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Atzt man Silizium in einer FluRsaurelosung, so bildet sich eine schwammartige Schicht mit mikroskopisch feinen Poren, deren Durchmesser 10 bis 10 000 betragen. Bis Ende der 80er Jahre bildete eine der wich- tigsten Anwendungen des poro- sen Siliziums die Isolation von Halbleiterbauelementen auf inte- grierten Schaltungen. Erst die Beobachtung der Photo- und Elektrolumineszenz weckte das wissenschaftliche Interesse (Physik in unserer Zeit 26, 16 (1/1995)). Beleuchtet man poro- ses Silzium mit UV-Licht, leuch- tet es rot. Der Arbeitsgruppe um Michael Berger vom Institut fur Schicht- und Ionentechnik am Forschungs- zentrum Julich gelang es jetzt, hochwertige Filter und Spiegel aus porosem Silizium herzustel- len, indem sie Lagen mit unter- schiedlicher Dichte ubereinan- derschichtete. Das porose,,SiIiziumproduzierte er in einer Atzzelle aus Teflon, das mit einem Platinnetz als Ka- thode und einem Silizium-Wafer als Anode versehen war. Wahrend des Atzvorganges wachst allmahlich eine porose Schicht von der Oberseite des Wafers nach innen, deren Dicke durch die Dauer des Stromflusses und deren Porositat durch die Stromdichte bestimmt wird. Der genaue Entstehungsprozefi ist noch unklar. Es ist nun moglich, nahezu belie- bige Schichtfolgen mit Lagen jeweils unterschiedlicher Poro- sitat zu erzeugen, indem man entweder wahrend des Atzvor- gangs die Stromdichte variiert oder Silizium-Wafer mit wech- selnden Dotierungsschichten verwendet. Auf diese Weise kon- nen Schichtdicken zwischen zehn und einigen hundert Nanometern erzeugt werden. Interessanterweise unterscheiden sich die verschiedenen Schichten in ihren Brechungsindizes und im Reflexionsvermogen: Eine groi3e Porositat bedeutet einen niedrigen Brechungsindex. Das ermoglicht es, beispielsweise einen Bragg-Reflektor herzustel- len, indem man eine Schichtfolge mit abwechselnd hohem und niedrigem Brechungsindex er- Neue Anwendungsmoglichkeiten fiir poroses Silizium Mit Schwammstrukturen Regen- bogenfarben erzeugen Vor einigen Jahren sorgte die Entdeckung, dat3 poroses Silizium Photo- und Elektrolumineszenz zeigt, fur einiges Aufsehen (Physik in unserer Zeit 24,63 (2/1993) und 24,210 (5/1993)). Wissenschaftler am Forschungszentrum Julich haben jetzt ein Verfahren entwickelt, mit dem sich aus diesem Material auf einfache und schnelle Weise Filter und Spiegel mit vielfaltigen Anwendungsmoglichkeiten auf- bauen lassen [l]. Aufbau von Bragg-Reflektoren (links) und Fabry-Pirot-Filtern. Hochporose Schichten (H) besitzen einen niedrigen Brechungsin- dex, niederporose Schichten (L) einen hohen Brechungsindex. Die optische Dicke der Einzelschichten (&(A)) entspricht jeweils h/4 der Designwellenlange (nach [I]). Verbundvorhaben fur Nanometer-Technologie Das Bundesforschungsministeri- um stellt im Rahmen des Fach- programms ,,Neue Materialien fur Schlusseltechnologien des 21. Jahrhunderts" 7,3 Mio. DM fur ein neues Verbundvorhaben zur Verfugung. Hierin sollen Materialien und Methoden ge- funden werden, um Oberflachen im Nanometerbereich zu mani- pulieren. Das Werkzeug der Wahl, mit dem man arbeiten will, ist das Raster- tunnelmikroskop. Ziel ist es, Speichermedien mit hoherer Speicherdichte zu entwickeln als heute moglich ist. Beteiligt sind an dem Projekt Wissenschaftler der Universitaten Hamburg, Miinster, Dresden und Saar- briicken sowie von der Siemens AG. BMBF Forschungsinfo 14/96 Kooperation in der Mikrostrukturtechnik Das Forschungszentrum Karls- ruhe, das Fraunhofer-Institut fur Siliziumtechnologie und die BESSY GmbH, Berlin, haben eine Zusammenarbeit bei der Herstellung von Mikrostruktur- komponenten mit Hilfe des LIGA-Prozesses vereinbart Phpk in unserer Zeit 26,257 (6/1995)). Eine gemeinsame Ar- beitsgruppe nutzt dazu die Be- strahlungsstationen des Forschungszentrums an der Synchrotronstrahlenquelle BES- SY I und das angegliederte mi- krotechnsiche Labor des Fraun- hofer-Instituts. Mit diesem Ver- trag will man die Moglichkeiten verbessern, die Rontgentiefen- lithographie und anschliefiende Prozesse des LIGA-Verfahrens als Service-Leistung fur die Indu- strie anbieten zu konnen. FZK-Presseinfo 21/96 233 zeugt. Die optische Schichtdicke der einzelnen Lagen (das Produkt aus geometrischer Dicke d und optischer Dichte n (A)) miRt hierbei jeweils ein Viertel der zu reflektierenden Wellenlange. Das Reflexionsvermogen von mit dieser Methode hergestellten Spiegeln betragt im infraroten Spektralbereich unterhalb der Bandlucke von kristallinem Sili- zium fast 100 %. Bei sichtbarem Licht nimmt mit abnehmender Wellenlange jedoch die Absorp- tion im Material stark zu. Aus diesem Grunde wird man einen derart guten Wirkungsgrad fur griines bis violettes Licht sicher nicht erreichen. AuRerdem ist es moglich,,durch kontinuierliche zeitliche Ande- rung der Stromdichte wahrend des Atzens, Schichten mit einem sich kontinuierlich andernden Brechungsindex zu erzeugen. Dieses Verfahren ermoglicht unter anderem die Herstellung von Antireflexschichten und sogenannten Rugate-Filtern. Sie eignen sich fur spezielle Anwen- dungen, bei denen beispielsweise Reflexionsspiegel fur zwei oder mehrere Wellenlangen benotigt werden. Sie lassen sich in einem Arbeitsgang mit Hilfe einer einzi- gen, komplexen Schichtstruktur herstellen. Mit der neuen Methode wird es moglich, spezielle Filter und Reflektoren fur eine Vielzahl unterschiedlicher Anwendungen auf einfache Art zu produzieren. Vorteilhaft ist dabei, dai3 sie sich schnell herstellen lassen: Die Atzdauer betragt in den meisten Fallen weniger als fiinf Minuten. Allerdings altern die Produkte relativ schnell: Aufgrund der grogen Oberflache des porosen Siliziums oxidieren die Proben an Luft, wobei sich ihre optischen Eigenschaften im Zeitraum von einigen Wochen verandern. Durch gezielte thermische Oxi- dation direkt nach der Herstel- lung laRt sich dieses Problem jedoch losen. Andreas Loos, Erlangen [l] M. Berger, Poroses Silizium fur die Mikrooptik, Dissertation an der TH Aachen 1996 M. Berger et al., Thin Solid Films 255, 313 (1995) S. Frohnhoff, et al., Thin Solid Films 255, 59 (1995). Physik in unserer Zeit / 27. jahrg. 1996 / Nr. 5

Mit Schwammstrukturen Regenbogenfarben erzeugen

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Page 1: Mit Schwammstrukturen Regenbogenfarben erzeugen

Atzt man Silizium in einer FluRsaurelosung, so bildet sich eine schwammartige Schicht mit mikroskopisch feinen Poren, deren Durchmesser 10 bis 10 000 betragen. Bis Ende der 80er Jahre bildete eine der wich- tigsten Anwendungen des poro- sen Siliziums die Isolation von Halbleiterbauelementen auf inte- grierten Schaltungen. Erst die Beobachtung der Photo- und Elektrolumineszenz weckte das wissenschaftliche Interesse (Physik in unserer Zeit 26, 16 (1/1995)). Beleuchtet man poro- ses Silzium mit UV-Licht, leuch- tet es rot.

Der Arbeitsgruppe um Michael Berger vom Institut fur Schicht- und Ionentechnik am Forschungs- zentrum Julich gelang es jetzt, hochwertige Filter und Spiegel aus porosem Silizium herzustel- len, indem sie Lagen mit unter- schiedlicher Dichte ubereinan- derschichtete.

Das porose,,SiIizium produzierte er in einer Atzzelle aus Teflon, das mit einem Platinnetz als Ka- thode und einem Silizium-Wafer als Anode versehen war.

Wahrend des Atzvorganges wachst allmahlich eine porose Schicht von der Oberseite des Wafers nach innen, deren Dicke durch die Dauer des Stromflusses und deren Porositat durch die Stromdichte bestimmt wird. Der genaue Entstehungsprozefi ist noch unklar.

Es ist nun moglich, nahezu belie- bige Schichtfolgen mit Lagen jeweils unterschiedlicher Poro- sitat zu erzeugen, indem man entweder wahrend des Atzvor- gangs die Stromdichte variiert oder Silizium-Wafer mit wech- selnden Dotierungsschichten verwendet. Auf diese Weise kon- nen Schichtdicken zwischen zehn und einigen hundert Nanometern erzeugt werden.

Interessanterweise unterscheiden sich die verschiedenen Schichten in ihren Brechungsindizes und im Reflexionsvermogen: Eine groi3e Porositat bedeutet einen niedrigen Brechungsindex. Das ermoglicht es, beispielsweise einen Bragg-Reflektor herzustel- len, indem man eine Schichtfolge mit abwechselnd hohem und niedrigem Brechungsindex er-

Neue Anwendungsmoglichkeiten fiir poroses Silizium

Mit Schwammstrukturen Regen- bogenfarben erzeugen Vor einigen Jahren sorgte die Entdeckung, dat3 poroses Silizium Photo- und Elektrolumineszenz zeigt, fur einiges Aufsehen (Physik in unserer Zeit 24,63 (2/1993) und 24,210 (5/1993)). Wissenschaftler am Forschungszentrum Julich haben jetzt ein Verfahren entwickelt, mit dem sich aus diesem Material auf einfache und schnelle Weise Filter und Spiegel mit vielfaltigen Anwendungsmoglichkeiten auf- bauen lassen [l].

Aufbau von Bragg-Reflektoren (links) und Fabry-Pirot-Filtern. Hochporose Schichten (H) besitzen einen niedrigen Brechungsin- dex, niederporose Schichten (L) einen hohen Brechungsindex. Die optische Dicke der Einzelschichten (&(A)) entspricht jeweils h/4 der Designwellenlange (nach [I]).

Verbundvorhaben fur Nanometer-Technologie Das Bundesforschungsministeri- um stellt im Rahmen des Fach- programms ,,Neue Materialien fur Schlusseltechnologien des 21. Jahrhunderts" 7,3 Mio. DM fur ein neues Verbundvorhaben zur Verfugung. Hierin sollen Materialien und Methoden ge- funden werden, um Oberflachen im Nanometerbereich zu mani- pulieren.

Das Werkzeug der Wahl, mit dem man arbeiten will, ist das Raster- tunnelmikroskop. Ziel ist es, Speichermedien mit hoherer Speicherdichte zu entwickeln als heute moglich ist. Beteiligt sind an dem Projekt Wissenschaftler der Universitaten Hamburg, Miinster, Dresden und Saar- briicken sowie von der Siemens AG.

BMBF Forschungsinfo 14/96

Kooperation in der Mikrostrukturtechnik Das Forschungszentrum Karls- ruhe, das Fraunhofer-Institut fur Siliziumtechnologie und die BESSY GmbH, Berlin, haben eine Zusammenarbeit bei der Herstellung von Mikrostruktur- komponenten mit Hilfe des LIGA-Prozesses vereinbart P h p k in unserer Zeit 26,257 (6/1995)). Eine gemeinsame Ar- beitsgruppe nutzt dazu die Be- strahlungsstationen des Forschungszentrums an der Synchrotronstrahlenquelle BES- SY I und das angegliederte mi- krotechnsiche Labor des Fraun- hofer-Instituts. Mit diesem Ver- trag will man die Moglichkeiten verbessern, die Rontgentiefen- lithographie und anschliefiende Prozesse des LIGA-Verfahrens als Service-Leistung fur die Indu- strie anbieten zu konnen.

FZK-Presseinfo 21/96

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zeugt. Die optische Schichtdicke der einzelnen Lagen (das Produkt aus geometrischer Dicke d und optischer Dichte n (A)) miRt hierbei jeweils ein Viertel der zu reflektierenden Wellenlange.

Das Reflexionsvermogen von mit dieser Methode hergestellten Spiegeln betragt im infraroten Spektralbereich unterhalb der Bandlucke von kristallinem Sili- zium fast 100 %. Bei sichtbarem Licht nimmt mit abnehmender Wellenlange jedoch die Absorp- tion im Material stark zu. Aus diesem Grunde wird man einen derart guten Wirkungsgrad fur griines bis violettes Licht sicher nicht erreichen.

AuRerdem ist es moglich,,durch kontinuierliche zeitliche Ande- rung der Stromdichte wahrend des Atzens, Schichten mit einem sich kontinuierlich andernden Brechungsindex zu erzeugen. Dieses Verfahren ermoglicht unter anderem die Herstellung von Antireflexschichten und sogenannten Rugate-Filtern. Sie eignen sich fur spezielle Anwen- dungen, bei denen beispielsweise Reflexionsspiegel fur zwei oder mehrere Wellenlangen benotigt werden. Sie lassen sich in einem Arbeitsgang mit Hilfe einer einzi- gen, komplexen Schichtstruktur herstellen.

Mit der neuen Methode wird es moglich, spezielle Filter und Reflektoren fur eine Vielzahl unterschiedlicher Anwendungen auf einfache Art zu produzieren. Vorteilhaft ist dabei, dai3 sie sich schnell herstellen lassen: Die Atzdauer betragt in den meisten Fallen weniger als fiinf Minuten. Allerdings altern die Produkte relativ schnell: Aufgrund der grogen Oberflache des porosen Siliziums oxidieren die Proben an Luft, wobei sich ihre optischen Eigenschaften im Zeitraum von einigen Wochen verandern. Durch gezielte thermische Oxi- dation direkt nach der Herstel- lung laRt sich dieses Problem jedoch losen.

Andreas Loos, Erlangen

[l] M. Berger, Poroses Silizium fur die Mikrooptik, Dissertation an der TH Aachen 1996 M. Berger et al., Thin Solid Films 255, 313 (1995) S. Frohnhoff, et al., Thin Solid Films 255, 59 (1995).

Physik in unserer Zeit / 27. jahrg. 1996 / Nr. 5