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Kritische Betrachtungen zu Mischkonstruktionen Die Einführung von "rostfreien Stählen" für Rohrsysteme auf Kläranlagen war gleichzeitig damit verbunden, dass sich die Mischkonstruktionsbauweise und eine Unzahl von galvanischen Trennungen zur vermeintlichen Verhinderung von Kontaktkorrosion auf Kläranlagen verbreitet haben. Die häufig völlig überflüssigen, unwirksamen oder defekten galvanischen Trennungen belegen, dass diese Technik nie gänzlich verstanden wurde und dass nach wie vor unnötig komplizierte und vermeintlich kostengünstige Systeme ohne Nachkontrollen und mit Restrisiken realisiert werden. 1. Einleitung1.1 Kontaktkorrosion bei feuerverzinkten Stählen Feuerverzinkte Rohrleitungssysteme auf Kläranlagen werden seit Jahrzehnten verwendet. Anfänglich entstanden zwar im Bereich der Beckenabgänge bzw. - eingänge Korrosionsschäden in Form von Muldenkorrosion, ausgeprägter als die übliche Eigenkorrosion. Die Ursache war Kontaktkorrosion, ausgelöst durch galvanische Elemente. Beispielsweise waren die betroffenen Teile mittels Erdleiter oder über Befestigungen elektrisch leitend direkt oder indirekt mit dem Armierungsstahl der Becken verbunden gewesen. Trotz der Zinkkarbonat-Deckschicht der Feuerverzinkung wurde der metallische Überzug und schliesslich auch der darunter liegende niedriglegierte Stahl mit Korrosionsraten von über 1 mm/a lokal auf- gelöst [1]. 1.2 Mischkonstruktionen auf Kläranlagen Seit etwa zehn Jahren haben sich "nicht- rostende Rohrsysteme", eine Ausführung in austenitischem, hochlegiertem Stahl, immer mehr verbreitet. Nebst der "Rostfreiheit" versprachen sie, ohne Rostzuschläge für die Wanddicken auszukommen und somit leichter und handlicher zu werden. Das konnte einen Teil ihres Kosten-Handicaps wettmachen, schliesslich waren dazumal die Kilopreise gegenüber C-Stahl noch relativ hoch. Ausserdem entfielen gegenüber der Feuerverzinkung einige Arbeitsschritte wie Demontage, Feuerverzinken, Wiedermontage, ohne dass man auf die Vorzüge metallischer Werkstoffe verzichten musste. Allerdings wurde der Praxis-Grundsatz, wonach artgleiche, einheitliche Werkstoffe "am wenigsten Probleme" machen, angesichts der Kosten und Lieferzeiten von Armaturen im elektrochemisch artgleichen Werkstoff, sehr schnell aufgegeben. Es entstand ein Kompromiss:"Weisse Rohrleitungen, schwarze Armaturen" - und die heute typische Mischkonstruktionsbauweise für Kläranlagen war geboren. Doch dieser Kompromiss hatte einige Folgen mit Tragweite. 2. Galvanische Elemente 2.1 Makroelemente als Ursachen für Muldenkorrosion In wässeriger Umgebung korrodiert niedriglegierter Stahl aufgrund elektrochemischer Vorgänge auf seiner benetzten Oberfläche, d. h. zwischen elektrochemisch aktiven und passiven Elementen, die insgesamt ein galvanisches Element bilden. Aufgrund der Grösse der Elemente sind zu unterscheiden: Mikroelemente: Das Korngefüge und der Oberflächenzustand bewirken kleinste aktive und passive Bereiche (Anoden/Kathoden). Eine gleichmässige Flächenkorrosion entsteht, wenn bezüglich Oberflächenzustand und Medium homogene Verhältnisse vorliegen (homogene Mischelektrode). Makroelemente: Muldenkorrosion entsteht bei heterogenen Mischelektroden. Die Heterogenitäten haben verschiedene Ursachen: Mediumseitig: Korrosion durch Konzentrationselemente (Spaltkorrosion, Belüftungselemente) Metallseitig: Ausscheidungen an Korngrenzen Fremdbeeinflussung: Metallpaarungen (Kontaktkorrosion), Streuströme, indirekter Kontakt mit Fremdkathoden (Abb. 1 bis 5) Zum Verständnis werden die wichtigsten Makroelemente nachfolgend kurz erläutert. Ingo Wulff, SCE GmbH, 8634 Hombrechtikon Erschienen: gwa 10/99

Kritische Betrachtungen zu Mischkonstruktionen Muldenkorrosion entsteht bei heterogenen Mischelektroden. Die Heterogenitäten haben verschiedene Ursachen: ... Abb. 7 Gasleitung in

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Kritische Betrachtungen zu Mischkonstruktionen

Die Einführung von "rostfreien Stählen" für Rohrsysteme auf Kläranlagen wargleichzeitig damit verbunden, dass sich die Mischkonstruktionsbauweise und eineUnzahl von galvanischen Trennungen zur vermeintlichen Verhinderung vonKontaktkorrosion auf Kläranlagen verbreitet haben. Die häufig völlig überflüssigen,unwirksamen oder defekten galvanischen Trennungen belegen, dass diese Techniknie gänzlich verstanden wurde und dass nach wie vor unnötig komplizierte undvermeintlich kostengünstige Systeme ohne Nachkontrollen und mit Restrisikenrealisiert werden.

1. Einleitung1.1 Kontaktkorrosion beifeuerverzinkten Stählen

Feuerverzinkte Rohrleitungssysteme auf Kläranlagenwerden seit Jahrzehnten verwendet. Anfänglichentstanden zwar im Bereich der Beckenabgänge bzw. -eingänge Korrosionsschäden in Form vonMuldenkorrosion, ausgeprägter als die üblicheEigenkorrosion. Die Ursache war Kontaktkorrosion,ausgelöst durch galvanische Elemente. Beispielsweisewaren die betroffenen Teile mittels Erdleiter oder überBefestigungen elektrisch leitend direkt oder indirekt mitdem Armierungsstahl der Becken verbunden gewesen.Trotz der Zinkkarbonat-Deckschicht derFeuerverzinkung wurde der metallische Überzug undschliesslich auch der darunter liegende niedriglegierteStahl mit Korrosionsraten von über 1 mm/a lokal auf-gelöst [1].

1.2 Mischkonstruktionen auf Kläranlagen

Seit etwa zehn Jahren haben sich "nicht- rostendeRohrsysteme", eine Ausführung in austenitischem,hochlegiertem Stahl, immer mehr verbreitet. Nebst der"Rostfreiheit" versprachen sie, ohne Rostzuschläge fürdie Wanddicken auszukommen und somit leichter undhandlicher zu werden. Das konnte einen Teil ihresKosten-Handicaps wettmachen, schliesslich warendazumal die Kilopreise gegenüber C-Stahl noch relativhoch. Ausserdem entfielen gegenüber derFeuerverzinkung einige Arbeitsschritte wie Demontage,Feuerverzinken, Wiedermontage, ohne dass man auf dieVorzüge metallischer Werkstoffe verzichten musste.

Allerdings wurde der Praxis-Grundsatz, wonachartgleiche, einheitliche Werkstoffe "am wenigstenProbleme" machen, angesichts der Kosten undLieferzeiten von Armaturen im elektrochemischartgleichen Werkstoff, sehr schnell aufgegeben.

Es entstand ein Kompromiss:"Weisse Rohrleitungen,schwarze Armaturen" - und die heute typischeMischkonstruktionsbauweise für Kläranlagen war

geboren. Doch dieser Kompromiss hatte einige Folgenmit Tragweite.

2. Galvanische Elemente

2.1 Makroelemente als Ursachen fürMuldenkorrosion

In wässeriger Umgebung korrodiert niedriglegierter Stahlaufgrund elektrochemischer Vorgänge auf seinerbenetzten Oberfläche, d. h. zwischen elektrochemischaktiven und passiven Elementen, die insgesamt eingalvanisches Element bilden. Aufgrund der Grösse derElemente sind zu unterscheiden:

Mikroelemente:

Das Korngefüge und der Oberflächenzustand bewirkenkleinste aktive und passive Bereiche(Anoden/Kathoden). Eine gleichmässigeFlächenkorrosion entsteht, wenn bezüglichOberflächenzustand und Medium homogeneVerhältnisse vorliegen (homogene Mischelektrode).

Makroelemente:

Muldenkorrosion entsteht bei heterogenenMischelektroden. Die Heterogenitäten habenverschiedene Ursachen:

Mediumseitig: Korrosion durchKonzentrationselemente (Spaltkorrosion,Belüftungselemente)

Metallseitig: Ausscheidungen an Korngrenzen

Fremdbeeinflussung: Metallpaarungen(Kontaktkorrosion), Streuströme, indirekterKontakt mit Fremdkathoden (Abb. 1 bis 5)

Zum Verständnis werden die wichtigsten Makroelementenachfolgend kurz erläutert.

Ingo Wulff, SCE GmbH,8634 HombrechtikonErschienen: gwa 10/99

A Hochlegierter Stahl in

belüftetem Abwasser

(in Extremfällen

ca.-200…

ca. -200…

+100 mV

+500 mV)

B Passivierter Armierungsstahl

im wasserfühligen,

alkalischen Beton (ohne

Elementbildung) ca.-100… -200 mV

C dito, aber in trockenem

Beton ca.-200… 0 mV

D Unlegierter Stahl in

belüftetem Abwasser ca.-450… -650 mV

E Unlegierter Stahl in

anaerobem Abwasser ca.-700… -950 mV

F Feuerverzinkung in

belüftetem Abwasser (blank,

Reinzinkschicht, ohne

Zinkkarbinat-Deckschicht

oder Kalkablagerungen ca.-800… -1000 mV

Abb.1 Freie Korrosionspotentiale gegenüber Cu/CuSO4-Bezugselektrode von auf Kläranlagen typischen Metalllegierungen(C6) [3]

Abb. 2 Galvanisches Element aus Rohrleitung in C-Stahl, im Bereichder Mauerdurchführung passiviert (Kathode) und im anschliessenden

wasserberührten Bereich (Anode) perforoert

2.2 Konzentrationselemente

In neutrale Wässer eingetauchte, korrosionsfähigeMetalle korrodieren mehrheitlich nach dem Sauerstoff-Korrosionstyp. Es stellt sich eine bestimmteEigenkorrosionsrate und ein Ruhepotential ein,abhängig davon, wie viel freier Sauerstoff im Wasser fürdie (Sauerstoff-)Korrosion vorhanden ist, ferner vonvorhandenen Oxidationsmitteln (Säuren) undDeckschichten (z. B. Korrosionsprodukte,Ablagerungen). Geschwindigkeitsbestimmend ist die"Durchtrittsreaktion", d.h. die Reaktion der Elektronen inder elektrolytischen Doppelschicht [1].

Ein bekanntes Beispiel ist die Spaltkorrosion. AmSpaltmund mit geringerer Konzentration aggressiverStoffe entsteht die edlere Kathode, im Spaltgrund dieunedlere Anode. Aufgrund von Geometrie undElektrolytwiderstand ergibt sich, dass dieKathodenfläche grösser ist als die Anodenfläche. Diesesungünstige Grössenverhältnis der Flächen unterstütztden Vorgang zusätzlich.

Beim Belüftungselement wird die weniger belüfteteOberfläche (gemeint ist eine wässerige Umgebung mitweniger Sauerstoffangebot) ein höheres Ruhepotentialeinnehmen als belüftete Partien. Die Stelle mit demhöheren Potential ist unedler und wird zur Anode miterhöhter Korrosionsgeschwindigkeit, während die edlereStelle zur Kathode mit reduzierter Korrosionsrate wird.

Konzentrationselemente treten in der Praxis häufig auf,und zwar infolge

unterschiedlicher Oberflächen undOberflächenzustände: Rostablagerungen,Oxidschichten (Anlassfarben), Zunderschichten,Beschichtungen, Verschmutzungen, Ablagerungen

unterschiedlichen Sauerstoffgehalts im Elektrolyt:Erdboden, Grundwasserschichten, Wechselzonen,Brunnenstube

2.3 Kontaktkorrosion

Werden elektrisch leitend verbundene, unterschiedlicheMetalle (z.B. geschraubt) in einen Elektrolyt (z.B.Abwasser) eingetaucht, wird das elektrochemischunedlere Metall in der Nähe der Kontaktstelle stärkerangegriffen, als es alleine im gleichen Elektrolytangegriffen würde (Abb. 6). FeuerverzinkteFlanschschrauben in einem hochlegierten,eingetauchten Flansch weisen beispielsweise schonnach wenigen Monaten Rotrost auf.

Abb. 3 Dürftig beschichtetes Rührwerk, weder isoliert aufgehängt,noch mit Auftrennungen de PE-Leiters, mit Korrosionsschäden nach

kurzer Nutzungsdauer im Bereich des Leitapparates

3. Bedingungen für galvanische Elemente

In der Praxis wird vielfach irrtümlich schon der alleinigeKontakt verschiedener Metalle oder einePotentialdifferenz (gemäss Spannungsreihe) alsausreichend für ein wirksames galvanisches Elementgehalten. In Abbildung 1 sind einige freieKorrosionspotentiale gemäss [3] aufgeführt.

Aus Abbildung 6 ist zu erkennen, dass für dieEntstehung eines galvanischen Elementes drei Kriterienerfüllt sein müssen, nämlich:

a. Ausreichende Differenz der freienKorrosionspotentiale der beiden kombiniertenMetalle

b. Nicht jeder Werkstoffwechsel bewirkt einePotentialdifferenz. Für genaue Abklärungengenügen Abschätzungen nicht, die auf praktischenSpannungsreihen sowie auf Angaben für freieKorrosionspotentiale der Fachliteratur und derNormen (z. B. DIN 30976) beruhen. Wennmöglich, sollen die realen Korrosionspotentiale vorOrt ermittelt werden.

c. Elektronen-Leitung zwischen den beiden Metallen

d. Ist der Stromkreis zwischen der Metallpaarungwirksam unterbrochen, beispielsweise infolgeeiner galvanischen Auftrennung (Isolation), kannkein Korrosionsstrom fliessen und auch keineKontaktkorrosion entstehen.

e. Ionen-Leitung zwischen den beiden Metallen

f. Fehlt der Elektrolyt (auch in Form von Kondensat)für die beiden Metalle, wie beispielsweise anWerkstoffwechseln in (nicht eingetauchten)Belüftungs- und Gasleitungen (Abb. 7), kannebenfalls kein Korrosionsstrom fliessen.

Sind hingegen die beiden Metalle an der Kontaktstelleisoliert, aber anderweitig elektrisch leitend verbunden,wirkt der Elektrolytwiderstand der Elektrolytstrecke,entsprechend der Dicke der Isolation, derAnodenauflösung entgegen.

4. Das Ausmass der Kontaktkorrosion durchgalvanische Elemente

Auch wenn die Bedingungen für ein galvanischesElement vorliegen, muss nicht zwingend eineausgeprägte Kontaktkorrosion ablaufen.

Abb. 4 Schlammabsaugung inMischkonstruktion. Die galvanischeAuftrennung zwischen „weissem“ und

„schwarzem“ Stahl, beschichtet, war korrektund wirksam, hingegen fehlte dieAuftrennung des PE-Leiters für die

Tauchpumpe

Abb. 5 Der feuerverzinkte Schützenrahmenzeigt gut die Verteilung der Korrosionsangriffedurch galvanische Elementbildung mit der

Armierung. Er wurde auf Grund der sichtbarenKorrosionsangriffe demontert, neu verzinktund galvansich korrekt aufgetrennt montiert.

Abb. 7 Gasleitung in Mischkonstruktion undgalvanischen Auftrennungen mittelsKragenhülsen im Lochbold der Flanschen von

„schwarzen“ Armaturen, obwohl kein Elektrolytvorhanden ist. Erdungsbrücken fehlen. Esbesteht eine unbeabsichtige „Funkenstrecke“.

Abb 6 Galvansiches Element mit der Folge Kontaktkorrosion

Das Ausmass ist vom Widerstand R gemäss Abbildung6 abhängig. Der Widerstand R repräsentiert denParallelwiderstand der ohmschen Widerstände auf derSeite der Metallstruktur inkl. galvanischer Trennungenund eines Serienwiderstands auf der Elektrolytseite,gebildet aus dem Widerstand der wirksamenWassersäule und von Durchgangswiderständen auf denbenetzten Metalloberflächen [6].

Metallseitig: Die wirksamen Kathoden und dieAnoden können auf Kläranlagen sowohl nahebeieinander als auch örtlich auseinander liegen,mit Überlagerung von Kathoden. Da dieStahlstrukturen stark vermascht sind, auch wegendes Potentialausgleichs für den Personenschutz,besteht weiträumig eine gute Elektronenleitung.Das heisst, dass grosse Kathodenflächen wirksamwerden können.

Mediumseitig:Der Widerstand im Elektrolyt ist vielgrösser als in metallischen Leitern. Das Ausmassder Kontaktkorrosion wird durch die Reaktion unddamit durch die Verhältnisse auf derElektrolytseite dominiert. Aufgrund desElektrolytwiderstandes ist die Wirkdistanz fürKorrosionsvorgänge beschränkt.

Nachfolgend werden die Kriterien, die das Ausmass derKontaktkorrosion bestimmen, zusammenfassendaufgeführt und erläutert.

I Elektrolytwiderstand

Er steigt proportional zur Elektrolytstrecke undumgekehrt proportional zur Leitfähigkeit.

Können beispielsweise die metallischen Strukturen nichtelektrisch getrennt werden, kann über einen

ausreichenden Elektrolytwiderstand, z. B. über einegenügend lange Flüssigkeitsstrecke, die Korrosion ander Anode verhindert werden.

Dazu ein Beispiel: Der Beckenabgang sei inhochlegiertem Stahl mit Kontakt zur Armierung (beidesKathoden), das anschliessende Rohrsystem in Stahlfeuerverzinkt (Anode) habe ebenfalls Kontakt zurArmierung. Durch ein Isolierstück (Kunststoffrohr, Stahlinnen und flanschseitig isolierend beschichtet) kann derElektrolytwiderstand so weit erhöht werden, dass an derAnode nur noch die Eigenkorrosion abläuft. Dieerforderliche Länge des Isolierstückes beträgt ausPersonenschutzgründen 2,5m.

II Wirksames Flächenverhältnis zwischen Kathode undAnode

Das Flächenverhältnis ist geometriebedingt. Ungünstigsind grosse Kathodenflächen kombiniert mit kleinenAnodenflächen, da sich die Korrosionsstromdichteangenähert entsprechend diesem Flächenverhältnisübersetzt und die Anode dann sehr schnell aufgelöstwird. In der Praxis sind Flächenverhältnisse unter 1,beispielsweise feuerverzinkter Flansch mit hochlegiertenSchrauben montiert, unbedenklich.

Ein weiteres Beispiel für ein ungünstig hohesFlächenverhältnis sind Klappen mit einer porigenInnenbeschichtung und somit kleinen Gussoberflächen(Anoden), die in einem hochlegierten Rohr (Kathode)ohne galvanische Auftrennung eingesetzt sind. MöglicheGegenmassnahmen sind: galvanische Trennungeinbauen oder die angrenzende Kathodenfläche(Innenflächen der Rohre) durch eine Beschichtungverringern und gleichzeitig den Widerstand erhöhen.

Das Flächenverhältnis kann sich während des Betriebsbeispielsweise durch Ablagerungen oderKorrosionsprodukte der Eigenkorrosion negativ oderpositiv verändern.

III Die Neigung der Stromdichte- Potential-Kurven derbeiden Metalle

Bekanntlich ist die Stromdichte unter bestimmtenBedingungen ein Mass für die Metallauflösung,wohingegen die Potentialänderung Hemmungen derelektrochemischen Reaktionen anzeigt. Dieunterschiedlichen Steigungen kommen beiPotentialänderungen (Abb. 6) zum Tragen und sind fürTendenzen zu berücksichtigen. Beispielsweise"schützen" die nicht aufgetrennten "schwarzen"Armaturen als Opferanoden die angrenzendehochlegierte Rohrleitung, und zwar erst recht dann,wenn sie Bördelnähte mit Anlassfarben aufweist, dieweniger edel sind als die angrenzende, hochlegierteRohrleitung mit intakter Passivschicht [5, 6].

IV Isolierende Oberflächenschichten

Die mediumberührten Oberflächen zeigen Schutz- undPassivschichten, zudem auch schleimige Biofilme,Ablagerungen, Kalkausscheidungen,Korrosionsprodukte und anhaftende Beläge. Diese(Doppelschicht-)Widerstände sind in Serie geschaltet mitdem Elektrolyt-Widerstand der messgebendenFlüssigkeitsstrecke (Abb. 2 bis 4). Sie hemmen denKorrosionsvorgang im Medium Abwasser fallweise sehrstark.

5. Praktische Ausführungsprobleme beiMischkonstruktionen

Der bei der Einführung von hochlegiertem Stahl fürRohrleitungen getroffene Kompromiss "WeisseRohrleitungen, schwarze Armaturen" hatte einige Folgenmit Tragweite:

Folge 1: Galvanische Trennungen zur Verhinderung vonKontaktkorrosion

Die Differenz der freien Korrosionspotentiale vonhochlegiertem und von feuerverzinktem Stahl inAbwasser beträgt theoretisch bis über 1000 mV, was alsauftrennungswürdig angesehen wurde, ungeachtet derwirksamen Flächenverhältnisse usw. (sieheobengenannte Kriterien). Es wurden galvanischeTrennungen in Form von elektrisch isolierendenFlanschverbindungen eingesetzt, teilweise aber auchnur dünne Folien und Schrumpfschläuche. In [2,Ausgaben 90 und 95] ist die Auftrennung eines solchenFlanschs wiedergegeben.

Die konsequente und langfristig sicher funktionierendeAusführung von wirksamen Trennungen gestaltete sichin der Praxis anfänglich schwierig [7].

Auch heute zeigt sich, dass viele solcher Trennungenschon im Neuzustand unwirksam sind und die Funktionselten durch korrekte Messtechnik nachkontrolliert wird.Hinweise zur Ausführung, zu Kontrollen und zurrichtigen Messtechnik fehlen in [3].

Folge 2: Wiederherstellen der Längsleitfähigkeit vonRohrsystemen und der Sicherheit von Personen

Galvanische Auftrennungen haben zwar lediglich dieAufgabe, die kleinen Gleichströme (Korrosionsströme)zu verhindern. Trotzdem kann man für dieseelektrischen Isolationen, denn das sind sie letztlich,keine dünnen Folien verwenden. Geeignete Trennungenisolieren aber auch weit höhere Wechselströme, z. B.eines Kurzschlusses, und verhindern schliesslich die für

den Personenschutz geforderte Längsleitfähigkeit einesRohrstranges (Abb. 7).

Gefordert wurde nun ab 1990 vom ESTI (Eidg.Starkstrominspektorat), dass Rohrabschnitte undwasserberührte Flächen ab einer bestimmten Grösse insErdungskonzept zu integrieren sind [2]. Dazu musstendie "schwarzen" Armaturen etc. beidseits galvanischaufgetrennt, mittels Erdungsbügeln überbrückt undschliesslich zu einem vermaschten "weissen" Systemzusammengehängt werden [7].

Folge 3: Isolierung der "weissen" Werkstoffe und Erdungvia Abgrenzeinheiten

Beide Werkstoffsysteme resp. "Potentialgruppen"mussten aber geerdet werden. Damit nun diePotentialdifferenz aufrechterhalten blieb, konnten sienicht beide direkt an den Fundamenterderangeschlossen werden. Die (ohnehin fragwürdigen)Auftrennungen bei Flanschen mit Werkstoffwechselwären nahezu unwirksam gemacht worden. Lediglichder elektrolytische Widerstand einer kurzenWassersäule, entsprechend der Isolationsdicke, hättenoch gewirkt. Das Erdungsproblem wurde dazumal mitzwei Massnahmen gelöst:

a) Die hochlegierten Komponenten wurden nun nichtnur gegenüber dem "schwarzen Stahl", sondernauch gegenüber der Armierung isoliert montiert.Diese Massnahme verwirrte, da hochlegierterStahl ansonsten direkt mit der Armierungverbunden werden durfte.

b) Das hochlegierte System wurde mittelsantiparalleler Dioden (Abgrenzeinheit) an denFundamenterder geschlossen. Damit konnteneinerseits Gleichspannungen bis 0,7 V in beidenRichtungen gesperrt werden, anderseits schlossenKurzschlussströme diesen "Schalter" innertweniger Millisekunden, sodass derKurzschlussstrom, wiederum in beide Richtungen,abgeführt werden konnte.

Die Praxis zeigt, dass es enorm schwierig ist, elektrischleitende Verbindungen zwischen diesen beidenSystemen dauerhaft zu verhindern.

Auch messtechnisch gestaltetet es sich schwierig, eine"undichte" Stelle in einem vermaschten Netzwerkaufzufinden, erst recht, wenn die noch nicht gefülltenRohrleitungen in feuchtem Beton eingebettet waren.

Es entstanden letztlich Zweifel am Sinn und Zweck vonderart geerdeten Mischkonstruktionen sowie Bedenkenzu den Gesamtkosten, u. a. verursacht durchNebenkosten wie:

a) galvanische Trennungen bei Flanschen mitWerkstoffwechsel

b) Erdungsbügel zum Überbrücken von Armaturenund zur Verbindung hochlegierter Inseln zurSammelschiene resp. zur Abgrenzeinheit

c) isolierende Einlagen für die hochlegiertenWerkstoffinseln (Rohrschellen, Unterlagen)

d) Sammelschienen und Abgrenzeinheiten (AE)

e) Kontrollen der Wirksamkeit von galvanischenTrennungen, Isolierungen und AE

6. Anregungen für Mischkonstruktionen

Die Situation ist momentan durch unter- schiedlichsteAuffassungen über Sinn und Zweck von Auftrennungenbeherrscht. Der Unternehmer sieht sich mit denverschiedensten Vorgaben konfrontiert und istverunsichert. Zudem findet der Praktiker und Ingenieurin [3] keine Erläuterungen zu Erdungsbügeln,isolierenden Zwischeneinlagen und Abgrenzeinheiten.

Die Situation kann dadurch verbessert werden, dass derPlaner die galvanischen Trennungen in seinenVerantwortungsbereich übernimmt, denn sie benötigenein Konzept, klare Qualitätsvorgaben für die Ausführung,Kontrollen und Überwachung.

Nachfolgend wird eine Checkliste vorgestellt, die auf denForderungen des Personenschutzes basiert.

a) Grundsatz "Personenschutz kommt vor demKorrosionsschutz" anwendenMischkonstruktionen verleiten dazu, unnötig vieleAuftrennungen vorzusehen. Jede unnötigeAuftrennung be- nötigt frankierende Massnahmenzum Personenschutz und kann letztlich eineGefährdung ergeben.

b) Orientierende Bereichseinteilung vornehmenDie "Potentialgruppen" gemäss Abbildung 1 ergebeneine praxisfreundliche Aufteilung. Die"Potentialgruppen" A und C lassen sich, oft sogarungeachtet der Flächenverhältnisse, direkt und ohneAbgrenzeinheiten und weitere Massnahmenmiteinander kombinieren. Beispiel: Schützen aushochlegiertem Stahl können folgenfrei Kontakthaben zur Armierung (entgegen Abb. 5).

c) Klärung, ob Bedingung für galvanische ElementevorliegtDie anderen Gruppen D bis F gemäss Abbildung 1zeigen hingegen grössere Potentialdifferenzen zu Abis C, sodass die Bedingung a) gemäss den imKapitel 3 "Bedingungen für galvanische Elemente"aufgeführten Kriterien erfüllt ist. EineKorrosionsgefahr besteht aber erst, wenn auch diezwei anderen Kriterien erfüllt sind.

d) Klärung des Ausmasses einer allfälligenKontaktkorrosionDiese ist gemäss den Kriterien von Kapitel 4 "DasAusmass der Kontaktkorrosion durch galvanischeElemente" abzuschätzen - im Allgemeinen eineanspruchsvollere Aufgabe.

e) Auftrennung und Massnahmen zum PersonenschutzspezifizierenSofern für die unedleren Teile derMischkonstruktionen (nebst der Eigenkorrosion) einerelevante Kontaktkorrosionsgefahr besteht und sieauftrennungswürdig sind, muss eine geeigneteAuftrennung spezifiziert werden. Sie sind anübersichtlicher Stelle anzuordnen, wo sie einfachkontrollierbar sind. Gleichzeitig sind dieMassnahmen für den Personenschutz vorzusehen.Aufgrund der in Kapitel 3 und 4 beschriebenenKriterien ergeben sich:- "Muss"-Auftrennungen: z.B. in Beckeneingetauchter C-Stahl oder Guss, feuerverzinkt, inKontakt mit der Armierung, Tauchpumpen etc. (Abb.2 bis 5)- "Kann"-Auftrennungen: Werkstoffwechsel"schwarz-weiss" bei Armaturen in hochlegiertenRohrleitungen bei Flächenverhältnissen von ca. 1: 1- "Verbotene" Auftrennungen: Werkstoffwechselvon "weiss" nach "schwarz" in Gasleitungen (Abb. 7)und Belüftungsleitungen oberhalb desWasserspiegels

f) KontrollenVollständigkeit und Funktion müssen visuell undmesstechnisch korrekt nachkontrolliert werden(Vierleiter-Messtechnik mit AC-Erdungsmessern undFrequenzen ungleich 50 Hz). Der Zeitpunkt ist fürdie Trockenabnahme vorzusehen (leere Leitungen).

7. Zusammenfassung

Es bestehen heute unterschiedlichste Vorgaben,Meinungen und Ausführungsstandards zu galvanischenTrennungen in Mischkonstruktionen. Die Empfehlungender C6 werden in der Praxis nicht immer richtigverstanden. Die Unternehmer sind verunsichert.

Auftrennungen und vor allem die flankierendenMassnahmen sind kostspielig. Sie zeigen in der Praxisoft nicht die er- wartete Wirkung, weil sie nicht geplantund klar vorgeschrieben wurden, untauglich oder defektsind, nicht nachkontrolliert wurden oder zu guter Letztüberflüssig sind oder sogar eine Gefährdung ergeben fürdie Sicherheit von Personen. Der Sinn und Zweck einergalvanischen Auftrennung darf sich nicht nur an einerPotentialdifferenz orientieren, wie es verbreitet ist,sondern sie ist mit verschiedenen weiteren Kriterien zubewerten, die in diesem Fachartikel vorgestellt wurden.Ihre konzeptionelle Planung gehört in denVerantwortungsbereich der Planer undKläranlagenbauer.

Literaturverzeichnis

[1] Uhlig, H.H. (1971): Korrosion und Korrosionsschutz.

[2] Eidgenössisches Starkstrominspektorat (1990):Weisungen für elektrische Installationen inAbwasseranlagen (We ARA), Ausgabe November 1990.

[3] Korrosionskommission der SGK (1995): Richtlinienzum Korrosionsschutz in Abwasseranlagen C6,Ausgabe 1995

[4] Baeckmann, Schwenk, Prinz (1989): Handbuch deskathodischen Korrosionsschutes.

[5] Volmer, Gümpel, Racky, Blaise:Oberfkächenbehaftungsverfahren und deren Einfluss aufdie Korrosionsbeständigkeit von nichtrostenden Stählen.

[6] Institut für Korrosionsschutz Dresden (1997):Vorlesung über Korrosionsschutz von Werkstoffen, Teil1.

[7] Rickenbacher, F. (1993): Korrosionsrisiken beiMischkonstruktionen, gwa 10/93