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Maflnahmen zum Schutz der Ozonschicht lDbersichtsbeitriige Obersichtsbeitr/ige Maf nahmen zum Schutz der Ozonschicht* H. W. Kraus Der Bundesminister fiir Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Postfach 12 06 29, D-5300 Bonn 1 Zusammenfassung. Der Beitrag beschreibt und bewertet die internationalen Vertragswerke - Wiener Ubereinkommen, Mon- trealer Protokoll sowie die Erkl/irung von Helsinki -, deren Ziel die stufenweise Reduktion bzw. die Beendigung von Produktion und Verwendung der FCKW und Halone ist. Die Position der EG und der Bundesrepublik Deutschland wird dargestellt, wo der BMU Anfang April 1990 den Entwuf einer ,,FCKW-Halon- Verbots-Verordnung" vorgelegt hat. Die Bundesrepublik hat im Kampf um die Mat~nahmen zum Schutz der Ozonschicht eindeutig die Fiihrungsrolle iibernommen, was auch auf der ,Internationalen Klima-Konferenz" in Washington, Mitre April zum Ausdruck ge- kommen ist. 1 Wiener Obereinkommen Die Bundesrepublik Deutschland hat am 22. M~irz 1985 in Wien das Obereinkommen zum Schutz der Ozonschicht un- terzeichnet. Mit diesem lDbereinkommen wird erstmals auf internationaler Ebene das Ziel verfolgt, der Gef/ihrdung der Ozonschicht mit gemeinsamen Anstrengungen aller Unter- zeichnerstaaten zu begegnen. Zur Umsetzung des lDbereinkommens in innerstaatliches Recht ist nach Artike159 Abs. 2 des Grundgesetzes ein Ver- tragsgesetz erlassen worden (BGB1. II, 1988, S. 901 ft.). Das IDbereinkommen ist am 29. 12. 1988 fiir die Bundesre- publik Deutschland in Kraft getreten. Ziel des lDbereinkommens - dem inzwischen mehr als 40 Vertragspartner angeh6ren - ist es, die menschliche Ge- sundheit und die Umwelt vor sch~idlichen Auswirkungen zu schiitzen, die von einer (durch menschliche Einwirkungen verursachten) nachteiligen Ver/inderung der Ozonschicht ausgehen k6nnen. Zu diesem Zweck iibernehmen die Ver- tragsparteien die Verpflichtung, im Rahmen der ihnen zur Verffigung stehenden Mittet und M6glichkeiten durch geei- gnete normative und administrative Magnahmen fiir eine Regelung, Begrenzung, Verringerung und Verminderung entsprechender Einwirkungen Sorge zu tragen. Dariiber hinaus wird die v61kerrechtliche Verpflichtung zur Zusam- menarbeit mit allen Signatarstaaten auf den Gebieten der diesen Bereich betreffenden Forschung zur systematischen Beobachtung und des Informationsaustausches iibernom- men. Den sich aus dem lDbereinkommen ergebenden Verpflich- tungen zur wissenschaftlichenZusammenarbeit bei der Er- forschung der Atmosph/ire und zum Informationsaustausch kommt die Bundesregierung bereits heute insbesondere im Rahmen der Programme ,Klima- und Umweltforschung", des ,,Sonderprogramms Klimaforschung" des Umweltbun- desamtes und des Beobachtungsprogramms des Deutschen Wetterdienstes nach. Das Obereinkommen stellt eine Rahmenvereinbarung dar. Die im Grundsatz festgelegten Verpflichtungen bediirfen der niiheren Konkretisierung in Folgevereinbarungen, die in Form von Protokollen erfolgen sollen. 2 Montrealer Protokoll Bereits am 16. September 1987 konnte auf einer Diplomati- schen Konferenz in Montreal ein erstes auf das Wiener Obereinkommen gestiitztes Protokoll vonder Bundesrepu- blik Deutschland gemeinsam mit weiteren 24 Staaten und der EG unterzeichnet werden, das Maflnahmen zur Verrin- gerung der Emissionen von ozonschichtsch/idigenden Stof- fen (Fluorchlorkohlenwasserstoffe - FCKW und Halone) festschreibt. Es enthiilt die Verpflichtung zu einer stufen- weisen Verringerung der Produktion und des Verbrauchs von FCKW um 50 % bis 1999. Zus/itzlich werden Produk- tion und Verbrauch der sog. Halone ab 1992 auf der Basis von 1986 eingefroren. Das Protokoll ist nach Verabschiedung des entsprechenden Vertragsgesetzes - 09. 11. 1988 - in der Bundesrepublik Deutschland am 1. Januar 1989 in Kraft getreten (BGB1. II 1988, S. 1014 ft.). Die Umsetzung des Montrealer Protokolls erfolgte in den Mitgliedstaaten der EG durch eine unmittelbar geltende EG-Verordnung, die ebenfalls am 1. Januar 1989 in Kraft getreten ist (Verordnung EWG Nr. 3322/88, Amtsblatt EG vom 31. 10.88). 2.1 Geregelte Stoffe Jedem ,,geregelten Stoff " wird ein Ozon-Abbau-Potential als Faktor zugeordnet, der in regelm~it~igen Abst/inden nach dem aktuellen Stand des Wissens gepriift wird. Dieser Fak- tor erscheint in der folgenden Aufz/ihlung in eckigen Klammern. * Vgl. auch die Kurznachricht ,FCKW-Ersatzstoff H-FKW 134 a~ auf S. 91 dieser Ausgabe. 106 UWSF-Z. Umweltchem.Okotox. 2 (2) 106-110 (1990) 9 ecomed verlagsgesellschaft mbh, Landsberg 9 Ziirich

Maßnahmen zum Schutz der Ozonschicht

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Page 1: Maßnahmen zum Schutz der Ozonschicht

Maflnahmen zum Schutz der Ozonschicht lDbersichtsbeitriige

Obersichtsbeitr/ige

Maf nahmen zum Schutz der Ozonschicht*

H. W. Kraus

Der Bundesminister fiir Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Postfach 12 06 29, D-5300 Bonn 1

Zusammenfassung. Der Beitrag beschreibt und bewertet die internationalen Vertragswerke - Wiener Ubereinkommen, Mon- trealer Protokoll sowie die Erkl/irung von Helsinki - , deren Ziel die stufenweise Reduktion bzw. die Beendigung von Produktion und Verwendung der FCKW und Halone ist. Die Position der EG und der Bundesrepublik Deutschland wird dargestellt, wo der BMU Anfang April 1990 den Entwuf einer ,,FCKW-Halon- Verbots-Verordnung" vorgelegt hat. Die Bundesrepublik hat im Kampf um die Mat~nahmen zum Schutz der Ozonschicht eindeutig die Fiihrungsrolle iibernommen, was auch auf der ,Internationalen Klima-Konferenz" in Washington, Mitre April zum Ausdruck ge- kommen ist.

1 Wiener Obere inkommen

Die Bundesrepublik Deutschland hat am 22. M~irz 1985 in Wien das Obereinkommen zum Schutz der Ozonschicht un- terzeichnet. Mit diesem lDbereinkommen wird erstmals auf internationaler Ebene das Ziel verfolgt, der Gef/ihrdung der Ozonschicht mit gemeinsamen Anstrengungen aller Unter- zeichnerstaaten zu begegnen.

Zur Umsetzung des lDbereinkommens in innerstaatliches Recht ist nach Artike159 Abs. 2 des Grundgesetzes ein Ver- tragsgesetz erlassen worden (BGB1. II, 1988, S. 901 ft.). Das IDbereinkommen ist am 29. 12. 1988 fiir die Bundesre- publik Deutschland in Kraft getreten.

Ziel des lDbereinkommens - dem inzwischen mehr als 40 Vertragspartner angeh6ren - ist es, die menschliche Ge- sundheit und die Umwelt vor sch~idlichen Auswirkungen zu schiitzen, die von einer (durch menschliche Einwirkungen verursachten) nachteiligen Ver/inderung der Ozonschicht ausgehen k6nnen. Zu diesem Zweck iibernehmen die Ver- tragsparteien die Verpflichtung, im Rahmen der ihnen zur Verffigung stehenden Mittet und M6glichkeiten durch geei- gnete normative und administrative Magnahmen fiir eine Regelung, Begrenzung, Verringerung und Verminderung entsprechender Einwirkungen Sorge zu tragen. Dariiber hinaus wird die v61kerrechtliche Verpflichtung zur Zusam- menarbeit mit allen Signatarstaaten auf den Gebieten der diesen Bereich betreffenden Forschung zur systematischen Beobachtung und des Informationsaustausches iibernom- men.

Den sich aus dem lDbereinkommen ergebenden Verpflich- tungen zur wissenschaftlichen Zusammenarbeit bei der Er- forschung der Atmosph/ire und zum Informationsaustausch

kommt die Bundesregierung bereits heute insbesondere im Rahmen der Programme ,Klima- und Umweltforschung", des ,,Sonderprogramms Klimaforschung" des Umweltbun- desamtes und des Beobachtungsprogramms des Deutschen Wetterdienstes nach.

Das Obereinkommen stellt eine Rahmenvereinbarung dar. Die im Grundsatz festgelegten Verpflichtungen bediirfen der niiheren Konkretisierung in Folgevereinbarungen, die in Form von Protokollen erfolgen sollen.

2 Mont rea le r Protokol l

Bereits am 16. September 1987 konnte auf einer Diplomati- schen Konferenz in Montreal ein erstes auf das Wiener Obereinkommen gestiitztes Protokoll vonder Bundesrepu- blik Deutschland gemeinsam mit weiteren 24 Staaten und der EG unterzeichnet werden, das Maflnahmen zur Verrin- gerung der Emissionen von ozonschichtsch/idigenden Stof- fen (Fluorchlorkohlenwasserstoffe - FCKW und Halone) festschreibt. Es enthiilt die Verpflichtung zu einer stufen- weisen Verringerung der Produktion und des Verbrauchs von FCKW um 50 % bis 1999. Zus/itzlich werden Produk- tion und Verbrauch der sog. Halone ab 1992 auf der Basis von 1986 eingefroren.

Das Protokoll ist nach Verabschiedung des entsprechenden Vertragsgesetzes - 09. 11. 1988 - in der Bundesrepublik Deutschland am 1. Januar 1989 in Kraft getreten (BGB1. II 1988, S. 1014 ft.).

Die Umsetzung des Montrealer Protokolls erfolgte in den Mitgliedstaaten der EG durch eine unmittelbar geltende EG-Verordnung, die ebenfalls am 1. Januar 1989 in Kraft getreten ist (Verordnung EWG Nr. 3322/88, Amtsblatt EG vom 31. 10.88).

2.1 Geregelte Stoffe

Jedem ,,geregelten Stoff " wird ein Ozon-Abbau-Potential als Faktor zugeordnet, der in regelm~it~igen Abst/inden nach dem aktuellen Stand des Wissens gepriift wird. Dieser Fak- tor erscheint in der folgenden Aufz/ihlung in eckigen Klammern.

* Vgl. auch die Kurznachricht ,FCKW-Ersatzstoff H-FKW 134 a ~ auf S. 91 dieser Ausgabe.

106 UWSF-Z. Umweltchem. Okotox. 2 (2) 106-110 (1990) �9 ecomed verlagsgesellschaft mbh, Landsberg �9 Ziirich

Page 2: Maßnahmen zum Schutz der Ozonschicht

Obersichtsbeitr~ige Mai~nahmen zum Schutz der Ozonschicht

F l u o r c h l o r k o h l e n w a s s e r s t o f f e

CFCI 3 (CFC-11) [1.0] CFeCI 2 (CFC-12) [1.0] 02F3CI 3 (CFC-113) [0.8] C2F4CI 2 (CFC-114) [1.0] C2F5CI (CFC-115) [0.6]

H a l o n e

CF2BrCI (Halon-1211) [3.0] CF3Br (Halon-1301) [10.0] C2F4Br2 (Halon-2402) [6.0]

2.2 Produktions- und Verbrauchsbegrenzungen

Produktion und Verbrauch im Sinne des Protokolls werden durch Multiplikation der j~ihrlichen Produktion (des j/ihrli- chen Verbrauchs) jedes betroffenen Stoffes mit seinem Ozon-Abbau-Potential und dutch Addition der ffir jede ein- zelne Gruppe erhahenen Ergebnisse errechnet.

Die Vertragsparteien des Protokolls verpflichten sich dazu, dat~ die j/ihrliche Produktion/der j/ihrliche Verbrauch von FCKW ab dem ersten Tag des siebten Monats nach Inkraft- treten des Protokolls den Wert von 1986 nicht iiberschrei- tet, mit Ausnahme von Entwicklungsl/indern, die weniger als 0,3 kg pro Kopf/Jahr verbrauchen - ihnen wird eine Frist von bis zu 10 Jahren einger~umt. Ein Produktionsan- stieg von nicht mehr als 10 % gegenfiber dem FCKW- Verbrauch von 1986 ist zugelassen, wenn dies zur Berfick- sichtigung der grundlegenden nationalen Bedfirfnisse erfor- derlich ist.

Was die Halone anbelangt, so darf der errechnete Ver- brauch vom ersten Tag des 37. Monats an nach Inkrafttre- ten des Protokolls den Wert von 1986 nicht fibersteigen, wenn auch ein gewisser (kleiner) Spielraum ffir Entwick- lungsl~inder und zum Zweck der industriellen Rationalisie- rung untereinander vorgesehen ist.

Ab 1. Juli 1993 mut~ der errechnete FCKW-Verbrauch von L~indern, die Vertragsparteien des Protokolls sind, auf 80 % (oder weniger) des Standes von 1986 und ab 1. Juli 1998 auf 50 % (oder weniger) reduziert sein.

3 Fortentwicklung des Mont rea le r Protokolls

Die seit der Paraphierung des Montrealer Protokolls am 16. September 1987 gewonnenen neuesten wissenschaftli- chen Erkenntnisse zum Umfang der Schddigung der Ozon- schicht sowie zur Ausdehnung des sog. Ozonlochs haben zu einem internationa!en politischen Konsens gefiihrt. Danach sind sich alle Beteiligten einig, dat~ das Protokoll baldm6g- lichst mit dem Ziel einer Versch/irfung zu ~indern ist.

Politische Forderungen in diesem Sinne sind bereits anl~it~- lich des Treffens der Staats- und Regierungschefs im Juni 1988 in Toronto erhoben worden. Die Notwendigkeit ei- ner Versch/irfung des Protokolls wurde auch anl~it~lich der Tagung der Staats- und Regierungschefs der EG am 2. /3. 12. 1988 (Europ~iischer Rat) in Rhodos hervorgeho- ben.

Der Rat der Europ~iischen Umweltminister hat ein deutli- ches Zeichen gesetzt und am 2. M/irz 1989 beschlossen:

- Einstellung der Produktion und des Verbrauchs der FCKW bis zum Ende des Jahrhunderts,

- baldm6gliche Reduktion um mindestens 85 % in der EG und weltweit.

Schlief~lich hat sich die internationale Konferenz ,,Saving the Ozone Layer" 5 . - 7. M/irz 1989 in London zu einer m6glichst raschen Vertrags~inderung bekannt.

Die ,,Internationale Umwehschutzkonferenz" in Den Haag am 11. M/irz 1989 hat diese Notwendigkeit nochmals ein- dringlich best~itigt.

Nicht zuletzt der Weltwirtschaftsgipfel im Juli 1989 in Paris hat dem Ozonproblem h6chste Prioritfit zugemessen.

3.1 Bundesrepublik Deutschland

Bundestag und Bundesregierung haben inzwischen gehan- delt und einen Weg aufgezeigt, wie das Montrealer Proto- koll fortentwickelt werden kSnnte ( ~ Abb. 1).

Bundesrepublik Deutschland

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1986 1990 1992 1995 1997 1999 Jahr

Abb. 1: Reduktionsquoten der FCKW entsprechend dem v o n d e r Enquete-Kommission national, EG- und wehweit vorgeschla- genen Reduktionsplan

Der Deutsche Bundestag hat auf der Grundlage des ersten Zwischenberichts der Enquete-Kommission ~Schutz der Erd- atmosph/ire ~ (vgl. BT-Drucks. 11/4133) am 09. M~irz 1989 einstimmig den Beschlut~ gefai~t, die FCKW-Emissio- nen drastisch zu verringern:

- im Laufe des Jahres 1990 sollen Produktion und Ver- brauch der Stoffe des Montrealer Protokolls in der Bun- desrepublik Deutschland um mindestens 50 % gegen- fiber dem Stand von 1986 reduziert werden,

- im Laufe des Jahres 1992 um weitere 25 %, - im Laufe des Jahres 1995 um zusiitzliche 20 %.

UWSF-Z. Umweltchem. Okotox. 2 (2) (1990) 107

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Maflnahmen zum Schutz der Ozonschicht Obersichtsbeitr~ige

Insgesamt soil damit innerhalb von sechs Jahren eine Re- duktion um 95 % gegen(iber 1986 erreicht werden; yon 1995 an soil die j~hrliche Verbrauchsmenge 5 000 t nicht fiberschreiten.

Die Bundesregierung hat diesen anspruchsvollen Zeitplan akzeptiert und setzt alles &ran, ihn auch durch konkrete Entscheidungen zu realisieren, ohne dan auf problemati- sche Substitute ausgewichen wird.

Im Aerosolbereich wird ein fast vollst~ndiger Verzicht auf die Stoffe bereits seit 01. Januar 1990 angestrebt. Schon jetzt ist auf diesem Gebiet ein entsprechender Durchbruch erreicht: von rd. 26 000 t in 1986 wurde der Verbrauch auf weniger als 2 500 t in 1989 zur(ickgeffihrt (--* Abb. 2).

Tonnen ]

50,000

I

40.000

30.000

20.000

10.000

Abb. 2: Verwendung von FCKW als Treibmittel in Spraydosen (Anga- ben gelten Rir FCKW 11, I2, 113, 114 und 115 im Bereich der Bundesrepublik Deutschland)

Im Kiilte- und Klimabereich sollen ab 01. Januar 1992 aus- schlieflich langfristig einsetzbare Ersatzstoffe verwendet werden. Erg~inzend ist in Aussicht genommen, die Recycling-M6glichkeiten for FCKW zu verbessern.

Bei der Schanmstoffherstellung wird der Verbrauch an FCKW ab 1992 um 80 % verringert.

Was den Reinigungs- und L6semittelsektor betrifft, mug der FCKW-Einsatz vom 01. Januar 1992 an auf unum- g/ingliche Bereiche beschr~inkt werden; von 1995 an ist eine Reduktion der FCKW-Verwendung in diesem Sektor um 95 % geplant.

Auf den Einsatz von Halonen bei Obungen und Probeein- siitzen zur Brandbek/impfung soil - soweit die Sicherheit dies zuliift - verzichtet werden.

Alle diese Mafnahmen stehen im Zusammenhang mit de- nen der fibrigen Vertragsstaaten und mfissen mit dem Um- weltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) 1 koordi- niert sein. F~r die Bundesrepublik Deutschland als Mit- gliedstaat der Europiiischen Gemeinschaften ist es selbst- verst~indlich, dag ihre Mafnahmen auch im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht stehen. Gerade deswegen setzt sich die Bundesregierung auf EG-Ebene &ffir ein, daft dort

vergleichbare Beschlfisse gefaft werden, die aufgrund der Forschungsresultate dringend erforderlich sind:

1. eine mafgebliche Verkfirzung der Zeitr~ume, die das Protokoll ffir die Schutzmafnahmen vorschreibt;

2. eine wesentliche Erh6hung der Reduktionsquoten - hier sollten nicht 50 %, sondern mindestens 95 % ange- strebt werden;

3. die Erweiterung der Protokollregelungen auf zusiitzliche Stoffe, z.B. auf Tetrachlorkohlenstoff, Methylchloro- form.

4 Auf dem Weg zur Versch/irfung des Montrea le r ProtokoUs

4.1 Erste Vertragsstaaten-Konferenz vom 02. Mai 1989 in Helsinki

4.1.1 Wichtigste Ergebnisse der ,,Erkl~irung von Helsin- ki" zum Schutz der Ozonschicht vom 2. Mai 1989:

- Aufruf an alle Staaten - soweit noch nicht geschehen - , der Wiener Konvention zum Schutz der Ozonschicht und dem Montrealer Protokoll beizutreten;

- Zustimmung zur Beendigung von Produktion und Ver- brauch der vom Montrealer Protokoll erfaflten FCKW baldm6glichst, abet nicht sp/iter als bis zum Jahre 2000;

- Verkiirzung des Zeitplans des Protokolls; - besondere Beriicksichtigung der Situation in den Ent-

wicklungsl~indern; - Beendigung der Produktion und des Verbrauchs von

Halonen sowie Kontrolle und Reduktion anderer ozon- abbauender Stoffe so bald wie m6glich;

- Verpflichtung zur beschleunigten Entwicklung umwelt- vertr/iglicher Substitut-Stoffe, -Produkte und -Technolo- gien;

- Erleichterung des Zugangs der Entwicklungsl~inder zu wichtigen wissenschaftlichen Erkenntnissen und For- schungsergebnissen;

- Entwicklung angemessener Unterstiitzungsmaflnahmen zur Erleichterung von Technologietransfer und Ersatz von Anlagen in den Entwicklungsl~indern zu m6glichst geringen Kosten.

Die ,,Helsinki Declaration" ist einstimmig verabschiedet worden.

4.1.2 Bewertung der Erkliirung von Helsinki

W/ihrend die Entwicklungsl/inder bei der Londoner Konfe- renz ,,Saving the Ozone Layer" ( 5 . - 7. M~irz 1989) noch eine st/irker auf ihre Interessen bezogene Haltung einnah- men, waren die Verhandlungen in Helsinki von einem h6- heren Ma/~ an Kooperation getragen. Entscheidenden Anteil hieran darf der Haltung von Bundesumweltminister TOVFER zugemessen werden, der nachdrficklich ffir eine Fortentwicklung des Montrealer Protokolls warb unter Be- rficksichtigung der Pflichten der Industrieliinder - als den Nutzniefern der bisherigen FCKW-Technologie - den sich entwickelnden L~indern gegenfiber, denen der Weg dutch

1 UNEP: United Nations Environment Program

108 u w s F - z. Umweltchem. C)kotox. 2 (2) (1990)

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O b e r s i c h t s b e i t r f i g e M a f ~ n a h m e n z u m S c h u t z d e r O z o n s c h i c h t

die ozonschichtsch/idlichen und klimarelevanten Stoffe und Technologien erspart werden mug. Angesichts der bisherigen Protokoll-Bestimmungen einer FCKW-Reduktion um nur 50 % bis 1999 und des Einfrie- tens von Verbrauch und Produktion von Halonen (bezogen auf das Basisjahr 1986), ist das Ergebnis von Helsinki als Fortschritt zu werten. Das Hauptproblem bleibt, die Staaten der Dritten Welt zur Partnerschaft zu gewinnen. Schliet~lich hat die Konferenz die Erkennmis verst~irkt, daft der Schutz der Ozonschicht in den gr6geren Zusammenhang des Schutzes der Erdatmo- sphere geh6rt. Nicht zu fiberh6ren waren daher die For&- rungen aller Staaten nach einem ,,International Climate Fund", wie ihn UNEP-Executiv-Direktor Dr. Mustafa K. TOLBa nachdr~cklich bekr~iftigte.

4.2 Haltung der Vertrags- und Nichtvertragsparteien zur )~nderung des Protokolls im Rahmen von UNEP 1

Bis zum Stichtag 7. M~irz 1990 sind insgesamt 55 Staaten dem Protokoll beigetreten, die 88 % des gesch~itzten Ver- brauchs (FCKW und Halone) repr/~sentieren.

Die EG hat weiterhin gegen/iber den USA (und erst recht gegen/iber Japan) die Fiihrungsrolle zur Fortentwicklung des Protokolls iibernommen.

Die seit der Ersten Vertragsstaatenkonferenz Anfang Mai 1989 in Helsinki im Grundsatz beschlossene Einbindung der Entwicklungsl/inder, n/imlich deren m6glichst rascher und vollziihliger Beitritt zum Protokoll, st6gt auf Forderun- gen von Seiten der Entwicklungsl/inder, denen gegenfiber sich die industrialisierten L/inder im wesentlichen reserviert verhalten haben. Die USA haben einen eigenen Vorschlag zur ~mderung yon Artikel 10 - Technische Unterst/itzung - vorgelegt:

- Schaffung eines Sonderprogramms zur Unterstfitzung der Entwicklungsl/inder bei der Erffillung des Montrea- ler Protokolls. Inhalt: L/inderstudien zur Feststellung der besonderen Bedfirfnisse der Entwicklungsl/inder so- wie Schaffung von Projekten und Programmen, um ih- nen die Vertragserffillung durch technische und finan- zielle Hilfe zu erleichtern.

blick auf die Zweite Vertragsstaatenkonferenz im Juni 1990 in London noch nicht als Konsolidierung bezeichnet werden. Die Interessenlagen der verschiedenen Vertrags- parteien sind so divergierend, dat~ es weiterer intensiver Verhandlungen bedarf, um die Vielzahl der Vorschl~ige auf ein iiberschaubares Marl zurfickzuffihren.

5 Weiteres Vorgehen in der Bundesrepublik Deutschland

In der Bundesrepublik Deutschland sind schon heute die Verpflichtungen der ersten Reduktionsstufe des Montrealer Protokolls eft/ilk (20 % Reduktion bis 1993/94, bezogen auf 1986). Dazu hat vor allem die Selbstverpflichtung der deutschen Aerosolindustrie beigetragen.

Weitere Magnahmen zur Emissionsminderung von FCKW vgl. Abschnitt 3.1.

Was das weitere innerstaatliche Vorgehen in der Bundesre- publik Deutschland betrifft, so hat die Bundesregierung

1. mit den zust~indigen Industrieverb~inden fiber freiwillige Reduktionsmat~nahmen verhandelt und

2. erg~inzende rechtliche Regelungen vorbereitet, z.B. die Novellierung der Zweiten Verordnung zur Durchfiih- rung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (2. BImSchV), durch welche die Verwendung yon FCKW in Oberfl~i- chenbehandlungs-, Chemischreinigungs- und Textilaus- riistungs- sowie Extraktionsanlagen kiinftig grundsiitz- lich untersagt werden soil.

Der Bundesumweltminister hat erkl~irt, daft nach den bishe- rigen Gespr~ichen mit der lndustrie das vom Bundestag vor- geschaltete Ziel der Selbstverpflichtungen nicht in vollem Umfang erreichbar ist. Daher ist bereits Ende 1989 eine Verordnung erarbeitet worden, die auf der Grundlage yon

17 ChemG - entsprechend den Vorgaben des Bundesta- ges - ein Verwendungsverbot der FCKW und Halone vor- sieht. Die Verordnung, die der Zustimmung des Bun&s- rates bedarf, soll wegen eines Riicknahmegebots auch auf

14 Abfallgesetz gestiitzt werden.

4.3 Position der EG

Die EG-Position zur Verschiirfung des Montrealer Proto- kolls geht auch weiterhin fiber die bisherige yon USA und Japan hinaus, sowohl hinsichtlich der Reduktionsstufen bei FCKW wie auch bei der Reduktion der kontrollierten Halo- ne und der zus/itzlich aufzunehmenden Stoffe ins Protokoll.

4.4 Zusammenfassung

Von allen Beteiligten wird an der Beendigung yon Produk- tion und Verbrauch der FCKW bis zum Jahr 2000 festge- halten. Uber die einzelnen Reduktionsschritte bestehen unterschiedliche Auffassungen.

Insgesamt kann die bisherige Arbeit von UNEW im Hin-

1S. 108

6 Neue Entwicldungen im nationalen und EG- Bereich

Der Bundesumweltminister hat Anfang April 1990 nach Anh6rung der beteiligten Kreise den /iberarbeiteten Ent- wurf einer ,,FCKW-Halon-Verbots-Verordnung" vorge- legt. Diese Verordnung hat im wesentlichen folgenden Inhalt: In einer Stoffliste werden s~imtliche im Montrealer Proto- koll enthaltenen Stoffe erfagt sowie die Stoffe - Chlortrifluormethan (R 13), - Tetrachlordifluorethan (R 112), - der teilhalogierte Stoff Chlordifluormethan (R 22), - Methylchloroform ( I, 1,1 -Trichloreth an), - Tetrachlorkohlenstoff.

UWSF-Z. Umwdtchem. Okotox. 2 (2)(1990) 1 0 9

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Maflnahmen zum Schutz der Ozonschicht l]bersichtsbeitr~ige

Letztgenannter Stoff wird in der Bundesrepublik Deutsch- land im wesentlichen nur als Zwischenprodukt zur FCKW- Herstellung eingesetzt, Methylchloroform wird ftir seinen Hauptanwendungsbereich als L6semittel in der 2. Verord- nung nach dem Bundes-Immissionschutzgesetz geregelt.

Die Verwendung der genannten Stoffe soil nach Inkrafttre- ten der Verordnung, zeitlich abgestuft, verboten sein, aus- genommen in Arzneimitteln.

Die Verwendung als Kiiltemittel wird in Anlagen mit mehr als 5 kg Inhalt ab dem 1. Januar 1992, in Anlagen mit we- niger als 5 kg Inhalt ab dem 1. Januar 1995 untersagt.

Die Herstellung von Schaumstoffen mittels der yon der Verordnung erfagten Stoffe ist wie folgt untersagt: Ddmm- stoffe ab dem 1. Januar 1993, sonstige Scbaumstoffe ab dem 1. Januar 1992.

Ebenfalls ab dem 1. Januar 1992 ist der Einsatz dieser Stof- fe in Reinigungs- und LiSsemittdn untersagt.

Die Verwendung der irn Montrealer Protokoll genannten Halone ist ab dem 1. Januar 1992 in Handfeuerl6schern, in stationfiren Anlagen ab dem 1. Januar 1996 verboten.

Neben diesen Verwendungs- bzw. Herstellungsverboten soll mit dem Inkrafttreten der Verordnung eine Kennzeich- nungspflicht eingeffihrt werden, dergemfif~ eine Positiv- bzw. Negativkennzeichnung m6glich sein werden.

Diese Verordnung bedarf der Zustimmung des Bundesrates und mug im Entwurf der Kommission der Europ~iischen Gemeinschaften notifiziert werden. Es ist damit zu rech- nen, dat~ die Kommission zum Zweck der Priifung, ob eine gemeinschaftsrechtliche Regelung erfolgen soil, eine Stand- StiU-Frist aussprechen und so das nationale Verordnungs- gebungsverfahren - jedenfalls zeitweilig - inhibieren wird.

Dieses Vorgehen der Komission der Europ/iischen Gemein- schaften liegt umso n/iher, als die Kommission selbst eine Verordnung zur Anderung der Verordnung (EWG) Nr. 3322/88 vom 14. Oktober 1988 vorgelegt hat, die so- wohl eine Erweiterung der Stoffliste als auch eine Versch/ir- lung der Reduktionsziele des Montrealer Protokolls - so welt es in der EG umgesetzt worden ist - vorsieht. Die Stoffliste dieser Verordnung soll um die nicht im Montrea- ler Protokoll geregelten Stoffe Tetrachlormethan und 1,1,1- Trichlorethan erweitert werden.

Die vorgesehenen Reduktionsquoten ftir Produktion und Verbrauch betragen - bezogen auf die Mengen des Jahres 1986 - ffir

alle vollhalogenierten FCKW: 50 % bis 1992 85 % bis 1996

100 % bis Ende 1997;

Halone: 50 % bis 1996

100 % bis Ende 1999;

Tetrachlormethan: 50 % bis 1992

100 % bis Ende 1997 (ausgenommen ist Verwendung als Zwischenprodukt in der chemischen Produktion);

1,1,1-Trichlorethan: 20 % bis 1998 40 % bis 2000.

Die geplante Erweiterung um die geregelten Stoffe fiber die Stoffliste des Montrealer Protokolls hinaus ist zu begrfigen. Von den zusfitzlich in die Stoffliste aufgenommenen Sub- stanzen geht bereits heute ein erheblicher Teil der Ozonge- f/ihrdung aus, n/imlich zwischen 5 und 10 % des Anteils, der durch Halogenkohlenwasserstoffe insgesamt verursacht wird.

Die in dem Verordnungsentwurf der EG vorgesehenen Re- duktionsziele entsprechen hinsichtlich der FCKW und Ha- lone in etwa denen, die der Deutsche Bundestag in seinem Beschlug vom 9. M/irz 1989 als erforderlich im Rahmen der EG-AktivitMen bezeichnet hatte (Enquete-Kommission ~Schutz der Erdatmosphfire", -, Abschnitt 3.1). In diesem Bundestags-Beschlufl ist zwar eine Reduktion um lediglich 95 % gefordert, jedoch sieht der Entwurf der EG-Verord- nung die Zulassung yon Ausnahmen durch die Kommission vor, so daft sich die Reduktionserfolge - so wie der Bun- destag sie gefordert hatte und wie die EG-Kommission sie jetzt vorschl~gt - im wesentlichen entsprechen dfirften.

Es sind kritische Stimmen laut geworden, dag angesichts dieses Vorschlages der EG-Kommission, tiber den der Rat bisher freilich noch nicht befunden hat, kein Raum mehr ffir eine nationale Regelung sei. Dem ist entgegenzuhalten, dag beide Regelungen einander ergfinzen. Wiihrend die EG- Verordnung das Angebot der in Frage stehenden Stoffe re- gelt, wird yon der nationalen Verordnung die Nachfrage geregelt, d.h. die Verwendung der Stoffe wiirde nut in den yon der Bundesregierung als unverzichtbar angesehenen Be- reichen erlaubt sein. Die EG-Regelung wfirde demgegen- tiber z.B. zulassen, dag die gesamte erlaubte Produktion in offenen Anwendungsbereichen wie Sprays, L6semitteln, weiterhin verwendet werden dtirfte. Die Einschfitzung, dag die nationale Verordnung neben der EG-Verordnung durchaus Bestand haben kann, wird auch yon der Industrie geteilt, aus deren Bereich bisher gegenteilige Stirnmen nicht zu vernehmen sind.

7 Li tera tur

[1] Wiener lJbereinkommen zum Schutz der Ozonschicht: BGBI. 1988 II S. 901

[2] Montrealer Protokoll: BGB1. II 1988 S. 1014 [3] Umsetzung des Montrealer Protokolls in den Mitgliedstaaten der

EG: EG-Verordnung Nr. 3322/88, Amtsblatt EG v. 31. 10. 1988

[4] Zwischenbericht der Enquete-Kommission ,Schutz der Erdatmo- sph/ire": BT-Drucks. 11/4133

[5] Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates fiber Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht fiihren. KOM (90) 3 endg.; Rats- dok. 4451/90: BR-Drucks. 247/90

1 1 0 UWSF- Z. Umweltchem. Okotox. 2 (2) (1990)