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Melancholie - kraftfelder.madmindworx.com€¦ · Erosion der Gesellscha schwitzt aus allen Ritzen. Fragen stellen sich nicht mehr im Hier und Jetzt. Meine Nackenhaare signalisieren

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Melancholie

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An ausgefransten Leichtwolken herab zärtelt zerfaserndes Sonnen-licht über Mu� er Erde´s wunde Haut. Kühl atmet die Nacht heran, der Stadtpuls gerät ins Rasen, Rastern, Rasten. Lichter verlöschen und Geister, mancheiner verliert den Boden unter den Füßen, strudelt herum im Gemäuer stumpf gierender Fragen um Haben und Sein.Ein Mann liegt am Gestein, versi� e Kleidung, speckiger Kragen, fi lziger Bart, glasiger Blick ins Nichts. Ich rede ihn an, verliere meinen Standpunkt, höre ihn murmeln von Wanderheiligen, Unberührbaren, Kleingeld für einen Schuß Schnaps.Ich ziehe ihn hoch, greife ihn unter, kehre ein mit ihm in eine dieser Spelunken, welche selbst Schaben meiden. Wir trinken Schnaps, brennen muß der Rachen, zu betäuben Narbengut und Einsamkeit. Intellekt wie Rinnstein schmutzig, verborgen unter tiefem Fall und schwerer Sucht. Und doch so off en hier, so ignorant gegen jede störrische Regel, jede Mauer, jede Stufe gesellscha� lichen Schockfrosts.Ich spüre die Glut der Melancholie in meinem Herzen, verabschiede mich mit Geld für weitere Drinks, schweife aus. Der Bordstein schwankt, der Notarzt prescht durchs Viertel, irgend-wo gab´s Blut, Überdosis, Herzstillstand. Wer weiß das schon.Die Stadt atmet ruhiger. Manchmal noch ein ferne ra� ernder Zug, eine ins Kurvenbe� fräsende Straßenbahn, balkanisch singendes Benzgestühl. Teenies, völlig dicht, sich ans Leben heranproduzierend. Ein Paar auf harter Holzbank, ihren Körpern Nähe gebend. Ich lasse mich nieder in einer der letzten Brachen, jene gräsernen Niemandslande, überzogen von Müll, Gestrüpp, spielenden Kindern manchmal, Flaschenscherben. Hocke auf einer Tonne, begrinse die Tauben, die all diese Fortschri� sbauten zuscheißen. Wie eine Lüge schmutzig, nur sichtbar.

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Ein letzter dürrer Weihnachtsbaum, aus dem Leben geschni� en, aus dem Wagen geworfen, endend hier im kopulierenden, implodierenden Baumboom.Die Stadt hat sich verändert, Wohlstandsinvestitionen haben sie aufgeschni� en, veredelt, standardisiert. Der Dunst der Unterschicht quillt in Nischen sich aus, auf Hinterhöfen, im Zwielicht der Dunkelheit. Oben und vorn ist alles sauber, selbst ich bin teils geblendet, zücke meine Kamera, bestaune diese Show. Mit dem Gedeihen des Fortschri� s wuchert der Missbrauch der Rezeptoren, das Vermeidungsverhalten. Verbindungselement der Schichten, Rassen, Generationen. Vom billigsten Wein zum teuersten Schnee.Wir sind Bürger, entmündigt zwar, dennoch stolz, voller Bestätigung und wachsender Ahnung, was es bedeutet, Teil zu sein, Privileg zu genießen. Wir lechzen nach Glanz, woher er auch kommen mag. Mitunter reicht blödes Flimmern, Abklatsch, schöner Schein.Ich schalte ab, weiß nichts mehr, verstop� vom Irregulären. Ra� en rascheln durchs Unkraut, eine Krähe spreizt ihre Flügel. Indianische Seele? Nein, zu gierig das Krächzen. Müde bin ich, meinem Be� entgegen verschwindet der Asphalt unter meinen Sohlen. Magnolien im Mondschein, der Sproß von Löwenzahn aus Kellerritzen. Aufgeschrecktes Kleingefl ügel spult fl irrenden Schimpf auf meine Zirbeldrüse hinab. Traurig alte Häuser säuseln mir Legenden ins Gemüt. Meiner Seele entfährt tränenfeucht ein Schmunzeln, so selten und schön.

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Drecksjob

Die Chefi n hat schon wieder eine Zigare� e zwischen den nervösen Mundwinkeln. Das 5. Glas Wein steht halbleer daneben. Sie ist dürr, gibt sich keine Mühe, ihre schwere Nikotinsucht zu kaschieren. Warum auch. Sucht will ausgelebt werden, wie sonst defi niert sich Glück, wenn nicht über die vielen kleinen gi� igen Kicks tagtäglich.Ihre rauhe tiefe Stimme managt die Abläufe, gibt Kommando´s kund, dirigiert Gäste an freiwerdende Tische. Richtig besoff en wird sie gar nicht mehr. Wahrscheinlich das Training. Ich stehe hier und rotiere mir den Arsch ab. Touristendurchlauf. Versoff ene Briten, bessere Deutsche, neureiche Russen, aufgetakelte Halbpromi´s, australische Rucksacktouri´s, singende Holländer. Die Masse wogt, raucht, labert, zählt Scheine, frisst und säu� besinnungslos. Gekotzt wird nicht, Prasssucht bleibt rentabel. Der Küchenchef, von Beruf Sohn, reinbezahlt in die Position, menschlich keine Leuchte. Wichtig wie nur was. Stets unter Strom; Besitz macht aggressiv. Geht dem Hilfskoch schon mal an die Gurgel, wenn´s nicht läu� . Ich fl iege zwischen Dosen, Pfannen, scharfem Gerät durch die engste Küche, ritze, schürfe und reiße mich, spüre meine Haut in fe� sa� en Pickeln blühen, spüre den Keim unter meinen Fingernägeln. Hitze, Lärm, Gestank. Endlose Schichten halbleeren Geschirr´s, der nächste Stapel Teller, halbvoll, fl iegt durch die Luke. Wieder lallendes Gelächter da draußen hinter den Wampen der Gäste. Kommt schon mal vor, dass einer wegsackt im Wohlstand hier. Sich übernimmt am Feinfraß, vom Roten Kreuz versorgt wird, welches anderswo auf diesem Planeten meist nichts mehr tun kann.

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Die Kellner räumen die Müllhalde da draußen, fi nden Scheine unter dem Tisch, achtlos fallengelassen. Verjubeln ihr Trinkgeld, mit Koks und Gevögel, Vinyl, Technik, Klamo� en.

Ich bin durchschwitzt, stinke, laufe in die Nacht, dick eingepackt. Sehe einer von aristokratischen Lackaff en gestützten edlen Dame zu, wie sie wegsackt ob des vielen Schampus´, und auf Marmor knallt. Merkt sie sicher nicht mehr. Ich laufe weiter, raus aus diesem strahlenden Überfl uß in die verschneite Stille. Finde zurück zum Punkt, fahre runter, werde müde, gehe in meine Pension, um zu schlafen. Nebenan, hinter dünner Wand, fi cken Briten, Sextalk inklusive. Ich träume wirr, zerwühlt, unruhig, Kra� tanken ist was anderes. Werde geweckt irgendwann zwischen Nacht und Morgen, als die in den Schlaf gevögelten Nachbarn von ihren besoff enen Landsleuten wachgeklop� werden. Sich laut labernd auf dem Balkon verteilen, der sich über die Fassade zieht, vorbei auch an meinem Fenster. Joints bauen sie, Flaschen fl iegen, ihre Körperakustik tobt; Lachen, Jubeln, Lallen, Furzen, Kotzen. Vollfe� und noch immer nicht sa� .Wut steigt auf in mir; Bilder meiner Fantasie, wie ich all diesen Figuren den verbalen Mi� elfi nger in die Fresse bohre und meinige poliert bekomme. Also laß ich´s, versuche, noch zu dösen, nicht zu denken an den nächsten Tag Irrsinn.

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Leicht entfl ammbar

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Mit vollen Händen beginne ich den Tag. Hinter all den Zweifeln, Ängsten und Blockaden blüht schweigsam die Wärme eines blassen Funkens. Ich will ihn nicht sehen, nur schüchtern spüren, nicht mehr. Lieber doch die Hände öff nen, sie liebkosen mit das Land überscheinenden Sonnenstrahlen. Sie in meine Taschen stecken wie ein alter Knabe und loslaufen, in den erwachenden Morgen hinein, voller Vorfreude.Irgendwo das Schimmern leiser Glückstränen, noch im Schlummer. Ich laufe weiter, fi nde den Weg durch stillen Spätwinterwald, noch ohne Gefühl für Substanz, noch halb blind, taub, sinnenlos. Sonntagmorgen, kein Verkehrsrauschen im Talkessel, nur Glockengeläut. Ich atme ein, Last fällt von mir, Zeit verlangsamt sich. Ich erreiche den Waldrand, vor mir off enes Land, Acker-krume, Freiheit. Es ist kühl, keine Defi nition von Winter oder Frühling, alles liegt brach, bar jeder Erklärung. Ich spüre den Kern, berühre ihn nicht. Spüre die Richtigkeit der Dinge, ohne Fragen, ohne Antwort. Spüre die Wahrheit hinter der Schönheit, so sehr ich ihrer fürchte, so wenig ich sie noch in mich hereinlasse.Ein Kirchturm ragt aus dem Horizont endlosen Ackerbogens, während meine Sohlen den Lehm knetend vorwärtsdrängen. Entferntes Kinderspiel, vertonter Frieden. Wieder tauche ich ein in Wald, laufe ein Stück, werde erfasst vom jäh herannahenden Moment, werde erfasst von Stillstand, Endgültigkeit, ergiebiger Materie, in ihren Schoß eintauchend. Gänsehaut, vergraben all die Wochen, kehrt zurück und rieselt über meine Seele. Magie. Bi� ersüße Traurigkeit ob der Schönheit, bi� ersüße Schönheit ob der Unerklärlichkeit. Ich halte inne. Endlich, wie lang träum ich schon davon, stehe ich auf einem grünen Feld und atme. Nur noch das.

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Ein Lächeln aus Zeilen elektronischer Briefe drängt sich zurück ins Zentrum meiner Wahrnehmung, lässt mich geplanten Weg erweitern, querfeldein, im Herzen voller Sauerstoff . Rehe. Weit vorn einen sa� en Hang hinab fl iehen sie, wohl vorm Lärm eines Kleintraktoren, unterwegs zum Waldrand. Hundegekläff , jeder Hügelzug weitab schwimmend im fl achen Winterlicht blassblauen Himmels. Irgendwo ein Weg, leicht bergauf, ich grüße, lächle, werde getrieben von Erinnerungen. Nackte Zweisamkeit unterm Kirchhain, frisch erblühte Sinne, wie lang mag das her sein? Wie lang ist das her, dass ich noch Mut ha� e, völliger Hingabe zu folgen? Strand taucht in mir auf, die Sonne taucht ab, keine Zeit mehr, die kommt oder verlorengeht. Inmi� en von Leben, alleinig Teil des Ganzen, lose dem Raum-Zeit-Gefüge verha� et. Ich fahre Moped, einen dieser Sand-, Staub-, Pla� enwege im Damals, ohne Bauwut, Ranking, Sparvertrag. Wie so vieles in dieser Kindheit, die in mir weiterlebt und sich verändert.

Ich schaue ins Hier, in den Himmel, immer schon schwammen auf meinen Augen kleine, klarsichtige Miniaturen, immer schon bestand mein Blick aus leichtem Flimmern. Gla� polierte Oberfl äche? Nicht möglich, zu kalt wahrscheinlich, zu ungemütlich.Wieder erreiche ich Wald, biege ein in verankerte Erinnerungen, begreife, was Spirit bedeutet, was uns daran hindert, zu entwachsen, erwachsen zu werden. Erinnerungen in fester Einheit mit nur diesem Ort, nur diesem Tagesabschni� , nur diesem Gedanken, nur diesem Austausch. Unverlagerbar. Unauslösbar aus uns´rem Kern.

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Moloch

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Tiefer, unbewusster, kaum scannbarer Schmerz sitzt mir im Nacken. Warm liegt ihre Hand um mein Herz. Leise haucht sie über meine Schuldgefühle hinweg, lässt mich knospen. Es fühlt sich gut an. Ähnlich gut wie die Entschlossenheit, zu springen. Was ist gut, was schlecht? Ich weiß es nicht. Nichts weiß ich mehr, dermaßen angereichert stehe ich hier auf diesem Bahnsteig. Bi� ersüß fühl ich mich, könnte ich weinen, wäre es Gold. Immerfort schleichen sich meine Gedanken zu ihr, mich alleinlassend, meinen Sproß Angst umhegend. Ich fi nde einen Penny, lächle ihm entgegen, spüre Freudentränen, honigsüßes Ziehen hinter meinen Lidern. Wer ist sie? Wer steuert mein Seelenwerk?

Ich fühl mich zerrissen, angstgeri� en, aufgelöst und eingeengt. Überquere diese stählerne Brücke, gebe mir einen feigen großen Schluck aus dem Taschenwärmer, unsortiert, neurotisch wie ich mich mir an besessensten Tagen ausgesetzt sehe. Klingle. Die Party kann losgehen. Immer mehr Menschen kommen, lassen sich nieder, Bier zischt, Wein strömt, der Wor� eppich um mich herum schwillt an.Zwei Sicherheitsbier später versickert meine Angst in der Manege Anwesender, umschwirrt fremde Gebeine; auch ich kann reden, lächeln, spüren und geben. Während hinter meiner Fassade Hölle tobt. Tief drunten spucke ich, schreie, raste aus, schlage um mich, schmeiße Glas über all die amüsierten Schädel hinweg, will Blutfl uß sehen. Paranoide Panik, ich könnte tatsächlich, würde tatsächlich, wollte tatsächlich. Mitunter nur schmalen Grat davon entfernt. Aber: ich funktioniere. Höre ihnen zu, scherze, teile meinen Erfahrungsschatz mit endlos plappernden Apothekerinnen,

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Lebenskünstlern, Trinkern, Dauerstudenten, Fragenden, Ungefragten.Die Nacht fl ießt, bald ist es Morgen, ich neige mich mehr und mehr der Horizontalen entgegen. Werde jäh wieder aus dem Schlaf gerissen von Dir, nicht verstehend und dennoch wissend, warum Du zu mir ins Be� steigst. Der Schmerz, die Einsamkeit, endloser Tränendruck, endlose Angst vor Nacht und Abgrund. Ich bin zu betrunken, um verlegen zu werden, spüre hinter all diesen Mechanismen meinen Trieb, verachte diesen Bruder, schließe meine Augen.

Musik massiert meine Emotionen, taktet meine Impulslandscha� . Wie ich blühe, vermag ich zu welken, zu Humus zerfallen, neues Leben zu Glut zu entfachen.Morgenbier heizt mir ein, ich laufe durchs Viertel, schräg gegenüber vom Vaterlandsverein feilschen Türken um einen orientalisch vertonten Mercedes herum. Groß sind sie, gern entfernt sich der Mensch seiner Wurzeln.Im Irgendwo zertretene Scheiben verkünden Grenzkontakt expressiver Randfi guren, Ausstiegswille aus diesem unachtsamen Wesen Kapitalismus, in welchem wir kauern, grunzen, suchen.Moloch, durch den ich mit Dir wate. Diese endlose Stadt, dieser endlose Beton, diese endlosen Brachen, Häuserfl uten, Stahl- und Glasfronten. Verloren große Bahnhöfe, Endkapitalismuskathedralen, lähmenden Schrecken in mir erzeugend. Konsum; immer mehr überschwemmt die immer rapider verarmende Menschheit mit Maßlosigkeit. Kein Wofür mehr erkennbar hinter all den kasseklingelnden Fassaden, Ke� en, Wachstumsbranchen. Die Vielzahl irrealer Rauschmi� el multipliziert sich, nicht mehr nur gesoff en wird, nicht mehr nur ins Ab-16-Kino eingetaucht, nicht mehr nur geprügelt, nein. Die neue Droge blüht überall aus den Ritzen verlorener Viertel, überall wird gezockt, gewe� et, der letzte Frack verbrannt. Erosion der Gesellscha� schwitzt aus allen Ritzen.

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Fragen stellen sich nicht mehr im Hier und Jetzt. Meine Nackenhaare signalisieren meine Abwehr, Aufl ehnung ist zu spüren, Mutationen, Selektionen, ein jeder verteidigt sein Revier, glaubt, er sei bestimmt für die Erkenntnis. Durchgefallene geifern durch vorbeihastende Passagiere hindurch, speien den letzten zusammengeschnorrten Schlucken Bier aus, um ihre Verachtung auszudrücken. Soviel Würde im selbst letzten Griff noch, während Sich-Edelwähnende vorüberschreiten, große Visionen unterm Haupthaar verstaut.

Du sitzt mir gegenüber, hier im abgescho� eten Reisetempel, bist nicht bei Dir, nicht bei mir, spürst harten Griff an Deinem trocknen Herzen, in Dir tiefschwarze Einsamkeit untrockenbarer Tränen tragend. Angst in jeder Deiner Zellen, Nägel in Deinem Nervenzentrum. Was kann ich tun? Für Dich dasein, Dir Erdung geben, die sich alsbald wieder verliert im Tag- und Nachtspiel? Wir trinken Bier, der Kellner verdient Verachtung, Opfer seiner Gier.Ich zahle, lasse uns austrinken, höre Dich das Psychogramm einer jener funktionierenden Familien bebildern. Erfahre den Dung von Kälte und Egoismus. Sehe meinen Zug einfahren, nehm Dich in meine Arme, fi nde einen Platz, weiß weder wer ich bin, noch wo.Endlich verlasse ich die Stadt, nehme den Fluß der Landscha� in mich auf. Wa� ewolken, wieder, schließen mich ins Herz, bethront von Sonne, unter sich auf weitem Acker äsendes Wild, Windräder, in milchigem Licht schwimmende Stadtsilhoue� en, Kirchtürme, die aus dem Horizont hervorsprengen.Ich spüre seine Hand, seine Bi� e um Versöhnung, Demut, Achtsamkeit. Sein Gemahnen, mich meiner Verantwortung rückzuführen.