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4/05 BVET Fische: die bekannten Fremden Magazin

Magazin - zuerchertierschutz.ch · BVET-Magazin 4/2005 Kaum ein Mensch hat zu Fischen ein ähnlich war-mes Verhältnis wie zu Hund und Katze. Vielleicht liegt das daran, dass die

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Fische: die bekannten Fremden

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BVET-Magazin 4/2005

Vorwort Inhalt

Tierschutz 4bei Fischen und Krebstieren

Die schweizerische Tierschutzgesetzgebung gilt für alle Wirbeltiere, also auch für Fische. Bislang fehlen dazu jedoch spezifische Regelungen. Arbeitsgruppen mit Fachexperten haben nun im Rahmen der Revision Tier-schutzgesetzgebung Empfehlungen bezüglich Zucht, Haltung, Fang, Transport und Tötung von Fischen und Krustentieren ausgearbeitet.

Rolf Frischknecht

Aquaristikszene Schweiz – eine 10 Standortbestimmung von Aquarianern

Michael Tobler, Erich Bühlmann, Robert Guggenbühl

Aus der Aquaristik, dem ehemaligen Zeitvertreib weni-ger Naturinteressierter, ist heute ein massentaugliches Produkt entstanden, bei dem der dekorative Aspekt immer mehr in den Vordergrund rückt.

Die fremdartige Welt der Fische 2

Franz Geiser

Kaum ein Mensch hat zu Fischen ein ähnlich warmes Verhältnis wie zu Hund und Katze. Vielleicht liegt das daran, dass die wässerige Umwelt der Fische unseren Sinnen nur beschränkt zugänglich ist. Auch bei der Fortbewegung gelten im Wasser ganz andere Gesetze als in der Luft.

Fischen mit lebenden 8Köderfischen – ein Streitgespräch

Marcel Falk

Das Fischen mit lebenden Köderfischen bleibt umstrit-ten – trotz der im Jahr 2001 getroffenen Regelung in der Verordnung zum Bundesgesetz über die Fischerei (VBGF Artikel 5b) und in der Vollzugshilfe «Lebende Köderfische».

Titelbild:Aesche (Thymallus thymallus) nah ihrer Laichgrube, Aare, März 2005, Michel Roggo

Kaum eine Tiergruppe steht in so vielfältiger Beziehung zum Menschen wie Fische. Sie werden mit Netzen gefischt oder gezüchtet und dienen uns als Lebens-mittel. Für 150 000 Freizeitangler sind sie Jagdbeute. Den Aquarianern und Gartenteich-Besitzern sind sie Heimtier und Zierde. Den Forschern sind sie äusserst geeignete Versuchstiere, um die Giftigkeit von neuen Substanzen zu testen. Und im Trinkwassersystem sind sie Umweltindikatoren, die uns warnen, wenn das Wasser ungeniessbar wird.

Dennoch sind uns die Fische fremd. Sie leben in einem anderen Medium, dem Wasser. Dieses bestimmt den Körperbau, die Atmung und Fortbewegung und auch die Fortpflanzung ist vom Wasser abhängig. In ihrem Lebensraum, den Meeren, Seen, Teichen, Flüs-sen und Bächen, sind sie von grosser Bedeutung und nehmen verschiedene Positionen innerhalb der Nah-rungskette ein. Gerade in ihrem natürlichen Lebens-raum sind Fische jedoch vielerorts durch Überfischung und zunehmende Umweltbelastung bedroht.

Dieses Magazin soll Ihnen einen Einblick in die Welt der Fische, ihrer Nutzung durch den Menschen und den dabei auftretenden Problemen geben. Wir spannen dabei den Bogen von zoologischen Betrachtungen und statistischen Angaben über Aspekte verschiedener Nutzungsformen, des Konsumenten- und Tierschut-zes sowie der Seuchenbekämpfung bis hin zu einem Beispiel, wo Fische als Indikator auf möglicherweise auch für uns bedrohliche Umweltveränderungen hinweisen. Sie werden dabei bemerken, dass diese faszinierenden Tiere des Lebensraumes Wasser auch aus behördlicher Sicht die Beachtung finden, welche notwendig ist, um ihre Nutzung und ihr Wohlergehen langfristig zu sichern.

Rolf FrischknechtStabsstelle InternationalesLeiter AG Fisch

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Kangalfische: Abkommandiert 14zum therapeutischen Fressen

Michelle Howald

Die Medien berichten begeistert vom Nutzen von Kangalfisch-Therapien für PatientInnen mit Schup-penflechten. Immer öfter schwimmen die unauffälligen Fische in mitteleuropäischen Therapiewannen. Das Wohl der Fische aber wird in den Berichten meist mit keinem einzigen Wort erwähnt.

Fische im Recht 28

Hansueli Ochs

Fische werden gefischt, gegessen und als Zierfische gehalten. Zudem benötigen sie durch ihren einge-schränkten, sensiblen Lebensraum Wasser besonde-ren Schutz. Dementsprechend tauchen Fische in vielen Verordnungen und Gesetzen auf.

Arzneimittelnotstand bei Fischen 15

Flurina Stucki

Bei Nutzfischen besteht ein akuter Versorgungseng-pass an zugelassenen Tierarzneimitteln in der Schweiz. Wenn aus diesem Grund nicht geprüfte Wirkstoffe eingesetzt werden, gefährdet dieses illegale Vorgehen die Lebensmittelsicherheit.

Fischkrankheiten in der Schweiz 16

Helmut Segner

Die Fischzucht oder Aquakultur ist die am stärksten wachsende Tierproduktion. Krankheiten können die Fischzucht jedoch genauso gefährden wie die von Berufs- und Angelfischerei genutzten Wildfischbe-stände. Eine erfolgreiche Fischzucht und die Erhal-tung guter Wildfischbestände bedürfen deshalb einer kontinuierlichen Überwachung und Bekämpfung von Fischkrankheiten.

Wo die Fische wachsen 20

Herr Schweizer und Frau Schweizerin essen jedes Jahr sieben bis acht Kilogramm Fisch und Schalentiere. Fisch ist nach Schweine-, Rind- und Geflügelfleisch die viertwichtigste Quelle an tierischem Eiweiss in der Schweiz. Über 90 Prozent der in der Schweiz konsu-mierten Fische und Schalentiere werden eingeführt – 2004 beinahe 60 000 Tonnen.

Die Bio-Forellen vom Blausee 21

Odile Gyger, Daniel Marthaler

Der Blausee ist ein 20 Hektaren grosser Naturpark bei Kandersteg. 2003 konnte er sein 125-jähriges Jubiläum feiern. Und seit sieben Jahren betreibt die Blausee AG eine biologische Forellenzucht, heute eine der grössten Europas. Die Fischzucht gibt es seit 1878.

Deformierte Gonaden 24 bei Felchen im Thunersee

Daniel Bernet

Berufsfischern vom Thunersee fielen beim Filetieren ihrer Tagesfänge im Jahr 2000 erstmals zwittrige Fel-chen auf. Eine daraufhin durchgeführte Untersuchung zeigte, dass 35 Prozent der von August 2000 bis Au-gust 2003 untersuchten Felchen veränderte Gonaden hatten. Seither werden die Felchen aus dem Thunersee intensiv untersucht und an mehreren Instituten laufen Projekte zur Abklärung der Ursachen.

Fischhandel 31mit EU wird erleichtert

Hansueli Ochs

Als Folge der bilateralen Abkommen wird der Handel lebender Tiere und tierischer Erzeugnisse zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) sowie Norwegen in vielen Bereichen vereinfacht. Die bisheri-gen Kontrollen beim Grenzübertritt werden zunehmend durch einen Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden des Abgangs- und Bestim-mungsortes ersetzt.

Marcel FalkJahr

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übrigeWeissfische

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Kaum ein Mensch hat zu Fischen ein ähnlich war-mes Verhältnis wie zu Hund und Katze. Vielleicht liegt das daran, dass die wässerige Umwelt der Fische unseren Sinnen nur beschränkt zugänglich ist. Auch bei der Fortbewegung gelten im Wasser ganz andere Gesetze als in der Luft.

Für uns Menschen ist es selbstverständlich, dass wir kilometerweit sehen können. Ein Fisch muss schon froh sein, wenn er zwanzig bis dreissig Meter weit sieht. Das liegt nicht an den Fischaugen, sondern ganz einfach an der geringen Durchsichtigkeit von Wasser. So hat der Gesichtssinn für die meisten Fische eine weit geringere Bedeutung als für uns. Trotzdem gibt es Fische mit hochentwickelten Augen. Hechte erfassen die Bewegung ihrer Beute mit den Augen, bevor sie zuschnappen. Diese verglichen mit anderen Fischen wichtige Rolle des Sehens zeigt sich auch im Gehirn der Hechte: Hier sind die Sehzentren viel grösser ausgebildet als etwa das Riechhirn.

Gerade umgekehrt verhält es sich bei den Aalen: Die Riechzentren im Vorderhirn dieser Nachtjäger sind 2,5 Mal so gross wie die Sehzentren. Der Geruchssinn der Aale ist denn auch phänomenal: Wenige Atome eines Duftstoffes genügen, um eine Aalnase zu erregen. Oder anders gesagt: Ein Aal ist imstande, einen Fingerhut voll Rosenöl zu riechen, der mit der 58-fachen Wasser-menge des Bodensees verdünnt ist!

Elritzen sind in der Lage, 15 verschiedene Fischarten allein aufgrund des Geruches zu unterscheiden. Sie verständigen sich auch mit Hilfe von Gerüchen: Bei Gefahr alarmieren sie ihre Artgenossen mit Schreck-stoffen, welche sie ins Wasser abgeben. Ähnliches ist vom Wels bekannt. Mit Hilfe des Geruchssinnes erkennen viele Fische zudem ihre Sexualpartner und ihren eigenen Nachwuchs. Wandernde Fischarten wie etwa der Lachs finden aufgrund der charakteristischen Duftstoffe im Wasser in ihre Heimatgewässer zurück.

Gut entwickelt ist bei den meisten Fischen auch der Geschmackssinn. Manche Fische tragen Geschmacks-knospen auf der ganzen Hautfläche. Besonders dicht

gedrängt sind diese Sinneszellen an den Spitzen der Barteln, mit welchen Welse, Barben, Schmerlen und andere Grundfische den Gewässerboden abtasten.

Während Licht im Wasser schnell gedämpft wird, pflanzt sich der Schall hier besser fort als in der Luft. Die Welt der Fische ist deshalb voller Töne und Geräusche. Fische sind alles andere als taub. Einige (zum Beispiel die Karpfenartigen) benutzen sogar ihre Schwimmblase als Trommelfell, um besser hören zu können.

Der für uns Menschen vielleicht fremdartigste Sinn der Fische ist ihr Ferntastsinn, mit dem feinste Schwankungen des Wasserdruckes registriert werden. Aus diesen Druckschwankungen kann der Fisch auf die Anwesenheit anderer Tiere oder von Hindernissen schliessen. Die Sinneszellen, die das vollbringen, liegen im so genannten Seitenlinienorgan. Das ist ein seitlich in die Haut eingesenkter Kanal, der mit der Aussenwelt durch Poren in Verbindung steht. Wir sehen diese als Pünktchenreihe an den Flanken der Fische.

Ebenfalls in der Haut liegen die Sinneszellen des äusserst empfindlichen Temperatursinnes, der ge-wissen Fischen erlaubt, Temperaturunterschiede von nur 0,03 Grad Celsius wahrzunehmen. Mit Hilfe dieses Sinnes sucht jede Fischart die ihr zusagende Tempe-raturschicht im Wasser auf.

So enthüllt sich uns die Sinneswelt der Fische vor allem als tönender, riechender, schmeckender, vibrierender und angenehm temperierter Raum. Wir Menschen können diese Fischwelt vielleicht am besten erahnen, wenn wir die Augen schliessen.

Schwimmen ist SchwerarbeitWasser ist achthundertmal dichter als Luft. Dieser trockene Lehrsatz aus dem Physikbuch erwacht zum Leben, wenn wir uns klarmachen, was er für die Fische bedeutet: Schwimmen im Wasser ist offenbar etwas ganz anderes als Fliegen in der Luft.

Fische sind Kraftprotze! Eine Schleie besteht etwa zur Hälfte aus Muskeln, eine Forelle oder ein Hecht sogar zu zwei Dritteln. Diese Muskeln – die uns im

Die fremdartige Welt der Fische

Franz Geiser

Kommunikation

Die Körperform der Fische ist ihrer Lebens-weise angepasst. Die Form des Hechtes etwa verrät den kraftvollen Beschleuniger. Karpfen dagegen müssen an Ort und Stelle fein ma-növrieren können, um sich Kleintiere aus dem Boden zu schnappen. Abgebildet sind die Silhouetten von Hecht, Karpfen, Barbe und See-forelle (von links nach rechts).

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Fischrestaurant so gut schmecken – sind blockweise zu beiden Seiten der Wirbelsäule angeordnet. Sie ermöglichen den Fischen die bekannte Schlängelbe-wegung, mit der sie im dichten Medium Wasser voran-kommen. Der grösste Teil der Kraft wird dabei auf den Schwanzbereich übertragen. Das Hinterteil des Fisches sorgt also für den Antrieb, während der Fischkörper als Ganzes so geformt ist, dass er möglichst wider-standslos durchs Wasser gleitet. Dies gilt besonders für die schnell schwimmenden Fische, die schnittigen Modelle mit Heckmotor: Beim Hasel (Leuciscus leu-ciscus) stammen beispielsweise rund 84 Prozent des Antriebes von der Schwanzflosse, beim hochgebauten, langsamen Blei oder Brachsen (Abramis brama) sind es dagegen nur etwa 45 Prozent.

Die stärksten Fischmuskeln reichen jedoch nicht aus, um so schnell zu sein wie die Vögel in der viel dünneren Luft. Eine durchs Wasser schiessende Forelle erreicht kaum zwanzig Stundenkilometer – und hält diese Geschwindigkeit nur kurze Zeit durch. Auch die Höchstgeschwindigkeit anderer Fische scheint etwa zehn Körperlängen pro Sekunde zu betragen. Für höhere Leistungen ist der Wasserwiderstand einfach zu gross.

Aber die hohe Dichte des Wassers hat auch ihre Vorteile: Sie macht die Fische nahezu schwerelos. In-dem ein Fisch seine gasgefüllte Schwimmblase etwas nachfüllt oder entleert, schwebt er ohne Kraftaufwand höher oder tiefer im Wasser. Er kann also alle Energie für den Vortrieb verwenden und braucht nicht auch noch für den Auftrieb zu arbeiten. Vögel brauchen dagegen in der dünnen Luft einen grossen Teil ihrer Energie dafür, zu steigen und die Höhe zu halten.

Natürlich sind nicht alle Fische für schnelles Dau-erschwimmen eingerichtet. Es kommt ihnen vielmehr darauf an, auf möglichst effiziente Art zu überleben und sich fortzupflanzen. Wenn eine Fischart dieses Ziel ohne kraftraubende Schwimmleistungen erreichen kann, so wird sie dies tun, denn die Erhaltung grosser Schwimmmuskeln kostet schliesslich wertvolle Nah-rungsenergie. Brachsen beispielsweise sind bestimmt

keine Rekordschwimmer. Sie leben im ruhigen Unter-lauf von Flüssen oder in Altwassern und durchwühlen dort den Boden nach Kleintieren. Dazu stellen sie sich im Wasser regelrecht auf den Kopf. Ihr Körper ist also ganz für das geschickte Manövrieren an Ort eingerich-tet. Das bedeutet im Reich der Fische: kurzer Körper, hoher Rücken und bewegliche Brust- und Bauchflos-sen, die als Ruder, Bremsen und Gleichgewichtshalter funktionieren. Ähnliche Körperformen haben Blicke (Blicca bjoerkna) und Karpfen (Cyprinus carpio), und tatsächlich verhalten sie sich auch ähnlich.

Dagegen verrät die Körperform des Hechtes den kraftvollen Beschleuniger, der in Nullkommanichts «von Null auf Hundert» kommt. Der lange, äusserst muskulöse Körper mit dem nur wenig verengten Schwanzansatz und den weit hinten liegenden Rücken- und Bauchflossen eignet sich hervorragend dazu, mit einem einzigen Schwanzschlag nach vorn zu schiessen und eine ahnungslose Beute zu schnappen.

Erstaunliche Vielfalt der SüsswasserfischeVon den fast 30 000 Fischarten entfallen nur etwa zwei Drittel auf die Ozeane, obwohl diese 99,99 Prozent der Wassermassen unseres Planeten enthalten. Das verbleibende Drittel der Fischarten drängt sich im vergleichsweise winzigen Volumen des Süsswassers. Diese Vielzahl von Fischformen in Bächen, Flüssen und Seen hängt mit der Vielfalt der Lebensräume im Süsswasserbereich zusammen.

Die grösste Artenfülle erreichen die Süsswasser-fische in den warmen Tropen: Allein in Afrika und Süd-amerika leben zusammen mehr als 3000 Arten. Doch auch im kühleren Nordamerika zählt man immerhin rund 700 Arten von Süsswasserfischen, in Europa sind es dagegen weniger als 200 Arten, in der Schweiz etwa 70. Das erklärt sich durch das eher kühle Klima und die wechselvolle Klimageschichte unseres kleinen Kontinents.

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Die schweizerische Tierschutzgesetzgebung gilt für alle Wirbeltiere, also auch für Fische. Der Bun-desrat kann zudem die Anwendbarkeit auf wirbel-lose Tiere (zum Beispiel Krebstiere) ausdehnen. Bislang fehlen dazu jedoch spezifi sche Regelun-gen. Arbeitsgruppen mit Fachexperten haben nun im Rahmen der Revision Tierschutzgesetzgebung Empfehlungen bezüglich Zucht, Haltung, Fang, Transport und Tötung von Fischen und Krusten-tieren ausgearbeitet. Das Ziel ist, Mindestanfor-derungen festzulegen und den Vollzug zu verein-heitlichen.

Das Bundesamt für Veterinärwesen hat am 15. Oktober 2002 die interessierten Kreise sowie in- und ausländi-sche Fachexperten zu einer Orientierungsveranstaltung eingeladen. Nach einer Information über den Stand des heutigen Wissens zu Fischen und Krebstieren konnte anhand der Voten der eingeladenen Organisa-tionen festgestellt werden, dass zwar in Detailfragen Unterschiede bestehen, aber die Notwendigkeit des Tierschutzes bei Fischen und Krebstieren nicht generell in Frage gestellt wurde. Es wurden deshalb nach der Veranstaltung Arbeitsgruppen mit Fachexperten von Bund und Kantonen sowie Vertretern der interessierten Organisationen zu den Themenkreisen Fischzucht, Haltung von Fischen, Berufsfischerei, Angelfischerei, Tierversuche mit Fischen und Tierschutz bei Krebs-tieren gebildet. Die Ergebnisse dieser AG Fisch liegen heute vor und werden im Folgenden kurz dargestellt.

Ergebnisse der AG Fisch

• FischzuchtSüsswasser- und Meerfische stehen bei Konsument-Innen im In- und Ausland zunehmend häufiger auf dem Speiseplan. Diese stetig wachsende Nach-frage kann, sollen die natürlichen Fischbestände nicht hoffnungslos übernutzt werden, nicht mehr nur über Wildfänge gedeckt werden. Weltweit ist deshalb die Zucht, Vermehrung, Haltung und Mast von Fischen in mehr oder weniger intensiven Anlagen die am stärksten zunehmende Tierhaltung überhaupt. Neben privaten Fischzüchtern beteiligen sich auch öffentliche Stellen, Universitäten, Forschungsinstitute und Unternehmen mit kommerziellen Interessen am weltweiten Aufbau der Fischzuchtindustrie. In der Schweiz wird die Zucht von Speisefischen (hauptsächlich Regenbogenforellen) überwiegend von privaten Fischzüchtern betrieben, während jene von Besatzfischen von kantonalen Stellen (lokale Bach- und Seeforellen, Felchen, Hechte usw.) wahrgenommen wird.

Neben Fragen zur Optimierung von Zucht und Haltung unter kommerziellen Bedingungen hat diese Entwick-lung in der Fischzucht auch zu einer intensiven und teils kontroversen Tierschutzdiskussion geführt. Als erste Institution hat der Europarat im Rahmen des «Ständigen Ausschusses zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen» Beratungen zur Ausarbeitung von Empfehlungen zur tiergerechten Haltung von Fischen aufgenommen und erste Ergeb-nisse sind noch dieses Jahr zu erwarten. Auch die Fachgruppe Fischzucht des BVET, zusammengesetzt aus Vertretern aller betroffenen Kreise, hat den Zu-sammenhang optimaler Umweltfaktoren (zum Beispiel Wasserqualität) und hohem Standard des Fachwissens mit dem wirtschaftlichem Erfolg einer Fischzucht und der tiergerechten Fischhaltung erkannt.

Speise- und Besatzfische sollen weiterhin als Wild-tiere gelten, Fischfarmen aber neu der kantonalen Bewilligungspflicht unterstehen. Damit verbunden ist die Forderung einer entsprechenden Ausbildung im In- oder Ausland für gewerbsmässige Fischzüchter. Damit soll auch anerkannt werden, dass sie Berufsleute mit entsprechender Qualifikation sind beziehungsweise sein sollten.

Entscheidend für das Wohlergehen von Fischen istdie Wasserqualität. Der allgemeinen Forderung nach einer der gehaltenen Fischart angepassten Wasser-qualität entsprechend werden in einem neuen An-hang detaillierte Mindestanforderungen für Forellen und Karpfen in Bezug auf pH-Wert, Temperatur, Koh-lendioxyd-, Sauerstoff-, Ammonium- und Salzgehalt vorgeschlagen. Der maximale Tierbesatz wird in allen Behältnissen vom Sauerstoffgehalt des Wassers ab-hängig gemacht. Für Forellen- und Karpfenartige sollen im neuen Anhang zudem maximale Besatzdichten in Kilogramm pro Kubikmeter aufgenommen werden.

Besondere Beachtung schenkte die Fachgruppe dem Betäuben, Töten und Schlachten sowie dem Transport der Fische. Vor dem Transport ist namentlich sicherzustellen, dass der Magen-Darm-Trakt der Tiere möglichst vollständig entleert ist. Den Lebendtransport von Fischen auf Eis oder in Eiswasser lehnt die Fach-gruppe gänzlich ab.

Insgesamt versuchte die Fachgruppe mit den vorlie-genden Vorschlägen den aktuellen Stand der «guten Haltungs- und Tierbetreuungspraxis», wie sie in der Schweiz angewandt wird, abzubilden.

Rolf Frischknecht

Stabsstelle Internationales,Leiter AG Fisch

Tierschutz bei Fischen und Krebstieren

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• Haltung von FischenIn dieser Arbeitsgruppe wurden die tierschutzrelevan-ten Aspekte der Haltung von Zierfischen in öffentlichen und privaten Aquarien und Gartenbiotopen diskutiert. Fische sind nicht einfach zu haltende Wildtiere, son-dern verlangen je nach Art grosses Fachwissen und entsprechende technische Einrichtungen, da auch die Konditionen des Mediums Wasser als Lebens-raum der Fische vom Menschen beherrscht werden müssen. Zierfische bleiben Wildtiere, auch wenn im Falle von Nachzuchten eine gewisse Adaptation an die Umweltbedingungen möglich wird. Deshalb soll die gewerbsmässige Zucht von Zierfischen und der Handel mit solchen ebenfalls einer Bewilligungspflicht

unterstehen, welche von den Kantonen einheitlich zu vollziehen ist. Auch die Nutzung von Fischen zu medizinischen Zwecken ist als gewerbsmässige Hal-tung zu bezeichnen und zu kontrollieren.

Qualzuchten, das heisst Fische, die durch ange-züchtete Merkmale wie etwa überlange Schwänze oder Kopfwucherungen in ihrem natürlichen Verhalten gestört sind oder körperliche Schäden erleiden, sind nach Ansicht der Fachexperten klar zu verbieten. Um das Wohlergehen von Zierfischen sicherzustellen, ist es wichtig, dass KäuferInnen vor dem Kauf im Fachge-schäft ausreichend durch entsprechende Deklaration und persönliche Beratung über die Bedürfnisse der Tiere informiert werden.

Schmerzen, Leiden, SchädenTieren darf laut Absatz 3 von Artikel 2 des Tierschutzgesetzes nicht ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden. Die Bedeutung dieser Begriffe bei Fischen und Krebstieren wurde zusammen mit Fachexperten abgeklärt. Die Frage, ob und in welchem Umfang Fische Schmerzen empfinden können, ist wissenschaftlich nicht abschließend geklärt (siehe unten). Dieser Aspekt wurde deshalb bei der Betrachtung der Belastung durch die verschiedenen Formen der Nutzung nicht berücksichtigt. Die Leidensfähigkeit von Fischen steht demgegenüber ausser Zweifel; sie wird durch zahlreiche verhaltenswissenschaftliche und physiologische Untersuchungen belegt. Als Leiden werden vom Schmerz nicht erfasste Beeinträchtigungen des Wohlbefindens verstanden. Beim Fisch führen instinktwidrige und lebensfeindliche Einflüsse, wie etwa ungünstige Wasserparameter (Temperatur, pH-Wert, Sauerstoffgehalt usw.) oder das Handling beim Fang oder Sortieren sehr rasch zu stressbedingten Veränderungen. Primär steigen die Werte der Stresshormone Kortisol und Katecholamin sehr rasch an und führen zu einer Erhöhung der Herz- und Atemfrequenz. Eine Kombination der Stressoren multipliziert deren Wirkung und kann beim Fisch zum Tod führen. Bei länger dauernder Belastung sind Veränderungen der Blutwerte (Erhöhung der Kapillarpermeabilität, Elektrolytimbalanzen, Störungen der Blutgerinnung), aber auch gravierende Schäden an Leber und Kiemen zu erwarten. Zudem kommt es zu einer Verminderung der Abwehrkraft gegen Krankheiten (Immunosuppression). Die Argumentation in der Motion Sommaruga «Artgerechte Tierhaltung auch für Fische», welche einen direkten Zusammenhang zwischen schlechten Haltungsbedingungen und Krankheitsanfälligkeit beziehungsweise Medikamenteneinsatz in der Fischzucht sieht, ist deshalb durchaus nachvollziehbar.Schäden sind als Stressfolgen oder aber auch durch mechanische Belastung (zum Beispiel beim Fang oder beim Anfassen) möglich. Die feinen, für die Atmung wichtigen Kiemenstrukturen, die nur dünne Schleimhaut über den Schuppen und die inneren Organe sind sehr empfindlich.

Rolf Frischknecht

Empfinden Fische Schmerz?Der Tierschutz hat zum Ziel, Schmerzen und Leiden bei Haltung, Fang, Transport und dem Töten von Tieren zu minimieren. Dabei geht man davon aus, dass Wirbeltiere wie Säuger oder Vögel Schmerz sowohl empfinden wie auch wahrnehmen können. Die Frage, ob auch Fische Schmerz fühlen können, ist umstritten. Bei höheren Wirbeltieren wird ein schädigender Reiz, zum Beispiel eine Verbrennung auf der Haut, durch spezielle Rezeptoren (Nozirezeptoren) in der Haut sensorisch registriert und anschliessend in spezialisierten Gehirnarealen verarbeitet und als Schmerz psychisch wahrgenommen. Für Fische ist unbestritten, dass sie auf schädigende Reize Vermeidungsreaktionen zeigen – wird beispielsweise in Experimenten die Fütterung mit einem leichten Stromschlag kombiniert, so stellen die Fische die Futterauf-nahme ein. Es wird jedoch kontrovers diskutiert, ob die Reizwahrnehmung bei Fischen auch mit einer Schmerzwahrnehmung verbunden ist. Wissenschaftler wie der amerikanische Zoologe James D. Rose haben gezeigt, dass im Gehirn von Fischen jene Regionen feh-len, die bei höheren Wirbeltieren für die Schmerzwahrnehmung verantwortlich sind, und daraus gefolgert, dass eine psychische Schmerzempfindung bei Fischen nicht möglich ist. In den letzten Jahren haben sich jedoch vermehrt Hinweise ergeben, dass Fische sehr wohl in der Lage, Schmerz wahrzunehmen. Insbesondere die Untersuchungen einer Arbeitsgruppe an der Universität Edinburgh zeigten, dass mechanische, chemische oder thermische Reize bei Fischen physiologische und neuronale Reaktionen auslösten, die den Schmerzwahrnehmungsreaktionen höherer Wirbeltiere vergleichbar sind, was nahe legt, dass Fische auch die Fähigkeit zur Schmerzempfindung besitzen.

Helmut Segner, Leiter des Zentrums für Fisch- und Wildtiermedizin (FIWI)

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• BerufsfischereiDie Berufsfischerei wird heute nur noch auf den grösse-ren Seen betrieben. Hauptzielfische sind Felchen und Flussbarsche (Egli), in kleinerem Masse auch Hechte, Seeforellen, diverse Weissfische, Zander oder andere. Der Fang erfolgt hauptsächlich mittels Schweb- oder Bodennetzen, für Hechte auch mit Reusen. Zu Diskus-sionen Anlass gab namentlich die von Tierschutzkrei-sen geforderte sofortige Tötung gefangener Fische. Die Berufsfischer sehen jedoch Probleme vor allem mit der Tötung bei Massenfängen (zum Beispiel Egli) oder bei ungünstigen Witterungsverhältnissen (Sturm, grosse Kälte).

Ebenso wurde gefordert, die Einsatzdauer von Net-zen, Reusen usw. klar zeitlich zu begrenzen, um das Leiden der Fische möglichst kurz zu halten. Dagegen wurde aber argumentiert, dass die wirtschaftliche Tragbarkeit zu beachten sei. Eine gute Ausbildung der Berufsfischer könnte aber mithelfen, die Belastungen auf ein Minimum zu reduzieren, weshalb die Kantone Berechtigungen zur Ausübung der Berufsfischerei nur an Personen erteilen sollten, welche über das notwen-dige Fachwissen verfügen.

• AngelfischereiRund 150 000 Personen angeln regelmässig oder gelegentlich in unseren Seen und Fliessgewässern. Durch die zunehmende Belastung unserer Gewässer (chemische Produkte, Klimaerwärmung usw.) und Beeinträchtigungen durch den Betrieb von Wasser-kraftwerken sind die Erträge in den letzten Jahren stark zurückgegangen. Die Bedenken der Organisationen der Angelfischerei gegenüber neuen, möglicherweise

einschränkenden Vorschriften sind deshalb verständ-lich. Die Nachhaltigkeit der Nutzung wird durch die Fischereigesetzgebung sichergestellt. Im Rahmen der Vorabklärungen konnte festgestellt werden, dass die Kantone auf Basis des Bundesgesetzes über die Fischerei (Artikel 3) bereits sehr weitgehende Regelun-gen tierschutzrelevanter Fragen der Fischereitechnik erlassen haben. Das Niveau des Schutzes ist jedoch sehr unterschiedlich. Die umstrittene Frage des Ein-satzes lebender Köderfische wurde bereits in der Fischereigesetzgebung geregelt und deshalb bewusst von der Diskussion in der AG Fisch ausgeklammert (siehe folgendes Streitgespräch).

Die Expertengruppe diskutierte nebst anderen technischen Fragen namentlich die Verwendung von Angeln mit Widerhaken, die Lebendhälterung und das Betäuben und Töten von Fischen. Neben der Forderung nach klaren Regelungen wurde auch immer wieder darauf hingewiesen, dass Tierschutzprobleme durch eine Ausbildung vor Erteilung einer Angelerlaub-nis wesentlich minimiert werden könnten. Besondere Tierschutzprobleme werden aber namentlich auch bei Personen beobachtet, die keine Angelerlaubnis benö-tigen (Freiangler). Deshalb sollte die Information dieser Angler in Zusammenarbeit mit den in der Fischerei tätigen Organisationen gefördert werden. Im Übrigen wurde auch diskutiert, die Schonmasse für den in den Seen von Freianglern meistgefangenen Fisch, den Egli, aufzuheben. Damit könnten unschöne Szenen beim Lösen dieser oft kleinen Fische vom Haken und anschliessenden Zurücksetzen der verletzten Tiere vermieden werden.

Umstritten ist auch das Fischen in Anlagen, in welche Fische eigens zum Zweck des Wiederfanges eingesetzt werden (Angelteiche). Von Tierschutzseite wurde klar ein Verbot gefordert, während einige Fachexperten den Nutzungsaspekt betonten und der Meinung waren, dass Probleme durch eine Information und Betreuung der Angler vermieden werden könnten. Zudem wäre nach dem Besatz eine Befischung erst nach einer an-gemessenen Ruhezeit und entsprechendem Zuwachs zu erlauben.

• Tierversuche mit FischenFische werden einerseits in belastenden Versuchen in der Grundlagenforschung und in Toxizitätsstudien eingesetzt, andererseits im Rahmen von Feldstudi-en über ihr Vorkommen und ihr Verhalten markiert und beobachtet. Die Arbeitsgruppe hat sich auf die Tierschutzrelevanz der Markierungsversuche be-schränkt, weil belastende Versuche im Rahmen des

Mit Widerhaken versehe-ne Angeln können gra-vierende Verletzungen verursachen. Dies ist vor allem bei einem zurück-zusetzenden Fisch pro-blematisch. Andererseits kann bei einem Verzicht auf Widerhaken der Fang-ertrag der Angelfischer durch das Entkommen einzelner Fische gemin-dert werden.

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Bewilligungsverfahrens einer strengen Überprüfung hinsichtlich Versuchsanordnung und Qualifikation des Personals unterzogen werden. Die Arbeitsgruppe be-stätigte die Gültigkeit der 1995 in der BVET-Richtlinie 800.116.4-03 «Fang, Immobilisation und Markierung von Wildtieren» publizierten Beurteilung der Fang- und Markierungsmethoden. Die Experten forderten, dass nur Leute mit der entsprechenden Ausbildung den Ein-griff vornehmen dürfen und dass die Fische vor einer Markierung fachgerecht zu anästhesieren seien.

• KrebstiereIn dieser Fachgruppe wurde zunächst eine vertiefte Grundsatzdiskussion zu den Begriffen Schmerzen / Lei-den / Schäden bei Krebstieren geführt. Die Fachleute wiesen darauf hin, dass Krebse ein grosses und viel-fältiges Verhaltensrepertoire besitzen.

Bei der Frage nach dem Schmerzempfinden gin-gen die Meinungen auseinander und den Fachleuten waren entsprechende wissenschaftliche Arbeiten nicht bekannt. Die Fachleute waren sich aber einig, dass der fehlende Beweis eines Schmerzes dessen Vorhandensein nicht ausschliesst. Sie sahen aber eine Leidensfähigkeit bei Krebstieren als erwiesen an, da stressbedingte Schäden nachweisbar sind und Verhaltensänderungen als Reaktion auf Stressoren beobachtbar sind. Schäden treten bei schlechten Transportbedingungen und falscher Haltung relativ rasch auf; diese sind auf jeden Fall vermeidbar.

Die Fachexperten waren sich deshalb einig, dass der Geltungsbereich der Tierschutzverordnung auf die Krebstiere ausgedehnt werden soll. Von den Fachleuten wurde namentlich gefordert, dass die Transport- und Haltungsbedingungen zu verbessern seien. Als tier-schutzwidrig wurde die Hälterung lebender Krebstiere auf Eis bezeichnet. Personen, welche mit diesen Tieren umgehen, sollen über das notwendige Fachwissen ver-fügen. Richtlinien und Ausbildungsunterlagen sind zu diesem Zweck in Zusammenarbeit mit den betroffenen Organisationen des Fachhandels und der Gastronomie zu entwickeln und entsprechende Kurse anzubieten. Im Übrigen wurden auch die Tötungsmethoden für Krebstiere diskutiert. Die heute übliche Tötung ist nur dann vertretbar, wenn genügend kochendes Wasser im Verhältnis zur Menge der Krebstiere vorhanden ist. Im Rahmen der Gespräche wurde aber eine neue Betäu-bungs- und Tötungsmethode mit Elektrizität vorgestellt (siehe dazu www.crustastun.com). Die Entwicklung in diesem Bereich ist zu verfolgen.

Zusammenfassung und AusblickAus den Ergebnissen der Arbeitsgruppen konnten folgende Schlüsse gezogen werden: Obwohl in De-tailfragen Uneinigkeit herrscht, ist die Einführung von besonderen Tierschutzvorschriften für Fische und Krebstiere sinnvoll und notwendig. Schwergewicht ist dabei auf Information und Ausbildung zu legen, wobei in diesem Bereich stark mit den im Bereich tätigen Organisationen zusammengearbeitet werden soll. Zu regeln sind ferner namentlich die Haltungs- und Transportbedingungen sowie die Betäubung bezie-hungsweise Tötung gefangener Tiere. Entsprechende Vorschläge wurden erarbeitet und werden den interes-sierten Kreisen im Rahmen der Revision der Tierschutz-verordnung zur Vernehmlassung unterbreitet werden. Um einen einheitlichen Vollzug zu gewährleisten, wird zusätzlich die Erarbeitung von entsprechenden Richt-linien notwendig sein.

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Das Fischen mit lebenden Köderfi schen bleibt umstritten – trotz der im Jahr 2001 getroffenen Regelung in der Verordnung zum Bundesgesetz über die Fischerei (VBGF Artikel 5b) und in der Vollzugshilfe «Lebende Köderfi sche». Demnach ist der Einsatz von lebenden Köderfi schen grund-sätzlich verboten. Die Kantone können jedoch Ge-wässer und Teile davon vom Verbot ausnehmen, wenn darin Raubfi sche anders kaum gefangen werden.

Das BVET hat Matthias Escher, Inhaber von Aqua-Sana, einem Büro für Gewässerökologie und Fischereifragen, und Peter Schlup, Leiter der Fachstelle Wildtiere beim Schweizer Tierschutz STS, zum Gespräch eingeladen. Das Gespräch leitete Rolf Frischknecht vom BVET.

Herr Escher, Sie fischen mit lebenden Köderfischen. Weshalb?Escher: Ich verwende lebende Köderfische nur dann – und das machen wohl die meisten Angler so – wenn ich mit anderen Fangmethoden viel weniger erfolgreich bin. Das Ziel eines Angelfischers ist es ja, einen Fisch zu fangen, um ihn zu essen. Das ist für mich ein guter Grund, der den Gebrauch von lebenden Köderfischen rechtfertigt. Schliesslich ist die nachhaltige Nutzung von Fischen, die in der Natur aufwachsen können, in vielerlei Hinsicht sinnvoll.

Fischen mit lebenden Köder-fischen – ein Streitgespräch

Sie, Herr Schlup, benutzen keine lebenden Köderfische. Schlup: Ich verwende Kunstköder. Das Fischen mit lebenden Köderfischen ist meiner Meinung nach nicht gerechtfertigt. Den Tieren werden Schäden zugefügt und sie hängen bis zu einer halben Stunde am Haken. Während der ganzen Zeit leiden sie – die Leidens-fähigkeit von Fischen ist heute erwiesen – und ich bin überzeugt, dass sie auch Schmerzen empfinden. Das Interesse der Freizeitfischer wird hier viel zu hoch gewertet. Wo ich Herrn Escher aber Recht gebe, ist, dass eine nachhaltige Nutzung von Wildtieren sinnvoll ist – wenn sie tierschutzkonform betrieben wird. Die Natur ist der beste Lebensraum.

Escher: Dass Fische Schmerzen empfinden, so wie wir Menschen uns das vorstellen, ist sicher nicht richtig. Gerne geht vergessen, dass auch der Mensch Teil der Natur ist. Es gibt doch nichts Natürlicheres, als Raubfische mit jenen Fischen zu ködern, die sie auch natürlicherweise jagen. Zudem lassen sich gewisse Raubfische zu bestimmten Zeiten ohne lebende Kö-derfische kaum fangen. Etwa der Zander im Murtensee. Die Population ist sehr gross. Mit Kunstködern fischt man meistens weniger Zander, dass weiss ich aus eigener Erfahrung. Es stimmt einfach nicht, dass ein Kunstköder einen Naturköder in jedem Fall ersetzen kann.

Schlup: Der Zander wurde in der Schweiz ausgesetzt – das ist das artenschützerische Problem. Zudem soll sich der Mensch nicht als alleinigen Regulator verste-hen, der die Fischbestände bestimmt. Wir müssten vielmehr die Natur so gestalten, dass die natürliche Dynamik der Populationen spielen kann. Auch be-zweifle ich stark, dass Fischer ohne lebenden Köder-fisch langfristig wirklich weniger fangen. In Irland und in einigen Regionen unserer Nachbarländer ist das Fischen mit lebenden Köderfischen komplett verboten, ohne dass die Fischerei zusammengebrochen wäre.

Escher: Gerade das Beispiel Irland zeigt ja, wie effizi-ent das Fischen mit lebenden Köderfischen ist. Irland hat die Methode nämlich nicht aus tierschützerischen Gründen verboten, sondern um die Hechte zu schüt-zen!

Schlup: Die Effizienz ist keine Rechtfertigung für den lebenden Köderfisch. Einen Fisch leiden zu lassen, um damit mehr Fische zu fangen, lehne ich ethisch entschieden ab.

Marcel Falk

Kommunikation

«Ohne Köderfischerei gingen die Fänge von gewissen Raubfischen in Seen stark zurück. Dadurch würde eine sinnvolle nachhaltigeNutzung unserer Fischbestände unnötig erschwert.» Matthias Escher, Inhaber von Aqua-Sana.

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Nun ist das Fischen mit lebenden Köderfischen in der Schweiz ja geregelt. Herr Escher, können Fischer mit der Regelung gut leben?Escher: Die Regeln schränken sehr stark ein und sind unbefriedigend. In der Folge ist etwa die Eglifischerei im Thunersee sehr viel schwieriger geworden. Wasser-pflanzen behindern an vielen traditionellen Fangplätzen eine aussichtsreiche Fischerei mit Kunstködern. Man hätte die Köderwahl besser in der Eigenverantwortung der Fischer belassen und mit Weiterbildung und Auf-klärung dafür gesorgt, dass nur dann lebende Köder-fische verwendet werden, wenn es nötig ist. Zudem erschwert die unterschiedliche Auslegung der Kantone das Fischen. Am Zürichsee gibt es drei verschiedene Regelungen betreffend Köderfische! Das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft und das BVET müssten stärker auf eine Harmonisierung zwischen den Kantonen hinwirken.

Schlup: Ich bin auch nicht glücklich mit der Regelung. Die Ausnahmen müsste man streichen und das Fischen mit lebenden Köderfischen ganz verbieten. Es war vorhersehbar, dass die Regelung ins Chaos führt und niemanden befriedigt. Ich bin überzeugt: Würde das Volk über das Thema abstimmen, käme das Total-verbot. Nichtfischer haben für diese Art des Fischfangs kein Verständnis.

Escher: Wir Fischer haben Angst, dass dies der erste Schritt zu einem von extremen Tierschützern beab-sichtigten Verbot der Angelfischerei darstellt. Wenn nämlich das «Leiden» eines lebenden Köderfisches am Haken tierschützerisch nicht vertretbar sein soll, dann wäre jeder Fisch am Angelhaken ein Problemfall. Deshalb würden extreme Tierschützer die Fischerei am liebsten ja auch ganz verbieten.

Schlup: Das ist Angstmacherei. Ein Verbot der Angle-rei ist nicht unser Ziel. Sicher leiden auch gefangene Fische an der Angel. Nur hält der verantwortungsvolle Fischer dies so kurz wie möglich. Vor allem aber sehe ich es als grundsätzlich gerechtfertigt an, Fische zu fangen, um sie zu verspeisen.

Escher: Man muss das Thema Köderfische auch mal etwas einordnen. Rein zahlenmässig ist es marginal. Als Illustration: Pro Jahr werden in der Schweiz etwa so viele lebende Köderfische eingesetzt, wie im Bielersee täglich von Raubfischen gefressen werden. Andere Themen sind tierschützerisch viel bedeutender; wenn etwa Zierfische beim Import oder wegen unsachge-mässer Haltung zu Zehntausenden verenden.

Schlup: Sicherlich sind Köderfische nur eines von vielen Tierschutzthemen in der Fischerei. Marginal ist es jedoch nicht. Der Vergleich von natürlichen Vorgän-gen mit den Tätigkeiten von uns Menschen ist jedoch nicht haltbar. Die Natur funktioniert nach ihren eigenen – oft brutalen – Gesetzen. Der Mensch muss für sein Handeln die Verantwortung übernehmen.

Was würde passieren, wenn man die Köderfischerei ganz verbietet?Schlup: Angler würden protestieren, viele würden dies jedoch auch begrüssen. Da es genügend Alternativen gibt, würden bald wieder so viele Raubfische gefangen wie heute.

Escher: In Seen würden die Fänge von gewissen Raubfischen stark zurückgehen und sicher würden auch weniger Patente verkauft. Ausserdem würde eine sinnvolle nachhaltige Nutzung unserer Fischbestände unnötig erschwert und noch viel wichtiger: Es wäre möglicherweise der erste politische Schritt, um die Fischerei generell stark einzuschränken.

«Köderfischen werden Schäden zugefügt und sie leiden bis zu einer halben Stunde am Ha-ken. Einen Fisch leiden zu lassen, um damit mehr Fische zu fan-gen, lehne ich ethisch entschieden ab.» Peter Schlup, Leiter der Fach-stelle Wildtiere beim Schweizer Tierschutz STS.

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Aus der Aquaristik, dem ehemaligen Zeitvertreib weniger Naturinteressierter, ist heute ein massen-taugliches Produkt entstanden, bei dem der de-korative Aspekt immer mehr in den Vordergrund rückt. Längst haben nicht mehr nur Fischverrückteein sorgfältig gepfl egtes Aquarium im Wohnzim-mer, sondern ein Aquarium steht heute in vielen Haushalten und sogar öffentlichen Räumen wie Restaurants als Zierobjekt. Statt natürlichem Wurzelholz und Pfl anzen fi ndet man farbigen Kies und versunkene Piratenschiffe als Dekorations-material.

Heute suggeriert die Industrie, dass die Haltung von Fischen im Aquarium mit fast keinem Aufwand verbunden ist: Fischkauf und -haltung einfach und problemlos wie der Kauf eines Fernsehers oder das Zubereiten eines Mikrowellengerichtes? Ersetzt die schier unendlich scheinende Auswahl von Technik und allerhand chemischen Mittelchen das ehemals notwendige Grundwissen über Wasserwerte und Fischpflege? Wo bleibt das Wohlergehen der Fische? Sind Aquarianer wirklich «Fischverbraucher» ohne Verständnis für Tierschutzanliegen, wie dies einige Tierschutzorganisationen immer wieder behaupten?

Artgerechte Haltung als GrundprinzipTatsächlich verfolgen auch im Zeitalter, in dem das Aquarium zum Modeobjekt wurde, eine Grosszahl der Aquarianer ihr Hobby mit viel Sorgfalt und erheblichem Zeitaufwand. Entgegen anders lautenden Meinungen setzen sich die Fischhalter auch mit Tierschutzproble-men auseinander. Die Förderung einer artgerechten Haltung von Fischen im Aquarium ist gemäss den

Aquaristikszene Schweiz – eineStandortbestimmung von AquarianernMichael Tobler*, Erich Bühlmann, Robert Guggenbühl

Schweizer Dachverband der Aquarien- und Terrarienvereine (SDAT),*Abteilung Ökologie, Zoologisches Institut, Universität Zürich.

Statuten einer der Hauptzwecke des Schweizerischen Dachverbandes der Aquarien- und Terrarienvereine (SDAT). Eine artgerechte Haltung sollte nicht nur aus ethischen Gründen angestrebt werden, sondern sie ist auch die einzige praktikable Prophylaxe gegen Krankheiten und Parasiten.

Eine artgerechte Haltung von Aquarienfischen setzt sich aus verschiedenen Faktoren zusammen. Die Fische sind die wohl heterogenste Gruppe von Heimtie-ren. Die verschiedenen Arten – weit über 200 gehören zum Standardangebot in den Zoofachgeschäften – haben teilweise fundamental unterschiedliche Ansprü-che an ihre Umwelt. Pauschale Aussagen, wie Fische nun artgerecht zu halten sind, sind daher kaum möglich. Vielmehr gilt es, die optimalen Haltungsbedingungen von Gruppen oder Arten individuell nachzuschlagen. Am Anfang einer erfolgreichen und artgerechten Pflege steht daher oftmals eine gründliche Recherche (siehe Kasten). Im Zentrum für das Wohlbefinden einer Fisch-

Tipps für EinsteigerVor der Anschaffung eines Aquariums sollte man sich über die zukünftigen Pfleglinge und deren Bedürfnisse infor-mieren. Empfohlene Informationsquellen sind die zahlreich erhältlichen, preiswerten Einsteigerbücher. Weitere Informa-tionsquellen finden sie in «Tipps rund ums (erste) Aquarium» (erhältlich unter www.fair-fish.ch). Hilfe bietet auch der Schweizer Dachverband der Aquarien- und Terrarienvereine (www.sdat.ch) und die angeschlossenen Vereine sowie die Schweizer Aquaristik Plattform im Internet (www.aquarium.ch).Zudem kann ein kostenloser Ratgeber «Lebensraum Aqua-rium» beim Schweizer Tierschutz STS bestellt werden unter 061 365 99 99 oder [email protected].

Die Einrichtung eines Aquariums soll sich an den natürlichen Lebens-räumen seiner Bewohner orientieren. Im Bild ein Bach im Süden Mexikos, Heimat des Feuermaul-buntbarsches.

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art stehen eine ausreichende Beckengrösse (die sich an der Endgrösse der Art und deren Bewegungsdrang orientieren sollte); optimale Wasserwerte (allen voran der pH-Wert und die Wasserhärte sowie möglichst geringe Schadstoffkonzentrationen); eine Haltung in der natürlichen sozialen Struktur (Paarweise versus Schwarmhaltung); eine natürliche Ernährung (beson-ders wichtig bei Nahrungsspezialisten wie Kugel-fischen); und wenn überhaupt, eine Vergesellschaftung nur mit Arten, die ähnliche Ansprüche haben und sich auch vertragen.

Die Einrichtung eines Aquariums sollte sich folglich stets an den natürlichen Bedürfnissen der jeweiligen Aquarienbewohner orientieren. Informationen über die natürlichen Habitate vieler Aquarienfische findet man heute in zusammengefasster Form in verschiedenen Büchern. Detailliere Informationen erschienen in Mono-graphien (oft Fischgruppen-spezifisch) und Artikeln der deutschsprachigen Aquaristikzeitschriften. Verschie-dene Interessengruppen – in der Schweiz etwa der SDAT, Aquarienvereine oder auch die Internetplattform www.aquarium.ch – bieten ihren Mitgliedern Weiterbil-dungsmöglichkeiten in Form von Vortragsreihen und Seminaren. Bewährt hat sich dabei die Zusammen-arbeit mit verschiedenen Zoos und wissenschaftlichen Institutionen der ganzen Schweiz. In der Region Zürich entstand auf Initiative eines lokalen Aquarienvereines (VAZ) ein Beratungstelefon für Notfälle sowie eine Fischauffangstation, von der aus nicht mehr gewollte Pfleglinge weitervermittelt werden.

Trotz dieser Bemühungen kann das Thema «Tier-schutz bei Fischen» in der Schweiz nicht als erledigt angesehen werden. Aus Sicht der Aquarianer erge-ben sich verschiedene Problemkreise, die nur durch gemeinsame Anstrengungen von Hobbyleuten, Zoo-fachhändlern, Wissenschaftlern und Behörden gelöst werden können.

Information beim Kauf verbessernObwohl viele Aquarianer sich darum bemühen, ihren Pfleglingen möglichst optimale Bedingungen zu bieten, ist das keines Falles flächendeckend der Fall. Das Problem ist meist nicht, dass Leute ihren Fischen keine optimale Umgebung bieten wollen, sondern dass sie sich nicht informieren und so nicht wissen, was überhaupt optimale Bedingungen sind. Die grundlegenden Informationen dazu sollten schon im Verkaufgespräch an den zukünftigen Fischhalter weitergegeben werden. Besonders wichtig wäre das bei Arten, die sich nicht oder nur bedingt zur Haltung in Aquarien eignen (beispielsweise verschiedene Gross-welse oder Kugelfische) und trotzdem erschreckend regelmässig in zu kleine Einsteigerbecken verkauft werden. Dies könnte durch eine ausführlichere De-klaration der angebotenen Fische verbessert wer-den. Generell sollten Zoofachhändler nicht nur eine Rolle als Verkäufer innehaben, sondern auch eine beratende Funktion zum Wohlergehen des Tieres. Idealerweise müsste eine Verkaufsperson für jede angebotene Fischart über die oben angesprochenen

Dieses Aquarium mag auf den ersten Blick kahl aussehen, der Fels-biotop entspricht aber den Bedürfnissen der Bewohner: Malawisee-Cichliden.

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Kenntnisse zur artgerechten Haltung verfügen. In der Ausbildung zum Zoofachverkäufer wird die Aquaristik – trotz ihrer Komplexität und ihrem grossen Anteil in den Zoohandlungen – allerdings nur stiefmütterlich behandelt. Dasselbe gilt unserer Meinung nach für die Ausbildung der kantonalen Vollzugsorgane. Es wäre wünschenswert, wenn diese Ausbildungsmissstände in Zukunft behoben werden. Vielleicht gibt es auch Möglichkeiten, Weiterbildungsbemühungen von Leuten aus dem Hobby- und Geschäftsbereich gemeinsam voranzutreiben und zu nutzen.

Wildfänge oder Nachzuchten?Im Fachhandel sind heute sowohl Wildfänge wie auch Nachzuchten erhältlich. Die meisten Nachzuchten stammen aus Osteuropa und Asien, sodass auch diese sehr lange und mitunter stressige Transporte über-stehen müssen. Leider gibt es heute nur sehr wenige Informationen, ob und wie sich die Fischfänge für den Zierfischhandel auf die natürlichen Bestände unserer Pfleglinge auswirken. In jedem Fall sind Nachzuchten aus der Region zu bevorzugen.

Professionelle Zierfischzuchten gibt es in der Schweiz praktisch keine. Die meisten Fische werden von ambitionierten Hobbyzüchtern in der Freizeit nachgezogen. Dabei handelt es sich in den meisten Fällen um ausgesprochene Spezialisten auf ihrem Ge-biet. Für andere Aquarianer sind sie nicht nur Quellen für Nachzuchten höchster Qualität, sondern auch für Informationen. Wie eine Erhebung des SDAT zeigte, werden Fische aus den verschiedensten Familien nachgezogen. Mit dabei ist einerseits eine Fülle der Arten, die als Standardangebot in Zoofachhandlungen verkauft werden, anderseits aber auch solche, die als ausgesprochene Raritäten gelten, die auf kommerzi-ellem Weg kaum in die Schweiz gelangen.

Das Engagement der Hobbyzüchter wird durch die gesetzliche Lage in der Schweiz leider nicht unterstützt. Die Regelung, dass Hobbyzüchter ab einer gewissen Anzahl Nachzuchten eine professionelle Ausbildung absolvieren müssen, ist für die meisten Züchter wegen ihrer Berufstätigkeit nur schwer zu erfüllen. Zudem scheint uns der Nutzen der Ausbildung auf eher tiefe-rem Niveau für hochqualifizierte Züchter fraglich. Eine Anpassung und Verbesserung der Ausbildung, so dass auch Fischzüchter in erheblichem Masse profitieren können, haben Vertreter des SDAT schon in der Ver-gangenheit angeregt. Anstatt regionale Nachzuchten zu unterbinden, sollten Hobbyzüchter viel eher durch eine gezielte Ausbildung gefördert werden.

Koi Herpes Viren gefährden die Bestände von Koi und Speisekarpfen Seit kurzem bedroht ein neuer Erreger, das Koi Herpes Virus (KHV), die weltweit wichtigste Nutzfischart (Speisekarpfen) sowie deren Zierfischvariante, den Koi-Karpfen. Das Viruswurde erstmals 1998 in Israel isoliert, als es dort zu Massen-

sterben bei Speise-und Koi-Karpfen kam.Durch unkontrollierten Handel, insbesondere mit Koi, verbreitete sich das Virus inner-halb weniger Jahre umden ganzen Globus und ist heute in allenwichtigen Karpfen-produzierenden Län-dern vorhanden (nach-gewiesen in Europa, Nordamerika, Asien, Afrika). KHV führt zu grossen ökonomi-schen Einbussen.Allein Israel schätzt

den Verlust durch KHV in seiner Aquakultur auf mindestens 1 Million USD pro Jahr. In Japan, dem Mutterland der Koi-Zucht, gingen 2004 mehrere tausend Tonnen Speisekarpfen an KHV ein. Das Virus ist nun in den meisten Gegenden Japans in den freien Gewässern vorhanden und bedroht zunehmend das einträgliche Geschäft mit Koi-Karpfen (Volumen in Japan circa 100 Millionen USD pro Jahr). Die Bekämpfung des Virus wird erschwert durch die Tatsache, dass überlebende Fische immun werden, aber dennoch das Virus in sich tragen können. Das Virus kann in diesen Trägerfischen kaum nachgewiesen werden. Bei Stress kann sich das Virus (teilweise erst nach mehreren Jahren) wieder vermehren und Tiere anstecken.Die durch KHV ausgelöste Seuche ist eine «emerging di-sease», bei der sich deutlich zeigt, wie schnell sich eine hochansteckende Krankheit durch unkontrollierten Handel ausbreiten kann. Zudem ist das KHV ein Beispiel dafür, wie der Handel mit Zierfischen, da er nicht konsequent auf Seuchen überwacht wird, zu einer Gefahr für die Speisefisch-Zucht werden kann.

Helmut Segner, Leiter des Zentrums für Fisch- und Wildtiermedizin (FIWI)

An KHV verendete Koi.

Kiemennekrose bei Koi (Kiemendeckel entfernt)

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Krankheiten und tiergerechtes TötenSelbst bei optimalen Haltungsbedingungen kann es vorkommen, dass Fische erkranken. Die Diagnose von Fischkrankheiten stellt oftmals auch Experten vor Probleme, kommen doch nicht nur die Fische, sondern mit ihnen auch ihre Parasiten aus allen Ecken der Welt. Professionelle Hilfe beim Erkennen und Behandeln von Fischkrankheiten bietet bislang einzig das FIWI des tierpathologischen Institutes an der Universität Bern. Erfreulicherweise bieten die Experten am Institut vielen Hobbyleuten Hilfe bei Krankheitsfragen. Auch werden Aquarianer in Seminaren im Umgang mit dem Mikroskop und im Bereich der Krankheitsdiagnose geschult.

Trotzdem bleibt der Mangel an Fachpersonal, an die sich Aquarianer bei auftretenden Krankheiten wenden können. Es wäre beispielsweise wünschenswert, den Zugang zu professioneller Hilfe durch eine Auflistungvon Veterinärmedizinern mit Kenntnissen in der Diagnose und Behandlung von Fischkrankheiten zu vereinfachen.

Auch wenn es im Einzelfall möglich ist, eine genaue Diagnose zu stellen, ist eine Behandlung nicht immer möglich, da verschiedene Medikamente in der Schweiz nicht verfügbar sind. Die Palette der zugelassenen Me-dikamente ist in der Schweiz kleiner als beispielsweise in Deutschland. Erforderliche Medikamente sollten deshalb wenigstens dem Fachpersonal zur Verfügung stehen und einfacher zugänglich gemacht werden.

Sind Fische schliesslich unheilbar erkrankt, müssten sie tiergerecht getötet werden. Dieses Töten stellt den Fischhalter immer wieder vor methodische Probleme. Viele Tötungsmethoden, die in Hobbykreisen noch praktiziert werden (etwa das Einfrieren), sind nicht optimal. Empfohlene Tötungsmethoden sind für Hob-byleute nicht ohne weiteres umsetzbar, da sie keinen legalen Zugang zu den entsprechenden Betäubungs-mitteln haben. In diesem Zusammenhang wäre es des-halb wünschenswert, wenn Fachpersonen praktikable Richtlinien erarbeiten, wie auch Laien kranke Tiere schnell und möglichst schmerzlos töten können.

Bei artgerechter Pflege zeigen die Fische ihre wahre Farbenpracht und ein reichhaltiges Verhaltensrepertoire: Im Bild ein Feuermaul-buntbarsch (Thorichtys meeki) bei der Balz.

In Zukunft …?Es ist zu hoffen, dass die verschiedenen Parteien, die in den Bereich der privaten Zierfischhaltung involviert sind, in Zukunft den Dialog finden beziehungsweise fortführen, um die Voraussetzungen zu schaffen, dass der Grossteil der Aquarienfische artgerecht gehalten wird. Dies gilt auch für Themenbereiche, die hier aus Platzgründen nicht angesprochen werden konnten. Der SDAT als Vertreter von zahlreichen Aquarianern in der ganzen Schweiz wird dazu sicher auch in Zukunft gerne an Lösungsansätzen mitarbeiten. Intern wird die Strategie von Aus- und Weiterbildungen jedenfalls fortgeführt und ausgebaut.

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Die Medien berichten begeistert vom Nutzen von Kangalfi sch-Therapien für PatientInnen mit Schuppenfl echten. Immer öfter schwimmen die unauffälligen Fische in mitteleuropäischen Therapiewannen. Das Wohl der Fische aber wird in den Berichten meist mit keinem einzigen Wort erwähnt.

Die mit zoologischem Namen als Garra rufa bezeichneten Kangalfische stammen ursprünglich aus anatolischen Gebirgsgewässern, deren deutlich über 30 Grad Celsius warmes, stark schwefel- und selenhaltiges Wasser nahe Kangal für Thermalbäder genutzt wird. Beim Baden werden Kurgäste von den bis zu 12 Zentimetern langen Fischen angeknabbert, was Psoriasispatienten Linderung verschaffen soll. Der therapeutische Einsatz dieser «Doktorfische» wird als unterstützendes Heilverfahren für verschiedene Hautkrankheiten angepriesen.

Kangalfisch-Therapien werden deshalb seit wenigen Jahren auch in mitteleuropäischen Gesundheitszentren angeboten. Einem Schwarm von rund 200 Fischen wird für mindestens eine Stunde täglich ein Patient oder eine Patientin in einer Therapiewanne zugesellt. Während der mindestens dreiwöchigen Behandlung fressen die Fische die übermässig produzierten, lockeren Hautschuppen weg – allerdings nur, wenn sie hungrig sind.

Hunger, fehlende Verstecke und ständiges Umsetzen belasten KangalfischeDie Fische werden deshalb bewusst hungrig gehal-ten. Ihr durch Futterentzug oder restriktive Fütterung hervorgerufener Hunger wird während Wochen nur durch tote Haut, eine für sie minderwertige Nahrung, gestillt, falls nicht ergänzend vollwertiges Futter angeboten wird. Auch sonst finden die Fische in den hellen Therapiewannen wenig artgemässe Einsatz-bedingungen vor. Ohne Kiesboden oder dunkle Unterschlupfe fehlen jegliche Verstecke, die ihnen den Rückzug vor dem Patienten erlauben. Zwischen den Therapieeinsätzen werden die Fische in herkömmlich eingerichteten Aquarien gehalten. Das wiederholte Umsetzen zwischen dem Aquarium und der Wanne belastet die Fische wegen des Einfangens und des Wasserwechsels. Bei unterschiedlicher Wasserqualität ist mit hohen Fischverlusten zu rechnen.

Kangalfischtherapien sind bewilligungspflichtigKangalfische sind, obschon sie aus Nachzuchten stammen, nach Schweizer Tierschutzrecht den Wild-tieren zuzuordnen. Ihre gewerbsmässige Haltung beziehungsweise Zucht und Nutzung zu therapeuti-schen Zwecken bedarf einer Bewilligung für die ge-werbsmässige Haltung von Wildtieren. Dadurch wird sichergestellt, dass die Mindestansprüche der Fische an die Haltung und Betreuung respektiert werden. Dazu zählen unter anderem Rückzugsmöglichkeiten, artgemässe Fütterung, schonendes Umsetzen und Vermeiden von Temperaturschwankungen. Für die Betreuung wird ein Tierpfleger mit Fähigkeitsausweis verlangt.

Kangalfische: Abkommandiert zum therapeutischen FressenMichelle Howald

Fachberatung Tierschutz

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Bei Nutzfi schen besteht ein akuter Versorgungs-engpass an zugelassenen Tierarzneimitteln in der Schweiz. Besonders gross ist der Bedarf an Tierarzneimitteln mit antimykotischer und anti-parasitärer Wirkung (als Ersatz für das verbote-ne Malachitgrün), aber auch mit antimikrobiellenWirkstoffen wie beispielsweise Tetracycline undTrimethoprim / Sulfonamid. Wenn aus diesem Grund nicht geprüfte Wirkstoffe eingesetzt wer-den, gefährdet dieses illegale Vorgehen die Lebensmittelsicherheit.

Mit der neuen Tierarzneimittelverordnung (TAMV) be-steht nun erstmals die Möglichkeit, Arzneimittel auch für Nutztiere umzuwidmen. Klare Rahmenbedingungen gewährleisten dabei die Lebensmittelsicherheit.

Zugelassene Tierarzneimittel mit Wirkstoffen, die in der FIV (Fremd- und Inhaltsstoffverordnung) oder in Liste a / b in Anhang 2 der TAMV aufgeführt sind, kön-nen auch auf Nutzfische umgewidmet werden. Da es sich bei der Umwidmung auf Fische um einen Wechsel der zoologischen Klasse handelt, ist die in der TAMV vorgeschriebene minimale Absetzfrist einzuhalten (Artikel 13 Abs. 2 Bst. c). Die Absetzfrist ist mit 500 Tagen dividiert durch die mittlere Wassertemperatur in Grad Celsius definiert.

Bei Nutzfischen werden die notwendigen Behand-lungen normalerweise über Zugabe von Fütterungs-arzneimitteln oder von Tierarzneimitteln ins Wasser vorgenommen. Um im Fischfutter beziehungsweise nachher im Fisch selbst eine wirksame Konzentration des Arzneimittels zu erreichen, muss die Arzneimittel-vormischung entsprechend konzentriert sein. Die als Arzneimittelvormischung für warmblütige Nutztiere zugelassenen Antiinfektiva eignen sich aufgrund ihrer Konzentration aber nicht zur Behandlung von Fisch-beständen. Die Umwidmung insbesondere im Bereich der fehlenden Antiinfektiva ist damit praktisch nicht durchführbar.

Die TAMV (Artikel 7) bietet auch die Möglichkeit zur Einfuhr von Tierarzneimitteln aus einem Land mit einer anerkannten Arzneimittelbehörde (EU ohne Osterweiterung, USA, CAN, NZ, AUS). Bei fehlen-den alternativen Behandlungsmöglichkeiten dürfen

Medizinalpersonen, die zur Behandlung eines be-stimmten Nutzfischbestandes erforderliche Menge eines verwendungsfertigen Tierarzneimittels einführen. Vorgängig muss dazu eine Sonderbewilligung bei der Swissmedic beantragt werden. Das Gesuchsformular (Gesuch Sonderbewilligung für einen TAM-Einsatz im Einzelfall) findet sich auf der Homepage des Instituts (www.swissmedic.ch).

Der bestehende Versorgungsengpass lässt sich nicht alleine mit den neuen Bestimmungen in der TAMV lösen. Weitere Schritte sind erforderlich. Als erste Massnahme wurde durch enge Zusammenarbeit von Behörde, dem Zentrum für Fisch- und Wildtier-medizin und der Industrie ein in England zugelassenes Tierarzneimittel mit dem Wirkstoff Bronopol zur Be-handlung von Pilzinfektionen auch in der Schweiz in der Abgabekategorie C zugelassen. Zur Bekämpfung von mikrobiellen Infektionen fehlen aber nach wie vor wichtige Wirkstoffe. Auch hier sind Bemühungen im Gange, mindestens einen Wirkstoff als verwen-dungsfertiges Tierarzneimittel verfügbar zu machen. Da Tierarzneimittel für Nutzfische einen sehr geringen Marktanteil haben, besteht seitens der Industrie kein grosses Interesse hier aktiv zu werden. Mit der geplan-ten Verordnung über vereinfachte Verfahren zur Zulas-sung von Arzneimitteln, deren Vernehmlassung Mitte Juni gestartet wurde, soll explizit auch die Zulassung von Tierarzneimitteln für Randnutztierarten vereinfacht werden. Dadurch wird ein Anreiz geschaffen, welcher dazu beiträgt, dass dringend benötigte Tierarzneimittel zur Verfügung stehen werden.

Der Versorgungsengpass mit zugelassenen Tier-arzneimitteln ist eng vernetzt mit der ungenügenden tierärztlichen Betreuung der Nutzfischbestände in der Schweiz. Daneben ist es unbedingt notwendig, die Tierhalter über die Bestimmungen der TAMV und über den Einsatz von zugelassenen Tierarzneimitteln für Nutzfische zu informieren. Dazu gehören auch Hinwei-se über den zu beachtenden Warenfluss zugelassener Tierarzneimittel von der Zulassungsinhaberin bis zum Tierhalter. Wenn die Versorgung von Nutzfischen mit zugelassenen Tierarzneimitteln besser wird, verbessert dies die Tierhaltung und damit auch das Lebensmittel Fisch.

Arzneimittel-notstand bei Fischen

Flurina Stucki

Swissmedic

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Die Fischzucht oder Aquakultur ist die am stärks-ten wachsende Tierproduktion. Weltweit sind Fische, nach Rindern und Schweinen, die dritt-wichtigste tierische Eiweissquelle für den Men-schen. Krankheiten können die Fischzucht jedochgenauso gefährden wie die von Berufs- und Angelfi scherei genutzten Wildfi schbestände. Eine erfolgreiche Fischzucht und die Erhaltung guter Wildfi schbestände bedürfen deshalb einer konti-nuierlichen Überwachung und Bekämpfung von Fischkrankheiten.

Fische können durch Infektionen mit Viren, Bakterien, Pilzen oder Parasiten oder durch Umweltfaktoren wie falsche Ernährung, schlechte Wasserqualität und toxische Substanzen krank werden. Da die Ernährungs- und Umweltbedingungen die Widerstandsfähigkeit des Fisches beeinflussen, fördern sie indirekt infektiöse Erkrankungen. Daher müssen die Lebensbedingungen der Fische bei der Beurteilung von infektiösen Erkran-kungen stets miteinbezogen werden.

Weitere wichtige Faktoren des Krankheitsgesche-hens bei Fischen sind der «Lebensraum Wasser», die Stressanfälligkeit von Fischen und die Tatsache, dass Fische wechselwarme Tiere sind. In Wasser können sich zahlreiche Krankheitserreger sehr gut ausbreiten. Der Fisch belastet dieses Medium mit Stoffwechsel-endprodukten wie Ammoniak und Kohlendioxid, was zu einer Verschlechterung der Wasserqualität und damit zu Stress und erhöhter Anfälligkeit gegenüber Infektionen führt. So ist von zahlreichen Erregern nach-gewiesen, dass sie nur bei gestressten und damit in der Immunabwehr geschwächten Fischen Probleme hervorrufen.

Wie jeder Praktiker weiss, ist das Krankheitsgeschehen bei Fischen vielfach durch die Temperatur beeinflusst. Als wechselwarme Tiere sind die Lebensfunktionen von Fischen temperaturabhängig. So ist bei hohen Temperaturen der Stoffwechsel intensiviert, wodurch der Bedarf an Sauerstoff steigt. In warmem Wasser ist jedoch weniger Sauerstoff gelöst als in kaltem. Dies kann zu Stress führen. Auch das Immunsystem von Fischen – und damit die Anfälligkeit gegenüber Krankheitserregern – wird von der Wassertemperatur beeinflusst. Insgesamt ist festzuhalten, dass stress-arme Haltungsbedingungen, zusammen mit guter Wasserqualität und guter Ernährung, die Risiken von Krankheitsausbrüchen in der Fischzucht deutlich reduzieren.

Ein vollständiges Fernhalten von infektiösen Erregern ist jedoch in den seltensten Fällen möglich. Zu den in der Fischzucht wichtigsten, meist mit erhöhten Morta-litäten verbundenen infektiösen Krankheiten gehören der Befall mit Haut- und Kiemenparasiten wie zum Beispiel der von Ichthyophthirius multifiliis ausgelösten Weisspünktchenkrankheit, einige durch Bakterien aus-gelöste Krankheiten wie die Furunkulose der Salmoni-den (Erreger: Aeromonas salmonicida) und schliesslich Krankheiten, die durch Viren ausgelöst werden. Unter den viralen Krankheiten sind die Virale Hämorrhagische Septikämie (VHS), die Infektiöse Hämatopoietische Nekrose (IHN) und die Infektiöse Pankreasnekrose (IPN) herauszuheben (siehe Kasten).

Fischkrankheitenin der SchweizHelmut Segner

Leiter des Zentrums für Fisch- und Wildtiermedizin (FIWI)

Meldepflichtige Fischkrankheiten in der SchweizIn der schweizerischen Tierseuchenverordnung (SR 916.401) sind fünf virale und eine parasitäre Erkrankung als meldepflichtige Fischseuchen aufgeführt (siehe www.bvet.admin.ch/tiergesundheit/00178/index.html?lang=de). Tierseuchen werden in die vier Bekämpfungsgruppen «hochansteckend», «auszurottend», «zu bekämpfend» und «zu überwachend» eingeteilt. In der ersten Kategorie ist keine Fischkrankheit. Die Virale Hämorrhagische Septikämie (VHS), die Infektiöse Hämatopoietische Nekrose (IHN) und die Infektiöse Anämie der Salmoniden (ISA) sind auszurottende Tierseuchen. Während letztere in der Schweiz noch nie aufgetreten ist, werden VHS und IHN regelmässig diagnostiziert. VHS ist eine akut bis chronisch verlaufende Viruskrankheit der Salmoniden mit Blutungen und Nekrosen sowie zentralnervösen Symptomen, die zu bedeutenden Verlusten führen kann. IHN ist eine akut oder subakut verlaufende Viruskrankheit des Lachses und der Regenbogenforelle mit generalisierten Blutungen und Nekrosen. Die Verluste können vor allem bei der Brut bedeutend sein.Die Infektiöse Pankreasnekrose (IPN) ist eine zu bekämpfende Tierseuche. Die Krankheit ist eine akut oder subakut verlaufende Viruskrankheit, die vorwiegend bei Jungfischen von Salmoniden massive Verluste bewirken kann. Ältere Fische erkranken nicht an IPN, gelten aber nach Kontakt auf Lebzeiten als Träger des Virus.Die Frühlingsvirämie des Karpfen (SVC) und die Proliferative Nierenkrankheit (PKD) sind zu überwachende Fischseuchen. Die SVC ist eine akut oder subakut verlaufende Viruskrankheit vorwiegend bei Karpfen-artigen Fischen, aber auch beim Wels. Die PKD ist eine chronisch verlaufende Parasiteninfektion, vorwiegend in den Nieren von Salmoniden und Hechten.

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Auch bei Wildfischen verstärken schlechte Lebens-raumbedingungen die Verbreitung und Auswirkungen von Krankheiten. Allerdings können Todesfälle von Fischen in freien Gewässern in der Regel nur dann festgestellt werden, wenn es zu Massenmortalitäten kommt. Geringe Abgänge über einen längeren Zeit-raum sind im Freiland kaum zu erfassen. Die Erreger in Wildfischbeständen können auch Fischzuchten gefähr-den, die mit Bachwasser betrieben werden. Umgekehrt gelangen Krankheitserreger aus Zuchtbeständen zu freilebenden Fischen. Ausmass und Bedeutung dieses wechselseitigen Austausches ist derzeit noch wenig verstanden. Ein aktuelles europäisches Projekt widmet sich dieser Fragestellung (www.dipnet.info).

Die Überwachung der Fischgesundheitreduziert Verluste durch Krankheiten Ausbrüche von Fischkrankheiten können schwerwie-gende wirtschaftliche Folgen haben. Die EU rechnet pro Ausbruch der VHS- oder IHN-Erkrankung bei Forellen mit einem durchschnittlichen Verlust von 120 000 Euro. Krankheiten beeinträchtigen auch den Handel mit Fischen. Um die Ausbreitung infektiöser Krankheiten einzudämmen und das Ausmass der wirtschaftlichen Schäden zu reduzieren, bedarf es einer konsequenten Überwachung und Bekämpfung der Fischkrankheiten.

Für die Überwachung und Bekämpfung von Fischkrankheiten gibt es nationale wie internationale Vorschriften. Sowohl die OIE als auch die EU haben Listen von Fischkrankheiten zusammengestellt, die auch für die Schweiz Gültigkeit haben. Die Einteilung der Krankheiten erfolgt auf Grund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung. Regelwerke legen das Vorgehen beim Feststellen meldepflichtiger Krankheiten verbindlich fest. Neben diesen verbindlichen Vorschriften gibt es zusätzlich eine Reihe informeller Netzwerke, die zum Ziel haben, das in Europa vorhandene Wissen zu infektiösen Fischkrankheiten und deren Verbreitung zu-sammenzuführen (zum Beispiel: www.europanda.net). Eine wirkungsvolle Krankheitsüberwachung braucht eine zuverlässige und validierte Diagnostik. In der Schweiz ist hierfür die Nationale Fischuntersuchungs-stelle am Zentrum für Fisch- und Wildtiermedizin zu-ständig (siehe Kasten). Die Diagnostik war bei Fischen lange Zeit weniger fortgeschritten als bei anderen vom Menschen gezüchteten Tierarten. In den letzten 10 bis 15 Jahren wurde jedoch eine Vielfalt von Methoden entwickelt; von klassischen pathologischen Nach-weismethoden bis zu modernen immunologischen und molekularbiologischen Techniken.

Die Nationale Fischuntersuchungsstelle Die Nationale Fischuntersuchungsstelle (NAFUS) des Zen-trums für Fisch- und Wildtiermedizin (FIWI) wurde auf Grund eines Bundesratsbeschluss vom 25. September 1972 einge-richtet. Die Aufgabe der NAFUS beinhaltet die Diagnostik und Überwachung infektiöser und nichtinfektiöser Krankheiten von Fischen, einschliesslich der Erarbeitung von Grundlagen für die Prävention und Bekämpfung dieser Krankheiten. Die Diagnostik an der NAFUS ist nach ISO-Norm akkreditiert, da insbesondere die Diagnose von meldepflichtigen Krank-heiten zuverlässig und reproduzierbar sein muss. Um die Qualität ihrer Diagnostik zu überwachen, nimmt die NAFUS regelmässig an internationalen Ringtests teil – mit ebenso regelmässig sehr guten Ergebnissen. Die NAFUS fungiert als Referenzlabor für eine Reihe von Fischkrankheiten, das heisst, sie ist verantwortlich für die Standardisierung der Diagnostik, die Kontrolle der Qualität der Reagenzien usw. Eine weitere Aufgabe der NAFUS ist Beratung, Ausbildung und Weiterbildung bezüglich Fischkrankheiten. Schliesslich führt die NAFUS angewandte Forschungsarbeiten durch, unter anderem zur Verbreitung von Fischkrankheiten in der Schweiz oder zur Entwicklung neuer Diagnosemethoden.

Diagnostikmethoden Oben: Herstellung eines Hautabstriches zur Untersuchung auf Haut-parasitenMitte: Kulturplatten für den Nachweis von Bak-terienUnten: Beispiele von histologischen Schnitt-präparaten (Längs- und Querschnitte von kleinen Fischen).

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Kenntnisse zum Infektionszyklus und der Pathogenese von Krankheiten sind ebenfalls unabdingbar für eine effiziente Bekämpfung. Dies soll an einem Beispiel verdeutlicht werden: In einer Fischzuchtanlage mit Flussbarschen (Egli) starben immer wieder viele Fische. Die Tiere hatten Hautläsionen, die an die durch Aeromonaden verursachte Furunkulose der Forellen erinnerten, jedoch war bisher keine entsprechende Infektionserkrankung für Flussbarsche bekannt. In gemeinsamen Untersuchungen des Institutes für Veterinärbakteriologie der Universität Bern mit dem Zentrum für Fisch- und Wildtiermedizin gelang es, die Krankheitserreger zu isolieren und als Aeromo-nas sobria zu identifizieren. Zudem wurde der für die pathogene Wirkung der Bakterien verantwortliche Mechanismus entdeckt. Mit diesem Wissen ist es nun möglich, Impfstoffe gegen Aeromonas sobria zu ent-wickeln und damit Verlusten in der Flussbarsch-Zucht weitgehend vorzubeugen.

Solche prophylaktischen Massnahmen und Be-handlungen senken jedoch nicht nur die krankheits-bedingten Verluste. Auch lässt sich so der Einsatz von Therapeutika verringern. Dies nützt dem Züchter, der Umwelt, dem Fisch und es steigert die Qualität des Lebensmittels Fisch.

Wie ist die Situation bei Fischkrankheiten in der Schweiz ?Insgesamt sind Fische in Schweizer Zucht sehr ge-sund. Dies hat mit den Kenntnissen der Züchter, dem Bestreben nach qualitativ hochstehenden Produkten, aber auch mit der konsequenten Fischgesundheits-überwachung zu tun.

Am häufigsten treten bei Fischen parasitäre Erkran-kungen auf (siehe Abbildung). Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sind diese jedoch nicht die wichtigs-ten, da sie meist nur mit wenigen Abgängen verbun-den sind. So reduziert ein Befall mit Darmparasiten in erster Linie das Wachstum des Fisches. Wirtschaftlich bedeutungsvoller sind die mit hohen Verlusten verbun-denen Krankheiten wie die viralen Fischseuchen. Diese Krankheiten sind in Folge der konsequenten Überwa-chungs- und Bekämpfungspolitik seit Inkraftsetzen des Tierseuchengesetzes deutlich zurückgegangen. Von der Viralen Hämorrhagischen Septikämie (VHS) etwa waren in den 70er und 80er Jahren noch zwi-schen 30 und 40 Ausbrüche pro Jahr zu verzeichnen. Heute werden nur noch bis zu fünf Ausbrüche pro Jahr beobachtet. Auch eine flächendeckende Aus-breitung der Infektiösen Hämatopoietischen Nekrose (IHN), welche in Europa erstmals in den 1980er Jahren festgestellt wurde, konnte aufgrund der getroffenen Überwachungs- und Bekämpfungsmassnahmen ver-hindert werden.

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Viren Bakterien Parasiten Pilze Umwelt Ernährung Missbildung Tumor Autolyse

Abbildung: Häufigkeit der verschiedenen Krankheitsursachen von Fischen im Untersuchungsmaterial der Nationalen Fischuntersuchungsstelle (in Prozent der Ge-samtfälle pro Jahr)

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Die Proliferative Nierenkrankheit (PKD)Bei der Proliferativen Nierenkrankheit (PKD) handelt es sich um eine durch den Parasiten Tetracapsuloides bryosalmo-nae bedingte Infektion von Salmoniden. In der Schweiz wurde der Erreger bisher in Regenbogen- und Bachforellen sowie in Aeschen nachgewiesen. Der Lebenszyklus vonT. bryosalmonae ist noch nicht vollständig aufgeklärt. Bekannt ist, dass sich in Moostierchen (koloniebildende, wirbellose Wasserbewohner) infektiöse Sporen bilden können. Diese dringen via Haut und Kiemen in den Fisch ein und gelangen vermutlich über das Blut in ihr hauptsächliches Zielorgan, die Niere. Dort entwickeln sich die Parasiten weiter. Ob die Parasiten von infizierten Fischen ausgeschieden werden, und somit der Infektionszyklus geschlossen wird, konnte bisher nicht eindeutig nachgewiesen werden. Auch ist es bisher nicht gelungen, mit Parasitenmaterial aus Fischen Moostierchen zu infizieren. Die Entwicklung der Parasiten ist stark von der Wasser-temperatur abhängig. Versuche haben gezeigt, dass bei Temperaturen um zehn Grad Celsius zwar Fische befallen werden, die weitere Entwicklung der Parasiten jedoch stark eingeschränkt ist. Bei Temperaturen zwischen 10 und 15 Grad Celsius bilden sich bei infizierten Fischen deutliche Krankheitssymptome aus, aber in der Regel sterben die Tierenicht. Erst für Wassertemperaturen von 15 Grad Celsius und höher ist mit teils massiven Verlusten zu rechnen. Eine Behandlungsmethode für befallene Fische existiert noch nicht. Die weitere Ausbreitung der Krankheit kann aber durch strikte Überwachung und angepasste Besatzmethoden für Gewässer verhindert werden. Das FIWI hat wiederholt Probe-kampagnen durchgeführt, um die Verbreitung der Krankheit in Schweizer Gewässern zu erfassen (www.vetmed.unibe.ch/itpa/fiwi/html/de/4_1_4.html). Vor allem in den Gewässern des Mittellandes ist die Krankheit demnach weit verbreitet. Sie wird als eine der Ursachen für den Rückgang der Bach-forellen-Fänge in der gesamten Schweiz betrachtet (siehe www.fischnetz.ch).

Die untere Niere einer Bachforelle ist von Tetracapsu-loides bryosalmonae befallen. Sie ist im Vegleich zur oberen, gesunden Niere massiv vergrössert und be-dingt durch Granulationsgewebe sehr hell gefärbt.

Allerdings treten auch neue Krankheiten auf. So wurde zum Beispiel im Jahr 2003 erstmals in der Schweiz eine Infektion von Fischen mit Lactococcus garvieae beobachtet. Der Erreger wurde bisher unter anderem in Australien, Südafrika, Spanien oder Italien festgestellt und löst in Forellenzuchten mit hohen Sommer-Was-sertemperaturen massive Mortalitäten aus. Ein anderes Beispiel, das vor allem die Wildfischbestände betrifft, ist die proliferative Nierenerkrankung (PKD) der Salmo-niden. Es gibt Hinweise, dass die PKD-Häufigkeit in den letzten 20 bis 30 Jahren in der Schweiz zugenom-men hat und mitverantwortlich ist für den Rückgang der Bachforellenfänge (siehe Kasten).

Der Pro-Kopf-Verbrauch von Fisch in der Schweiz liegt derzeit bei rund acht Kilo pro Jahr. Davon wird nur ein geringer Anteil durch die einheimische Produktion aus Fischzuchten und Berufsfischerei gedeckt. Hier liegt ein bedeutendes Entwicklungspotenzial. Die Schweiz ist zwar im europäischen Vergleich nur ein klei-ner Fischproduzent, bemerkenswerterweise aber einer der grösseren Produzenten von Bio-Fisch. Fischzucht kann zu einer interessanten Alternative in einer sich zunehmend diversifizierenden Landwirtschaft werden. Schon heute gibt es unkonventionelle Ansätze in der heimischen Fischproduktion, zum Beispiel die Nutzung von geothermalem Wasser aus dem Lötschberg-Ba-sistunnel zur Produktion von Warmwasser liebenden Arten wie Tilapien und Stören (Tropenhaus Frutigen). Aber auch hier gilt wieder, dass eine wirtschaftlich erfolgreiche Produktion auf eine konsequente Fisch-gesundheitsüberwachung angewiesen ist.

FIWIZentrum für Fisch- und WildtiermedizinLänggass-Str. 122Postfach 84663001 Bern+41 (031) 631 24 65

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Herr Schweizer und Frau Schweizerin essen jedes Jahr sieben bis acht Kilogramm Fisch und Scha-lentiere; damit liessen sich rund 90 Schwimm-becken à 25 Meter prall füllen. Fisch ist nach Schweine-, Rind- und Gefl ügelfl eisch die viert-wichtigste Quelle an tierischem Eiweiss in der Schweiz. Über 90 Prozent der in der Schweiz kon-sumierten Fische und Schalentiere werden einge-führt – 2004 beinahe 60 000 Tonnen.

Die Fische – frisch, gefroren, geräuchert oder in Kon-serven – kommen vorwiegend aus Thailand, Dänemark, Norwegen und Frankreich in die Schweiz. Interessan-terweise ist Dänemark der grösste Fischproduzent (Fang plus Zucht) der Europäischen Union. Das kleine Land lieferte 2002 1,47 Millionen Tonnen von EU-weit 7,6 Millionen Tonnen.

Das Binnenland Schweiz kann hier mit gut 2000 Ton-nen Fisch jährlich nicht mithalten. Gewonnen werden die Fische aus Zuchten und aus Flüssen und Seen. Nur ein kleiner Teil stammt dabei aus den etwas mehr als 100 Fischzuchten. Das meiste liefern die rund 350 BerufsfischerInnen. Im Jahr 2003 etwa holten sie 1814 Tonnen aus den Gewässern. Zusätzlich fischen auch die etwa 150 000 AnglerInnen der Schweiz einiges. Im Jahr 2003 entnahmen sie den 15 grössten Schweizer Seen 338 Tonnen Fisch, davon fast die Hälfte Egli. Über 750 000 Fische fingen sie 2002 in Fliessgewässern. Obenauf mit 534 000 schwammen die Forellen.

Wer viel ernten will, muss säen. Das gilt sinngemäss auch für Fische. So wurden etwa 2003 742 Millionen Fische und Fischeier in Seen, Flüsse und Bäche der Schweiz eingesetzt, der grösste Teil als so genannte Brut (frischgeschlüpfte Jungfische). Viele davon wach-sen jedoch wohl nicht aus, sondern enden als Futter für Vögel und andere Fische.

Trotz der hohen Besatzzahlen nehmen die Fang-quoten besonders in Fliessgewässern seit Jahren ab. Allein von 2001 auf 2002 liess der Forellenfang um vier Prozent nach. Auch in der EU ging die Fischproduk-tion zwischen 1995 und 2002 um 17 Prozent zurück, obwohl die Fischzuchten in der Periode leicht mehr produzierten. Weltweit werden laut dem US-ameri-kanischen Earth Policy Institut immer weniger Fische gefangen – trotz immer ausgefeilterer Technik: Von 96 Millionen Tonnen im Jahr 2000 gingen die Fänge als Folge von Überfischung bis 2003 auf 90 Millionen Tonnen zurück. Die Fischproduktion insgesamt, also Fang und Zucht, nahm dagegen zwischen 1995 und 2002 um 17 Prozent zu.

Fische bieten Schweizer und Schweizerinnen jedoch nicht nur Gaumenfreuden und Eiweisse, sondern sie bringen in viele Haushalte auch Leben und Farbe. In Aquarien und Teichen werden Millionen von Zier-fischen gehalten – bis zu sieben Millionen nach einigen Schätzungen. Damit sind Zierfische wohl die häufigsten Heimtiere in Schweizer Haushalten.

Die Zahlen stammen aus Statistiken und Zusammenstellungen des Bundesamtes für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL), dem Schweizerischen Bauernverband, der Proviande, der Europäischen Union und des Earth Policy Instituts.

Wo die Fische wachsen

Marcel Falk

Kommunikation

Jahr19901985 1995 2000

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übrigeWeissfische

Barsch

Felchen3

Abbildung: Ertrag Berufsfischer (in 1000 Tonnen); Quelle BUWAL

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Der Blausee ist ein 20 Hektaren grosser Naturpark bei Kandersteg. 2003 konnte er sein 125-jähriges Jubiläum feiern. Und seit sieben Jahren betreibt die Blausee AG eine biologische Forellenzucht, heute eine der grössten Europas. Die Fischzucht gibt es seit 1878. Seither wurde sie mehrmals ver-grössert und besitzt heute auch das Label «Knos-pe» von BIO-SUISSE.

Vom Ei zur ForelleDie Aufzucht von Bioforellen am Blausee ist praktisch ein geschlossener Kreislauf. Um die Genetik etwas aufzufrischen, werden gelegentlich biologische Eier von auswärts zugekauft. Das Angebot an biologischen Forelleneiern und Fischbrut ist in der Schweiz jedoch sehr begrenzt. Der Nachwuchs stammt daher gröss-tenteils aus den eigenen Beständen.

Einige Forellen werden für die Vermehrung aus-gesondert. Sie sind mit drei Jahren geschlechtsreif. Männchen und Weibchen kann man unter anderem an der Form des Mauls unterscheiden – bei geschlechts-reifen männlichen Salmoniden verformt sich der Un-terkiefer hakenförmig (Laichhaken). Der Laich, also die Fischeier, wird in einem Zeitraum von zwei Monaten gelegt, meist im Dezember und Januar.

Regenbogenforellen haben in Europa Mühe, sich auf natürliche Weise fortzupflanzen. Den Weibchen gelingt es oft nicht, ihre Eier zu legen. Der Mensch muss etwas nachhelfen: Mit leichtem Druck streicht man den betäubten Weibchen über ihren Bauch und fängt die Eier in einem Gefäss auf, die dabei aus ihrer Geschlechtsöffnung treten. Dann werden männliche Samenflüssigkeit, die ebenfalls manuell gewonnen wird, und Wasser zugefügt. Im Wasser werden die Spermien mobil und befruchten die Eier innert drei Minuten.

Die befruchteten Eier werden im Dunkeln und bei möglichst konstanter Temperatur in durchströmten Brutkästen gehalten. Nach 420 Tagesgraden schlüpfen die kleinen Brutfische. 420 geteilt durch die Temperatur des Wassers ergibt die Dauer der Brutzeit in Tagen. Das Wasser am Blausee ist jahraus jahrein zwischen sieben und neun Grad kühl. Dies ergibt eine ungefähre Brutzeit von 60 Tagen.

Jeder Brutfisch hat an seinem Bauch einen Dotter-sack, der ihm als Nahrungsreserve dient. Innert zwei bis sechs Wochen ist diese aufgezehrt. Dann setzt die externe Fütterung mit besonders feinen Flocken ein, die zur geringen Grösse ihres Mauls passen. Diese Nahrung enthält hochwertiges Eiweiss, Vitamine und Öle. Diese erste Phase im Bruthaus dauert insgesamt etwa drei Monate.

Haben die Jungforellen eine Länge von sechs Zen-timetern erreicht, werden sie in die langgezogenen Aufzuchtbecken übersiedelt. Hier lassen sich die Tiere besser überwachen. Die Regenbogenforellen verbringen sechs bis acht Monate in diesen Becken und wachsen später für 10 bis 14 Monate in Teichen mit Naturboden weiter.

Sobald sie ihr Schlachtgewicht mehr oder weniger erreicht haben, kehren die Forellen für etwa drei Mona-te in die künstlichen Becken zurück. Das Leben einer Bioforelle vom Blausee dauert also mindestens 18 Monate. Vor dem Schlachten fasten die Forellen drei Tage lang und werden dann in einem speziellen Becken mit einem Stromschlag blitzartig betäubt und nachher gleich maschinell geschlachtet und zerlegt. Die speziell grossen und kostbaren Lachsforellen werden von Hand verarbeitet. Ein Teil der Tiere wird zudem im eigenen Betrieb geräuchert.

Biofutter am BlauseeForellen sind Fleischfresser und benötigen Nahrung mit hohem Eiweissgehalt. Qualität und Art des Futters sind von zentraler Bedeutung, um einwandfreies Fisch-fleisch zu gewinnen und damit auch die Sicherheit der KonsumentInnen zu garantieren.

Die kleinen Brutfische werden vorerst mit pulver-förmigen biologischen Nahrungsmitteln gefüttert, die meist von Automaten zu festgelegten Zeiten abgege-ben werden. Mit der Zeit kommt Futter in Form von Granulat zum Einsatz, welches zweimal täglich von Hand verabreicht wird.

Damit sich ihre Muskeln gut entwickeln, benötigen die Fische vermehrt Eiweiss. Dies wird ihnen mit Fut-termitteln angeboten, welche Fischmehl und Fischöl enthalten. Diese Bio-Rohstoffe stammen aus so genanntem Beifang (nicht für den Verzehr durch Men-

Die Bio-Forellen vom Blausee

Odile Gyger, Daniel Marthaler

Kommunikation

Der Blausee hat eine konstante Temperatur von sieben bis neun Grad. Im kühlen Wasser wachsen die Fische langsam und leben dadurch mindestens 18 Monate.

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schen geeignete Tiere) der küstennahen Fischerei. Die Eiweisse sind mit biologischer Stärke aus Mais, Soja oder Weizen gebunden. Es ist wichtig, dass das Futter den Fischen schmeckt, damit sie es rasch verzehren. Sonst sinken die Körner ungenutzt auf den Boden der Becken. Futter, das möglichst vollständig verzehrt wird, verbessert das Verhältnis zwischen Fischertrag und Futteraufwand.

Damit die Bio-Lachsforellen rosafarbenes Fleisch haben, erhalten sie einige Wochen vor dem Schlach-ten die spezielle Hefe Phaffia rhodozyma ins Futter gemischt. Die Verwendung der Hefe muss aus der Produktedeklaration für die KonsumentInnen ersicht-lich sein, obschon sie keinerlei Einfluss auf den Ge-schmack der Fische hat. Bei Bio-Lachsforellen dürfen keine künstlichen Farbstoffe, wie etwa Astaxanthin, verwendet werden, um die Lachsfarbe im Fleisch zu erzeugen.

«Knospe» – Standard in der ForellenzuchtDas Label «Knospe» von BIO SUISSE verlangt, dass die Aufzucht der Forellen möglichst dem natürlichen Zyklus folgt. Daher muss sie mindestens 18 Monate dauern. Beim Blausee werden die Tiere zudem täglich beobachtet und die gesamte Anlage ist mit einem 24-Stunden-Alarmsystem ausgerüstet. Fällt zum Beispiel die Sauerstoffanreicherung des Wassers aus, sterben die Forellen bereits nach 30 Minuten.

Sämtliche Becken und Teiche beim Blausee werden mit Quellwasser gespiesen, welches eine konstante Temperatur von sieben bis neun Grad hat. Das kühle Wasser bewirkt, dass die Forellen langsam wachsen. Eigenschaften des Wassers wie Sauerstoffsättigung, Ammoniakgehalt, pH und Temperatur werden regel-mässig analysiert. Um mehr Sauerstoff ins Wasser zu bringen, sind Belüfter, Pumpen und Springbrunnen im Einsatz.

Die Rechte der Fische mit «Knospe»Im Juli 2000 hat BIO SUISSE die «Knospe»-Richtlinien für biologische Fischzuchten festgelegt. Die wichtigsten Punkte sind:

• Bio im gesamten Unternehmen Es ist untersagt, in denselben Anlagen Fische herkömmlich und nach biologischen Vorgaben zu produzieren.• Hygiene und GesundheitZuchttiere und Jungtiere dürfen nicht mit Antibiotika, Hormonen oder wachstumsfördernden Stoffen behandelt werden oder worden sein. BIO SUISSE und das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) haben die Produkte aufgelistet, die zur Reinigung und Desinfektion von Becken, Teichen und Geräten verwendet werden dürfen. Dasselbe gilt für Produkte zur Behandlung und Betäubung der Fische. Einige weitere Produkte können auf Empfehlung des FIWI («Zentrum für Fisch- und Wildtiermedizin» der Universität Bern) eingesetzt werden. Um den Einsatz von Medikamenten möglichst tief zu halten, sind zu behandelnde Fische nach Möglichkeit zu isolieren. Nach einer Behandlung sind die Absetzfristen doppelt so lang wie in herkömmlicher Zucht, wenn der Fisch als Bio-Produkt verkauft werden soll.• Gentechnische Veränderungen sind vollständig untersagt.• Extensive und artgerechte Tierhaltung Für die Forellenzucht darf die Wassertemperatur 16 Grad Celsius nicht übersteigen; pH-Wert zwischen sieben und acht, mindes-tens sechs Milligramm Sauerstoff und maximal 0,6 Milligramm Ammoniak pro Liter Wasser. Für Forellen gilt eine Bestandesdichte von maximal 20 Kilogramm pro Kubikmeter Wasser.• Ökologische(re) Produktion Die Fischzuchtbetriebe müssen darauf achten, weder das ökologische Gleichgewicht noch die natürlichen Populationen zu stören.• Fütterung nach «Knospe»-Standard Fleischfressende Fische und Salmoniden dürfen mit Fischmehlen und -ölen gefüttert werden, falls diese aus Fischabfällen her-gestellt wurden, welche aus der Fischerei oder aus zertifizierten nachhaltigen Fischkulturen stammen.• Sanfte HaltungJeglicher unnötiger Stress während Aufzucht, Transport und Schlachtung sind zu vermeiden. Die Aufzucht von Forellen muss mindestens 18 Monate dauern.• Kontrollen vom Teich zum Teller Die Fischzüchter müssen täglich ein Journal führen und bei Kontrollen vorlegen. Darin sind alle Hygienemassnahmen, Behand-lungen, Triagen, Zu- und Abgänge, Resultate der Wasseranalysen und Angaben zu den Bestandesdichten zu erfassen.• AufzuchtZugekaufte Eier und Brutfische müssen aus biologischen Betrieben stammen. Brutfische müssen aus der Schweiz oder benach-barten Ländern stammen. Eine Bio-Forelle muss mindestens die letzten zwei Drittel ihres Lebens in einem Bio-Betrieb gelebt haben, um als solche anerkannt zu sein.

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Beim Blausee werden die Forellen bevorzugt in Tei-chen mit natürlichem Grund gehalten. Eine Forelle darf maximal die Hälfte ihres Lebens in den künst-lichen Betonbecken verbringen. Mindestens zehn Prozent der Gewässerflächen sind mit Dächern und Planen beschattet. Die Forellen halten sich gerne an diesen Schattenplätzen auf. Dass es im Wasser auch unterschiedlich starke Strömungen und Zonen mit stehendem Wasser hat, entspricht den Bedürfnissen der Fische ebenfalls.

Die Becken mit Bio-Forellen dürfen maximal mit 20 Kilogramm Fisch pro Kubikmeter Wasser bestückt sein. Selbst wenn dieser Wert eingehalten wird, kann es zu «Kannibalismus» unter den Fischen kommen – es genügt ein aggressiver Fisch, um andere Fische im selben Becken zu schädigen. Er beisst zum Beispiel Teile von Schwanzflossen ab. Meist sind es andere Raubtiere wie Dachs, Fuchs oder gar Luchs, die sich in die Anlage einschleichen und mit ihren Fangversuchen Forellen verletzen. Wie bei den meisten modernen Fischzuchtanlagen sollen beim Blausee Absperrungen die landbewohnenden Raubtiere fernhalten, während aufgespannte Netze die Räuber aus der Luft, zum Beispiel Fischreiher, abwehren.

Insgesamt drei Trommelfilter-Reinigungsanlagen entfernen Sedimente aus Nahrungsresten und Aus-scheidungen der Fische aus dem Wasser. Die konzen-trierte Brühe wird von einem Biobetrieb der Region als Dünger verwendet.

Die Gesundheit der ForellenDie Mitarbeiter der Fischzucht beim Blausee wurden zum Teil in der Staatlichen Berufsschule Starnberg bei München, Fachrichtung Fischwirt, ausgebildet. Sie kontrollieren die Gesundheit der Fische täglich. Fällt ihnen etwas Ungewöhnliches auf, zögern sie nicht, mit einigen Forellen zu den Spezialisten des FIWI («Zen-trum für Fisch- und Wildtiermedizin» der Universität Bern) zu fahren.

1992 musste das Team mit einer durch Zukauf ein-geschleppten Seuche (Virale Hämorrhagische Septi-kämie, VHS) fertig werden. Doch dies blieb zum Glück ein Einzelfall. Das Krankheitsrisiko für die Fische bleibt gering, weil kaum Tiere von ausserhalb hereingebracht werden. Zudem kommen unabhängige Inspektoren öfters vorbei, um zu prüfen, ob die Richtlinien des «Knospe»-Labels konsequent eingehalten werden.

Markt und WirtschaftlichkeitDie Käufer verlangen Forellen von bestimmter Grösse und definiertem Gewicht – COOP zum Beispiel will ein Schlachtgewicht von rund 350 Gramm. Um solche «Einheitsfische» hervorzubringen, sind einige Mass-nahmen notwendig: Die Laichzeit erstreckt sich über zwei Monate und die Fische wachsen anschliessend unterschiedlich schnell. Mit einer Maschine werden sie schonend nach ihrer Grösse sortiert. Dabei muss darauf geachtet werden, dass Geräte und Maschine während des Vorganges immer nass sind, um die Fische nicht zu belasten. Die kleineren Tiere werden dann intensiver gefüttert, damit sie das Normgewicht auch erreichen.

Die Blausee AG produziert jährlich etwa 60 Tonnen Regenbogenforellen und Lachsforellen. Die Lachs-forellen machen vier Prozent der Gesamtproduktion aus. Die Blauseeforellen werden praktisch alle im Inland verspiesen, so auch in den Restaurants beim Blausee. Sie sind auch in Geschäften erhältlich und können sogar via Internet (www.blausee.ch) bestellt werden. Der Laden beim Blausee bietet die Produkte vor Ort an.

Man darf nicht vergessen, dass die Bio-Forellen vom Blausee ein Luxusprodukt sind. Sie kosten rund 24 CHF pro Kilo, fast das Doppelte wie eine Forelle aus herkömmlicher Zucht. Spezielles Futter, sorgfältigere Pflege der Becken und Teiche, die geringe Bestan-desdichte, zwei Jahre Aufzucht bis zur Ernte – in herkömmlichen Zuchten dauert der Prozess nur ein halbes Jahr – sind einige der Gründe für die höheren Kosten für Bio-Forellen.

Wir danken Herrn Marcel Baillods, Geschäftsführer der Blau-see AG, für seine ausführlichen Informationen über die Bio-Forellen.

Die Fischzuchtteiche bieten den Forellen eini-ges. Ein Netz über den Teichen schützt sie vor Vögeln. Das Dach gibt den Fischen Schatten und das sprudelnde Wasser trägt Sauerstoff in den Teich.

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Berufsfi schern vom Thunersee fi elen beim Filetie-ren ihrer Tagesfänge im Jahr 2000 erstmals zwitt-rige Felchen auf und solche, bei denen Teile der Geschlechtsorgane knotenartig im Filet einge-wachsen waren. Eine daraufhin vom Zentrum für Fisch- und Wildtiermedizin (FIWI) in Zusammen-arbeit mit dem Fischereiinspektorat Bern durch-geführte Untersuchung zeigte, dass 35 Prozent der von August 2000 bis August 2003 untersuch-ten Felchen veränderte Gonaden hatten. Seither werden die Felchen aus dem Thunersee intensiv untersucht und an mehreren Instituten laufen Pro-jekte zur Abklärung der Ursachen.

In Folge der Beobachtungen durch die Berufsfischer hat das Fischereiinspektorat des Kantons Bern das Zentrum für Fisch- und Wildtiermedizin (FIWI) am Tier-spital Bern beauftragt, Untersuchungen zur Pathologie, Häufigkeit und Verbreitung der Gonadenveränderun-gen bei Thunerseefelchen durchzuführen und die Si-tuation zu dokumentieren. Hunderte von Fischen wurdenseither untersucht. Zusätzlich wurden monatlich jeweils 25 Felchen aus dem Fang der Berufsfischer bewertet. Damit lässt sich das Spektrum der Veränderungen und die Häufigkeit der betroffenen Fische repräsentativ zusammenstellen.

Viele Felchen von Gonadenveränderungen betroffen281 von 808 der untersuchten Felchen wiesen Verän-derungen in ihren Geschlechtsorganen auf. Das sind 35 Prozent. Gefunden wurden unterschiedliche Typen von Veränderungen: Verwachsungen der Gonaden mit dem Filet (bei 5% der untersuchten Fische), Asymmetrien (4%), Atrophien / Aplasien (4%), Unterteilungen (11%), Einschnürungen (3%) und Zwitterbildungen (1,1% der Tiere aus den Stichproben, und zusätzlich zehn Fische, die von Berufsfischern beim Filetieren entdeckt wurden). Diese verschiedenen Veränderungstypen

Deformierte Gonaden bei Felchen im ThunerseeDaniel Bernet

BVET Monitoring, Mitarbeiter Zentrum für Fisch- und Wildtiermedizin

kamen alleine oder auch in Kombination vor. Von den untersuchten Männchen waren 40% betroffen, von den Weibchen nur 26%. Gonadendeformationen traten bei allen Altersklassen auf, wurden jedoch am häufigsten bei drei- bis fünfjährigen Tieren beobachtet. Von den drei unterschiedenen Felchenformen im Thunersee war der Albock (26%) signifikant seltener betroffen als die anderen beiden Formen Brienzlig (41%) und Kropfer (32%). Der Albock ist diejenige Felchenform im Thunersee, deren Population durch künstlich erbrütete und in den Thunersee ausgesetzte Jung-fische gestützt wird.

Spezialfall ThunerseeJe besser man die Gonadenveränderungen der Fel-chen im Thunersee beschreiben konnte, umso mehr interessierte die Situation bei Felchen in anderen Schweizer Seen wie auch in den Zu- und Abflüssen des Thunersees. Dabei zeigte sich, dass Gonadenverände-rungen auch bei Felchen in anderen Schweizer Seen auftreten. Offensichtlich wurden solche Veränderungen bisher nicht beachtet, weil nicht gezielt danach gesucht wurde. Vor allem Einschnürungen an den Gonaden treten bei Fischen wiederholt auf. Auch in den Zu- und Abflüssen des Thunersees wurden Fische mit leichten Gonadenveränderungen gefunden.

Dennoch ist die Situation im Thunersee einzigartig. Die Gonadenveränderungen der Thunerseefelchen sind häufiger, stärker ausgeprägt und vielfältiger als in Felchen aus anderen Seen und in anderen Fischarten. Der Unterschied beruht in erster Linie auf einem höhe-ren Anteil an Zwittern, Verwachsungen der Keimdrüsen mit der Muskulatur sowie Unterteilungen. Der Befund, dass gewisse Veränderungen in geringer Häufigkeit auch bei Felchen aus anderen Seen auftreten, könn-te ein Hinweis sein, dass es zwei unterschiedliche Phänomene gibt: eine natürlicherweise vorhandene Variabilität und eine speziell im Thunersee vorliegende verursachte Variabilität.

Jede dritte Felche im Thunersee hat verän-derte Gonaden. Dabei treten verschiedenste Veränderungen auf.Zwitter (links): Ovarielle Bereiche (O) und Hodengewebe (H) befinden sich auf dersel-ben Keimdrüse. Verwachsung bei ei-nem Weibchen (Mitte): Ein Teil des Ovars ist vollständig abgekapselt und verwachsen mit der seitlichen Filet-Musku-latur.Unterteilung bei einem Männchen (rechts):Jeder der beiden Hoden ist unterteilt in zwei bis drei, teilweise abgerun-dete Teile.

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Ursachen immer noch unbekanntTrotz intensiver Forschungsarbeiten sind die Ursachen der Gonadendeformationen im Thunersee immer noch unklar. Neben umweltbedingten Einflüssen werden auch genetische Faktoren in Erwägung gezogen.

Das Gewässer- und Bodenschutzlabor hat das Thunerseewasser und den Auslauf des Thunersees zwischen Herbst 2001 und Januar 2002 eingehend chemisch-analytisch untersucht. Sowohl hinsichtlich der Nährstoff- und Phosphatkonzentrationen als auch der Belastung mit Pestiziden und Industriechemikalien wurde eine gering belastete bis sehr gute Wasser-qualität im Thunersee festgestellt.

Potenzielle Schadstoffquellen im Thunersee sind die in den Jahren 1920 bis 1963 versenkten 4600 Tonnen Munitionsabfälle der Schweizer Armee und die Abwas-ser durch die Bautätigkeit des NEAT-Tunnelbaues am Lötschberg. Von Seiten des Gewässerschutzlabors des Kantons Bern und des VBS werden Rückstands-analysen durchgeführt. Ein Projekt der EMPA analysiert zudem die Belastung des Thunersees mit Organo-halogen-Verbindungen. Schliesslich führt die EAWAG in einem gemeinsamen Nationalfond-Projekt mit dem FIWI bioanalytische Untersuchungen auf toxische und hormonaktive Stoffe an Wasser, Sediment, Plankton und Felchen des Thunersees durch.

Die bisher vorliegenden, noch vorläufigen Ergeb-nisse geben keinen Hinweis auf eine Kontamination des Wassers mit den entsprechenden Stoffen. Die Schadstoffanalysen im Thunerseewasser sind nicht zuletzt deshalb dringend, weil der See als Trink-wasserspeicher für rund 400 000 Menschen dient. Würden Wasserinhaltsstoffe die Gonadenveränderun-gen bei den Felchen auslösen, hätte das wohl direkte Konsequenzen für die Trinkwasseraufbereitung.

Der Fisch als UmweltindikatorFische werden nicht nur der Fische wegen untersucht. Als Wassertiere reagieren sie sehr sensibel auf Qualitätsverän-derungen des Wassers, in dem sie schwimmen und atmen. Seit Jahrzehnten machen sich Trinkwasserversorgungen diese Sensibilität zu Nutze, indem sie Trinkwasserproben durch Becken mit Forellen leiten. Bleiben die Fische gesund und munter, ist das Wasser gut und genusstauglich. Auch das Wasser vieler Seen wird heute als Trinkwasser genutzt, deshalb haben wir allen Grund, genau hinzuschauen, wie es den Seefischen geht.Fische sind empfindliche Indikatoren für die Qualität der gesamten Umwelt. Denn vieles, womit wir Boden, Luft und Wasser verunreinigen, gelangt früher oder später in Flüsse und Seen. Und das meiste, was in Flüsse und Seen gelangt, findet sich schliesslich in den Fischen – es konzentriert sich sogar da, denn Fische stehen am Ende der aquatischen Nahrungskette: Was Pflanzen und Mikroalgen an Giftstof-fen aus dem Wasser aufnehmen, gelangt schliesslich über pflanzenfressende Kleinkrebschen und anderes Zooplankton in den Körper räuberischer Fische wie Forellen, Felchen, Hechte oder Egli. Der Fisch als Bioindikator bietet die Möglichkeit, nachteilige Wirkungen von Umweltfaktoren auf ganz unterschiedlichen biologischen und ökologischen Ebenen zu erfassen: Schad-stoffe können zunächst einmal auf der molekularen Ebene als Gifte auf Fische wirken, Vergiftungen können zu Verän-derungen von Zellen, Geweben und Organen führen – und sich schliesslich auf das Wachstum, das Überleben und die Fortpflanzung der Fische auswirken. Auf der Ebene des Öko-systems zeigen sich dann unter Umständen Veränderungen des Populationswachstums einzelner Arten und schliesslich eine Beeinträchtigung der Biodiversität. Die Methoden, mit denen schädliche Umwelteffekte nachge-wiesen werden können, unterscheiden sich in Abhängigkeit von der untersuchten Organisationsebene. Molekularbio-logische, immunchemische und biochemische Techniken erfassen primär Effekte auf molekularer und zellulärer Ebene, histologisch-morphologische und physiologische Methoden beschreiben Wirkungen auf Organ- und systemischer Ebene, klassische toxikologische Verfahren dienen der Messung der Wirkung auf Organismusebene und ökologische Ansätze werden für die Untersuchungen der Populations- und Um-welteffekte benötigt. Auf der molekularen Ebene reagiert der Fisch am schnellsten und empfindlichsten auf Umweltgifte. Doch nicht alle diese molekularen Effekte wirken sich auf das Ökosystem aus, weil der Organismus des Fisches durch seine Flexibilität und Widerstandskraft vieles noch ausbügeln kann. Auf der Ökosystem-Ebene wirken sich dagegen Schadstoffe erst nach lang andauernder oder massiver Einwirkung aus. Zudem sind Ökosystem-Veränderungen unspezifische In-dikatoren. Es ist oft nicht ohne weiteres erkennbar, welche Schadeinwirkung oder welche Kombination von Schadein-wirkungen die ökologischen Veränderungen verursacht. Für ein funktionierendes Biomonitoring brauchen wir deshalb Messungen auf allen Ebenen: vom Molekül bis zum ganzen Lebensraum.

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Fortpflanzung nicht eingeschränktDie Folgen der Gonadenveränderungen für die Fische sind nicht bekannt. Die Fortpflanzung der Felchen im Thunersee scheint jedenfalls nicht eingeschränkt zu sein. Fische mit veränderten Gonaden sind in der Lage, morphologisch intakte Spermien beziehungsweise Eier anzubilden und – mit Ausnahme der Tiere mit den Verwachsungen der Gonaden im Filet – beim Laich-geschäft auch abzugeben. Die Tiere mit veränderten Gonaden nehmen aktiv am Laichgeschäft teil. Kon-trollierte Befruchtungsexperimente in der Fischzucht gaben keine Hinweise, dass die Schlupfrate von Em-bryonen von Elterntieren mit Gonadenveränderungen reduziert wäre. Ebenso erwies sich die Spermaqualität bei Milchnern (männliche Laicher) als normal. Die durchschnittliche Anzahl Eier bei laichreifen Weibchen aus dem Winter-Laichfischfang ist seit zehn Jahren gleichbleibend. Die Population der Felchen im Thu-nersee ist stabil: Aufgrund langjähriger Fangstatistiken von Berufsfischern und Hobby-Anglern liegen keine Hinweise vor, dass die Felchenerträge im Thunersee rückläufig wären.

Ob nun aber der «Lebensraum Thunersee» oder die ge-netische Ausstattung der Thunerseefelchen für die Go-nadendeformationen verantwortlich ist, prüft das FIWI zusammen mit dem Fischereiinspektorat. Dazu sind mehrjährige Experimente nötig. Kleine Felchen werden in der Fischzucht erbrütet und bis zur Geschlechtsreife in einem Alter von zwei bis drei Jahren aufgezogen. Felchen unterschiedlicher genetischer Herkunft (Bieler- und Thunersee) werden in unterschiedlicher Wasserqualität (Thunersee, Urnersee, Trinkwasser) aufgezogen. Parallel untersucht eine Arbeitsgruppe am Zoologischen Institut der Universität Bern, ob das Auftreten der Gonadendeformationen mit genetischen Mustern gekoppelt ist und ob sich für diese Verän-derungen verantwortliche Gene identifizieren lassen. Zusätzlich zu den Aufzuchtsversuchen am Thunersee werden Felchen im Labor hormonaktiven Substanzen ausgesetzt, um zu klären, ob diese Substanzgruppe ähnliche Gonadenveränderungen induziert, wie man sie in Felchen aus dem See findet. Durchführung und Betreuung der Experimente sind ausserordentlich arbeitsintensiv. Erste Ergebnisse werden Ende 2007 erwartet, wenn die im März 2005 geschlüpften Tiere geschlechtsreif werden.

Berufsfischer, hier beim Einholen der Felchen-netze, entdeckten im Jahr 2000 die massiven Gonadenveränderungen bei Felchen.

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Weitere Informationen• www.vol.be.ch/lanat/fischerei/felch.html• www.vetmed.unibe.ch/itpa/fiwi/html/de/4_1_2.html• www.bve.be.ch/site/index/gsa/pdf/bve_gsa_dok_infogsa_kap1_1_2003d.pdf• www.bve.be.ch/site/index/gsa/pdf/bve_gsa_akt_beurtei-lung_bauchemikalien_neat.pdf• www.vbs-ddps.ch/internet/vbs/de/home/ausdem/publika-tionen/webarchiv/medieninfos2004/041118a.html• Bernet, D., Wahli, T., Kueng, C., Segner, H.E. (2004): Fre-quent and unexplained gonadal abnormalities in whitefish (central alpine Coregonus sp.) from an alpine oligotrophic lake in Switzerland. Diseases of Aquatic Organisms 61:137-148.

Breite TrägerschaftDie Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Bern beauf-tragte das Amt für Natur, die Ursachen der Gonaden-deformationen am Thunersee zu ermitteln, die Auswir-kungen auf die menschliche Gesundheit abzuschätzen und bei Bedarf geeignete Massnahmen zum Wohle von Mensch und Tier zu treffen. Als Folge des Regie-rungsratsbeschlusses vom Mai 2003 hinsichtlich der Finanzierung weiterer Ursachenabklärungen konnte die Zusammenarbeit mit der Universität Bern (Zentrum für Fisch- und Wildtiermedizin sowie Zoologisches Institut), kantonalen Fachstellen (Fischereiinspektorat, Gewässer- und Bodenschutzlabor, Kantonales Labo-ratorium), EAWAG, VBS, Forschungsanstalt Wädenswil und privaten Auftragnehmern erweitert und verstärkt werden. Weiterhin werden Untersuchungen zu den Ursachen der Gonadenveränderungen am Thuner-see, insbesondere zur Rolle endokriner Substanzen, im Rahmen des Nationalfonds-Programms NFP 50 «Hormonaktive Stoffe» gefördert.

Zur aktiven Kommunikation wurde eine Arbeitsgrup-pe gebildet, die aus Vertretern der Volkswirtschafts-direktion (Fischereiinspektorat und Veterinäramt), der Bau-, Verkehrs- und Energiewirtschaftsdirektion (Gewässer- und Bodenschutzlabor), der Gesundheits- und Fürsorgedirektion (Kantonales Laboratorium), dem FIWI sowie dem Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS), dem Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL), dem Bernischen Berufsfischerverband und dem Bernischen Kantonalen Fischereiverband zu -sammengesetzt ist.

Genusstauglichkeit nicht eingeschränktDas Filet von Fischen mit Gonadenveränderungen zeigt bezüglich Farbe, Geruch, Beschaffenheit und Rückstandsanalytik keinerlei Unterschiede zu jenem von unveränderten Felchen. Die zuständigen kanto-nalen Behörden haben die Felchen deshalb weiterhin für den Konsum zugelassen.

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Fische werden gefi scht, gegessen und als Zier-fi sche gehalten. Zudem benötigen sie durch ihren eingeschränkten, sensiblen Lebensraum Wasser besonderen Schutz. Dementsprechend tauchen Fische in vielen Verordnungen und Gesetzen auf.

In zahlreichen Gesetzestexten (siehe Kasten) werden häufig nicht nur Fische erwähnt, sondern auch andere Wasserbewohner wie Krebstiere, Rundmäuler, Weich-tiere und Stachelhäuter. Um etwas Licht in diesen Dschungel zu bringen, sind nachfolgend die wich-tigsten Regelungen zusammengefasst. Dieser Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und für den genauen Wortlaut der Gesetze und Verordnungen wird auf die systematische Sammlung des Bundesrechts verwiesen (www.admin.ch/ch/d/sr/sr.html).

FischfangFederführend in der Regelung der Fischerei ist das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL). Unterschieden wird zwischen Berufsfischerei (rund 350 Bewilligungen jährlich) und privater Angel-fischerei (schätzungsweise 150 000 Personen). Für beide Ausübungen sind zwei Gesetzestexte besonders massgebend: das Bundesgesetz über die Fischerei (BGF) und die dazugehörige Verordnung (VBGF). Hauptzweck dieser Regelungen ist der Schutz von ein-heimischen Arten und die Förderung einer nachhaltigen Fischerei. Unter anderem werden darin Schonzeiten, Fangmindestmasse und Vorschriften zum Einsetzen von Fischen und Krebsen festgelegt. Für den Vollzug sind die kantonalen Fischereiaufsichten verantwortlich. Als Beispiel sei hier der Artikel 5b der VBGF erwähnt, wo die Verwendung von lebenden Köderfischen grund-sätzlich verboten wird, die Kantone aber unter gewis-sen Voraussetzungen Ausnahmen zulassen dürfen (Lesen Sie dazu auch den Artikel «Fischen mit lebendenKöderfischen – ein Streitgespräch» auf Seite 8).

Haltung von ZierfischenIn Artikel 6 der VBGF werden Aquarien und Garten-biotope definiert als Anlagen ohne Zulauf und einem allfälligen Ablauf nur in die Kanalisation. Hier bestehen für das Einsetzen und Halten von Fischen kaum Ein-schränkungen. Eine Bewilligung zur Wildtierhaltung ist nach Artikel 39 der Tierschutzverordnung (TSchV) nur bei Fischen erforderlich, die in Freiheit mehr als ein Me-ter lang werden. Hingegen benötigen gewerbsmässige

Wildtierhaltungen eine Bewilligung durch das kantonale Veterinäramt nach Artikel 6 des Tierschutzgesetzes (TSchG). Dies gilt insbesondere für Zoos, Parks, Zirkusse und Schauaquarien (Artikel 38 der TSchV). Ebenso untersteht der gewerbsmässige Handel mit Fischen einer kantonalen Bewilligungspflicht (Artikel 8 des TSchG). Für diese gewerbsmässigen Haltungs-formen ist je nach Art und Tierzahl der Einsatz von Tierpflegern mit Fähigkeitsausweis erforderlich (Artikel 11 der TSchV).

Fische im Recht

Hansueli Ochs

Fachberatung Tiergesundheit

Wichtige Gesetzestexte zum Thema Fische• Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL)- Bundesgesetz über die Fischerei vom 21. Juni 1991 (BGF, SR 923.0)- Verordnung zum Bundesgesetz über die Fischerei vom 24. November 1993 (VBGF, SR 923.01)- Gewässerschutzverordnung vom 28. Oktober 1998 (GSchV, SR 814.201)• Bundesamt für Veterinärwesen (BVET)- Tierschutzgesetz vom 9. März 1978 (TSchG, SR 455)- Tierschutzverordnung vom 27. Mai 1981 (TSchV, SR 455.1)- Tierseuchengesetz vom 1. Juli 1966 (TSG, SR 916.40)- Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995 (TSV, SR 916.401)- Verordnung über die Entsorgung von tierischen Nebenpro-dukten vom 23. Juni 2004 (VTNP, SR 916.441.22)- Fleischhygieneverordnung vom 1. März 1995 (FHyV, SR 817.190)• Bundesamt für Landwirtschaft (BLW)- Futtermittel-Verordnung vom 26. Mai 1999 (FMV, SR 916.307)- Futtermittelbuch-Verordnung vom 10. Juni 1999 (FMBV, SR 916.307.1)• Bundesamt für Gesundheit (BAG)- Verordnung über die Tierarzneimittel vom 18. August 2004 (TAMV, SR 812.212.27)- Bundesgesetz über Lebensmittel und Gebrauchsgegen-stände vom 9. Oktober 1992 (LMG, SR 817.0)- Lebensmittelverordnung vom 1. März 1995 (LMV, SR 817.02)- Verordnung über die in Lebensmitteln zulässigen Zusatz-stoffe vom 27. März 2002 (ZuV, SR 817.021.22)- Verordnung über Fremd- und Inhaltsstoffe von Lebensmit-teln vom 26. Juni 1995 (FIV, SR 817.021.23)- Verordnung über die hygienischen und mikrobiologischen Anforderungen an Lebensmittel, Gebrauchsgegenstände, Räume, Einrichtungen und Personal vom 26. Juni 1995 (HyV, SR 817.051)

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Zucht von Speise- und BesatzfischenFische werden einerseits zum Besatz von Gewässern und andererseits zu Speisezwecken gezüchtet. Im ersten Fall ist das BUWAL federführend und im zweiten das Bundesamt für Veterinärwesen (BVET). Für beide Formen sind diverse Gesetzestexte massgeblich. So werden etwa Fischhaltungsbetriebe im Artikel 276 der Tierseuchenverordnung (TSV) definiert als Anla-gen, deren Abwasser in ein öffentliches oder privates Gewässer gelangen. Solche Betriebe müssen bei der kantonalen Fischereiaufsicht gemeldet sein und Zuchtanlagen benötigen eine Bewilligung (Artikel 8 des BGF). Wer mit lebenden Fischen, Fischeiern oder -samen handelt, muss gemäss Art 276 der TSV eine Bestandeskontrolle führen und beim Verkauf ein Be-gleitdokument ausstellen (gemäss Vorlagen, www.bvet.admin.ch/tiergesundheit/00649/index.html?lang=de). Dies soll im Falle eines Seuchenausbruches eine rasche Eindämmung erleichtern durch Rückverfolg-barkeit des Tierverkehrs.

In der Gewässerschutzverordnung (GSchV) sind im Anhang 3.3 unter Punkt 27 besondere Anforderungen an Fischzuchtanlagen aufgeführt. Das abfliessende Wasser darf gesamthaft nicht mehr als 20 Milligramm ungelöste Stoffe pro Liter enthalten. Zudem dürfen nur phosphorarme Futtermittel verwendet und beim Einsatz von Therapeutika muss eine Verunreinigung der Gewässer verhindert werden. Bei der Fütterung sind die Bestimmungen der Futtermittel-Verordnung (FMV) und der Futtermittelbuch-Verordnung (FMBV) zu beachten. Diese regeln die Produktion und das Inver-kehrbringen von Futtermitteln und Zusatzstoffen für die Tierernährung. Nach Artikel 18 und 22 der Verordnung über die Entsorgung von tierischen Nebenprodukten (VTNP) dürfen Fischmehl, tote Fische und Teile davon verfüttert werden, wenn der Herstellerbetrieb dem Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) gemeldet ist, über die Zumischung Buch geführt wird und die Futtermittel gemäss Artikel 43 der TSV erhitzt wurden. Dadurch soll die Möglichkeit einer Ausbreitung von Fischkrankheiten über die Fütterung eingeschränkt werden.

FischgesundheitIn der Tierseuchenverordnung (TSV) sind sechs Fischkrankheiten und eine Krankheit bei Krebsen aufgeführt, die gesetzlich geregelten Überwachungs- und Bekämpfungsmassnahmen unterliegen. Dabei besteht eine allgemeine Meldepflicht an die kantonale Fischereiaufsicht bei Verdacht oder Ausbruch einer Fischseuche (Artikel 61 der TSV). Die Infektiöse Anämie der Salmonidae (ISA), die Infektiöse Hämatopoietische Nekrose (IHN) und die Virale Hämorrhagische Septi-kämie (VHS) sind unter den auszurottenden Seuchen aufgeführt. Tritt eine dieser Seuchen in einer Anlage auf, muss der ganze Fischbestand unverzüglich ge-schlachtet oder getötet werden und Impfungen gegen diese Krankheiten sind verboten (Artikel 280-284 der TSV). Als zu bekämpfende Seuchen gelten die Infektiöse Pankreasnekrose (IPN) und die Krebspest. Bei Ausbruch dieser Seuchen wird der betroffene Be-stand oder das Wassereinzugsgebiet für den ein- und ausgehenden Tierverkehr gesperrt. Nach Entfernung der empfänglichen Arten oder einem Nachweis der Seuchenfreiheit kann die Sperre wieder aufgehoben werden (Artikel 285-290 der TSV). Die Frühlingsvirämie der Karpfen (SVC) und die Proliferative Nierenkrankheit (PKD) sind zu überwachende Seuchen und eine Melde-pflicht besteht nur für Untersuchungslaboratorien und Organe der Fischereiaufsicht (Artikel 291 der TSV).

Die Tierarzneimittelverordnung (TAMV) regelt die Abgabe und den Einsatz von Medikamenten. Nach Artikel 9 der TAMV dürfen Zoofachgeschäfte zugelas-sene Arzneimittel für Zierfische nur abgeben, wenn eine entsprechende Ausbildung absolviert wurde. Bei der Medizinierung von Fischen, die als Lebensmittel vorgesehen sind, gilt eine besondere Sorgfaltspflicht (Artikel 24 der TAMV). Verschreibungspflichtige Arz-neimittel dürfen nur durch eine Tierärztin oder einen Tierarzt abgegeben werden, wenn der Gesundheits-zustand der Fische persönlich bekannt ist, was einen Betriebsbesuch voraussetzt (Artikel 10 der TAMV). Für andere Nutztiere zugelassene Medikamente dür-fen bei Speisefischen eingesetzt werden, wenn eine Absetzfrist von 500 Tagen dividiert durch die mittlere Wassertemperatur in Grad Celsius eingehalten wird (Artikel 13 der TAMV). Wer Fische zu Lebensmittelzwe-cken hält oder züchtet, muss ein Behandlungsjournal über den Einsatz von Arzneimitteln führen (gemäss Vorlagen www.bvet.admin.ch/lebensmittel/01311/in-dex.html?lang=de).

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Fische als Lebensmittel Nach Artikel 121 der Lebensmittelverordnung (LMV) dürfen alle Fischarten ausser Kugel-, Mond- und Igelfische als Lebensmittel verwendet werden. Fische können im Freien ausgeweidet, entschuppt und weiterbearbeitet werden, falls die Menge nicht einen Grossbetrieb voraussetzt (Artikel 17 der Fleisch-hygieneverordnung, FHyV). Untersuchungen der lebenden Schlachttiere oder der Schlachttierkörper können bei Fischen stichprobenweise durchgeführt werden (Artikel 31 und 34 der FHyV). Dabei sind die allgemeinen, hygienischen Anforderungen an Lebens-mittelbetriebe einzuhalten (Hygieneverordnung, HyV). Bezüglich Höchstwerten von Inhaltsstoffen sind die Zusatzstoffverordnung (ZuV) sowie die Fremd- und Inhaltsstoffverordnung (FIV) zu berücksichtigen. Die Erzeugnisse müssen mit der Tierart (Artikel 123 der LMV) und einem Verbrauchsdatum (Artikel 124 der LMV) versehen werden.

Lücken im Vollzug behebenAll diese Gesetze bestehen zum Teil schon seit län-gerem, sind aber bei den Betroffenen häufig nur man-gelhaft bekannt. Auch ist durch die vielen Beteiligten noch nicht überall geklärt, wer nun welche Kontrollen durchführen soll. Leider gibt es in der Schweiz auch nur wenige veterinärmedizinische Fischspezialistinnen und -spezialisten, weil das Thema Fische in der Ausbildung kaum behandelt wird. Dadurch sind im Vollzug dieser Rechtsartikel zum Teil erhebliche Lücken entstanden. In verschiedenen Kantonen werden momentan An-strengungen unternommen, um Fischhalterinnen und Fischhalter über ihre Rechte und Pflichten zu informie-ren. Zukünftig könnte ein System der Selbstkontrolle entstehen, das durch amtliche Stichproben überprüft wird. Dazu ist eine verständnisvolle Zusammenarbeit aller Beteiligten erforderlich.

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Als Folge der bilateralen Abkommen wird der Handel lebender Tiere und tierischer Erzeugnisse zwischen der Schweiz und der Europäischen Union(EU) sowie Norwegen in vielen Bereichen ver-einfacht. Die bisherigen Kontrollen beim Grenz-übertritt werden zunehmend durch einen Informa-tionsaustausch zwischen den zuständigen Behör-den des Abgangs- und Bestimmungsortes ersetzt. Bei Rindern und Schweinen zum Beispiel ist dies schon umgesetzt. Künftig gelten auch bei der Ein- und Ausfuhr von lebenden Fischen, Krebstieren und Weichtieren ähnliche Erleichterungen. Der zukünftige Ablauf ist im Detail jedoch noch nicht festgelegt und kann hier nur skizziert werden.

Lebende Fische werden rege transportiert, zu Speise- und Zuchtzwecken, als Besatz- und Köderfische, zu Ausstellungs- und Forschungszwecken. Beliebt ist auch die Haltung exotischer Fische in Aquarien und

Gartenbiotopen. In der Schweiz spielen hauptsächlich der inländische Handel und Importe eine Rolle, wäh-rend Exporte selten sind.

ZierfischeBei der Ein- und Ausfuhr von Zierfischen wird sich in absehbarer Zukunft kaum etwas ändern. Schon heute ist für den Import von Aquarienfischen in die Schweiz weder eine Bewilligung noch ein Gesundheitszeugnis erforderlich (Artikel 25 der Ein-, Durch- und Ausfuhrver-ordnung, EDAV). Ausgenommen sind die aufgeführten Arten gemäss Anhang 3 der Fischereiverordnung (VBGF). Der Import und Einsatz dieser unerwünsch-ten Arten benötigt eine Bewilligung nach Art. 6 des Bundesgesetzes über die Fischerei (BGF), welche nur für öffentliche Zoos oder für Forschungszwecke unter strengen Auflagen erteilt wird (Art. 7 VBGF). Auch Bewilligungen im Rahmen des internationalen Artenschutzabkommens (CITES) sind bei Zierfischen nur für Malaiische Knochenzüngler (Scleropages formosus), Seepferdchen und Störe erforderlich. Alle anderen Zierfischarten können ohne CITES-Bewilli-gungen eingeführt werden. Beim Import von Aqua-rienfischen sind jedoch einige Problempunkte beim Transport zu beachten, wozu im Jahre 2001 am BVET die Studie «Zur Einfuhr von Zierfischen in die Schweiz» erstellt wurde.

Besatz- und SpeisefischeFür Importe von Besatz- und Speisefischen ist in jedem Fall eine Bewilligung des BVET erforderlich. Dieses Ge-such wird bei Bedarf an das BUWAL zur Stellungnahme weitergeleitet. Eine Bewilligung des BUWAL ist für das Einsetzen landes- oder standortfremder Arten, Rassen und Varietäten von Fischen und Krebsen in offene Gewässer (auch private) nötig (Artikel 6 der VBGF). Das Einsetzen von Speisefischen in Fischzucht- und Fischhälterungsanlagen braucht jedoch keine BUWAL-Bewilligung, wenn Massnahmen gegen ein Entweichen von Fischen getroffen werden (Artikel 8 VBGF).

Eine Bewilligung wird erteilt, sofern die notwendi-gen Bedingungen erfüllt und die kantonalen Behör-den einverstanden sind. An der Grenze werden die Sendungen kontrolliert und nach Möglichkeit Proben zur Untersuchung auf Fischseuchen genommen. Für Einfuhren aus der EU und Norwegen wird sich dieses Prozedere in absehbarer Zeit ändern, für alle übrigen Ländern werden die Regelungen an den Flughäfen mehrheitlich beibehalten.

Fischhandelmit EU wird erleichtert

Hansueli Ochs

Fachberatung Tiergesundheit

Wichtige Dokumente zum Thema Fischhandel- Verordnung über die Ein-, Durch- und Ausfuhr von Tieren und Tierprodukten vom 20. April 1988 (EDAV, SR 916.443.11, www.admin.ch/ch/d/sr/c916_443_11.html)- Verordnung zum Bundesgesetz über die Fischerei vom 24. November 1993 (VBGF, SR 923.01, www.admin.ch/ch/d/sr/c923_01.html)- erforderliche, amtliche Dokumente für die Einfuhr von Fischen, Fischeiern, Fischsamen und Süsswasserkrebsen in die Schweiz (www.bvet.admin.ch/einfuhr/00243/00244/00621/index.html?lang=de)- Artenschutzverordnung vom 19. August 1981 (ASchV, SR 453, www.admin.ch/ch/d/sr/c453.html)- Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefähr-deten Arten freilebender Tiere und Pflanzen vom 3. März 1973 (CITES, SR 0.453, www.admin.ch/ch/d/sr/c0_453.html)- Beschluss Nr. 2/2004 des mit dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Handel mit Landwirtschaftlichen Erzeugnissen eingesetzten gemischten Veterinärausschus-ses vom 9. Dezember 2004 (2005/22/EG, www.bvet.admin.ch/einfuhr/00250/00984/index.html?lang=de&download=02636_de.pdf)- Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaft betref-fend die tierseuchenrechtlichen Vorschriften für die Vermark-tung von Tieren und anderen Erzeugnissen der Aquakultur vom 28. Januar 1991 (91/67/EWG, europa.eu.int/eur-lex/de/consleg/pdf/1991/de_1991L0067_do_001.pdf)- Zur Einfuhr von Zierfischen in die Schweiz (www.bvet.admin.ch/handel/00687/index.html?lang=de&download=01008_de.pdf)

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Skizze zukünftiger Handelsregelungen mit EU und NorwegenAn der Landesgrenze werden künftig ausschliesslich die Dokumente geprüft, weitergehende Untersuchun-gen finden nur noch in Verdachtsfällen statt. Dadurch entfallen auch die bisher routinemässig an importierten Fischen durchgeführten Laboruntersuchungen hin-sichtlich meldepflichtiger Tierseuchen. Die Empfän-gerbetriebe müssen bei den zuständigen Behörden (kantonales Veterinäramt, kantonale Fischereiaufsicht) registriert sein und das Eintreffen von Fischsendungen vorankündigen. Zusätzlich benötigen Sendungen meist eine Transportbescheinigung gemäss EU-Richtline (91/67/EWG), die am Abgangsort durch die zuständi-ge Amtsperson ausgestellt wird. Darauf müssen die Adressen des Herkunfts- und Bestimmungsbetriebes, Art und Menge der Fische und die Identifizierung des Beförderungsmittels festgehalten sein. Die Behörden werden zusätzliche Auflagen für das weitere Verbrin-gen der Tiere erlassen und die Betriebe periodisch kontrollieren.

EU-Zulassung für seuchenfreie GebieteDie Landesgrenzen werden für Fische aus der EU und Norwegen künftig durchlässiger. Umgekehrt können einzelne Zuchtbetriebe oder ganze Wassereinzugs-gebiete von der EU als amtlich frei von gewissen Fischseuchen zugelassen werden. Aus Sicht der Bekämpfung von Krankheiten ist diese Entwicklung zu begrüssen, weil vermehrt natürliche und nicht po-litische Grenzen berücksichtigt werden.

Die wichtigsten Anforderungen für eine «Zulassung» sind im Kasten zusammengestellt. Diese betrifft hauptsächlich den Status hinsichtlich der Viralen Hä-morrhagischen Septikämie (VHS) und der Infektiösen Hämatopoetischen Nekrose (IHN). Gemäss EU-Richt-linie (91/67/EWG) können auch weitere Bekämpfungs-programme anerkannt werden gegen die Infektiöse

Bedingungen für eine EU-Zulassung von einzelnen Betrieben:- eigene Wasserversorgung ohne Infektionsrisiko (Brunnen, Quelle)- Fischhindernis stromabwärts- Überschwemmungsschutz- seit mindestens vier Jahren keine klinischen Anzeichen einer Fischseuche- amtliches Krankheits-Kontrollsystem seit mindestens zehn Jahren- mindestens einmal jährlich eine klinische Untersuchung mit Probenahme- alle Laboruntersuchungen negativ auf entsprechende Krankheiten- Gewährung von Fristverkürzungen, falls Zukauf ausschliess-lich aus zugelassenen Betrieben oder Gebieten erfolgteZusätzliche Bedingungen für eine EU-Zulassung ganzer Binnenwassergebiete:- Wassereinzugsgebiet von der Quelle bis zu einem Fisch-hindernis- jährlich mindestens zwei Kontrollbesuche mit Probenahme in sämtlichen Zuchtbetrieben während zwei JahrenBedingungen für eine Aufrechterhaltung der EU-Zulassung:- Zukauf ausschliesslich aus zugelassenen Betrieben oder Gebieten- zweimal jährlich Kontrollbesuche in Zuchtbetrieben- jährlicher Kontrollbesuch in anderen Betrieben- jährliche Probenahme bei 50 Prozent der Zuchtbetriebe- Dokumentationspflicht für das Verbringen von Fischen

Pankreasnekrose (IPN), die Frühjahrsvirämie der Karpfen (SVC), die Bakterielle Nierenerkrankung (BKD), die Furunkulose und die Krebspest. In der EU sind schon einige Binnenwassergebiete anerkannt frei von VHS und IHN. Diese Betriebe können von Lieferanten zusätzliche Garantien bezüglich der Fischgesundheit verlangen.

Die Schweiz hat heute einen guten Seuchenstatus. Die amtliche Überwachung ist jedoch noch wenig ausgeprägt, weshalb momentan die Bedingungen für eine Zulassung nicht gegeben sind (siehe Kasten). Um die gute Fischgesundheit zu erhalten und die Qualität zu verbessern, wäre es sinnvoll, zugelassene Gebiete anzustreben. Durch eine enge Zusammenarbeit der Behörden mit der Fischzucht wäre dies erreichbar und mit gemeinsamen Anstrengungen könnte dieser Standard sogar in der gesamten Schweiz etabliert werden.

Die Landesgrenzen wer-den für Fische aus der EU und Norwegen künf-tig durchlässiger. Um-gekehrt können einzelne Zuchtbetriebe oder ganze Wassereinzugs-gebiete von der EU als amtlich frei von gewissen Fischseuchen zugelassen werden. Aus Sicht der Bekämpfung von Krankheiten ist die-se Entwicklung zu be-grüssen, weil vermehrt natürliche und nicht politische Grenzen be-rücksichtigt werden.

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ISSN 1424-828X

Impressum

Titel

BVET-Magazin

Gesamtauflage: 12 200

Erscheinungsweise

6-mal jährlich

Sprachen dieser Ausgabe

deutsch, französisch, italienisch

Redaktion

Silke Bruhn, Jürg Danuser, Marcel Falk,

Franz Geiser, Odile Gyger, Cornelia Herholz,

Cathy Maret, Lukas Perler

Weitere Mitarbeiter dieser Nummer

Daniel Bernet, Erich Bühlmann, Rolf Frisch-

knecht, Robert Guggenbühl, Michelle

Howald, Daniel Marthaler, Hansueli Ochs,

Helmut Segner, Flurina Stucki, Michael Tobler,

Urs Zimmerli

Übersetzung

Daniel Marthaler

Herausgeber

Bundesamt für Veterinärwesen (BVET)

Adresse

BVET-Magazin

Bundesamt für Veterinärwesen

Schwarzenburgstrasse 155

3003 Bern

E-Mail: [email protected]

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