland (Annex 1)

Zwei Mitglieder die nicht in Annex 1 des

Kyoto-Protokolls gelistet sind

EinE RepraumlsentantIn der kleinen

Inselstaaten

Projektdokumentation muss durch ein sachverstaumlndiges Zertifizierungsun-ternehmen beispielsweise den TUumlV uumlberpruumlft werden Auszligerdem muss das Projekt durch das Durchfuumlhrungsland und mindestens ein Industrieland genehmigt werden Wenn all diese Be-dingungen erfuumlllt sind wird das Projekt dem CDM-Exekutivrat vorgelegt Wenn der Exekutivrat keine Einwaumlnde hat wird es als CDM-Projekt registriert

Waumlhrend der Durchfuumlhrung des Projekts muumlssen seine Traumlger fortlau-fend uumlberwachen und dokumentieren welche Treibhausgasmengen es er-zeugt Die Emissionsminderung ergibt sich aus dem Unterschied zwischen den Emissionen des Projekts und den Emis-sionen die angefallen waumlren wenn das Projekt nicht umgesetzt worden waumlre wenn zum Beispiel statt Strom eines Windparks Strom aus Kohlekraftwerken verwendet worden waumlre Die Dokumen-tation wird wiederum von einer sach-verstaumlndigen Stelle und vom CDM-Exe-kutivrat uumlberpruumlft Abschlieszligend stellt der Exekutivrat den Projektbeteiligten Emissionszertifikate entsprechend der erzielten Emissionsminderung aus

Die Projektbeteiligten koumlnnen die Zertifikate dann an mehrere moumlgliche Abnehmer verkaufen Der erste moumlgli-che Abnehmer sind Industriestaaten die ihre Kyoto-Emissionsziele nicht durch inlaumlndische Emissionsredukti-onen erreichen und daher zusaumltzliche Zertifikate benoumltigen Daruumlber hinaus gibt es in der EU und in mehreren ande-ren Staaten Emissionshandelssysteme auf Unternehmensebene Aumlhnlich wie die Industriestaaten durch das Kyoto-Protokoll verpflichtet sind Emissi-onszertifikate vorzulegen muumlssen in der EU und in anderen Laumlndern auch bestimmte Unternehmen wie die Ener-gieversorger und groszlige Industriebe-triebe fuumlr ihre Treibhausgasemissionen Zertifikate vorlegen Diese Unterneh-men koumlnnen teilweise CDM-Zertifikate verwenden um ihre Verpflichtung zu erfuumlllen Der dritte moumlgliche Abnehmer ist der wachsende Markt der sogenann-ten bdquofreiwilligen Kompensationldquo von Treibhausgasemissionen Dies sind

Unternehmen und Privatpersonen die ihre Emissionen ausgleichen wollen indem sie CDM-Zertifikate kaufen und loumlschen Ein Beispiel dafuumlr sind Aus-gleichszahlungen fuumlr den CO2-Ausstoszlig durch Fluumlge

Der CDM verfuumlgt uumlber keinerlei men-schenrechtliche Kriterien Es gibt ledig-lich die Bestimmung dass die Projekte zur nachhaltigen Entwicklung beitragen sollen und die Vorschrift dass die lokale Bevoumllkerung konsultiert werden muss Allerdings gibt es keine interna-tionalen Kriterien wie der Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung uumlberpruumlft werden soll Stattdessen wird die Pruuml-fung vollstaumlndig den Gastgeberlaumlndern der Projekte uumlberlassen Ebenso gibt es nur vage internationale Kriterien fuumlr die Konsultation der lokalen Bevoumllke-rung Viele Laumlnder haben nur schwache

Funktionsweise des Clean Development Mechanism

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 29

Regeln und uumlberwachen deren Einhal-tung nur schlecht Als Ergebnis kommt es immer wieder zu Vorwuumlrfen dass durch CDM-Projekte Menschenrechte verletzt werden Die internationale Gemeinschaft ist damit nicht ihrer Verantwortung nachgekommen neue voumllkerrechtliche Vertraumlge entsprechend ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen auszugestalten

Das Kyoto-Protokoll wird nach 2020 nicht weitergefuumlhrt entsprechend wird auch der CDM auslaufen Allerdings

wurden im Pariser Abkommen neue Kooperationsmechanismen geschaf-fen Die Regeln zur Umsetzung dieser Mechanismen sollen ausdruumlcklich die Erfahrungen aus den Mechanismen des Kyoto-Protokolls beruumlcksichtigen Aus den menschenrechtlichen Problemen die sich im CDM ergeben haben soll-ten die Staaten die Schlussfolgerung ziehen dass die neuen Mechanismen verbindliche menschenrechtliche Krite-rien benoumltigen

Der Fall Bajo Aguaacuten ndash CDM-Zertifizierung trotz Menschen-rechtsverletzungen

Das Projekt bdquoAguan Biogas Recovery from Palm Oil Mill Effluent [POME] Ponds and Biogas Utilisation ndash Ex-portadora del Atlaacutentico AguanHondurasldquo soll die Behandlung von Abwasser aus einer Palmoumllmuumlhle verbessern und dadurch die Emissio-nen von Methan vermindern Das Palmoumll kommt aus Plantagen die im Zentrum eines gewalttaumltigen Landkon-flikts stehen Laut den oumlrtlichen KleinbaumluerInnen hat sich der Eigentuuml-mer das Plantagenland widerrechtlich angeeignet Sie fordern daher die Ruumlckgabe des Landes Die Sicherheits-kraumlfte der Plantagen und die oumlffentli-chen Sicherheitskraumlfte gehen immer

wieder gewaltsam gegen die Kleinbaumlu-erInnen vor bisher wurden uumlber 50 Personen getoumltet

Diese Umstaumlnde spielten jedoch im Registrierungsverfahren des CDM keine Rolle FIAN und andere Nicht-regierungsorganisationen wiesen den CDM-Exekutivrat darauf hin dass das Projekt in Menschenrechtsver-letzungen verwickelt sei Es wurde dennoch als CDM-Projekt registriert Der CDM-Exekutivrat erklaumlrte dass er kein Mandat habe solche Umstaumlnde zu beruumlcksichtigen Seine Zustaumlndig-keit beschraumlnke sich auf die Klima-schutzauswirkungen von Projekten Neben Honduras war das Projekt auch von Groszligbritannien registriert wor-den Nachdem sie uumlber die Vorwuumlrfe informiert worden war aumluszligerte die britische Regierung zwar dass diese bdquoverstoumlrendldquo seien erklaumlrte aber fuumlr Fragen der Nachhaltigkeit sei das Gastgeberland Honduras zustaumlndig

Das Projekt ist im CDM registriert und kann fuumlr Emissionsreduktionen die bis zum 31 Januar 2018 erzielt wurden Zertifikate erhalten Dieser Zeitraum kann verlaumlngert werden Das Ausmaszlig der Gewalt ist zwar nach einer Intervention der deutschen Regierung zuruumlckgegangen der zugrunde lie-gende Landkonflikt ist aber weiterhin ungeloumlst

Eine honduranische Baumluerin weist bei einer Demonstration auf die schweren Menschen-rechtsverletzungen in Bajo Aguaacuten hin

30 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank

Viele Klimaschutzmaszlignahmen werden ausschlieszliglich von privaten Unterneh-men und Banken durchgefuumlhrt die nicht an verbindliche Sozialstandards gebunden sind Insbesondere in Laumln-dern des Globalen Suumldens mit schwa-chen nationalen Standards und Institu-tionen zu ihrer Durchsetzung gefaumlhrdet dies den Schutz der Menschenrechte

Oumlffentliche Entwicklungsbanken verfuumlgen dagegen uumlber eigene Sozial-standards und Beschwerdeverfahren welche die Gefahr von Menschenrechts-verletzungen bei der Durchfuumlhrung von Projekten verringern koumlnnen Doch auch hier gibt es deutlichen Nachbes-serungsbedarf wie das Beispiel der Europaumlischen Investitionsbank (EIB) zeigt

Die EIB ist eine Bank der Europaumli-schen Union (EU) deren Anteilseigner neben der EU die EU-Mitgliedstaaten sind Sie verfuumlgt uumlber das groumlszligte Bud-get aller Entwicklungsbanken weltweit und ist ein Schluumlsselakteur der Klima-finanzierung Seit 2013 hat sie sich zum Ziel gesetzt jaumlhrlich mindestens 25 Prozent ihres Kreditvolumens fuumlr Kli-maprojekte zu vergeben Im Jahr 2011 leitete die EIB eine Untersuchung ein um ihre Sozialstandards den Anspruuml-chen der EU-Grundrechtecharta sowie den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte anzupassen Das dabei entstandene Handbuch fuumlr Umwelt- und Sozialstandards (2013) verspricht hohe Sozialstandards und beschreibt diese ndash als einzige Bank weltweit ndash sogar mit menschenrechtli-chem Vokabular 2015 uumlberarbeitete die EIB auszligerdem ihre Transparenzpolitik so dass sie im Unterschied zu vielen anderen europaumlischen Entwicklungs-banken bereits vor Bewilligung die Ergebnisse von Umwelt- und Sozial-vertraumlglichkeitsanalysen bekannt gibt Die EIB hat ferner ein eigenes Be-schwerdeverfahren das alle durch ihre Projekte Betroffenen nutzen koumlnnen Die Zustaumlndigen fuumlr die Bearbeitung

der Beschwerden koumlnnen Mediations-prozesse anstoszligen Das Verfahren und das zustaumlndige Gremium koumlnnen sogar selbst Gegenstand einer Beschwerde vor dem EU-Ombudsmann werden wenn die Betroffenen mit seiner Arbeit unzufrieden sind

Gute Standards und ein gutes Beschwerdeverfahren gelten in der Regel als Grundbedingung fuumlr die Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht Dennoch gibt es im System der EIB erhebliche Maumlngel Eine menschenrechtliche Untersuchung der Anwendung der Sozialstandards beim oben erwaumlhnten Erdwaumlrmeprojekt in Kenia fuumlhrte dabei zu folgenden Ergeb-nissen Es werde zu wenige Sozial- und MenschenrechtsexpertInnen je Projekt beschaumlftigt Ersatzweise werden Kre-ditnehmer auf das EIB-Handbuch zu Umwelt- und Sozialstandards verwiesen Die EIB uumlberlaumlsst die Umsetzung ihrer hehren Sozialstandards damit weitge-hend den Kreditnehmern ohne diese mit angemessen Personalressourcen zu unterstuumltzen und zu kontrollieren Betroffene werden von der EIB auch nicht systematisch uumlber die Existenz ihres Beschwerdeverfahrens informiert sondern stoszligen ndash wenn uumlberhaupt ndash erst durch eigene Recherche auf ihn Die EIB-MitarbeiterInnen haben keine Verpflichtung den Beschwerdeaus-schuss aktiv in problematische Projekte einzubinden Er wird erst aktiv wenn Betroffene an ihn herantreten Bei Pro-jekten die von mehreren Geldgebern finanziert werden hat er kein Mandat deren Rolle bei der Verletzung von So-zialstandards zu untersuchen Seine Be-urteilungen und Empfehlungen sind fuumlr die Bank auch nicht rechtlich bindend Das Beispiel der EIB zeigt damit nicht nur deren spezifische Maumlngel in der Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht sondern demonstriert auch die generell begrenzte Reichweite institutioneller Beschwerdemecha-nismen Sie stellen keinen Ersatz fuumlr verbindliche Menschenrechtsstandards dar zu deren Umsetzung Staaten ver-pflichtet sind

Gemaumlszlig dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP) sind 80 Prozent aller Menschen die aufgrund des Klimawan-dels umsiedeln muumlssen FrauenFoto Survival International

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 31

Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Der Status der EU im Menschenrechts-system ist kompliziert Die EU selbst ist kein Staat sondern eine Mitgliederor-ganisation von Staaten Wie andere internationale Organisationen auch ist sie daher keine Vertragspartei der zwischenstaatlichen Menschenrechts-vertraumlge (mit Ausnahme der UN-Behin-dertenrechtskonvention) Sie ist auch keine Vertragspartei der Europaumlischen Menschenrechtskonvention obwohl ihr Beitritt in Artikel 6(2) des EU-Vertrags

festgelegt ist und seit langem gepruumlft wird Daher haben die Menschenrechts-organe der UN und des Europarates auch kein Mandat uumlber die EU und duumlrfen nicht uumlber sie urteilen

Dennoch ist auch die EU verpfl ich-tet Menschenrechte in ihrer Innen- und Auszligenpolitik zu beachten Diese Verpfl ichtungen beruhen vor allem auf a) der EU-Grundrechtecharta (2009) b) dem EU-Vertrag sowie c) auf der Aarhus-Konventiona) Die Grundrechtecharta gilt fuumlr alle

EU-Organe sowie fuumlr die Mitglied-staaten bei der Anwendung von EU-Recht (GRC Art 51(1)) Sowohl das EU-Parlament als auch ein Experten-urteil bestaumltigten ihre extraterritori-ale Reichweite

b) In den EU-Vertraumlgen bekennt sich die EU zum Schutz der Menschen-rechte in ihrer Beziehung zur uumlbri-gen Welt und zur Grundrechtecharta der Vereinten Nationen (EUV Art 3(5)) Sie erklaumlrt diese zu leitenden Grundsaumltzen ihres auswaumlr-tigen Handelns (EUV Art 21) Dies gilt ausdruumlcklich auch fuumlr die Ko-operation mit Entwicklungslaumlndern (EUVA Art 208)

c) Die EU ist eine Vertragspartei der Aarhus-Konvention die nach Expert Innenmeinung ebenfalls auch extraterritorial ausgelegt werden kann

0 100 200 300 400 500

203020141990

Gebaumlude

Landwirtschaft

Industrie

Energiewirtschaft

Verkehr

lt61

72

88

lt98

160

163

lt72

119

209

lt143

181

283

lt183

358

466

Datenquelle Bundesministerium fuumlr UmweltNaturschutz Bau und Reaktorsicherheit (2017)Klimaschutz in Zahlen 2017

Ziele zur Verringerung von Treibhausgas-emissionen Deutschlands nach Sektoren gemaumlszlig dem Klimaschutzplan 2050(in Millionen Tonnen CO2-Aumlquivalenten)

32 FIAN | Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

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IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

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Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

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Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

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UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

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Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 39

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 25: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

Obergrenze (Cap)

Industriestaaten unterschreiben dashellip

Kyoto-Protokoll (1997)

Ziel Reduktion der Treibhausgasemission

Emissionen im Zeitraum von 2008 bis 2012 um 5 unter das Niveau von 1990 senken

fl exibler Mechanismus

Fabrik A Fabrik B

Wenn die Emissionen unter der Obergrenze

liegen koumlnnen die nicht genutzten Emissionsrechte wieder verkauft

werden

hellip an Staaten oder

Unternehmen die mehr

Emissionen ausstoszligen

wollen

Verkauft die ungenutzten CO

2-Rechtehellip

Funktionsweise des Emissionshandels

Internationale Klimafinanzierung

Gemaumlszlig der Klimarahmenkonvention sind die traditionellen Industrielaumlnder verpflichtet die Laumlnder des Globalen Suumldens finanziell technologisch und mit Kapazitaumltsaufbau zu unterstuumltzen Auf der Klimakonferenz von Kopenha-gen 2009 wurde diese Verpflichtung konkretisiert die Industrielaumlnder sagten zu dass die finanzielle Unter-stuumltzung bis 2020 auf jaumlhrlich 100 Milli-arden US-Dollar anwachsen soll Zu diesen werden nicht nur die aufge-brachten oumlffentlichen Mittel sondern auch private Investitionen in den Klimaschutz gezaumlhlt wenn sie eine Folge staatlicher Maszlignahmen sind

Die Unterstuumltzung durch oumlffentliche Geber laumluft durch eine Vielzahl von Ka-naumllen Zum einen nutzen viele Staaten dazu ihre Organisationen der Entwick-lungszusammenarbeit In Deutschland sind das beispielsweise die Gesellschaft fuumlr Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Kreditanstalt fuumlr Wieder-aufbau (KfW) Zweitens zaumlhlen auch die Weltbank und die regionalen Ent-wicklungsbanken Klimaschutz zu ihren Aufgaben Insbesondere die Weltbank hat mehrere spezielle Klimaschutzfonds geschaffen Drittens wurde eine Reihe von internationalen Fonds eingerichtet Mit den Geldern der 1991 geschaffenen Globalen Umweltfazilitaumlt (Global Envi-ronment Facility GEF) werden Projekte im Rahmen der Klimarahmenkonventi-on und anderer internationaler Um-weltabkommen finanziert 2001 wurden unter der Klimarahmenkonvention eine Reihe von kleinen spezialisierten Fonds eingerichtet die insbesondere Maszlig-nahmen zur Anpassung an den Klima-wandel finanzierenbull der Least Developed Countries Fund

Fonds fuumlr die am wenigsten entwi-ckelten Laumlnder

bull der Special Climate Change Fund Spezieller Klimawandel-Fonds der vor allem Anpassungsmaszlignahmen finanzieren soll und

bull der Adaptation Fund Anpassungs-fonds fuumlr Laumlnder des Globalen Suumldens

Daruumlber hinaus wurde 2010 beschlos-sen den Green Climate Fund (Gruumlner Klimafonds) einzurichten Dieser soll einen erheblichen Teil der zugesagten 100 Milliarden US-Dollar verwalten

Neben diesen Einrichtungen zur Klimafinanzierung wurden im Rahmen des Kyoto-Protokolls auch institutiona-lisierte Verfahren zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige geschaffenbull der internationale Emissionshandel

der den Handel mit Rechten zum Ausstoszlig von Treibhausgasen regelt

bull die Joint Implementation (Gemein-same Umsetzung) uumlber die Klima-schutzprojekte in Industrielaumlndern international zertifiziert werden koumlnnen

bull der Clean Development Mechanism (Mechanismus fuumlr umweltver-traumlgliche Entwicklung) uumlber den Klimaschutzprojekte in Laumlndern

Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 25

des Globalen Suumldens international zertifiziert werden koumlnnen (siehe Kapitel bdquoDer Clean Development Mechanismldquo)

Diese Verfahren dienen aber in ers-ter Linie der Erreichung der Emissi-onsziele der Industrielaumlnder (siehe Kapitel bdquoSenkung der eigenen Emissi-onenldquo) Mitgliedstaaten mit groszligen Regenwaldvorkommen forderten daher

ein Instrument zu schaffen das den Schutz von Waumlldern auf die Klimabilanz anrechnet Infolge wurde 2007 das Programm REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degrada-tion in Developing Countries) ins Leben gerufen Es soll zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige in Laumlndern des Globalen Suumldens beitragen die durch Abholzung von Waumlldern entstehen

Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen

Maszlignahmen zum Klimaschutz sind aus menschenrechtlicher Perspektive oft umstritten Bei Investitionen in erneu-erbare Energien handelt es sich haumlufig um groszlige flaumlchenintensive Infrastruk-turprojekte wie zum Beispiel den Bau von Staudaumlmmen und Wasserkraftwer-ken Windparks groszligflaumlchige Solar- und Erdwaumlrmeanlagen Das Gleiche gilt fuumlr den Anbau von Energiepflanzen wie Oumllpalmen Investitionen in CO2-Senken also die Ausdehnung von Waumlldern oder der Erhalt bestehender Waumllder stehen oft in Konkurrenz zu anderen Flaumlchen- und Waldnutzungen Auch Anpassungs-maszlignahmen wie der Bau von Schutz-waumlllen oder die Einrichtung von siedlungsfreien Zonen in Hochrisikoge-bieten (zum Beispiel in Gebieten die

haumlufig uumlberschwemmt oder durch Erosion und Erdrutsche gepraumlgt sind) betreffen Land das von Menschen genutzt und ihnen durch solche Maszlig-nahmen entzogen wird Die Flaumlchen-konkurrenz zwischen Investitionen zum Klimaschutz und bisheriger Landnut-zung fuumlhrt unter anderem dazu dass KleinbaumluerInnen und Hirtenvoumllkern der Zugang zu Land und Wasser entzogen wird das sie bisher fuumlr den Nahrungs-mittelanbau und die Viehwirtschaft nutzten Haumlufig handelt es sich dabei um indigene Gruppen die keine Landti-tel besitzen Mit der Vertreibung von ihren wirtschaftlich genutzten Flaumlchen geht auch haumlufig die Vertreibung aus den Ansiedlungen einher Verletzungen sozialer Menschenrechte wie die Rechte auf Nahrung Wasser und Woh-nen sind die Folge Aber auch Verfah-rensrechte und das Recht auf Leben werden regelmaumlszligig missachtet

Dafuumlr gibt es viele Beispiele Pana-ma ist eines jener Laumlnder das am meis-ten in Wasserkraftwerke als erneuerbare Energiequelle investiert In mindes-tens drei bekannten Faumlllen ndash Bonyic Chan75 und Barro Blanco ndash kam es dabei zu schweren Menschenrechts-verletzungen Doumlrfer wurden geflutet obwohl die BewohnerInnen noch nicht umgesiedelt waren die Rechte von In-digenen auf ihr Gebiet und Beteiligung an Projekten wurden verletzt Betrof-fene und AktivistInnen die sich gegen diese Maszlignahmen wehrten wurden eingeschuumlchtert und sogar ermordet Auch Kenia gehoumlrt zu den Vorreitern in

Die klimaschuumltzende Wirkung von Staudaumlm-men zur Stromgewinnung wird bestritten Auszligerdem fuumlhren sie oft zu Verletzungen von Menschenrechten der oumlrtlichen Bevoumllkerung Foto Jane Hofbauer

26 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Sachen Klimaschutz ndash haumlufig zu Lasten ausgegrenzter Bevoumllkerungsgruppen In Olkaria willigten Massai in eine Umsiedlungsmaszlignahme zugunsten einer Erdwaumlrmeanlage (Geothermie) ein weil man ihnen eigene Landrech-te versprach die sie jedoch bis heute nicht erhalten haben Mehrere tausend indigene Jaumlger- und Sammlervoumllker wurden aus dem Embobut-Wald in Westkenia (Sengwer und Cherangany) und dem Mau-Wald (Ogiek) vertrieben weil die Regierung deren Nutzung unter REDD+ anstrebt Der Fall der Ogiek wurde 2014 sogar vor dem Afrikani-schen Gerichtshof fuumlr Menschen- und Voumllkerrechte zugunsten der Ogiek ver-handelt Aumlhnliches passierte in anderen Laumlndern Afrikas So wurde in Tansania die Gemeinschaft der Warufiji aus dem Refuiji-Delta vertrieben Sie hatten die Kooperation bei der Aufforstung der Mangrovenwaumllder verweigert weil man ihnen den Anbau von Reis verbot

Die Auswirkungen von Klimaschutz-maszlignahmen koumlnnen aber auch kom-plexerer Natur sein Wie die Weltbank 2008 in einer vielbeachteten Studie zur globalen Nahrungsmittelkrise darlegte trug die Flaumlchenkonkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Energiepflanzen-anbau maszliggeblich zum globalen An-stieg der Nahrungsmittelpreise bei der fuumlr viele Menschen zu Hunger fuumlhrte Anhand dieser katastrophalen Folgen der staatlichen Foumlrderung von Agrar-treibstoffen durch westliche Indust-rienationen wird deutlich wie diese klimapolitisch motivierten Programme in vielen aumlrmeren Laumlndern direkt zur Verletzung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser beitragen

Auch Anpassungsmaszlignahmen schneiden unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten nicht zwingend besser ab Obwohl sie im Prinzip zum Schutz der Menschen gedacht sind fehlt es in manchen Faumlllen an Professionalitaumlt in anderen Faumlllen fehlt der Fokus auf die besonders gefaumlhrdeten Bevoumllkerungs-gruppen In Mosambik wurden die Doumlr-fer im Sambesi-Flussdelta 20072008

nach schweren Uumlberschwemmungen in houmlher gelegene Gebiete umgesiedelt Viele der neuen Siedlungen blieben ohne angemessenen Zugang zu Wasser fruchtbarem Land und Gesundheitsver-sorgung So wurden sie von Nahrungs-mittelhilfen abhaumlngig Viele Familien verloren durch Abwanderung ihren Zusammenhalt Diskriminierungen bei Anpassungsmaszlignahmen kommen auch in entwickelten Laumlndern vor Nach dem Wiederaufbau von New Orleans nach dem Hurrikan Kathrina im Jahr 2005 durfte die arme afro-amerikanische Be-voumllkerung nicht mehr ihre am Flussufer gelegenen Siedlungen beziehen ndash we-gen Uumlberflutungsgefahr Angemesse-nen und finanzierbaren Ersatz bekamen sie jedoch nicht angeboten

Die Ursachen fuumlr negative Aus-wirkungen und Menschenrechtsver-letzungen durch Klimapolitik gehen teilweise auf die Bedingungen in den Projektlaumlndern zuruumlck Die jeweiligen Nationalstaaten sind menschenrecht-lich entsprechend zu beurteilen und zur Pflicht zu rufen Die Ursachen liegen aber auch in den Klimarahmenabkom-men selbst und ihren Mechanismen begruumlndet Bis auf das Abkommen von Paris enthalten diese keinen Verweis auf Menschenrechte Sie betonen aber die Rechte der Nationalstaaten ihre na-tuumlrlichen Ressourcen auszubeuten Das Abkommen von Paris ist insofern ein Erfolg als in der Praumlambel zum ersten Mal ein Bezug zu den Menschenrechten hergestellt wird Auch im Konzept der extraterritorialen Staatenpflichten zur Verwirklichung wirtschaftlicher sozia-ler und kultureller Menschenrechte ist anerkannt dass die Staaten die Pflicht haben ihre Instrumente zum Klima-schutz und zur Unterstuumltzung von An-passungsmaszlignahmen menschenrechts-konform zu gestalten Dennoch gilt es dicke Bretter zu bohren Eine Praumlambel ist nicht rechtsverbindlich sondern als Orientierungs- und Interpretationshilfe fuumlr die Vertragsparteien oder Gerichte zu verstehen

Fuumlr diese Geothermie-Anlage in Kenia wurden Massai von ihrem traditionellen Land vertrieben Foto Jeanette Schade

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 27

Der Clean Development Mechanism

Mit fast 8000 registrierten Projekten ist der Clean Development Mechanism (CDM) des Kyoto-Protokolls das bedeu-tendste internationale Verfahren zum Klimaschutz Er soll einerseits die Gastgeberstaaten der Projekte bei ihrer nachhaltigen Entwicklung unterstuumltzen und andererseits den Industrielaumlndern bei der Erreichung ihrer Emissionsziele helfen

Das Kyoto-Protokoll definiert fuumlr die teilnehmenden Industrielaumlnder verbindliche Emissionsziele Die Uumlber-wachung der Zielerreichung erfolgt auf Grundlage von Emissionszertifikaten jeder verpflichtete Staat muss fuumlr jede Tonne Treibhausgasemission ein Emis-sionszertifikat vorlegen Die Staaten erhalten eine Anfangsausstattung von Zertifikaten auf Grundlage ihrer Ziele zur Verringerung ihrer Emissionen Diese Zertifikate sind handelbar Schafft ein Staat es seine Emissionen staumlrker zu reduzieren als er zum Ziel hat kann er den sich daraus ergebenden Uumlber-schuss an Zertifikaten an andere Laumlnder verkaufen Auszligerdem koumlnnen die In-dustrielaumlnder uumlber den CDM zertifizierte Emissionsreduktionen aus Klimaschutz-projekten in den Laumlndern des Globalen Suumldens ankaufen

Die naturwissenschaftliche Grund-lage dieses so genannten Emissions-handels ist dass die Treibhausgase sich gleichmaumlszligig in der Atmosphaumlre verteilen Fuumlr den Klimawandel macht es keinen Unterschied an welchem Ort Treibhausgase ausgestoszligen oder reduziert werden Durch den Emissions-handel soll es daher ermoumlglicht werden Emissionen an der Stelle zu vermindern an der dies am kostenguumlnstigsten ist Im Kyoto-Protokoll gibt es zum einen den Emissionshandel zwischen Staaten zum anderen werden im CDM Zertifikate fuumlr Emissionsreduktionen in konkreten Projekten ausgestellt wie zum Beispiel fuumlr Windkraftanlagen Prinzipiell kann jeder beliebige Akteur CDM-Projekte durchfuumlhren Zertifikate erhalten und diese dann verkaufen seien es staatli-che Stellen private Unternehmen oder auch zivilgesellschaftliche Organisa-tionen Durch den CDM soll so fuumlr alle Interessierte ein Anreiz gesetzt werden in Emissionsreduktionen zu investieren Die groszlige Mehrheit der CDM-Projekte wird von privaten Unternehmen durchgefuumlhrt

Der CDM unterliegt der Fuumlhrung und Aufsicht der Konferenz der Vertrags-staaten des Kyoto-Protokolls Fuumlr die Pruumlfung und Genehmigung der konkre-ten Projekte sowie fuumlr die Ausarbeitung von Detailregelungen zu den Geneh-migungsverfahren haben die Vertrags-staaten einen Exekutivrat eingerichtet der aus zehn Mitgliedern und zehn stellvertretenden Mitgliedern besteht Die Mitglieder werden von der Vertrags-staatenkonferenz nach einem regiona-len Schluumlssel gewaumlhlt Der Exekutivrat soll nach Moumlglichkeit alle Entscheidun-gen einstimmig treffen Wenn dies nicht moumlglich ist sind auch Abstimmungen mit Dreiviertelmehrheit erlaubt

Um sich fuumlr die Ausstellung von CDM-Zertifikaten zu qualifizieren muumlssen CDM-Projekte ein festgeleg-tes Verfahren durchlaufen Zunaumlchst muumlssen die Traumlger des Projekts eine Projektdokumentation erstellen die darlegt welche Maszlignahmen durchge-fuumlhrt werden sollen und wie dadurch Emissionen vermindert werden Diese

Einige Doumlrfer im kenianischen Tana-Delta muumlssen per Tankwagen mit Trinkwasser versorgt werden

28 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Braucht Zertifi kate um eigene Klimaschaumlden ausgleichen zu

koumlnnen

INDUSTRIELAND

Klimaschutzprojekt wird unterstuumltzt

ENTWICKLUNGSLANDTechnologie

Finanzierung

Die Unterstuumltzung bringt dem Industrieland zusaumltzliche

Zertifi kate ein

Clean Development Mechanism (CDM)-Projekte werden kontrolliert durch den

CDM-EXEKUTIVRAT bestehend aus 10 Mitgliedern

Durch die Unterstuumltzung

sollen CO2-Emissionen vermieden

werden

Jeweils ein Mitglied der fuumlnf regionalen

Gruppen der Vereinten Nationen

Zwei Mitglieder des Kyoto-Protokolls

gelistet als Industrieland (Annex 1)

Zwei Mitglieder die nicht in Annex 1 des

Kyoto-Protokolls gelistet sind

EinE RepraumlsentantIn der kleinen

Inselstaaten

Projektdokumentation muss durch ein sachverstaumlndiges Zertifizierungsun-ternehmen beispielsweise den TUumlV uumlberpruumlft werden Auszligerdem muss das Projekt durch das Durchfuumlhrungsland und mindestens ein Industrieland genehmigt werden Wenn all diese Be-dingungen erfuumlllt sind wird das Projekt dem CDM-Exekutivrat vorgelegt Wenn der Exekutivrat keine Einwaumlnde hat wird es als CDM-Projekt registriert

Waumlhrend der Durchfuumlhrung des Projekts muumlssen seine Traumlger fortlau-fend uumlberwachen und dokumentieren welche Treibhausgasmengen es er-zeugt Die Emissionsminderung ergibt sich aus dem Unterschied zwischen den Emissionen des Projekts und den Emis-sionen die angefallen waumlren wenn das Projekt nicht umgesetzt worden waumlre wenn zum Beispiel statt Strom eines Windparks Strom aus Kohlekraftwerken verwendet worden waumlre Die Dokumen-tation wird wiederum von einer sach-verstaumlndigen Stelle und vom CDM-Exe-kutivrat uumlberpruumlft Abschlieszligend stellt der Exekutivrat den Projektbeteiligten Emissionszertifikate entsprechend der erzielten Emissionsminderung aus

Die Projektbeteiligten koumlnnen die Zertifikate dann an mehrere moumlgliche Abnehmer verkaufen Der erste moumlgli-che Abnehmer sind Industriestaaten die ihre Kyoto-Emissionsziele nicht durch inlaumlndische Emissionsredukti-onen erreichen und daher zusaumltzliche Zertifikate benoumltigen Daruumlber hinaus gibt es in der EU und in mehreren ande-ren Staaten Emissionshandelssysteme auf Unternehmensebene Aumlhnlich wie die Industriestaaten durch das Kyoto-Protokoll verpflichtet sind Emissi-onszertifikate vorzulegen muumlssen in der EU und in anderen Laumlndern auch bestimmte Unternehmen wie die Ener-gieversorger und groszlige Industriebe-triebe fuumlr ihre Treibhausgasemissionen Zertifikate vorlegen Diese Unterneh-men koumlnnen teilweise CDM-Zertifikate verwenden um ihre Verpflichtung zu erfuumlllen Der dritte moumlgliche Abnehmer ist der wachsende Markt der sogenann-ten bdquofreiwilligen Kompensationldquo von Treibhausgasemissionen Dies sind

Unternehmen und Privatpersonen die ihre Emissionen ausgleichen wollen indem sie CDM-Zertifikate kaufen und loumlschen Ein Beispiel dafuumlr sind Aus-gleichszahlungen fuumlr den CO2-Ausstoszlig durch Fluumlge

Der CDM verfuumlgt uumlber keinerlei men-schenrechtliche Kriterien Es gibt ledig-lich die Bestimmung dass die Projekte zur nachhaltigen Entwicklung beitragen sollen und die Vorschrift dass die lokale Bevoumllkerung konsultiert werden muss Allerdings gibt es keine interna-tionalen Kriterien wie der Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung uumlberpruumlft werden soll Stattdessen wird die Pruuml-fung vollstaumlndig den Gastgeberlaumlndern der Projekte uumlberlassen Ebenso gibt es nur vage internationale Kriterien fuumlr die Konsultation der lokalen Bevoumllke-rung Viele Laumlnder haben nur schwache

Funktionsweise des Clean Development Mechanism

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 29

Regeln und uumlberwachen deren Einhal-tung nur schlecht Als Ergebnis kommt es immer wieder zu Vorwuumlrfen dass durch CDM-Projekte Menschenrechte verletzt werden Die internationale Gemeinschaft ist damit nicht ihrer Verantwortung nachgekommen neue voumllkerrechtliche Vertraumlge entsprechend ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen auszugestalten

Das Kyoto-Protokoll wird nach 2020 nicht weitergefuumlhrt entsprechend wird auch der CDM auslaufen Allerdings

wurden im Pariser Abkommen neue Kooperationsmechanismen geschaf-fen Die Regeln zur Umsetzung dieser Mechanismen sollen ausdruumlcklich die Erfahrungen aus den Mechanismen des Kyoto-Protokolls beruumlcksichtigen Aus den menschenrechtlichen Problemen die sich im CDM ergeben haben soll-ten die Staaten die Schlussfolgerung ziehen dass die neuen Mechanismen verbindliche menschenrechtliche Krite-rien benoumltigen

Der Fall Bajo Aguaacuten ndash CDM-Zertifizierung trotz Menschen-rechtsverletzungen

Das Projekt bdquoAguan Biogas Recovery from Palm Oil Mill Effluent [POME] Ponds and Biogas Utilisation ndash Ex-portadora del Atlaacutentico AguanHondurasldquo soll die Behandlung von Abwasser aus einer Palmoumllmuumlhle verbessern und dadurch die Emissio-nen von Methan vermindern Das Palmoumll kommt aus Plantagen die im Zentrum eines gewalttaumltigen Landkon-flikts stehen Laut den oumlrtlichen KleinbaumluerInnen hat sich der Eigentuuml-mer das Plantagenland widerrechtlich angeeignet Sie fordern daher die Ruumlckgabe des Landes Die Sicherheits-kraumlfte der Plantagen und die oumlffentli-chen Sicherheitskraumlfte gehen immer

wieder gewaltsam gegen die Kleinbaumlu-erInnen vor bisher wurden uumlber 50 Personen getoumltet

Diese Umstaumlnde spielten jedoch im Registrierungsverfahren des CDM keine Rolle FIAN und andere Nicht-regierungsorganisationen wiesen den CDM-Exekutivrat darauf hin dass das Projekt in Menschenrechtsver-letzungen verwickelt sei Es wurde dennoch als CDM-Projekt registriert Der CDM-Exekutivrat erklaumlrte dass er kein Mandat habe solche Umstaumlnde zu beruumlcksichtigen Seine Zustaumlndig-keit beschraumlnke sich auf die Klima-schutzauswirkungen von Projekten Neben Honduras war das Projekt auch von Groszligbritannien registriert wor-den Nachdem sie uumlber die Vorwuumlrfe informiert worden war aumluszligerte die britische Regierung zwar dass diese bdquoverstoumlrendldquo seien erklaumlrte aber fuumlr Fragen der Nachhaltigkeit sei das Gastgeberland Honduras zustaumlndig

Das Projekt ist im CDM registriert und kann fuumlr Emissionsreduktionen die bis zum 31 Januar 2018 erzielt wurden Zertifikate erhalten Dieser Zeitraum kann verlaumlngert werden Das Ausmaszlig der Gewalt ist zwar nach einer Intervention der deutschen Regierung zuruumlckgegangen der zugrunde lie-gende Landkonflikt ist aber weiterhin ungeloumlst

Eine honduranische Baumluerin weist bei einer Demonstration auf die schweren Menschen-rechtsverletzungen in Bajo Aguaacuten hin

30 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank

Viele Klimaschutzmaszlignahmen werden ausschlieszliglich von privaten Unterneh-men und Banken durchgefuumlhrt die nicht an verbindliche Sozialstandards gebunden sind Insbesondere in Laumln-dern des Globalen Suumldens mit schwa-chen nationalen Standards und Institu-tionen zu ihrer Durchsetzung gefaumlhrdet dies den Schutz der Menschenrechte

Oumlffentliche Entwicklungsbanken verfuumlgen dagegen uumlber eigene Sozial-standards und Beschwerdeverfahren welche die Gefahr von Menschenrechts-verletzungen bei der Durchfuumlhrung von Projekten verringern koumlnnen Doch auch hier gibt es deutlichen Nachbes-serungsbedarf wie das Beispiel der Europaumlischen Investitionsbank (EIB) zeigt

Die EIB ist eine Bank der Europaumli-schen Union (EU) deren Anteilseigner neben der EU die EU-Mitgliedstaaten sind Sie verfuumlgt uumlber das groumlszligte Bud-get aller Entwicklungsbanken weltweit und ist ein Schluumlsselakteur der Klima-finanzierung Seit 2013 hat sie sich zum Ziel gesetzt jaumlhrlich mindestens 25 Prozent ihres Kreditvolumens fuumlr Kli-maprojekte zu vergeben Im Jahr 2011 leitete die EIB eine Untersuchung ein um ihre Sozialstandards den Anspruuml-chen der EU-Grundrechtecharta sowie den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte anzupassen Das dabei entstandene Handbuch fuumlr Umwelt- und Sozialstandards (2013) verspricht hohe Sozialstandards und beschreibt diese ndash als einzige Bank weltweit ndash sogar mit menschenrechtli-chem Vokabular 2015 uumlberarbeitete die EIB auszligerdem ihre Transparenzpolitik so dass sie im Unterschied zu vielen anderen europaumlischen Entwicklungs-banken bereits vor Bewilligung die Ergebnisse von Umwelt- und Sozial-vertraumlglichkeitsanalysen bekannt gibt Die EIB hat ferner ein eigenes Be-schwerdeverfahren das alle durch ihre Projekte Betroffenen nutzen koumlnnen Die Zustaumlndigen fuumlr die Bearbeitung

der Beschwerden koumlnnen Mediations-prozesse anstoszligen Das Verfahren und das zustaumlndige Gremium koumlnnen sogar selbst Gegenstand einer Beschwerde vor dem EU-Ombudsmann werden wenn die Betroffenen mit seiner Arbeit unzufrieden sind

Gute Standards und ein gutes Beschwerdeverfahren gelten in der Regel als Grundbedingung fuumlr die Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht Dennoch gibt es im System der EIB erhebliche Maumlngel Eine menschenrechtliche Untersuchung der Anwendung der Sozialstandards beim oben erwaumlhnten Erdwaumlrmeprojekt in Kenia fuumlhrte dabei zu folgenden Ergeb-nissen Es werde zu wenige Sozial- und MenschenrechtsexpertInnen je Projekt beschaumlftigt Ersatzweise werden Kre-ditnehmer auf das EIB-Handbuch zu Umwelt- und Sozialstandards verwiesen Die EIB uumlberlaumlsst die Umsetzung ihrer hehren Sozialstandards damit weitge-hend den Kreditnehmern ohne diese mit angemessen Personalressourcen zu unterstuumltzen und zu kontrollieren Betroffene werden von der EIB auch nicht systematisch uumlber die Existenz ihres Beschwerdeverfahrens informiert sondern stoszligen ndash wenn uumlberhaupt ndash erst durch eigene Recherche auf ihn Die EIB-MitarbeiterInnen haben keine Verpflichtung den Beschwerdeaus-schuss aktiv in problematische Projekte einzubinden Er wird erst aktiv wenn Betroffene an ihn herantreten Bei Pro-jekten die von mehreren Geldgebern finanziert werden hat er kein Mandat deren Rolle bei der Verletzung von So-zialstandards zu untersuchen Seine Be-urteilungen und Empfehlungen sind fuumlr die Bank auch nicht rechtlich bindend Das Beispiel der EIB zeigt damit nicht nur deren spezifische Maumlngel in der Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht sondern demonstriert auch die generell begrenzte Reichweite institutioneller Beschwerdemecha-nismen Sie stellen keinen Ersatz fuumlr verbindliche Menschenrechtsstandards dar zu deren Umsetzung Staaten ver-pflichtet sind

Gemaumlszlig dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP) sind 80 Prozent aller Menschen die aufgrund des Klimawan-dels umsiedeln muumlssen FrauenFoto Survival International

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 31

Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Der Status der EU im Menschenrechts-system ist kompliziert Die EU selbst ist kein Staat sondern eine Mitgliederor-ganisation von Staaten Wie andere internationale Organisationen auch ist sie daher keine Vertragspartei der zwischenstaatlichen Menschenrechts-vertraumlge (mit Ausnahme der UN-Behin-dertenrechtskonvention) Sie ist auch keine Vertragspartei der Europaumlischen Menschenrechtskonvention obwohl ihr Beitritt in Artikel 6(2) des EU-Vertrags

festgelegt ist und seit langem gepruumlft wird Daher haben die Menschenrechts-organe der UN und des Europarates auch kein Mandat uumlber die EU und duumlrfen nicht uumlber sie urteilen

Dennoch ist auch die EU verpfl ich-tet Menschenrechte in ihrer Innen- und Auszligenpolitik zu beachten Diese Verpfl ichtungen beruhen vor allem auf a) der EU-Grundrechtecharta (2009) b) dem EU-Vertrag sowie c) auf der Aarhus-Konventiona) Die Grundrechtecharta gilt fuumlr alle

EU-Organe sowie fuumlr die Mitglied-staaten bei der Anwendung von EU-Recht (GRC Art 51(1)) Sowohl das EU-Parlament als auch ein Experten-urteil bestaumltigten ihre extraterritori-ale Reichweite

b) In den EU-Vertraumlgen bekennt sich die EU zum Schutz der Menschen-rechte in ihrer Beziehung zur uumlbri-gen Welt und zur Grundrechtecharta der Vereinten Nationen (EUV Art 3(5)) Sie erklaumlrt diese zu leitenden Grundsaumltzen ihres auswaumlr-tigen Handelns (EUV Art 21) Dies gilt ausdruumlcklich auch fuumlr die Ko-operation mit Entwicklungslaumlndern (EUVA Art 208)

c) Die EU ist eine Vertragspartei der Aarhus-Konvention die nach Expert Innenmeinung ebenfalls auch extraterritorial ausgelegt werden kann

0 100 200 300 400 500

203020141990

Gebaumlude

Landwirtschaft

Industrie

Energiewirtschaft

Verkehr

lt61

72

88

lt98

160

163

lt72

119

209

lt143

181

283

lt183

358

466

Datenquelle Bundesministerium fuumlr UmweltNaturschutz Bau und Reaktorsicherheit (2017)Klimaschutz in Zahlen 2017

Ziele zur Verringerung von Treibhausgas-emissionen Deutschlands nach Sektoren gemaumlszlig dem Klimaschutzplan 2050(in Millionen Tonnen CO2-Aumlquivalenten)

32 FIAN | Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

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IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

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Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

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Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

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UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

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Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 39

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 26: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

des Globalen Suumldens international zertifiziert werden koumlnnen (siehe Kapitel bdquoDer Clean Development Mechanismldquo)

Diese Verfahren dienen aber in ers-ter Linie der Erreichung der Emissi-onsziele der Industrielaumlnder (siehe Kapitel bdquoSenkung der eigenen Emissi-onenldquo) Mitgliedstaaten mit groszligen Regenwaldvorkommen forderten daher

ein Instrument zu schaffen das den Schutz von Waumlldern auf die Klimabilanz anrechnet Infolge wurde 2007 das Programm REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degrada-tion in Developing Countries) ins Leben gerufen Es soll zur Verringerung der Treibhausgasausstoumlszlige in Laumlndern des Globalen Suumldens beitragen die durch Abholzung von Waumlldern entstehen

Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen

Maszlignahmen zum Klimaschutz sind aus menschenrechtlicher Perspektive oft umstritten Bei Investitionen in erneu-erbare Energien handelt es sich haumlufig um groszlige flaumlchenintensive Infrastruk-turprojekte wie zum Beispiel den Bau von Staudaumlmmen und Wasserkraftwer-ken Windparks groszligflaumlchige Solar- und Erdwaumlrmeanlagen Das Gleiche gilt fuumlr den Anbau von Energiepflanzen wie Oumllpalmen Investitionen in CO2-Senken also die Ausdehnung von Waumlldern oder der Erhalt bestehender Waumllder stehen oft in Konkurrenz zu anderen Flaumlchen- und Waldnutzungen Auch Anpassungs-maszlignahmen wie der Bau von Schutz-waumlllen oder die Einrichtung von siedlungsfreien Zonen in Hochrisikoge-bieten (zum Beispiel in Gebieten die

haumlufig uumlberschwemmt oder durch Erosion und Erdrutsche gepraumlgt sind) betreffen Land das von Menschen genutzt und ihnen durch solche Maszlig-nahmen entzogen wird Die Flaumlchen-konkurrenz zwischen Investitionen zum Klimaschutz und bisheriger Landnut-zung fuumlhrt unter anderem dazu dass KleinbaumluerInnen und Hirtenvoumllkern der Zugang zu Land und Wasser entzogen wird das sie bisher fuumlr den Nahrungs-mittelanbau und die Viehwirtschaft nutzten Haumlufig handelt es sich dabei um indigene Gruppen die keine Landti-tel besitzen Mit der Vertreibung von ihren wirtschaftlich genutzten Flaumlchen geht auch haumlufig die Vertreibung aus den Ansiedlungen einher Verletzungen sozialer Menschenrechte wie die Rechte auf Nahrung Wasser und Woh-nen sind die Folge Aber auch Verfah-rensrechte und das Recht auf Leben werden regelmaumlszligig missachtet

Dafuumlr gibt es viele Beispiele Pana-ma ist eines jener Laumlnder das am meis-ten in Wasserkraftwerke als erneuerbare Energiequelle investiert In mindes-tens drei bekannten Faumlllen ndash Bonyic Chan75 und Barro Blanco ndash kam es dabei zu schweren Menschenrechts-verletzungen Doumlrfer wurden geflutet obwohl die BewohnerInnen noch nicht umgesiedelt waren die Rechte von In-digenen auf ihr Gebiet und Beteiligung an Projekten wurden verletzt Betrof-fene und AktivistInnen die sich gegen diese Maszlignahmen wehrten wurden eingeschuumlchtert und sogar ermordet Auch Kenia gehoumlrt zu den Vorreitern in

Die klimaschuumltzende Wirkung von Staudaumlm-men zur Stromgewinnung wird bestritten Auszligerdem fuumlhren sie oft zu Verletzungen von Menschenrechten der oumlrtlichen Bevoumllkerung Foto Jane Hofbauer

26 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Sachen Klimaschutz ndash haumlufig zu Lasten ausgegrenzter Bevoumllkerungsgruppen In Olkaria willigten Massai in eine Umsiedlungsmaszlignahme zugunsten einer Erdwaumlrmeanlage (Geothermie) ein weil man ihnen eigene Landrech-te versprach die sie jedoch bis heute nicht erhalten haben Mehrere tausend indigene Jaumlger- und Sammlervoumllker wurden aus dem Embobut-Wald in Westkenia (Sengwer und Cherangany) und dem Mau-Wald (Ogiek) vertrieben weil die Regierung deren Nutzung unter REDD+ anstrebt Der Fall der Ogiek wurde 2014 sogar vor dem Afrikani-schen Gerichtshof fuumlr Menschen- und Voumllkerrechte zugunsten der Ogiek ver-handelt Aumlhnliches passierte in anderen Laumlndern Afrikas So wurde in Tansania die Gemeinschaft der Warufiji aus dem Refuiji-Delta vertrieben Sie hatten die Kooperation bei der Aufforstung der Mangrovenwaumllder verweigert weil man ihnen den Anbau von Reis verbot

Die Auswirkungen von Klimaschutz-maszlignahmen koumlnnen aber auch kom-plexerer Natur sein Wie die Weltbank 2008 in einer vielbeachteten Studie zur globalen Nahrungsmittelkrise darlegte trug die Flaumlchenkonkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Energiepflanzen-anbau maszliggeblich zum globalen An-stieg der Nahrungsmittelpreise bei der fuumlr viele Menschen zu Hunger fuumlhrte Anhand dieser katastrophalen Folgen der staatlichen Foumlrderung von Agrar-treibstoffen durch westliche Indust-rienationen wird deutlich wie diese klimapolitisch motivierten Programme in vielen aumlrmeren Laumlndern direkt zur Verletzung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser beitragen

Auch Anpassungsmaszlignahmen schneiden unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten nicht zwingend besser ab Obwohl sie im Prinzip zum Schutz der Menschen gedacht sind fehlt es in manchen Faumlllen an Professionalitaumlt in anderen Faumlllen fehlt der Fokus auf die besonders gefaumlhrdeten Bevoumllkerungs-gruppen In Mosambik wurden die Doumlr-fer im Sambesi-Flussdelta 20072008

nach schweren Uumlberschwemmungen in houmlher gelegene Gebiete umgesiedelt Viele der neuen Siedlungen blieben ohne angemessenen Zugang zu Wasser fruchtbarem Land und Gesundheitsver-sorgung So wurden sie von Nahrungs-mittelhilfen abhaumlngig Viele Familien verloren durch Abwanderung ihren Zusammenhalt Diskriminierungen bei Anpassungsmaszlignahmen kommen auch in entwickelten Laumlndern vor Nach dem Wiederaufbau von New Orleans nach dem Hurrikan Kathrina im Jahr 2005 durfte die arme afro-amerikanische Be-voumllkerung nicht mehr ihre am Flussufer gelegenen Siedlungen beziehen ndash we-gen Uumlberflutungsgefahr Angemesse-nen und finanzierbaren Ersatz bekamen sie jedoch nicht angeboten

Die Ursachen fuumlr negative Aus-wirkungen und Menschenrechtsver-letzungen durch Klimapolitik gehen teilweise auf die Bedingungen in den Projektlaumlndern zuruumlck Die jeweiligen Nationalstaaten sind menschenrecht-lich entsprechend zu beurteilen und zur Pflicht zu rufen Die Ursachen liegen aber auch in den Klimarahmenabkom-men selbst und ihren Mechanismen begruumlndet Bis auf das Abkommen von Paris enthalten diese keinen Verweis auf Menschenrechte Sie betonen aber die Rechte der Nationalstaaten ihre na-tuumlrlichen Ressourcen auszubeuten Das Abkommen von Paris ist insofern ein Erfolg als in der Praumlambel zum ersten Mal ein Bezug zu den Menschenrechten hergestellt wird Auch im Konzept der extraterritorialen Staatenpflichten zur Verwirklichung wirtschaftlicher sozia-ler und kultureller Menschenrechte ist anerkannt dass die Staaten die Pflicht haben ihre Instrumente zum Klima-schutz und zur Unterstuumltzung von An-passungsmaszlignahmen menschenrechts-konform zu gestalten Dennoch gilt es dicke Bretter zu bohren Eine Praumlambel ist nicht rechtsverbindlich sondern als Orientierungs- und Interpretationshilfe fuumlr die Vertragsparteien oder Gerichte zu verstehen

Fuumlr diese Geothermie-Anlage in Kenia wurden Massai von ihrem traditionellen Land vertrieben Foto Jeanette Schade

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 27

Der Clean Development Mechanism

Mit fast 8000 registrierten Projekten ist der Clean Development Mechanism (CDM) des Kyoto-Protokolls das bedeu-tendste internationale Verfahren zum Klimaschutz Er soll einerseits die Gastgeberstaaten der Projekte bei ihrer nachhaltigen Entwicklung unterstuumltzen und andererseits den Industrielaumlndern bei der Erreichung ihrer Emissionsziele helfen

Das Kyoto-Protokoll definiert fuumlr die teilnehmenden Industrielaumlnder verbindliche Emissionsziele Die Uumlber-wachung der Zielerreichung erfolgt auf Grundlage von Emissionszertifikaten jeder verpflichtete Staat muss fuumlr jede Tonne Treibhausgasemission ein Emis-sionszertifikat vorlegen Die Staaten erhalten eine Anfangsausstattung von Zertifikaten auf Grundlage ihrer Ziele zur Verringerung ihrer Emissionen Diese Zertifikate sind handelbar Schafft ein Staat es seine Emissionen staumlrker zu reduzieren als er zum Ziel hat kann er den sich daraus ergebenden Uumlber-schuss an Zertifikaten an andere Laumlnder verkaufen Auszligerdem koumlnnen die In-dustrielaumlnder uumlber den CDM zertifizierte Emissionsreduktionen aus Klimaschutz-projekten in den Laumlndern des Globalen Suumldens ankaufen

Die naturwissenschaftliche Grund-lage dieses so genannten Emissions-handels ist dass die Treibhausgase sich gleichmaumlszligig in der Atmosphaumlre verteilen Fuumlr den Klimawandel macht es keinen Unterschied an welchem Ort Treibhausgase ausgestoszligen oder reduziert werden Durch den Emissions-handel soll es daher ermoumlglicht werden Emissionen an der Stelle zu vermindern an der dies am kostenguumlnstigsten ist Im Kyoto-Protokoll gibt es zum einen den Emissionshandel zwischen Staaten zum anderen werden im CDM Zertifikate fuumlr Emissionsreduktionen in konkreten Projekten ausgestellt wie zum Beispiel fuumlr Windkraftanlagen Prinzipiell kann jeder beliebige Akteur CDM-Projekte durchfuumlhren Zertifikate erhalten und diese dann verkaufen seien es staatli-che Stellen private Unternehmen oder auch zivilgesellschaftliche Organisa-tionen Durch den CDM soll so fuumlr alle Interessierte ein Anreiz gesetzt werden in Emissionsreduktionen zu investieren Die groszlige Mehrheit der CDM-Projekte wird von privaten Unternehmen durchgefuumlhrt

Der CDM unterliegt der Fuumlhrung und Aufsicht der Konferenz der Vertrags-staaten des Kyoto-Protokolls Fuumlr die Pruumlfung und Genehmigung der konkre-ten Projekte sowie fuumlr die Ausarbeitung von Detailregelungen zu den Geneh-migungsverfahren haben die Vertrags-staaten einen Exekutivrat eingerichtet der aus zehn Mitgliedern und zehn stellvertretenden Mitgliedern besteht Die Mitglieder werden von der Vertrags-staatenkonferenz nach einem regiona-len Schluumlssel gewaumlhlt Der Exekutivrat soll nach Moumlglichkeit alle Entscheidun-gen einstimmig treffen Wenn dies nicht moumlglich ist sind auch Abstimmungen mit Dreiviertelmehrheit erlaubt

Um sich fuumlr die Ausstellung von CDM-Zertifikaten zu qualifizieren muumlssen CDM-Projekte ein festgeleg-tes Verfahren durchlaufen Zunaumlchst muumlssen die Traumlger des Projekts eine Projektdokumentation erstellen die darlegt welche Maszlignahmen durchge-fuumlhrt werden sollen und wie dadurch Emissionen vermindert werden Diese

Einige Doumlrfer im kenianischen Tana-Delta muumlssen per Tankwagen mit Trinkwasser versorgt werden

28 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Braucht Zertifi kate um eigene Klimaschaumlden ausgleichen zu

koumlnnen

INDUSTRIELAND

Klimaschutzprojekt wird unterstuumltzt

ENTWICKLUNGSLANDTechnologie

Finanzierung

Die Unterstuumltzung bringt dem Industrieland zusaumltzliche

Zertifi kate ein

Clean Development Mechanism (CDM)-Projekte werden kontrolliert durch den

CDM-EXEKUTIVRAT bestehend aus 10 Mitgliedern

Durch die Unterstuumltzung

sollen CO2-Emissionen vermieden

werden

Jeweils ein Mitglied der fuumlnf regionalen

Gruppen der Vereinten Nationen

Zwei Mitglieder des Kyoto-Protokolls

gelistet als Industrieland (Annex 1)

Zwei Mitglieder die nicht in Annex 1 des

Kyoto-Protokolls gelistet sind

EinE RepraumlsentantIn der kleinen

Inselstaaten

Projektdokumentation muss durch ein sachverstaumlndiges Zertifizierungsun-ternehmen beispielsweise den TUumlV uumlberpruumlft werden Auszligerdem muss das Projekt durch das Durchfuumlhrungsland und mindestens ein Industrieland genehmigt werden Wenn all diese Be-dingungen erfuumlllt sind wird das Projekt dem CDM-Exekutivrat vorgelegt Wenn der Exekutivrat keine Einwaumlnde hat wird es als CDM-Projekt registriert

Waumlhrend der Durchfuumlhrung des Projekts muumlssen seine Traumlger fortlau-fend uumlberwachen und dokumentieren welche Treibhausgasmengen es er-zeugt Die Emissionsminderung ergibt sich aus dem Unterschied zwischen den Emissionen des Projekts und den Emis-sionen die angefallen waumlren wenn das Projekt nicht umgesetzt worden waumlre wenn zum Beispiel statt Strom eines Windparks Strom aus Kohlekraftwerken verwendet worden waumlre Die Dokumen-tation wird wiederum von einer sach-verstaumlndigen Stelle und vom CDM-Exe-kutivrat uumlberpruumlft Abschlieszligend stellt der Exekutivrat den Projektbeteiligten Emissionszertifikate entsprechend der erzielten Emissionsminderung aus

Die Projektbeteiligten koumlnnen die Zertifikate dann an mehrere moumlgliche Abnehmer verkaufen Der erste moumlgli-che Abnehmer sind Industriestaaten die ihre Kyoto-Emissionsziele nicht durch inlaumlndische Emissionsredukti-onen erreichen und daher zusaumltzliche Zertifikate benoumltigen Daruumlber hinaus gibt es in der EU und in mehreren ande-ren Staaten Emissionshandelssysteme auf Unternehmensebene Aumlhnlich wie die Industriestaaten durch das Kyoto-Protokoll verpflichtet sind Emissi-onszertifikate vorzulegen muumlssen in der EU und in anderen Laumlndern auch bestimmte Unternehmen wie die Ener-gieversorger und groszlige Industriebe-triebe fuumlr ihre Treibhausgasemissionen Zertifikate vorlegen Diese Unterneh-men koumlnnen teilweise CDM-Zertifikate verwenden um ihre Verpflichtung zu erfuumlllen Der dritte moumlgliche Abnehmer ist der wachsende Markt der sogenann-ten bdquofreiwilligen Kompensationldquo von Treibhausgasemissionen Dies sind

Unternehmen und Privatpersonen die ihre Emissionen ausgleichen wollen indem sie CDM-Zertifikate kaufen und loumlschen Ein Beispiel dafuumlr sind Aus-gleichszahlungen fuumlr den CO2-Ausstoszlig durch Fluumlge

Der CDM verfuumlgt uumlber keinerlei men-schenrechtliche Kriterien Es gibt ledig-lich die Bestimmung dass die Projekte zur nachhaltigen Entwicklung beitragen sollen und die Vorschrift dass die lokale Bevoumllkerung konsultiert werden muss Allerdings gibt es keine interna-tionalen Kriterien wie der Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung uumlberpruumlft werden soll Stattdessen wird die Pruuml-fung vollstaumlndig den Gastgeberlaumlndern der Projekte uumlberlassen Ebenso gibt es nur vage internationale Kriterien fuumlr die Konsultation der lokalen Bevoumllke-rung Viele Laumlnder haben nur schwache

Funktionsweise des Clean Development Mechanism

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 29

Regeln und uumlberwachen deren Einhal-tung nur schlecht Als Ergebnis kommt es immer wieder zu Vorwuumlrfen dass durch CDM-Projekte Menschenrechte verletzt werden Die internationale Gemeinschaft ist damit nicht ihrer Verantwortung nachgekommen neue voumllkerrechtliche Vertraumlge entsprechend ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen auszugestalten

Das Kyoto-Protokoll wird nach 2020 nicht weitergefuumlhrt entsprechend wird auch der CDM auslaufen Allerdings

wurden im Pariser Abkommen neue Kooperationsmechanismen geschaf-fen Die Regeln zur Umsetzung dieser Mechanismen sollen ausdruumlcklich die Erfahrungen aus den Mechanismen des Kyoto-Protokolls beruumlcksichtigen Aus den menschenrechtlichen Problemen die sich im CDM ergeben haben soll-ten die Staaten die Schlussfolgerung ziehen dass die neuen Mechanismen verbindliche menschenrechtliche Krite-rien benoumltigen

Der Fall Bajo Aguaacuten ndash CDM-Zertifizierung trotz Menschen-rechtsverletzungen

Das Projekt bdquoAguan Biogas Recovery from Palm Oil Mill Effluent [POME] Ponds and Biogas Utilisation ndash Ex-portadora del Atlaacutentico AguanHondurasldquo soll die Behandlung von Abwasser aus einer Palmoumllmuumlhle verbessern und dadurch die Emissio-nen von Methan vermindern Das Palmoumll kommt aus Plantagen die im Zentrum eines gewalttaumltigen Landkon-flikts stehen Laut den oumlrtlichen KleinbaumluerInnen hat sich der Eigentuuml-mer das Plantagenland widerrechtlich angeeignet Sie fordern daher die Ruumlckgabe des Landes Die Sicherheits-kraumlfte der Plantagen und die oumlffentli-chen Sicherheitskraumlfte gehen immer

wieder gewaltsam gegen die Kleinbaumlu-erInnen vor bisher wurden uumlber 50 Personen getoumltet

Diese Umstaumlnde spielten jedoch im Registrierungsverfahren des CDM keine Rolle FIAN und andere Nicht-regierungsorganisationen wiesen den CDM-Exekutivrat darauf hin dass das Projekt in Menschenrechtsver-letzungen verwickelt sei Es wurde dennoch als CDM-Projekt registriert Der CDM-Exekutivrat erklaumlrte dass er kein Mandat habe solche Umstaumlnde zu beruumlcksichtigen Seine Zustaumlndig-keit beschraumlnke sich auf die Klima-schutzauswirkungen von Projekten Neben Honduras war das Projekt auch von Groszligbritannien registriert wor-den Nachdem sie uumlber die Vorwuumlrfe informiert worden war aumluszligerte die britische Regierung zwar dass diese bdquoverstoumlrendldquo seien erklaumlrte aber fuumlr Fragen der Nachhaltigkeit sei das Gastgeberland Honduras zustaumlndig

Das Projekt ist im CDM registriert und kann fuumlr Emissionsreduktionen die bis zum 31 Januar 2018 erzielt wurden Zertifikate erhalten Dieser Zeitraum kann verlaumlngert werden Das Ausmaszlig der Gewalt ist zwar nach einer Intervention der deutschen Regierung zuruumlckgegangen der zugrunde lie-gende Landkonflikt ist aber weiterhin ungeloumlst

Eine honduranische Baumluerin weist bei einer Demonstration auf die schweren Menschen-rechtsverletzungen in Bajo Aguaacuten hin

30 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank

Viele Klimaschutzmaszlignahmen werden ausschlieszliglich von privaten Unterneh-men und Banken durchgefuumlhrt die nicht an verbindliche Sozialstandards gebunden sind Insbesondere in Laumln-dern des Globalen Suumldens mit schwa-chen nationalen Standards und Institu-tionen zu ihrer Durchsetzung gefaumlhrdet dies den Schutz der Menschenrechte

Oumlffentliche Entwicklungsbanken verfuumlgen dagegen uumlber eigene Sozial-standards und Beschwerdeverfahren welche die Gefahr von Menschenrechts-verletzungen bei der Durchfuumlhrung von Projekten verringern koumlnnen Doch auch hier gibt es deutlichen Nachbes-serungsbedarf wie das Beispiel der Europaumlischen Investitionsbank (EIB) zeigt

Die EIB ist eine Bank der Europaumli-schen Union (EU) deren Anteilseigner neben der EU die EU-Mitgliedstaaten sind Sie verfuumlgt uumlber das groumlszligte Bud-get aller Entwicklungsbanken weltweit und ist ein Schluumlsselakteur der Klima-finanzierung Seit 2013 hat sie sich zum Ziel gesetzt jaumlhrlich mindestens 25 Prozent ihres Kreditvolumens fuumlr Kli-maprojekte zu vergeben Im Jahr 2011 leitete die EIB eine Untersuchung ein um ihre Sozialstandards den Anspruuml-chen der EU-Grundrechtecharta sowie den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte anzupassen Das dabei entstandene Handbuch fuumlr Umwelt- und Sozialstandards (2013) verspricht hohe Sozialstandards und beschreibt diese ndash als einzige Bank weltweit ndash sogar mit menschenrechtli-chem Vokabular 2015 uumlberarbeitete die EIB auszligerdem ihre Transparenzpolitik so dass sie im Unterschied zu vielen anderen europaumlischen Entwicklungs-banken bereits vor Bewilligung die Ergebnisse von Umwelt- und Sozial-vertraumlglichkeitsanalysen bekannt gibt Die EIB hat ferner ein eigenes Be-schwerdeverfahren das alle durch ihre Projekte Betroffenen nutzen koumlnnen Die Zustaumlndigen fuumlr die Bearbeitung

der Beschwerden koumlnnen Mediations-prozesse anstoszligen Das Verfahren und das zustaumlndige Gremium koumlnnen sogar selbst Gegenstand einer Beschwerde vor dem EU-Ombudsmann werden wenn die Betroffenen mit seiner Arbeit unzufrieden sind

Gute Standards und ein gutes Beschwerdeverfahren gelten in der Regel als Grundbedingung fuumlr die Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht Dennoch gibt es im System der EIB erhebliche Maumlngel Eine menschenrechtliche Untersuchung der Anwendung der Sozialstandards beim oben erwaumlhnten Erdwaumlrmeprojekt in Kenia fuumlhrte dabei zu folgenden Ergeb-nissen Es werde zu wenige Sozial- und MenschenrechtsexpertInnen je Projekt beschaumlftigt Ersatzweise werden Kre-ditnehmer auf das EIB-Handbuch zu Umwelt- und Sozialstandards verwiesen Die EIB uumlberlaumlsst die Umsetzung ihrer hehren Sozialstandards damit weitge-hend den Kreditnehmern ohne diese mit angemessen Personalressourcen zu unterstuumltzen und zu kontrollieren Betroffene werden von der EIB auch nicht systematisch uumlber die Existenz ihres Beschwerdeverfahrens informiert sondern stoszligen ndash wenn uumlberhaupt ndash erst durch eigene Recherche auf ihn Die EIB-MitarbeiterInnen haben keine Verpflichtung den Beschwerdeaus-schuss aktiv in problematische Projekte einzubinden Er wird erst aktiv wenn Betroffene an ihn herantreten Bei Pro-jekten die von mehreren Geldgebern finanziert werden hat er kein Mandat deren Rolle bei der Verletzung von So-zialstandards zu untersuchen Seine Be-urteilungen und Empfehlungen sind fuumlr die Bank auch nicht rechtlich bindend Das Beispiel der EIB zeigt damit nicht nur deren spezifische Maumlngel in der Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht sondern demonstriert auch die generell begrenzte Reichweite institutioneller Beschwerdemecha-nismen Sie stellen keinen Ersatz fuumlr verbindliche Menschenrechtsstandards dar zu deren Umsetzung Staaten ver-pflichtet sind

Gemaumlszlig dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP) sind 80 Prozent aller Menschen die aufgrund des Klimawan-dels umsiedeln muumlssen FrauenFoto Survival International

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 31

Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Der Status der EU im Menschenrechts-system ist kompliziert Die EU selbst ist kein Staat sondern eine Mitgliederor-ganisation von Staaten Wie andere internationale Organisationen auch ist sie daher keine Vertragspartei der zwischenstaatlichen Menschenrechts-vertraumlge (mit Ausnahme der UN-Behin-dertenrechtskonvention) Sie ist auch keine Vertragspartei der Europaumlischen Menschenrechtskonvention obwohl ihr Beitritt in Artikel 6(2) des EU-Vertrags

festgelegt ist und seit langem gepruumlft wird Daher haben die Menschenrechts-organe der UN und des Europarates auch kein Mandat uumlber die EU und duumlrfen nicht uumlber sie urteilen

Dennoch ist auch die EU verpfl ich-tet Menschenrechte in ihrer Innen- und Auszligenpolitik zu beachten Diese Verpfl ichtungen beruhen vor allem auf a) der EU-Grundrechtecharta (2009) b) dem EU-Vertrag sowie c) auf der Aarhus-Konventiona) Die Grundrechtecharta gilt fuumlr alle

EU-Organe sowie fuumlr die Mitglied-staaten bei der Anwendung von EU-Recht (GRC Art 51(1)) Sowohl das EU-Parlament als auch ein Experten-urteil bestaumltigten ihre extraterritori-ale Reichweite

b) In den EU-Vertraumlgen bekennt sich die EU zum Schutz der Menschen-rechte in ihrer Beziehung zur uumlbri-gen Welt und zur Grundrechtecharta der Vereinten Nationen (EUV Art 3(5)) Sie erklaumlrt diese zu leitenden Grundsaumltzen ihres auswaumlr-tigen Handelns (EUV Art 21) Dies gilt ausdruumlcklich auch fuumlr die Ko-operation mit Entwicklungslaumlndern (EUVA Art 208)

c) Die EU ist eine Vertragspartei der Aarhus-Konvention die nach Expert Innenmeinung ebenfalls auch extraterritorial ausgelegt werden kann

0 100 200 300 400 500

203020141990

Gebaumlude

Landwirtschaft

Industrie

Energiewirtschaft

Verkehr

lt61

72

88

lt98

160

163

lt72

119

209

lt143

181

283

lt183

358

466

Datenquelle Bundesministerium fuumlr UmweltNaturschutz Bau und Reaktorsicherheit (2017)Klimaschutz in Zahlen 2017

Ziele zur Verringerung von Treibhausgas-emissionen Deutschlands nach Sektoren gemaumlszlig dem Klimaschutzplan 2050(in Millionen Tonnen CO2-Aumlquivalenten)

32 FIAN | Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

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Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

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Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

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Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

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Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

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UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

International Commission of Jurists (2011) Maastricht Principles on Extraterritorial Obligations of States in the Area of Economic Social and Cultural Rights Verfuumlgbar mit deutscher Uumlbersetzung unter httpwwwfiandefileadminuser_uploaddo-kumenteshopRaN2012_ETO_Maastricht_Principles_en_de_finalpdf

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Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

European Bank for Reconstruction and Development together with MDB partners the African Development Bank the Asian Development Bank the European In-vestment Bank the Inter-American Development Bank Group and the World Bank Group (2016) Joint Report on Multilateral Development Banksrsquo Climate Finance wwwebrdcom2016-joint-report-on-mdbs-climate-financepdf

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Wolfgang Obergassel Jeanette Schade Lauri Peterson Nicolas Kreibich Timo Beiermann (2017) International Climate Finance Mechanisms and Extraterritorial Human Rights Obligations Status Quo and Future Prospects ein Dossier von FIAN Deutschland httpswwwfiandeartikelansicht2017-07-19-internationale- klimafinanzierung-und-risiken-fuer-die-menschenrechte

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Jeanette Schade (2017) EU accountability for the due diligence failures of the European Investment Bank Climate finance and involuntary resettlement in Olkaria Kenya In Journal of Human Rights and the Environment Vol 8(1) 72-97 (Son-derausgabe ldquoClimate Justice and Displacementrdquo Gastherausgeber Schade und Manou)

Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 39

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 27: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

Sachen Klimaschutz ndash haumlufig zu Lasten ausgegrenzter Bevoumllkerungsgruppen In Olkaria willigten Massai in eine Umsiedlungsmaszlignahme zugunsten einer Erdwaumlrmeanlage (Geothermie) ein weil man ihnen eigene Landrech-te versprach die sie jedoch bis heute nicht erhalten haben Mehrere tausend indigene Jaumlger- und Sammlervoumllker wurden aus dem Embobut-Wald in Westkenia (Sengwer und Cherangany) und dem Mau-Wald (Ogiek) vertrieben weil die Regierung deren Nutzung unter REDD+ anstrebt Der Fall der Ogiek wurde 2014 sogar vor dem Afrikani-schen Gerichtshof fuumlr Menschen- und Voumllkerrechte zugunsten der Ogiek ver-handelt Aumlhnliches passierte in anderen Laumlndern Afrikas So wurde in Tansania die Gemeinschaft der Warufiji aus dem Refuiji-Delta vertrieben Sie hatten die Kooperation bei der Aufforstung der Mangrovenwaumllder verweigert weil man ihnen den Anbau von Reis verbot

Die Auswirkungen von Klimaschutz-maszlignahmen koumlnnen aber auch kom-plexerer Natur sein Wie die Weltbank 2008 in einer vielbeachteten Studie zur globalen Nahrungsmittelkrise darlegte trug die Flaumlchenkonkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Energiepflanzen-anbau maszliggeblich zum globalen An-stieg der Nahrungsmittelpreise bei der fuumlr viele Menschen zu Hunger fuumlhrte Anhand dieser katastrophalen Folgen der staatlichen Foumlrderung von Agrar-treibstoffen durch westliche Indust-rienationen wird deutlich wie diese klimapolitisch motivierten Programme in vielen aumlrmeren Laumlndern direkt zur Verletzung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser beitragen

Auch Anpassungsmaszlignahmen schneiden unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten nicht zwingend besser ab Obwohl sie im Prinzip zum Schutz der Menschen gedacht sind fehlt es in manchen Faumlllen an Professionalitaumlt in anderen Faumlllen fehlt der Fokus auf die besonders gefaumlhrdeten Bevoumllkerungs-gruppen In Mosambik wurden die Doumlr-fer im Sambesi-Flussdelta 20072008

nach schweren Uumlberschwemmungen in houmlher gelegene Gebiete umgesiedelt Viele der neuen Siedlungen blieben ohne angemessenen Zugang zu Wasser fruchtbarem Land und Gesundheitsver-sorgung So wurden sie von Nahrungs-mittelhilfen abhaumlngig Viele Familien verloren durch Abwanderung ihren Zusammenhalt Diskriminierungen bei Anpassungsmaszlignahmen kommen auch in entwickelten Laumlndern vor Nach dem Wiederaufbau von New Orleans nach dem Hurrikan Kathrina im Jahr 2005 durfte die arme afro-amerikanische Be-voumllkerung nicht mehr ihre am Flussufer gelegenen Siedlungen beziehen ndash we-gen Uumlberflutungsgefahr Angemesse-nen und finanzierbaren Ersatz bekamen sie jedoch nicht angeboten

Die Ursachen fuumlr negative Aus-wirkungen und Menschenrechtsver-letzungen durch Klimapolitik gehen teilweise auf die Bedingungen in den Projektlaumlndern zuruumlck Die jeweiligen Nationalstaaten sind menschenrecht-lich entsprechend zu beurteilen und zur Pflicht zu rufen Die Ursachen liegen aber auch in den Klimarahmenabkom-men selbst und ihren Mechanismen begruumlndet Bis auf das Abkommen von Paris enthalten diese keinen Verweis auf Menschenrechte Sie betonen aber die Rechte der Nationalstaaten ihre na-tuumlrlichen Ressourcen auszubeuten Das Abkommen von Paris ist insofern ein Erfolg als in der Praumlambel zum ersten Mal ein Bezug zu den Menschenrechten hergestellt wird Auch im Konzept der extraterritorialen Staatenpflichten zur Verwirklichung wirtschaftlicher sozia-ler und kultureller Menschenrechte ist anerkannt dass die Staaten die Pflicht haben ihre Instrumente zum Klima-schutz und zur Unterstuumltzung von An-passungsmaszlignahmen menschenrechts-konform zu gestalten Dennoch gilt es dicke Bretter zu bohren Eine Praumlambel ist nicht rechtsverbindlich sondern als Orientierungs- und Interpretationshilfe fuumlr die Vertragsparteien oder Gerichte zu verstehen

Fuumlr diese Geothermie-Anlage in Kenia wurden Massai von ihrem traditionellen Land vertrieben Foto Jeanette Schade

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 27

Der Clean Development Mechanism

Mit fast 8000 registrierten Projekten ist der Clean Development Mechanism (CDM) des Kyoto-Protokolls das bedeu-tendste internationale Verfahren zum Klimaschutz Er soll einerseits die Gastgeberstaaten der Projekte bei ihrer nachhaltigen Entwicklung unterstuumltzen und andererseits den Industrielaumlndern bei der Erreichung ihrer Emissionsziele helfen

Das Kyoto-Protokoll definiert fuumlr die teilnehmenden Industrielaumlnder verbindliche Emissionsziele Die Uumlber-wachung der Zielerreichung erfolgt auf Grundlage von Emissionszertifikaten jeder verpflichtete Staat muss fuumlr jede Tonne Treibhausgasemission ein Emis-sionszertifikat vorlegen Die Staaten erhalten eine Anfangsausstattung von Zertifikaten auf Grundlage ihrer Ziele zur Verringerung ihrer Emissionen Diese Zertifikate sind handelbar Schafft ein Staat es seine Emissionen staumlrker zu reduzieren als er zum Ziel hat kann er den sich daraus ergebenden Uumlber-schuss an Zertifikaten an andere Laumlnder verkaufen Auszligerdem koumlnnen die In-dustrielaumlnder uumlber den CDM zertifizierte Emissionsreduktionen aus Klimaschutz-projekten in den Laumlndern des Globalen Suumldens ankaufen

Die naturwissenschaftliche Grund-lage dieses so genannten Emissions-handels ist dass die Treibhausgase sich gleichmaumlszligig in der Atmosphaumlre verteilen Fuumlr den Klimawandel macht es keinen Unterschied an welchem Ort Treibhausgase ausgestoszligen oder reduziert werden Durch den Emissions-handel soll es daher ermoumlglicht werden Emissionen an der Stelle zu vermindern an der dies am kostenguumlnstigsten ist Im Kyoto-Protokoll gibt es zum einen den Emissionshandel zwischen Staaten zum anderen werden im CDM Zertifikate fuumlr Emissionsreduktionen in konkreten Projekten ausgestellt wie zum Beispiel fuumlr Windkraftanlagen Prinzipiell kann jeder beliebige Akteur CDM-Projekte durchfuumlhren Zertifikate erhalten und diese dann verkaufen seien es staatli-che Stellen private Unternehmen oder auch zivilgesellschaftliche Organisa-tionen Durch den CDM soll so fuumlr alle Interessierte ein Anreiz gesetzt werden in Emissionsreduktionen zu investieren Die groszlige Mehrheit der CDM-Projekte wird von privaten Unternehmen durchgefuumlhrt

Der CDM unterliegt der Fuumlhrung und Aufsicht der Konferenz der Vertrags-staaten des Kyoto-Protokolls Fuumlr die Pruumlfung und Genehmigung der konkre-ten Projekte sowie fuumlr die Ausarbeitung von Detailregelungen zu den Geneh-migungsverfahren haben die Vertrags-staaten einen Exekutivrat eingerichtet der aus zehn Mitgliedern und zehn stellvertretenden Mitgliedern besteht Die Mitglieder werden von der Vertrags-staatenkonferenz nach einem regiona-len Schluumlssel gewaumlhlt Der Exekutivrat soll nach Moumlglichkeit alle Entscheidun-gen einstimmig treffen Wenn dies nicht moumlglich ist sind auch Abstimmungen mit Dreiviertelmehrheit erlaubt

Um sich fuumlr die Ausstellung von CDM-Zertifikaten zu qualifizieren muumlssen CDM-Projekte ein festgeleg-tes Verfahren durchlaufen Zunaumlchst muumlssen die Traumlger des Projekts eine Projektdokumentation erstellen die darlegt welche Maszlignahmen durchge-fuumlhrt werden sollen und wie dadurch Emissionen vermindert werden Diese

Einige Doumlrfer im kenianischen Tana-Delta muumlssen per Tankwagen mit Trinkwasser versorgt werden

28 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Braucht Zertifi kate um eigene Klimaschaumlden ausgleichen zu

koumlnnen

INDUSTRIELAND

Klimaschutzprojekt wird unterstuumltzt

ENTWICKLUNGSLANDTechnologie

Finanzierung

Die Unterstuumltzung bringt dem Industrieland zusaumltzliche

Zertifi kate ein

Clean Development Mechanism (CDM)-Projekte werden kontrolliert durch den

CDM-EXEKUTIVRAT bestehend aus 10 Mitgliedern

Durch die Unterstuumltzung

sollen CO2-Emissionen vermieden

werden

Jeweils ein Mitglied der fuumlnf regionalen

Gruppen der Vereinten Nationen

Zwei Mitglieder des Kyoto-Protokolls

gelistet als Industrieland (Annex 1)

Zwei Mitglieder die nicht in Annex 1 des

Kyoto-Protokolls gelistet sind

EinE RepraumlsentantIn der kleinen

Inselstaaten

Projektdokumentation muss durch ein sachverstaumlndiges Zertifizierungsun-ternehmen beispielsweise den TUumlV uumlberpruumlft werden Auszligerdem muss das Projekt durch das Durchfuumlhrungsland und mindestens ein Industrieland genehmigt werden Wenn all diese Be-dingungen erfuumlllt sind wird das Projekt dem CDM-Exekutivrat vorgelegt Wenn der Exekutivrat keine Einwaumlnde hat wird es als CDM-Projekt registriert

Waumlhrend der Durchfuumlhrung des Projekts muumlssen seine Traumlger fortlau-fend uumlberwachen und dokumentieren welche Treibhausgasmengen es er-zeugt Die Emissionsminderung ergibt sich aus dem Unterschied zwischen den Emissionen des Projekts und den Emis-sionen die angefallen waumlren wenn das Projekt nicht umgesetzt worden waumlre wenn zum Beispiel statt Strom eines Windparks Strom aus Kohlekraftwerken verwendet worden waumlre Die Dokumen-tation wird wiederum von einer sach-verstaumlndigen Stelle und vom CDM-Exe-kutivrat uumlberpruumlft Abschlieszligend stellt der Exekutivrat den Projektbeteiligten Emissionszertifikate entsprechend der erzielten Emissionsminderung aus

Die Projektbeteiligten koumlnnen die Zertifikate dann an mehrere moumlgliche Abnehmer verkaufen Der erste moumlgli-che Abnehmer sind Industriestaaten die ihre Kyoto-Emissionsziele nicht durch inlaumlndische Emissionsredukti-onen erreichen und daher zusaumltzliche Zertifikate benoumltigen Daruumlber hinaus gibt es in der EU und in mehreren ande-ren Staaten Emissionshandelssysteme auf Unternehmensebene Aumlhnlich wie die Industriestaaten durch das Kyoto-Protokoll verpflichtet sind Emissi-onszertifikate vorzulegen muumlssen in der EU und in anderen Laumlndern auch bestimmte Unternehmen wie die Ener-gieversorger und groszlige Industriebe-triebe fuumlr ihre Treibhausgasemissionen Zertifikate vorlegen Diese Unterneh-men koumlnnen teilweise CDM-Zertifikate verwenden um ihre Verpflichtung zu erfuumlllen Der dritte moumlgliche Abnehmer ist der wachsende Markt der sogenann-ten bdquofreiwilligen Kompensationldquo von Treibhausgasemissionen Dies sind

Unternehmen und Privatpersonen die ihre Emissionen ausgleichen wollen indem sie CDM-Zertifikate kaufen und loumlschen Ein Beispiel dafuumlr sind Aus-gleichszahlungen fuumlr den CO2-Ausstoszlig durch Fluumlge

Der CDM verfuumlgt uumlber keinerlei men-schenrechtliche Kriterien Es gibt ledig-lich die Bestimmung dass die Projekte zur nachhaltigen Entwicklung beitragen sollen und die Vorschrift dass die lokale Bevoumllkerung konsultiert werden muss Allerdings gibt es keine interna-tionalen Kriterien wie der Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung uumlberpruumlft werden soll Stattdessen wird die Pruuml-fung vollstaumlndig den Gastgeberlaumlndern der Projekte uumlberlassen Ebenso gibt es nur vage internationale Kriterien fuumlr die Konsultation der lokalen Bevoumllke-rung Viele Laumlnder haben nur schwache

Funktionsweise des Clean Development Mechanism

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 29

Regeln und uumlberwachen deren Einhal-tung nur schlecht Als Ergebnis kommt es immer wieder zu Vorwuumlrfen dass durch CDM-Projekte Menschenrechte verletzt werden Die internationale Gemeinschaft ist damit nicht ihrer Verantwortung nachgekommen neue voumllkerrechtliche Vertraumlge entsprechend ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen auszugestalten

Das Kyoto-Protokoll wird nach 2020 nicht weitergefuumlhrt entsprechend wird auch der CDM auslaufen Allerdings

wurden im Pariser Abkommen neue Kooperationsmechanismen geschaf-fen Die Regeln zur Umsetzung dieser Mechanismen sollen ausdruumlcklich die Erfahrungen aus den Mechanismen des Kyoto-Protokolls beruumlcksichtigen Aus den menschenrechtlichen Problemen die sich im CDM ergeben haben soll-ten die Staaten die Schlussfolgerung ziehen dass die neuen Mechanismen verbindliche menschenrechtliche Krite-rien benoumltigen

Der Fall Bajo Aguaacuten ndash CDM-Zertifizierung trotz Menschen-rechtsverletzungen

Das Projekt bdquoAguan Biogas Recovery from Palm Oil Mill Effluent [POME] Ponds and Biogas Utilisation ndash Ex-portadora del Atlaacutentico AguanHondurasldquo soll die Behandlung von Abwasser aus einer Palmoumllmuumlhle verbessern und dadurch die Emissio-nen von Methan vermindern Das Palmoumll kommt aus Plantagen die im Zentrum eines gewalttaumltigen Landkon-flikts stehen Laut den oumlrtlichen KleinbaumluerInnen hat sich der Eigentuuml-mer das Plantagenland widerrechtlich angeeignet Sie fordern daher die Ruumlckgabe des Landes Die Sicherheits-kraumlfte der Plantagen und die oumlffentli-chen Sicherheitskraumlfte gehen immer

wieder gewaltsam gegen die Kleinbaumlu-erInnen vor bisher wurden uumlber 50 Personen getoumltet

Diese Umstaumlnde spielten jedoch im Registrierungsverfahren des CDM keine Rolle FIAN und andere Nicht-regierungsorganisationen wiesen den CDM-Exekutivrat darauf hin dass das Projekt in Menschenrechtsver-letzungen verwickelt sei Es wurde dennoch als CDM-Projekt registriert Der CDM-Exekutivrat erklaumlrte dass er kein Mandat habe solche Umstaumlnde zu beruumlcksichtigen Seine Zustaumlndig-keit beschraumlnke sich auf die Klima-schutzauswirkungen von Projekten Neben Honduras war das Projekt auch von Groszligbritannien registriert wor-den Nachdem sie uumlber die Vorwuumlrfe informiert worden war aumluszligerte die britische Regierung zwar dass diese bdquoverstoumlrendldquo seien erklaumlrte aber fuumlr Fragen der Nachhaltigkeit sei das Gastgeberland Honduras zustaumlndig

Das Projekt ist im CDM registriert und kann fuumlr Emissionsreduktionen die bis zum 31 Januar 2018 erzielt wurden Zertifikate erhalten Dieser Zeitraum kann verlaumlngert werden Das Ausmaszlig der Gewalt ist zwar nach einer Intervention der deutschen Regierung zuruumlckgegangen der zugrunde lie-gende Landkonflikt ist aber weiterhin ungeloumlst

Eine honduranische Baumluerin weist bei einer Demonstration auf die schweren Menschen-rechtsverletzungen in Bajo Aguaacuten hin

30 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank

Viele Klimaschutzmaszlignahmen werden ausschlieszliglich von privaten Unterneh-men und Banken durchgefuumlhrt die nicht an verbindliche Sozialstandards gebunden sind Insbesondere in Laumln-dern des Globalen Suumldens mit schwa-chen nationalen Standards und Institu-tionen zu ihrer Durchsetzung gefaumlhrdet dies den Schutz der Menschenrechte

Oumlffentliche Entwicklungsbanken verfuumlgen dagegen uumlber eigene Sozial-standards und Beschwerdeverfahren welche die Gefahr von Menschenrechts-verletzungen bei der Durchfuumlhrung von Projekten verringern koumlnnen Doch auch hier gibt es deutlichen Nachbes-serungsbedarf wie das Beispiel der Europaumlischen Investitionsbank (EIB) zeigt

Die EIB ist eine Bank der Europaumli-schen Union (EU) deren Anteilseigner neben der EU die EU-Mitgliedstaaten sind Sie verfuumlgt uumlber das groumlszligte Bud-get aller Entwicklungsbanken weltweit und ist ein Schluumlsselakteur der Klima-finanzierung Seit 2013 hat sie sich zum Ziel gesetzt jaumlhrlich mindestens 25 Prozent ihres Kreditvolumens fuumlr Kli-maprojekte zu vergeben Im Jahr 2011 leitete die EIB eine Untersuchung ein um ihre Sozialstandards den Anspruuml-chen der EU-Grundrechtecharta sowie den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte anzupassen Das dabei entstandene Handbuch fuumlr Umwelt- und Sozialstandards (2013) verspricht hohe Sozialstandards und beschreibt diese ndash als einzige Bank weltweit ndash sogar mit menschenrechtli-chem Vokabular 2015 uumlberarbeitete die EIB auszligerdem ihre Transparenzpolitik so dass sie im Unterschied zu vielen anderen europaumlischen Entwicklungs-banken bereits vor Bewilligung die Ergebnisse von Umwelt- und Sozial-vertraumlglichkeitsanalysen bekannt gibt Die EIB hat ferner ein eigenes Be-schwerdeverfahren das alle durch ihre Projekte Betroffenen nutzen koumlnnen Die Zustaumlndigen fuumlr die Bearbeitung

der Beschwerden koumlnnen Mediations-prozesse anstoszligen Das Verfahren und das zustaumlndige Gremium koumlnnen sogar selbst Gegenstand einer Beschwerde vor dem EU-Ombudsmann werden wenn die Betroffenen mit seiner Arbeit unzufrieden sind

Gute Standards und ein gutes Beschwerdeverfahren gelten in der Regel als Grundbedingung fuumlr die Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht Dennoch gibt es im System der EIB erhebliche Maumlngel Eine menschenrechtliche Untersuchung der Anwendung der Sozialstandards beim oben erwaumlhnten Erdwaumlrmeprojekt in Kenia fuumlhrte dabei zu folgenden Ergeb-nissen Es werde zu wenige Sozial- und MenschenrechtsexpertInnen je Projekt beschaumlftigt Ersatzweise werden Kre-ditnehmer auf das EIB-Handbuch zu Umwelt- und Sozialstandards verwiesen Die EIB uumlberlaumlsst die Umsetzung ihrer hehren Sozialstandards damit weitge-hend den Kreditnehmern ohne diese mit angemessen Personalressourcen zu unterstuumltzen und zu kontrollieren Betroffene werden von der EIB auch nicht systematisch uumlber die Existenz ihres Beschwerdeverfahrens informiert sondern stoszligen ndash wenn uumlberhaupt ndash erst durch eigene Recherche auf ihn Die EIB-MitarbeiterInnen haben keine Verpflichtung den Beschwerdeaus-schuss aktiv in problematische Projekte einzubinden Er wird erst aktiv wenn Betroffene an ihn herantreten Bei Pro-jekten die von mehreren Geldgebern finanziert werden hat er kein Mandat deren Rolle bei der Verletzung von So-zialstandards zu untersuchen Seine Be-urteilungen und Empfehlungen sind fuumlr die Bank auch nicht rechtlich bindend Das Beispiel der EIB zeigt damit nicht nur deren spezifische Maumlngel in der Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht sondern demonstriert auch die generell begrenzte Reichweite institutioneller Beschwerdemecha-nismen Sie stellen keinen Ersatz fuumlr verbindliche Menschenrechtsstandards dar zu deren Umsetzung Staaten ver-pflichtet sind

Gemaumlszlig dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP) sind 80 Prozent aller Menschen die aufgrund des Klimawan-dels umsiedeln muumlssen FrauenFoto Survival International

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 31

Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Der Status der EU im Menschenrechts-system ist kompliziert Die EU selbst ist kein Staat sondern eine Mitgliederor-ganisation von Staaten Wie andere internationale Organisationen auch ist sie daher keine Vertragspartei der zwischenstaatlichen Menschenrechts-vertraumlge (mit Ausnahme der UN-Behin-dertenrechtskonvention) Sie ist auch keine Vertragspartei der Europaumlischen Menschenrechtskonvention obwohl ihr Beitritt in Artikel 6(2) des EU-Vertrags

festgelegt ist und seit langem gepruumlft wird Daher haben die Menschenrechts-organe der UN und des Europarates auch kein Mandat uumlber die EU und duumlrfen nicht uumlber sie urteilen

Dennoch ist auch die EU verpfl ich-tet Menschenrechte in ihrer Innen- und Auszligenpolitik zu beachten Diese Verpfl ichtungen beruhen vor allem auf a) der EU-Grundrechtecharta (2009) b) dem EU-Vertrag sowie c) auf der Aarhus-Konventiona) Die Grundrechtecharta gilt fuumlr alle

EU-Organe sowie fuumlr die Mitglied-staaten bei der Anwendung von EU-Recht (GRC Art 51(1)) Sowohl das EU-Parlament als auch ein Experten-urteil bestaumltigten ihre extraterritori-ale Reichweite

b) In den EU-Vertraumlgen bekennt sich die EU zum Schutz der Menschen-rechte in ihrer Beziehung zur uumlbri-gen Welt und zur Grundrechtecharta der Vereinten Nationen (EUV Art 3(5)) Sie erklaumlrt diese zu leitenden Grundsaumltzen ihres auswaumlr-tigen Handelns (EUV Art 21) Dies gilt ausdruumlcklich auch fuumlr die Ko-operation mit Entwicklungslaumlndern (EUVA Art 208)

c) Die EU ist eine Vertragspartei der Aarhus-Konvention die nach Expert Innenmeinung ebenfalls auch extraterritorial ausgelegt werden kann

0 100 200 300 400 500

203020141990

Gebaumlude

Landwirtschaft

Industrie

Energiewirtschaft

Verkehr

lt61

72

88

lt98

160

163

lt72

119

209

lt143

181

283

lt183

358

466

Datenquelle Bundesministerium fuumlr UmweltNaturschutz Bau und Reaktorsicherheit (2017)Klimaschutz in Zahlen 2017

Ziele zur Verringerung von Treibhausgas-emissionen Deutschlands nach Sektoren gemaumlszlig dem Klimaschutzplan 2050(in Millionen Tonnen CO2-Aumlquivalenten)

32 FIAN | Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh (2012) Second National Com-munication of Bangladesh to the United Nations Framework Convention on Climate Change Dhaka Ministry of Environment and Forests Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh

Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 37

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Weltbank (2013) Turn Down the Heat Climate Extremes Regional Impacts and the Case for Resilience Washington DC Weltbank

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitikldquo

UN Generalversammlung (1992) Rio-Erklaumlrung uumlber Umwelt und Entwicklung (ACONF15126 (Vol I)) httpwwwunorgdeptsgermanconfagenda21riopdf

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2012) Human Rights Indicators A Guide to Measurement and Implementation httpbitly1oUZYHb

UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

International Commission of Jurists (2011) Maastricht Principles on Extraterritorial Obligations of States in the Area of Economic Social and Cultural Rights Verfuumlgbar mit deutscher Uumlbersetzung unter httpwwwfiandefileadminuser_uploaddo-kumenteshopRaN2012_ETO_Maastricht_Principles_en_de_finalpdf

UN Special Procedures (2015) Climate Change and Human Rights ndash Joint statement by UN Special Procedures on the occasion of World Environment Day 5 Juni 2015 httpwwwohchrorgENNewsEventsPagesDisplayNewsaspxNewsID=16049amp LangID=E

The Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (2015) Human Rights Law Sources UN Pronouncements on Extra-Territorial Obligations httpwwwetoconsortiumorgncenmain-navigationlibrarydocuments tx_drblob_pi15BdownloadUid5D=163

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2015) Report of the Office of the Uni-ted Nations High Commissioner for Human Rights on the relationship between clima-te change and human rights AHRC1061 15 Januar 2009 httpwwwohchrorgENIssuesHRAndClimateChangePagesStudyaspx

UN-Menschenrechtsrat (2016) Report of the Special Rapporteur on the issue of human rights obligations relating to the enjoyment of a safe clean healthy and sustainable environment AHRC3152 1 Februar 2016 httpspapersssrncomsol3paperscfmabstract_id=2729611

Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

European Bank for Reconstruction and Development together with MDB partners the African Development Bank the Asian Development Bank the European In-vestment Bank the Inter-American Development Bank Group and the World Bank Group (2016) Joint Report on Multilateral Development Banksrsquo Climate Finance wwwebrdcom2016-joint-report-on-mdbs-climate-financepdf

Schade Jeanette and Wolfgang Obergassel (2014) Human rights and the Clean Development Mechanism In Cambridge Review of International Affairs Vol 27 No 4 pp 717-735

Sterk Wolfgang und Christof Arens (2010) Investitionen fuumlr den Klimaschutz Die projektbasierten Mechanismen CDM und JI Berlin Bundesministerium fuumlr Umwelt Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) httpwwwcarbon-mechanismsdefileadminmediadokumentePublikationenCMRBroschuere_2010_Einfuehrung_CDM_JI_bfpdf

38 FIAN | Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Finley-Brook Mary Thomas Curtis (2011) Renewable Energy and Human Rights Violations Illustrative Cases from Indigenous Territories in Panama In Annals of the Association of American Geographers 1014 pp 863-872

Schade Jeanette (2013) Climate change and planned relocation Risks and a propo-sal for safeguards In Thomas Faist Jeanette Schade (Eds) Disentangling Migra-tion and Climate Change Methodologies Political Discourses and Human Rights Heidelberg Dordrecht New York Springer pp 138-206

Wolfgang Obergassel Jeanette Schade Lauri Peterson Nicolas Kreibich Timo Beiermann (2017) International Climate Finance Mechanisms and Extraterritorial Human Rights Obligations Status Quo and Future Prospects ein Dossier von FIAN Deutschland httpswwwfiandeartikelansicht2017-07-19-internationale- klimafinanzierung-und-risiken-fuer-die-menschenrechte

FIAN (2008) Agrartreibstoffe und das Menschenrecht auf Nahrung Grundlagen-papier von FIAN-Deutschland httpwwwfiandefiandownloadspdfagrarFIAN_Grundlagenpapier_Agrartreibstoffepdf

Jeanette Schade (2017) EU accountability for the due diligence failures of the European Investment Bank Climate finance and involuntary resettlement in Olkaria Kenya In Journal of Human Rights and the Environment Vol 8(1) 72-97 (Son-derausgabe ldquoClimate Justice and Displacementrdquo Gastherausgeber Schade und Manou)

Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 39

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 28: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

Der Clean Development Mechanism

Mit fast 8000 registrierten Projekten ist der Clean Development Mechanism (CDM) des Kyoto-Protokolls das bedeu-tendste internationale Verfahren zum Klimaschutz Er soll einerseits die Gastgeberstaaten der Projekte bei ihrer nachhaltigen Entwicklung unterstuumltzen und andererseits den Industrielaumlndern bei der Erreichung ihrer Emissionsziele helfen

Das Kyoto-Protokoll definiert fuumlr die teilnehmenden Industrielaumlnder verbindliche Emissionsziele Die Uumlber-wachung der Zielerreichung erfolgt auf Grundlage von Emissionszertifikaten jeder verpflichtete Staat muss fuumlr jede Tonne Treibhausgasemission ein Emis-sionszertifikat vorlegen Die Staaten erhalten eine Anfangsausstattung von Zertifikaten auf Grundlage ihrer Ziele zur Verringerung ihrer Emissionen Diese Zertifikate sind handelbar Schafft ein Staat es seine Emissionen staumlrker zu reduzieren als er zum Ziel hat kann er den sich daraus ergebenden Uumlber-schuss an Zertifikaten an andere Laumlnder verkaufen Auszligerdem koumlnnen die In-dustrielaumlnder uumlber den CDM zertifizierte Emissionsreduktionen aus Klimaschutz-projekten in den Laumlndern des Globalen Suumldens ankaufen

Die naturwissenschaftliche Grund-lage dieses so genannten Emissions-handels ist dass die Treibhausgase sich gleichmaumlszligig in der Atmosphaumlre verteilen Fuumlr den Klimawandel macht es keinen Unterschied an welchem Ort Treibhausgase ausgestoszligen oder reduziert werden Durch den Emissions-handel soll es daher ermoumlglicht werden Emissionen an der Stelle zu vermindern an der dies am kostenguumlnstigsten ist Im Kyoto-Protokoll gibt es zum einen den Emissionshandel zwischen Staaten zum anderen werden im CDM Zertifikate fuumlr Emissionsreduktionen in konkreten Projekten ausgestellt wie zum Beispiel fuumlr Windkraftanlagen Prinzipiell kann jeder beliebige Akteur CDM-Projekte durchfuumlhren Zertifikate erhalten und diese dann verkaufen seien es staatli-che Stellen private Unternehmen oder auch zivilgesellschaftliche Organisa-tionen Durch den CDM soll so fuumlr alle Interessierte ein Anreiz gesetzt werden in Emissionsreduktionen zu investieren Die groszlige Mehrheit der CDM-Projekte wird von privaten Unternehmen durchgefuumlhrt

Der CDM unterliegt der Fuumlhrung und Aufsicht der Konferenz der Vertrags-staaten des Kyoto-Protokolls Fuumlr die Pruumlfung und Genehmigung der konkre-ten Projekte sowie fuumlr die Ausarbeitung von Detailregelungen zu den Geneh-migungsverfahren haben die Vertrags-staaten einen Exekutivrat eingerichtet der aus zehn Mitgliedern und zehn stellvertretenden Mitgliedern besteht Die Mitglieder werden von der Vertrags-staatenkonferenz nach einem regiona-len Schluumlssel gewaumlhlt Der Exekutivrat soll nach Moumlglichkeit alle Entscheidun-gen einstimmig treffen Wenn dies nicht moumlglich ist sind auch Abstimmungen mit Dreiviertelmehrheit erlaubt

Um sich fuumlr die Ausstellung von CDM-Zertifikaten zu qualifizieren muumlssen CDM-Projekte ein festgeleg-tes Verfahren durchlaufen Zunaumlchst muumlssen die Traumlger des Projekts eine Projektdokumentation erstellen die darlegt welche Maszlignahmen durchge-fuumlhrt werden sollen und wie dadurch Emissionen vermindert werden Diese

Einige Doumlrfer im kenianischen Tana-Delta muumlssen per Tankwagen mit Trinkwasser versorgt werden

28 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Braucht Zertifi kate um eigene Klimaschaumlden ausgleichen zu

koumlnnen

INDUSTRIELAND

Klimaschutzprojekt wird unterstuumltzt

ENTWICKLUNGSLANDTechnologie

Finanzierung

Die Unterstuumltzung bringt dem Industrieland zusaumltzliche

Zertifi kate ein

Clean Development Mechanism (CDM)-Projekte werden kontrolliert durch den

CDM-EXEKUTIVRAT bestehend aus 10 Mitgliedern

Durch die Unterstuumltzung

sollen CO2-Emissionen vermieden

werden

Jeweils ein Mitglied der fuumlnf regionalen

Gruppen der Vereinten Nationen

Zwei Mitglieder des Kyoto-Protokolls

gelistet als Industrieland (Annex 1)

Zwei Mitglieder die nicht in Annex 1 des

Kyoto-Protokolls gelistet sind

EinE RepraumlsentantIn der kleinen

Inselstaaten

Projektdokumentation muss durch ein sachverstaumlndiges Zertifizierungsun-ternehmen beispielsweise den TUumlV uumlberpruumlft werden Auszligerdem muss das Projekt durch das Durchfuumlhrungsland und mindestens ein Industrieland genehmigt werden Wenn all diese Be-dingungen erfuumlllt sind wird das Projekt dem CDM-Exekutivrat vorgelegt Wenn der Exekutivrat keine Einwaumlnde hat wird es als CDM-Projekt registriert

Waumlhrend der Durchfuumlhrung des Projekts muumlssen seine Traumlger fortlau-fend uumlberwachen und dokumentieren welche Treibhausgasmengen es er-zeugt Die Emissionsminderung ergibt sich aus dem Unterschied zwischen den Emissionen des Projekts und den Emis-sionen die angefallen waumlren wenn das Projekt nicht umgesetzt worden waumlre wenn zum Beispiel statt Strom eines Windparks Strom aus Kohlekraftwerken verwendet worden waumlre Die Dokumen-tation wird wiederum von einer sach-verstaumlndigen Stelle und vom CDM-Exe-kutivrat uumlberpruumlft Abschlieszligend stellt der Exekutivrat den Projektbeteiligten Emissionszertifikate entsprechend der erzielten Emissionsminderung aus

Die Projektbeteiligten koumlnnen die Zertifikate dann an mehrere moumlgliche Abnehmer verkaufen Der erste moumlgli-che Abnehmer sind Industriestaaten die ihre Kyoto-Emissionsziele nicht durch inlaumlndische Emissionsredukti-onen erreichen und daher zusaumltzliche Zertifikate benoumltigen Daruumlber hinaus gibt es in der EU und in mehreren ande-ren Staaten Emissionshandelssysteme auf Unternehmensebene Aumlhnlich wie die Industriestaaten durch das Kyoto-Protokoll verpflichtet sind Emissi-onszertifikate vorzulegen muumlssen in der EU und in anderen Laumlndern auch bestimmte Unternehmen wie die Ener-gieversorger und groszlige Industriebe-triebe fuumlr ihre Treibhausgasemissionen Zertifikate vorlegen Diese Unterneh-men koumlnnen teilweise CDM-Zertifikate verwenden um ihre Verpflichtung zu erfuumlllen Der dritte moumlgliche Abnehmer ist der wachsende Markt der sogenann-ten bdquofreiwilligen Kompensationldquo von Treibhausgasemissionen Dies sind

Unternehmen und Privatpersonen die ihre Emissionen ausgleichen wollen indem sie CDM-Zertifikate kaufen und loumlschen Ein Beispiel dafuumlr sind Aus-gleichszahlungen fuumlr den CO2-Ausstoszlig durch Fluumlge

Der CDM verfuumlgt uumlber keinerlei men-schenrechtliche Kriterien Es gibt ledig-lich die Bestimmung dass die Projekte zur nachhaltigen Entwicklung beitragen sollen und die Vorschrift dass die lokale Bevoumllkerung konsultiert werden muss Allerdings gibt es keine interna-tionalen Kriterien wie der Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung uumlberpruumlft werden soll Stattdessen wird die Pruuml-fung vollstaumlndig den Gastgeberlaumlndern der Projekte uumlberlassen Ebenso gibt es nur vage internationale Kriterien fuumlr die Konsultation der lokalen Bevoumllke-rung Viele Laumlnder haben nur schwache

Funktionsweise des Clean Development Mechanism

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 29

Regeln und uumlberwachen deren Einhal-tung nur schlecht Als Ergebnis kommt es immer wieder zu Vorwuumlrfen dass durch CDM-Projekte Menschenrechte verletzt werden Die internationale Gemeinschaft ist damit nicht ihrer Verantwortung nachgekommen neue voumllkerrechtliche Vertraumlge entsprechend ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen auszugestalten

Das Kyoto-Protokoll wird nach 2020 nicht weitergefuumlhrt entsprechend wird auch der CDM auslaufen Allerdings

wurden im Pariser Abkommen neue Kooperationsmechanismen geschaf-fen Die Regeln zur Umsetzung dieser Mechanismen sollen ausdruumlcklich die Erfahrungen aus den Mechanismen des Kyoto-Protokolls beruumlcksichtigen Aus den menschenrechtlichen Problemen die sich im CDM ergeben haben soll-ten die Staaten die Schlussfolgerung ziehen dass die neuen Mechanismen verbindliche menschenrechtliche Krite-rien benoumltigen

Der Fall Bajo Aguaacuten ndash CDM-Zertifizierung trotz Menschen-rechtsverletzungen

Das Projekt bdquoAguan Biogas Recovery from Palm Oil Mill Effluent [POME] Ponds and Biogas Utilisation ndash Ex-portadora del Atlaacutentico AguanHondurasldquo soll die Behandlung von Abwasser aus einer Palmoumllmuumlhle verbessern und dadurch die Emissio-nen von Methan vermindern Das Palmoumll kommt aus Plantagen die im Zentrum eines gewalttaumltigen Landkon-flikts stehen Laut den oumlrtlichen KleinbaumluerInnen hat sich der Eigentuuml-mer das Plantagenland widerrechtlich angeeignet Sie fordern daher die Ruumlckgabe des Landes Die Sicherheits-kraumlfte der Plantagen und die oumlffentli-chen Sicherheitskraumlfte gehen immer

wieder gewaltsam gegen die Kleinbaumlu-erInnen vor bisher wurden uumlber 50 Personen getoumltet

Diese Umstaumlnde spielten jedoch im Registrierungsverfahren des CDM keine Rolle FIAN und andere Nicht-regierungsorganisationen wiesen den CDM-Exekutivrat darauf hin dass das Projekt in Menschenrechtsver-letzungen verwickelt sei Es wurde dennoch als CDM-Projekt registriert Der CDM-Exekutivrat erklaumlrte dass er kein Mandat habe solche Umstaumlnde zu beruumlcksichtigen Seine Zustaumlndig-keit beschraumlnke sich auf die Klima-schutzauswirkungen von Projekten Neben Honduras war das Projekt auch von Groszligbritannien registriert wor-den Nachdem sie uumlber die Vorwuumlrfe informiert worden war aumluszligerte die britische Regierung zwar dass diese bdquoverstoumlrendldquo seien erklaumlrte aber fuumlr Fragen der Nachhaltigkeit sei das Gastgeberland Honduras zustaumlndig

Das Projekt ist im CDM registriert und kann fuumlr Emissionsreduktionen die bis zum 31 Januar 2018 erzielt wurden Zertifikate erhalten Dieser Zeitraum kann verlaumlngert werden Das Ausmaszlig der Gewalt ist zwar nach einer Intervention der deutschen Regierung zuruumlckgegangen der zugrunde lie-gende Landkonflikt ist aber weiterhin ungeloumlst

Eine honduranische Baumluerin weist bei einer Demonstration auf die schweren Menschen-rechtsverletzungen in Bajo Aguaacuten hin

30 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank

Viele Klimaschutzmaszlignahmen werden ausschlieszliglich von privaten Unterneh-men und Banken durchgefuumlhrt die nicht an verbindliche Sozialstandards gebunden sind Insbesondere in Laumln-dern des Globalen Suumldens mit schwa-chen nationalen Standards und Institu-tionen zu ihrer Durchsetzung gefaumlhrdet dies den Schutz der Menschenrechte

Oumlffentliche Entwicklungsbanken verfuumlgen dagegen uumlber eigene Sozial-standards und Beschwerdeverfahren welche die Gefahr von Menschenrechts-verletzungen bei der Durchfuumlhrung von Projekten verringern koumlnnen Doch auch hier gibt es deutlichen Nachbes-serungsbedarf wie das Beispiel der Europaumlischen Investitionsbank (EIB) zeigt

Die EIB ist eine Bank der Europaumli-schen Union (EU) deren Anteilseigner neben der EU die EU-Mitgliedstaaten sind Sie verfuumlgt uumlber das groumlszligte Bud-get aller Entwicklungsbanken weltweit und ist ein Schluumlsselakteur der Klima-finanzierung Seit 2013 hat sie sich zum Ziel gesetzt jaumlhrlich mindestens 25 Prozent ihres Kreditvolumens fuumlr Kli-maprojekte zu vergeben Im Jahr 2011 leitete die EIB eine Untersuchung ein um ihre Sozialstandards den Anspruuml-chen der EU-Grundrechtecharta sowie den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte anzupassen Das dabei entstandene Handbuch fuumlr Umwelt- und Sozialstandards (2013) verspricht hohe Sozialstandards und beschreibt diese ndash als einzige Bank weltweit ndash sogar mit menschenrechtli-chem Vokabular 2015 uumlberarbeitete die EIB auszligerdem ihre Transparenzpolitik so dass sie im Unterschied zu vielen anderen europaumlischen Entwicklungs-banken bereits vor Bewilligung die Ergebnisse von Umwelt- und Sozial-vertraumlglichkeitsanalysen bekannt gibt Die EIB hat ferner ein eigenes Be-schwerdeverfahren das alle durch ihre Projekte Betroffenen nutzen koumlnnen Die Zustaumlndigen fuumlr die Bearbeitung

der Beschwerden koumlnnen Mediations-prozesse anstoszligen Das Verfahren und das zustaumlndige Gremium koumlnnen sogar selbst Gegenstand einer Beschwerde vor dem EU-Ombudsmann werden wenn die Betroffenen mit seiner Arbeit unzufrieden sind

Gute Standards und ein gutes Beschwerdeverfahren gelten in der Regel als Grundbedingung fuumlr die Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht Dennoch gibt es im System der EIB erhebliche Maumlngel Eine menschenrechtliche Untersuchung der Anwendung der Sozialstandards beim oben erwaumlhnten Erdwaumlrmeprojekt in Kenia fuumlhrte dabei zu folgenden Ergeb-nissen Es werde zu wenige Sozial- und MenschenrechtsexpertInnen je Projekt beschaumlftigt Ersatzweise werden Kre-ditnehmer auf das EIB-Handbuch zu Umwelt- und Sozialstandards verwiesen Die EIB uumlberlaumlsst die Umsetzung ihrer hehren Sozialstandards damit weitge-hend den Kreditnehmern ohne diese mit angemessen Personalressourcen zu unterstuumltzen und zu kontrollieren Betroffene werden von der EIB auch nicht systematisch uumlber die Existenz ihres Beschwerdeverfahrens informiert sondern stoszligen ndash wenn uumlberhaupt ndash erst durch eigene Recherche auf ihn Die EIB-MitarbeiterInnen haben keine Verpflichtung den Beschwerdeaus-schuss aktiv in problematische Projekte einzubinden Er wird erst aktiv wenn Betroffene an ihn herantreten Bei Pro-jekten die von mehreren Geldgebern finanziert werden hat er kein Mandat deren Rolle bei der Verletzung von So-zialstandards zu untersuchen Seine Be-urteilungen und Empfehlungen sind fuumlr die Bank auch nicht rechtlich bindend Das Beispiel der EIB zeigt damit nicht nur deren spezifische Maumlngel in der Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht sondern demonstriert auch die generell begrenzte Reichweite institutioneller Beschwerdemecha-nismen Sie stellen keinen Ersatz fuumlr verbindliche Menschenrechtsstandards dar zu deren Umsetzung Staaten ver-pflichtet sind

Gemaumlszlig dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP) sind 80 Prozent aller Menschen die aufgrund des Klimawan-dels umsiedeln muumlssen FrauenFoto Survival International

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 31

Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Der Status der EU im Menschenrechts-system ist kompliziert Die EU selbst ist kein Staat sondern eine Mitgliederor-ganisation von Staaten Wie andere internationale Organisationen auch ist sie daher keine Vertragspartei der zwischenstaatlichen Menschenrechts-vertraumlge (mit Ausnahme der UN-Behin-dertenrechtskonvention) Sie ist auch keine Vertragspartei der Europaumlischen Menschenrechtskonvention obwohl ihr Beitritt in Artikel 6(2) des EU-Vertrags

festgelegt ist und seit langem gepruumlft wird Daher haben die Menschenrechts-organe der UN und des Europarates auch kein Mandat uumlber die EU und duumlrfen nicht uumlber sie urteilen

Dennoch ist auch die EU verpfl ich-tet Menschenrechte in ihrer Innen- und Auszligenpolitik zu beachten Diese Verpfl ichtungen beruhen vor allem auf a) der EU-Grundrechtecharta (2009) b) dem EU-Vertrag sowie c) auf der Aarhus-Konventiona) Die Grundrechtecharta gilt fuumlr alle

EU-Organe sowie fuumlr die Mitglied-staaten bei der Anwendung von EU-Recht (GRC Art 51(1)) Sowohl das EU-Parlament als auch ein Experten-urteil bestaumltigten ihre extraterritori-ale Reichweite

b) In den EU-Vertraumlgen bekennt sich die EU zum Schutz der Menschen-rechte in ihrer Beziehung zur uumlbri-gen Welt und zur Grundrechtecharta der Vereinten Nationen (EUV Art 3(5)) Sie erklaumlrt diese zu leitenden Grundsaumltzen ihres auswaumlr-tigen Handelns (EUV Art 21) Dies gilt ausdruumlcklich auch fuumlr die Ko-operation mit Entwicklungslaumlndern (EUVA Art 208)

c) Die EU ist eine Vertragspartei der Aarhus-Konvention die nach Expert Innenmeinung ebenfalls auch extraterritorial ausgelegt werden kann

0 100 200 300 400 500

203020141990

Gebaumlude

Landwirtschaft

Industrie

Energiewirtschaft

Verkehr

lt61

72

88

lt98

160

163

lt72

119

209

lt143

181

283

lt183

358

466

Datenquelle Bundesministerium fuumlr UmweltNaturschutz Bau und Reaktorsicherheit (2017)Klimaschutz in Zahlen 2017

Ziele zur Verringerung von Treibhausgas-emissionen Deutschlands nach Sektoren gemaumlszlig dem Klimaschutzplan 2050(in Millionen Tonnen CO2-Aumlquivalenten)

32 FIAN | Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh (2012) Second National Com-munication of Bangladesh to the United Nations Framework Convention on Climate Change Dhaka Ministry of Environment and Forests Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh

Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 37

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Weltbank (2013) Turn Down the Heat Climate Extremes Regional Impacts and the Case for Resilience Washington DC Weltbank

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitikldquo

UN Generalversammlung (1992) Rio-Erklaumlrung uumlber Umwelt und Entwicklung (ACONF15126 (Vol I)) httpwwwunorgdeptsgermanconfagenda21riopdf

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2012) Human Rights Indicators A Guide to Measurement and Implementation httpbitly1oUZYHb

UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

International Commission of Jurists (2011) Maastricht Principles on Extraterritorial Obligations of States in the Area of Economic Social and Cultural Rights Verfuumlgbar mit deutscher Uumlbersetzung unter httpwwwfiandefileadminuser_uploaddo-kumenteshopRaN2012_ETO_Maastricht_Principles_en_de_finalpdf

UN Special Procedures (2015) Climate Change and Human Rights ndash Joint statement by UN Special Procedures on the occasion of World Environment Day 5 Juni 2015 httpwwwohchrorgENNewsEventsPagesDisplayNewsaspxNewsID=16049amp LangID=E

The Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (2015) Human Rights Law Sources UN Pronouncements on Extra-Territorial Obligations httpwwwetoconsortiumorgncenmain-navigationlibrarydocuments tx_drblob_pi15BdownloadUid5D=163

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2015) Report of the Office of the Uni-ted Nations High Commissioner for Human Rights on the relationship between clima-te change and human rights AHRC1061 15 Januar 2009 httpwwwohchrorgENIssuesHRAndClimateChangePagesStudyaspx

UN-Menschenrechtsrat (2016) Report of the Special Rapporteur on the issue of human rights obligations relating to the enjoyment of a safe clean healthy and sustainable environment AHRC3152 1 Februar 2016 httpspapersssrncomsol3paperscfmabstract_id=2729611

Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

European Bank for Reconstruction and Development together with MDB partners the African Development Bank the Asian Development Bank the European In-vestment Bank the Inter-American Development Bank Group and the World Bank Group (2016) Joint Report on Multilateral Development Banksrsquo Climate Finance wwwebrdcom2016-joint-report-on-mdbs-climate-financepdf

Schade Jeanette and Wolfgang Obergassel (2014) Human rights and the Clean Development Mechanism In Cambridge Review of International Affairs Vol 27 No 4 pp 717-735

Sterk Wolfgang und Christof Arens (2010) Investitionen fuumlr den Klimaschutz Die projektbasierten Mechanismen CDM und JI Berlin Bundesministerium fuumlr Umwelt Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) httpwwwcarbon-mechanismsdefileadminmediadokumentePublikationenCMRBroschuere_2010_Einfuehrung_CDM_JI_bfpdf

38 FIAN | Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Finley-Brook Mary Thomas Curtis (2011) Renewable Energy and Human Rights Violations Illustrative Cases from Indigenous Territories in Panama In Annals of the Association of American Geographers 1014 pp 863-872

Schade Jeanette (2013) Climate change and planned relocation Risks and a propo-sal for safeguards In Thomas Faist Jeanette Schade (Eds) Disentangling Migra-tion and Climate Change Methodologies Political Discourses and Human Rights Heidelberg Dordrecht New York Springer pp 138-206

Wolfgang Obergassel Jeanette Schade Lauri Peterson Nicolas Kreibich Timo Beiermann (2017) International Climate Finance Mechanisms and Extraterritorial Human Rights Obligations Status Quo and Future Prospects ein Dossier von FIAN Deutschland httpswwwfiandeartikelansicht2017-07-19-internationale- klimafinanzierung-und-risiken-fuer-die-menschenrechte

FIAN (2008) Agrartreibstoffe und das Menschenrecht auf Nahrung Grundlagen-papier von FIAN-Deutschland httpwwwfiandefiandownloadspdfagrarFIAN_Grundlagenpapier_Agrartreibstoffepdf

Jeanette Schade (2017) EU accountability for the due diligence failures of the European Investment Bank Climate finance and involuntary resettlement in Olkaria Kenya In Journal of Human Rights and the Environment Vol 8(1) 72-97 (Son-derausgabe ldquoClimate Justice and Displacementrdquo Gastherausgeber Schade und Manou)

Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 39

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 29: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

Braucht Zertifi kate um eigene Klimaschaumlden ausgleichen zu

koumlnnen

INDUSTRIELAND

Klimaschutzprojekt wird unterstuumltzt

ENTWICKLUNGSLANDTechnologie

Finanzierung

Die Unterstuumltzung bringt dem Industrieland zusaumltzliche

Zertifi kate ein

Clean Development Mechanism (CDM)-Projekte werden kontrolliert durch den

CDM-EXEKUTIVRAT bestehend aus 10 Mitgliedern

Durch die Unterstuumltzung

sollen CO2-Emissionen vermieden

werden

Jeweils ein Mitglied der fuumlnf regionalen

Gruppen der Vereinten Nationen

Zwei Mitglieder des Kyoto-Protokolls

gelistet als Industrieland (Annex 1)

Zwei Mitglieder die nicht in Annex 1 des

Kyoto-Protokolls gelistet sind

EinE RepraumlsentantIn der kleinen

Inselstaaten

Projektdokumentation muss durch ein sachverstaumlndiges Zertifizierungsun-ternehmen beispielsweise den TUumlV uumlberpruumlft werden Auszligerdem muss das Projekt durch das Durchfuumlhrungsland und mindestens ein Industrieland genehmigt werden Wenn all diese Be-dingungen erfuumlllt sind wird das Projekt dem CDM-Exekutivrat vorgelegt Wenn der Exekutivrat keine Einwaumlnde hat wird es als CDM-Projekt registriert

Waumlhrend der Durchfuumlhrung des Projekts muumlssen seine Traumlger fortlau-fend uumlberwachen und dokumentieren welche Treibhausgasmengen es er-zeugt Die Emissionsminderung ergibt sich aus dem Unterschied zwischen den Emissionen des Projekts und den Emis-sionen die angefallen waumlren wenn das Projekt nicht umgesetzt worden waumlre wenn zum Beispiel statt Strom eines Windparks Strom aus Kohlekraftwerken verwendet worden waumlre Die Dokumen-tation wird wiederum von einer sach-verstaumlndigen Stelle und vom CDM-Exe-kutivrat uumlberpruumlft Abschlieszligend stellt der Exekutivrat den Projektbeteiligten Emissionszertifikate entsprechend der erzielten Emissionsminderung aus

Die Projektbeteiligten koumlnnen die Zertifikate dann an mehrere moumlgliche Abnehmer verkaufen Der erste moumlgli-che Abnehmer sind Industriestaaten die ihre Kyoto-Emissionsziele nicht durch inlaumlndische Emissionsredukti-onen erreichen und daher zusaumltzliche Zertifikate benoumltigen Daruumlber hinaus gibt es in der EU und in mehreren ande-ren Staaten Emissionshandelssysteme auf Unternehmensebene Aumlhnlich wie die Industriestaaten durch das Kyoto-Protokoll verpflichtet sind Emissi-onszertifikate vorzulegen muumlssen in der EU und in anderen Laumlndern auch bestimmte Unternehmen wie die Ener-gieversorger und groszlige Industriebe-triebe fuumlr ihre Treibhausgasemissionen Zertifikate vorlegen Diese Unterneh-men koumlnnen teilweise CDM-Zertifikate verwenden um ihre Verpflichtung zu erfuumlllen Der dritte moumlgliche Abnehmer ist der wachsende Markt der sogenann-ten bdquofreiwilligen Kompensationldquo von Treibhausgasemissionen Dies sind

Unternehmen und Privatpersonen die ihre Emissionen ausgleichen wollen indem sie CDM-Zertifikate kaufen und loumlschen Ein Beispiel dafuumlr sind Aus-gleichszahlungen fuumlr den CO2-Ausstoszlig durch Fluumlge

Der CDM verfuumlgt uumlber keinerlei men-schenrechtliche Kriterien Es gibt ledig-lich die Bestimmung dass die Projekte zur nachhaltigen Entwicklung beitragen sollen und die Vorschrift dass die lokale Bevoumllkerung konsultiert werden muss Allerdings gibt es keine interna-tionalen Kriterien wie der Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung uumlberpruumlft werden soll Stattdessen wird die Pruuml-fung vollstaumlndig den Gastgeberlaumlndern der Projekte uumlberlassen Ebenso gibt es nur vage internationale Kriterien fuumlr die Konsultation der lokalen Bevoumllke-rung Viele Laumlnder haben nur schwache

Funktionsweise des Clean Development Mechanism

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 29

Regeln und uumlberwachen deren Einhal-tung nur schlecht Als Ergebnis kommt es immer wieder zu Vorwuumlrfen dass durch CDM-Projekte Menschenrechte verletzt werden Die internationale Gemeinschaft ist damit nicht ihrer Verantwortung nachgekommen neue voumllkerrechtliche Vertraumlge entsprechend ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen auszugestalten

Das Kyoto-Protokoll wird nach 2020 nicht weitergefuumlhrt entsprechend wird auch der CDM auslaufen Allerdings

wurden im Pariser Abkommen neue Kooperationsmechanismen geschaf-fen Die Regeln zur Umsetzung dieser Mechanismen sollen ausdruumlcklich die Erfahrungen aus den Mechanismen des Kyoto-Protokolls beruumlcksichtigen Aus den menschenrechtlichen Problemen die sich im CDM ergeben haben soll-ten die Staaten die Schlussfolgerung ziehen dass die neuen Mechanismen verbindliche menschenrechtliche Krite-rien benoumltigen

Der Fall Bajo Aguaacuten ndash CDM-Zertifizierung trotz Menschen-rechtsverletzungen

Das Projekt bdquoAguan Biogas Recovery from Palm Oil Mill Effluent [POME] Ponds and Biogas Utilisation ndash Ex-portadora del Atlaacutentico AguanHondurasldquo soll die Behandlung von Abwasser aus einer Palmoumllmuumlhle verbessern und dadurch die Emissio-nen von Methan vermindern Das Palmoumll kommt aus Plantagen die im Zentrum eines gewalttaumltigen Landkon-flikts stehen Laut den oumlrtlichen KleinbaumluerInnen hat sich der Eigentuuml-mer das Plantagenland widerrechtlich angeeignet Sie fordern daher die Ruumlckgabe des Landes Die Sicherheits-kraumlfte der Plantagen und die oumlffentli-chen Sicherheitskraumlfte gehen immer

wieder gewaltsam gegen die Kleinbaumlu-erInnen vor bisher wurden uumlber 50 Personen getoumltet

Diese Umstaumlnde spielten jedoch im Registrierungsverfahren des CDM keine Rolle FIAN und andere Nicht-regierungsorganisationen wiesen den CDM-Exekutivrat darauf hin dass das Projekt in Menschenrechtsver-letzungen verwickelt sei Es wurde dennoch als CDM-Projekt registriert Der CDM-Exekutivrat erklaumlrte dass er kein Mandat habe solche Umstaumlnde zu beruumlcksichtigen Seine Zustaumlndig-keit beschraumlnke sich auf die Klima-schutzauswirkungen von Projekten Neben Honduras war das Projekt auch von Groszligbritannien registriert wor-den Nachdem sie uumlber die Vorwuumlrfe informiert worden war aumluszligerte die britische Regierung zwar dass diese bdquoverstoumlrendldquo seien erklaumlrte aber fuumlr Fragen der Nachhaltigkeit sei das Gastgeberland Honduras zustaumlndig

Das Projekt ist im CDM registriert und kann fuumlr Emissionsreduktionen die bis zum 31 Januar 2018 erzielt wurden Zertifikate erhalten Dieser Zeitraum kann verlaumlngert werden Das Ausmaszlig der Gewalt ist zwar nach einer Intervention der deutschen Regierung zuruumlckgegangen der zugrunde lie-gende Landkonflikt ist aber weiterhin ungeloumlst

Eine honduranische Baumluerin weist bei einer Demonstration auf die schweren Menschen-rechtsverletzungen in Bajo Aguaacuten hin

30 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank

Viele Klimaschutzmaszlignahmen werden ausschlieszliglich von privaten Unterneh-men und Banken durchgefuumlhrt die nicht an verbindliche Sozialstandards gebunden sind Insbesondere in Laumln-dern des Globalen Suumldens mit schwa-chen nationalen Standards und Institu-tionen zu ihrer Durchsetzung gefaumlhrdet dies den Schutz der Menschenrechte

Oumlffentliche Entwicklungsbanken verfuumlgen dagegen uumlber eigene Sozial-standards und Beschwerdeverfahren welche die Gefahr von Menschenrechts-verletzungen bei der Durchfuumlhrung von Projekten verringern koumlnnen Doch auch hier gibt es deutlichen Nachbes-serungsbedarf wie das Beispiel der Europaumlischen Investitionsbank (EIB) zeigt

Die EIB ist eine Bank der Europaumli-schen Union (EU) deren Anteilseigner neben der EU die EU-Mitgliedstaaten sind Sie verfuumlgt uumlber das groumlszligte Bud-get aller Entwicklungsbanken weltweit und ist ein Schluumlsselakteur der Klima-finanzierung Seit 2013 hat sie sich zum Ziel gesetzt jaumlhrlich mindestens 25 Prozent ihres Kreditvolumens fuumlr Kli-maprojekte zu vergeben Im Jahr 2011 leitete die EIB eine Untersuchung ein um ihre Sozialstandards den Anspruuml-chen der EU-Grundrechtecharta sowie den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte anzupassen Das dabei entstandene Handbuch fuumlr Umwelt- und Sozialstandards (2013) verspricht hohe Sozialstandards und beschreibt diese ndash als einzige Bank weltweit ndash sogar mit menschenrechtli-chem Vokabular 2015 uumlberarbeitete die EIB auszligerdem ihre Transparenzpolitik so dass sie im Unterschied zu vielen anderen europaumlischen Entwicklungs-banken bereits vor Bewilligung die Ergebnisse von Umwelt- und Sozial-vertraumlglichkeitsanalysen bekannt gibt Die EIB hat ferner ein eigenes Be-schwerdeverfahren das alle durch ihre Projekte Betroffenen nutzen koumlnnen Die Zustaumlndigen fuumlr die Bearbeitung

der Beschwerden koumlnnen Mediations-prozesse anstoszligen Das Verfahren und das zustaumlndige Gremium koumlnnen sogar selbst Gegenstand einer Beschwerde vor dem EU-Ombudsmann werden wenn die Betroffenen mit seiner Arbeit unzufrieden sind

Gute Standards und ein gutes Beschwerdeverfahren gelten in der Regel als Grundbedingung fuumlr die Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht Dennoch gibt es im System der EIB erhebliche Maumlngel Eine menschenrechtliche Untersuchung der Anwendung der Sozialstandards beim oben erwaumlhnten Erdwaumlrmeprojekt in Kenia fuumlhrte dabei zu folgenden Ergeb-nissen Es werde zu wenige Sozial- und MenschenrechtsexpertInnen je Projekt beschaumlftigt Ersatzweise werden Kre-ditnehmer auf das EIB-Handbuch zu Umwelt- und Sozialstandards verwiesen Die EIB uumlberlaumlsst die Umsetzung ihrer hehren Sozialstandards damit weitge-hend den Kreditnehmern ohne diese mit angemessen Personalressourcen zu unterstuumltzen und zu kontrollieren Betroffene werden von der EIB auch nicht systematisch uumlber die Existenz ihres Beschwerdeverfahrens informiert sondern stoszligen ndash wenn uumlberhaupt ndash erst durch eigene Recherche auf ihn Die EIB-MitarbeiterInnen haben keine Verpflichtung den Beschwerdeaus-schuss aktiv in problematische Projekte einzubinden Er wird erst aktiv wenn Betroffene an ihn herantreten Bei Pro-jekten die von mehreren Geldgebern finanziert werden hat er kein Mandat deren Rolle bei der Verletzung von So-zialstandards zu untersuchen Seine Be-urteilungen und Empfehlungen sind fuumlr die Bank auch nicht rechtlich bindend Das Beispiel der EIB zeigt damit nicht nur deren spezifische Maumlngel in der Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht sondern demonstriert auch die generell begrenzte Reichweite institutioneller Beschwerdemecha-nismen Sie stellen keinen Ersatz fuumlr verbindliche Menschenrechtsstandards dar zu deren Umsetzung Staaten ver-pflichtet sind

Gemaumlszlig dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP) sind 80 Prozent aller Menschen die aufgrund des Klimawan-dels umsiedeln muumlssen FrauenFoto Survival International

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 31

Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Der Status der EU im Menschenrechts-system ist kompliziert Die EU selbst ist kein Staat sondern eine Mitgliederor-ganisation von Staaten Wie andere internationale Organisationen auch ist sie daher keine Vertragspartei der zwischenstaatlichen Menschenrechts-vertraumlge (mit Ausnahme der UN-Behin-dertenrechtskonvention) Sie ist auch keine Vertragspartei der Europaumlischen Menschenrechtskonvention obwohl ihr Beitritt in Artikel 6(2) des EU-Vertrags

festgelegt ist und seit langem gepruumlft wird Daher haben die Menschenrechts-organe der UN und des Europarates auch kein Mandat uumlber die EU und duumlrfen nicht uumlber sie urteilen

Dennoch ist auch die EU verpfl ich-tet Menschenrechte in ihrer Innen- und Auszligenpolitik zu beachten Diese Verpfl ichtungen beruhen vor allem auf a) der EU-Grundrechtecharta (2009) b) dem EU-Vertrag sowie c) auf der Aarhus-Konventiona) Die Grundrechtecharta gilt fuumlr alle

EU-Organe sowie fuumlr die Mitglied-staaten bei der Anwendung von EU-Recht (GRC Art 51(1)) Sowohl das EU-Parlament als auch ein Experten-urteil bestaumltigten ihre extraterritori-ale Reichweite

b) In den EU-Vertraumlgen bekennt sich die EU zum Schutz der Menschen-rechte in ihrer Beziehung zur uumlbri-gen Welt und zur Grundrechtecharta der Vereinten Nationen (EUV Art 3(5)) Sie erklaumlrt diese zu leitenden Grundsaumltzen ihres auswaumlr-tigen Handelns (EUV Art 21) Dies gilt ausdruumlcklich auch fuumlr die Ko-operation mit Entwicklungslaumlndern (EUVA Art 208)

c) Die EU ist eine Vertragspartei der Aarhus-Konvention die nach Expert Innenmeinung ebenfalls auch extraterritorial ausgelegt werden kann

0 100 200 300 400 500

203020141990

Gebaumlude

Landwirtschaft

Industrie

Energiewirtschaft

Verkehr

lt61

72

88

lt98

160

163

lt72

119

209

lt143

181

283

lt183

358

466

Datenquelle Bundesministerium fuumlr UmweltNaturschutz Bau und Reaktorsicherheit (2017)Klimaschutz in Zahlen 2017

Ziele zur Verringerung von Treibhausgas-emissionen Deutschlands nach Sektoren gemaumlszlig dem Klimaschutzplan 2050(in Millionen Tonnen CO2-Aumlquivalenten)

32 FIAN | Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

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IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

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Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

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Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

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UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

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Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 39

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 30: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

Regeln und uumlberwachen deren Einhal-tung nur schlecht Als Ergebnis kommt es immer wieder zu Vorwuumlrfen dass durch CDM-Projekte Menschenrechte verletzt werden Die internationale Gemeinschaft ist damit nicht ihrer Verantwortung nachgekommen neue voumllkerrechtliche Vertraumlge entsprechend ihren menschenrechtlichen Verpflich-tungen auszugestalten

Das Kyoto-Protokoll wird nach 2020 nicht weitergefuumlhrt entsprechend wird auch der CDM auslaufen Allerdings

wurden im Pariser Abkommen neue Kooperationsmechanismen geschaf-fen Die Regeln zur Umsetzung dieser Mechanismen sollen ausdruumlcklich die Erfahrungen aus den Mechanismen des Kyoto-Protokolls beruumlcksichtigen Aus den menschenrechtlichen Problemen die sich im CDM ergeben haben soll-ten die Staaten die Schlussfolgerung ziehen dass die neuen Mechanismen verbindliche menschenrechtliche Krite-rien benoumltigen

Der Fall Bajo Aguaacuten ndash CDM-Zertifizierung trotz Menschen-rechtsverletzungen

Das Projekt bdquoAguan Biogas Recovery from Palm Oil Mill Effluent [POME] Ponds and Biogas Utilisation ndash Ex-portadora del Atlaacutentico AguanHondurasldquo soll die Behandlung von Abwasser aus einer Palmoumllmuumlhle verbessern und dadurch die Emissio-nen von Methan vermindern Das Palmoumll kommt aus Plantagen die im Zentrum eines gewalttaumltigen Landkon-flikts stehen Laut den oumlrtlichen KleinbaumluerInnen hat sich der Eigentuuml-mer das Plantagenland widerrechtlich angeeignet Sie fordern daher die Ruumlckgabe des Landes Die Sicherheits-kraumlfte der Plantagen und die oumlffentli-chen Sicherheitskraumlfte gehen immer

wieder gewaltsam gegen die Kleinbaumlu-erInnen vor bisher wurden uumlber 50 Personen getoumltet

Diese Umstaumlnde spielten jedoch im Registrierungsverfahren des CDM keine Rolle FIAN und andere Nicht-regierungsorganisationen wiesen den CDM-Exekutivrat darauf hin dass das Projekt in Menschenrechtsver-letzungen verwickelt sei Es wurde dennoch als CDM-Projekt registriert Der CDM-Exekutivrat erklaumlrte dass er kein Mandat habe solche Umstaumlnde zu beruumlcksichtigen Seine Zustaumlndig-keit beschraumlnke sich auf die Klima-schutzauswirkungen von Projekten Neben Honduras war das Projekt auch von Groszligbritannien registriert wor-den Nachdem sie uumlber die Vorwuumlrfe informiert worden war aumluszligerte die britische Regierung zwar dass diese bdquoverstoumlrendldquo seien erklaumlrte aber fuumlr Fragen der Nachhaltigkeit sei das Gastgeberland Honduras zustaumlndig

Das Projekt ist im CDM registriert und kann fuumlr Emissionsreduktionen die bis zum 31 Januar 2018 erzielt wurden Zertifikate erhalten Dieser Zeitraum kann verlaumlngert werden Das Ausmaszlig der Gewalt ist zwar nach einer Intervention der deutschen Regierung zuruumlckgegangen der zugrunde lie-gende Landkonflikt ist aber weiterhin ungeloumlst

Eine honduranische Baumluerin weist bei einer Demonstration auf die schweren Menschen-rechtsverletzungen in Bajo Aguaacuten hin

30 FIAN | Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank

Viele Klimaschutzmaszlignahmen werden ausschlieszliglich von privaten Unterneh-men und Banken durchgefuumlhrt die nicht an verbindliche Sozialstandards gebunden sind Insbesondere in Laumln-dern des Globalen Suumldens mit schwa-chen nationalen Standards und Institu-tionen zu ihrer Durchsetzung gefaumlhrdet dies den Schutz der Menschenrechte

Oumlffentliche Entwicklungsbanken verfuumlgen dagegen uumlber eigene Sozial-standards und Beschwerdeverfahren welche die Gefahr von Menschenrechts-verletzungen bei der Durchfuumlhrung von Projekten verringern koumlnnen Doch auch hier gibt es deutlichen Nachbes-serungsbedarf wie das Beispiel der Europaumlischen Investitionsbank (EIB) zeigt

Die EIB ist eine Bank der Europaumli-schen Union (EU) deren Anteilseigner neben der EU die EU-Mitgliedstaaten sind Sie verfuumlgt uumlber das groumlszligte Bud-get aller Entwicklungsbanken weltweit und ist ein Schluumlsselakteur der Klima-finanzierung Seit 2013 hat sie sich zum Ziel gesetzt jaumlhrlich mindestens 25 Prozent ihres Kreditvolumens fuumlr Kli-maprojekte zu vergeben Im Jahr 2011 leitete die EIB eine Untersuchung ein um ihre Sozialstandards den Anspruuml-chen der EU-Grundrechtecharta sowie den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte anzupassen Das dabei entstandene Handbuch fuumlr Umwelt- und Sozialstandards (2013) verspricht hohe Sozialstandards und beschreibt diese ndash als einzige Bank weltweit ndash sogar mit menschenrechtli-chem Vokabular 2015 uumlberarbeitete die EIB auszligerdem ihre Transparenzpolitik so dass sie im Unterschied zu vielen anderen europaumlischen Entwicklungs-banken bereits vor Bewilligung die Ergebnisse von Umwelt- und Sozial-vertraumlglichkeitsanalysen bekannt gibt Die EIB hat ferner ein eigenes Be-schwerdeverfahren das alle durch ihre Projekte Betroffenen nutzen koumlnnen Die Zustaumlndigen fuumlr die Bearbeitung

der Beschwerden koumlnnen Mediations-prozesse anstoszligen Das Verfahren und das zustaumlndige Gremium koumlnnen sogar selbst Gegenstand einer Beschwerde vor dem EU-Ombudsmann werden wenn die Betroffenen mit seiner Arbeit unzufrieden sind

Gute Standards und ein gutes Beschwerdeverfahren gelten in der Regel als Grundbedingung fuumlr die Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht Dennoch gibt es im System der EIB erhebliche Maumlngel Eine menschenrechtliche Untersuchung der Anwendung der Sozialstandards beim oben erwaumlhnten Erdwaumlrmeprojekt in Kenia fuumlhrte dabei zu folgenden Ergeb-nissen Es werde zu wenige Sozial- und MenschenrechtsexpertInnen je Projekt beschaumlftigt Ersatzweise werden Kre-ditnehmer auf das EIB-Handbuch zu Umwelt- und Sozialstandards verwiesen Die EIB uumlberlaumlsst die Umsetzung ihrer hehren Sozialstandards damit weitge-hend den Kreditnehmern ohne diese mit angemessen Personalressourcen zu unterstuumltzen und zu kontrollieren Betroffene werden von der EIB auch nicht systematisch uumlber die Existenz ihres Beschwerdeverfahrens informiert sondern stoszligen ndash wenn uumlberhaupt ndash erst durch eigene Recherche auf ihn Die EIB-MitarbeiterInnen haben keine Verpflichtung den Beschwerdeaus-schuss aktiv in problematische Projekte einzubinden Er wird erst aktiv wenn Betroffene an ihn herantreten Bei Pro-jekten die von mehreren Geldgebern finanziert werden hat er kein Mandat deren Rolle bei der Verletzung von So-zialstandards zu untersuchen Seine Be-urteilungen und Empfehlungen sind fuumlr die Bank auch nicht rechtlich bindend Das Beispiel der EIB zeigt damit nicht nur deren spezifische Maumlngel in der Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht sondern demonstriert auch die generell begrenzte Reichweite institutioneller Beschwerdemecha-nismen Sie stellen keinen Ersatz fuumlr verbindliche Menschenrechtsstandards dar zu deren Umsetzung Staaten ver-pflichtet sind

Gemaumlszlig dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP) sind 80 Prozent aller Menschen die aufgrund des Klimawan-dels umsiedeln muumlssen FrauenFoto Survival International

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 31

Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Der Status der EU im Menschenrechts-system ist kompliziert Die EU selbst ist kein Staat sondern eine Mitgliederor-ganisation von Staaten Wie andere internationale Organisationen auch ist sie daher keine Vertragspartei der zwischenstaatlichen Menschenrechts-vertraumlge (mit Ausnahme der UN-Behin-dertenrechtskonvention) Sie ist auch keine Vertragspartei der Europaumlischen Menschenrechtskonvention obwohl ihr Beitritt in Artikel 6(2) des EU-Vertrags

festgelegt ist und seit langem gepruumlft wird Daher haben die Menschenrechts-organe der UN und des Europarates auch kein Mandat uumlber die EU und duumlrfen nicht uumlber sie urteilen

Dennoch ist auch die EU verpfl ich-tet Menschenrechte in ihrer Innen- und Auszligenpolitik zu beachten Diese Verpfl ichtungen beruhen vor allem auf a) der EU-Grundrechtecharta (2009) b) dem EU-Vertrag sowie c) auf der Aarhus-Konventiona) Die Grundrechtecharta gilt fuumlr alle

EU-Organe sowie fuumlr die Mitglied-staaten bei der Anwendung von EU-Recht (GRC Art 51(1)) Sowohl das EU-Parlament als auch ein Experten-urteil bestaumltigten ihre extraterritori-ale Reichweite

b) In den EU-Vertraumlgen bekennt sich die EU zum Schutz der Menschen-rechte in ihrer Beziehung zur uumlbri-gen Welt und zur Grundrechtecharta der Vereinten Nationen (EUV Art 3(5)) Sie erklaumlrt diese zu leitenden Grundsaumltzen ihres auswaumlr-tigen Handelns (EUV Art 21) Dies gilt ausdruumlcklich auch fuumlr die Ko-operation mit Entwicklungslaumlndern (EUVA Art 208)

c) Die EU ist eine Vertragspartei der Aarhus-Konvention die nach Expert Innenmeinung ebenfalls auch extraterritorial ausgelegt werden kann

0 100 200 300 400 500

203020141990

Gebaumlude

Landwirtschaft

Industrie

Energiewirtschaft

Verkehr

lt61

72

88

lt98

160

163

lt72

119

209

lt143

181

283

lt183

358

466

Datenquelle Bundesministerium fuumlr UmweltNaturschutz Bau und Reaktorsicherheit (2017)Klimaschutz in Zahlen 2017

Ziele zur Verringerung von Treibhausgas-emissionen Deutschlands nach Sektoren gemaumlszlig dem Klimaschutzplan 2050(in Millionen Tonnen CO2-Aumlquivalenten)

32 FIAN | Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh (2012) Second National Com-munication of Bangladesh to the United Nations Framework Convention on Climate Change Dhaka Ministry of Environment and Forests Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh

Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 37

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Weltbank (2013) Turn Down the Heat Climate Extremes Regional Impacts and the Case for Resilience Washington DC Weltbank

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitikldquo

UN Generalversammlung (1992) Rio-Erklaumlrung uumlber Umwelt und Entwicklung (ACONF15126 (Vol I)) httpwwwunorgdeptsgermanconfagenda21riopdf

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2012) Human Rights Indicators A Guide to Measurement and Implementation httpbitly1oUZYHb

UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

International Commission of Jurists (2011) Maastricht Principles on Extraterritorial Obligations of States in the Area of Economic Social and Cultural Rights Verfuumlgbar mit deutscher Uumlbersetzung unter httpwwwfiandefileadminuser_uploaddo-kumenteshopRaN2012_ETO_Maastricht_Principles_en_de_finalpdf

UN Special Procedures (2015) Climate Change and Human Rights ndash Joint statement by UN Special Procedures on the occasion of World Environment Day 5 Juni 2015 httpwwwohchrorgENNewsEventsPagesDisplayNewsaspxNewsID=16049amp LangID=E

The Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (2015) Human Rights Law Sources UN Pronouncements on Extra-Territorial Obligations httpwwwetoconsortiumorgncenmain-navigationlibrarydocuments tx_drblob_pi15BdownloadUid5D=163

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2015) Report of the Office of the Uni-ted Nations High Commissioner for Human Rights on the relationship between clima-te change and human rights AHRC1061 15 Januar 2009 httpwwwohchrorgENIssuesHRAndClimateChangePagesStudyaspx

UN-Menschenrechtsrat (2016) Report of the Special Rapporteur on the issue of human rights obligations relating to the enjoyment of a safe clean healthy and sustainable environment AHRC3152 1 Februar 2016 httpspapersssrncomsol3paperscfmabstract_id=2729611

Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

European Bank for Reconstruction and Development together with MDB partners the African Development Bank the Asian Development Bank the European In-vestment Bank the Inter-American Development Bank Group and the World Bank Group (2016) Joint Report on Multilateral Development Banksrsquo Climate Finance wwwebrdcom2016-joint-report-on-mdbs-climate-financepdf

Schade Jeanette and Wolfgang Obergassel (2014) Human rights and the Clean Development Mechanism In Cambridge Review of International Affairs Vol 27 No 4 pp 717-735

Sterk Wolfgang und Christof Arens (2010) Investitionen fuumlr den Klimaschutz Die projektbasierten Mechanismen CDM und JI Berlin Bundesministerium fuumlr Umwelt Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) httpwwwcarbon-mechanismsdefileadminmediadokumentePublikationenCMRBroschuere_2010_Einfuehrung_CDM_JI_bfpdf

38 FIAN | Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Finley-Brook Mary Thomas Curtis (2011) Renewable Energy and Human Rights Violations Illustrative Cases from Indigenous Territories in Panama In Annals of the Association of American Geographers 1014 pp 863-872

Schade Jeanette (2013) Climate change and planned relocation Risks and a propo-sal for safeguards In Thomas Faist Jeanette Schade (Eds) Disentangling Migra-tion and Climate Change Methodologies Political Discourses and Human Rights Heidelberg Dordrecht New York Springer pp 138-206

Wolfgang Obergassel Jeanette Schade Lauri Peterson Nicolas Kreibich Timo Beiermann (2017) International Climate Finance Mechanisms and Extraterritorial Human Rights Obligations Status Quo and Future Prospects ein Dossier von FIAN Deutschland httpswwwfiandeartikelansicht2017-07-19-internationale- klimafinanzierung-und-risiken-fuer-die-menschenrechte

FIAN (2008) Agrartreibstoffe und das Menschenrecht auf Nahrung Grundlagen-papier von FIAN-Deutschland httpwwwfiandefiandownloadspdfagrarFIAN_Grundlagenpapier_Agrartreibstoffepdf

Jeanette Schade (2017) EU accountability for the due diligence failures of the European Investment Bank Climate finance and involuntary resettlement in Olkaria Kenya In Journal of Human Rights and the Environment Vol 8(1) 72-97 (Son-derausgabe ldquoClimate Justice and Displacementrdquo Gastherausgeber Schade und Manou)

Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 39

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 31: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank

Viele Klimaschutzmaszlignahmen werden ausschlieszliglich von privaten Unterneh-men und Banken durchgefuumlhrt die nicht an verbindliche Sozialstandards gebunden sind Insbesondere in Laumln-dern des Globalen Suumldens mit schwa-chen nationalen Standards und Institu-tionen zu ihrer Durchsetzung gefaumlhrdet dies den Schutz der Menschenrechte

Oumlffentliche Entwicklungsbanken verfuumlgen dagegen uumlber eigene Sozial-standards und Beschwerdeverfahren welche die Gefahr von Menschenrechts-verletzungen bei der Durchfuumlhrung von Projekten verringern koumlnnen Doch auch hier gibt es deutlichen Nachbes-serungsbedarf wie das Beispiel der Europaumlischen Investitionsbank (EIB) zeigt

Die EIB ist eine Bank der Europaumli-schen Union (EU) deren Anteilseigner neben der EU die EU-Mitgliedstaaten sind Sie verfuumlgt uumlber das groumlszligte Bud-get aller Entwicklungsbanken weltweit und ist ein Schluumlsselakteur der Klima-finanzierung Seit 2013 hat sie sich zum Ziel gesetzt jaumlhrlich mindestens 25 Prozent ihres Kreditvolumens fuumlr Kli-maprojekte zu vergeben Im Jahr 2011 leitete die EIB eine Untersuchung ein um ihre Sozialstandards den Anspruuml-chen der EU-Grundrechtecharta sowie den UN-Leitprinzipien fuumlr Wirtschaft und Menschenrechte anzupassen Das dabei entstandene Handbuch fuumlr Umwelt- und Sozialstandards (2013) verspricht hohe Sozialstandards und beschreibt diese ndash als einzige Bank weltweit ndash sogar mit menschenrechtli-chem Vokabular 2015 uumlberarbeitete die EIB auszligerdem ihre Transparenzpolitik so dass sie im Unterschied zu vielen anderen europaumlischen Entwicklungs-banken bereits vor Bewilligung die Ergebnisse von Umwelt- und Sozial-vertraumlglichkeitsanalysen bekannt gibt Die EIB hat ferner ein eigenes Be-schwerdeverfahren das alle durch ihre Projekte Betroffenen nutzen koumlnnen Die Zustaumlndigen fuumlr die Bearbeitung

der Beschwerden koumlnnen Mediations-prozesse anstoszligen Das Verfahren und das zustaumlndige Gremium koumlnnen sogar selbst Gegenstand einer Beschwerde vor dem EU-Ombudsmann werden wenn die Betroffenen mit seiner Arbeit unzufrieden sind

Gute Standards und ein gutes Beschwerdeverfahren gelten in der Regel als Grundbedingung fuumlr die Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht Dennoch gibt es im System der EIB erhebliche Maumlngel Eine menschenrechtliche Untersuchung der Anwendung der Sozialstandards beim oben erwaumlhnten Erdwaumlrmeprojekt in Kenia fuumlhrte dabei zu folgenden Ergeb-nissen Es werde zu wenige Sozial- und MenschenrechtsexpertInnen je Projekt beschaumlftigt Ersatzweise werden Kre-ditnehmer auf das EIB-Handbuch zu Umwelt- und Sozialstandards verwiesen Die EIB uumlberlaumlsst die Umsetzung ihrer hehren Sozialstandards damit weitge-hend den Kreditnehmern ohne diese mit angemessen Personalressourcen zu unterstuumltzen und zu kontrollieren Betroffene werden von der EIB auch nicht systematisch uumlber die Existenz ihres Beschwerdeverfahrens informiert sondern stoszligen ndash wenn uumlberhaupt ndash erst durch eigene Recherche auf ihn Die EIB-MitarbeiterInnen haben keine Verpflichtung den Beschwerdeaus-schuss aktiv in problematische Projekte einzubinden Er wird erst aktiv wenn Betroffene an ihn herantreten Bei Pro-jekten die von mehreren Geldgebern finanziert werden hat er kein Mandat deren Rolle bei der Verletzung von So-zialstandards zu untersuchen Seine Be-urteilungen und Empfehlungen sind fuumlr die Bank auch nicht rechtlich bindend Das Beispiel der EIB zeigt damit nicht nur deren spezifische Maumlngel in der Gewaumlhrleistung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht sondern demonstriert auch die generell begrenzte Reichweite institutioneller Beschwerdemecha-nismen Sie stellen keinen Ersatz fuumlr verbindliche Menschenrechtsstandards dar zu deren Umsetzung Staaten ver-pflichtet sind

Gemaumlszlig dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP) sind 80 Prozent aller Menschen die aufgrund des Klimawan-dels umsiedeln muumlssen FrauenFoto Survival International

Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik | FIAN 31

Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Der Status der EU im Menschenrechts-system ist kompliziert Die EU selbst ist kein Staat sondern eine Mitgliederor-ganisation von Staaten Wie andere internationale Organisationen auch ist sie daher keine Vertragspartei der zwischenstaatlichen Menschenrechts-vertraumlge (mit Ausnahme der UN-Behin-dertenrechtskonvention) Sie ist auch keine Vertragspartei der Europaumlischen Menschenrechtskonvention obwohl ihr Beitritt in Artikel 6(2) des EU-Vertrags

festgelegt ist und seit langem gepruumlft wird Daher haben die Menschenrechts-organe der UN und des Europarates auch kein Mandat uumlber die EU und duumlrfen nicht uumlber sie urteilen

Dennoch ist auch die EU verpfl ich-tet Menschenrechte in ihrer Innen- und Auszligenpolitik zu beachten Diese Verpfl ichtungen beruhen vor allem auf a) der EU-Grundrechtecharta (2009) b) dem EU-Vertrag sowie c) auf der Aarhus-Konventiona) Die Grundrechtecharta gilt fuumlr alle

EU-Organe sowie fuumlr die Mitglied-staaten bei der Anwendung von EU-Recht (GRC Art 51(1)) Sowohl das EU-Parlament als auch ein Experten-urteil bestaumltigten ihre extraterritori-ale Reichweite

b) In den EU-Vertraumlgen bekennt sich die EU zum Schutz der Menschen-rechte in ihrer Beziehung zur uumlbri-gen Welt und zur Grundrechtecharta der Vereinten Nationen (EUV Art 3(5)) Sie erklaumlrt diese zu leitenden Grundsaumltzen ihres auswaumlr-tigen Handelns (EUV Art 21) Dies gilt ausdruumlcklich auch fuumlr die Ko-operation mit Entwicklungslaumlndern (EUVA Art 208)

c) Die EU ist eine Vertragspartei der Aarhus-Konvention die nach Expert Innenmeinung ebenfalls auch extraterritorial ausgelegt werden kann

0 100 200 300 400 500

203020141990

Gebaumlude

Landwirtschaft

Industrie

Energiewirtschaft

Verkehr

lt61

72

88

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160

163

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119

209

lt143

181

283

lt183

358

466

Datenquelle Bundesministerium fuumlr UmweltNaturschutz Bau und Reaktorsicherheit (2017)Klimaschutz in Zahlen 2017

Ziele zur Verringerung von Treibhausgas-emissionen Deutschlands nach Sektoren gemaumlszlig dem Klimaschutzplan 2050(in Millionen Tonnen CO2-Aumlquivalenten)

32 FIAN | Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

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IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh (2012) Second National Com-munication of Bangladesh to the United Nations Framework Convention on Climate Change Dhaka Ministry of Environment and Forests Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh

Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 37

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

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Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitikldquo

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UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2012) Human Rights Indicators A Guide to Measurement and Implementation httpbitly1oUZYHb

UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

International Commission of Jurists (2011) Maastricht Principles on Extraterritorial Obligations of States in the Area of Economic Social and Cultural Rights Verfuumlgbar mit deutscher Uumlbersetzung unter httpwwwfiandefileadminuser_uploaddo-kumenteshopRaN2012_ETO_Maastricht_Principles_en_de_finalpdf

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Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

European Bank for Reconstruction and Development together with MDB partners the African Development Bank the Asian Development Bank the European In-vestment Bank the Inter-American Development Bank Group and the World Bank Group (2016) Joint Report on Multilateral Development Banksrsquo Climate Finance wwwebrdcom2016-joint-report-on-mdbs-climate-financepdf

Schade Jeanette and Wolfgang Obergassel (2014) Human rights and the Clean Development Mechanism In Cambridge Review of International Affairs Vol 27 No 4 pp 717-735

Sterk Wolfgang und Christof Arens (2010) Investitionen fuumlr den Klimaschutz Die projektbasierten Mechanismen CDM und JI Berlin Bundesministerium fuumlr Umwelt Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) httpwwwcarbon-mechanismsdefileadminmediadokumentePublikationenCMRBroschuere_2010_Einfuehrung_CDM_JI_bfpdf

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Wolfgang Obergassel Jeanette Schade Lauri Peterson Nicolas Kreibich Timo Beiermann (2017) International Climate Finance Mechanisms and Extraterritorial Human Rights Obligations Status Quo and Future Prospects ein Dossier von FIAN Deutschland httpswwwfiandeartikelansicht2017-07-19-internationale- klimafinanzierung-und-risiken-fuer-die-menschenrechte

FIAN (2008) Agrartreibstoffe und das Menschenrecht auf Nahrung Grundlagen-papier von FIAN-Deutschland httpwwwfiandefiandownloadspdfagrarFIAN_Grundlagenpapier_Agrartreibstoffepdf

Jeanette Schade (2017) EU accountability for the due diligence failures of the European Investment Bank Climate finance and involuntary resettlement in Olkaria Kenya In Journal of Human Rights and the Environment Vol 8(1) 72-97 (Son-derausgabe ldquoClimate Justice and Displacementrdquo Gastherausgeber Schade und Manou)

Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 39

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 32: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Der Status der EU im Menschenrechts-system ist kompliziert Die EU selbst ist kein Staat sondern eine Mitgliederor-ganisation von Staaten Wie andere internationale Organisationen auch ist sie daher keine Vertragspartei der zwischenstaatlichen Menschenrechts-vertraumlge (mit Ausnahme der UN-Behin-dertenrechtskonvention) Sie ist auch keine Vertragspartei der Europaumlischen Menschenrechtskonvention obwohl ihr Beitritt in Artikel 6(2) des EU-Vertrags

festgelegt ist und seit langem gepruumlft wird Daher haben die Menschenrechts-organe der UN und des Europarates auch kein Mandat uumlber die EU und duumlrfen nicht uumlber sie urteilen

Dennoch ist auch die EU verpfl ich-tet Menschenrechte in ihrer Innen- und Auszligenpolitik zu beachten Diese Verpfl ichtungen beruhen vor allem auf a) der EU-Grundrechtecharta (2009) b) dem EU-Vertrag sowie c) auf der Aarhus-Konventiona) Die Grundrechtecharta gilt fuumlr alle

EU-Organe sowie fuumlr die Mitglied-staaten bei der Anwendung von EU-Recht (GRC Art 51(1)) Sowohl das EU-Parlament als auch ein Experten-urteil bestaumltigten ihre extraterritori-ale Reichweite

b) In den EU-Vertraumlgen bekennt sich die EU zum Schutz der Menschen-rechte in ihrer Beziehung zur uumlbri-gen Welt und zur Grundrechtecharta der Vereinten Nationen (EUV Art 3(5)) Sie erklaumlrt diese zu leitenden Grundsaumltzen ihres auswaumlr-tigen Handelns (EUV Art 21) Dies gilt ausdruumlcklich auch fuumlr die Ko-operation mit Entwicklungslaumlndern (EUVA Art 208)

c) Die EU ist eine Vertragspartei der Aarhus-Konvention die nach Expert Innenmeinung ebenfalls auch extraterritorial ausgelegt werden kann

0 100 200 300 400 500

203020141990

Gebaumlude

Landwirtschaft

Industrie

Energiewirtschaft

Verkehr

lt61

72

88

lt98

160

163

lt72

119

209

lt143

181

283

lt183

358

466

Datenquelle Bundesministerium fuumlr UmweltNaturschutz Bau und Reaktorsicherheit (2017)Klimaschutz in Zahlen 2017

Ziele zur Verringerung von Treibhausgas-emissionen Deutschlands nach Sektoren gemaumlszlig dem Klimaschutzplan 2050(in Millionen Tonnen CO2-Aumlquivalenten)

32 FIAN | Menschenrechtliche Verpfl ichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh (2012) Second National Com-munication of Bangladesh to the United Nations Framework Convention on Climate Change Dhaka Ministry of Environment and Forests Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh

Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 37

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Weltbank (2013) Turn Down the Heat Climate Extremes Regional Impacts and the Case for Resilience Washington DC Weltbank

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitikldquo

UN Generalversammlung (1992) Rio-Erklaumlrung uumlber Umwelt und Entwicklung (ACONF15126 (Vol I)) httpwwwunorgdeptsgermanconfagenda21riopdf

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2012) Human Rights Indicators A Guide to Measurement and Implementation httpbitly1oUZYHb

UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

International Commission of Jurists (2011) Maastricht Principles on Extraterritorial Obligations of States in the Area of Economic Social and Cultural Rights Verfuumlgbar mit deutscher Uumlbersetzung unter httpwwwfiandefileadminuser_uploaddo-kumenteshopRaN2012_ETO_Maastricht_Principles_en_de_finalpdf

UN Special Procedures (2015) Climate Change and Human Rights ndash Joint statement by UN Special Procedures on the occasion of World Environment Day 5 Juni 2015 httpwwwohchrorgENNewsEventsPagesDisplayNewsaspxNewsID=16049amp LangID=E

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UN-Menschenrechtsrat (2016) Report of the Special Rapporteur on the issue of human rights obligations relating to the enjoyment of a safe clean healthy and sustainable environment AHRC3152 1 Februar 2016 httpspapersssrncomsol3paperscfmabstract_id=2729611

Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

European Bank for Reconstruction and Development together with MDB partners the African Development Bank the Asian Development Bank the European In-vestment Bank the Inter-American Development Bank Group and the World Bank Group (2016) Joint Report on Multilateral Development Banksrsquo Climate Finance wwwebrdcom2016-joint-report-on-mdbs-climate-financepdf

Schade Jeanette and Wolfgang Obergassel (2014) Human rights and the Clean Development Mechanism In Cambridge Review of International Affairs Vol 27 No 4 pp 717-735

Sterk Wolfgang und Christof Arens (2010) Investitionen fuumlr den Klimaschutz Die projektbasierten Mechanismen CDM und JI Berlin Bundesministerium fuumlr Umwelt Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) httpwwwcarbon-mechanismsdefileadminmediadokumentePublikationenCMRBroschuere_2010_Einfuehrung_CDM_JI_bfpdf

38 FIAN | Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

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Schade Jeanette (2013) Climate change and planned relocation Risks and a propo-sal for safeguards In Thomas Faist Jeanette Schade (Eds) Disentangling Migra-tion and Climate Change Methodologies Political Discourses and Human Rights Heidelberg Dordrecht New York Springer pp 138-206

Wolfgang Obergassel Jeanette Schade Lauri Peterson Nicolas Kreibich Timo Beiermann (2017) International Climate Finance Mechanisms and Extraterritorial Human Rights Obligations Status Quo and Future Prospects ein Dossier von FIAN Deutschland httpswwwfiandeartikelansicht2017-07-19-internationale- klimafinanzierung-und-risiken-fuer-die-menschenrechte

FIAN (2008) Agrartreibstoffe und das Menschenrecht auf Nahrung Grundlagen-papier von FIAN-Deutschland httpwwwfiandefiandownloadspdfagrarFIAN_Grundlagenpapier_Agrartreibstoffepdf

Jeanette Schade (2017) EU accountability for the due diligence failures of the European Investment Bank Climate finance and involuntary resettlement in Olkaria Kenya In Journal of Human Rights and the Environment Vol 8(1) 72-97 (Son-derausgabe ldquoClimate Justice and Displacementrdquo Gastherausgeber Schade und Manou)

Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 39

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 33: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

Gleichzeitig sind auch die einzelnen Mitglieder der EU Menschenrechten verpflichtet Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtsvertraumlge der Vereinten Nationen ratifiziert und sind jeweils als Einzelstaaten verpflichtet die Men-schenrechte zu achten zu schuumltzen und zu verwirklichen Dies gilt auch fuumlr den Umfang und die Auswirkungen ihres klimapolitischen Engagements Als Mitglieder der EU sind sie bei der Umsetzung von EU-Politik auszligerdem zur Einhaltung der Grundrechtecharta und der menschenrechtlichen Grund-saumltze der EU verpflichtet Dies gilt auch fuumlr die internationale Zusammenarbeit Sowohl die Kooperation mit Laumlndern des Globalen Suumldens als auch die

Umweltpolitik sind Kompetenzbereiche bdquogeteilter Zustaumlndigkeitldquo das heiszligt dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gleichermaszligen verantwortlich sind So sind nicht nur die EU-Mitgliedstaaten sondern auch die EU selbst Vertrags-partner der Klimarahmenkonvention Ferner koumlnnen EU-Mitgliedstaaten fuumlr das Handeln von EU-Organen auch unmittelbar verantwortlich gemacht werden wenn sie in deren Steuerungs-gremien durch MinisterInnen und von ihnen entsandte VertreterInnen vertre-ten sind

Im Folgenden wird dargelegt was dies fuumlr die Klimapolitik und die oben beschriebenen Beispiele des CDM und der EIB bedeutet und welche Empfeh-lungen sich daraus ableiten lassen

Entsprechend der Vereinbarung im Pariser Abkommen sollten alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so schnell und so stark reduzieren dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur unter 15 Grad Celsius bleibt um die negativen Auswirkungen auf die Ver-wirklichung der Menschenrechte moumlg-lichst gering zu halten Aufgrund ihrer hohen Emissionen und ihrer umfangrei-chen technischen und wirtschaftlichen Ressourcen haben Deutschland und die EU als Ganzes die Pflicht bei der Sen-kung ihrer Treibhausgasemissionen voranzuschreiten Abgesehen von seinen eigenen Maszlignahmen kommt Deutschland als dem groumlszligten EU-Mit-gliedsstaat auch eine besondere Rolle fuumlr die Ausgestaltung der EU-Klimapoli-tik zu

Bisher kommen Deutschland und die EU dieser Verpflichtung nur unzurei-chend nach Der Weltklimarat hat 2007 in seinem vierten Sachstandsbericht erwogen dass die Industrielaumlnder insgesamt ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern sollten Aufgrund ihrer wirt-schaftlichen Leistungsfaumlhigkeit sollte die Reduktion der EU am oberen Ende dieser Bandbreite liegen Die EU hat

sich jedoch nur zu einer Reduktion um 20 Prozent verpflichtet allerdings wird sie dieses Ziel voraussichtlich um einige Prozentpunkte uumlbererfuumlllen

Deutschland hat fuumlr sich selbst das Ziel gesetzt seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren allerdings liegt die tatsaumlchliche Reduktion bisher bei unter 30 Prozent Um das Ziel in der wenigen verbleibenden Zeit noch zu er-reichen waumlren starke Maszlignahmen wie etwa ein schneller Kohleausstieg noumltig Bisher hat die deutsche Politik jedoch

Senkung der eigenen Emissionen

Fuumlr die Ethanol-Raffinerie und die dazugehouml-rigen Zuckerrohrplantagen der schweizer Firma Addax in Sierra Leone wurde den Anliegenden DorfbewohnerInnen das Agrar-land genommen Foto FIAN Oumlsterreich

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 33

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh (2012) Second National Com-munication of Bangladesh to the United Nations Framework Convention on Climate Change Dhaka Ministry of Environment and Forests Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh

Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 37

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Weltbank (2013) Turn Down the Heat Climate Extremes Regional Impacts and the Case for Resilience Washington DC Weltbank

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitikldquo

UN Generalversammlung (1992) Rio-Erklaumlrung uumlber Umwelt und Entwicklung (ACONF15126 (Vol I)) httpwwwunorgdeptsgermanconfagenda21riopdf

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2012) Human Rights Indicators A Guide to Measurement and Implementation httpbitly1oUZYHb

UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

International Commission of Jurists (2011) Maastricht Principles on Extraterritorial Obligations of States in the Area of Economic Social and Cultural Rights Verfuumlgbar mit deutscher Uumlbersetzung unter httpwwwfiandefileadminuser_uploaddo-kumenteshopRaN2012_ETO_Maastricht_Principles_en_de_finalpdf

UN Special Procedures (2015) Climate Change and Human Rights ndash Joint statement by UN Special Procedures on the occasion of World Environment Day 5 Juni 2015 httpwwwohchrorgENNewsEventsPagesDisplayNewsaspxNewsID=16049amp LangID=E

The Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (2015) Human Rights Law Sources UN Pronouncements on Extra-Territorial Obligations httpwwwetoconsortiumorgncenmain-navigationlibrarydocuments tx_drblob_pi15BdownloadUid5D=163

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2015) Report of the Office of the Uni-ted Nations High Commissioner for Human Rights on the relationship between clima-te change and human rights AHRC1061 15 Januar 2009 httpwwwohchrorgENIssuesHRAndClimateChangePagesStudyaspx

UN-Menschenrechtsrat (2016) Report of the Special Rapporteur on the issue of human rights obligations relating to the enjoyment of a safe clean healthy and sustainable environment AHRC3152 1 Februar 2016 httpspapersssrncomsol3paperscfmabstract_id=2729611

Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

European Bank for Reconstruction and Development together with MDB partners the African Development Bank the Asian Development Bank the European In-vestment Bank the Inter-American Development Bank Group and the World Bank Group (2016) Joint Report on Multilateral Development Banksrsquo Climate Finance wwwebrdcom2016-joint-report-on-mdbs-climate-financepdf

Schade Jeanette and Wolfgang Obergassel (2014) Human rights and the Clean Development Mechanism In Cambridge Review of International Affairs Vol 27 No 4 pp 717-735

Sterk Wolfgang und Christof Arens (2010) Investitionen fuumlr den Klimaschutz Die projektbasierten Mechanismen CDM und JI Berlin Bundesministerium fuumlr Umwelt Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) httpwwwcarbon-mechanismsdefileadminmediadokumentePublikationenCMRBroschuere_2010_Einfuehrung_CDM_JI_bfpdf

38 FIAN | Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

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Schade Jeanette (2013) Climate change and planned relocation Risks and a propo-sal for safeguards In Thomas Faist Jeanette Schade (Eds) Disentangling Migra-tion and Climate Change Methodologies Political Discourses and Human Rights Heidelberg Dordrecht New York Springer pp 138-206

Wolfgang Obergassel Jeanette Schade Lauri Peterson Nicolas Kreibich Timo Beiermann (2017) International Climate Finance Mechanisms and Extraterritorial Human Rights Obligations Status Quo and Future Prospects ein Dossier von FIAN Deutschland httpswwwfiandeartikelansicht2017-07-19-internationale- klimafinanzierung-und-risiken-fuer-die-menschenrechte

FIAN (2008) Agrartreibstoffe und das Menschenrecht auf Nahrung Grundlagen-papier von FIAN-Deutschland httpwwwfiandefiandownloadspdfagrarFIAN_Grundlagenpapier_Agrartreibstoffepdf

Jeanette Schade (2017) EU accountability for the due diligence failures of the European Investment Bank Climate finance and involuntary resettlement in Olkaria Kenya In Journal of Human Rights and the Environment Vol 8(1) 72-97 (Son-derausgabe ldquoClimate Justice and Displacementrdquo Gastherausgeber Schade und Manou)

Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 39

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 34: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

keine Anzeichen erkennen lassen sol-che Maszlignahmen zu ergreifen

Fuumlr den Zeitraum bis 2030 hat der britische Klimaschutzrat ndash ein wissen-schaftliches Beratungsgremium des bri-tischen Parlaments und der Regierung ndash empfohlen dass die EU ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken sollte Bisher hat sich die EU je-

doch nur als Ziel gesetzt ihre Emissio-nen um 40 Prozent zu reduzieren

Deutschland und die EU kommen daher nicht ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nach die absehbaren ne-gativen Folgen des Klimawandels durch entschlossene Emissionsreduktionen moumlglichst gering zu halten

Aufgrund der haumlufig mangelnden wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen in den Laumlndern des Globa-len Suumldens kommen Deutschland und der EU die Aufgabe zu diese Staaten durch eine vereinfachte Weitergabe von Umwelttechnologien und Finanzie-rungsmoumlglichkeiten in ihren Klima-schutzbemuumlhungen zu unterstuumltzen Dies betrifft sowohl die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels Die deutsche Bundesregierung hat akzeptiert die Zusage aller Industrie-laumlnder ihre Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jaumlhrlich anwachsen zu lassen mit zehn Milliar-den US-Dollar zu unterstuumltzen Im Jahr 2014 hat Deutschland zwei Milliarden US-Dollar jaumlhrlich beigetragen und plant seine Beitraumlge bis 2020 auf vier Milliarden US-Dollar zu verdoppeln Die Luumlcke von sechs Milliarden US-Dollar will die Bundesregierung durch die Mobilisierung privater Mittel ausglei-chen Allerdings ist hierbei noch nicht geklaumlrt welche privaten Mittel in welcher Form auf die oumlffentlichen Finanzierungsziele angerechnet werden duumlrfen Es besteht hier also ein groszliges Risiko bdquokreativer Buchhaltungldquo

Bei der Durchfuumlhrung der konkreten Maszlignahmen muumlssen Deutschland und die EU dafuumlr Sorge tragen dass diese menschenrechtskonform gestaltet wer-den Daruumlber hinaus muumlssen sie auf in-ternationaler Ebene alle Moumlglichkeiten ausschoumlpfen um darauf hinzuwirken dass auch alle Maszlignahmen die uumlber

internationale Klimaprogramme umge-setzt werden menschenrechtskonform sind Dazu muumlssen zunaumlchst in den Vertragsstaatenkonferenzen der Kli-marahmenkonvention und des Pariser Abkommens Grundsatzentscheidungen herbeigefuumlhrt werden Anschlieszligend muumlssten die Regulierungsgremien der einzelnen Programme und Verfahren entsprechende Detailregeln entwickeln

Prinzipiell sollten alle Klimaschutz-projekte auf ihre Vertraumlglichkeit mit Menschenrechten gepruumlft werden mit klaren Vorgaben fuumlr die Einbeziehung der lokalen Bevoumllkerung Projekte die den Vorgaben nicht entsprechen sollten nicht gefoumlrdert werden Zu-dem sollten waumlhrend der gesamten Projektlaufzeit nicht nur die Emissi-onsminderungen sondern auch die sozio-oumlkonomischen Auswirkungen uumlberwacht werden Fuumlr den Fall dass in der Umsetzungsphase von Projekten Menschenrechtsverletzungen auftreten und nicht abgestellt werden sollte diesen Projekten die Genehmigung entzogen werden koumlnnen

Daruumlber hinaus sollten die einzelnen Staaten sowie die internationale Klima-politik fuumlr ihre jeweiligen Verfahren und Institutionen uumlbergeordnete und effek-tive Beschwerdeverfahren einrichten an die sich Betroffene von Menschen-rechtsverletzungen wenden koumlnnen Auszligerdem sollten besonders risikorei-che Projekte verpflichtet werden ein Beschwerdeverfahren auf Projektebene einzurichten

Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens

Die Bevoumllkerung im kenianischen Tana-Delta ist daruumlber besorgt dass das Grundwasser aufgrund des Klimawandels versalzt

34 FIAN | Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh (2012) Second National Com-munication of Bangladesh to the United Nations Framework Convention on Climate Change Dhaka Ministry of Environment and Forests Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh

Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 37

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Weltbank (2013) Turn Down the Heat Climate Extremes Regional Impacts and the Case for Resilience Washington DC Weltbank

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitikldquo

UN Generalversammlung (1992) Rio-Erklaumlrung uumlber Umwelt und Entwicklung (ACONF15126 (Vol I)) httpwwwunorgdeptsgermanconfagenda21riopdf

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2012) Human Rights Indicators A Guide to Measurement and Implementation httpbitly1oUZYHb

UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

International Commission of Jurists (2011) Maastricht Principles on Extraterritorial Obligations of States in the Area of Economic Social and Cultural Rights Verfuumlgbar mit deutscher Uumlbersetzung unter httpwwwfiandefileadminuser_uploaddo-kumenteshopRaN2012_ETO_Maastricht_Principles_en_de_finalpdf

UN Special Procedures (2015) Climate Change and Human Rights ndash Joint statement by UN Special Procedures on the occasion of World Environment Day 5 Juni 2015 httpwwwohchrorgENNewsEventsPagesDisplayNewsaspxNewsID=16049amp LangID=E

The Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (2015) Human Rights Law Sources UN Pronouncements on Extra-Territorial Obligations httpwwwetoconsortiumorgncenmain-navigationlibrarydocuments tx_drblob_pi15BdownloadUid5D=163

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2015) Report of the Office of the Uni-ted Nations High Commissioner for Human Rights on the relationship between clima-te change and human rights AHRC1061 15 Januar 2009 httpwwwohchrorgENIssuesHRAndClimateChangePagesStudyaspx

UN-Menschenrechtsrat (2016) Report of the Special Rapporteur on the issue of human rights obligations relating to the enjoyment of a safe clean healthy and sustainable environment AHRC3152 1 Februar 2016 httpspapersssrncomsol3paperscfmabstract_id=2729611

Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

European Bank for Reconstruction and Development together with MDB partners the African Development Bank the Asian Development Bank the European In-vestment Bank the Inter-American Development Bank Group and the World Bank Group (2016) Joint Report on Multilateral Development Banksrsquo Climate Finance wwwebrdcom2016-joint-report-on-mdbs-climate-financepdf

Schade Jeanette and Wolfgang Obergassel (2014) Human rights and the Clean Development Mechanism In Cambridge Review of International Affairs Vol 27 No 4 pp 717-735

Sterk Wolfgang und Christof Arens (2010) Investitionen fuumlr den Klimaschutz Die projektbasierten Mechanismen CDM und JI Berlin Bundesministerium fuumlr Umwelt Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) httpwwwcarbon-mechanismsdefileadminmediadokumentePublikationenCMRBroschuere_2010_Einfuehrung_CDM_JI_bfpdf

38 FIAN | Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Finley-Brook Mary Thomas Curtis (2011) Renewable Energy and Human Rights Violations Illustrative Cases from Indigenous Territories in Panama In Annals of the Association of American Geographers 1014 pp 863-872

Schade Jeanette (2013) Climate change and planned relocation Risks and a propo-sal for safeguards In Thomas Faist Jeanette Schade (Eds) Disentangling Migra-tion and Climate Change Methodologies Political Discourses and Human Rights Heidelberg Dordrecht New York Springer pp 138-206

Wolfgang Obergassel Jeanette Schade Lauri Peterson Nicolas Kreibich Timo Beiermann (2017) International Climate Finance Mechanisms and Extraterritorial Human Rights Obligations Status Quo and Future Prospects ein Dossier von FIAN Deutschland httpswwwfiandeartikelansicht2017-07-19-internationale- klimafinanzierung-und-risiken-fuer-die-menschenrechte

FIAN (2008) Agrartreibstoffe und das Menschenrecht auf Nahrung Grundlagen-papier von FIAN-Deutschland httpwwwfiandefiandownloadspdfagrarFIAN_Grundlagenpapier_Agrartreibstoffepdf

Jeanette Schade (2017) EU accountability for the due diligence failures of the European Investment Bank Climate finance and involuntary resettlement in Olkaria Kenya In Journal of Human Rights and the Environment Vol 8(1) 72-97 (Son-derausgabe ldquoClimate Justice and Displacementrdquo Gastherausgeber Schade und Manou)

Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 39

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 35: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

Die EIB ist als Organ der EU der Einhal-tung der EU-Grundrechtecharta und der Aarhus-Konvention verpflichtet Die EIB ist auch zur Umsetzung der entwick-lungspolitischen Ziele der EU gesetzlich verpflichtet (EUVA Art 209) Die Fi-nanzministerInnen der Mitgliedstaaten bilden den Rat der Gouverneure und von ihnen nominierte MitarbeiterInnen den Verwaltungsrat der EIB Die EU-Kommission entsendet nur jeweils eineN VertreterIn in diese Gremien Das Gewicht jeder Stimme richtet sich nach der Houmlhe der Beitraumlge die das Mitglied an die EIB entrichtet Daher steht auszliger Frage dass neben der EU auch die Mitgliedstaaten insbesondere zah-lungskraumlftige Laumlnder wie Deutschland eine unmittelbare Verantwortung fuumlr die Ausgestaltung der menschenrechtli-chen Sorgfaltspflichten der Bank tragen

Die EU-Kommission und die Finanz-ministerInnen der EU-Staaten sollten daher in ihrer Funktion als Mitglieder im Rat der Gouverneure den EIB-Verwaltungsrat veranlassen folgende Verbesserungen vorzunehmenbull Die obligatorischen Umwelt- und

Sozialvertraumlglichkeitspruumlfungen sollten um menschenrechtliche Kriterien ergaumlnzt werden

bull Die EIB muss mehr Menschen-rechtsexpertInnen einstellen um die Betreuungsquote pro Projekt zu verbessern

bull Die Zustimmung dieser ExpertInnen zu einem Projekt muss eine Vor-aussetzung fuumlr die Foumlrderung eines Projektes sein

bull Die ExpertInnen muumlssen mit Mandat und entsprechenden Mitteln ausge-stattet werden um Kreditnehmer bei der Umsetzung der verpflich-tenden Sozialstandards zu unter-stuumltzen und sie zu kontrollieren Ein Verweis auf das Handbuch ist keine ausreichende Erfuumlllung von Sorgfaltspflichten

bull Die Beteiligung von Betroffenen muss so durchgefuumlhrt werden dass sie ihr Wohlergehen sicherstellt und zur Wahrung ihre Rechte beitraumlgt

bull Die EIB muss nicht nur uumlber einen Beschwerdemechanismus verfuumlgen sondern Betroffene aktiv uumlber die-sen informieren

bull Die Sozial- und Menschenrchtsex-pertInnen sollten verpflichtet sein soziale und menschenrechtliche Probleme in einem Projekt aktiv an den EIB-Beschwerdemechanismus zu berichten damit dieser die Bank schneller zum Handeln noumltigen kann

Da ein Groszligteil der Klimafinanzierung von privaten Gebern stammt und viele gefoumlrderte Projekte von mehreren Banken finanziert werden sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten auch einen Beschwerdemechanismus schaffen dem alle Entwicklungsbanken in der EU verpflichtet sind ndash oder besser noch alle Banken innerhalb der EU Ergaumlnzend hierzu sollten Regulierungen geschaf-fen werden die auch private Investoren und Banken aus Europa dazu bringen ihre menschenrechtlichen Sorgfalts-pflichten wahrzunehmen und einzu-halten Neben einem Aktionsplan zur Umsetzung der freiwilligen UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten koumlnnte dies durch einen voumllkerrecht-lichen Vertrag zu Wirtschaft und Men-schenrechten und durch entsprechende Regulierung bei der Umsetzung des Abkommens von Paris erreicht werden

Frauen aus Mkoko im keniaischen Tana-Delta muumlssen nach einer Vertreibung fuumlr eine Zuckerrohr-Plantage bis zu 10 Kilometer zuruumlcklegen um Trinkwasser zu holen

Die Europaumlische Investitionsbank

Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU | FIAN 35

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh (2012) Second National Com-munication of Bangladesh to the United Nations Framework Convention on Climate Change Dhaka Ministry of Environment and Forests Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh

Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 37

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Weltbank (2013) Turn Down the Heat Climate Extremes Regional Impacts and the Case for Resilience Washington DC Weltbank

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitikldquo

UN Generalversammlung (1992) Rio-Erklaumlrung uumlber Umwelt und Entwicklung (ACONF15126 (Vol I)) httpwwwunorgdeptsgermanconfagenda21riopdf

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2012) Human Rights Indicators A Guide to Measurement and Implementation httpbitly1oUZYHb

UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

International Commission of Jurists (2011) Maastricht Principles on Extraterritorial Obligations of States in the Area of Economic Social and Cultural Rights Verfuumlgbar mit deutscher Uumlbersetzung unter httpwwwfiandefileadminuser_uploaddo-kumenteshopRaN2012_ETO_Maastricht_Principles_en_de_finalpdf

UN Special Procedures (2015) Climate Change and Human Rights ndash Joint statement by UN Special Procedures on the occasion of World Environment Day 5 Juni 2015 httpwwwohchrorgENNewsEventsPagesDisplayNewsaspxNewsID=16049amp LangID=E

The Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (2015) Human Rights Law Sources UN Pronouncements on Extra-Territorial Obligations httpwwwetoconsortiumorgncenmain-navigationlibrarydocuments tx_drblob_pi15BdownloadUid5D=163

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2015) Report of the Office of the Uni-ted Nations High Commissioner for Human Rights on the relationship between clima-te change and human rights AHRC1061 15 Januar 2009 httpwwwohchrorgENIssuesHRAndClimateChangePagesStudyaspx

UN-Menschenrechtsrat (2016) Report of the Special Rapporteur on the issue of human rights obligations relating to the enjoyment of a safe clean healthy and sustainable environment AHRC3152 1 Februar 2016 httpspapersssrncomsol3paperscfmabstract_id=2729611

Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

European Bank for Reconstruction and Development together with MDB partners the African Development Bank the Asian Development Bank the European In-vestment Bank the Inter-American Development Bank Group and the World Bank Group (2016) Joint Report on Multilateral Development Banksrsquo Climate Finance wwwebrdcom2016-joint-report-on-mdbs-climate-financepdf

Schade Jeanette and Wolfgang Obergassel (2014) Human rights and the Clean Development Mechanism In Cambridge Review of International Affairs Vol 27 No 4 pp 717-735

Sterk Wolfgang und Christof Arens (2010) Investitionen fuumlr den Klimaschutz Die projektbasierten Mechanismen CDM und JI Berlin Bundesministerium fuumlr Umwelt Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) httpwwwcarbon-mechanismsdefileadminmediadokumentePublikationenCMRBroschuere_2010_Einfuehrung_CDM_JI_bfpdf

38 FIAN | Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Finley-Brook Mary Thomas Curtis (2011) Renewable Energy and Human Rights Violations Illustrative Cases from Indigenous Territories in Panama In Annals of the Association of American Geographers 1014 pp 863-872

Schade Jeanette (2013) Climate change and planned relocation Risks and a propo-sal for safeguards In Thomas Faist Jeanette Schade (Eds) Disentangling Migra-tion and Climate Change Methodologies Political Discourses and Human Rights Heidelberg Dordrecht New York Springer pp 138-206

Wolfgang Obergassel Jeanette Schade Lauri Peterson Nicolas Kreibich Timo Beiermann (2017) International Climate Finance Mechanisms and Extraterritorial Human Rights Obligations Status Quo and Future Prospects ein Dossier von FIAN Deutschland httpswwwfiandeartikelansicht2017-07-19-internationale- klimafinanzierung-und-risiken-fuer-die-menschenrechte

FIAN (2008) Agrartreibstoffe und das Menschenrecht auf Nahrung Grundlagen-papier von FIAN-Deutschland httpwwwfiandefiandownloadspdfagrarFIAN_Grundlagenpapier_Agrartreibstoffepdf

Jeanette Schade (2017) EU accountability for the due diligence failures of the European Investment Bank Climate finance and involuntary resettlement in Olkaria Kenya In Journal of Human Rights and the Environment Vol 8(1) 72-97 (Son-derausgabe ldquoClimate Justice and Displacementrdquo Gastherausgeber Schade und Manou)

Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 39

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 36: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

Ausblick

Die Praumlambel des Abkommens von Paris fordert die Staaten auf bei ihren klimapolitischen Maszlignahmen die Menschenrechte zu achten und zu foumlrdern Die Praumlambel dient der Inter-pretation eines Vertrages ist aber nicht rechtlich bindend Damit Fleisch an die Knochen kommt versuchen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisa-tionen Einfl uss auf die Umsetzung des Abkommens von Paris zu nehmen Die Weltklimakonferenz (COP) im November 2017 unter dem Vorsitz des kleinen Inselstaates Fidschi weist kleine Fort-schritte aber auch viele Huumlrden auf Positiv ist dass fuumlr die Klimarahmen-konvention erstmals ein Gender-Akti-onsplan beschlossen wurde mit Verweis auf die UN-Deklaration der Rechte

Indigener hat man begonnen eine Plattform fuumlr lokale Gemeinden und indigene Voumllker zu entwerfen und Arbeitsgremien wurden beauftragt bei Fragen von Klima und Landwirtschaft auch Ernaumlhrungssicherheit zu themati-sieren Aber die Fortschritte sind klein und unvollstaumlndig So gibt es fuumlr die neuen Emissionshandelsmechanismen des Pariser Abkommens und andere Verfahren bisher nur informelle Notizen zur Beruumlcksichtigung von Menschen-rechten FIAN setzt sich dafuumlr ein dass die Beachtung der Menschenrechte verbindliches Kriterium der Klimamaszlig-nahmen wird und Deutschland und die EU ihren menschenrechtlichen Ver-pfl ichtungen zum Klimaschutz nachkommen

Foto Chris LimFlickr httpsfl ickrp6ayCs (CC BY-SA 20)

36 FIAN | Ausblick

Ausblick

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh (2012) Second National Com-munication of Bangladesh to the United Nations Framework Convention on Climate Change Dhaka Ministry of Environment and Forests Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh

Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 37

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Weltbank (2013) Turn Down the Heat Climate Extremes Regional Impacts and the Case for Resilience Washington DC Weltbank

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitikldquo

UN Generalversammlung (1992) Rio-Erklaumlrung uumlber Umwelt und Entwicklung (ACONF15126 (Vol I)) httpwwwunorgdeptsgermanconfagenda21riopdf

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2012) Human Rights Indicators A Guide to Measurement and Implementation httpbitly1oUZYHb

UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

International Commission of Jurists (2011) Maastricht Principles on Extraterritorial Obligations of States in the Area of Economic Social and Cultural Rights Verfuumlgbar mit deutscher Uumlbersetzung unter httpwwwfiandefileadminuser_uploaddo-kumenteshopRaN2012_ETO_Maastricht_Principles_en_de_finalpdf

UN Special Procedures (2015) Climate Change and Human Rights ndash Joint statement by UN Special Procedures on the occasion of World Environment Day 5 Juni 2015 httpwwwohchrorgENNewsEventsPagesDisplayNewsaspxNewsID=16049amp LangID=E

The Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (2015) Human Rights Law Sources UN Pronouncements on Extra-Territorial Obligations httpwwwetoconsortiumorgncenmain-navigationlibrarydocuments tx_drblob_pi15BdownloadUid5D=163

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2015) Report of the Office of the Uni-ted Nations High Commissioner for Human Rights on the relationship between clima-te change and human rights AHRC1061 15 Januar 2009 httpwwwohchrorgENIssuesHRAndClimateChangePagesStudyaspx

UN-Menschenrechtsrat (2016) Report of the Special Rapporteur on the issue of human rights obligations relating to the enjoyment of a safe clean healthy and sustainable environment AHRC3152 1 Februar 2016 httpspapersssrncomsol3paperscfmabstract_id=2729611

Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

European Bank for Reconstruction and Development together with MDB partners the African Development Bank the Asian Development Bank the European In-vestment Bank the Inter-American Development Bank Group and the World Bank Group (2016) Joint Report on Multilateral Development Banksrsquo Climate Finance wwwebrdcom2016-joint-report-on-mdbs-climate-financepdf

Schade Jeanette and Wolfgang Obergassel (2014) Human rights and the Clean Development Mechanism In Cambridge Review of International Affairs Vol 27 No 4 pp 717-735

Sterk Wolfgang und Christof Arens (2010) Investitionen fuumlr den Klimaschutz Die projektbasierten Mechanismen CDM und JI Berlin Bundesministerium fuumlr Umwelt Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) httpwwwcarbon-mechanismsdefileadminmediadokumentePublikationenCMRBroschuere_2010_Einfuehrung_CDM_JI_bfpdf

38 FIAN | Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

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Wolfgang Obergassel Jeanette Schade Lauri Peterson Nicolas Kreibich Timo Beiermann (2017) International Climate Finance Mechanisms and Extraterritorial Human Rights Obligations Status Quo and Future Prospects ein Dossier von FIAN Deutschland httpswwwfiandeartikelansicht2017-07-19-internationale- klimafinanzierung-und-risiken-fuer-die-menschenrechte

FIAN (2008) Agrartreibstoffe und das Menschenrecht auf Nahrung Grundlagen-papier von FIAN-Deutschland httpwwwfiandefiandownloadspdfagrarFIAN_Grundlagenpapier_Agrartreibstoffepdf

Jeanette Schade (2017) EU accountability for the due diligence failures of the European Investment Bank Climate finance and involuntary resettlement in Olkaria Kenya In Journal of Human Rights and the Environment Vol 8(1) 72-97 (Son-derausgabe ldquoClimate Justice and Displacementrdquo Gastherausgeber Schade und Manou)

Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
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Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-LinksZu Kapitel bdquoKlima und Klimawandel Ursachen und Verursacherldquo

IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

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IPCC (20132014) Zusammenfassungen fuumlr politische Entscheidungstraumlger Beitrauml-ge der drei Arbeitsgruppen zum Fuumlnften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle Oumlsterreichisches Umweltbundesamt ProClim BonnWienBern 2016

IPCC (2014) Klimaaumlnderung 2014 Synthesebericht Beitrag der Arbeitsgruppen I II und III zum Fuumlnften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses fuumlr Klimaaumlnderungen (IPCC) [Hauptautoren RK Pachauri und LA Meyer (Hrsg)] IPCC Genf Schweiz Deutsche Uumlbersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungs-stelle Bonn 2016

Huumlging (2013) Wetter Klima und Klimawandel Was unser Klima heute und in der Vergangenheit beeinfl usst httpwwwbpbdegesellschaftumweltklimawandel38427wetter-klima-und-klimawandel

WRI (World Resources Institute) (2017) CAIT Climate Data Explorerhttpcaitwriorg

Zu Kapitel bdquoAuswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Men-schenrechte auf Nahrung und Wasserldquo

Weltklimarat (IPCC) (2007) Zusammenfassung fuumlr politische Entscheidungstraumlger httpbitly2qKAt4u

FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) Inter-Departmen-tal Working Group on Climate Change (2008) Climate Change and Food Security A Framework Document Rom FAO

Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh (2012) Second National Com-munication of Bangladesh to the United Nations Framework Convention on Climate Change Dhaka Ministry of Environment and Forests Government of the Peoplersquos Republic of Bangladesh

Ohm Stefan (2008) Klimawandel Der Fall Bangladesch httpwwwwissenslogsdewblogsbloggeo-logkuso2008-06-04klimawandel-der-fall-bangladesch

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Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Weltbank (2013) Turn Down the Heat Climate Extremes Regional Impacts and the Case for Resilience Washington DC Weltbank

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UN Generalversammlung (1992) Rio-Erklaumlrung uumlber Umwelt und Entwicklung (ACONF15126 (Vol I)) httpwwwunorgdeptsgermanconfagenda21riopdf

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2012) Human Rights Indicators A Guide to Measurement and Implementation httpbitly1oUZYHb

UN-Ausschuss fuumlr Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte (1999) Allgemei-ner Kommentar 12 Das Recht auf angemessene Nahrung (Art 11) Genf httpwwwunorgDeptsgermanwisoec12-1999-5pdf

International Commission of Jurists (2011) Maastricht Principles on Extraterritorial Obligations of States in the Area of Economic Social and Cultural Rights Verfuumlgbar mit deutscher Uumlbersetzung unter httpwwwfiandefileadminuser_uploaddo-kumenteshopRaN2012_ETO_Maastricht_Principles_en_de_finalpdf

UN Special Procedures (2015) Climate Change and Human Rights ndash Joint statement by UN Special Procedures on the occasion of World Environment Day 5 Juni 2015 httpwwwohchrorgENNewsEventsPagesDisplayNewsaspxNewsID=16049amp LangID=E

The Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (2015) Human Rights Law Sources UN Pronouncements on Extra-Territorial Obligations httpwwwetoconsortiumorgncenmain-navigationlibrarydocuments tx_drblob_pi15BdownloadUid5D=163

UN-Hochkommissariat fuumlr Menschenrechte (2015) Report of the Office of the Uni-ted Nations High Commissioner for Human Rights on the relationship between clima-te change and human rights AHRC1061 15 Januar 2009 httpwwwohchrorgENIssuesHRAndClimateChangePagesStudyaspx

UN-Menschenrechtsrat (2016) Report of the Special Rapporteur on the issue of human rights obligations relating to the enjoyment of a safe clean healthy and sustainable environment AHRC3152 1 Februar 2016 httpspapersssrncomsol3paperscfmabstract_id=2729611

Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

European Bank for Reconstruction and Development together with MDB partners the African Development Bank the Asian Development Bank the European In-vestment Bank the Inter-American Development Bank Group and the World Bank Group (2016) Joint Report on Multilateral Development Banksrsquo Climate Finance wwwebrdcom2016-joint-report-on-mdbs-climate-financepdf

Schade Jeanette and Wolfgang Obergassel (2014) Human rights and the Clean Development Mechanism In Cambridge Review of International Affairs Vol 27 No 4 pp 717-735

Sterk Wolfgang und Christof Arens (2010) Investitionen fuumlr den Klimaschutz Die projektbasierten Mechanismen CDM und JI Berlin Bundesministerium fuumlr Umwelt Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) httpwwwcarbon-mechanismsdefileadminmediadokumentePublikationenCMRBroschuere_2010_Einfuehrung_CDM_JI_bfpdf

38 FIAN | Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links

Finley-Brook Mary Thomas Curtis (2011) Renewable Energy and Human Rights Violations Illustrative Cases from Indigenous Territories in Panama In Annals of the Association of American Geographers 1014 pp 863-872

Schade Jeanette (2013) Climate change and planned relocation Risks and a propo-sal for safeguards In Thomas Faist Jeanette Schade (Eds) Disentangling Migra-tion and Climate Change Methodologies Political Discourses and Human Rights Heidelberg Dordrecht New York Springer pp 138-206

Wolfgang Obergassel Jeanette Schade Lauri Peterson Nicolas Kreibich Timo Beiermann (2017) International Climate Finance Mechanisms and Extraterritorial Human Rights Obligations Status Quo and Future Prospects ein Dossier von FIAN Deutschland httpswwwfiandeartikelansicht2017-07-19-internationale- klimafinanzierung-und-risiken-fuer-die-menschenrechte

FIAN (2008) Agrartreibstoffe und das Menschenrecht auf Nahrung Grundlagen-papier von FIAN-Deutschland httpwwwfiandefiandownloadspdfagrarFIAN_Grundlagenpapier_Agrartreibstoffepdf

Jeanette Schade (2017) EU accountability for the due diligence failures of the European Investment Bank Climate finance and involuntary resettlement in Olkaria Kenya In Journal of Human Rights and the Environment Vol 8(1) 72-97 (Son-derausgabe ldquoClimate Justice and Displacementrdquo Gastherausgeber Schade und Manou)

Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

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CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 38: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

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Barbara K Buchner et al (2017) Global Landscape of Climate Finance 2017 httpsclimatepolicyinitiativeorgwp-contentuploads2017102017-Global-Landscape-of-Climate-Financepdf

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Schade Jeanette and Wolfgang Obergassel (2014) Human rights and the Clean Development Mechanism In Cambridge Review of International Affairs Vol 27 No 4 pp 717-735

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Finley-Brook Mary Thomas Curtis (2011) Renewable Energy and Human Rights Violations Illustrative Cases from Indigenous Territories in Panama In Annals of the Association of American Geographers 1014 pp 863-872

Schade Jeanette (2013) Climate change and planned relocation Risks and a propo-sal for safeguards In Thomas Faist Jeanette Schade (Eds) Disentangling Migra-tion and Climate Change Methodologies Political Discourses and Human Rights Heidelberg Dordrecht New York Springer pp 138-206

Wolfgang Obergassel Jeanette Schade Lauri Peterson Nicolas Kreibich Timo Beiermann (2017) International Climate Finance Mechanisms and Extraterritorial Human Rights Obligations Status Quo and Future Prospects ein Dossier von FIAN Deutschland httpswwwfiandeartikelansicht2017-07-19-internationale- klimafinanzierung-und-risiken-fuer-die-menschenrechte

FIAN (2008) Agrartreibstoffe und das Menschenrecht auf Nahrung Grundlagen-papier von FIAN-Deutschland httpwwwfiandefiandownloadspdfagrarFIAN_Grundlagenpapier_Agrartreibstoffepdf

Jeanette Schade (2017) EU accountability for the due diligence failures of the European Investment Bank Climate finance and involuntary resettlement in Olkaria Kenya In Journal of Human Rights and the Environment Vol 8(1) 72-97 (Son-derausgabe ldquoClimate Justice and Displacementrdquo Gastherausgeber Schade und Manou)

Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

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Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

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Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

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  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
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          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
Page 39: Klimawandel und Menschenrechte - FIAN Deutschland...Klima und Klimawandel: Ursachen und Verursacher-0,6-0,4-0,2-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Jährlicher Mittelwert Mittelwert geglättet

Finley-Brook Mary Thomas Curtis (2011) Renewable Energy and Human Rights Violations Illustrative Cases from Indigenous Territories in Panama In Annals of the Association of American Geographers 1014 pp 863-872

Schade Jeanette (2013) Climate change and planned relocation Risks and a propo-sal for safeguards In Thomas Faist Jeanette Schade (Eds) Disentangling Migra-tion and Climate Change Methodologies Political Discourses and Human Rights Heidelberg Dordrecht New York Springer pp 138-206

Wolfgang Obergassel Jeanette Schade Lauri Peterson Nicolas Kreibich Timo Beiermann (2017) International Climate Finance Mechanisms and Extraterritorial Human Rights Obligations Status Quo and Future Prospects ein Dossier von FIAN Deutschland httpswwwfiandeartikelansicht2017-07-19-internationale- klimafinanzierung-und-risiken-fuer-die-menschenrechte

FIAN (2008) Agrartreibstoffe und das Menschenrecht auf Nahrung Grundlagen-papier von FIAN-Deutschland httpwwwfiandefiandownloadspdfagrarFIAN_Grundlagenpapier_Agrartreibstoffepdf

Jeanette Schade (2017) EU accountability for the due diligence failures of the European Investment Bank Climate finance and involuntary resettlement in Olkaria Kenya In Journal of Human Rights and the Environment Vol 8(1) 72-97 (Son-derausgabe ldquoClimate Justice and Displacementrdquo Gastherausgeber Schade und Manou)

Zu den Prinzipien des Umweltrechts siehe httpwwwumweltbundesamtdethe-mennachhaltigkeit-strategien-internationalesumweltrecht umweltverfassungsrechtvorsorgeprinzip

Zum Status der Aarhus Konvention siehe httpstreatiesunorg

Zu Menschenrechtsverletzungen durch REDD+ siehe REDD Monitor und No REDD in Africa Network httpwwwredd-monitororg httpwwwno-redd-africaorg

Zum Protest von zivilgesellschaftlichen Organistaionen gegen die CDM-Lizenz fuumlr das Unternehmen Dinant in Bajo AguaacutenHonduras siehe httpwwwfianorglibra-rypublicationunited_nations_under_pressure_to_denounce_human_rights_ abuses_in_carbon_offsetting_scheme

Zu Kapitel bdquoMenschenrechtliche Verpflichtungen der Klimapolitik von Deutsch-land und der EUldquo

Jane A Hofbauer Monika Mayrhofer Florian Mersmann und Jeanette Schade (2016) ClimAccount Policy Brief Improving Human Rights Performance in EU Clima-te Policy The Role of European States in Climate Measures and Access to Justice for Affected Populations httpwwwuni-bielefelddetdrcag_comcaddownloadsPolicy-brief_ClimaAccount_slim-versionpdf

Germanwatch the Center for International Environmental Law (CIEL) and the Global Initiative for Economic Social and Cultural Rights (GI-ESCR) (2017) Parallel Report submitted to the Committee on Economic Social and Cultural Rights on the oc-casion of the consideration of the List of Issues for Germany during the Committeersquos Pre-Sessional Working Group 9-13 October 2017

Zu bdquoAusblickldquo

CIEL (2017) Promoting Human Rights in Climate Action Update From the COP-23 Week 2

Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links | FIAN 39

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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
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  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
    • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
      • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
      • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
      • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
      • Anstieg des Meeresspiegels
      • Groumlszligere Wetterschwankungen
        • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
          • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
          • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
          • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
            • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
              • Kleine Inselstaaten
              • Afrika
              • Suumldostasien
              • Suumldasien
                  • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                  • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                    • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                      • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                      • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                        • Allgemeine Prinzipien
                        • Extraterritoriale Staatenpflichten
                          • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                            • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                              • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                              • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                  • Internationale Klimafinanzierung
                                  • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                    • Der Clean Development Mechanism
                                    • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                      • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                        • Senkung der eigenen Emissionen
                                        • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                        • Die Europaumlische Investitionsbank
                                          • Ausblick
                                          • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links
                                          • FIAN Klimabroschuumlre 2018_Web_S 2pdf
                                            • Zusammenfassung
                                            • Einleitung
                                            • Klima und Klimawandel Ursachen und Verursacher
                                            • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung der Menschenrechte auf Nahrung und Wasser
                                              • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung
                                                • Zunahme der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                • Zunahme der Haumlufigkeit und Intensitaumlt von Extremwetterereignissen
                                                • Anstieg des Meeresspiegels
                                                • Groumlszligere Wetterschwankungen
                                                  • Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser
                                                    • Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels
                                                    • Anstieg der mittleren globalen Lufttemperatur
                                                    • Zunehmende Schwankungen der Niederschlaumlge
                                                      • Regionale Beispiele fuumlr Auswirkungen des Klimawandels
                                                        • Kleine Inselstaaten
                                                        • Afrika
                                                        • Suumldostasien
                                                        • Suumldasien
                                                            • Meilensteine der internationalen Klimapolitik
                                                            • Menschenrechtliche Pflichten fuumlr die nationale und internationale Klimapolitik
                                                              • Prinzipien des internationalen Umweltrechts und der Menschenrechte
                                                                • Prinzipien des Umweltvoumllkerrechts
                                                                • Prinzipien der internationalen Menschenrechte
                                                                  • Allgemeine Prinzipien
                                                                  • Extraterritoriale Staatenpflichten
                                                                    • Vergleich zwischen internationalem Klimarecht und Menschenrechten
                                                                      • Menschenrechtliche Pflichten in der Klimapolitik
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Emissionsminderung
                                                                        • Gibt es eine Pflicht zur Unterstuumltzung aumlrmerer Staaten bei der Anpassung
                                                                          • Klimapolitische Maszlignahmen und die Verletzung von Menschenrechten
                                                                            • Internationale Klimafinanzierung
                                                                            • Menschenrechtsverletzungen durch Klimaschutz- und -anpassungsmaszlignahmen
                                                                              • Der Clean Development Mechanism
                                                                              • Finanzierung von Klimaprojekten durch die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                • Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Gestaltung der Klimapolitik Deutschlands und der EU
                                                                                  • Senkung der eigenen Emissionen
                                                                                  • Unterstuumltzung der Laumlnder des Globalen Suumldens
                                                                                  • Die Europaumlische Investitionsbank
                                                                                    • Ausblick
                                                                                    • Weiterfuumlhrende Literatur und Internet-Links