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am 25. Mai wird die neue EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) nach einer zweijährigen Übergangsfrist in nationales Recht übergehen. Lesen Sie in VISIONupdate, welche Heraus- forderungen beim Datenschutz künftig auf Radiologen in Klinik und Praxis warten. Der Durchführungsbeschluss der EU-Kom- mission zu gadoliniumhaltigen Kontrastmitteln hat deren An- wender gründlich verunsichert. In einem Interviewbeitrag mit einem anerkannten Experten werden der Sachstand und die Folgen für die radiologische Praxis dargelegt. Weitere spannende Beiträge befassen sich. mit Dosismanage- ment-Systemen im Zeitalter von EURATOM, der so genannten Wahlarztkette und den Finessen der multiparametrischen Mammographie. Viel Freude bei der Lektüre Ihre bender gruppe Ausgabe N o 7, Februar 2018 Liebe Leserin, lieber Leser, EU-VERORDNUNG RADIOLOGIE & RECHT RADIOLOGIE & BERUF(UNG) MULTIMODALE BILDGEBUNG KONTRASTMITTEL RADIOLOGIE & BERUF(UNG) ZUKUNFT DER CT DOSISMANAGEMENT Inhalt WAS TUN? NEUE GESETZLICHE REGELUNGEN BEIM DATEN- SCHUTZ GADOLINIUM-ABLAGERUNG: GEFAHR FÜR DEN PATIENTEN ODER „GEISTER-DEBATTE“? „MIR IST NICHT BANGE UM DIE RADIOLOGIE VON MORGEN“ IM PHOTON-COUNTING LIEGT DIE ZUKUNFT DER CT „DOMAKO“, DAS NAVI FÜR DIE STRAHLENDOSIS DER RADIOLOGE IN DER WAHLARZTKETTE „ICH LERNE VIEL VON ERFAHRENEN KOLLEGEN“ VIELE INNOVATIONEN BLEIBEN (NOCH) JENSEITS DER PRAXIS S.2 S.3 S.6 S.10 S.4 S.8 S.12 S.13 Impressum Herausgeber Dr. Timo Bender b.e.imaging gmbh Dr.-Rudolf-Eberle-Str. 8-10 76534, Baden-Baden Redaktion European Hospital Verlags GmbH, Essen www.healthcare-in-europe.com Layout skrober.de Hinweis Der Inhalt des Informationsservices ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt wor- den. Die Komplexität und der ständige Wandel in der in ihm behandelten Rechts- materie machen es jedoch notwendig, Haftung und Gewähr auszuschließen. VISIONupdate® gibt nicht in jedem Fall die Meinung der b.e.imaging gmbh wieder. ISSN 2199-7039

Liebe Leserin, lieber Leser, - bendergruppe.com · radiologie & recht Viele Krankenhäuser in Deutschland gliedern heutzutage ihre hauseigene radiologische Abteilung zu Gunsten einer

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am 25. Mai wird die neue EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) nach einer zweijährigen Übergangsfrist in nationales Recht übergehen. Lesen Sie in VISIONupdate, welche Heraus-forderungen beim Datenschutz künftig auf Radiologen in Klinik und Praxis warten. Der Durchführungsbeschluss der EU-Kom-mission zu gadoliniumhaltigen Kontrastmitteln hat deren An-wender gründlich verunsichert. In einem Interviewbeitrag mit einem anerkannten Experten werden der Sachstand und die Folgen für die radiologische Praxis dargelegt.

Weitere spannende Beiträge befassen sich. mit Dosismanage-ment-Systemen im Zeitalter von EURATOM, der so genannten Wahlarztkette und den Finessen der multiparametrischen Mammographie.

Viel Freude bei der LektüreIhre bender gruppe

Ausgabe No 7, Februar 2018

Liebe Leserin, lieber Leser,

EU-VERORDNUNG

RADIOLOGIE & RECHT

RADIOLOGIE & BERUF(UNG)

MULTIMODALE BILDGEBUNG

KONTRASTMITTEL

RADIOLOGIE & BERUF(UNG)

ZUKUNFT DER CT

DOSISMANAGEMENT

Inhalt

WAS TUN? NEUE GESETZLICHE REGELUNGEN BEIM DATEN-SCHUTZ

GADOLINIUM-ABLAGERUNG: GEFAHR FÜR DEN PATIENTEN ODER „GEISTER-DEBATTE“?

„MIR IST NICHT BANGE UM DIE RADIOLOGIE VON MORGEN“

IM PHOTON-COUNTING LIEGT DIE ZUKUNFT DER CT

„DOMAKO“, DAS NAVI FÜR DIE STRAHLENDOSIS

DER RADIOLOGE IN DER WAHLARZTKETTE

„ICH LERNE VIEL VON ERFAHRENEN KOLLEGEN“

VIELE INNOVATIONEN BLEIBEN (NOCH) JENSEITS DER PRAXIS

S.2

S.3

S.6

S.10

S.4

S.8

S.12

S.13

Impressum

HerausgeberDr. Timo Benderb.e.imaging gmbhDr.-Rudolf-Eberle-Str. 8-10 76534, Baden-Baden

RedaktionEuropean Hospital Verlags GmbH, Essenwww.healthcare-in-europe.comLayout skrober.de

Hinweis Der Inhalt des Informationsservices ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt wor-den. Die Komplexität und

der ständige Wandel in der in ihm behandelten Rechts-materie machen es jedoch notwendig, Haftung und Gewähr auszuschließen.

VISIONupdate® gibt nicht in jedem Fall die Meinung der b.e.imaging gmbh wieder.

ISSN 2199-7039

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2Ausgabe No 7 / Februar 2018www.bendergruppe.com

Die neue Datenschutzrichtlinie bringt weitaus höhere Anforderungen an das

firmeninterne Datenschutzmanagement mit sich.

Herr Wolf, das Datenschutzniveau in Deutschland gilt als relativ hoch. Warum kommt es nun zu gesetzlichen Änderungen?

Die Europäische Gemeinschaft hat 1995 eine Richtlinie zum Datenschutz erlassen, an die sich die Datenschutzgesetze der Mitgliedstaaten anlehnen sollten. Dies ist aufgrund der Rechts-unverbindlichkeit nur unzureichend geschehen und führte zu einem starken Datenschutzgefälle zwischen den Mitgliedern der EU. Infolge dessen erließ die Europäische Union 2016 eine neue Datenschutzgrund-verordnung, die nun für alle Mitgliedstaaten rechtsver-bindlich ist. Am 25.Mai 2018 wird diese EU-DSGVO nach einer zweijährigen Über-gangsfrist in nationales Recht übergehen.

Was ist neu an diesem Ge-setz?Eine zentrale Neuerung der DSGVO gegenüber dem bisherigen BDSG ist die „Rechenschaftspflicht“. Vergleichbar mit dem unter-nehmensinternen Qualitäts-management ist jetzt eine umfangreiche Dokumentation über die Verarbeitung von personenbezogenen Daten anzufer-tigen und in einem Datenschutzhandbuch abzulegen. Spätes-tens an diesem Punkt wird deutlich, dass das Thema Daten-schutz in keinem Unternehmen mehr stiefmütterlich behandelt werden kann.

Welche Unterlagen müssen in einem Datenschutzhandbuch niedergelegt werden?Das Handbuch ist als strukturierte Sammlung aller relevanten Dokumente zu verstehen. Unternehmen müssen beispielsweise die Antworten auf folgende Fragen dokumentieren: „Welche Daten habe ich und wo sind diese abgelegt? Darf ich diese Da-ten rechtlich überhaupt besitzen und nutzen? Wer hat Zugang zu meinen Daten? Wohin gehen meine Daten? Wie muss ich mit den Daten umgehen?“ Besonders wichtig sind:

• die Nennung der Verantwortlichen mit Kontaktdaten

• die Rechtsgrundlage für die Verarbeitung

• Erklärungen zu den erfassten Informationen, Verarbeitungs-

Was tun? Neue gesetzliche Regelungen beim Datenschutz

EU-VERORDNUNG

Das bisher geltende Bundesdatenschutzgesetz gehört in einigen Wochen der Vergangenheit an, denn es wird durch eine EU-weite Regelung zum Datenschutz ersetzt. Das bedeutet vor allem eins: Zukünftig werden weitaus höhere Anforderungen an das firmeninterne Datenschutzmanagement gestellt. Wer sich nicht bereits jetzt schon darauf eingestellt hat, sieht sich großen Herausforderungen gegenüber.VISIONupdate hat hierzu den Datenschutzbeauftragten, Achim Wolf, befragt.

verfahren und -zwecken

• eine Beschreibung der Kategorien von betroffenen Personen sowie von den Empfängern, gegenüber denen die perso-nenbezogenen Daten offengelegt worden sind oder noch offengelegt werden. Als Beispiel sind hier die Verträge mit allen Auftragsverarbeitern wie z. B. EDV-Dienstleistern zu nennen, mit denen Unternehmen einen detaillierten Vertrag schließen müssen.

• Aufzeichnungen der Zustimmungen, die Nutzer abgegeben haben

• Dokumentation der tech-nischen und organisatori-schen Maßnahmen, die für den Schutz der personen-bezogenen Daten einge-setzt werden

Dies sind aber nur Beispie-le von Unterlagen, die eine höchstmögliche Transparenz herstellen sollen. Beginnen sollten Unternehmen zu-nächst mit der Dokumen-tation der Themen „interne Struktur“, „Zutrittskontrolle“, „Zugangskontrolle“, „Zugriffs-kontrolle“, „Inventar Hard-ware“, „Inventar Software“, „Auflistung aller Datenarten“,

„Recherche der gesetzlichen Grundlagen für die Verarbeitung von Daten“, „Aufbewahrungsfristen“, etc.

Sie sprechen den Verantwortlichen an. Müssen Unternehmen zukünftig einen externen Datenschutzbeauftragten benen-nen?Unternehmen müssen nicht zwingend einen externen Daten-schutzbeauftragten bestellen, diese Funktion kann auch intern besetzt werden. Firmen und Institutionen sollten sich allerdings die Frage stellen, ob sie intern das notwendige umfangreiche Fachwissen haben, und ob sie die zeitlichen Ressourcen für die Erstellung eines Datenschutzhandbuchs bereitstellen können. Denn es reicht nun nicht mehr, eine Person in Alibifunktion als Datenschutzbeauftragten zu benennen. Zudem ist zu beden-ken, dass die Kosten für die Fort- und Weiterbildung interner Mitarbeiter oft höher sind als die Aufwendungen für einen ex-ternen Datenschutzbeauftragten. Hinzu kommt, dass es keinen Interessenkonflikt zwischen den Aufgaben eines Mitarbeiters

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Die vertragliche Gestaltung einer Kooperation sollte sich eng am Wortlaut des Gesetzes orientieren, damit es später nicht zu rechtlichen Problemen

kommt.firmeninterne Datenschutzmanagement mit sich.

im Unternehmen und der Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter geben darf. So können Unternehmensinhaber die Funktion des Datenschutzbeauftragten nicht übernehmen, da sie sich selbst überprüfen und regeln müssten.

Wie sieht es mit der Überprüfung und Sanktionierung aus?Alle Aufsichtsbehörden der zuständigen Bundesländer stocken zurzeit ihr Personal massiv auf. Die ehemalige „Kann“-Sanktio-nierung ist in eine „Muss“-Sanktionierung abgeändert worden. Damit möchte die EU Druck auf ihre Mitglieder ausüben. An diesem Punkt wird auch deutlich, warum die Rechenschafts-pflicht für die Unternehmen eingeführt wurde. Denn bisher mussten die Aufsichtsbehörden den Unternehmen einen da-tenschutzrechtlichen Verstoß gezielt nachweisen – eine für die Behörden aufwändige Angelegenheit. Jetzt dürfen Aufsichts-behörden einfach fordern: „Zeigen Sie mir, bitte, Ihre Dokumen-tation nach DSGVO“. Kann ein Unternehmen die geforderten

Unterlagen nicht vorweisen, liegt ein strafbewährtes Organi-sationsverschulden vor. Dann können Bußgelder bis zu einer Höhe von 20 Millionen Euro oder 4% des weltweiten Umsatzes verhängt werden.

Vielen Dank für das Gespräch

Der Wahlarzt und die Wahlarztkette – was ist das eigentlich?Oft schließen Krankenhauspatienten eine Wahlleis-

tungsvereinbarung ab, um von einem bestimmten Arzt, bei-spielsweise dem Chefarzt, behandelt zu werden. Der Wahlarzt ist dabei nach § 17 Abs. 3 KHentgG ein am Krankenhaus ange-stellter (oder beamteter) liquidationsberechtigter Arzt - andere

Ärzte können keine Wahlärzte sein, wie der Bundesgerichts-hof am 16.10.2014 entschieden hat. Eine Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen erstreckt sich allerdings auch auf die von Wahlärzten veranlassten Leistungen von Ärzten und ärzt-lich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses. Damit ist die Wahlarztkette beschrieben.

Die bender gruppe bietet die Dienstleistung „externer Datenschutzbeauftragter“ durch die b.e.consult GmbH an. Sollten Sie hierzu Fragen haben, wenden Sie sich bitte an:Achim Wolf Datenschutzbeauftragter Dr.-Rudolf-Eberle-Straße 8-10, 76534 Baden-BadenTel.: +49 (0)7223-9669-323, Fax.: +49 (0)7223-9669-6323 Mail: [email protected]

Der Radiologe in der Wahlarztkette

RADIOLOGIE & RECHT

Viele Krankenhäuser in Deutschland gliedern heutzutage ihre hauseigene radiologische Abteilung zu Gunsten einer Koopera-tion mit einem externen Vertragspartner aus. Inzwischen kommt es immer häufiger vor, dass die Krankenversicherungen der stationär behandelten Patienten eine eigene Liquidation des Radiologen ablehnen. Die Versicherer begründen ihre Ablehnung damit, dass der Radiologe nicht wirksam in die Wahlarztkette einbezogen und die radiologischen Leistungen daher bereits über die DRG vergütet worden seien.

Bildquelle: Tomasz Makowski/Shutterstock.com

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Warum erfolgt die Ablehnung? Was ist der Hintergrund der ablehnenden Entscheidung?Der Hintergrund für die Ablehnung ist das bereits erwähnte Urteil des Bundesgerichtshofs und ein Urteil des Landgerichts Stade vom 25. Mai 2015. Das Landgericht Stade ist damals zu dem Ergebnis gekommen, dass in Fällen einer dauerhaf-ten Kooperation mit einer radiologischen Praxis der Weg der Liquidation über die externe Wahlleistungskette nicht möglich sei. Die Inanspruchnahme der radiologischen Praxis sei nicht einzelfallbezogen von einem der liquidationsberechtigten Ärzte veranlasst, sondern beruhe allein auf dem zwischen dem Kran-kenhaus und der Praxis geschlossenen Kooperationsvertrag. Der Radiologe werde aufgrund des Kooperationsvertrages ohnehin für alle radiologischen Untersuchungen beauftragt, so dass es sich bei der Veranlassung mangels Alternativen lediglich um eine Formalie handle. Folglich handle es sich bei der radiologischen Leistungserbringung um eine allgemeine Krankenhausleistung, die mit der DRG abgegolten sei.

Ist damit die Vergütung bei einem Kooperationsvertrag generell ausgeschlossen? Welche Möglichkeiten gibt es, sich dagegen zu wehren?Nein, denn zum einen kennen die Krankenkassen den einzelnen zu Grunde liegenden Kooperationsvertrag nicht, so dass es hier Argumentationsspielraum geben kann; zum Zweiten kann argumentiert werden, dass Leistungen, die über den Versor-gungsauftrag des Krankenhauses hinausgehen und damit dem Patienten einen Mehrwert bieten, nicht per se allgemeine Krankenhausleistungen und daher mit der DRG abgegolten sind. Kann der Versorgungsauftrag eines Krankenhauses ohne eine eigene radiologische Abteilung erfüllt werden und werden Leistungen in Anspruch genommen, die nicht von den Teil-gebietsradiologen abgedeckt werden können, spricht einiges dafür, dass es sich um Leistungen handelt, die im Einzelfall der Wahlleistungskette unterliegen.

Worauf sollte bei der Vertragsgestaltung im Vorfeld geach-tet werden?Bei der vertraglichen Gestaltung der Zusammenarbeit von Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten empfiehlt sich eine enge Orientierung am Wortlaut des Gesetzes. Damit Wahlleistungen abgerechnet werden können, empfiehlt es sich, die kooperierende Praxis nicht für alle Leistungen dieser Art heranzuziehen. Der Kooperationsvertrag sollte explizit mit der Praxis und nur für allgemeine Krankenhausleistungen, also für die ausrei-chende und zweckmäßige Versorgung, geschlossen werden; Wahlleistungen sollten von der Kooperationsvereinbarung ausgenommen werden. Im Einzelfall kann dann ein besonders qualifizierter Arzt - und nicht die ganze Praxis - hinzugezogen werden, der nach Beurteilung des Wahlarztes den „Chef arzt-Standard“ der radiologischen Behandlung gewährleistet. Auch könnte am Krankenhaus ein Radiologe in geringem Umfang angestellt werden, wodurch eine radiologischen Abteilung für allgemeine Krankenhausleistungen zur Verfügung stünde.

Nach dem erfolgreichen Abschluss ihres

Studiums der Rechtswissenschaften

absolvierte Sophie Eickhoff das Refe-

rendariat am Landgericht Darmstadt

und wurde 2014 als Anwältin zuge-

lassen. Als angehende Fachanwältin

für Medizinrecht hat sie bei der Deut-

schen Anwaltsakademie den Lehrgang

„Fachanwalt Medizinrecht“ erfolgreich

abgeschlossen und nimmt regelmäßig an Fortbildungsveranstal-

tungen teil. Die Zulassung zur Fachanwaltschaft ist beantragt und

wird voraussichtlich in Kürze entschieden werden. Seit 2014 ist

Sophie Eickhoff als selbständige Anwältin Partnerin der Kanzlei

Hauer Eickhoff Koch & Kollegen (vormals Kanzlei Hauer Nonnast

Rath).

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat angeordnet, dass der Durchführungsbeschluss der Europäischen Zulassungsbehörde (EMA) bis zum 28. Februar 2018 umgesetzt wird: Ab diesem Zeitpunkt ruhen die Zulassungen für mehrere lineare gadoliniumhaltige Kontrastmittel. VISIONupdate sprach mit PD Dr. Alexander Radbruch, Radiologe am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg und am Universitätsklinikum Essen, über den EU-Beschluss und den aktuellen Stand der Forschung hinsichtlich der Gadolinium-Retention.

Die Europäische Kommission hat entschieden, dass für die intravenös anzuwendenden linearen Kontrastmit-tel Gadodiamid, Gadopentetsäure und Gadoverse-

tamid die Zulassungen in der EU ruhen sollen. Andererseits sieht die US-Arzneimittelbehörde FDA derzeit keinen Hand-lungsbedarf. Wie kommt es Ihrer Meinung nach zu dieser unterschiedlichen Handhabung?Die EU folgt bei der Risiko-Bewertung der Gadolinium-Ab-

lagerungen im Gehirn einem sogenannten „precautionary approach“ und geht davon aus, dass das potenzielle Risiko von Gadolinium-Ablagerungen durch die Verwendung von makro-zyklischen Präparaten reduziert werden kann. Im Gegensatz dazu steht die Food and Drug Administration (FDA) auf dem Standpunkt, dass es keinen Anlass gibt, Produkte vom Markt zu nehmen, so lange keine konkreten klinischen Korrelate der Ga-dolinium-Ablagerungen bekannt sind. Allerdings verweist auch

Gadolinium-Ablagerung im Gehirn: Gefahr für den Patienten oder „Geister-Debatte“?

KONTRASTMITTEL

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die FDA darauf, dass lineare Kontrastmittel mehr Gadolinium ablagern als makrozyklische Präparate.

Wie ist der aktuelle Stand der Wissenschaft hinsichtlich der Unterschiede von linearen und makrozyklischen Kontrastmit-teln?Versuche an Tieren zeigen, dass alle Gadolinium-Kontrastmittel (gadolinium-based contrast agents oder GBCA) – lineare und makrozyklische – 24 Stunden nach In-jektion in ähnlichem Ausmaß zunächst im Liquor und dann im Gehirn nachgewie-sen werden können. Vier Wochen später werden jedoch erheb-lich höhere Gado-linium-Mengen bei Gabe linearer GBCAs im Gehirn gefunden, während für makro-zyklische GBCAs die Gadolinium-Menge knapp über der Nach-weisgrenze liegt. Eine potenzielle Erklärung dieses Phänomens ist, dass der intakte Komplex bei linearen und makrozyklischen Kontrastmitteln über die Zeit ausgewaschen wird, es bei linearen GBCAs aber zusätz-lich zu einer teilweisen Dechelierung kommt. Tier-Experimente legen nahe, dass sich das freigesetzte Gadolinium in der

Folge an Makromoleküle bindet, die wiederum die T1-Sig-nalsteigerungen verursachen. Bei makrozyklischen GBCAs konnte hingegen weder bei physiologischen Bedingungen in

vitro noch bei invivo-Experimenten eine Gadolinium-Freisetzung gezeigt werden. Die Aussage, dass alle Kontrastmittel Ga-dolinium ablagern, ist daher nur teilweise korrekt. Die Gadolinium-Ablagerung ist ein Vorgang, der über die Zeit betrachtet werden muss: Das intakte Chelat kann für lineare und makrozyklische GBCAs temporär im Gehirn gefunden werden – decheliertes, potenziell langfristig ver-bleibendes Gadolinium hingegen nur bei linearen GBCAs.

Das Gutachten des Committee for Me-dicinal Products for Human Use (CHMP) stellt fest: „Zurzeit gibt es keine Evidenz dafür, dass Gadolinium-Ablagerungen

im Gehirn bei Patienten Schaden verursacht haben. Um aber Risiken vorzubeugen, die mit einer Ablagerung von Gadoli-nium im Gehirn assoziiert sein könnten, hat die EMA Ein-schränkungen für einige intravenöse lineare Kontrastmittel

empfohlen.“ Wird durch diesen Wider-spruch nicht unnötig Verunsicherung bei Ärzten geschaffen? Können Sie die zu-nehmende Unsicher-heit, vielleicht sogar Angst der Patienten nachvollziehen? Die zunehmende Verunsicherung von Ärzten und Patienten ist in meinen Augen in der Tat das größ-te Problem bei der derzeitigen Debatte. Persönlich hoffe ich, dass sich diese Verun-sicherung mit der Zeit legen wird. Es kann nicht oft genug betont werden, dass es sich bei der gesamten Auseinandersetzung um eine „Geister-De-batte“ handeln könnte. Zudem ermöglichen GBCAs als integra-ler Bestandteil des klinischen Alltags oft-mals lebensrettende Diagnosen. Weltweit sind GBCA bisher nahezu 450 Millionen Mal appliziert worden

EMA schränkt Anwendung von linearen Gadolinium-Kontrastmitteln ein. Makrozyklische MRT-Kont-

rastmittel können weiter eingesetzt werden. © Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

KM-Retention im Nucleus dentatus nach insgesamt 13-maliger Gabe eines linearen gadolini-

umhaltigen Kontrastmittels seit 2006.

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- – 50 Prozent hiervon mögen linear gewesen sein. Dennoch ist bis heute kein klinisch neurologisches Korrelat dieser Ablage-rungen bekannt. Andererseits sollte bedacht werden, dass wir auch nahezu ein Jahrzehnt benötigt haben, um den Zusammenhang zwischen der Nephrogener_systemischen_Fibrose (NSF) und Gadolini-um-Gaben zu verstehen. Letztlich gebietet es auch der gesun-de Menschenverstand, dass wir die Gadolinium-Ablagerungen im Patienten minimieren. Das potenzielle „Gadolinium-Abla-gerungs-Risiko“ sollte daher neben anderen Faktoren (v. a. die diagnostische Effektivität sowie das weitere Nebenwirkungs-profil) in die Risiko-Nutzen Abwägung vor Gabe eines GBCA einbezogen werden.Die EU ist im Rahmen dieser Risiko-Nutzen-Abwägung zu dem Ergebnis gekommen, dass diese für lineare Kontrastmittel bei den Hauptindikationen (mit Ausnahme der Leber-Bildgebung) nicht mehr positiv ist. Ich denke, wir sollten besorgten Patien-ten diese Überlegungen darstellen.

Unabhängig von seinen persönlichen Gründen, wie finden Sie es, dass US-Schauspieler Chuck Norris das Thema in den medialen Fokus gerückt hat? Ich kann prinzipiell jeden Patienten verstehen, der aus Sorge um seine Gesundheit oder aus Sorge um die Gesundheit eines Angehörigen an die Öffentlichkeit geht. Aus den Interviews mit Genna Norris geht ja eindeutig hervor, dass sie massiv gelitten hat, und als Ärzte es ist unsere Pflicht, diesem Leiden auf den Grund zu gehen. Wir müssen aber darauf achten, dass die Erforschung mögli-cher Nebenwirkungen von Gadolinium evidenzbasiert erfolgt und nicht medial getrieben wird. Zum Beispiel bin ich etwas skeptisch, ob der von Richard Semelca geprägte Begriff „Ga-dolinium Deposition Disease“ wirklich verwendet werden sollte. Ich denke, wir benötigen hier noch tiefergehende und umfas-sendere Studien. Welche potenziellen Alternativen gibt es zu gadoliniumhalti-gen Kontrastmitteln?Es wird derzeit stark an kontrastmittelfreien Techniken in der MRT geforscht. Am deutschen Krebsforschungszentrum in

Heidelberg konnten wir kürzlich unter anderem zeigen, dass auch Zucker in Hirntumor-Patienten potenziell als Kontrast-mittel verwendet werden kann. Weiterhin denke ich, dass die Diffusionsbildgebung, die ganz ohne Kontrastmittel auskommt, in der Zukunft eine zentrale Rolle spielen wird. Letztlich sehe ich derzeit aber keine Technik, die gadoliniumhaltige Kontrast-mittel in absehbarer Zeit komplett ersetzen könnte. Was glauben Sie, wie sich die Debatte entwickeln wird? Wird es zu einem generellen Verbot kommen? Ich bin sicher, dass es nicht zu einem generellen Verbot kom-men wird. Das wäre absurd – dazu ist der klinische Nutzen der GBCAs viel zu hoch und wir würden potenziell das Leben von Patienten gefährden. Ich habe die Hoffnung, dass sich die De-batte zumindest in Europa durch das Ruhen der Zulassung für die linearen GBCAs beruhigen wird. Wie sich die regulatorische Debatte in den USA weiterentwickeln wird, ist derzeit wohl unvorhersehbar. Ich glaube, dass die Märkte am Ende einen Teil der Entscheidung selber treffen werden. Beispielweise hat auf dem pädiatrischen Markt in den letzten zwei Jahren eine massive Verschiebung stattgefunden, und mittlerweile sind 95 Prozent der verwendeten GBCAs in den USA makrozyklisch. Diese Entwicklung könnte die regulatorische Entscheidung am Ende überflüssig machen.

PD Dr. med. Assessor juris Alexander

Radbruch ist Radiologe am Deutschen

Krebsforschungszentrum in Heidelberg

und am Universitätsklinikum Essen.

Er veröffentlichte zahlreiche Arbeiten

zum Thema Gadolinium-Retention und

zeigte 2015 erstmals, dass Unterschiede

in der Gadolinium-Retention im Gehirn

zwischen makrozyklischen und linearen

gadoliniumhaltigen Kontrastmitteln

bestehen. 2017 wurde der Radiologe von Fachkollegen in der

Kategorie „Radiologische Forschung“ in die Gruppe der weltweit

einflussreichsten 15 Persönlichkeiten gewählt.

War früher wirklich alles besser? Was fortgeschrittene Semes-ter gerne behaupten, stößt beim Nachwuchs in der Radiologie auf Skepsis. Veraltetes Equipment, geringer Strahlenschutz und wenig Zeit für Privatleben sind für junge Radiologen nicht verlockend. Für die Pioniere der Radiologie waren die Anfangs-tage allerdings von großem Reiz: Sie waren Zeuge bahnbre-chender Fortschritte und in ihrem Fachgebiet unangefochtene Koryphäen. Zwei Radiologen, zwischen denen mehr als drei Jahrzehnte liegen, berichten, wie sie in Zeiten von AI-Analyse und Work-Life-Balance über den Wandel ihres Fachgebiets denken.

„Ich lerne viel von erfahrenen Kollegen“

Treffen der Generationen – Teil 1

RADIOLOGIE & BERUF(UNG)

Die Radiologie ist wie kaum ein anderes medizinisches Fach im Wandel begriffen – und einige der bevorstehen-den Entwicklungen werden von erfahrenen Radiologen

mit Besorgnis betrachtet. Doch wie denkt der Nachwuchs über die Zukunft der Disziplin? Dr. Fabian Rengier, 31-jähriger Assis-tenzarzt an der Radiologischen Klinik des Universitätsklinikums Heidelberg, berichtet, wie er sein Fachgebiet im Spannungsfeld zwischen steigendem Patientenkontakt, Work-Life-Balance und Konkurrenz durch Computeralgorithmen wahrnimmt.„Mein Interesse an der Radiologie hat relativ früh begonnen“, sagt Rengier. „Schon während des Studiums habe ich ange-

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fangen, als wissenschaftliche Hilfskraft in der Radiologie zu arbeiten.“ Insbesondere der starke anatomische Bezug und die hochentwickelte Technik üben eine starke Anziehungskraft auf ihn aus. Vor allem die kardiovaskuläre und muskuloskelet-tale Radiologie sind für Rengier interessant, dort will sich der 31-Jährige weiter spezialisieren. Ein breites Fachwissen sollte das jedoch nicht ersetzen: „Ich bin davon überzeugt, dass das Fach auch Allrounder braucht, die in allen Bereichen der Radio-logie Bescheid wissen. Gerade in Notdiensten ist es erforder-lich, sich in ganz verschiedenen Aspekten auszukennen.“

Lernen von den Kollegen, aber auch von anderen DisziplinenDas Wissen erfahrener Kollegen spielt bei der Facharztaus-bildung eine erhebliche Rolle – sowohl bei diagnostischen als auch bei interventionellen Fertigkeiten. „Einige Dinge muss man selbst ausprobieren, um ein Gefühl dafür zu bekommen, das kann einem niemand abnehmen“, berichtet Rengier. „Aber man braucht auch Tipps zur Herangehensweise. Da ist das Wissen erfahrener Radiologen extrem wichtig, um weiterzu-kommen.“ Auch in der Diagnostik stößt man mit reinem Fach-buchwissen schnell an Grenzen. „Gerade hinsichtlich Problem-lösungsstrategien bei schwierigen oder unklaren Fällen kann ich als junger Radiologe erheblich von erfahrenen Kollegen profitieren.“Dabei bleiben die Radiologen längst nicht mehr unter sich; die Kommunikation mit anderen Fachbereichen ist für den Nach-wuchs zu einer Selbstverständlichkeit geworden. „Interdiszip-linärer Austausch ist sehr wichtig“, sagt Rengier. „Zum Beispiel ist es spannend, bei radiologisch unklaren Befunden zu sehen, wie sich der Fall im OP darstellt. Daraus kann man viel lernen und bei der späteren Arbeit berücksichtigen.“ Zudem steigt mit dem interdisziplinären Austausch auch die Akzeptanz der radiologischen Befundung, ist der Assistenzarzt überzeugt:

„Wenn man sich direkt austauscht, merkt der Zuweiser, dass auch der Radiologe über Expertise verfügt und misst seinem Befund mehr Bedeutung bei.“

AI, Big Data & Co. – Chancen erkennen statt Änderungen fürchtenVor der erwarteten Umwälzung der Radiologie durch moderne Technologien wie Artificial Intelligence (AI) und Big Data hat der junge Radiologe keine Angst. „Im Gegenteil; ich denke, das ist eine große Chance für die Medizin insgesamt und die Radio-

logie im Besonderen. Einige befürchten, dass Radiologen durch AI vollständig abgelöst werden könnten. Ich persönlich glaube das nicht“. Statt den Menschen zu ersetzen, hat die Technik das Potenzial, ihn in seiner Alltagsarbeit erheblich zu unter-stützen. „Das könnte den Radiologen in Zukunft viele repetitive Arbeiten abnehmen. Dafür können sie sich Aufgaben widmen, die ansonsten zu kurz kommen; dem Austausch mit Kollegen anderer Fachdisziplinen oder schwierigen Fällen, für die man ansonsten nicht so viel Zeit hätte.“ Auch für die Beratung von Patienten würden dann zusätzliche Kapazitäten frei. Für Rengier ist auch das eine begrüßenswerte Entwicklung: „Im Rahmen meiner Weiterbildung war ich für drei Monate in einer privaten Praxis. Dort spielt der Austausch mit den Patienten eine ganz andere Rolle als etwa an der Universitätsklinik. Meine persönliche Erfahrung war, dass sich durch das Patientengespräch durchaus der Blick auf die Unter-suchung ändern kann. Oft findet man so leichter den springen-den Punkt einer Untersuchung und kann bestimmte Symptome in Einklang bringen. Das ist ein persönliches Erfolgserlebnis – man weiß, dass man die Grundlage dafür gelegt hat, dass ein bestimmtes Problem angegangen wird.“ Der engere Kontakt zu Patienten hat allerdings auch Schat-

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tenseiten: „Ein Patient, der nach einem Sportunfall Schmerzen hat, ist froh, wenn man das Problem gefunden hat. Mit einem Patienten, der eine Krebs- oder Rezidivdiagnose erhält, führt man ganz andere Gespräche.“

Zwischen Engagement und Work-Life-BalanceAnstatt den Wandel in der Radiologie einfach hinzunehmen, will Rengier die Zukunft des Fachs aktiv mitgestalten: „Themen wie AI werden eine zunehmend wichtige Rolle spielen und wir müssen uns engagieren, um weiterhin vorne mitzuspie-len. Denn wenn es die Radiologen nicht tun, wird es jemand anderes tun – und die Radiologie wird an Bedeutung verlieren.“ Neben wissenschaftlichem Engagement sieht der 31-Jährige eine wichtige Rolle in der Arbeit von Organisationen wie der Deutschen Röntgengesellschaft und der ESR, die sich zu zu-kunftsträchtigen Themen wie der strukturierten Befundung in Position bringen.Diesem Engagement kommt auch das neue Arbeitsverständ-nis zugute, das mit dem Nachwuchs zunehmend Einzug in die Radiologie hält. Der Schlüsselbegriff ist hier die Work-Life-Ba-lance, also die Vereinbarkeit zwischen Arbeit und Privatleben: „Die Ansprüche, die diese Generation an ihre Arbeitgeber stellt, sind schon in vielen Bereichen umgesetzt worden“, konstatiert

Rengier. Denn nicht jeder junge Radiologe ist bereit, nach 12 Stunden am CT noch aus eigenem Antrieb zu forschen oder sich in einer radiologischen Gesellschaft einzubringen. „Ich finde es gut, dass es mittlerweile möglich ist, in der Klinik und Wissenschaft aktiv zu sein, ohne dass zwangsläufig die Familie zu kurz kommt.“

Dr. Fabian Rengier ist seit 2012 Assistenzarzt

an der Klinik für Diagnostische und Interven-

tionelle Radiologie des Universitätsklinikums

Heidelberg, wo er auch sein Medizinstudium

absolvierte. Seit Anfang 2018 ist er Projektlei-

ter (Principal Investigator) im Bereich Platt-

form-Bildgebung am Deutschen Zentrum für

Lungenforschung. Rengier ist Mitglied vieler deutscher, europä-

ischer und internationaler Radiologieorganisationen, darunter

der Deutschen Röntgengesellschaft, der European Society of

Radiology (ESR) und der Radiological Society of North America

(RSNA). Sein Forschungsschwerpunkt liegt im Bereich der kardi-

ovaskulären und muskuloskelettalen Radiologie.

Als Sie sich zum Radiologen ausbilden ließen, war das Fach breiter angelegt. Die Subspezialisierung war kein Thema. War die Ausbildung einfacher zu Ihrer Zeit?

Die Entwicklung der Radiologie in den letzten Jahrzehnten macht meines Erachtens eine zunehmende Subspezialisierung unverzichtbar. Nur so kann dem Zuwachs an Wissen Rechnung getragen werden. Radiologen müssen heute den klinischen Partnern immer spezifischere Fragestellungen beantworten können. Folgerichtig wurden in Europa einige radiologische Subspeciality-Gesellschaften gegründet. In Deutschland trägt die Weiterbildungsordnung für Ärzte diesem fachlich gebo-tenen und international akzeptierten Trend nicht Rechnung und bringt die jungen Radiologen damit in eine schwierige Konfliktsituation. Insofern war die Situation zu meiner Zeit als Weiterbildungsassistent einfacher. Die Ausbildung erfolgte in der Allgemeinradiologie und die persönlichen Interessen und Neigungen konnte und musste man mit Eigeninitiative verfol-gen.

Die heute für junge Radiologen wichtige Work-Life-Balan-ce dürfte in Ihrem Leben nicht so eine große Rolle gespielt haben. Damals hieß das noch Freizeit, von der es wenig gab. Bedauern Sie das? Es ist nicht zu leugnen, dass das Privat- und Familienleben in-zwischen eine größere Rolle spielt und dass die jungen Kollegen dieses verteidigen und schützen wollen. Es hat sich ein Wer-tewandel vollzogen, der das Denken und Handeln nachhaltig

beeinflusst. Die zunehmende Verdichtung der Arbeit und die elektronischen Medien verführen zu einer 24/7-Verfügbarkeit. Will man einem Burn-Out entgehen, muss man sich abgrenzen. Das Motto kann nicht mehr sein „work harder“, sondern sollte lauten „work smarter“. Es würde mir aber abwegig erscheinen zu sagen, früher sei alles besser gewesen.

Auch die Interdisziplinarität ist ein Stichwort, das heute wichtig ist. Was hat sich durch die Zusammenarbeit mit den Kollegen geändert?Nicht nur die Interdisziplinarität, sondern auch die Interprofes-sionalität ist immer wichtiger geworden. Radiologen sind heute zunehmend in Organ- und krankheitsorientierten Diagnose- und Behandlungsteams integriert und arbeiten mit verschie-denen medizinischen Fachdisziplinen und nicht-medizinischen Experten zusammen. Dazu gehören Sozialarbeiter, Ingenieure und insbesondere die Medizinisch-Technischen Radiologie-As-sistenten und Assistentinnen. Die Hierarchie wird dabei im-mer flacher. In interdisziplinären Konferenzen, speziell in den Tumorboards, sind Radiologen geschätzte und unverzichtbare Kollegen. Dort haben sie die Möglichkeit, radiologische Verfah-ren und Interventionen vorzustellen und zu empfehlen. Dadurch ist der Stellenwert und die Akzeptanz unseres Faches deutlich gestiegen.

Sie haben erlebt, dass die Radiologie zunehmend unter Druck gerät, erst durch die klinischen Fächer, dann durch neue

„Mir ist nicht bange um die Radiologie von morgen“

Treffen der Generationen – Teil 2

RADIOLOGIE & BERUF(UNG)

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Methoden aus dem Labor. Fürchten Sie um die Zukunft des Faches? Diese neuen Herausforderungen sind ernst zu nehmen. Aller-dings haben die Radiologie und die Nuklearmedizin heute eine viel größere Bedeutung für die Krankenversorgung als je zuvor. Daher sind die Verfahren der diagnostischen und interventionel-len Radiologie inzwischen auch für andere Fächer sehr attraktiv geworden. Im Sinne einer arbeitsteiligen Medizin mit zuneh-mender Subspezialisierung ist es unabdingbar, dass radiologi-sche Verfahren von speziell ausgebildeten Fachleuten ausgeübt werden – eben den Radiologen. Nur so können sie kompetent, sicher und wirtschaftlich eingesetzt werden. Die Labormedi-zin schlägt gerade mit Liquid Biopsy hohe Wellen. Wenn sich die Erwartungen an diese Verfahren erfüllen, wird dies unsere Herangehensweise in der Diagnostik und Therapiekontrolle grundlegend verändern mit der Konsequenz, die Verfahren der Bildgebung gezielter einzusetzen. Vermutlich wird sich aber

auch eine Vielzahl neuer Indikationen für radiologische und nuk-learmedizinische Untersuchungen und Interventionen ergeben.Insgesamt bin ich davon überzeugt, dass die medizinische Bild-gebung auch in Zukunft dringend gebraucht wird. Das Berufs-bild der Radiologen wird sich allerdings schneller verändern als je zuvor. Darauf sollte auch die Weiter- und Fortbildung junger Radiologen schnell reagieren.

Sie haben die immense Innovationskraft der Radiologie erlebt. Welche Entwicklung hat Sie am meisten beeindruckt und geprägt?Ich habe meine Weiterbildung in der Radiologie 1976 be-gonnen. Damals gab es keine Computertomographie, keine Magnetresonanztomographie und die Ultraschalldiagnostik und Angiographie waren in den Anfängen. Es war für mich ein großes Privileg, dass ich Zeuge der rasanten Entwicklung dieser Technologien sein durfte und aktiv daran Anteil nehmen konnte. Insofern fällt es mir schwer, ein einzelnes Verfahren heraus-zuheben. Die Beschleunigung der MRT durch die Einführung neuer Pulssequenzen und die Spiral- und Mehrschicht-CT haben jedoch besonderen Eindruck auf mich gemacht. Und ganz besonders geliebt habe ich die interventionelle Radiologie, nicht zuletzt deshalb, weil man sich als Arzt und Therapeut bestätigt fühlen kann.

Sie haben noch im Verein mit den Physikern mit den Maschi-nen gekämpft, um die besten Bilder gerungen – bald werden die Maschinen den Job (mehr oder weniger) alleine machen.

Was ist der Radiologe dann? Ein Kliniker mit Bildern? Vielleicht sollte man den „Kliniker mit Bildern“ ersetzen durch „Kliniker mit spezieller Expertise auf dem Gebiet der Bildge-bung und der bildgesteuerten minimal-invasiven Therapie“. Die Verfahren der künstlichen Intelligenz (AI) treiben derzeit die ganze Community um. Es gibt die Voraussage, dass die künst-liche Intelligenz die Aufgaben der Radiologen und Pathologen eher innerhalb von Jahren als von Jahrzehnten übernehmen wird und beide Fächer damit zu den großen Verlierern ge-hören. In der Tat zeigen jetzt schon Applikationen von AI bei der Analyse radiologischer Bilddaten erstaunliche Ergebnisse. Gleichwohl erscheinen mir die Vorhersagen in Bezug auf die Radiologie etwas voreilig. Derzeit erleben wir weltweit einen ungebrochenen Anstieg der radiologischen und nuklearmedi-zinischen Anforderungen, die nur noch durch die Integration zahlreicher Daten zu einem klinisch verwertbaren Befund wer-den. Mit AI und Radiomics kann die Radiologie einen Mehrwert

in Bezug auf die personalisierte Medizin leisten, der über die rein morphologische Beschreibung weit hinausgeht. Auch brau-chen wir AI, um das Thema des quantitativen Imaging voran-zubringen. Der Einsatz von AI wird hilfreich sein, um in Zukunft bessere radiologische Diagnosen mit einer geringeren Fehler-quote und verwertbaren quantitativen Parametern in struktu-rierter Form zu liefern. Die Radiologen werden auch in Zukunft eine sehr wichtige Funktion erfüllen, um die Bildgebung an die Patienten und die kooperierenden Fachdisziplinen zu vermit-teln. Sie sollten diese Entwicklungen aktiv aufgreifen und sich auf eine Änderung ihres Arbeitsumfeldes vorbereiten. Gelingt dies, ist mir um die Zukunft der Radiologie nicht bang.

Vom „Wandschrank mit Guckloch“ zum innovativen CT – 40 Jahre Entwicklung

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Prof. Dr. Maximilian F. Reiser war

14 Jahre lang Leiter des Instituts für

Klinische Radiologie am Klinikum Groß-

hadern der LMU München. Von 2008

bis 2015 hatte er zudem das Amt des

Dekans der traditionsreichen Medizini-

schen Fakultät der LMU inne. Während

seiner beruflichen Laufbahn war der

gebürtige Bayer Präsident der European

Society of Musculosceletal Radiology,

der Deutschen Röntgengesellschaft und des European Congress

of Radiology. Reiser ist Ehrenmitglied in zahlreichen radiologi-

schen Gesellschaften und nahm unter anderem Gastprofessuren

an den Universitäten Wien und Stanford wahr.

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systems (ehemals Fa. Sectra), das mit Photon-Counting-Tech-nik arbeitet, können bei der weltweit geringsten Strahlenbe-lastung Aufnahmen in hervorragender Bildqualität angefertigt werden.

anreichert. „Auch die Ausbreitung maligner Prozesse lässt sich im MRT deutlich besser abschätzen.“ Vom reinen Bildergebnis her ist die MRT zwar das diagnostische Nonplusultra. Aufgrund hoher Kosten und starker Auslastung der MRT-Geräte kommt

Bei der Untersuchung der Brust gibt es eine bewährte diagnostische Kette: An erster Stelle stehen Inspektion und Palpation, gefolgt von Mammographie, Sonographie und gegebenenfalls MRT. Diese etablierten Verfahren erhalten jedoch zunehmend Konkurrenz: 3D-Bildgebung, Tomosynthese, nuklearmedizinische Methoden und die Liquid Biopsy versprechen, die Mammadia-gnostik zu revolutionieren. Dr. Michael Risch, niedergelassener Facharzt für Radiologie in München, berichtet, welche der neuen Methoden tatsächlich einen Mehrwert bringen und welche der vermeintlichen Innovationen bestenfalls Zukunftsmusik sind.

Viele Innovationen bleiben (noch) jenseits der Praxis

MULTIMODALE BILDGEBUNG

In den vergangenen Jahren hat es durchaus einige bedeuten-de Neuerungen gegeben, die die Mammadiagnostik voran-gebracht haben, weiß Risch zu berichten. Dabei stand vor

allem die Verringerung der Strahlendosis im Fokus: „Wir waren im Jahre 2000 deutschlandweit die erste Praxis, die über-haupt digital gearbeitet hat, was damals schon eine deutliche Dosisreduktion gegenüber der konventionellen Mammographie bedeutet hat.“ Fünf Jahre später erfolgte der Umstieg auf das Micro-Dose-Verfahren; auch hier nahm die Praxis von Dr. Risch eine Vorreiterrolle ein. Durch den Einsatz des Philips-Detektor-

Auch die Kombination von Micro-Dose mit anderen Verfahren wie Ultraschall bringt einen Mehrwert – etwa, wenn Patien-tinnen mit einer Brustdichte der ACR-Kategorien 3 oder 4 zuverlässig untersucht werden sollen. „In einigen Fällen kann auch die Mamma-MRT wertvolle Zusatzinformationen liefern, etwa bei Verdacht auf Multifokalität oder bei Herden, bei denen man im Ultraschall nicht sicher sagen kann, ob es sich um ein Fibroadenom oder etwas Bösartiges handelt“, sagt Risch. Im MRT lässt sich die Durchblutung messen und erkennen, wie schnell sich Kontrastmittel an den entsprechenden Stellen

Handgehaltener Ultraschall der rechten Brust mit einem typischen malignen

Befund: Echoarmer, unscharf begrenzter Knoten mit dorsaler Schallab-

schwächung

Automatischer Brustultraschall (ABUS), transversale

Schicht. Der ca. 4mm große echoarme Herd ist eingekreist

Dazu korrespondierend die koronale Sicht.

Der gelbe Punkt markiert die Mamille.

Digitale Mammographie-multiple Mikro-

kalknester bei DCIS

Typische Elastographie eines malignen Befundes: Erhöhte Festigkeit des

Gewebes (rot)

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diese Technik bei der Mammadiagnostik bislang allerdings eher selten zum Einsatz. Ein weiterer Hemmschuh ist die noch unklare mögliche Spätbelastung durch Gadolinium-Ablagerun-gen im Gehirn, die zurzeit kontrovers diskutiert wird, erklärt der Radiologe.Neue Verfahren wie die Tomosynthese kommen bislang haupt-sächlich in der Nachsorge zum Einsatz. „Wenn eine Patientin einmal Brustkrebs hatte, erstellen wir Oblique-Aufnahmen mit dieser Technik“, so Risch. „Inzwischen hat sich bestätigt, dass die Tomosynthese mit ihren 15 Schichtaufnahmen aussage-kräftiger ist als die Standardaufnahme.“ Aufgrund der höheren Strahlendosis wird die Tomosynthese allerdings eher zurück-haltend eingesetzt. Immer mehr an Bedeutung gewinnt auch die Contrast Enhanced Spectral Mammography (CESM). „Viele Experten sind überzeugt, dass dieses Verfahren der MRT min-destens ebenbürtig ist.“

3D-Bildgebung sieht mehr – aber nicht allesVöllig neue Einblicke gewährt der 3D-Ultraschall (Automated Breast Volume Scanning, kurz ABVS/ABUS): Durch das Anle-gen von Schichten, die nur einen halben Millimeter dick sind, lässt sich die Brust dreidimensional darstellen. „Anstelle der 15 Schichten aus der Tomosynthese reden wir hier von etwa 990

Schichtaufnahmen.“ In erster Linie kommt dieses Verfahren bei Frauen unter 40 Jahren zum Einsatz. Dort erbringt die 3D-Bild-gebung bessere Ergebnisse als der handgeführte Ultraschall. „Ein blinder Fleck des ABUS sind jedoch die Mikro-Kalknester, die allerdings auch mittels MRT oder handgeführtem Ultra-schall nicht klar zu erkennen sind. Da diese ein wichtiger Hinweis auf ein beginnendes DCIS sein können, kommen wir an der Mammographie nach wie vor nicht vorbei“. Ab einem Durchmesser von 3 Millimetern sind die Herde auch im ABUS zu sehen. „Das ist für eine Intervention immer noch früh ge-nug.“Auch die Fusionsbildgebung ist eine Kunst für sich: „Nicht jedes Verfahren lässt sich ohne Weiteres mit jedem anderen matchen. Die Ebenen müssen stimmen, so kann ich beispiels-

weise keine Schrägaufnahmen aus der Tomo-synthese mit transversalen Ultraschallschichten fusionieren. Kompatibel sind CT und MRT mit PET, da es sich dabei jeweils um transversale Aufnah-men handelt.“

Konkurrenz aus Labor- und NuklearmedizinLiquid Biopsy verspricht, Tumoren via zellfreier DNA zu detektieren, bevor sie überhaupt da sind. „Das ist in der Praxis allerdings noch nicht ange-kommen.“ Ebenfalls noch im Entwicklungsstadium, aber sehr vielversprechend ist die Bildgebung via Radar – dabei wird keine ionisierende Strahlung erzeugt. Der praktische Nutzen ist zu diesem Zeit-

punkt schwer einzuschätzen, da die ausgegebenen Informati-onen sich stark von den etablierten Verfahren unterscheiden und deren Bedeutung noch kaum erforscht ist. „Man sieht zwar, an welcher Stelle pathologischer Stoffwechsel stattfindet – ein deutliches Zeichen für Tumorwachstum. Darüber hinaus sind in den Aufnahmen aber noch viele zusätzliche Informationen enthalten, die sich derzeit nicht zuordnen lassen. Der Ansatz ist jedoch äußerst vielversprechend.“Den Schritt in die Praxis haben auch nuklearmedizinische Verfahren wie die Positronen-Emissions-Mammographie (PEM) noch nicht geschafft: „Die Ergebnisse der PEM sind zwar her-vorragend, aber die Geräte sind sehr teuer.“

Braucht die Klaviatur der Mammadiagnostik noch mehr Tas-ten?

Digitale Mammographie-multiple Mikrokalknester bei DCIS

Bei der Frage nach Multifokalität kann die Mamma-MRT wertvolle Dienste leisten. Hier

neben einem größeren, KM aufnehmenden Knoten ein kleiner Satellitenherd

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Dr. Michael Risch ist niedergelassener

Facharzt für Radiologie mit Spezialisie-

rung auf Mammadiagnostik. Er ist im

Praxisverbund radiologicum München

(Radiologie Schwabing) tätig. 2005

gründete Risch das von ihm geleitete

Zentrum für Microdosis-Mammographie

in München. Er ist Mitglied mehrerer me-

dizinischer Fachgesellschaften, darunter

der Deutschen Röntgengesellschaft (DRG), der European Society

of Radiology (ESR), der Radiological Society of North America

(RSNA) sowie der Deutschen Gesellschaft für Senologie. Risch

führt regelmäßig Fortbildungen für Gynäkologen, Hausärzte und

Internisten in München durch; darüber hinaus hat er zahlreiche

wissenschaftliche Beiträge und Kongressberichte in medizini-

schen Fachzeitschriften veröffentlicht.

Großen Bedarf für innovative Ansätze sieht Risch im Bereich der Mammadiagnostik nicht: „Im Grunde sind wir mit den heutigen Verfahren sehr gut aufgestellt – Mammographie, MRT, Ultraschall, Tomosynthese liefern uns bereits die Informatio-nen, die wir brauchen.“ Treten trotz dieser Verfahren suspekte Herde auf, werden diese entweder stereotaktisch oder gezielt durch Ultraschall biopsiert und bei vorliegender Malignität schlichtweg entfernt. Grundsätzlich ist der Blick auf neue Techniken trotzdem nicht überflüssig – spannende neue Möglichkeiten bietet etwa der 3D-Ultraschall: „Neben der transversalen und sagittalen Ansicht können wir jetzt die Brust auch koronal betrachten. Das ist ein revolutionärer Fortschritt, denn der Blick von vorne bringt einen wichtigen Vorteil bei der Erkennung von Architek-turstörungen der Brust. „Dabei handelt es sich um Strukturen, die nicht mit den übrigen Verläufen des Gewebes harmonie-ren“, erklärt Risch. Diese Störungen können ein Hinweis auf Tumorentwicklung sein und müssen daher abgeklärt werden.

Modulation, dynamische Kollimierung, iterative Bildrekonstruk-tion und dosiseffiziente Detektoren spielen hier Hand in Hand, um bei Werten von weit unter einem Millisievert gute Ergeb-nisse zu erzielen. So eignet sich der Einzelphotonen-Nachweis

Professor Kalender zeigt sich überzeugt: Die CT wird zukünftig verstärkt eingesetzt werden! „Was ich derzeit als einzige Hürde ansehe, ist die zu Unrecht verbreitete

Dosisphobie“, erklärt der vielfach ausgezeichnete Physiker. „Dabei befinden wir uns schon jetzt teil-weise unterhalb jeglichen Gefährdungs-niveaus. Und die Dosisreferenzwerte sollen zukünftig auch weiter reduziert werden. Ich sehe das jetzige Jahrzehnt und garantiert auch das nächste als Ära der Sub-Millisievert CT. Mit allen bisherigen Dosisreduktionsmaßnahmen waren wir sehr erfolgreich.“Kalender spricht von neuen Detektor-technologien, die sich ihren Weg in den klinischen Einsatz bahnen sowie neuen Verfahren, die bislang unvorstellbare Möglichkeiten bieten. So ist hinsichtlich der Dosiseffizienz nicht nur die Absorp-tion zu beachten, sondern ebenso die geometrische Effizienz.„Dank neuer Detektortechnologien können wir beides verbessern und auch das Elektronikrauschen deutlich reduzieren“, so Kalender. Tube Current

Detektortechnologie, Photon-Counting und Dosiseffizienz: Das sind die Schlagworte, die die Wissenschaft in der Computerto-mographie derzeit umtreiben. Dabei bietet die CT schon heute nicht nur Möglichkeiten, weit unterhalb eines jeden Gefährdungs-niveaus, sondern auch Potential für Entwicklungen, die diese diagnostische Methode auf neue Ebenen heben werden. Prof. Dr. Willi Kalender, Direktor des Instituts für Medizinische Physik an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen-Nürnberg und erster wie jüngster Träger des Gary-Glazer-Preises, gewährt Einblicke in die Zukunft der CT.

Beim Photon-Counting wird jedes einzelne Photon gezählt und dessen Energie bestimmt.

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Im Photon-Counting liegt die Zukunft der CT

Der CT gehört die Zukunft

ZUKUNFT DER CT

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Prof. Dr. Willi Kalender ist Direktor

des Instituts für Medizinische Physik

an der Friedrich-Alexander-Universität

in Erlangen-Nürnberg. Nach seinem

Studium der Physik und Mathematik an

der Universität Bonn, spezialisierte er

sich im Bereich Medizinische Physik. Er

ist Gründer von mehr als 10 universitä-

ren Spin-Off Unternehmungen, die sich

dem Transfer wissenschaftlicher Ergebnisse in die medizinische

Anwendung von Produkten widmen. Prof. Kalender ist Träger

von 24 Auszeichnungen und Preisen, darunter erster Träger des

Gary-Glazer-Preises, mit dem er 2018 auf dem CT-Symposium in

Garmisch bedacht wurde.

besonders gut zur Reduktion von Elektronikrauschen. „Direkt-konvertierende Detektoren mit CdTe-Kristallen und kleinen Pixeln lassen Details bis auf 80 µm sichtbar werden“, so der Experte. Dies ist auch die Grundlage für die von Kalender neu entwickelte CT der Brust, die die hohe Auflösung und Dosiseffi-zienz nutzt und gleichzeitig die Kompression der Brust unnötig macht, was die Patientinnen schätzen werden.“

Photonen zählen, Energie bestimmen Die neue Photon-Counting-Technologie verspricht deutliche Verbesserungen sowohl in der Bildauflösung als auch in der Dosiseffizienz. „Derzeit hängt das Verfahren Brust-CT noch in der Zulassung beim Bundesamt für Strahlenschutz, aber ich hoffe, dass wir es bald auch klinisch nutzen dürfen. Siemens hat bereits zwei dieser Geräte in den USA beim NIH stehen und in Gebrauch“, verrät der Physiker.Allein bei der Brust-CT lässt sich auf diese Weise die Strah-lendosis so drastisch reduzieren, dass keine höhere Belas-tung als beim Screening auftritt. „Wenn Sie die Brust-CT mit Cadmium-Tellurid (CdTe)-Detektor bei 100 µm Detektor-Pitch und 1.000 Bildern pro Sekunde durchführen, dabei sechs- bis zwölf-Sekunden-Spiral-Scans mit 60 kV machen, erhalten Sie Bilder, die wunderbar klar und deutlich sind“, erläutert Prof. Kalender.Zur Machbarkeit dieser Technologie publizierte er 2017 eine Studie (Eur Radiol 2017), in der nachgewiesen wird, dass der Photon-Counting-CT 3D-Daten mit klar abgegrenzten Struk-turen liefert. „Da beim Photon-Counting jedes einzelne Photon gezählt und dessen Energie bestimmt wird, können wir bei

hoher Dosisreduktion maximale Auflösung erhalten. In meiner Studie habe ich gezeigt, dass wir gerade Verkalkungen im drei-dimensionalen Raum wunderbar lokalisieren konnten.“Es gibt jetzt schon zahlreiche Möglichkeiten, die Strahlenbelas-tung auf ein Minimum zu reduzieren, doch das Photon-Coun-ting wird die CT in Summe weiter nach vorne bringen und auf ein neues Niveau heben, dessen ist sich der Physiker sicher. „Letztlich wird jede CT-Anwendung profitieren. Deshalb ist die eingangs erwähnte Dosisphobie auch unbegründet“, zeigt er sich überzeugt. „Wir wissen und können nachweisen, dass die CT bei geringem Risiko einen sehr hohen Nutzen aufweist.“

bedarf es umfangreicher Schulung.“ Im Bedarfsfall lassen sich unkompliziert detaillierte Statistiken zur weiteren Dosisoptimie-rung abrufen. Während moderne CT-Geräte die verwendete Strahlungsmenge automatisch an die jeweiligen Bilderserien anhängen, ist bei älteren Modellen ein Eintrag dieser Werte per Hand nötig. Sind diese Informationen hinterlegt, lässt sich die Software auch problemlos mit diesen CTs verwenden. „Da noch einige ältere Geräte in Gebrauch sind, war die Kompati-bilität ein wichtiger Aspekt für uns“, so Eckhardt. Das Doma-ko-System lässt sich herstellerunabhängig mit allen gängigen CTs verwenden.Die Geräte übermitteln die Dosisdaten beispielsweise als Struc-tured Report zur weiteren Auswertung und Klassifizierung nach den Vorgaben des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS). Sollte das Gerät die festgelegten Dosiswerte überschreiten,

„Der Name Domako leitet sich ab aus den Kernkom-petenzen der Software: Dosismanagement und Kontrolle“, erklärt Eckhardt, der das System mit

besonderem Fokus auf Klinik- und Praxisroutine entwickelt hat. Die web-basierte Software sammelt aus den DICOM-Daten die jeweiligen Dosiswerte für die einzelnen Untersuchungen. So liefert der strukturierte Report eines CT-Scans ausführliche Dosisdaten.„Unser Ansatz war, das System so einfach wie möglich zu ge-stalten“, sagt Eckhardt. „Es ist intuitiv bedienbar und bedeu-tet den geringstmöglichen Aufwand bei der Einrichtung. Wir haben ein System für die Routine geschaffen, das über alle nötigen und vorgeschriebenen Funktionen verfügt, die im Pra-xisalltag sinnvoll sind. Es ist andererseits nicht durch unnötige Features aufgebläht und dadurch schwer zu bedienen, noch

Am 6. Februar 2018 trat die EURATOM-Richtlinie 2013/59 in Kraft, die unter anderem den Strahlenschutz in der Medizin ver-schärft. Die neue europäische Gesetzgebung hat konkrete Auswirkungen auf den Betrieb von Computertomographen – Dosis-grenzen sinken und werden kritischer beobachtet als bisher. Damit im klinischen und Praxisalltag nicht die Übersicht über die notwendigen Schritte verloren geht, unterstützt spezielle Software die Kontrolle. Die medigration GmbH, ein Tochterunterneh-men der bender gruppe, bietet zu diesem Zweck „Domako“ an; Geschäftsführer Thomas Eckhardt spricht über die neuen Rah-menbedingungen und die Vorteile, die seine Software-Lösung im praktischen Alltag bietet.

„Domako“, das Navi für die Strahlendosis

DOSISMANAGEMENT

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gibt das System automatisch eine Warnung aus. „Die Daten werden zudem grafisch aufgearbei-tet, so dass man sich leicht einen Überblick über die berechneten Diagramme verschaffen kann.“ Durch Filterfunktionen lassen sich auf Wunsch die nur für die jeweilige Untersuchung relevanten Daten einblenden und Benachrichtigungen beim Überschreiten vorher definierter Zielwerte können automatisch per E-Mail verschickt werden.Die Kompatibilität zum verbreiteten DICOM-Stan-dard stellt sicher, dass die Software problemlos in bestehende IT-Systeme integriert werden kann. „Über die Autorouting-Funktion des vorhandenen PACS-Systems können dosisrelevante Bilder und

Berichte automatisch an das Dosismanagementsystem zur Auswertung weitergeleitet werden“. Die zusätzliche Rechen-last, die dadurch anfällt, ist sehr gering, betont Eckhardt. „Es handelt sich lediglich um einen DICOM-Empfänger, der die Kopfdaten aus den Aufnahmen ausliest und in eine SQL-Daten-bank schreibt. Über einen Webbrowser sind diese Daten dann praxisweit im Intranet abrufbar.“ Eine weitere Funktion der Software ist die Möglichkeit, Kommentare zu einer Bilddatei zu verfassen, etwa, um den Zusammenhang und den Grund für die erhöhte Dosis zu schildern. Auch manuelle Angaben zu Größe und Gewicht der Patienten können so hinterlegt wer-den, um eine genauere Einordnung zu ermöglichen. Denn oft werden diese Daten von älteren CTs nicht automatisch erfasst, sagt der IT-Spezialist. „Zur Einordnung der Untersuchung sind diese Informationen relevant, da bei Patienten mit erhöhtem BMI beispielsweise häufig eine höhere Strahlendosis verwendet wird“, erklärt Eckhardt.In der EURATOM-Richtlinie ist festgelegt, dass die Dosisdaten erhoben und kontrolliert werden müssen. Die Einführung eines

Regelprozesses soll sicherstel-len, dass möglichst niedrige Strahlendosen bei gleichblei-bender Bildqualität eingesetzt werden. Zu diesem Zweck soll auch ein Medizinphysiker hinzugezogen werden, um diesen Prozess zu begleiten. Und bei der Neuanschaffung von CT-Systemen schreibt die Richtlinie ebenfalls einen solchen Experten zwingend vor. Zudem müssen die Daten künftig automatisiert weiter-

verarbeitet werden können. Diesen neuen Vorschriften trägt Domako mit seinen Funktionen Rechnung. Mit der Software-lösung sind Praxen und Kliniken ohne großen Zusatzaufwand auf die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen vorbereitet, so Eckhardt abschließend.

Thomas Eckhardt absolvierte eine Aus-

bildung zum Energieanlagenelektroniker

bevor er technische Informatik studierte.

Er war als IT-Beauftragter und Syste-

madministrator für die Messe GmbH in

Frankfurt, die Boncomp Computersys-

teme und die AZB Autoteile GmbH tätig,

bevor er 2006 bei der b·e·consult eine

neue berufliche Heimat fand. Dort mach-

te er eine Ausbildung zum Qualitätsmanagement-Beauftragten

(QMB) und zum Datenschutzbeauftragten. Seit Januar 2014 ist

Eckhardt als Geschäftsführer der medigration GmbH tätig.

Differenzierte Summenansicht

aller CT-Aufnahmen über einen

Zeitraum von 3 Monaten

Detailansicht der verbrauchten Dosis beim einer

CT-Aufnahme des Abdomen mit KM