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Den Weg zum Wandel bereiten Geringe Kosten, nachhaltige Wirkung: Wie Leben gerettet und Familien gestärkt werden können Nr. 3 | 2013 | medair.org MEDAIR | news

Medair News december 2013

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Page 1: Medair News december 2013

den Weg zum Wandel bereiten Geringe Kosten, nachhaltige Wirkung: Wie Leben gerettet und Familien gestärkt werden können

Nr. 3 | 2013 | medair.org

MEDAIR | news

Page 2: Medair News december 2013

Wege zur Veränderung

Wir kennen sie alle: die Macht der Gewohnheit. Wir setzen uns einen Vorsatz, zum Beispiel einmal pro Woche Sport zu treiben, weniger Zeit vor dem Fernseher zu verbringen. Oder wir wollen uns mehr persönliche Freiräume schaffen und lernen, nein zu sagen. Meist fehlt es uns nicht an den guten Absichten. Und doch fällt es oft schwer, alte Gewohnheiten zu überwinden.

In unserer Projektarbeit ist es ähnlich: Um echte Veränderungen zu erzielen, genügt es nicht, lediglich Brunnen und Latrinen zu bauen. Es genügt auch nicht, Ärzte auszubilden und Gesundheitszentren zu finanzieren. Es genügt nicht einmal, wenn wir Menschen schulen über die Wichtigkeit von hygienischen Regeln, den Gebrauch von Latrinen oder in der Ernährung ihrer Kinder mit Muttermilch.

Eine echte Veränderung geschieht erst, wenn die Menschen die Zusammenhänge verstehen und beginnen entsprechend zu handeln. Dafür kann es notwendig sein, lebenslange Gewohnheiten zu verändern. Die Frage ist, wie können wir die Betroffenen dabei unterstützen und gleichzeitig ihre lokale Kultur respektieren. Lesen Sie dazu den Artikel auf Seite 5 oder die tolle Geschichte von Mama Elisa aus dem Südsudan auf Seite 7.

Eine gute Lektüre und immer wieder Mut für eine Veränderung wünscht Ihnen

David Farner Leiter Medair Büro Zürich

Titelbild: D.R. Kongo: Germain Ngbamboligbe, Gesundheitsförderer von Medair, spricht mit Kindern über sauberes Trinkwasser und gute Hygiene. ©Medair/Christy BerkheiserFoto, S. 3: Somaliland: Ein zwei Monate altes Baby wartet auf seine Impfung. © Medair/Murugi Murekio

4 B l i c k p u n k T Verhalten geändert, Leben gerettet

6 k r a F T d e r V e r ä n d e r u n g Somaliland: Lebensretter an der Haustür

1 0 k r i S e i n S y r i e n Flüchtlingshilfe für den Winter

Finanzierungspartner Madagaskar: EC Directorate-General for Development and Cooperation – EuropeAid, Swiss Solidarity, EC Directorate-General for Humanitarian Aid and Civil ProtectionSüdsudan: EC Directorate-General for Humanitarian Aid and Civil Protection, United Nations Development Programme, Swiss Agency for Development and Cooperation, International Organization for MigrationSomalia/Somaliland: World Food Programme, EC Directorate-General for Humanitarian Aid and Civil Protection, Swiss Solidarity, Woord en Daad (NL), Red een Kind (NL), United Nations Children’s Fund (UNICEF), United States Agency for International Development

Quellen: 1. UNICEF, 2006, Behaviour Change Communication in Emergencies: A Toolkit. 2. UNICEF, 2012, Levels and Trends in Child Mortality. 3. World Relief, 2004, The Care Group Difference: A Guide to Mobilizing Community-Based Volunteer Health Educators. 4. Davis TP u.a., 2013, 1(1): 35-51. Reducing child global undernutrition at scale in Sofala Province, Mozambique, using Care Group Volunteers to communicate health messages to mothers. 5. Jones u.a., Lancet, 2003, How many child deaths can we prevent this year? 6. Tengland, Per-Anders, 2012, 5: 140-153. Behavior Change or Empowerment: On the Ethics of Health-Promotion Strategies, Public Health Ethics. 7. UNICEF, 2013, Improving Child Nutrition: The Achievable Imperative for Global Progress. 8. UNICEF, 2009, Tracking Progress on Child and Maternal Nutrition. 9. World Health Organization, 2013, Vaccine-Preventable Diseases. 10. World Health Organization, 2012, Maternal Mortality Fact Sheet No. 348.

M e d a i r d e u T S c H l a n dGrävinghoffweg 36 D-44339 DortmundIhr Kontakt: Romy SchneiderTel: +49 (0) 231-150 505 66 [email protected]/deutschland

M e d a i r S c H w e i zSchoffelgasse 7CH-8001 Zürich Ihr Kontakt: David FarnerTel: 043 268 22 [email protected]

Recyclingpapier

U N T E R S T Ü T Z T M E D A I R

E D I T O R I A L

Page 3: Medair News december 2013

VerHALTen geänderT Wenn jede Mutter ihr Kind in den ersten sechs Monaten ausschliesslich stillen würde – und in den ersten zwei Lebensjahren die angemessene Nahrung weiter mit Muttermilch ergänzt – könnten jedes Jahr über eine Million Kinder gerettet werden. Die Kindersterblichkeit würde um 19 Prozent gesenkt werden.1

Das ist nicht alles. Wenn weltweit Eltern und Betreuer ihre Kinder impfen lassen würden, könnte die Sterblichkeitsrate um 17 Prozent reduziert werden.2

1. UNICEF, 2009, Tracking Progress on Child and Maternal Nutrition.

2. Weltgesundheitsorganisation (WHO), 2013, Vaccine-Preventable Diseases.

eIn LeBen gereTTeT

     Ich glaubte nicht an die Bedeutung von

Muttermilch. In meiner Kultur ist Kamelmilch

sehr wertvoll, und ich war stolz, alle meine

Kinder damit ernähren zu können. Auch

dachte ich, dass man beim Impfen Gift in

mein Baby spritzt.

Dann besuchte ich die Schulungen der

freiwilligen Care Groups und änderte meine

Meinung. In den ersten sechs Monaten stillte

ich mein jüngstes Kind ausschliesslich und

es wurde komplett geimpft. Jetzt ist er viel

kräftiger, ist seltener krank und viel gesünder

als die anderen. Ich wünschte, ich hätte all

das schon früher gewusst.

– Fahiima Ali aus dem Dorf Ado Yurura, Somaliland

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medair.org | November 2013 | Medair 3

Page 4: Medair News december 2013

Im Osten des Tschad gibt es kein Wort für Unterernährung. So wundert es nicht, dass Mounnia nicht genau wusste, was mit ihrem unterernährten Sohn los war. Sie wusste auch nicht, wie sie ihm helfen konnte. „Er wurde immer dünner und schwächer“, erinnert sich Mounnia. „Dass er krank war, wurde mir erst bewusst, als ich ihn in eine Klinik brachte, damit sein Durchfall behandelt wird.“

Verhalten geändert, Leben gerettet

1 von 3Todesfällen bei Kindern

steht in Verbindung mit Unterernährung.

800Frauen sterben täglich an vermeidbaren Ursachen im Zusammenhang mit

Schwangerschaft oder Geburt.

7 Millionen Kinder unter fünf Jahren sterben

jedes Jahr. Ihr Tod hätte vermieden werden können.

e S i ST H ö c H ST e z e iT

nacHHalTige ScHriTTe zuM wandel

Stillen und verbesserte Ernährungsgewohnheiten

Heranführung an die gesunde und altersgerechte Ernährung von Säuglingen und Kindern

Immunisierung von Kindern

Aufsuchen einer Klinik zur Geburt und Vor- und Nachsorge

Identifizierung und Verwendung von sauberem Trinkwasser

Krankheitssignale bei Kindern erkennen und wissen, wann sie zur Behandlung in die Klinik gebracht werden müssen

Händewaschen mit Seife oder Asche sowie weitere Hygienepraktiken

Bau von Latrinen, fachgerechte Entsorgung von Fäkalien, Verhinderung von öffentlicher Defäkation

Familienplanung/HIV-Prävention

Vorbereitung auf künftige Katastrophen durch verbesserte Wahrnehmung und Planung

Optimierung der Ernteerträge und Kulturpflanzenvielfalt durch geeignete landwirtschaftliche Methoden

Experten schätzen, dass 63 Prozent der Todesfälle bei Kindern hätten verhindert

werden können durch Interventionen, die für die Verhaltensänderung essenziell wichtig sind.

Medair hat festgestellt, dass die Verhaltensänderung (Behaviour change communication, Bcc) einer der besten wege ist, um nachhaltige Veränderungen zu fördern und unnötige krankheiten und Todesfälle zu verhindern.

die änderung von gewohnheiten ist ein weg zur Förderung gesunder Verhaltensweisen und diese dann in einem günstigen Umfeld zu bewahren.

n eu e V e r H a lT e n S w e i S e n Fö r d e r n u n d B e wa H r e n

4 Medair | November 2013 | medair.org

B L I c k p u n k T

Page 5: Medair News december 2013

Sollten wir Menschen wirklich ermutigen, ihre traditionellen Verhaltensweisen zu ändern? Das ist eine berechtigte Frage. Doch anders gefragt: Wenn wir daran glauben, das Leben von unschuldigen Kindern retten zu können, weil wir wissen, warum sie krank sind: Dürfen wir unsere Augen dann vor dem Problem verschliessen? „Medair möchte niemanden dazu zwingen, seine Gewohnheiten zu ändern“, sagt Dr. Hannah Pollard, Senior Gesundheits- und Ernährungsberaterin bei Medair. „Wir respektieren die persönlichen Entscheidungen der Menschen. Doch unser Programm zur Verhaltensänderung soll jene Menschen befähigen und für sie ein unterstützendes Umfeld schaff en, die sich entschieden haben, ihre alten Gewohnheiten zu ändern.“

Den richtigen Weg gehen

kEn n En LERn E n D E R G E M EI n Sc HAF T u n D IH RE R B E D Ü RFn I S S E

WI S S En, WER ERREI c HT WERD En SO LL u n D Au F WELc H EM WEG

Identifi zieren der Hauptursachen für Krankheits- und Todesfälle sowie spezifi sche Risikofaktoren bestimmen.

Vertraut werden mit den üblichen Verhaltensweisen, lokalen Traditionen und Bräuchen sowie mit möglichen Hindernissen für einen Wandel.

Identifi zieren, wer sein Verhalten ändern sollte und wer die wichtigsten Meinungsmacher sind, z. B. Grossmütter, religiöse Führer, Gemeindevorsteher, Ehemänner etc.

Inspirieren der Menschen, selbst aktiv und zu Vermittlern des Wandels zu werden.

Anpassen der Gesundheitsbotschaften an lokale Sitten.

Freude haben und kreative Methoden einsetzen, um zum Verhaltenswandel zu motivieren, z. B. bunte Flipcharts, Humor, Anspiele, Puppentheater, mobiles Kino, Radio und vieles mehr.

Der Wandel beginnt im Kopf„Bevor wir ho� en können, verbesserte Praktiken und Gewohnheiten zu sehen, müssen die Gemeinschaften selbst erkennen, dass sie Veränderung brauchen. Der Kolonialismus mit seiner Top-Down-Perspektive ist Vergangenheit. Wir können den Gemeinschaften nicht einfach etwas au� ürden. Das funktioniert nicht, jedenfalls nicht auf lange Sicht. Verhaltensänderung ist ein langer Prozess, der tief in einer Gemeinschaft verwurzelt sein muss. Wenn es nicht von den Menschen selbst kommt, dann stehen die Erfolgschancen schlecht.“

– Francki Anthonio Mallot, Medair-Beauftragter für Verhaltensänderung, Madagaskar Madagaskar: Patricia Razafi ndrafara, Medair-Beauftragte für Verhaltensänderung,

erklärt Familien in entlegenen Dörfern, wie sie sich auf Wirbelstürme vorbereiten und somit das Risiko, dass ihre Häuser zerstört werden, verringern können.

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medair.org | November 2013 | Medair 5

B L I c k p u n k T

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Lebensretter an der Haustür

SOMALILAND: Care Groups in Aktion

Das Leben von Oba Ismail hing am seidenen Faden. Das sechs Monate alte Mädchen hatte Probleme beim Stillen und litt an heftigem Durchfall. Ihre Mutter Khadar ahnte, dass die Tochter krank war. Doch sie wusste nicht, wie ernst die Lage war und was sie tun sollte.

Gerade rechtzeitig bekam Khadar Hilfe: Zwei freiwillige Mitarbeiter einer örtlichen Care Group von Medair kamen zum wöchentlichen Routinebesuch an ihre Haustür.

Sie untersuchten Oba und gaben ihr eine Rehydratationslösung zum Ausgleich des Flüssigkeitsmangels. Doch die Symptome verschlimmerten sich. Sie rieten Khadar dringend dazu, Oba im Kosaar Gesundheitszentrum behandeln zu lassen. In der Klinik wurde Oba erneut untersucht und die Ärzte diagnostizierten eine schwere

Unterernährung mit anhaltendem Durchfall. Die kleine Oba kam ins Stabilisierungszentrum des Krankenhauses in Burao. Dort normalisierte sich ihr Zustand langsam und nach zwei Monaten ging es ihr endlich besser.

Oba ist jetzt ein fröhliches, aufgewecktes und gesundes kleines Mädchen. Die Einjährige kuschelt sich eng an ihre Mutter, während diese lächelnd erzählt: „Das Programm hat Obas Leben gerettet. Mein Kind war sehr krank. Dann kamen die Mitarbeiter von Medair ins Haus und sagten mir, was ich tun sollte.”

care grOupS Sind ...

kraFTVOll BezaHlBar nacHHalTig

Care Groups nutzen Netzwerke aus freiwilligen Helfern einer Gemeinschaft. Um Verhaltensänderungen zu fördern, besuchen sie regelmässig alle Haushalte und beraten die Familien zu Themen wie Gesundheit, Ernährung und Hygiene.

Care Groups gehören zu den kostengünstigsten Formen humanitärer Hilfe. Die 23 von Medair bezahlten Gesundheitsförderer in Somaliland erreichen regelmässig 45 000 Menschen direkt.

Das Wissen sowie veränderte Verhaltensweisen bleiben in einer Gemeinschaft erhalten - lange nachdem Medair die Region wieder verlassen hat. Denn die freiwilligen Care Group-Mitarbeiter sind stolz auf ihre Arbeit und motivieren einander.

Flüchtlingslager Muruqmal in Somaliland: Regelmässig trifft sich diese Care Group zu Schulungen und Austausch.

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„Ich lebe schon seit zehn Jahren in dieser Gemeinschaft und vieles hat sich jetzt schon verändert. Seit die Frauen ihre Babys vermehrt ausschliesslich stillen und besser über Ernährung informiert sind, gibt es kaum noch ernsthaft unterernährte Kinder. Ich sehe deutliche Verbesserungen in Bezug auf Impfungen, die Ernährung von schwangeren Frauen und Hygiene.“

– Asha Mohammed Dualle, Gesundheitsförderin, Somaliland

6 Medair | November 2013 | medair.org

c A R E G R O u p S

Page 7: Medair News december 2013

„Frauen sind wie ein Wasser� lter“

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Jeden Freitagmorgen betritt eine Gruppe herrlich bunt gekleideter Frauen die Klinik von Medair in Abayok. Der Raum scheint förmlich aufgeladen mit Energie. Die Frauen wollen Mama Elisa hören, denn die Hebamme spricht öffentlich über Themen wie Gesundheit und Hygiene.

Die Frauen, einschliesslich Mama Elisa, sind Rückkehrerinnen. Nach der Unabhängigkeit des Südsudans sind sie in ihre Heimat zurückgekehrt. Im Sudan waren ihre Lebensbedingungen deutlich besser; jetzt hausen sie in einem dicht besiedelten Lager und kämpfen ums Überleben. Eine Grundversorgung, die einst selbstverständlich für sie war, haben sie nicht mehr.

Mama Elisa nahm die Sache selbst in die Hand. Als Hebamme verfügt sie über lebensrettendes Wissen und hält nun öffentliche Vorträge über Gesundheit und Hygiene. Waren es am Anfang nur zehn Frauen, kamen bald jede Woche 200 Frauen zu Mama Elisa. Bei den Treffen sprechen die Frauen offen über risikofreie Mutterschaft, Säuglingspflege, Ernährung, Impfungen, das Stillen, Klinikbesuche, Händewaschen und andere Gesundheitsthemen.

Beim heutigen Treffen schnellen viele Hände in die Höhe und Fragen werden einfach reingerufen. Kein Thema ist tabu. Als Mama Elisa die Beschneidung kritisiert, protestiert eine der Frauen. Es sei einfach Teil ihrer Kultur, sagt sie. Mama Elisa kontert: „Eines Tages siehst du vielleicht jemanden, der seine Unterhose wie einen Hut auf dem Kopf trägt. Und am nächsten Tag laufen alle so herum, weil sie glauben, das wäre jetzt Mode. Doch das bedeutet noch lange nicht, dass es auch eine gute Sache ist.“

Schallendes Gelächter bricht aus. Die Frauen können nicht nur heikle Themen diskutieren, sie tun dies auch mit Humor. „Frauen sind wie Wasserfilter“, sagt Mama Elisa. „Wenn du willst, dass sich eine

SÜDSUDAN: Das ist die einzigartige Mama Elisa. Sie ist Hebamme und arbeitet für Medair. Mama Elisa bringt die Verhaltensänderung in ihrer Gemeinschaft voran.

Hebamme Mama Elisa freut sich. Jede Woche unterrichtet sie Frauen in Gesundheitsfragen.

Gemeinschaft ändert, musst du bei den Frauen anfangen. Sie machen das schon. Wenn Frauen das Wissen haben und ausgebildet sind, hilft das einer ganzen Gemeinschaft.“

Sie stimmt ein Lied darüber an, wie wichtig Frauen sind für Frieden, für die Familie, für die ganze Welt. Die Frauen kennen das Lied sehr gut und singen es voller Freude mit. Es ist eine Freude, die man bei den Frauen in diesem Land nur selten sieht.

Mama Elisa beendet das Treffen mit einem Gebet. Die Frauengruppe besteht aus Christinnen und Muslimas. Doch als Rückkehrerinnen teilen sie ein Schicksal. Alle beugen sie ihren Kopf, strecken ihre Hände nach oben und beten zusammen.

Das Engagement von Mama Elisa zahlt sich aus: „Es hat sich viel geändert unter den Rückkehrern“, sagt sie. „Wenn die Frauen in Gesundheitsfragen geschult sind, dann geben sie dieses Wissen direkt an ihre Familien weiter.“

medair.org | November 2013 | Medair 7

k R A F T D E R V E R Ä n D E R u n G

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Den Weg gemeinsam gehen

Als mein Boot das Dorf erreicht hatte, sah ich Müllhaufen, die das Wasser zunehmend verschmutzten. Im Fluss trieben Fäkalien, tote Tiere und jede Menge Schutt. Das war ein Schock für mich und eine ziemliche Herausforderung. Ich fasste Mut, stieg aus dem Boot und watete durch das verdreckte Wasser.

An meiner ersten Aufk lärungsveranstaltung nahmen sehr viele Bewohner teil. Junge und alte Menschen, Lehrer und Hausfrauen; alle waren sie sehr höfl ich und hörten gut zu, auch wenn sie mir nicht immer zustimmten oder untereinander Meinungsverschiedenheiten hatten. Die Art, wie ernsthaft sie meine Fragen beantworteten, gab mir Hoff nung. Ich fühlte mich lebendig und stolz, Beauftragter für Verhaltensänderung zu sein.

Bereits einen Tag später begannen vier Haushalte mit dem Bau von traditionellen Latrinen, um ihre Notdurft nicht mehr im Fluss zu verrichten. Sie begannen, das Flussufer zu säubern und den Abfall zu verbrennen. Als ich im darauff olgenden Monat das Dorf wieder besuchte, zeigte ich einen Film über das Händewaschen und die Verminderung von Wirbelsturmschäden. Mehr als 400 Menschen kamen und hörten zu.

MADAGASKAR: Am Fusse eines Berges, umgeben von Reisfeldern, Obstbäumen und Wasserhyazin-then liegt Tanambao Ampagno, ein ruhiges 2300-Seelen-Dorf. Doch die überwältigende Schönheit der Landschaft wird überschattet von einer dunklen Tatsache: Jedes Jahr sterben hier Kinder und Erwach-sene an Durchfallerkrankungen. Alberto Mahafeno, Medair-Beauftragter für Verhaltensänderung, reiste nach Tanambao Ampagno. Er will der Bevölkerung auf ihrem Weg in eine bessere Zukunft Mut machen.

Josia Ravoarisolo, Medair-Beauftragte für Verhaltensänderung, zeigt Bewohnern von Mahela, auf welchem Weg ihr Wasser verschmutzt wird.

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Nach sechs Wochen Aufk lärungsarbeit waren von der Gemeinschaft selbst Hunderte von Latrinen gebaut worden. Das Flussufer war deutlich sauberer. Das Dorf hatte sogar eine Geldstrafe für jene eingeführt, die ihre Notdurft trotzdem im Fluss verrichteten. ‘Die Aufk lärungsveranstaltungen haben zu beträchtlichen Veränderungen in den Gemeinschaften geführt’, berichtete mir der Dorfvorsteher Jacques Bemea. ‘Vielen Dank für eure Besuche, denn sie haben geholfen, unsere Gewohnheiten zu ändern.‘

Ich bin jetzt zuversichtlich, dass diese abgelegene Region im Stande sein wird, die richtigen Entscheidungen zum Wohl der Bevölkerung zu treff en. Es ist wichtig, dass wir den Weg des Wandels gemeinsam mit der örtlichen Bevölkerung beschreiten. Sie brauchen Begleitung, denn tief sitzende Gewohnheiten zu ändern, ist niemals leicht. Doch zuerst müssen die Menschen erkennen, dass dies nötig ist. Mit der Zeit wachsen die Beziehungen und Vertrauen wird aufgebaut. Meine Arbeit hier ist zwar ziemlich simpel, aber sie kann positive Veränderungen in den Gemeinschaften bewirken und die Lebensqualität der Menschen enorm verbessern.

k R A F T D E R V E R Ä n D E R u n G

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Nachhaltige Verhaltensänderung weltweit

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D.R. kongo: Gesundheits- und Hygieneförderer bilden örtliche Mitarbeiter aus, die in zwei lokalen Sprachen die Botschaften zur Verhaltensänderung weitergeben.

Jordanien: Ausschliessliche Stillenpraktiken sind auf dem Vormarsch und Care Groups erreichen auch Flüchtlingsfamilien.

Liselotte Eberhard von Medair herzt Baby Soraiya während einer Aufklärungsveranstaltung über Unterernährung. Kinder aus Duru hören und sehen sich die Hygienebotschaften an.

Afghanistan: Hunderte von Frauen haben eigene Gemüsegärten und verbessern die gesunde Ernährung ihrer Familien und Hygienepraktiken.

Haiti: In entlegenen Dörfern haben die Bewohner selbst mehr als 700 Latrinen gebaut, um die tödliche Gefahr von Cholera und anderen Krankheiten einzudämmen.

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Ein kleines Mädchen aus Afghanistan schält Gemüse. Diese Haitianer erhielten jeweils ein Zertifikat der Anerkennung für den Bau ihrer eigenen Latrine.

medair.org | November 2013 | Medair 9

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Page 10: Medair News december 2013

Aisha und ihre kleine Schwester überlebten die Kämpfe in Syrien.

Nun müssen sie den kalten Winter überstehen.

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Geben Sie Flüchtlingen Schutz und Wärme

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Page 11: Medair News december 2013

Mehr als zwei Millionen Syrer sind vor dem blutigen Konflikt in ihrer Heimat auf der Flucht. Die meisten sind Kinder – und über 750 000 Flüchtlinge sind jünger als 11 Jahre!

Sie haben so viel Gewalt erlebt. Familienmitglieder und Freunde wurden getötet. Sie haben alles aufgegeben, um eine sichere Zuflucht zu finden. Nun müssen sie den Winter überstehen.

Die Familien leben im Bekaa-Tal im Libanon. Der Winter dort ist extrem hart mit heftigem Regen, Schnee und eisigen Temperaturen. Nur wenige Flüchtlinge haben etwas, um sich und ihre Kinder vor der Kälte zu schützen – alles, was sie haben, sind notdürftige und undichte Zelte.

Nur eines hält Aisha und ihre Schwester in diesem Winter warm:

IHRE HILFE

CHF 35 / 28 EUR können ein Kind mit einer

warmen Decke und Matratze versorgen.

CHF 230 / 187 EURermöglichen es einer Familie, ihre Unterkunft mit robuster

Kompaktfolie zu isolieren. So sind sie gegen die Kälte geschützt.

CHF 105 / 85 EUR versorgen eine Familie mit einem Ofen. Damit können sie ihre Unterkunft heizen.

medair.org | November 2013 | Medair 11

    Das ist die schlimmste humanitäre Krise seit dem Ende des kalten Krieges.- António Guterres, UNO-Hochkommissar für Flüchtlinge

Geben Sie Flüchtlingen Schutz und Wärme

Page 12: Medair News december 2013

Ein Dankeschön aus Haiti

„An dem tag, als ich erfuhr, dass ich für den Wiederaufb au meines hauses hilfe bekommen würde, war ich sehr glücklich“, sagt Anette edimé, mutter von vier Kindern. „Bei uns ist gerade wieder hurrikansaison. Ich war besorgt, was wohl geschehen würde. Dieses haus erleichtert unser Leben. Ich danke euch, dass ihr an uns gedacht habt.“

Helfen Sie mit unter medair.org

Eine nachhaltige Verhaltensänderung ist essenziell: Wenn wir eine Klinik betreiben,

aber die Menschen kommen nicht zur Behandlung: Was haben wir erreicht? Was

bringt es, wenn wir eine Latrine bauen, doch die Menschen verrichten weiter die

Notdurft im Freien? Was verändern wir, wenn wir sauberes Wasser zur Verfügung

stellen, aber die Menschen füllen es weiter in schmutzige Kanister? Genau deshalb ist

eine Verhaltensänderung so wichtig. Die Menschen sollen ermutigt und befähigt werden,

selbst auf ihre Gesundheit zu achten — damit sie ein menschenwürdiges Leben voller

Hoff nung führen können.

— Lee Van Iderstine, Manager Gesundheit und Hygieneförderung von Medair im Südsudan©

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Spenden aus der Schweiz: Spendenkonto PK 10-648-6

Medair Schweiz – Schoff elgasse 7 – 8001 Zürich – Telefon 043 268 22 00 – [email protected]

Spenden aus Deutschland: Spendenkonto 880 9400 – BLZ 700 205 00 Bank für Sozialwirtschaft

Medair e.V. – Telefon +49 (0) 231-15050566 – [email protected]