Labyrinthveränderungen bei Tumoren des Kleinhirns und Kleinhirnbrückenwinkels

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  • Labyrinthverfinderungen bei Tumoren des hirns und Kleinhirnbrfickenwinkels.

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    Prof. Dr. Lange in Greifswald.

    Klein-

    (Mit. Tafel XI.)

    Naeh experimenteller Durehtrennung der Nerven im inneren GehSrgange land Wi t tmaaek (1) bei Katzen, dab die Nerven ein verschiedenes Verhalten zeigten. W~Lhrend der Vestibularis gema, B dem Wallerschen Gesetze bis zu seinem Ganglion degenerierte, yon dort aber in allen seinen Verzweigungen peripherwgrts keine Vcr/~nderungen aufwies, war der Cochlearis yon der Durchtrennungsstelle an in seinen Zellen, Fasern und Sinneszellen sehwer degeneriert. Dieses abweichende Verhalten steht nach Wi t tmaack in gutem Einklange mit den sonstigen anatomischen Eigentiimlichkeiten dieses Nerven (Kleinheit, Markhii]le und Bipolaritgt der Ganglienzellen) und kann als Erklgrung fiir die auch sonst - - auch beim Menschen-- heobachtete groBe Vulnerabilit/~t dienen.

    Kn ick (2) stellte nach Durehtremmngen der Nerven beim Meerschweinchen fest, dab der Vestibularis keiner absteigenden Degeneration verfgllt, wenn er oberhalb des Ganglion durch- trennt wird; er fiigt sich also dem Wallerschen Gesetze. Dagegen weicht der Coehlearis davon ab und zeigt Befunde, die in ~'bereinstimmung mit den ]~eobachtungen Wi t tmaacks stehen.

    Xhnliehe Verhgltnisse, wie sie die experimentelte Dureh- schneidung bei Tieren sehafft, wird man am menschlichen GehSrorgan bei Tumoren dcr hinteren Schgdelgrube erwarten kSnnen. Zange (3) hat unter diesen Gesichtspunkten die einschlggige Literatur zusammengestellt und selbst einen Fall untersucht. Er kommt zu dem Resultate, dab auch beim

  • Labyrinthver~nderungen bei Tumoren des Kleinhirns usw. ]31

    Menschen Vestibularis und Cochlearis sich ebenso verschieden verhalten, wie es beim Tiere das Exper iment ergeben hat. ]~'reilieh wird beim Menschen die K larhei t der Bilder des Exper iments dureh verschiedene Faktoren getri ibt; das fang- same ungleiche Wachstum der Tumoren, Stauungserseheinungen, entzi indl iche Veranderungen wirken zusammen, um die Unter- schiede gegeniiber dem Tierversuche zu erklaren.

    Nach der Zusammenstel lung Zanges sind in der L i teratur erst yon ffinf :Fallen (einsehliel~lieh seines eigenen) genauere histologische tSefunde mitgeteilt yon A lexander (4), Panse (5, 6). Ich finde bei Hensehen (7) noch einen wei- teren Fall, der recht gut mit verwendet werden kann.

    Durch Mitteilung der t~efunde yon vier Fallen will ieh in folgendem die bisherigen Angaben erganzen. Kranken- geschiehten, und Praparate verdanke ieh der Liebenswi~digkeit des Herrn Geheimrat Feodor Krause vom Augustahospital (Fall I, I I und I I I ) und des Herrn Geheimrat Hi ldebrand von der Charit5 in Berlin (Fall IV).

    Aus den Krankengeschichten teile ich nur das mit, was zur kurzen Charakterisierung der Falle unbedingt notwendig war. Alles, was nicht zu dem speziellen Zwecke der Bear - beitung, der Histologie des Labyr inthes und der Nerven, in direkter Beziehung steht, ist weggelassen. 1N~ur der Voll- standigkeit halber ist auch der klinische Befund an den Augen miterwahnt.

    Die Praparate sind in Miillerscher Fliissigkeit bzw. in Mfil ler-Formalin-Eisessig vorbehandelt . Von den senkrecht zur oberen Pyramidenkante gefi ihrten Sehnitten ist je eine Serie mit Hamatoxyl in-Eosin, nach van Gieson und nach Pal gefarbt.

    Fa l l I. K., Wilhelm, 41 J~hre, Obersteiger, wird am 12. April 1907 yon

    der Nervenklinik der Charit~ dem Augustahospital mit der Diagnose Akustikustumor zur Operation fiberwiesen.

    Anamnese: Die Erkr~nkung begann etw~ vor drei Monaten mit Schwindelgefiihl und Erbrechen, Patient wurde deswegen li~ngere Zeit als m~genkrank behandelt. Ohrenkrank ist er nie vorher gewesen, jetzt kommt es ibm abet vor, als ob er ~uf dem rechten Ohre schlecht hSrt, Ohrenss~usen hat er nie gehabt.

    Spez ia l s ta tus yore 17. April 1907. Trommelfelle beiderseits o.B. Funktion: Fliisterspra~he links 6 m ~bgewandt, rechts -- ~ m. (Dieser Befund hat sich gegeniiber einer friiheren Untersuchung yore 4. April nicht ver~ndert.) c. durch Luftleitung links besser wie rechts, Weber nach rechts, l~inn~ beidersei.ts positiv~ Knochenleitnng weder merklich verkfirzt noch merklich verl~ngert. Obere Tongrenze links nicht, rechts deutlich eingeengt. Untere Tongrenze beiderseits nicht heraufgeriickt. Augen: Fundus: beiderseits hochgradige Papillitis

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    mit ausgedehnten B lu tungen. Bewegungen: nach unten und oben frei, beiderseits, besonders aber rechts, St Orungen im Sinne einer Abduzens- l&hmung. Grobschl~giger hor izonta ler Nystagmus be im B l ick nach rechts, weniger be im Bl ick naeh l inks. In anderen B l i ck r iehtungen kein Nystagmus. Fazia l is : Parese im rechten Mundast angedeutet , sonst o. B.

    Ver lau f : Am 18. Apr i l wird die erste Operat ion, am 30. Apri l die zweite Operat ion vorgenommen. ]3ei dieser wird weder am rechten Akust ikus noch an der rechten K le inh i rnhemisph~re ein Tumor gefunden.

    Am 13. Mai b ie te t der Befund an den Augen, am Fazia l is und Ohr keine wesent l ichen Xn(terungen gegenfiber den frf iheren Unter - snchungen.

    Am 27. Mai erfolgt der Ex i tns unter den Zeichen yon Herzsehwche und hypostat i seher Pneumonie , nachdem Pat ient fast acht Tage ohne BewuBtse in gelegen hat te .

    Die Sekt ion erg ib t in dem unters ten Tei le der rechten Klein- h i rnhemisph~re e inen Tumor . Er l iegt neben der Medul la, ist walnuB- gro[t, yon z ieml ieh derber Konsistenz, graur6t t icher Farbe und feuehter Schnitt f lEche. Seine Umgebung ist welch, gelb l ich verfErbt. Die Arachno idea is t zart. Mikroskopisch erweist s ieh der Tumor Ms ein Gl iosarkom.

    M ikroskop ischer Befund: D~s Mi t te lohr zeigt in seiner Topographie und in se inem histo logisehen Bau keine Abweichung yon der Norm. Im freien Lmnen der PaukenhSh le l iegt eine geringe Menge zel l freien Exsudates . Die Sch le imhaut is t n i rgends verEndert..

    Im Meatus acust i cus in ternus is t yon Tumorgewebe n ichts zu sehen. Dagegen ist der SubdnrMraum yon e inem ganz gleich- m/~l]ig aussehenden, re in e i t r igen Exsudate fast v611ig ausgeff i l l t ; in e inzelnen Herden ist es auch zwischen die Nervenst~mme einge- drungen. Die Lymphr~nme der Area s ind frei yon diesem Ei ter , sie entha l fen aber ein lockeres groBzelliges gefEf3reiches Gewebe, das of fenbar dureh ~ncherung des per ineura len B indegewebes ents tanden ist. N i rgends f inden sich Gewebsa l terat ionen an den b indegewebigen E lementen. Dagegen lassen die Nerven, die im H/~matoxyl in-Eosin- pr/parat n ichts Auf fa l lendes biefen, bei der Marksche idenf~rbung ganz erhebl iche VerEnderungen erkennen.

    Der Faz ia l i s weist im Meatns nut wenige e in igermaBen erh~ltene Fasern auf, bis zum Gang l ion sind zum grSBten Teile nur Reste yon l~Ia, rksubstanz erhal fen. E rs t am Gangl ion werden die Marksche iden deutlicher~ abet aueh noch peripherw/~rts, in der Paukenh6h le , zeig~ der Querschn i t t erhebl iche Al ferat ionen, Ausfal l and ungleiche Dicke der Fasern.

    Die Fasern des Vest ibu la r i s s ind noeh schlechter gef/~rbt und auffa l lend dfinn. Das Gang l ion ist erha l ten, seine Zellen b ieten ein sehr wechselndes Bi ld, vo l l kommen normal aussehende l iegen neben verk le iner ten dunk len gesehrumpften und hel leren vakuol is ier fen zackigen Zellen. Die Endausbre i tungen der e inzelnen )[ste z iehen als ganz dtinne, n icht besonders gut gefrbte Fasern bis unfer die Nerven- endste l len der Maeulae und Crisfae.

    Der Coch lear i s i s t im Meatus i iberhaupt n icht zu erkennen. In dem lockeren Gewebe fiber der Area lassen sich wohl sehat tenhaf te Myenl inreste, aber keine zusammenh~tngenden Fasern fesfstel len. Dureh die Area gehen nur einige kaum erkennbare Fasern in den Modiolus. Im Modiotns selbst z iehen zum Gang l ion ebenfal ls nur sp~rl iche ganz feine Fasern, die deut l ich nur in der unteren Windung auf f reten. Der Zahl und Ar t der Fasern, die zum Gangl ion ff ihren, enfspr icht die der Fasern, die yore Gangl ion in das Sp i ra lb la t t ziehen.

    Die Zellen des Gang l ion sp i ra le s ind in ihrer Zahl vermindert , die f ibr iggebl iebenen zeigen alle Zwischenformen yon leidl ich guter

  • Labyrinthveranderungen bet Tumoren des Kleinhirns usw. 183

    Erhaltung bis zur Unkenntlichkeit, dabei sind die Kerne meist grol~ und hell, das Protoplaslna vakuolisiert, doch linden sich auch Zellen mit dunklem ]?rotoplasmarest und dunklem Kerne. Die Gef~13e des Modiqlus sind prall gefiillt, d~s Bindegewebe sehr zellreich, iiberall deutlich Leukocyten enthaltend.

    Das Labyr in th innere weist erhebliche Veriinderungen auf, die sowohl das Bindegewebe wie die epithelialen Elemente betreffen. ][In perilymph~%.ischen Raume der Bogeng~nge und desVestibulums liegt nur ein homogenes zellfreies Exsud~t:. Der ampull~ire Teil des lateralen und der ganze obere Bogengang sind dagegen yon einem loekeren 6de- mat.Ssen Bindegewebe ausgefiillt. Die endolymphatischen tt~iume enthalten ebenfalts homogenes Exsudat, die epithelialen Teile sind relativ gut. erhalten, zwar fehlt den Cristen die Cupul~, die Otolithen- membran des Utrikutus lieg% zusammengeroltt, am Boden desselben, aber die Endstellen zeigen sonst stellenweise noch nahezu normale Struktur, die Zellenkerne sind klar und rund; an anderen Stellen ist die Oberflchenbegrenzung unscharf infolge Desquamation der Epi- thelien und zahlreicher ausgetretener Plasm~kugeln. Die Blut- gef~il~e sind stark geffillt, auch leukoeyt~ire Exsudationen lassen sich tiberall nachweisen, unter der Macula u%riculi liegt z. B. ein lockerer l~undzellenherd.

    Die Topograph ie der einzelnen Teile ist im wesentlichen un- ver~indert, doch ist die Beurteilung durch einige Luftblasen im Zelloidin erschwert.

    In der Schneeke ist die Scala t~mpani der mitt~leren und oberen Windung durch ein ganz lockeres 5dematSses, gleichm~13ig aussehendes Bindegewebe ausgefiillt, dab nut direkt an der ~Va~nd, besonders der des Modiolus, in eine schmale Schich% dichteren Gewebes iibergeht. Dort treten auch die ersten Anf~i.nge einer VerknScherung auf. Die Sca la tympan i und vest ibu l i der unteren Windung enthalten nur homogenes zellfreies Exsudat.

    Der Ductus coch lear i s hat nur in der unteren Windung ein grSl~eres Lumen, in dem homogenes Exsudat liegt. In den fibrigen Windungen ist das Lumen hoehgradig verengert, die Membr~na Reil3- neri herabgesunken. In der Spitze ist der ganze Duktus mit lockerem Bindegewebe ausgeffillt. Dementsprechend sind aueh die epithelialen Elemente ver~ndert. Das Cor t i sche Organ ist iiberhaupt erst in der unteren Windung zu erkennen. Die Pfeiler sind gut zu unter- scheiden, die Epithelien gequollen, unregelmaBig angeordnet, abet ihre Kerne nirgends geschrurnpft, iiberall liegen z~hlreiche Plasma- kugeln. Die Stria vascularis zeigt an ihren Epithelien keine wesent- lichen Vernderungen. In der Miftelwindnng und oberen Windung ist nut die aufgerollte, mit einer Epithelhfille umkleidete Membr~na teetoria zu erkennen und einige nichf, best imnlbare Epithetien, d~s fibrige ist in dem loekeren Bindegewebe aufgegangen. Die Gefi~13e des Lig. spittle sind stark gefiitlt, im Gewebe liegen iiber~ll zahl- reiche Pigmlentzellen.

    Der Bu lbus der Vena jugu la . r i s ist durch ein lockeres 5de- matSses Bindegewebe obliteriert, in dem am Dache des Bulbus groBe zum Teit mit Blur gefiillte Rgulne liegen. Im Schnitt sehen diese Partien direkt kavernSs aus. Einen ganz ~hnlichen Befund bietet auch der Sinus; auch er ist dutch ein lockeres, mit zahlreichen weiten :Blut raumen dnrchsetztes Bindegewebe ausgefiillt.

    Zusammenfassung: Bet e inem 41 j~hr igen Manne, der fr i iher hie ohrenkrank gewesen ist, t re ten ca. drei Monate vor dem Tode die ersten Krankhe i tssymptome auf, die auf das GehSrorgan zur i ickgef i ihrt werden kSnnen (Schwindelgef i ih l ) ,

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    aber erst sp~ter bemerkt der Pat ient , da8 er auf dem rechten Ohre etwas schlechter hSrt.

    Funkt ionspr i i fuggen sieben und acht V~ochen vor dem Tode ergeben ein ungefiihr i ibereinst immendes Resu l tat : eine tISrf i ihigkeit yon 1/~__3~ m auf dem rechten Ohre und eine Herabsetzung der oberen Tongrenze. I )abei besteht eine Parese im Mundaste des rechten Fazial is . Auch nach der zweiten Operat ion ist zwei Wochen vor dem Tode eine we- sentl iche ~nderung dieser Befunde nicht eingetreten.

    Die Sekt ion ergibt ein bei der Operat ion nicht auf- gedecktes Gl iosarkom an der Unterseite der rechten Klein- hirnhemisph~ire, das die l~erven anscheinend nicht alter iert hat.

    t I istologisch werden im Meatus acusticus internus ~ltere und frischere Entz i indungen festgestellt, im Labyr in th Hyper- S, mie, Transsudat ionen, P igment ierungen, B lutungen und Neubi ldung von Bindegewebe. S~mtliche Nervenst~mme zeigen bei der Markscheidenf~rbung erhebliche Alterat ionen, im besonderen der Cochlearis im Meatus. Die Nervenend- stel len bieten, soweit sie nicht, wie das Cortische Organ der oberen Windungen, durch die entzi indl iche Neubi ldung zer- stSrt sind, nur Befunde, die man als agonale oder ganz geringe postmort, ale auffassen mut]. Auf jeden Fal l lassen sie aus- gesprochene Degenerat ion vermissen.

    Fa~ll I L

    M., Hermann, 21 Jahre, Hausdiener. Aufn~hme attf die Nerven- klinik tier Charit@ ~m 5. Yuni 1907.

    Anamnese: Seit 1 ~ Jahren hat, Patient bemerkt, dal~ er bei raschen Umdrehungen mehr wie vorher schwindelig wurde; dabei wurde ihm auch schwarz vor den Augen, Brechreiz trat nicht auf. Nach ungef~hr zwei Monaten hOrte der Schwindel auf, beg~nn aber vor c~. einem Yahre in Form yon Anf~llen wieder und wurde so stark, d~l~ sich P~tient dabei festhalten mul~te. Beim Absteigen yon der Elektrischen fiel er einmal w~ihrend eines Anf~lles hin. P~tient hat hie Ohrenlaufen gehabt, er will aber seit ca. zwei Jahren beiderseits, besonders ~ber rechts, schwer hOren.

    Spez ia l s ta tus vom 5. Juni 1907: Trommelfelle beiderseits o. B. Funktion: rechts wird FlOsterspr~che fiberhaupt nicht, links in 5 m Entfernung gehSrt. Knochenleitung nicht wesentlich verkiirzt, Weber nach links later~lisiert, Rinn~ links positiv, rechts (mitc gepriift) ~- 0. Die weitere Untersuchung ergibt, daI~ das rechte Ohr offenbar taub ist. Augenhintergrund: beiderseits Papillitis. Leichte Abduzensparese beiderseits. Beim Blick nach links deutlicher schnellschlagiger Nysta- gmus. FaziMis: rechts in ~llen Xsten angedeutete Parese.

    Nach mehrfachen Untersuchungen, die fiir das GehOrorgan keine wesentliche J~nderung des Befundes ergaben~ wird Patient mit der Diagnose Kteinhirnbriickenwinkeltumor s,m 29. Juni 1907 zwecks Operation naeh dem ,~ugustahospital verlegt. Dort wird die erste Operation am 3. Juli 1907, die zweite Operation am 12. Juli 1907 vorgenommen. Exitus 15. Juli 1907.

  • Labyr in thver~nderungen bei Tumoren des K le inh i rns usw. 185

    Sekt ionsbefund: Operat ionsgebiet yon guter Beschaf fenhei t . In der h in teren Sch~delgrube der rechten Seite l iegt ein k le inapfel - grofier Tumor ; er is t h6ckr ig; mi t dem Gehi rn h~ngt er dutch einige St range zusammen, so dab er bei der Herausnahme des Geh i rns zu- gleich mi t herauskommt. An der Unterse i te feh l t ein StUck (dutch Operat ion ent fernt) .

    Mi t der Dura ist der Tumor n icht verwachsen, die Arachno idea z ieht fiber ihn hinweg, Fazial is und Akust ikus l iegen ihm p la t t an. Die Medul la ist dort , wo der Tumor anl iegt , p la t t , d0nn, sie ersche int ver l~ngert . Ebenso ist der Pons deformier t , p la t t , schmal , etwas l~nger als normal . Bet r~cht l i cher Hydrocepha lus internus .

    , ,Nach der Ar t des Befundes hat s ich der Tumor wohl innerha lb des Sch~dels, aber n icht im Gehi rn entwicke l t . Da er yon tier Arach- no idea umhtt l l t ist, so wird er wahrsche in l ich yon e inem Nerven aus- gegangen sein."

    Der Befund an den. inneren Organen ist ein vSl l ig negat iver . Mikroskopisch erweist sich der Tumor als e in F ibrosarkom.

    M ikroskop ischer Befund. M i t te lohr : Tromme]fel t , GehSr- knSchelchen, knScherne PaukenhSh lenwgnde, Fenstermembranen s ind ohne krankhaf te Ver~nderungen. Im Lumen der PaukenhSh le l iegt an den W~nden ein wenig zellreiches Exsudat , dos nach der Tube etwas reichl icher wird. Die Sch le imhaut selbst ist kanm ver~ndert .

    Der Meatus aeust i cus in ternus ist vo l l kommen ansgefOllt yon e inem lockeren Gewebe, dos aus gro~en ep i the lar t igen und klei- neren herdfSrmig verte i l ten Zellen mi t grolten dunk len Kernen und dunk lem Protop lasma besteht . Ubera l l l inden sich in d iesem Gewebe s tark geftil lte Blutgef~2e und sehr ausgedehnte und sehr zahlreiche B la tungen, und Oberall l iegen zerstreute ein- und mehrkern ige Leuko- eyten. Der Porus ist nach oben zu erwei ter t ; die Wgnde zeigen dor t die deuf~lichen Bi lder lakun~rer Resorpt ion.

    Die Nerven s ind in ihrer Topographie n icht ver~ndert , hn ein- zelnen zeigt dagegen ihre histologische St ruktur erhebl iche Ab- weichungen.

    Der Faz ia l i s is t Oberall gut zu erkennen, im besonderen ist er im Meatus als geschlossener St rong ohne weiteres abzugrenzen. Im Kana l l iegen bis zum Gangl ion zwischen den B imde ln streif ige und herdfSrmige H~morr l~g ien und kleine Herde ganz dunk]er proto- p lasmare icher Zellen dersetben Art , wie sie sich herdfSrmig ~ngeordnet im Meatus l inden. ~[edial und oben d i rekt am Gangl ion hat ein gleicher Herd wie der am Porus dureh lakun~re Resorpt ion zu e inem Defekt im Knochen gefOhrt. Dos ausff i l lende Gewebe hat genau dense lben Charakter wie dos im Meatus l iegende. Die Markscheidenf~rbung" er- g ibt im Nerven n i rgends einen grS Beren Ausfal l yon Fasern, die ein- zelnen Fasern s ind dagegen kaum irgendwo ganz unver~nder t , sondern unregelm~l~ig verd ick t und verd i innt , am besten s ind sie im und per ipher yore Gangl ion erhal ten. Zerk l t i f tungen und v511ige Auf- 16sungen lassen sich n i rgends feststel len.

    Der Vest ibu la r i s ist ebenfal ls im Meatus gut zu verfo lgen, dos Gangl ion gut zu erkennen; seine Zel len s ind abet erhebl ich de- formiert , sie s ind dunkel , zum Teil geschrumpft , zum Teil ouch n icht verk le inert , kaum eine aber hat noch ann~hernd normale Gestal t . Die Fasern zeigen dieselbe unregelm~l~ige Gesta l t wie die des Fazial is.

    Sgmtl iche Xste des Nerven lassen s ich bis unter die Nerven- endste l len verfolgen. Im Kana le des N. ampul la r i s infer ior l iegen B lu taust r i t te . UberaI1 zeigen die Fasern unregelm~Bige Konturen , donne Stel len wechseln mi t Auf t re ibungen ab.

    Der C o c h le a r is ist im Fundus des Meatus in einer groBen H~mor- rhagie fast vSltig aufgegangen, ouch im f ibr igen Meatus i s t er n icht als S tamm, sondern nut in e inzelnen ause inandergedr~ngten BOndeln

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    zu verfolgen. Das Bi ld der e inzelnen Fasern ist ein sehr wechselndes, neben gut gef~rbten f inden sich andere, die nur eben als Reste erkennbar sind. An der Durchtr i t tss te l le zum l~odiolus ist die F i i rbbarke i t i iberhaupt her~bgesetz t , erst im Modio lus is t sie vcieder besser. Die Zah l der Fasern, die zur unteren ~qndung ziehen, is t erhebl ich verminder t , nach oben zu werden sie immer zahlre icher und in den oberen Windungen ist die Zahl ungefi~hr normal . Der Zahl der Fasern, die zum Gangl ion f i ihren, entspr icht die Zahl derer, die veto Gangl ion in das Sp i r~lb lat t z iehen.

    ~hn l i ch l iegen die Verh~ltn isse ~m Gang l ion . In den unteren Windungen sind nur sp~rl iche und ih rem Aussehen nach s tark ver- ~inderte Zellen nachzuweisen. Vest ibu larw~rts n immt die Zahl ab, nach der Spitze zu wird sie grSl3er, bis sie in der oberen Win( lung nahezu normal erscheint. Fre i l ieh is% die Form auch def t vergnder%; die Kerne s ind meis t grog und hell , das P ro top lasma vakuol is iert , in anderen wieder dunkler , zackig, die Kerne ebenfal ls dunke l und klein.

    Das Labyr in th innere zeigt in seinen topograph ischen Yer- h~l tn issen im ganzen wenig Abweichungen. Sowohl die peri- wie die endo lymphat i schen Rume en%halten ein reichl iehes homogenes Ex- sudat mi t spr l ichen desquamier ten Endothe l ien bzw. Epi thel ien, denen in den per i l ymphat i schen Rumen auch Leukocyten beigemisch~ sind. Besonders in den Maschen des B indegewebes im media len Teile des Vest ibu lums l iegt ein deut l iches leukocyt~res und auch f ibr in6ses Exsudat .

    Die ep i the l ia len E lement e s ind re lat iv wenig ver~ndert . Den Cristae feh l t zum Tell die Cupula, die Macula sacculi und utr icul i ist dagegen noch yon der Oto l i thenmembran bedeckt . Das Epi the l der Nervenendste l len ist aufgelockert , f iber den noch leidl ich sch~rfen Rand der Oberf l~che l iegen massenb~fte P lasmakuge ln in der Streifen- schicht,, Stfitz- und Sinneszel len s ind n icht mehr mi t S icherhei t aus- e inanderzuha l ten , doch s ind die Zellkerne gut erhal ten. ~bera l l l iegen unter und im Ep i the l Leukocyten.

    In der Sehnecke ist ebenfal ls die Topographie n ieht wesent l ich ver~ndert . Sowohl im Duetus eoehlearis wie in den Ska len l iegt ein betr~eht l iches Exsudat , dem in den Skalen kleine den W~nden an- ha f tende Leukocytenanh~hffungen beigemischt sind. Diese zellige Exsudat ion wird nach unten zu reichl icher und sie l~l~t sich kont i - nu ier l ich dureh den Aquaeductus cochleae bis in seine Aper tura ex- te rna verfolgen, in tier eine ~hnl iehe Masse l iegt wie im Meatus acust icus internus. Die epi~helialen E lemente s ind gut erha l ten, auf fa l lend gut das Cort ische Organ, seine Stf i tze lemente s ind kaum ver~ndert , die ~Iembrana tector ia in normaler Lage, die Sinneszel len geschrumpft , d is loziert und dureh P lasmakuge ln undeut l i ch geworden. In der unteren ~ indung ist da~ Cortische Organ eine Strecke welt dutch eine B lu tung zerstSrt.

    Das Gewebe des L igamentum spirale is t ~ufgeloekert, die Gef~e s tark geffillt.

    ~berha, upt besteht im ganzen Labyr in th eine betr~,chtl iehe Hyper~mie, stel lenweise is t es zu k le inen B lu taust r i t ten gekommen.

    Zusammenfassung: Der 21j~hrige, sonst gesunde Pa- tient bemerkt c~. zwei Jahre vor dem Tode die ersten Sym- ptome yon seiten des GehSrorgans, SchwerhSrigkeit und Schwindelgefiihl. Zehn Tage vor dem Tode wird mit grSl~ter W~hrscheinlichkeit eine Taubheit und eine Fazialisp~rese auf dem rechten Ohre festgestellt. Die Sektion ergibt einen Kleinhirnbrfickenwinkeltumor, ein Fibrosarkom, das mit Dura

  • Labyrinthver~nderungen bet Tumoren des Kleinhirns usw. 187

    und Kleinhirn nicht verwachsen ist; Fazialis mid Akustikus ziehen darunter hinweg, beide Nerven liegen ihm platt an; Pons und vor allem Medulla sind deformiert.

    Bet der mikroskopischen Untersuchung wird Tumorgewebe im Meatus und im Fazialis festgestellt, das am Porus und am Ganglion geniculi Knochendefekte gesetzt hat. Die Fasern des Fazialis zeigen erhebliche Konturvergnderungen. Die- selben Bilder gibt der Stamm des Vestibularis. Der Cochtearis ist durch eine groBe Hgmorrhagie im Fundus des Meatus zum grol3en Teile zerstSrt. Die Xste der Nerven sind bis unter die Endstellen zu verfolgen; die Zahl der Fasern entspricht der normalen, nur in der unteren Schneekenwindung sind die Fasern vermindert, ebenso wie dis Zahl der entsprechenden Zellen des Ganglion. Alle Nervenendstellen zeigen nur geringe Vergnderungen, die vielleicht als der Ausdruck einer leiehten Degeneration infolge der Entzi indung, wahrscheinlich aber als agonale oder leichte postmortale Vergnderung anzusehen sind.

    Im Labyrinthinnern fi~den sich Hypergmie, Blutungen, Exsudationen, und in den peritymphatisehen Rgumen des Vestibulums und der Schnecke ein deutliches entziindliches zelliges Exsudat, das sich durch den Aquaeductus cochleae bis in das Schgdelinnere verfolgen lgl~t.

    Fal l I I I , B., Friedrich, 41 Jahre alt, Kutscher, wurde am 26. September

    1906 yon der Nervenklinik der Charitd mit Diagnose: wahrseheinlich rechtsseitiger Akustikustumor mit gekreuzter Hirnnervenlhmung oder multiple Tumoren der Basis (1Neurofibrome), in das AugustahospitM verlegt.

    Anamnese: Patient war nie ohrenkrank, bis vor zwei Jahren, wo ein fortwghrendes Rauschen im rechten Ohre begann. Das Rauschen wurde mit der Zeit stitrker undes kam ein Klingen im linken Ohre dazu. Ein halbes Jahr spiiter bemerkte Patient, datl er auf dem rechten Ohr schwer h6rte. Nach einigen weiteren Wochen stellten sich Schwindelgefiihle ein. Bis zur Aufnahme in die Charit4 wurde er mehrfach ohren~rztlich behandelt, ohne dal~ irgendeine Besserung erzielt wurde.

    Spez iatstatus : Tronnnelfelle beiderseits etwas getriibt, sonst o.B. Funktion: Fliistersprache links mindestens in 5 m Entfernung gehOrt, rechts nur erhobene am Ohr. Uhrticken: links in 60 cm, rechts nieht gehOrt. Rinne links positiv, rechts nicht zu priifen. Weber naeh links lateralisiert. Augen: Beweg-angen nack allen Richtungen roll- kommen fret. Deutlicher Nystagmus nach allen Blickrichtungen, am schwiichsten, aber doch noch deutlieh beim Blick naeh unten. Der Nystagmus ist horizontal gerichtet. Ein Untersehied in der Art des Nystagmus ist nicht vorhanden. (In der Charit4 wurde grob- schliigiger und starker nach rechts, feinschliigiger und weniger starker nach links beobachtet.) Hintergrund beiderseits ausgesprochene Stauungspapille, rechts st~irker wie links. Fazialis: der linke ist etwas paretisch, der rechte funktioniert normal.

    Archly i Ohrenheilkunde. Bd. 90. 1~

  • 188 LANGE,

    Ver lau f : Am 3. Oktober wird die erste Operat ion vorgenommen. Danach wird am 12. Oktober not ie r t : Sehr lebhaf ter Nystagmus nach rechts. Keine L~hmung des rechten Fazial is, nur eine leichte Parese deut l i ch im Mundast . Rechtes Ohr nahezu taub , l inks vol le H6rsch~rfe.

    Am 3. November 1906 wird bei der zweiten Operat ion festgestel l t , dab ein derber Tumor mi t der h in teren Felsenbeinf l~che lest ver- bunden ist. Seine Ent fe rnung gel ingt nur zum Tel l ; dabei kommen Fazial is und Akust ikus n icht zu Gesicht. Am 7. November 1906 er- fo lgt der Exi tus.

    Die Sekt ion erg ibt : Am rechten Fe lsenbe in f inder sich an der Stelle des Porus acust icus in ternus ein fast markst f ickgro~er Defekt im Knoch~n, der~von Gesch~f l s tmassen eines Tumors im K le inh i rn- br i ickenwinkel ~usgefti l lt ist. Der Tumor selbst ist bedeckt yon der rechten K le inh i rnhemisphre , nach vorn begrenzt yon dem etwas nach vorn gedr~ngten Stamme des Tr igeminus, nach h in ten yon den le tz ten H i rnnerven bzw. ihren V~Turzelfasern. Die Basis des Tumors, also der Teil, der an seiner Spitze in das Fe lsenbein h ine ingewachsen ist, wird yore Akust ikus und Fazial is wie yon e inem Gtirtel umgeben.

    Der Tumor ist yon fester Kons is tenz , auf dem Durchschn i t t gelbl ich, die P ia mi t ihren Gefi~l~en umkle idet ihn vo l l kommen; nachdem sie an einigen Stel len eingerissen ist, l~Bt sich die Geschwulst aus ih rem Bet te herausheben, doch h~ngt sie fest mi t dem Aeustico- facial is zusarrm~en.

    Es bestehen keine Zeichen einer Meningit is . Die rechte K le inh i rn- hemisphere ist z iemlich zert r t immert , sie besteht aus e inem blut ig durcht r~nkten weichen Brei.

    M ik roskop ischer Befund: M i t te lohr :Das Trommel fe l lund die Paukenh6h le sind in al len Tei len unver~nder t , nur in den Buchten des Meso- und I tFpotympanon liegen d i inne Sch ichten eines rein zell igen Exsudates . Die Sch le imhaut ist n icht ver~ndert .

    Der Meatus aeust i cus in ternus is t dutch e inen Tumor in unregelmal~iger ~'e ise erweitert . Der ~I~umor setzt s ich i iberal l gegen den Knochen scharf ab, nur an der Spitze eines grol3en Zapfens, der unter der Schnecke h indurch bis an die membran6se Wand des Bu lbus und unterha lb des P romontor iums bis unter die Sch]e imhaut der Paukenh6h le sich foI~setzt, f inden sich Bi lder lakun~rer Resorpt ion; aber auch dort hat das 'Geschwulstgewebe kein in f i l t rat ives Wachstum, sondern ist yon einer Ar t Kapsel umgeben. Das kn6cherne Labyr in th ist n i rgends zerst6rt , auch im Bereich der Area macht der Tumor am Knoehen ha l t und dr ingt n icht in die Nervenkan~.le ein; h6chstens ist die Area cochleae etwas vert ieft .

    Die histologische St ruktur ist die eines F ibrosarkoms. Der Faz ia l i s ist in seinem ganzen Ver laufe (die Sehn i t te reichen

    bis zum media len Rande der Schnecke) erha l ten und geht keine n~heren Bez iehungen zum Tumor ein. Obwohl der Querschn i t t des Nerven ste]lenweise ha lbmond- bis sichelfSrmig erscheint , so weisen doch die einzelnen Fasern bei der Marksche idenf~rbung keine besonderen Abweichungen auf. Nur am und im Gangl ion genicuti l inden sieh auff~ll ige Untersch iede in der Dicke der e inzelnen Fasern, die ganz unregel ingBige Auf t re ibungen zeigen. Die Zellen des Gangl ion bieten wie gew6hnl ich ein wechselvol les Bild.

    Von den i ib r igen Nerven s ind nur in der N~he der Areae Reste ause inandergedr~ngter dt inner Fasern zu sehen. Vom Gang l ion vest ibu la re ist ein k le iner Teil fibrig, der an der Obeff lgche des Tumors in der N~he des Fazial is liegt. Die Gangl ienzel len sind leidl ich erhal ten. Von diesem Gangl ionrest lassen sich noch ziemlich reiehl iche Fasern in das Foramen ves i ibu la re super ius verfolgen. Vom

  • Labyr in thver~nderungen bei Tumoren des K le inh i rns usw. 189

    N. saccu lar i s und ampul la r i s in fe r io r s ind in den Kan~len nur noch feine di inne Fasern nachzuweisen.

    Der Coch lear i s ist bis auf feine ~ste in dem Teile des Tumors , der der Area aufl iegt, im Geschwulstgewebe vSll ig aufgegangen.

    Im Mod io lus z iehen spiirl iche, ganz feine, mi t zahl re ichen Auf- t re ibungen versehene Fasern bis in die Lamina spiral is, sogar b is unter das Cortische Organ. Die Zahl dieser Fasern is t in fast a l len Windungen gleich, nur in der unters ten fehlen sie nahezu ganz.

    Vom Gang l ion sp i ra le ist so gut wie n ichts vorhanden. An ein igen Stel len besonders der mi t t le ren Windungen l iegen in dem lockeren Gewebe, das die R~ume des Modiolus ausfi i l lt , zwischen den zahlre ichen Kernen der Schwannschen Scheiden noch vere inzel te grSl~ere, unregelm~l~ige Zellen, deformierte C~anglienzellen.

    Die Vest ibu la r i s~ste lassen sich s~mtl ich bis unter das Sinnes- epithel verfolgen, dabei enth~l t der Vest ibular is superior die meis ten und die s t~rksten Fasern. Der N. saccularis weniger, der N. am- pul laris infer ior i iberhaupt nut einige ganz di inne Fasern.

    Im Labyr in th innern f inden sich n i rgends Zeichen einer f lor iden oder abgelaufenen Entz i indung, aber sowohl in den endo- lymphat i schen wie per i lymphat i schen Rumen bre i te Sch ichten eines homogenen Exsudates , das ba ld der Wand anl iegt, ba ld die Lumina ganz ausfi i l lt. Die Gef~l~e s ind s tark gefi i l lt und in den Kan~len der Nerveni~ste des Vest ibu lar is sowie in den per i l ymphat i schen R~umen Ampul len des oberen und latera len Bogenganges und der Schnecke l iegen frische B lu tungen.

    Die Top ograph ie des hi~utigen Labyr in thes zeigt keine wesent- l iche Abweichung yon der Norm, nur die ReiBnersche Membran ist durch kleine Luf tb lasen im Zel loidin herabgedr i ickt .

    Die h i s to log ische St ruktur ist i iberal l sehr deut l ich, n i rgends lassen sich am Bindegewebe oder an den Ep i the l ien regressive Meta- morphosen feststel len. Cr i sCae und Macu lae s ind bis auf e inige L i icken im Ep i the l sehr gut erha l ten, die Cupulae und Oto l i then- membranen l iegen an r icht iger Stelle.

    Das Cor t i sche Organ ist durch die herabgesunkene Membrana ReiBneri etwas zusammengedrt ickt , die St i i tze lemente aber gut er- kennbar . Die Zel lkerne i iberal l rund und klar , die Zel len ver lagert und yon P lasmakuge ln umgeben. Zwischen den e inzelnen Windungen besteht kein Untersch ied .

    Zusammenfassung: Ein 41j~hriger, vorher nie ohren- kranker Mann bemerkt etwa zwei Jahre vor dem Tode die ersten Symptome yon seiten seines reehten Ohres in Gestalt von subjektiven Geri~uschen, naeh einem halben Jahre aueh SehwerhSrigkeit. Fiinf Wochen vor dem Tode und nach der ersten Operation, drei Wochen vor dem Tode, wird Taubheit des rechten Ohres und eine leichte Parese im Mundaste des rechten Fazialis konstatiert. Bald nach der zweiten Operation, bei der ein Teil des Tumors entfernt wird, tritt der Exitus ein.

    Die Sektion ergibt einen groBen Tumor, ein Fibrosaxkom, das in den Pprus aeusticus hineingewachsen ist und ihn erheb- lich erweitert hat.

    Die histologische Untersuchung zeigt, dal~ die Nerven des Meatus bis auf den auffallend gut erhaltenen Fazialis

    13"

  • 190 LAN@E.

    im Tumor aufgegangen sind, bis auf geste des Ganglion vesti- bnlare und des N. ampularis superior. Im Labyrinth sind noch Nervenfasern iiberall, wenn auch in erhebtich reduzierter Zahl und als ganz feine Fasern, nachzuweisen, nur in der untersten Sehneckenwindung fehlen sie vollstgndig, Vom Ganglion spirale sind nur noch eben erkennbare Reste einiger Ganglienzellen iibrig.

    Im Labyrinthinnern linden sich Exsudationen, Hypergmie, Blutungen, keine entziindliehen Vergnderungen, reichliehes Pigment, an den Nervenendstellen aber keine degenerativen Prozesse.

    Fa l l IV . ]3. Chr ist ian, ~6 Jahre , Omnibuskutscher . Aufgeno lmnen auf die

    ehirurg ische K l in ik der Charit@ am 4. Februar 1907. Anamnese: Pat ient f i ih l t sich k rank seit Sommer 1906, wo die

    seit e inem Unfal le im Jahre 1905 bestehenden Kopfschmerzen zu- nehmen. E r bemerkt , das dab Gehbr auf dem reehten Ohr sch lechter wird, daneben t re ten Symptome yon se i ten der Augen auf, die Sell- k ra f t wird schlechter, seit Oktober 1906 besteht ein Krampf des rechten l~azialis.

    Spez ia l s ta tus yore 14. Febru~r 1907: Tromraelfel le beiderseits his auf eine Ret rakt ion der I t~mmergr i f fe o. B. ~unkt ion : Flf ister- sprache l inks 1 in (n~eh Katheter 5 m), reehts ~m Ohr, nach Katheter keine ~uderung. Knochen le i tung erhebl ich verkfirzt. Weber nach l inks lateral is iert . ~ inn6 l inks posit iv, rechts negat iv . Untere Ton- grenze l inks n icht , rechts erhebl ich heraufger i ickt . Obere Tongrenze beiderseits n icht wesent l ich eingeengp. E ine zweite Pr i i fung am 15. Februar 1907 erg ibt eine gute Ubere ins t immung der Befunde, doch s ind die Angaben des Pat ienten n icht ganz einwandfrei . Immerh in scheint es soviel wie sieher, dal3 das rechte Ohr taub ist. Fazia l is : nut le ichte Parese im reehten Mundaste , sonst gute Funkt ion .

    Ver lau f : Am 16. } 'ebru~r wird die erste Operat ion vorgenommen, am 18. Februar is t le ichtes K l ingen i ln reehten Ohr not iert . Am 23. Febru~r nlul3 die zweite Operat ion wegen starker S inusb lutung und vor a l lem wegen s tarken l=Iervordrgngens des Gehirns abge- b rochen werden.

    Am 9. Mrz ist eine Parese des rechten Augen~stes vermerkt . Am 27. Ju l i wird die drit~e Operat ion ausgeft ihrt. Dabei f indet man an der Hinter f l~che des Felsenbeines e inen b laur6t l i chen Tmnor yon der GrbBe eines k le inen Hfihnereies, dessen Oberfl~che yon s tark entwicke l ten Gef~Ll~en i iberzogen ist. Von der umgebenden Gehirn- substanz deut l ich abgegrenzt , bes i tz t er eine etwas festere Kons is tenz als diese, er lgSt sich mi t dem F inger yon ihr abdr~ngen, zerf~llt aber bei dem Versuch, ihn aus der Tiefe herauszuschi~len, so dab das meiste mi~ dem Lbffel herausgeho l t werden mul l X~um ist das geschehen, so kommt der Porus acust icus in ternus und ein zu diesem h inz iehender Strung, der ~N-ervus a~usticus, zu Gesieh., mi t dem der Tumor of fenbar verwachsen ist.

    Am 6. August erfolgt der Ex i tus . Sekt ionsbefund: In der Mitre zwischen Pons und K le inh i rn

    l iegt eine pfirsichgrol3e, m~Ll~ig derbe Geschwulst yon graurSt l icher bis weil~licher l~rbe mi t k le inen gelbt ichen E in lagerungen und hat die rechte Seite der Pons z iemlich erhebl ich eingedri ickt. Nach oben setzt sieh der Tumor kont inu ier l i ch in die R inde des K le inh i rns fort.

  • Labyr in thver~nderungen bet Tumoren des K le inh i rns usw. 191

    Von diesem ist nur an dieser Stelle mi t S icherhei t ein l%est zu er- kennen; die Gegend des K le inh i rns wird yon graurOtl ichen weichen Massen e ingenommen, die al lseit ig yon Dura eingeschlossen sind. Die verd ickte Dura umgibt auch den Tumor nach auBen, wo er, aus der Sch~idelkapsel s ich herausdrangend, yon einer zar ten Ep idermis be- deckt ist. Diagnose: Gl iom des K le inhi rns .

    iM ik roskop ischer Befund: In den R~umen des l~ l i t te lohrs l iegt bis in die Tube h ine in ein wenig zellreiches Exsudat , das in Form yon b la~roten Massen bald der Wand in mehr oder minder dicker Sch icht anl iegt, ba ld k le inere Buchten vOltig ausfi i l lt . Die Schte imhaut is t aufgelockert , ihre E lemente sind ause inandergedr~ngt , aber n i rgends l inden sieh zellige In f i l t ra t ionen in grSl~erer iMenge, das Ep i the l ist i iberal l gut erhal ten. TrommelfeI1, GehSrknSchelchen, knScherne Paukenw~inde und Fenstermembranen s ind unveri~ndert.

    Der Meatus acus~icus in ternus ist durch e inen Tumor er- heb l i ch erweitert , der i lm nieht, nur his zu der Areae vo l l s t~nd ig aus - f i i l lt, sondern sich auch in die :Kanale tier Vestib~li4ri~ste fortsetzt . An der Areae cochleae macht er dagegen ha l t , wenn er sie auch etwas ver t ie f t und ausgehShl t hat . Trotz der bet racht l i chen Erwe i te rung des Meatus und der Nervenkani~le laitt s ich das Tumorgewebe i iberal l gut yore Knochen abgrenzen, n i rgends ist ein in f i l t rat ives Wachstum zu beachten. Bi lder yon Knochenresorpt ion fehlen fast vSllig, dagegen ist der Knochen viel fach yon einer d i innen Schicht neugeb i ldeten Xnochens bedeckt .

    I t isto logisch erweist sich der Tumor als ein F ibrosarkom. Der Faz ia l i s is t neben dem Tumor durch den ganzen Meatus

    zu verfolgen, er is t eng an die Wand gepre~t, sein Querschn i t t hatb- mond- bis sichelfSrmig. Die Marksche iden zeigen bis zum Gangl ion genicul i v iel fach Bi lder yon Zerfall, im Gangl ion und wetter per ipher- war ts s ind sie entsch ieden besser gef~trbt und gleichrna~iger kontur ier t . Die Gangl ienzel len b ieten das i ibliche wechselnde Bild.

    Von den i ib r igen Nerven sind im Meatus vers t reute Reste in Gesta l t yon einzelnen Fasern im Tumorgewebe zu erkennen, ohne dait es sich festste]ten liel~e, welchen Nerven sie angehSren. Oben ~ber in der N~he des Fazial is l iegt noch ein schmaler Stre i fen auseinander- gedr~ngter Fasern nebene inander , auch lassen sich im Tumorgewebe einzelne Gangl ienzel len als Reste des Gangl ion vest ibu lare nachweisen. Auch am Boden, nahe der Wand, t re ten noch eine grSl~ere Anzah l d i inner Fasern deut l i ch hervor.

    Durch die Areae coch leae t re ten i iberhaupt keine Fasern, dagegen lassen s ich im Modiolus und im Sp i ra lb la t t ganz feine Fasern, die bis unter das Cort ische Organ ziehen, feststel len, besonders deu$l ieh in den oberen Windungen, sie fehlen aber auch in der unteren n icht .

    Das Gang l ion sp i ra le feh l t in der unteren Windung, in der mi t t le ren und besonders der oberen l iegen noch einige Zellen, die durch ihren re lat iven I4e ichtum an dunk lem Protop lasma sich eben als ver- ~nderte Gangl ienzel len ident i f iz ieren lassen. An Stelle des Gangl ion l iegt lockeres B indegewebe und zahlreiche Kerne der Schwannschen Scheiden. Dazwischen f inder sich i iberal l sehr reichl iches P igment . Die Blutgefal~e des Modiolus entha l ten kaum B lutkSrperchen, sie s ind aber sehr weir und ro l l yon b la~rot gefarbten Massen. Die F igur auf Tafel X I g ibt ein Bi ld des Aussehens bet schwacher VergrO~e~umg.

    Dort , wo in den Kani i len der Yest ibu lar isaste das Tumorgewebe aufh6rt , l iegen z ieml ich erhebl iche t tamorrhag ien . Inn wei teren Ver- laufe der Kan~le erscheinen an den W~nden ganz di inne Lagen yon l~ervenfasern, im Bere ich der Aufsp l i t te rungen l iegen in a l len Kana l - chen feine Fasern, die sich wetter bis unter das Ep i the l der Nerven- endste l len verfolgen lassen, wenn sie auch dort nur noch spar l ich sind.

    Im Labyr in th innern l inden sich n i rgends, weder in den pert-

  • 192 LANGE,

    1Fmph~tischen noch in den endolFmpl~tischen R~umen, Zeichen ~lterer oder frischerer Entztindungen, abet iiberall ein reichliches zellfreies Exsudat. Die Gef~Be sind stark gefiillt, vielfach ist es zu H~morrhagien gekommen. In allen Teilen liegt reichlich Pigment.

    Die Topograph ie der h~utigen Teile ist ohne besondere Ab- weichung yon der Norm. Die histologische St ruktur ist relativ gut erhalten. -- An den Cristae und Maculae ist alas Epithel gequollen, Sinnes- und Stiitzzellen nicht gut voneinander zu trennen, die Ober- fl~che ist infolge Austrittes yon zahlreichen Plasmakugeln stellenweise unscharf. Die Otolithenmembran der Macula utriculi liegt zusammen- gerollt am Boden des Utrikuh, s. Am Cortischen Organ sind die Pfeiler- zellen gut erhalten, die fibrigen ziemlich regellos in ihrer Anordnung, yon Plasmakugeln umgeben.

    Der sehr grol~e Bulbus der Ven~ jugularis ist yon loekerem, ge- f~l~armem, 5dematSsem Bindegewebe vollst~ndig ausgefiillt.

    Zusammenfassung: Der 46j~hrige Pat ient bemerkt un- gef~hr seit 11//2 Jahren vor dem Tode, dai3 das GehSr auf dem reehten Ohre schlechter wird; nach einiger Zeit tr i tt dazu ein Krampf im rochten Fazialis. Fiinf Monate vor dem Tode wird eine Taubheit des reehten Ohres mit grSl3ter Wahr- scheinlichkeit festgestellt. Bei der Sektion, die zehn Tage nach einer operativen Freilegung der hinteren Felsenbein- fli~che vorgenommen wird, finder sich eine Geschwulst, die einen Fortsatz in den Porus aeustieus internus schickt und mit der Kleinhirnhemisph~re verwaehsen ist.

    Die histologische Untersuehung ergibt, dal3 der Tumor, ein Fibrosarkom, den Meatus stark erweitert hat und dab die Nerven mit Ausnahme des Fazialis darin aufgegangen sind. Nur einige Reste von Fasern im Gesehwulstgewebe und Ganglienzellen sind noch naehweisbar. Im Labyr inth finden sich iiberall in Gestalt von ganz feinen Fasern Uberreste der Nerven, allerdings ist ihre Zahl nur gering, ihre Dieke minimal. ])as Ganglion spirale fehlt fast vSllig. Die peri- und endo- lymphatischen R~ume enthalten reichliches zellfreies Exsudat, die Gef~i3e sind gefiillt, vielfach ist es zu Blutungen gekommen. An den Nervenendstel len ist aul3er geringen agonalen und postmortalen Ver~nderungen niehts Wesentliehes zu kon- statieren, im besonderem keine degenerativen Vorgi~nge.

    Ehe ich zur ErSrterung der hier speziell interessierenden Befunde an den Nerven iibergehe, mull ich die Frage beant- worten, inwieweit diese Befunde durch die Operation und ihre Folgen bedingt und beeinflul3t worden sind. Es ist a priori anzunehmen, daI3 ein operativer Eingriff, der die Gegend des Kteinhirnbriiekenwinkels zum Ziele hat, allein sehon auf die

  • LabyrinthverKnderungen bei Tumoren des Kteinhirns usw. 193

    Verh/~ltnisse des Meatus und des Labyrinthes ver/~ndernd ein- wirken kann.

    Am einfachsten liegt die Antwort im Falle I: Es ist nicht zweifelhaft, dab alle die entzfindlichen Ver/~nderungen im Labyrinth und Meatus auf die Operation, die vier Wochen vor dem Exitus vorgenommen wurde, zuriickgefiihrt werden miissen; sie sind der Ausdruck einer zirkumskripten, im Ab- laufen begriffenen Meningitis und Labyrinthitis yon geringer Intensit/~t. Die Residuen der letzteren in den Bogeng~ngen und der Schnecke entspreehen durchaus dem Bride der Laby- rinthitis meningealer Genese, wie w i res aus der Histologie der Labyrinthitis epidemica in ihren leiehten Formen kennen. Fiir eine tympanale Genese fehlt jeder Anhaltspunkt. Das eitrige Exsudat im Meatus maeht es iiberfliissig, iiberhaupt eine andere als meningeale Entstehung in Betracht zu ziehen. Auf die Labyrinthentziindung ist die VerSdung des Duetus cochlearis und die ZerstSrung des Cortischen Organes in den oberen Windungen zuriickzufiihren. Da wir wissen, dab die ZerstSrung der Nervenendstellen durch Labyrinthitis eine sekund/~re Degeneration der Nerven und Ganglien nieht not- wendig zur Folge hat, so kann man aueh hier annehmen, dab der Befund an den Nerven nicht dadurch beeinfluBt worden ist. Er ist es aber wohl sieher durch die Operation und die entziindtiehe Exsudation im Meatus. Die Funktionspriifung vor der Operation ergab nur eine Herabsetzung der HSr- f~higkeit und keine Taubheit. ~%eh einer kurzen No tiz in der Krankengesehiehte ist auch naeh der zweiten Operation der HSrbefund gegen friiher nicht wesentlich ver/~ndert. Dagegen sprieht der histologische Befund; ich mSehte an- nehmen, daf~ er eine vSllige Aufhebung der Funktion bedingte. Das liel~e sieh einmal dadurch erkl/~ren - - und dies ist wohl die ungezwungenste Erld~rung -- , daft die Priifung nach der zweiten Operation am bettl/~gerigen Patienten nieht genau vorgenommen ist. Der histologische Befund als Resultat yon Operationstrauma und sekund/~rer Entziindung stellt eine erhebliehe Sch/~digung der Nerven im Meatus dar, fiir den Cochlearis eine fast vollstgndige supraganglion/~re Dureh- trennung. Der degenerierende Einfluft der Entziindung auf die Nervenfasern ist kaum als sehr groB anzunehmen, wenn man aus der fehlenden Alteration der anderen Gewebe einen SehluB naeh dieser Richtung hin ziehen darf. Eine andere allgemeine Ursache fiir die Degeneration ist nieht gegeben. Der Tumor, die Operation und die Entziindung haben also

  • 194 LANGE,

    in demselben Sinne gewirkt; freilieh ist der Grad der Ein- wirkung der einzelnen Momente nicht leicht zu bestimmen. Ffir die Beurteilung der Folgen an den Nerven im Labyrinth ist aber diese Abtrennung der einzelnen Momente aueh nieht ausschlaggebend.

    Im Falle I I hat die Operation und die leicht entziindliche Reizung innerhalb der drei Tage, die zwischen Operation und Exitus lagen, kaum einen wesentlichen stSrenden Einflull auf das Bild, wie es vor der Operation war, ausgeiibt. Der Beginn der Vernderungen an Ganglienzellen und Nerven, besonders die Yerminderung der Zahl bei Fehlen yon Zerfalls- erseheinungen, liegt richer welter zuriick als drei Tage.

    Im Falle I I I sprieht nichts fiir eine i4nderung des Be- fundes durch die Operation: die Tiefe des Meatus ist yon ihr nieht beriihrt worden, es fehlen jede Zeichen einer entziind- lichen Reizung.

    Dasselbe gilt fiir den Fall IV. Aueh hier hat der Eingriff den Meatus nicht getroffen, und es fehlt die entziindliche Reizung vSllig.

    So rind natiirtich die letzten beiden F/tile am besten zu verwerten, aber aueh die anderen beiden rind fiir die Be- urteilung der prinzipiellen Fragen brauchbar, weil das ope- rative Trauma und seine Folgen auch im Sinne des Tumors gewirkt haben.

    Der Befund am Bulbus yon Fall IV und am Sinus und Bulbus yon Fall I i s t als Operationsfolge ungezwungen zu erldgren. Eine Unterbrechung des Blutstromes im Sinus hat zur Stagnationsthrombose gefiihrt; die Thromben rind or- ganisiert.

    Der Besprechung der Ver~tnderungen an ~qerven und :Nervenendstellen roll eine kurze ErSrterung der iibrigen Be- funde vorausgeschiekt werden. In allen F~llen fanden rich hochgradige Hypergmie, Blutungen und besonders in den letzten beiden sehr erhebliche Pigmentierungen in allen Teilen des Labyrinthes. Es kSnnten dies Folgen der operativen Ein- grille rein; da sie aber ebenso wie die Exsudationen einer mehr oder reiehlichen eiweil3reichen Fliissigkeit in die peri- und endotymphatischen Rgume auch bei anderen nicht ope- rierten Fgllen (eft z. B. Zange [3]) gefunden wurden, so wird man diese Befunde als den Ausdruck einer hoch- gradigen Blut- und Lymphstauung im Labyrinth aufzufassen haben. Sie ist wieder entweder eine Folge des erhShten allge- meinen Hirndrucks oder der lokalen DruckerhShung dureh den

  • Labyrinthveri~nderungen bei Tumoren des Kleinhirns usw. 195

    Tumor. Einwandfreie Ver/inderungen der Topographie der einzelnen Labyrinthabschnitte, Ektasien und Kollapszust~nde, konnte ich an raeinen F/~llen nicht feststellen. Die vorhan- denen sind, abgesehen von der Verengerung und Obliteration durch die Residuen der Labyrinthitis im Falle I, artifiziell entstanden.

    Fiir die Beurteilung der Befunde an den Nerven ist die Beriicksichtigung agonaler und postmortaler Ver/~nclerungen yon bekannter }Viehtigkeit. Postraortale Ver/~nderungen fehlen natfirlieh nicht, aber sie sind nicht sehr ausgesproehen. Die Felsenbeine sind offenbar sehr bald nach dam Tode in die Fixierfliissigkeit gekoraraen. Genaue Daten dariiber kann ieh nicht geben, aber die relativ gute Erhaltung der histo- logischen Struktur beweist es. Dagegen finde ich vielfaeh Ver/~nderungen, die agonalen Ver/~nderungen im Sinne Wi t t - maacks gleichen. Dazu gehSren an den Nervenfasern un- regelra/~Bige Verdiinnung und Verdickung in Gestalt spindel- fSrmiger Auftreibungen. Auger in dera Falle I, wo die Tat- sache der Entziindung aueh toxische Einwirkungen erkl/~ren wiirde, fehlen aber eigentlich die Vorbedingungen fiix' agonale Ver/inderungen, und ieh glaube, dab man gerade in diesen ~ l len die intravitale Entstehung auch fiir diese feineren Befunde annehmen kann. Iramerhin raSehte ich nicht viel Gewicht gerade auf die Einzelheiten legen; insbesondere nieht auf die Befunde an Ganglienzellen und Sinneszellen. Die Reduktion der Zahl der ~asern und Zellen und die Ver- mehrung der Kerne der Schwannsehen Scheiden ist ein- wandfrei, deswegen soll das Urteil ira wesentlichen darauf be- griindet werden.

    Von allen Ner~en ist der Coeh lear i s am besten zu be- urteilen, da sowohl die Zerst5rung dureh die Tumoren wie die Wirkung der Operation und ihre Folgen an der Area halt- macht oder wenigstens einen gewissen AbsehtuB in der Inten- sitar zeigt.

    Im Falle I I I und IV liegen die Verh/iltnisse einfaeh. Wenn es sieh aueh nicht urn eine vollkommene Unterbreehung han- delt, und wenn auch besonders ira Falle IV mit der MSglichkeit gerechnet werden rau~, dal~ noch einige feine Fasern aus den Nervenresten im Tumor in den Modiolus hineinziehen, so steht doch der Befund am Ganglion und den Fasern ira l~fo- diolus im guten Einklang: auch vom Ganglion und seinen Fasern sind nur sp~irliche Reste erhalten. Ira Gegensatz dazu ist das Cortische Organ gut erhalten. Es ist natiirlich nicht

  • 196 LANGE,

    mSglich, ein sicheres Urteil fiber die feineren Befunde an den Sinneszellen zu geben, aber aus der Tatsache, dab das Cortische Organ ungef~hr so aussieht wie das eines gut erhaltenen normal hSrenden Ohres, kann man wenigstens den Schlul3 ziehen, dab ein auffallendes Mil3verhKltnis zwischen dem Zustande des Nerven und des Endorgans besteht, soweit die Stiitzzelten in Betracht kommen. Eine ausgesprochene De- generation, die die Sinnes- und Stiitzzellen zerstSrt hat, liegt sicher nieht vor.

    Schwieriger sind die Verh/~ltnisse in den anderen beiden F~llen zu deuten. Aber auch im Falle I I entspricht der Zahl der Fasern, die zu dem Ganglion ziehen, die Zahl der Zellen und der Fasern, die in die Lamina spiralis eintreten. Das Cortisehe Organ und die epithelialen Elemente des Duetus eochlearis sind auffallend gut erhalten, soweit sie nicht dureh Blutungen zerstSrt sind. Ihr histologisehes Verhalten scheint auch hier unabh/~ngig zu sein von dem Zustande der zuge- hSrigen Ganglienzellen und Nerven.

    Auch der Fall I bietet denselben Befund: zu den Ganglien- zellen ziehen nur sp/~rliche und feine Fasern, die Zellen sind an Zahl vermindert.

    Die Anzahl der Fasern, die in die Lamina spiralis ziehen, entspricht also auch in diesen beiden F/~llen der Zahl derer, die zum Ganglion fiihren. Es l~l~t sich demnach die Abh/~ngig- keit des Ganglion und der peripheren Fasern vonder Zahl der supraganglion/~ren iN'ervenfasern auch feststellen, trotz- dem noch relativ viel mehr Zellen als in den F~llen I I I und IV vorhanden sind. Die Unterbrechung oberhalb der Area ist eben noch nicht so vollst~ndig und so alt wie in den beiden anderen ~/~llen.

    Es steht also in allen vier F~llen die Zahl der supra- ganglion/~ren Fasern im Verh~ltnis zu den Ganglienzellen und den peripheren Fasern. Naeh den vorliegenden Befunden scheint mir diese Ansieht sich einwandfrei aufstellen zu lassen.

    Die Verh~ltnisse des Vestibularis liegen nicht so einfach und iibersiehtlich. Die F~lle Iund I I scheiden fiir die Annahme einer supraganglion~ren Durehtrennung aus, sie stellen nur Beispiele einer erhebliehen Seh~digung im Meatus dar. Ob weiter zentralw/~rts eine vSllige Unterbrechung der Nerven stattgefunden hat, das 1/~Bt sieh nicht beweisen, nur das l~$t sieh annehmen, dal3 der Nerv im Ganglion und ober- und unterhalb desselben geseh/~digt worden ist; der Ausfall yon Fasern und die Verdtinnung und unregelm~13ige Kontur der

  • Labyrinthver~nderungen bei Tumoren des Kleinhirns usw. 197

    einzelnen Fasern ist dafiir der Ausdruck. Giinstiger gestalten sich fiir die Beurteilung die Befunde im Falle I I I und IV. Hier kann man schon aus dem makroskopischen Verhalten wenigstens mit einer gewissen ~Vahrseheinliehkeit annehmen, dab zentralw~rts der Vestibularis vollkommen durchtrennt ist ; beweisen kann man es freilich nicht. Die Zahl und Form der erhaltenen Fasern steht auch einigermaBen im Einklang mit der 1V[enge der erhaltenen Ganglienzellen. Die Nervenend- stellen sind nicht ver~ndert, sie zeigen nur agonale und post- mortale Ver~nderungen, sicher keinerlei ausgesprochene dege- nerative Befunde.

    Der Fazialis bot klinisch in den F~llen I, I I und IV nur leichte Paresen, ira Falle I I I war er normal. Dem entsprieht auch der histologische Befund. Die hochgradige Widerstands- f~higkeit, die der Nerv in den beiden letzten F~llen bewiesen hat, sei besonders hervorgehoben.

    Das wesentliehe Resultat der Befunde ist der ~qaehweis, dab auch beim Mensehen die supraganglioni~re Li~sion des Cochle~ris mit einer Degeneration der Zellen des Ganglion spirale und der peripheren Faser einhergeht. Damit ist die Ansicht Wi t tmaacks aueh dureh diese Untersuehungen be- sti~tigt. ~ber die Degeneration der Sinneszellen sind sic nicht imstande, ein einwandfreies Urteil zu liefern, da deren Ver- halten dureh agonale und postmortale Veri~nderungen ver- deckt und versehleiert ist. So viel ist aber sicher, dab die Stfitzelemente des Cortischen Organs trotz erheblieher De- generation yon Nervenze]le und Nervenfaser den Eindruck des Normalen erweeken. Es ist deswegen nicht unmSglich, dab auch die Sinneszellen unabh~ngig yon der Faser ]i~ngere oder lange Zeit persistieren, denn man wei8 aus dem Verhalten der Stiitzelemente, z. B. bei akustisehen Sehi~ligungen, dab sie auch bald der degenerativen Umbildung anheinffallen, wenn die Sinneszelle degeneriert. Diese Unabhi~ngigkeit yon Epithel und ]~erv findet man ja auch bei labyrinthitiseher ZerstSrung des Cortisehen Organs, wo der Nerv trotz aus- gesproehener Atrophie des Cortisches Organs histologiseh nieht veri~ndert gefunden wird, sie hat also nichts ~ber- rasehendes. Deswegen kann ich aueh der Ansicht Zanges , der die Angaben yon Quix fiber ein vollkommen normales Cortisches Organ bei Akustikustumor anzweifelt, nieht ohne weiteres zustimmen. Die MSglichkeit ist nicht yon der Hand zu weisen. Freilieh muB ich zugeben, dab ich beim Mensehen fiberhaupt noch nie normale Sinneszellen im Cortischen Organe

  • 198 LANGE,

    gesehen habe, und daI~ ich nicht weil~, wie es Qu ix gelungen ist, einen derart igen Befund f iberhaupt zu erheben. Wenn Zange meint, dal3 es sich wahrscheinlich auch bei Qu ix nur urn die Erha l tung des Stf itzappar~tes handele, so scheint mir dies yore Standpunkte der Tcchnik einleuchtend.

    F~lle yon Kleinhirnbrf ickenwinkeltumoren usw. kSnnten geeignet sein, auch fiber die Labyr inthver~nderungen bei Er- hShung des intrakraniel len I )ruckes i iberhaupt Aufschlul~ zu geben. Die in der Rege] hochgradigcn ]~efunde am Augen- hintergrunde machen ana]oge Erscheinungen im Labyr in the nicht unwahrscheinl ich. Es ist darfiber patholog:isch-ana- tomisch wenig bekannt. !Naheliegcnd w~re es, die Ansamm- lung eines eiwei[~reichen Transsudates, die hochgradige t typer - ~mie, die Blutungen und den Re ichtum an P igment als Ausdruck dieser Drucksteigerung anzusehen. Sichere An- gaben darf iber k6nnte ich aber nur auf Grund der Unter- suchungen beider l~elsenbeine machen. I )a auf der Seite der E rk rankung auch noch die Vorbcdingungen einer einseitigen I )rucksteigerung gegeben sind, besonders wenn zur ]~r- krankung auch noch die Folgen der Operat ion kommen, so mul~ ich leider dar~uf verzichten, aus meinen Fi~llen allgemein- gfiltige Schlfisse zu zichen.

    Literatur.

    1. Wi t tmaack : ~ber sekund~re Degeneration im inneren Ohre nach Akustikusstammverle~zungen. Verhandl. der deutschen otol. Ges. 1911.

    2. Kn ick : Pa~hologische Histologie des Ohrlabyrinthes nach Durchschneidung des Nervus acusticus. Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd~ 65. 1912. S. 342.

    3. Zange: Uber anatomische Ver~nderungen im Labyrinthe bei Kleinhirnbriickenwinkeltumoren und ihre klinische ]3edeutung. Vir- chows Archly. Bd. 208. 1912.

    4. A lexander : Zur Kenntnis der Akustikustumoren. Zeitschr. f. klinische Medizin. Bd. 62. 1907. S. 447.

    5. Panse: Ein Gliom des Akustikus. Archly f. Ohrenheilk. Bd. 61. 1904. S. 251.

    6. Panse: Klinische und pathologische Mitteilungen VIII . Archiv f. Ohrenheilk. Bd. 70. 1906. S. 15.

    7. Henschen: ~ber die Geschwiilste der hinteren Schi~delgrube. Jena, G. Fischer. 1910. (Fall 6.)

    8. Quix: Ein Tumor des Akustikus. Niederl~ndische Ges. usw. Zentralblatt f. Ohrenheilk. Bd. 9. S. 478.

  • Labyrinthver~nderungen bei Tumoren des Kleinhirns usw. 199

    Erkl/irung der Abbildung auT Tafel XI. Schnitt dutch die Schnecke yon F~ll IV.

    a) Tumor, der den 5Ieatus acusticus internus erweitert hat. b) F~zi~lis. c) Ganglion geniculi. d) Reste des Vestibularis. Im Modiolus und dem Spir~lblatt nut feine Fasern, die mit Lupen-

    vergrbBerung fiberh~upt nicht zu erkennen sind. Das Ganglion spirale fehlt.

  • Archiv f. 0hrenheilkunde. 90, Bd. Tafel Xl.

    ; !

    Lange Lith. Ansi.v. Jo~annc~ A~ndt, J~n~. Verl~9 yon F. C.W.Vogel in Leipzig.