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Lernort Geologie Planetensystem und Aufbau der Erde 1 Urknall – Beginn der Geschichte von der Erde 18 2 Das Sonnensystem 20 2.1 Planeten, Zwergplaneten und drei Zonen 21 2.2 Orientierung im Raum – Gesetzmäßigkeiten 24 2.3 Besucher aus dem All – Kometen und Meteorite 25 2.4 Das älteste Material 27 2.5 Kind zweier Eltern – der Mond 27 3 Die Erde entwickelt sich 29 3.1 Aufheizung und Wachstum 29 3.2 Differentiation und chemische Zonierung 29 4 Gravitation und Magnetfeld 31 4.1 Das Gravitationsfeld der Erde 31 4.2 Das Magnetfeld der Erde 33 4.3 Haben auch die anderen Planeten ein Magnetfeld? 35

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Geologie Österreich Lehrgang Unterlagen Schulung Kursus

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Planetensystem und Aufbau der Erde

1 Urknall – Beginn der Geschichte von der Erde 18

2 Das Sonnensystem 20

2.1 Planeten, Zwergplaneten und drei Zonen 21

2.2 Orientierung im Raum – Gesetzmäßigkeiten 24

2.3 Besucher aus dem All – Kometen und Meteorite 25

2.4 Das älteste Material 27

2.5 Kind zweier Eltern – der Mond 27

3 Die Erde entwickelt sich 29

3.1 Aufheizung und Wachstum 29

3.2 Differentiation und chemische Zonierung 29

4 Gravitation und Magnetfeld 31

4.1 Das Gravitationsfeld der Erde 31

4.2 Das Magnetfeld der Erde 33

4.3 Haben auch die anderen Planeten ein Magnetfeld? 35

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Der Urknall ist ein Modell der Entstehung desUniversums. Alle Urmaterie und Strahlungenentstanden bei Explosionen und Kernver-schmelzungen aus Materie mit fast unend-licher Dichte auf engstem Raum vor ca. 14Mrd. Jahren. Nach Milliarden von Jahren derErkaltung nach dem Urknall entstanden dieersten Sterne und Galaxien (k A1).

Hinweise für den Urknall sind die Entdeckungder kosmischen Hintergrundstrahlung, die in allen Raumrichtungen gleich stark ist, und eine konstante Temperatur, die überall – 270,43 °C (also 2,7 °C über dem absolu-ten Nullpunkt) beträgt. Daraus wird von Kos-mologen geschlossen, dass das Universumim Anfangszustand überall die gleiche Tem-peratur gehabt haben muss. Gleichzeitigdehnt sich das Universum aus: Je weiter eine Galaxie von uns entfernt ist, destoschneller bewegt sie sich von uns fort.

Der Raum, den heute das Sonnensystem ein-nimmt, war zunächst ausgefüllt mit einer rie-sigen Wolke aus Gas und Staub, die sich auf-grund ihrer eigenen Schwerkraft verdichtete

(k A2). Wenn zwei Gas- oder Staubteilchensich relativ zueinander, also nicht exakt auf-einander zu bewegen, so hat jedes bezüg-lich des anderen einen Drehimpuls. Mannimmt an, dass sich bei Bewegung der Teil-chen deren Drehimpulse nicht alle gegen-seitig aufgehoben haben und sich bei derVerdichtung der Gas- und Staubwolke eineDrehbewegung eingestellt hat. Je kompak-ter sich der entstehende Körper verdichtete,desto schneller drehte er sich, vergleichbardem Pirouetteneffekt (Drehimpulserhaltung, z. B. bei Eiskunstläufern sichtbar: Je näherdie Masse zur Rotationsachse verlagert wird,desto schneller wird die Drehung). Die Wolkeaus Gas und Staub verdichtete sich immerweiter, rotierte also immer schneller und be-gann dabei ein Zentrum herauszubilden, indem sich mehr und mehr Materie sammelte.Das Ganze muss ausgesehen haben wieeine Scheibe, mit einer langsam anwach-senden Wölbung in der Mitte und nachaußen hin immer dünner, immer gasförmi-ger werdend. Durch die Materiekonzentra-tion im Zentrum aufgrund der Gravitationstieg hier die Temperatur an und erhöhte

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Planetensystem und Aufbau der Erde

Unsere Erde ist Teil eines Planetensystems mit der Sonne als Zentrum. Die Position der Erdeim Sonnensystem und die Existenz ihres Trabanten, des Mondes, waren wichtige Vorausset-zungen für die Entwicklung von Leben auf unserem Planeten. Die Besonderheiten der Erdelassen sich jedoch nur erkennen und bewerten, wenn wir sie im Kontext weiterer Planeten be-trachten.

1 Urknall – Beginn der Geschichte von der Erde

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sich immer mehr, bis eine gewaltige Kern-fusion zündete. Im Zentrum der Wolke bil-dete sich ein Zentralstern (eine masserei-che, selbstleuchtende Gaskugel). Der Restdes Nebels kühlte langsam ab, und es bil-deten sich durch die Akkretion (Anhäufung)

von kleineren Staubpartikeln durch chemi-sche Bindungen oder Oberflächenhaftungsogenannte Planetesimale, also Konzentra-tionen von Staub. Nach Erreichen einesDurchmessers von > 1 km vereinigen sicheinzelne Planetesimale aufgrund der Gravi-

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A2 | Modell zur Entstehungdes Sonnensystems. a) Eine langsam rotie-rende Wolke von inter-stellarem Gas undStaub beginnt sich zu-sammenzuziehen, undes bildet sich ein Vorläu-fer der Sonne. DieseProzesse laufen z. Zt. imOrionnebel ab. Dieserbesteht aus einer Wolkeaus Gas und Staub.b) Die Kontraktion hateine raschere Rotationzur Folge. Dadurch ent-steht ein scheibenförmi-ges Gebilde aus Gasund Staub. c) Es bilden sich die Vor-läufer der Planeten, diesich um ihre eigeneAchse und um dieSonne drehen, wie z. Zt.im Andromedanebel.

Exkurs

Fixsterne

„Fixstern“ (von lat. stellae fixae = fest ste-hende Sterne) ist eine aus der Antikestammende Bezeichnung für die unver-rückbar am Nachthimmel stehendenSterne, die den Sternenhimmel bilden.Durch ihre scheinbare Unverrückbarkeitbilden sie die uns bekannten Sternbilderund Konstellationen. Davon wurden his-torisch die „Wandelsterne“, die Planeten,unterschieden, die innerhalb kurzer Zeit-räume ihre Position verändern. Tatsäch-lich besitzen die „Fixsterne“ ebenfalls eineEigenbewegung, wie bereits der englischeAstronom und Geistliche James Bradleyim Jahr 1728 erkannte. Die Bezeichnung„Fixsterne“ ist deswegen unpräzise, heutenicht mehr gebräuchlich und wurde durch-weg durch Sterne ersetzt.

Mit bloßem Auge können am gesamtenHimmel an die 6.000 Sterne wahrgenom-men werden, davon etwa die Hälfte gleich-

zeitig von einem Ort auf der Erde aus. Diemeisten Sterne sind jedoch entweder zulichtschwach, zu weit entfernt oder vonanderen astronomischen Objekten ver-deckt, um sie erkennen zu können.

A1 | Sternbild des Himmels-jägers Orion. Zwei sei-ner „Fixsterne“ zählenzu den hellsten Sternenam Abendhimmel: (a) Beteigeuze, derStern oben links, und (b) Rigel unten rechts.Nahe dem Zentrum dieses Vierecks findetman drei aufgereihteSterne, die den Gürteldes Orion bilden. Unter-halb vom Gürtel ist derbekannte Orionnebel (M 42), eine gigantischeWolke aus interstella-rem Gas und Staub.Trotz seiner großen Ent-fernung von ca. 1.500Lichtjahren ist er alsnebliger Fleck mit blo-ßem Auge sichtbar.

M 42

a

b

a) b)

c)

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tationswirkung mit anderen. Die größten die-ser Körper, die um mindestens einen Zen-tralstern kreisen, werden als Planeten be-zeichnet. Im Gegensatz zu den Sternenlaufen im Inneren der Planeten keine Kern-fusionsprozesse ab.Alle am Himmel sichtbaren Sterne gehörenzu einem großen System, einer Galaxie. DieGalaxie, in der sich unsere Sonne mit ihrenPlaneten befindet, nennen wir Milchstraße(k A4). Sie ist aber nur eine von vielen Gala-

xien im Universum. Die Milchstraße hat dieForm einer vier- oder fünfarmigen so genann-ten Balkenspiralgalaxie (k A3). Unsere Ga-laxie besteht aus etwa 300 Mrd. Sternen undgroßen Mengen interstellarer Materie, dienochmals 600 Mio. bis einige Mrd. Sonnen-massen ausmacht.

Bis zur Entdeckung der ersten extrasolarenPlaneten im Jahre 1992 galt unsere Sonneals einziger Zentralstern, der von Planetenumkreist wird. Bis Anfang 2006 zeigte sich,dass nur etwa 7 % der Zentralsterne Plane-ten haben; entdeckt waren 14 Systeme mitzwei, fünf Systeme mit drei und zwei Systememit vier Planeten. Außer unserem Sonnen-system ist kein Planetensystem mit mehr alsvier Planeten bekannt.

2 Das Sonnensystem

Die Sonne nimmt durch ihre gewaltige Massedas Zentrum des Sonnensystems als Zen-tralstern ein. In ihr sind fast 99,9 % der Ge-samtmasse des Systems konzentriert. Auchihr Durchmesser überragt mit etwa 1,39 Mio.km alle anderen Planeten bei weitem.

Die größten Objekte, die sich um die Sonnebewegen, sind die acht Planeten: Merkur,

Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranusund Neptun. Innerhalb der von den einzel-nen Planeten (kA5, k Tabelle A1) beherrsch-ten Raumbereiche – sogenannte Hill-Sphä-ren – befinden sich, außer bei Merkur undVenus, kleinere Himmelskörper als umlau-fende Begleiter. Nach dem altbekanntenMond der Erde werden sie analog ebenfallsals Monde, aber auch gleichbedeutend für

„Mein Vater erklärt mirjeden Sonntag unserenNachthimmel“.

Eselsbrücke, um sich dieReihenfolge der Planetenvon der Sonne aus zu merken: Merkur –

Venus – Erde – Mars – Jupiter – Saturn – Uranus – Neptun

A4 | Bei klarem Nachthim-mel ist die Milchstraßegut sichtbar (Aufnahmeim Isarwinkel).

Sonne

A3 | Die gesamte Galaxie stellt man sich als scheibenförmige Spirale vor, in deren Inne-rem sich ein Balken von hellen Sternen befindet. Der Balken hat eine Ausdehnungvon 27.000 Lichtjahren (1 Lichtjahr = 9,5 x 1.012 km). Vom Ende des Balkens gehenSpiralarme aus. Dieses Modell unserer Galaxie wird daher Balkenspiralgalaxie ge-nannt. Unsere Sonne mit den Planeten (Pfeil) befindet sich weit außen in einem derSpiralarme und ist etwa 26.000 Lichtjahre vom Zentrum entfernt. Für einen Umlaufum das Zentrum der Galaxie, das sogenannte Galaktische Jahr, benötigt sie 220 –240 Mio. Jahre, was einer Rotationsgeschwindigkeit von etwa 220 km/s entspricht.Wir sehen mit der Milchstraße aber nur einen kleinen Ausschnitt unserer Galaxie –das große Ganze bleibt verborgen, weil wir mittendrin stecken.

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Begleiter als Trabanten oder Satelliten be-zeichnet. Sie sind bis auf den Erdmond undden Plutomond Charon wesentlich kleiner alsder Himmelskörper, den sie umkreisen. Einedefinitive untere Grenzgröße, ab der mannicht mehr von einem Mond spricht, wurdeoffiziell noch nicht festgelegt.

Weitere Bestandteile des Sonnensystemssind Millionen von Asteroiden (auch Plane-toiden oder Kleinplaneten genannt) und Ko-meten, die vorwiegend in drei Zonen des Son-nensystems anzutreffen sind (k A6):

1. Der Asteroidengürtel, der sich zwischenden Bahnen von Mars und Jupiter befin-det. Der Großteil der Asteroiden unseresSonnensystems befindet sich in diesemBereich.

2. Der Kuipergürtel, der sich außerhalb derNeptunbahn befindet.

3. Die Oort’sche Wolke, die das Sonnen -system schalenförmig in einem Abstandvon etwa 1,5 Lichtjahren umschließt. Sieenthält Gesteins-, Staub- und Eiskörperunterschiedlicher Größe, die bei der Ent-stehung des Sonnensystems übrig ge-blieben waren und sich nicht zu Plane-ten zusammenschlossen. Die Oort’scheWolke bildet damit den äußeren Randunseres Sonnensystems.

2.1 Planeten, Zwergplaneten und drei Zonen

Planeten, die wie die Erde eine feste Oberflä-che haben, werden tellurische Planeten ge-nannt. Allen tellurischen Planeten ist gemein,dass sie im Gegensatz zu den Gasplaneten

relativ klein sind (der größte von ihnen ist dieErde). Im Sonnensystem gibt es vier von ihnen:Merkur, Venus, Erde und Mars – sie werdenauch als innere oder erdähnliche Planetenbezeichnet und bewegen sich auf einer Um-laufbahn nahe der Sonne(k A5, k A7).

Chemisch gesehen sind die inneren Plane-ten relativ arm an Wasserstoff und Helium,den beiden Elementen, die in der Sonne undin den meisten Sternen ca. 98 % der Gesamt-masse ausmachen. Der Grund für den gerin-gen Anteil an Wasserstoff und Helium liegtdarin, dass die inneren Planeten dort ent-standen, wo es heiß war. Die leichtflüchtigenBestandteile konnten nicht kondensieren unddamit zurückgehalten werden – und wurdendurch Sonneneinstrahlung und Sonnenwindeinfach weggeblasen. Auf diese Weise er-reichten die inneren Planeten ihre endgül-tige Größe, indem sich Materie mit hohenVerdunstungstemperaturen auf ihnen an-sammelte. Sie bestehen deshalb aus schwe-ren Metallen wie etwa Eisen und anderenVerbindungen höherer Dichte. Die innerenPlaneten entwickelten sich so zu dichten Ge-steinsplaneten.

1 2 3 4

5 6

7 8

A5 | Maßstabsgetreue Dar-stellung der Planeten-größen des Sonnensy-stems (links rot-gelb –die Sonne): 1 – Merkur,2 – Venus, 3 – Erde, 4 – Mars, 5 – Jupiter, 6 – Saturn, 7 – Uranus,8 – Neptun (Entfernun-gen nicht maßstabsge-treu).

A6 | Vorkommen von Asteroi-den und Kometen in 3Zonen des Sonnensy-stems: Asteroidengürtel,Kuipergürtel undOort’sche Wolke (voninnen nach außen).

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A7 | Das Sonnensystem. DasBild zeigt die relativenräumlichen Verhältnisseder Sonne und der Pla-neten zueinander. DerAsteroidengürtel trenntdie inneren erdähnli-chen Planeten von denäußeren Gasplaneten.Die Tatsache, dass dieUmlaufbahnen aller Pla-neten in nahezu dersel-ben Ebene liegen, ist einHinweis auf eine gleich-zeitige Entstehung auseiner rotierenden Gas-und Staubwolke (k A2).

Drei der tellurischen Planeten (Venus, Erde,Mars) besitzen eine Atmosphäre. Diese istaus Gasen aufgebaut, die vom Schwerefelddes Himmelskörpers festgehalten werden.Merkur, der der Sonne am nächsten steht,besitzt keine Atmosphäre. Der Grund liegt inder geringen Masse und der geringen Ent-fernung zur Sonne, die einerseits eine ge-ringe Anziehungskraft der Gasmoleküle undandererseits eine große Hitze auf dem Mer-kur verursachen. Die Gasmoleküle könnennicht lange festgehalten werden und entwei-chen ständig in den Weltraum. Merkur ist fürseine Größe dennoch ungeheuer schwer.Dies geht möglicherweise auf eine Kollisionmit einem Asteroiden zurück, durch die er

einen Großteil seiner leichteren (äußeren)Gesteinsschichten verlor. Übrig blieb vorallem der massive und schwere Metallkern,der ca. 80 % seiner Gesamtmasse umfasst.

Der größte Teil der leichtflüchtigen Stoffe wieetwa Sauerstoff, Helium, Wasser, Methanund Ammoniak entwich bei der Entstehungder Planeten in die kälteren äußeren Regio-nen des Sonnensystems jenseits des Aste-roidengürtels und kondensierte dort zu dengroßen Gasplaneten Jupiter, Saturn, Uranusund Neptun (k A5). Im Gegensatz zu den in-neren Planeten bestehen sie nicht aus Ge-stein. Nur in ihrem Inneren befindet sich einharter Kern, der aufgrund seiner Schwerkraftsehr stark komprimiert und extrem heiß ist.Die beiden Gasriesen Jupiter und Saturnwaren groß genug und auch ihre Gravitati-onskräfte reichten aus, um alle Bestandteileder solaren Urmaterie zusammenzuhalten.Sie besitzen keine feste Oberfläche; dichteund ausgedehnte Atmosphären liegen übereinem mächtigen Mantel aus Flüssigkeit, derzum Teil aus metallischem Wasserstoff be-steht. Metallischer Wasserstoff entsteht,wenn Wasserstoff hohem Druck ausgesetztist und deswegen eine Änderung des Aggre-gatzustandes durchläuft. Die kleineren Gas-planeten Neptun und Uranus ähneln in ihremAufbau den beiden Riesen.

Pluto ist ein tellurischer Zwergplanet und dasprominenteste Objekt des sogenannten Kui-pergürtels, einer scheibenförmigen Region,die sich im Sonnensystem außerhalb derNeptun-Bahn erstreckt und schätzungsweisemehr als 70.000 Objekte mit einem Durch-messer von mehr als 100 km beherbergt.Pluto ist etwas kleiner als der Erdmond undbewegt sich sehr elliptisch um die Sonne. Als

Neptun

Uranus

Jupiter

Mars

Merkur

Venus

Erde

Saturn

Definitionen: Planet und Zwergplanet

Von der Definition Planet hängt es ab, wie viele Planeten unser Sonnen-system zur Zeit hat. Im Jahr 2006 wurde von der „Internationel Astrono-mical Union“ (IAU) die folgende Definition beschlossen:

• Planeten sind Himmelskörper auf einer Umlaufbahn um einen Stern. • Planeten haben aufgrund ihrer Masse und der dadurch bedingten

Eigengravitation eine annähernd runde Form. • Planeten „befreien“ ihre Umgebung von anderen Objekten.

Weiterhin wurde bei diesem Treffen der Status Zwergplanet eingeführt.Gemäß Beschluss ist ein Zwergplanet ausdrücklich kein Planet. Damit istPluto, der sich im Kuipergürtel mit anderen Himmelskörpern bewegt, perDefinition nicht ein Planet, sondern ein Zwergplanet.

Nicht alle Astronomen erkennen die IAU als ihre Vereinigung an, unddamit auch nicht die Entscheidungen, die von ihren Mitgliedern getroffenwerden. Daher kursieren etliche unterschiedliche Auffassungen zu derFrage „Wie viele Planeten hat unser Sonnensystem?“ Einige Wissen-schaftler wollen Pluto als neunten Planeten erhalten, andere wollenneben Pluto auch die anderen zwei größten Objekte aus dem Asteroiden-gürtel, Ceres und Eris, zu Planeten erheben.

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„Bahnbrecher“ kreuzt er dabei die Umlauf-bahn des Planeten Neptun, etwas, was ihnvon den acht Planeten unterscheidet. Er galtvon seiner Entdeckung 1930 bis zum 24. Au-gust 2006, der Neudefinition des Status „Pla-net“, als der neunte und entfernteste Planetdes Sonnensystems. Er besteht aus einer Mi-schung aus Methan- und Wassereis sowieGestein und besitzt drei Trabanten, die ver-mutlich auf eine Kollision mit einem Asteroi-den zurückgehen.

Ende des 18. Jahrhunderts erkannten dieAstronomen Johann Daniel Titius und JohannElert Bode eine Gesetzmäßigkeit in den Ab-ständen der Planeten von der Sonne. DieseGesetzmäßigkeit wird Titius-Bodesche Reihegenannt und besagt, dass sich die Abständezwischen den Himmelskörpern mit einer ein-fachen mathematischen Formel näherungs-weise aus der Nummer der Planetenreihen-folge herleiten lassen. Die Formel weist aufeinen weiteren Planeten zwischen Mars undJupiter hin, einem Bereich in dem sich derAsteroidengürtel befindet – und so stellteman sich vor, dass die unzähligen Klein- und

Kleinstplaneten in dem AsteroidengürtelTrümmer eines ursprünglich großen Plane-ten sein müssten. Heute wird angenommen,dass die Asteroiden (k A8) und ihre Vorgän-ger zusammengeballte Reste planetarer

tellurische Planeten:

Abstandzur Sonne

Umlaufzeitum die Sonne

Durchmesseram Äquator

Masse(Vielfaches

der Erdmasse)

Anzahlder Monde

1ter = Merkur 0,387 AE 88 Tage 4.878 km 0,05 –

2ter = Venus 0,723 AE 225 Tage 12.104 km 0,81 –

3ter = Erde 1 AE 1 Jahr 12.765 km 1 1

4ter = Mars 1,52 AE 1,88 Jahre 6.794 km 0,11 2

Gasplaneten:

5ter = Jupiter 5,2 AE 11,8 Jahre 142.800 km 318 63

6ter = Saturn 9,54 AE 29,5 Jahre 12.000 km 95 56

7ter = Uranus 19,2 AE 84 Jahre 51.120 km 15 27

8ter = Neptun 30 AE 164,8 Jahre 49.528 km 17 13

weitere Objekte:

Asteroidengürtel 2,0 – 3,4 AE

mit Zwergplanet Ceres 2,8 AE 4,6 Jahre 975 km 0,0002 –

Kuipergürtel 30 – 50 AE

mit Zwergplanet Pluto 39,53 AE 247,7 Jahre 2.300 km 0,002 3

mit Zwergplanet Eris (früher Xena genannt)

67,69 AE 557 Jahre 2.400 km 0,003 1

Oort’sche Wolke 300 – 100.000 AE

Tabelle A1 | Daten für die Planeten, Zwergplaneten und Zonen des Sonnensystems(Stand 2007). AE = Astronomische Einheit (AE = 1 entspricht der mittlerenEntfernung von der Erde zur Sonne und beträgt 149.597.870 km).

A8 | Der Asteroid Ida miteinem Durchmesser von mehr als 50 km umkreist die Sonne imAsteroidengürtel. DieAufnahme wurde 1993von der Raumsonde Galileo gemacht.

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A9 | Abstand der Planetenvon der Sonne mit Dar-stellung der Schwan-kungsbreite (größterund kleinster Abstand)aufgrund der Elliptizitätder Umlaufbahnen.

Bausteine sind. Man nimmt an, dass Gravi-tationsstörungen, verursacht vor allem durchden Gasriesen Jupiter, die Bildung eines wei-teren tellurischen Planeten verhinderten.Diese Gravitationsstörungen bewirken wei-terhin, dass Asteroide ständig untereinanderkollidieren, was zur Zertrümmerung Einzel-ner führt. Dabei können Bruchstücke in un-abhängige Bahnen gelenkt werden – ummöglicherweise anschließend als Meteoriteauf einem Planeten einzuschlagen. Als Me-teorite werden Festkörper außerirdischen Ur-sprungs bezeichnet, welche die Atmosphäredurchquert und den Erdboden erreichthaben.

2.2 Orientierung im Raum – Gesetz-mäßigkeiten

Die Bahnen der Planeten unseres Sonnen-systems haben eine Reihe auffälliger Eigen-schaften, die weitgehend durch die Entsteh -ungsbedingungen des Planetensystemsgeprägt wurden:

1. Die Planetenbahnen weichen nur gering -fügig von einer kreisförmigen Bahn ab undweisen die Form einer Ellipse auf. Die Ellip-senbahnen haben nur kleine Exzentrizitä-ten (Abweichung von der Rundheit) (k A9).

2. Die Ellipsenbahnen liegen alle – inklusivedem Asteroidengürtel – nahezu in einerEbene, d. h. ihre Ekliptik (Abweichung vonder Ebene) ist gering.

3. Die Abstände der meisten Planeten (vonNeptun) von der Sonne haben eine ma-thematische Beziehung (Titius-BodescheReihe).

4. Der Umlaufsinn in der Bahn ist für fast allePlaneten gleich und zudem noch im glei-chen Sinne gerichtet wie die Rotation derSonne um ihre eigene Achse. Dieser Dreh-impuls ist ein Relikt aus der frühen Ent-stehungsphase des Sonnensystems. NurVenus und Uranus rotieren „falsch herum“(rückläufig) – vermutlich die Folge einergroßen Kollision mit einem anderen Him-melskörper.

5. Die Geschwindigkeit der Planeten auf ihrerUmlaufbahn ist nicht konstant, sie ändertsich in Abhängigkeit von der Position zurSonne: In Sonnennähe, dem Perihel, derden nächsten Punkt einer elliptischen Pla-netenbahn zur Sonne darstellt, haben siedie größte Geschwindigkeit; am entfern-testen Punkt ihrer Bahn (dem Aphel) wei-sen die Planeten die geringste Geschwin-digkeit auf (Drehimpulserhaltungssatz).Während die mittlere Entfernung der Erdezur Sonne 149.597.870 km (= 1 AE = As-tronomische Einheit) beträgt, sind es imPerihel, den die Erde Anfang Januar er-reicht, 147,1 Mio. km und im Aphel (An-fang Juli) 152,1 Mio. km. Je weiter der Pla-net von der Sonne entfernt ist, desto mehrZeit benötigt er für einen Umlauf um dieSonne. Merkur bewegt sich mit 50 km/s,die Erde mit durchschnittlich 30 km/s, dersonnenfernere Mars mit 24 km/s, der Gas-planet Saturn mit 10 km/s um die Sonne.

Neptun

Uranus

Jupiter

MarsMerkurVenusErde

Saturn

Asteroidengürtel

Kuipergürtel

Mio. km

7000

6000

5000

4000

3000

2000

1000

0 Sonne

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Planetensystem und Aufbau der Erde Sachinformation

Eine weitere sehr wichtige Eigenschaft un-seres Sonnensystems ist die außerordent-lich dynamische Stabilität, die dazu beiträgt,dass unser Planetensystem über mehr als 4 Mrd. Jahre hinweg bestehen konnte. Wäh-rend dieser Zeit haben sich die Planetenbah-nen offenbar nicht wesentlich geändert. Aufgrund der Konstellation der Planetenbah-nen zueinander üben die Planeten nur ge-ringfügige Wechselwirkungen aufeinanderaus, es gibt nur geringe gegenseitige gravi-tative Störungen der Planeten. Diese zeich-nen sich durch leichte periodische Abwei-chungen der Bahnverläufe aus. Insgesamtberuht die Stabilität des Planetensystemsauf zwei wesentlichen Eigenschaften: Auf der herrschenden Stellung der Sonne als zentrale Masse und auf den „wohlgeordne-ten“ Kepler’schen Planetenbahnen.

Wäre die Sonne nicht unser einziger zentra-ler Stern, so würde unser Planetensystem inrelativ kurzer Zeit „auseinanderfliegen“. Gra-vitierende Systeme, also Systeme aus Mas-senkörpern mit Anziehungskraft, die aus mehrals zwei Körpern bestehen, sind im Allgemei-nen nicht stabil – dies ist anhand der relativkurzen Lebensdauer offener Sternenhaufenbelegt. Solche Sternensysteme, die aus eini-gen hundert Sternen mit ungeordneten Bah-nen bestehen, lösen sich innerhalb von we-nigen 100 Mio. Jahren völlig auf, weil durchgravitative Störungen bei engen Begegnun-gen der Mitglieder ständig Sterne aus demHaufen herausgeschleudert werden.

2.3 Besucher aus dem All – Kometenund Meteorite

Kometen bestehen überwiegend aus leicht-flüchtigen Bestandteilen: Gefrorenem Was-ser, Trockeneis, CO-Eis, Methan und Ammo-niak mit Beimengungen aus Staub. Manbezeichnet sie deshalb auch als „schmut-zige Schneebälle“. In Sonnennähe ist dermeist nur wenige Kilometer große Kern voneiner diffusen, nebligen, Koma genanntenHülle umgeben, die eine Ausdehnung von biszu 100.000 km erreichen kann. Das auffäl-ligste Kennzeichen der von der Erde aus sicht-baren Kometen ist jedoch der Schweif, dereine Länge von 10 bis 100 Mio. km erreichenkann. Bei einem Umlauf um die Sonne ver-liert ein Komet jedes Mal einen Teil seiner

Substanz. Das ist der Schweif, der immersonnenabgewandt erscheint (k A10).

Zahlreiche kleinste Kometen sind an denRand des Sonnensystems gedrängt worden,wo sie eine riesige kugelförmige Hülle gebil-det haben, die unter der BezeichnungOort’sche Wolke bekannt ist (k A6). Periodi-sche Kometen umkreisen zumindest füreinen gewissen Zeitraum mit einer stabilenUmlaufbahn die Sonne. Als aperiodische Ko-meten werden die bezeichnet, die aufgrundihres Bahnverlaufes nicht wiederkehren oderderen genaue Bahn noch nicht bestimmt wer-den konnte. Die meisten der langperiodi-schen Kometen mit Umlaufzeiten von 200bis zu 100 Mio. Jahren sind in der Oort’schenWolke entstanden; kurzperiodische Kome-ten mit Umlaufzeiten unter 200 Jahren stam-men vermutlich aus dem Kuipergürtel.

Meteorite sind Festkörper außerirdischen Ur-sprungs. Wenn der Gesteinskörper nochdurch das Sonnensystem fliegt, heißt er Me-teoroid. Beim Eintritt in die Atmosphäre er-zeugt er eine Lichterscheinung, die als Me-teor bezeichnet wird; und wenn er nichtverglüht, sondern den Boden erreicht, wirder schließlich zum Meteorit.

A10 | Komet Hale Bopp am6. April 1997 aufge-nommen bei Bremen.

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Nach der Zusammensetzung unterscheidetman die Steinmeteorite, die Eisenmeteoriteund die Stein-Eisenmeteorite, nach dem Ge-füge die Chondrite und Achondrite. Chondritesind aus den sogenannten Chondren aufge-baut; das sind schnell abgekühlte, meistunter einem Millimeter kleine Schmelztröpf-chen aus Silikat, die aus dem heißen Gas dessolaren Nebels kondensierten (kA11). Chon-drite können bis zu 5 Gewichtsprozent Koh-lenstoff in Form von organischen Verbin -dungen wie Kohlenwasserstoffe und Ami-nosäuren enthalten und werden dann koh-lige Chondrite genannt. Man nimmt an, dassdiese Chondrite in der frühesten Geschichteunseres Sonnensystems entstanden sind.Achondrite haben dieses Gefüge nicht undsind daher jüngeren Ursprungs.

Im Volksmund werden kleine Meteore auchSternschnuppen genannt, große heißen Boli-den, Feuerkugeln oder Feuerbälle. Die meis-ten Lichterscheinungen werden von Teilchenerzeugt, die nur wenige Millimeter groß sind;sie verglühen beim Auftreffen auf die Erdat-mosphäre vollständig. Der Leuchteffekt ent-steht dabei aber nicht durch das Verglühen(denn in über 100 km Höhe ist die Luft dafürzu dünn), vielmehr werden durch die Bewe-gungsenergie Elektronen der Luftmoleküle aufein höheres Energieniveau angehoben undstrahlen diese Energie kurz darauf beim Zu-rückfallen als sichtbares Licht ab.

Meteorströme entstehen, wenn die Erde dieFlugbahn eines Kometen (oder Asteroiden)kreuzt – ihre Auflösungsprodukte bringen dieLichteffekte hervor. Bekannte Meteorströmesind die Quadrantiden im Januar, die Leoni-den im November sowie die Geminiden imDezember. Die Perseiden, jedes Jahr zwi-schen dem 17. Juli und dem 24. August zusehen, sind mit ca. 110 Meteoren pro Stundedie intensivsten auf der Erde sichtbaren Me-teorströme.

Die Geschwindigkeit, mit der ein Meteorit indie Erdatmosphäre eindringt (Eintrittsge-schwindigkeit), hängt von seiner Flugrichtungrelativ zur Erde ab. Auch die Umlauf- undFluchtgeschwindigkeit der Erde (Geschwin-digkeit, bei der ein Körper die Erde verließe,wenn er fortgeschleudert würde) haben einenEinfluss auf die Eintrittsgeschwindigkeit einesMeteoriten. Die höchste Geschwindigkeit (72 km/s) wird erreicht, wenn ein Meteoritfrontal auf die Erde zufliegt, die geringste (12 km/s = 43.200 km/h = etwa 40-facheSchallgeschwindigkeit), wenn er der Erde hin-terher fliegt. Wenn ein Meteorit eine be-stimmte Größe hat, kann er von der Atmo-sphäre nicht mehr abgebremst werden undschlägt ungebremst auf die Erdoberfläche.Kleinere Meteorite (< 50 kg) verglühen in derAtmosphäre. Man geht davon aus, dass jähr-lich mindestens 50.000 Tonnen meteoriti-sches Material auf die Erde niedergeht.

Einer der bekanntesten Meteoritenkrater derErde und der erste, der Anfang des 20. Jahr-hunderts als solcher erkannt wurde, ist derBarringer-Krater in Arizona (USA). Er entstandvor ca. 50.000 Jahren durch den Einschlageines ca. 63.000 Tonnen schweren Eisen-meteoriten, der mit einer geschätzten Ge-schwindigkeit von 15 km/s aufschlug. DerKrater hat einen Durchmesser von 1,3 kmund ist über 100 m tief. In der Umgebungwurden ca. 20.000 Bruchstücke des Meteo-riten gefunden. Neben den Schockwellen,die im näheren Umkreis alles Leben vernich-teten, wurde eine Staubwolke aufgewirbelt,die die gesamte Erde umkreiste.

Der Rieskrater (Bayern/Baden-Württemberg)und das kleinere Steinheimer Becken (Baden-Württemberg) entstanden vor ca. 14,5 Mio.Jahren. (u Modul I „Außerschulische Lern-

A11 | Polierte Scheibe deskohligen ChondritenAllende, der am 8. Fe-bruar 1969 über dermexikanischen ProvinzChihuahua niederging.Hauptbestandteil desgraugrünen Bindemit-tels ist Olivin. Nebenden millimetergroßenChondren enthält Al-lende zahlreiche unre-gelmäßig begrenzteweiße Einschlüsse, diereich an Aluminiumund Kalzium sind.

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A12 | Ein Modell des Ries-kraters (3,7-fach über-höht) zeigt die Impakt-struktur mit einemDurchmesser von 24 km.

orte“ – Exkursion Nr. 17) Das heutige Nörd-linger Ries wurde dabei von einem Asteroi-den von ca. 1 km Durchmesser aus der Alb-tafel herausgesprengt, während dasSteinheimer Becken das Ergebnis des Auf-schlags eines etwa 100 m großen Asteroi-den ist. Das Ries (k A12) ist dabei mit 24 km Durchmesser deutlich größer als dasSteinheimer Becken mit 3,5 km. In beidenFällen lag die Endgeschwindigkeit der kosmi-schen Geschosse bei etwa 20 km/s oder ca. 70.000 km/h.

2.4 Das älteste Material

Das älteste Material des Sonnensystems,das auf der Erde gefunden wurde, stammtvon chondritischen Meteoriten und ist ca. 4,6Mrd. Jahre alt.

Die ältesten Minerale der Erde sind Zirkoneaus der westaustralischen Jack Hill Rock For-mation, welche auf 4,4 Mrd. Jahre datiertwurden. Für geologisch-genetische Forschun-gen hat das Mineral Zirkon eine besondereBedeutung: Einerseits ist es wegen seinesUran- und Thoriumgehaltes für die radiogeneAltersdatierung sehr gut geeignet (u ModulH „Geologische Arbeitstechniken“), anderer-seits können aufgrund der im Kristall vorhan-denen Einschlüs se (winzige Bläschen ausGas und Flüssigkeiten) Aussagen über dieHerkunft und die weitere geologische Ge-schichte des Gesteins gemacht werden.

Das älteste Wasser der Erde kommt ausebendiesen Einschlüssen in den alten Zirko-nen. Anhand der Sauerstoff-Isotopensigna-tur konnte belegt werden, dass vor ca. 3,9Mrd. Jahren bereits Sedimente und Ozeaneauf der Erde existierten.

Das älteste Gestein der Erde ist mit 4,03 Mrd.Jahren der Acasta-Gneis aus dem westlichenKanadischen Schild. Hier hat man zum ers-ten Mal den Teil einer alten Erdkruste gefun-den.

Die Entwicklung von anorganischer zu orga-nischer Materie vor etwa 3,8 Mrd. Jahren mar-kiert den Beginn der Entwicklung des Lebensauf der Erde. Mit einem Alter von mehr als 3,6Mrd. Jahren sind Stromatolithen (lagige Struk-turen aus sehr feinschichtigem Kalk) die

ältesten bekannten Fossilien. Sie entstandendurch Cyanobakterien (Blaualgen), die als die ersten Photosynthese-Erzeuger der Erd -geschichte gelten.

2.5 Kind zweier Eltern – der Mond

Die gemeinsame Geschichte von Erde undMond beginnt mit einer Katastrophe. Vor 4,53 Mrd. Jahren, also ziemlich genau 40 Mio. Jahre nach Entstehung der Erde, kol-lidierte ein großer Himmelskörper unseresSonnensystems mit der Erde. Die bei demAufprall freigewordene Energie war so gewal-tig, dass die gerade oberflächlich erkalteteErde (Protoerde) wieder aufriss und riesigeMengen glühender Trümmer beider Körperins All geschleudert wurden. Diese Trümmerballten sich dann in einer Umlaufbahn umdie Erde zum Mond zusammen. Mit Sinn fürSymbolik wurde der Meteorit, der etwa dieGröße und das Gewicht vom Mars gehabthaben muss, auf den Namen Theia getauft;so hieß in der griechischen Mythologie dieMutter der Mondgöttin Selene.

Den wichtigen Beleg, dass der Mond nichtnur ein vagabundierender Asteroid war, dersich ohne Kollision vom irdischen Schwere-feld einfangen ließ, liefern die Elemente Niob

Nördlingen

Oettingen

Donauwörth

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(Nb) und Tantal (Ta), die immer zusammenauftreten und überall im Sonnensystem imgleichen Verhältnis vorkommen. In der Sili-kathülle der Erde (Erdkruste) jedoch ist derNiob-Gehalt deutlich niedriger als der vonTantal. Wissenschaftler haben herausgefun-den, dass sich das fehlende Niob der Erd-kruste im Laufe der Zeit in dem metallischenErdkern anreicherte. Das Besondere daranist, dass in keinem anderen untersuchtenHimmelskörper das Niob in der Silikathüllefehlt. Die Erklärung hierfür ist, dass sich dasNiob nur bei extrem hohen Drucken im Me-tallkern von Himmelskörpern anreichernkann. Nur die Erde hatte die nötige Größe,um während der Bildung des Eisenkerns sol-che Drucke zu entwickeln und einen Teil desNiobs aufzunehmen. Interessanterweisefehlt dem Mond ebenso etwas von dem Ele-ment Niob, was eigentlich aufgrund seinerGröße gar nicht sein kann. Über die Mengean Niob, die im Mond fehlt, kommen die Wis-senschaftler zu der Schlussfolgerung, dassmindestens die Hälfte des Mondes von deran Niob verarmten Silikathülle der Erdestammen muss. Der Mond ist ein Kind zweierEltern – die eine Hälfte seines Materialsstammt von der Erde und die andere vonTheia.

Der Mond hat noch weitere Besonderheiten,die auf die Kollision seiner Eltern zurückge-führt werden: Er ist ungewöhnlich leicht undextrem trocken. Computersimulationen ma-chen es wahrscheinlich, dass nach dem Zu-sammenstoß von Theia mit der Erde nur einesweitgehend von Theia erhalten blieb – dermassive Eisenkern. Durch den Aufschlag, derbis zum Eisenkern der Erde reichte, ver-

schmolz er dort mit dem bereits vorhande-nen irdischen Eisenkern. Der Rest von Theiaverdampfte. Die Materiewolke, die schließ-lich zum Mond wurde, ist folglich extrem ei-senarm. Die Kollisionshitze sorgte zudemdafür, dass Wasser und alle flüchtigen Ele-mente verdampften. Aus diesem Grund istder Mond „staubtrocken“.

Der Zusammenstoß zwischen Erde und Theiawar vermutlich auch entscheidend für dieEntstehung von Leben auf der Erde. So wirktdie Anziehungskraft des Mondes wie eineFessel, welche die Rotationsachse der Erdestabilisiert und sie daran hindert, chaotischhin- und herzupendeln. Ohne ihren ständi-gen Begleiter würde die Erde, ähnlich wie dieNachbarplaneten Mars und Venus, einemschlingernden Kreisel ähnlich auf ihren Bah-nen um die Sonne taumeln – die Folgen fürdas Klima am Erdboden wären fatal.

Von der Erde aus sehen wir immer nur eineSeite des Mondes, die Vorderseite (erdzuge-wandte Seite). Die Lunik 3-Sonde hat im Jahre1959 die ersten Fotos von der unbekanntenRückseite (erdabgewandte Seite) aufgenom-men. Dabei zeigten sich deutliche Unter-schiede der Vorder- und Rückseite der Mond-oberfläche, denn die Oberfläche an derRückseite war heller und weniger strukturiertals wir es von der Vorderseite kennen. (kA13)Dies wurde durch spätere Weltraummissio-nen bestätigt. Die Rückseite besteht zu 90 %aus hellen kraterbedeckten Hochländern,während auf der Vorderseite viele Vulkaneund ausgedehnte Lavadecken ein dunkleresErscheinungsbild der Oberfläche liefern.

A13 | links: Die erdzuge-wandte Seite des Mon-des mit großflächigendunklen, lavabedeck-ten Gebieten und rechts: die hellere erd-abgewandte Seite.

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3 Die Erde entwickelt sich

Die Entwicklung der Erde von einem ur-sprünglich homogenen und festen Körper zueinem differenzierten Planeten mit teilweiseflüssigem Material, in dem sich einzelneSchalen mit unterschiedlichen chemischenund physikalischen Eigenschaften voneinan-der unterscheiden lassen, vollzog sich rela-tiv rasch, möglicherweise noch innerhalb derersten paar 100 Mio. Jahre nach der Erdent-stehung.

3.1 Aufheizung und Wachstum

Nach heutigem Verständnis trugen drei Pro-zesse zum Aufheizen des wachsenden Pla-neten bei: Einschläge von Planetesimalen(Vorläufer und Bausteine von Planeten), diezunehmende Eigengravitation des wachsen-den Planeten und die Radioaktivität im Inne-ren der Erde.

Einschläge

Da die Erde zu der Zeit noch nicht über eineAtmosphäre verfügte, schlug jedes Planete-simal völlig ungebremst auf der Oberflächeein. Ein bewegter Körper besitzt eine Bewe-gungsenergie, die mit wachsender Geschwin-digkeit im Quadrat zunimmt. Ein mit der Erdekollidiertes Planetesimal mit einer Geschwin-digkeit von ca. 11 km/s setzt bei dem Auf-schlag soviel Energie frei wie der herkömm-liche Sprengstoff TNT, wenn man jeweils diegleichen Massen annimmt. Der überwie-gende Anteil der Bewegungsenergie wird inWärme umgewandelt.

Eigengravitation

In der Folge erhöht die Akkretion (Anhäufung)immer neuen Materials im wachsenden Pla-neten das Eigengewicht und somit seineMasse. Als Auswirkung der höheren Masseerfuhr der Körper eine höhere Schwerkraftund damit eine stärkere Eigenkompression,was wiederum zur Erhöhung der energeti-schen Verhältnisse führte. Dadurch stiegendie Temperaturen im Zentrum der jungen Erdevermutlich auf ca. 1.000°C an.

Radioaktivität

Auch wenn radioaktive Elemente (wie bei-spielsweise Uran) nur in geringer Konzentra-tion vorhanden sind, spielt die Radioaktivi-tät eine entscheidende Rolle. Bei radio-aktiven Elementen zerfallen die Atome spon-tan, indem sie ein Elektron oder ein Alpha-teilchen (einen Helium-Kern) aussenden.Diese freigesetzten Teilchen werden von derumgebenden Materie absorbiert, wobei dieBewegungsenergie wiederum in Wärme um-gewandelt wird. Die Radioaktivität ist eineWärmequelle, die seit mehreren MilliardenJahren fortbesteht und zu einem Tempera-turanstieg auf ca. 2.000°C im Erdinnerenführte. Dies liegt über der Schmelztempera-tur von Eisen. Und da die Erde ungefähr zueinem Drittel aus Eisen besteht, setzte dasSchmelzen dieser riesigen Eisenmengeneinen Prozess in Gang, der die Erde zu demmachte, was sie heute ist.

3.2 Differentiation und chemischeZonierung

Nachdem sich die bis dahin vermutlich ho-mogene Erde (die stoffliche Zusammenset-zung ist überall gleich) ungefähr auf denSchmelzpunkt von Eisen (Schmelzpunkt vonreinem Eisen: 1.535°C) aufgewärmt hatte,begann sich die Materie aufzuschmelzen undsich gleichzeitig zu differenzieren (trennen).Das flüssige Material sammelte sich in Trop-fen. Da Eisen schwerer, das heißt dichter, istals die anderen Hauptbestandteile der Erde,sank ungefähr ein Drittel der Erdmaterie (v. a. Eisen und Nickel) zum Zentrum und bil-dete dort den metallischen Erdkern. Leich-tes Material (Silizium, Magnesium, Kalzium,Aluminium) wurden dabei abgetrennt, wobeies teilweise zur Oberfläche aufstieg und zueiner ersten primitiven Kruste erstarrte.Durch die Aufheizung und Aufschmelzungder Erde und der damit verbundenen Diffe-rentiation kam es zum Schalenbau der Erdemit einem schweren Kern aus Eisen und Ni-ckel, einem Mantel aus Magnesium- und Ei-senoxiden und -silikaten (Olivin, Pyroxen),einer Kruste mit leichtem Quarz und Feld-spat und einer Anreicherung der gasförmi-

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gen Elemente ineiner ersten Atmo-

sphäre. Diese be-stand im Wesentli-

chen aus Kohlendioxid,Wasserdampf und Stick-

stoff, wobei die Gase auf-grund der Gravitationskraft

der Erde nicht ins Weltall ent-weichen konnten.

Es gibt auf der Erde mehr als 100chemische Elemente, aber nur

acht davon machen 99 % der ge-samten Erdmasse aus: Eisen (35 %),

Sauerstoff (30 %), Silizium (15 %) undMagnesium (13 %) sowie Nickel, Schwe-

fel, Kalzium und Aluminium mit einemMengenanteil zwischen 2,4 und 1,1 %.

Interessant ist der Vergleich zwischen der ge-nannten Häufigkeit in der gesamten Erde undder Häufigkeit in der Erdkruste. Da das meisteEisen in den Kern abgesunken ist, ergibt sichfür die Erdkruste ein ganz anders Bild: Sau-

erstoff (46 %), Silizium (28 %), Aluminium (8%), Eisen (6 %) und Magnesium (4 %) sowieKalzium, Kalium und Natrium mit einem Men-genanteil zwischen 2,4 und 2,1 %. Diese sehrungleichmäßige Verteilung der Elemente –die leichten in der Kruste, die schweren imKern – ist das Ergebnis der Differentiationund wird auch als chemische Zonierung be-zeichnet.

Die mittlere Dichte der Erde wurde schon1798 von dem britischen WissenschaftlerHenry Cavendish mit 5,5 g/cm3 bestimmt.Die Messung erfolgte über die Gravitations-kraft der Erde auf einen Körper bekannterDichte. Da die granitischen Gesteine an derErdoberfläche aber nur Werte von 2,5 bis 3,0 g/cm3 aufweisen, wurde schon damalsüber eine Erdkruste mit niedriger Dichte undein Erdinneres mit höherer Dichte diskutiert.Heute wird die mittlere Dichte der Erde mit5,517 g/cm3 angegeben. Das heutige Modelldes Eisenkerns mit Silikathülle stammt vondem deutschen Wissenschaftler Emil Wie-chert und wurde 1896 aus den Ablenkungenvon Erdbebenwellen, die den Erdkörper nichtdirekt durchlaufen, interpretiert. Das Drei-schalenmodell mit Kern, Mantel und Krustewurde Ende der 1970er Jahre durch den US-amerikanischen Wissenschaftler A. E. Ring-wood verfeinert. Er unterteilte den Erdman-tel nochmals in einen oberen und unterenMantel und eine dazwischen liegende Über-gangszone (k Tabelle A2, k A14). Möglichwurde das neue Schalenmodell durch immerfeinere seismische Messungen.

Schale Untereinheit Tiefe Dichte Zustand

Krustekontinentale oder ozeanische Kruste

20 – 80 km (kont.),6 – 10 km (ozeanisch)

2,7 – 3,0 g/cm3 fest

Mantel

oberer Mantel bis 400 km 3,3 g/cm3 bis ca. 100 km fest,darunter plastisch

mittlerer Mantel bis 900 km 4,6 g/cm3 plastisch

unterer Mantel bis 2.900 km 5,7 g/cm3 plastisch

Kernäußerer Kern bis 5.100 km 9,4 g/cm3 flüssig (ca. 3.000°C heiße

Nickel-Eisen-Legierung)

innerer Kern bis 6.370 km 11 – 13,5 g/cm3 fest (> 5.000°C heißer Eisenkern)

A14 | Der Schalenaufbauder Erde.

Tabelle A2 | Tabellarische Zusammenfassung des Schalenbaus der Erde. Aus der Tabelle wird deutlich, dass die Dichte mit zunehmender Tiefe inder Erde immer höher wird und die Zusammensetzung der Gesteine und damit der Mineralkomponenten sich von Kruste nach Manteldeutlich ändern müssen. Das zähflüssige Verhalten des Mantels wird als plastisch bezeichnet.

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4.1 Das Gravitationsfeld der Erde

Die gravitative Kraft (Schwerkraft) aus der An-ziehung der Erdmasse wird als Gravitations-feld der Erde bezeichnet. Die Kugelform derErde ist eine Folge dieser Schwerkraft. Jedochergibt sich durch die Rotation der Erde unddie damit verbundenen Fliehkräfte eine Ab-plattung der Erde an den Polen und eine An-häufung der Massen im Äquatorbereich, derauch als Äquatorwulst bezeichnet wird. DieAbplattung beträgt 1/298-stel des Erdradius(6.370 km), was 21 km entspricht. Die Formder Erde ist daher keine Kugel, sondern einRotationsellipsoid. Denkt man sich die ganzeErde von einem Ozean überlagert, dann würdediese theoretische Wasseroberfläche unterdem Einfluss der Schwerkraft (Potenzialflä-che der Schwerkraft) jedoch keine perfekteFläche sein, sondern viele Beulen aufweisen,die über 100 m tief sein können. Diese theo-retische Fläche wird Geoid genannt (k A15).Die Fläche des Geoids ist auch die Bezugs-fläche der Höhenangaben (Geoidhöhe Null)und wird als „Normalnull“ bezeichnet. AllePunkte der realen Erdoberfläche beziehensich in ihrer Höhe auf den lotrechten Abstandvom Geoid (k Exkurs „Geodäsie“, S. 32/33).

Die Abweichung von der Ellipsoidform läßtsich durch Dichteungleichgewichte der Erdeerklären. Die Erde zeigt nicht nur eine verti-kale Zonierung mit einem Erdmantel geringe-rer Dichte um den Erdkern und der noch leich-teren Erdkruste als Außenschale, auchinnerhalb der einzelnen Schalen ist die Dichtenicht gleichmäßig verteilt. Dies ist an der Au-ßenschale, der Erdkruste, mit den starkenHöhenunterschieden im Oberflächenrelief derErde von Tiefseegräben hin zum Hochgebirgeeinfach nachzuvollziehen. Diese Massenun-terschiede führen zu kleinräumigen Variatio-nen im Schwerefeld der Erde, sogenanntenSchwereanomalien. Durch Auswertung vonSatellitenbahnen um die Erde hat man bele-gen können, dass im Erdinneren (Mantel,Kern) die Dichte nicht gleichmäßig verteilt istund es neben den kleinräumigen Änderun-gen auch zu großräumigen Abweichungen vonder idealisierten Form eines Rotationsellip-soids kommt. In einem Modell des GeoFor-schungsZentrums Potsdam (GFZ) ist dieseAbweichung von der Idealform durch eine sehrstarke Überhöhung der Geoidabweichungensichtbar gemacht. Dieses Geo idmodell derErde, „Potsdamer Kartoffel“ (k A16a) ge-nannt, stellt die Situation verzerrt dar, denn

4 Gravitation und Magnetfeld

A15 | Die Anomalien desSchwerefeldes derErde.

Anomalien des Schwerefeldes in mGal

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Auf Landkarten ist die Höhe von Ort-schaften oder Bergen angegeben.Diese Topographie eines Geländesbraucht natürlich ein Bezugssystem.Die nationalen Höhenreferenzsys-teme der europäischen Länder sindjeweils auf unterschiedliche Bezugs-punkte (Meerespegel) mit unter-schiedlichen theoretischen Höhende-finitionen bezogen. Dadurch variierendie Bezugshöhen i. a. um mehrere De-zimeter, im Extremfall bis zu 2 m. Al-lein in Europa existieren historisch be-

dingt 15 verschiedene Höhenbezugs-systeme, die inzwischen zumindestfür länderübergreifende Geodatendurch das „European Vertical Refe-rence System“ (EVRS) vereinheitlichtwurden. Nach wie vor orientieren sichjedoch viele nationale Referenzsys-teme an ihren eigenen Höhenbezugs-punkten, wie beispielsweise dem„Amsterdamer Pegel“. Dieser bereitsEnde des 17. Jahrhunderts definierteWasserstand diente vor allem derHochwasserwarnung.

Die Beobachtung und Vermessung derErde aus dem Weltraum spielt eineimmer wichtigere Rolle in den Geowis-senschaften. Die „Shuttle Radar Topo-graphy Mission“ (SRTM), eine interna-tionale Zusammenarbeit der USA(NASA), Deuschland (Deutsches Zen-trum für Luft- und Raumfahrt, DLR)und Italien (Agenzia Spaziale Italiana,ASI) hat im Jahr 2000 die Erdoberflä-che mit Hilfe von Radarstrahlen ver-messen (k A18). Die Höheninforma-tion wird aus den an der Erdoberfläche

Geodäsie – was ist eine Höhe?Exkurs

A16 | a) Die „Potsdamer Kartoffel” stellt die Ab-weichungen des Geo-ids von der Idealformder Erde mit 15.000-facher Überhöhungdar. Der tiefste Bereichhat eine Abweichungvon etwa – 110 m(blau), der höchste von+ 90 m (pink).b) Zum Vergleich – ausdem Weltraum be-trachtet sieht die Erdewie eine Kugel aus.

die Abweichungen von der Kugelform sind ei-gentlich sehr klein (etwas mehr als hundertMeter) gegenüber der Größe der Erde (meh-rere tausend Kilometer) (k A16b).

Die Auswirkungen der Gravitation des Mon-des und der Sonne werden auf der Erde durchdie Gezeiten sichtbar. Durch diese von außenwirkende Gravitation, die dem Schwerefeldder Erde entgegengesetzt ist, wird in denOzeanen das Gewicht des Wassers verän-dert. Der Gewichtsverlust entspricht dabeietwa dem Gewicht von 0,1 µg/kg, und da-durch kommt es zu einer Druckminderungim Wasser der Ozeane, die eine Wasserströ-mung auslöst. Die Gezeitenkräfte wirkennicht nur auf die Ozeane, sondern betreffen

das gesamte Volumen der Erde und führenzu einer Verformung der Erde mit einer Ver-tikalbewegung von 20 – 30 cm.

Durch die Gezeitenreibung wird ein bremsen-des Drehmoment auf die Rotationsbewegungder Erde ausgeübt, so dass die Tageslängeetwa 23 s/Jahr zunimmt. Vor 400 Mio. Jah-ren hatte somit das Jahr etwa 400 Tage. DieVeränderung der Stärke der Gezeitenreibungüber erdgeschichtliche Zeiträume variierteaber, da der größte Teil des Energieumsat-zes vermutlich durch Gezeitenströmungen inden flachen Schelfmeeren verursacht wirdund deren Ausdehnung und Verteilung sichim Verlauf der Erdgeschichte stark veränderthaben.

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Halbachse a Halbachse b Abplattung f

Erd-Ellipsoid WGS 84 6.378.137 m 6.356.752,315 m 1 : 298,257223563

4.2 Das Magnetfeld der Erde

Der Begriff „Magnetismus“ leitet sich vonMagnetit ab, einem Eisenoxid, das aufgrundseiner Anziehungskraft für Eisen die Men-schen schon seit Jahrtausenden fasziniert.Wahrscheinlich aufgrund eines großen Vor-kommens in der Nähe des Ortes Magnesia(bei Ephesus in der heutigen Türkei) wurdenGesteine mit dieser Eigenschaft als magne-tisch bezeichnet.

Die Erde ist von einem Magnetfeld umgeben.Dieses Magnetfeld schützt uns vor dem Son-nenwind, da es stark genug ist, um die elek-trisch geladenen Teilchen, die von der Sonneaus in das Weltall abgestoßen werden, abzu-lenken(k A17). Ohne Magnetfeld würde der

Sonnenwind die für uns so wichtige Ozon-schicht zerstören. Dieser Sonnenwind wirdfür uns sichtbar, wenn die geladenen Teilchenauf die die Atome der Atmosphäre (Stickstoff,Sauerstoff) treffen und sie zum Leuchten brin-gen. Wir nennen dieses Leuchten „Polarlicht“(k A19).

Als Ursache des Erdmagnetfeldes gelten Kon-vektionsströme im äußeren flüssigen Erd-kern, die durch den Temperaturunterschiedzwischen dem festen inneren Erdkern unddem Erdmantel entstehen und aufrechter-halten werden. Durch die Bewegung der elek-trisch leitfähigen Schmelze im flüssigen Erd-kern wird ein elektrischer Strom induziert,der ein Magnetfeld aufbaut. Dieses Prinzipder Selbstinduktion wird auch in Dynamos

Exkurs

rückgestreuten Signalen ermittelt. Diegesammelten Radardaten werden in di-gitale Höhenmodelle umgerechnet, dieden Globus im Bereich zwischen 60°Nund 58°S abdecken.

Als Höhenreferenz für Daten aus demWeltraum, so zum Beispiel auch der

Satellitendaten für Messungen mit dem„Global Positioning System“ (GPS), wirddie Höhe über dem theoretischen El-lipsoid verwendet, das durch das WorldGeodetic System 1984 (WGS 84) fest-gelegt worden ist. Dieses Ellipsoid mitseinen Halbachsen a, b und der Abplat-tung ƒ = (a–b) : a ist wie folgt definiert:

A18 | Die erste Aufnahme der SRTM vom 12. Februar 2000 zeigt White Sands in New Mexico.

A17 | Die Magnetosphäreschirmt die Erde gegenden Sonnenwind ab.Dieser wird dadurchan der Erde vorbei indas Weltall abgelenkt.

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A20 | Lage des theoreti-schen Dipols für dasModell eines Stabma-gneten. Durch magne-tisierte Gesteine in derErdkruste kommt eszur Verbiegung derFeldlinien.

und Stromgeneratoren angewandt. Manspricht daher auch von einem Geodynamo.Es gibt aber noch eine andere Ursache, diedas Magnetfeld der Erde aufbaut. Die Wech-selwirkung zwischen dem Magnetfeld desvorbei strömenden Sonnenwindes und demirdischen Magnetfeld verstärkt das Erdmag-netfeld selbst.

Der größte Anteil des Erdmagnetfeldes kanndurch ein Dipolfeld beschrieben werden, des-sen Achse ca. 11,5° gegen die Rotations-achse der Erde (Geographischer Nordpol) ge-neigt ist (k A20). Dieses Dipolfeld kann mitdem Feld eines Stabmagneten im Erdkernverglichen werden. Ein Stabmagnet aus Eisenwürde bei den im Erdkern herrschenden Tem-peraturen von mehr als 3000 °C natürlich

unmagnetisch sein, dies ist daher nur eineModellvorstellung. Die magnetischen Feldli-nien treten auf der Südhalbkugel aus demKern aus und durch die Nordhalbkugel wie-der in den Kern ein.

Die geomagnetischen Pole sind berechnetePole des Erdmagnetfeldes unter der An-nahme eines Diplofeldes. Die tatsächlich ge-messenen magnetischen Pole befinden sichnicht einander direkt gegenüber auf der Erd-kugel (magnetischer Nordpol: 82°N, 114°W;magnetischer Südpol: 65°S, 135°O). DiePole weichen in ihrer Lage deutlich von dertheoretischen Lage des Dipolfeldes ab.

Die Lage der magnetischen Pole verändertsich im Laufe der Zeit. Der magnetische Nord-pol wandert zur Zeit jährlich um etwa 40 kmnordwestwärts. Die Stärke des Magnetfeldesder Erde ist mit etwa 20 – 30 Mikrotesla ander Erdoberfläche relativ klein, im Erdinne-ren beträgt die magnetische Feldstärke je-doch etwa das 100-fache. Aufgrund von mag-netischen Materialien innerhalb der Erdetreten kleine lokale Abweichungen des Fel-des auf, die sich auf der Erdoberfläche in ver-bogenen Feldlinien manifestieren (k A21).

Das Erdmagnetfeld unterliegt auch in seinerIntensität kurz- und langfristigen Verände-rungen. Die kurzfristigen (Minuten bis Mo-nate) haben ihren Ursprung in Einflüssen desäußeren Magnetfeldes, sind z. B. durch dieAktivität der Sonne und damit des Sonnen-windes geprägt. Die Langzeit-Variationen wer-

geogr. Äquator

magn. Äquator

magnetischerSüdpol

geographischerNordpol

magnetische AchseRotationsachse

11°

N

S

A19 | Ein Nordlicht am Him-mel von Alaska.

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A21 | Veränderung der Posi-tionen des magneti-schen (schwarz, Ortdes senkrechten Auf-treffens der Magnet-feldlinien auf die Erd-oberfläche) undgeomagnetischen (rot,Achse des magneti-schen Dipolfeldes)Pols auf der Nord- undSüd-Halbkugel seit1590. Die Geschwin-digkeit der Wanderungdes magnetischenNordpols hat sichdeutlich beschleunigtvon wenigen Kilome-tern pro Jahr voreinem Jahrhundert hinzu etwa 40 Kilometerpro Jahr.

den auch Säkularvariatonen genannt undwerden dagegen durch Vorgänge im Erdin-neren hervorgerufen. Zu diesen langperiodi-schen Änderungen gehört auch die Feldum-kehr des magnetischen Dipolfeldes der Erde.Feldumkehrungen finden in etwa alle100.000 bis eine Mio. Jahre statt (im Mittelalle 500.000 Jahre), wobei der Prozess derUmkehr des Feldes mit einigen 1.000 Jah-ren (im Mittel 7.000 Jahre) sehr schnell pas-siert. Die letzte Umkehrung liegt schon780.000 Jahre zurück, wie man aus der Mag-netisierung der Gesteine weiß. Die Intensi-tät des Erdmagnetfeldes wird erst seit 1830direkt aus dem Erdmagnetfeld gemessen,und seither hat sich die Stärke um fast 10 %verringert, in den letzten 100 Jahren alleinum etwa 6 %. Aus diesen Daten wird eine ste-tige Abnahme des Feldes ersichtlich, und eswird von einigen Wissenschaftlern angenom-men, dass in wenigen tausend Jahren eineFeldumkehr zu erwarten ist. Die genaue Ur-sache für die Feldumkehr kennt man nicht,aber offenbar verursachen Störungen imGeodynamo die Aufhebung der ursprungli-chen Polarität. Als Anzeichen für solche Stö-rungen werden auch lokale gegenläufigeRichtungen des Magnetflusses an der Kern-Mantel-Zone zur jeweiligen Hemisphäre ge-deutet, welche zur Schwächung des Magnet-feldes führen. Die größte dieser Regionenerstreckt sich südlich unter der SüdspitzeAfrikas nach Westen bis unter die SüdspitzeSüdamerikas und wird als Südatlantik-Ano-malie bezeichnet. Hier ist das Feld viel schwä-cher als in anderen Bereichen.

Wenn basaltische Schmelzen unter dem Ein-fluss eines Magnetfeldes abkühlen, könnenmagnetische Minerale, wie der Magnetit, imGestein magnetisiert werden. Diese Gesteins-magnetisierung spielt eine wichtige Rolle inder Plattentektonik und für die Rekonstruk-tion der Bewegung der Kontinente in Zeit undRaum. Dazu wird die Magnetisierung wäh-rend der Gesteinsentstehung untersucht (Pa-läomagnetik).

4.3 Haben auch die anderen Plane-ten ein Magnetfeld?

Mars, Venus und auch der Mond haben keineigenes Magnetfeld. Wissenschaftler gehendavon aus, dass das Fehlen eines festen

Kerns im Mars dafür verantwortlich ist, dassder Dynamo-Effekt blockiert ist. Beim Mondwird dieser Effekt wahrscheinlich durch dasFehlen von flüssigem Material im Zentrumunterbunden. Bei der Venus reicht die ex-trem langsame Rotation nicht aus, um einMagnetfeld zu erzeugen. Auf dem Mars undauf dem Mond hat man jedoch an der Erd-oberfläche magnetisierte Gesteine gefun-den, die als Hinweis gewertet werden, dasssie in ihrer Frühgeschichte einmal Magnet-felder besessen haben. Die Ursache für dasVerschwinden ihrer Magnetfelder ist nochnicht ganz verstanden, aber wahrscheinlichbei der Abkühlung der Planeten zu suchen.Dagegen hat der Merkur ein eigenes Mag-netfeld, das aber im Vergleich zur Erde sehrschwach ist (etwa 1 % des Erdmagnetfeldes).Auch dieses Feld hat einen Dipolcharakter,und die Dipolachse liegt in der Richtung derRotationsachse des Planeten, was auf einenDynamo im Inneren schließen lässt.

Die äußeren, großen Planeten haben Magnet-felder mit hohem Dipolanteil, wobei die Feld-stärken um ein Vielfaches höher sind als aufder Erde. Jupiter hat das stärkste Magnetfeldmit dem 20.000-fachen des Erdmagnetfelds,dann folgen Saturn (600-fach), Uranus (50-fach) und Neptun (25-fach). Die Dipolachsedes Jupiter-Magnetfeldes weicht wie die Di-polachse des Erdmagnetfeldes nur geringfü-gig (10°) von der Rotationsachse des Plane-ten ab, während die Dipolachsen von Uranusund Neptun 60° bzw. 45° von der Rotations-achse entfernt liegen. Worauf das Magnetfelddieser Gasplaneten zurückzuführen ist, darü-ber sind sich die Forscher immer noch im Un-klaren. Vielleicht werden künftige Weltraum-sonden hierzu mehr Informationen liefern.

nördlicher Pol südlicher Pol

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Weiterführende Literatur, Links und Karten (Auswahl):

Bojowald, M. 2009. Zurück vor den Urknall – Die ganze Geschichte des Universums, 343 S., Fischer Verlag, ISBN 978-3-10003-910-1.

Geo kompakt / Die Geburt der Erde, 2004. Verlag Gruner + Jahr, ISBN 978-3-57019-570-3.

Hüttner, R. und Schmidt-Kaler, H. 1999. Meteoritenkrater Nördlinger Ries, Wanderungenin die Erdgeschichte, 10, 144 S., Pfeil Verlag, ISBN 978-3-93151-658-1.

Kavasch, J. 2005. Meteoritenkrater Ries – ein geologischer Führer, 112 S., Auer Verlag, ISBN 978-3-40300-663-3.

Kleinschrot, D. 2003. Meteorite – Steine, die vom Himmel fallen. Beringeria Sonderheft 4., ISSN 0937-0242.

Lesch, H. & Müller, J. 2001. Kosmologie für Fußgänger: Eine Reise durch das Universum,256 S., Goldmann Verlag, ISBN 978-3-44215-154-7.

Panek, R. 2004. Das Auge Gottes – Das Teleskop und die lange Entdeckung der Unendlichkeit, 196 S., Verlag Klett-Cotta, ISBN 978-3-60894-272-9.

Pösges, G. & Schieber, M. 2000. Das Rieskrater-Museum Nördlingen, 111 S., Pfeil Verlag, ISBN 978-3-93151-683-3.

Rétyi, A. von & Aumann, G. 1996. Meteorite – Boten aus dem Weltall, S. 35f. Schriftenreihe des Naturkunde-Museums Coburg, Heft 22, ISBN 978-3-98050-800-5.

Schlüter, J. 1996. Steine des Himmels: Meteorite, 128 S., Ellert & Richter, ISBN 978-3-89234-683-6.

Sentker, Andreas; Wigger, Frank (Hrsg.) 2009. ZEIT WISSEN Edition: Bd. 4, Faszination Kosmos, Spektrum Akademischer Verlag, ISBN 978-3-82742-401-3.

Planetarium Augsburg: u www.sska.net/ifb/planetarium

Planetarium des Deutschen Museums in München: u www.deutsches-museum.de/en/exhibitions/natural-sciences/astronomy/planetarium

Nicolaus Copernicus Planetarium Nürnberg: u www.naa.net/ncp

Herausgeber

Bayerisches Staatsministerium fürUmwelt und Gesundheit (StMUG)

Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB)