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Mitarbeitergespräche Die Gestaltung von Betriebsvereinbarungen am Beispiel von vier Betrieben Arbeitnehmerkammer > Mitbestimmung und Technologieberatung Arbeitnehmerkammer Bremen

Mitarbeitergespräche - Arbeitnehmerkammer...Mitarbeitergespräche befassen oder damit konfrontiert sind, die Möglichkeit, sich eine, auf ihre betrieblichen Bedarfe zugeschnittene,

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MitarbeitergesprächeDie Gestaltung von Betriebsvereinbarungen am Beispiel von vier Betrieben

Arbeitnehmerkammer > Mitbestimmung und Technologieberatung

Eine Kammer für Arbeitnehmerinnenund Arbeitnehmer im Lande Bremen

ArbeitnehmerkammerBremen

ArbeitnehmerkammerBremen

Die Arbeitnehmerkammer Bremen vertritt als Körperschaft

des öffentlichen Rechts die Interessen der Beschäftigten.

Mitglieder der Arbeitnehmerkammer sind – so bestimmt es das

›Gesetz über die Arbeitnehmerkammer im Lande Bremen‹ –

alle im Bundesland Bremen abhängig Beschäftigten (mit Aus-

nahme der Beamten). Zurzeit sind dies rund 285.000 sozial-

versicherungspflichtig Beschäftigte und knapp 50.000 Mini-

jobber. Auch Arbeitslose, die zuletzt ihren Arbeitsplatz im Land

Bremen hatten, sind Mitglieder der Arbeitnehmerkammer.

Neben einer umfassenden Rechtsberatung bietet die

Arbeitnehmerkammer ihren Mitgliedern zahlreiche Informatio-

nen zu den Themen Wirtschaft, Arbeit, Bildung und Kultur.

Darüber hinaus berät sie Betriebs- und Personalräte sowie

die Politik und öffentliche Verwaltung im Land Bremen.

Die berufliche Weiterbildung übernimmt die Wirtschafts- und

Sozialakademie (wisoak).

Zusätzlichen Service und Vergünstigungen gibt es mit der

KammerCard, die jedes Mitglied auf Wunsch kostenlos erhält.

www.arbeitnehmerkammer.de

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unterstützt und begleitet betriebliche

Interessenvertretungen im Land Bremen.

Wir unterstützen und beraten…

persönlich (nach Termin)

telefonisch

bei der Erstellung von Betriebs-

bzw. Dienstvereinbarungen

bei betrieblichen Veränderungsprozessen

Die Schwerpunkte sind…

Arbeitsrecht und Mitbestimmung

Arbeits- und Gesundheitsschutz

Arbeitsgestaltung und -organisation

Informations- und Kommunikationstechnologie

Personalarbeit

Wirtschaftliche Mitbestimmung

Zusammenarbeit im Gremium

Mitbestimmung und Technologieberatung

Tel. 0421·36301-962 oder -965

[email protected]

Michaela Gröne, Anke Kozlowski

Referentinnen der Abteilung Mitbestimmung

und Technologieberatung

Arbeitnehmerkammer Bremen

GestaltungDesignbüro Möhlenkamp, Schuldt · Bremen

Illustration©iStock

Diese Broschüre ist auch als Download auf der Internetseite der Arbeitnehmerkammer Bremen verfügbar.www.arbeitnehmerkammer.de/downloadsStand Februar/2010

Die Abteilung Mitbestimmung und Technologieberatung der Arbeitnehmerkam-mer

Verfasserinnen >

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Arbeitnehmerkammer > Mitbestimmung und Technologieberatung

ArbeitnehmerkammerBremen

MitarbeitergesprächeDie Gestaltung von Betriebsvereinbarungen am Beispiel von vier Betrieben

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Die Arbeitnehmerkammer berät seit vielen Jahren Interessenvertretun-gen bei der Einführung von Mitarbeitergesprächen. Wir moderieren Verhandlungen über entsprechende Betriebs- und Dienstvereinbarungenoder stehen den Betriebs- und Personalräten oder Mitarbeiterver-tre-tungen zur Seite und begleiten den Prozess der Einführung derGespräche. Daher verfügen wir über einen gut gefüllten Ordner mit Vereinbarungen, an deren Zustandekommen wir in der ein oder anderen Form beteiligt waren. Einige dieser Vereinbarungen sind in dieser Broschüre – natürlich in anonymisierter Form – veröffentlichtund werden von uns kommentiert.

Was wir in dieser Broschüre bieten:Wir analysieren Betriebs- und Dienstvereinbarungen, bewerten

deren Stärken und Schwächen. Wir geben Interessenvertretungen, die sich mit dem Thema

Mitarbeitergespräche befassen oder damit konfrontiert sind, die Möglichkeit, sich eine, auf ihre betrieblichen Bedarfe zugeschnittene,Vereinbarung zu gestalten beziehungsweise einen Eindruck zu ge-winnen, worauf es beim Thema Mitarbeitergespräche zu achten gilt.

Natürlich könnten wir auch eine Mustervereinbarung zu Mitarbeiter-gesprächen veröffentlichen. Anfragen dazu gibt es immer wieder: ›Wir sind da gerade an der Einführung von Mitarbeitergesprächen dran. Haben sie mal eine Betriebsvereinbarung?‹ Wir antworten dann in der Regel: ›Ja, die haben wir und stellen sie Ihnen auch gern zur Verfügung. Sie werden jedoch merken, dass solche Vereinbarungennicht einfach zu übertragen sind. Sie müssen sie auf ihren Betriebübertragen.‹

Vorwort

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Vorwort 3

Mustervereinbarungen haben häufig etwas Starres. Mit den hier veröf-fentlichten und kommentierten Vereinbarungen wollen wir bereits ab-geschlossene, ›lebende‹ Vereinbarungen zur Verfügung stellen, die sichsehr viel besser dafür eignen, eigene Modelle und Varianten zu ent-wickeln. Außerdem wird an diesen Beispielen deutlich, dass verhandel-te Vereinbarungen, anders als das Muster, immer Kompromisse dar-stellen. Betriebs- oder Dienstvereinbarungen können ja nicht einseitigabgeschlossen werden. Sie sind in aller Regel ein Abgleich zwischenden Vorstellungen des Betriebsrates und den Vorstellungen derGeschäftsführung. In den seltensten Fällen kann eine Seite alle ihreVorstellungen durchsetzen. Mustervereinbarungen sind eine Ideallösung(wenn sie gut gemacht sind), die in der betrieblichen Realität in dieserForm (fast) nicht vorkommen.

Kurz gesagt: Es gibt nicht die eine Betriebs- oder Dienstverein-barung, die auf jeden Betrieb anwendbar ist. Dazu sind die Gründe fürdie Einführung von Mitarbeitergesprächen und auch die Ziele, die dabeiverfolgt werden, zu unterschiedlich, die Betriebsabläufe zu differentund die handelnden Personen jeweils andere.

Wir wünschen Ihnen eine interessante und anregungsreiche Lektüre.Sollten Sie selbst einmal mit der Einführung von Mitarbeitergesprächenkonfrontiert werden oder wollen sie gar die Initiative dazu ergreifen,stehen wir Ihnen gerne beratend, mit Workshops, Vorträgen und Moderationen zur Verfügung.

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Inhalt

Fall 1 Mitarbeitergespräche zur Vereinbarung von Zielen

Präambel§ 1 Geltungsbereich§ 2 Zielsetzung§ 3 Grundlagen§ 4 Schulungen§ 5 Durchführung § 6 Testphase§ 7 Gültigkeit

Fall 2 QualifizierungsgesprächePräambel§ 1 Personenkreis§ 2 Gegenstand der Vereinbarung§ 3 Mitarbeitergespräche§ 4 Innerbetriebliche Fortbildung§ 5 Finanzierung§ 6 Arbeitszeit§ 7 Geltungsdauer/Kündigungsfristen§ 8 Salvatorische Klausel

Fall 3 Bilanz- und Qualifizierungsgespräche

Präambel§ 1 Geltungsbereich§ 2 Grundsätze und Ziele§ 3 Zeitpunkt und Dauer§ 4 Durchführung§ 5 Inhalte des Gesprächs§ 6 Dokumentation§ 7 Konflikte/Beschwerden§ 8 Schlussbestimmungen

05

13

19

Inhalt4

27

37

Fall 4 Mitarbeitergespräche zur Vereinbarung von Zielen mit Boni

Präambel§ 1 Gegenstand und Geltungsbereich§ 2 Erfolgsprämien§ 3 Prämien für Zielvereinbarungen§ 4 Durchführung des Zielverein-barungsgesprächs§ 5 Grundvorgaben§ 6 Arbeitsrechtliche Konsequenzen§ 7 Clearingstelle§ 8 Schulung und Qualifizierung§ 9 Qualitätssicherung/Evaluierung§ 10 Datenschutz§ 11 Schlussbestimmungen, Laufzeit,Kündigung

Mitbestimmung der Betriebsräte bei der Einführung von Mitarbeiter-Vorgesetzten-Gesprächen

Regelungspunkte einer Vereinbarung

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Fall 1 Mitarbeitergespräche zur Vereinbarung von Zielen

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Die auf den nächsten Seiten dargestellte Betriebsvereinbarung wurde in einem

Dienstleistungsunternehmen mit unter 100 Beschäftigten eingeführt. Es gab

keinen offensichtlichen erkennbaren Anlass. Insgesamt haben sich die Verhand-

lungen über fast zwei Jahre hingezogen. Dann war das gesamte Paket fertig:

Betriebsvereinbarung, Formulare, Handlungshilfe und Schulungskonzept.

Zu Beginn der Verhandlung war zunächst eine von der Geschäftsführung

beauftragte Unternehmensberatung an den Verhandlungen beteiligt. Diese trat

schon nach kurzer Verhandlungszeit öffentlich nicht mehr in Erscheinung.

Eine offizielle Erklärung für diesen Rückzug gab es jedoch nicht.

Am Anfang des Prozesses musste der Arbeitgeberseite zunächst deutlich

gemacht werden, dass der Betriebsrat bei der Einführung von Mitarbeiterge-

sprächen die vollen Mitbestimmungsrechte besitzt. Nachdem dieses eindeutig

geklärt worden ist, stand im weiteren Verlauf der Verhandlungen einer vertrau-

ensvollen und konstruktiven Zusammenarbeit der Beteiligten nichts mehr im

Weg. Im ersten Schritt wurde die Zielsetzung der Gespräche herausgearbeitet

und gemeinsam festgelegt. Dann wurden die Themen behandelt, bei denen

zwischen den Verhandlungspartnern Einigkeit bestand. Erst im Anschluss

wurden die kontroversen Themen behandelt.

Dieses Vorgehen hatte den Vorteil, dass schnell Ergebnisse erzielt worden

sind und in der Verhandlungsgruppe eine Art ›Wir-Gefühl‹ entstanden ist. Die

kontroversen Themen waren dann im Nachhinein schneller und konstruktiver zu

bearbeiten. Der Betriebsrat hat sich sowohl für die inhaltliche Erarbeitung

von Positionen zum Thema, als auch für die jeweilige Vor- und Nachbereitung

der Verhandlungen Raum und Zeit genommen.

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Mitarbeitergespräche zur Vereinbarung von Zielen6

Der Erfolg jedes Mitarbeitergesprächs hängtvom Vorhandensein fairer und praktikabler›Spielregeln‹ ab, die willkürliches Verhaltenbei Vorgesetzten und Mitarbeitern aus-schließen und ein konstruktives Miteinanderfördern.

Die Einführung solcher ›Spielregeln‹ unter-liegt der Mitbestimmung des Betriebsratsnach § 94 Abs. 2 BetrVG.

Unter Berücksichtigung des Zwecks derMitarbeitergespräche und der Arbeitsanforde-rungen müssen die Kriterien, aber auch dasSystem, nach dem die Mitarbeitergesprächedurchgeführt werden, transparent sein. DerInhalt des Mitarbeitergesprächs ist die Aus-sprache über Leistung, Verhalten und die Entwicklungsmöglichkeiten des Mitarbeitersin seinem Aufgabenbereich sowie die Verein-barung von Zielen, nicht jedoch die Diszi-plinierung. Über den Aufgabenbereich des Mitarbeiters hinausgehende Entwick-lungsmöglichkeiten sind vom Vorgesetzten zu berücksichtigen.

PräambelBewertung

In dieser Präambel wird auf die ›Spielregeln‹des Mitarbeitergesprächs hingewiesen. DasZiel des Gesprächs wird als ›Ausspracheüber die Leistung, das Verhalten und die Entwicklungsmöglichkeiten‹ des Mitarbeitersdefiniert.

Œ Positiv ist, dass bereits in der Präambel darauf hingewiesen wird, dass das Mitarbei-tergespräch nicht der Disziplinierung des Mitarbeiters dient.

Diese Vereinbarung gilt für alle Mitarbeitermit Ausnahme der leitenden Angestellten.

§ 1 GeltungsbereichBewertung

Alle Mitarbeiter sind eingeschlossen in dieserBetriebsvereinbarung, außer leitende Ange-stellte (entspricht den Bestimmungen des § 5 BetrVG). Das bedeutet im Umkehrs-chluss, dass das Mitarbeitergespräch auchmit Auszubildenden, befristet Beschäftigten,Rückkehrern aus Elternzeit oder Zivildienst-leistenden zu führen ist.

fi Allerdings entsteht im weiteren Verlauf der Betriebsvereinbarung ein Widerspruch(siehe § 5 b).

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Das Mitarbeitergespräch dient dazu, eine dauerhafte, zielorientierte und konstruktiveZusammenarbeit von Vorgesetzten und ihrenMitarbeitern sowie die Entwicklung kooperati-ver Arbeitsbeziehungen zu fördern. Diesgeschieht durch Motivation und Orientierung,durch das Aussprechen von Lob, Anerken-nung und Kritik sowie durch das gemeinsameVereinbaren von Zielen und persönlichen Qualifizierungs- und Fördermaßnahmen.

Das Mitarbeitergespräch dient nicht dazu,den Mitarbeiter zu disziplinieren. Es dientnicht der Lohn- und Gehaltsfindung oder Überprüfung von Leistungszahlungen.

§ 2 ZielsetzungBewertung

Im § 2 wird als Ziel ›die Förderung der Entwicklung von kooperativen Arbeitsbezie-hungen‹ hervorgehoben. Gleichzeitig wirdnoch einmal (wie schon in der Präambel) dar-auf verwiesen, dass das Gespräch nicht zurDisziplinierung des Mitarbeiters bestimmt ist.

Œ Die erneute Erwähnung der Nicht-Disziplinie-rung sollte nun auch wirklich den Charakterdes Gesprächs deutlich machen.

Grundlage für die Vorbereitung, Durchführungund Nachbereitung dieses Mitarbeiterge-sprächs sind der Leitfaden zum Mitarbeiterge-spräch und der Dokumentationsbogen in derjeweils gültigen und mit dem Betriebsratabgestimmten Fassung. Veränderungen derFassung bedürfen der Vereinbarung zwischender Geschäftsführung und dem Betriebsrat.

§ 3 GrundlagenBewertung

In § 3 wird auf die für die Durchführung desGesprächs zwingend erforderlichen Instru-mente Leitfaden und Dokumentationsbogenverwiesen. Beide sind mitbestimmungspflich-tig, wie es das BetrVG (§ 94 Abs. 2) vorsieht.

Der Einführung des Mitarbeitergesprächs geht eine Schulung aller Vorgesetzten undMitarbeiter voraus, um sie im richtigen Um-gang mit dem Leitfaden Mitarbeitergesprächzu schulen. Der Betriebsrat hat das Recht, andiesen Schulungen teilzunehmen. Bei Bedarferfolgt eine Nachschulung, um die Qualitätvon Mitarbeitergesprächen sicherzustellen.

Die Schulungsinhalte und -dauer werden imRahmen eines Schulungskonzeptes in der je-weils gültigen und mit dem Betriebsrat abge-stimmten Fassung festgelegt. Veränderungender Fassung bedürfen der Vereinbarung zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat.

§ 4 SchulungenBewertung

Œ In dieser Betriebsvereinbarung ist es gelun-gen, verbindliche Schulungen für alle Beteilig-ten – Vorgesetzte und Mitarbeiter – vor derDurchführung der Gespräche zu vereinbaren.Dies ist wichtig, weil Mitarbeitergesprächekein ›Small-Talk‹ sind, den man einfach mal so führen kann. Es handelt sich um struktu-rierte Arbeitsgespräche, die durchaus ›Fall-stricke‹ für beide Seiten beinhalten können.Umso wichtiger ist es, dass beide Seitengeschult sind, damit aus einem strukturier-ten, sachlichen Gespräch nicht plötzlich ein hochemotionaler Schlagabtausch wird. Verantwortliche Trainer werden Vorgesetzte

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darin schulen, wie zum Beispiel Kritik in soeinem Gespräch sachlich und wertschät-zend angebracht werden kann und wie mitschwierigen Situationen (Uneinigkeit beiBewertung etc.) umgegangen wird. Mitar-beiter können in Schulungen darauf hinge-wiesen werden, wie sie ihrem Vorgesetztenein sachliches, konstruktives Feedbackgeben können. Gleichzeitig können sie sichauch klar darüber werden, welche Themensie mit ihrem Vorgesetzten besprechenwollen und welche nicht. Sollte eine Schu-lung für alle nicht durchsetzbar sein (meistwerden Kostengründe genannt), dann soll-ten aber mindestens die Vorgesetztengeschult werden.

Das Mitarbeitergespräch wird von denunmittelbaren Vorgesetzten geführt. Unmit-telbarer Vorgesetzter ist derjenige, dereinem oder mehreren Mitarbeitern im Rah-men seiner Befugnisse Arbeitsanweisun-gen gibt, Tätigkeiten kontrolliert und indirekter Linie für die Arbeitsergebnisseverantwortlich ist.Die Mitarbeitergespräche finden alle zwölfMonate statt und sollen zeitnah zu denFestlegungen der Ziele und Arbeitsschwer-punkte des Unternehmens/der Abteilungenerfolgen. Die Mitarbeitergespräche sindfür alle Mitarbeiter obligatorisch.Es werden mit allen Mitarbeitern Mitar-beitergespräche geführt, mit Ausnahmeder Auszubildenden, Praktikanten und Aushilfen.Mit neu eingetretenen Mitarbeitern wirdfrühestens nach 12 Monaten erstmals einMitarbeitergespräch geführt. Mit Mitarbeitern ab 60 Jahren wird keinMitarbeitergespräch mehr geführt, wenn

§ 5 Durchführung Bewertung

In diesem sehr ausführlichen Paragrafen wird nun das gesamte Prozedere der Durch-führung der Mitarbeitergespräche beschrie-ben. Grundsätzlich kann man dieses auch ineiner gesonderten Verfahrensanweisung fest-halten. Die Betriebsvereinbarung ist danndeutlich kürzer. Für die Aufnahme der Verfah-rensbeschreibung in die Betriebsvereinbarungspricht allerdings, dass dann alles Wesent-liche dort festgehalten ist. Denn längst nichtjeder Kollege liest sämtliche Anhänge einerBetriebsvereinbarung.

Œ a) Es wird genau beschrieben, wer als direk-ter Vorgesetzter zu verstehen ist und somitder Gesprächsführende ist. Aus unserer Sichtkann es grundsätzlich nur der direkte Vorge-setzte sein, der das Gespräch führt. Dennnur er oder sie ist in der Lage, die täglicheArbeit des Beschäftigten einzuschätzen. b) Hier wird der Turnus der Gespräche verbindlich festgelegt. Das ist deshalb

a)

b)

! Jedem Betriebsrat ist zu raten: KeineZustimmung zu Mitarbeitergesprächenohne eine Schulung der Führungskräfte.

Œ Grundsätzlich ist es auch positiv zu bewer-ten, dass an ›Nachschulungen bei Bedarf‹gedacht worden ist.

fi Allerdings ist diese Formulierung sehrallgemein gehalten. Wer stellt fest, dasses diesen Bedarf gibt? Wie wird dasfestgestellt? Aus Erfahrung wissen wir,dass aus diesen unklaren Formulierun-gen in der Regel nichts folgt, das heißt,es zu keinen Nachschulungen kommenwird, weil sich niemand dafür verant-wortlich fühlt.

Bewertung Fortsetzung

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der Mitarbeiter dies nicht wünscht.Der Betriebsrat hat das Recht, auf Verlangen des Mitarbeiters an dem Mitarbeitergespräch teilzunehmen.Ziel des Mitarbeitergesprächs ist es,eine möglichst weitgehende Überein-stimmung zwischen den beidenGesprächspartnern herzustellen. Könnensich die Gesprächsteilnehmer nicht aufein gemeinsames Ergebnis einigen, sosoll in angemessener Frist ein zweitesGespräch stattfinden, in dem die unter-schiedlichen Standpunkte erörtert werden. Zu diesem zweiten Gesprächwerden die Geschäftsführung und einMitglied des Betriebsrates hinzugezo-gen. Kommt es auch in diesem zweitenGespräch, mithilfe der Geschäftsführungund des Betriebsrates, nicht zu einerEinigung, so werden der Betriebsrat unddie Geschäftsführung einvernehmlichzielführende Maßnahmen zur weiterenVorgehensweise vorschlagen. Bei Einigung wird das gemeinsameErgebnis des Mitarbeitergesprächs aufdem Dokumentationsbogen dokumen-tiert und durch Unterschrift des Vorge-setzten und des Mitarbeiters bestätigt.Der Mitarbeiter erhält eine Kopie desDokumentationsbogens für seinen per-sönlichen Gebrauch. Das Original desDokumentationsbogens wird ausschließ-lich Bestandteil der Personalunterakteder Personalstammakte.

wichtig, weil es im betrieblichen Alltagimmer unzählige Gründe gibt, warum mangerade jetzt keine Zeit für ein Mitarbeiter-gespräch hat.

fi Hier gibt es einen Widerspruch zum § 1Geltungsbereich, in dem zunächst fest-gelegt worden ist, dass alle Beschäftig-ten am Mitarbeitergespräch teilnehmen.Hier werden nun doch verschiedene Grup-pen (Auszubildende, Praktikanten undAushilfen), die weniger als sechs Mona-te beschäftigt sind, ausgeschlossen.

fi Wir halten die Einschränkung, dass esBeschäftigten über 60 Jahre (welcheAltersgrenze genau gewählt wird, istdabei egal) freigestellt wird, ein Mitar-beitergespräch zu führen, für nicht ziel-führend. Gerade ältere Mitarbeiter besit-zen durch ihre Erfahrung Know-how, aufdas Betriebe nicht einfach verzichtenkönnen. Erst recht nicht in Zeiten vonFacharbeitermangel. Welche Gründe solles geben, mit jemandem über 60 Jahrenicht mehr über seine Arbeit zu spre-chen, seine Erfahrungen, seine Ein-schätzungen oder seine Kritik? In Zeitendes AGG könnte man sich außerdemdarüber streiten, ob es sich bei solcheiner Vereinbarung nicht um einen Fallvon Altersdiskriminierung handelt.1

c)

d)

1 Mehr zum Thema AGG unter www.arbeitnehmerkammer.de/mitbestimmung/recht/

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In der Personalunterakte beziehungs-weise Personalstammakte werden nurdie jeweils letzten fünf Dokumentations-bögen aufbewahrt. Der jeweils ältesteDokumentationsbogen wird vernichtet,sobald der aktuelle Dokumentationsbo-gen vorliegt. Die restlichen Dokumentati-onsbögen werden spätestens bei Been-digung des Arbeitsverhältnisses vernich-tet beziehungsweise auf Wunsch demMitarbeiter ausgehändigt. Bei Nichteinigung nach § 5 c werdenbeide Stellungnahmen sowie die vorge-schlagenen zielführenden Maßnahmendokumentiert und bis zur nächstenGesprächsrunde in der Personalunterak-te beziehungsweise Personalstammakteaufbewahrt.Sollten eine EDV-mäßige Auswertung fürPersonalentwicklung und -förderung unddaraus abzuleitende Trainingsmaßnah-men erforderlich sein, wird dies in einergesonderten Betriebsvereinbarung gere-gelt werden.Die Ergebnisse der Mitarbeiterge-spräche dürfen nicht zu Kündigungen,Abmahnungen oder zur Begründung personeller Einzelmaßnahmen herange-zogen werden.Nach Durchführung jeder Mitarbeiterge-sprächsrunde wird der zuständige Be-triebsrat über die geplanten Fördermaß-nahmen zum Zwecke der Beratung undgegebenenfalls Zustimmung informiert.

c) Natürlich können Mitarbeitergesprächekonflikthaft sein und es kann auch dieSituation eintreten, dass Führungskraft undMitarbeiter keine Einigung über zu verein-barende Ziele, Fortbildungen oder über dieArbeitsleistung des Mitarbeiters erlangen.Für diese Fälle (die in der Praxis eher sel-ten vorkommen, in Verhandlungen über dieEinführung von Mitarbeitergesprächen aberimmer eine sehr große Rolle spielen) musses eine Konfliktregelung in den Betriebs-vereinbarungen geben.

Œ In dieser Vereinbarung ist im Konfliktfall ein weiteres Gespräch vorgesehen. BeiNichteinigung im ersten Gespräch kommtes zu einem zweiten Gespräch, in dem die unterschiedlichen Standpunkte erneuterläutert werden können. Zusätzlich wer-den zu diesem Gespräch Betriebsrat undGeschäftsführung hinzugezogen, um mitdieser ›Verstärkung‹ zu einer einvernehm-lichen Lösung zu kommen.Sollte auch dies nicht möglich sein, entscheiden zu guter Letzt die Geschäfts-führung und der Betriebsrat einvernehm-lich, wie es weitergehen soll.

Œd) Die Unterschrift beider Gesprächs-partner bedeutet nicht die Anerkennungder Gesprächsergebnisse. Sie bestätigtnur, dass das Gespräch stattgefunden hat.Diese Regelung vermeidet, dass ein Mit-arbeiter aus Angst oder Unsicherheitgegenüber seinem Vorgesetzten ein Ergeb-nis bestätigt, das nicht seiner Sicht derDinge entspricht. Der Beschäftigte hatdann immer noch nach dem Gespräch dieMöglichkeit, sich von dem Gesprächsbo-gen zu distanzieren oder den Betriebsrateinzuschalten.

§ 5 Durchführung Bewertung

e)

f)

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e) An dieser Stelle wird erneut auf denCharakter des Gesprächs hingewiesen, der eben nicht disziplinarisch sein soll.Zusätzlich wird aber eine Konkretisierungvorgenommen. Es dürfen daraus keineAbmahnungen oder Kündigungen folgen.

Œ Man kann diese häufige Wiederholung alsVorsichtsmaßnahme positiv einstufen.

fi Man kann aber auch den Eindruckgewinnen, dass den Vorgesetzten nichtzugetraut wird, das Mitarbeitergesprächim Sinne der Vereinbarung zu führen.Eine einmalige Erwähnung mit sofortigerKonkretisierung ist aus unserer Sichtvollkommen ausreichend.

f) Der Betriebsrat wird, wie im BetrVG §§ 96 ff. vorgesehen, über Fortbildungenund sonstige Fördermaßnahmen, die sichaus dem Gespräch ergeben, informiert undkann im Rahmen seiner Mitbestimmungs-möglichkeiten zustimmen oder ablehnen.

Bewertung Fortsetzung

fi Aus Gründen des Datenschutzes ist die vereinbarte Aufbewahrungsfrist von fünf Jahren viel zu lang. Der Daten-schutz erlaubt keine Vorratsdatenspei-cherung ohne Zweckbindung. DieserZweck entfällt aber bereits nach derDurchführung des nächsten Gesprächs.Da zum Zweck, zum Beispiel der Über-prüfung von gemeinsam vereinbartenZielen, Fortbildungen oder Ähnlichem,immer nur der Dokumentationsbogenaus dem letzten Gespräch notwendig ist,ist auch nur dieser bis zum nächstenGespräch in der Personalakte aufzube-wahren. Im Anschluss an das Gesprächwird der Bogen aus dem früherenGespräch vernichtet. Längere Aufbewah-rungsfristen sind sachlich nicht begrün-det und verstoßen somit gegen dieDatenschutzbestimmungen. In Einzelfäl-len kann es begründete Ausnahmengeben, zum Beispiel wenn die Vereinba-rungen zur Gewährung oder Durch-führung von Fortbildungsmaßnahmen län-ger dokumentiert werden müssen. Eben-falls könnten steuerliche Gründe dieFrist verlängern. Die Frage ist dann aller-dings: Muss die Dokumentation der steu-erlichen Ansprüche an dieser Stelleerfolgen oder gibt es andere Möglichkei-ten?

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Mitarbeitergespräche zur Vereinbarung von Zielen12

Diese Betriebsvereinbarung tritt mit Unter-zeichnung in Kraft und kann mit einer Fristvon drei Monaten zum Monatsende gekündigtwerden. Sie wirkt insgesamt nach.

§ 7 GültigkeitBewertung

Ob eine Betriebsvereinbarung nachwirken soll oder nicht, ist immer auch eine strategi-sche Frage. Wirkt sie nach, wie in diesemFall, hat keine Seite den Druck, im Fall einerKündigung in Verhandlungen zu treten. Daskann günstig sein, wenn der Betriebsrat der Ansicht ist, eine gute Regelung erzielt zuhaben. Es kann aber gegebenenfalls auchbedeuten, lange in einer Betriebsvereinba-rung festzuhängen, die vielleicht den verän-derten Verhältnissen nicht mehr entspricht.Die Nachwirkung besteht immer bei Gegen-ständen der erzwingbaren Mitbestimmung.

Die ersten drei Gesprächsrunden gelten alsTestphase. Erst ab der zweiten Gesprächs-runde werden die Ergebnisse gemäß § 5 ddokumentiert und aufbewahrt. Ergebnisseaus der ersten Gesprächsrunde dürfen nichtdokumentiert und zur Personalunterakte/Personalstammakte genommen werden.

Spätestens nach Abschluss der Testphasewerden der Betriebsrat und die Geschäfts-führung zeitnah die Durchführung dieserBetriebsvereinbarung abschließend beraten.Während dieser abschließenden Beratungenwerden keine Mitarbeitergespräche durchge-führt. Kommt keine Einigung zwischenBetriebsrat und Geschäftsführung zustande,wird die Einigungsstelle angerufen.

§ 6 TestphaseBewertung

Œ Die Vereinbarung einer Testphase (oft auch Pilotphase genannt) zwingt die Akteure(Betriebsrat und Arbeitgeberseite) nacheinem festgelegten Zeitraum, das InstrumentMitarbeitergespräche zu analysieren und aufseine Wirksamkeit zu prüfen. So kann außer-dem gegebenenfalls nachgesteuert werden,Dokumentationsbögen oder Gesprächsleit-fäden verbessert werden. In diesem Fall istdie Testphase drei Runden lang. Zwei Durch-gänge sollten es mindestens sein, damit alleBeteiligten zunächst Übung im Führen vonMitarbeitergesprächen sammeln können. Ausunserer Beratung wissen wir, dass die ersteRunde für alle die schwierigste ist, sich dasGeschehen ab dem zweiten Durchgang aberdeutlich beruhigt. Die Gespräche sind danneingespielter, alle wissen, was auf sie zu-kommt, die zunächst gehegten Befürchtun-gen haben sich in aller Regel nicht bestätigt.

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Fall 2 Qualifizierungsgespräche

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Die auf den nächsten Seiten dargestellte Dienstvereinbarung wurde bei einem

sozialen Dienstleister vereinbart. Die Initiative dazu ging von der Mitarbeiter-

vertretung aus. Grund dafür war der Umstand, dass es im Unternehmen kein

geregeltes und transparentes Verfahren für die Genehmigung von Fortbildun-

gen für die Beschäftigten gab. Dieses hatte in der Vergangenheit zu Beschwer-

den von Mitarbeitern bei der Interessenvertretung geführt, deren Fortbildung

aus nicht erkennbaren Gründen abgelehnt worden war. Außerdem gab es nicht

nachvollziehbare Unterschiede bei den Regelungen zur Freistellung bei Fort-

bildung und bei der Übernahme der Kosten. In einem fast drei Jahre dauern-

den Prozess – bis zum Abschluss der Dienstvereinbarung – musste zunächst

die Geschäftsführung von der Wichtigkeit einer Dienstvereinbarung zu Fort-

und Weiterbildungen überzeugt werden. Dies gelang unter anderem durch eine

offensive Auseinandersetzung mit dem Thema auf einer Mitarbeiterversamm-

lung – unter anderem mit einem Vortrag von uns zur Bedeutung von Fort- und

Weiterbildung.

Im nächsten Schritt erklärte sich die Geschäftsführung mit der Einrichtung

eines Arbeitskreises unter unserer Moderation zur Erarbeitung einer Dienstver-

einbarung zum Thema bereit. Dieser Arbeitskreis bestand aus zwei Vertretern

der Mitarbeitervertretung, einer Personalerin, zwei Führungskräften, dem

Qualitätsbeauftragten und einer Mitarbeiterin. Ein solches Vorgehen hat den

großen Vorteil, dass die verschiedenen Akteure aus dem Unternehmen am Pro-

zess beteiligt sind und die Dienstvereinbarung letztlich gemeinsam erarbeiten.

Im vorliegenden Fall ergab sich daraus allerdings auch ein großer Zeitaufwand

für alle Beteiligten. Außerdem galt es, ›Störfeuer‹ aus verschiedenen Richtun-

gen zu parieren. Das Ergebnis wurde dann jedoch von allen Seiten getragen.

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Für ... ist die Qualifizierung und Entwicklungder Mitarbeiter ein wichtiges Kriterium fürWettbewerbsfähigkeit und Innovation. Kennt-nisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten jedes Ein-zelnen sind dabei ein bestimmender Faktor.Geschäftsführung und Mitarbeitervertretunghaben in eingehenden Gesprächen Einverneh-men darüber erzielt, die Mitarbeiter darin zu unterstützen, ihre beruflich-persönlicheBeschäftigungsfähigkeit durch Personalent-wicklung und Qualifizierung kontinuierlich zuverbessern. Qualifizierung ist nicht denkbarohne wechselseitige Verbindlichkeit. Die Mitarbeiter sind verpflichtet im jährlichen Mit-arbeitergespräch aktiv mitzuwirken bei derErmittlung des Bedarfs, bei der Qualifizie-rung und sie verpflichten sich, die erreichteQualifikation einzusetzen. Die Mitarbeiterge-spräche erfordern eine hohe fachliche undsoziale Kompetenz der Leitungskräfte. Das... wird die Leitungskräfte für diese Aufgabequalifizieren.

PräambelBewertung

Œ In dieser Präambel steckt jede Menge Inhalt.Gleich zu Beginn wird auf die Bedeutung derQualifizierung der Mitarbeiter als wichtigerBaustein für die Wettbewerbsfähigkeit desUnternehmens hingewiesen. Etwas späterwird auch die andere – bedeutsame – Seiteder Medaille erwähnt, die beruflich-persön-liche Beschäftigungsfähigkeit des Einzelnen,die ebenfalls durch Qualifizierung gestärktwird.

Œ In der Präambel wird außerdem auf aus-führliche Gespräche zwischen Geschäfts-führung und Mitarbeitervertretung hingewie-sen. Dies ist durchaus als ein Signal an dieBelegschaft zu verstehen nach dem Motto:Wir haben hart miteinander verhandelt, aber hinter dem jetzt erzielten Ergebnis stehen wir gemeinsam.

Œ Es wird auf die Verantwortung beider Seiten,sowohl der Führungskräfte als auch der Mit-arbeiter, hingewiesen. Damit ist nicht nur dasGelingen des Gesprächs gemeint, sondernauch das Einbringen der erreichten Qualifika-tion in den Arbeitsprozess zur beiderseitigenZufriedenheit.

Œ Letztlich wird erwähnt, welche Anforderungendas Führen eines Mitarbeitergesprächs an dieFührungskräfte stellt und damit hervorgeho-ben, dass es sich nicht um ein ›Allerweltsge-spräch‹ handelt, das ohne weitere Schulungaus dem Stand durchgeführt werden kann.So verstanden ist der Hinweis, die Leitungs-kräfte für diese Gespräche zu qualifizieren ansehr exponierter Stelle in der Betriebsverein-barung genau richtig platziert.

Die Vereinbarung gilt für alle Mitarbeiter. Nicht von dieser Dienstvereinbarung betroffen sind:

Auszubildende,Zivildienstleistende,Mitarbeiter im Rahmen des freiwilligen sozialen Jahres,Beschäftigte im Rahmen von Tätigkeiten nach SGB II,Berufspraktikanten sowie unentgeltliche Praktikanten.

§ 1 Personenkreis

14 Qualifizierungsgespräche

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Die Vereinbarung gilt für alle Maßnahmender Fort- und Weiterbildung, die entwederin unmittelbarer Verbindung zur aktuellenberuflichen Tätigkeit des Mitarbeiters stehen oder dazu geeignet sind, den Mit-arbeiter für höherwertige Aufgaben oderTätigkeitsfelder zu qualifizieren.Die Fort- und Weiterbildung kann sowohl im Rahmen externer Angebote erfolgen,aber auch durch interne Fortbildung durch-

§ 2 Gegenstand der Vereinbarung

Bewertung

geführt werden. Nicht berührt von dieserVereinbarung werden Maßnahmen nachdem Bremischen Bildungsurlaubsgesetz.

Œ § 2 stellt klar, um welche Art von Fort- undWeiterbildung es in dieser Dienstvereinbarunggeht. Ausgenommen ist der Bildungsurlaubnach dem Bremischen Bildungsurlaubsgesetzund persönliche Fort- und Weiterbildung.

1.

2.

Mindestens einmal jährlich wird zwischenjedem Mitarbeiter und dem Verantwortli-chen der Abteilung ein Mitarbeitergesprächdurchgeführt werden, in dem die Tätigkeitdes Mitarbeiters und die Anforderungender Abteilung gemeinsam besprochen wer-den. Das Gespräch erfolgt mit der Vorgabefestzustellen, ob und inwieweit beim Mitar-beiter Qualifizierungsbedarfe bestehen.Die Fort- und Weiterbildung kann sowohl imRahmen externer Angebote erfolgen, aberauch durch interne Fortbildung durchge-führt werden. Nicht berührt von dieser Ver-einbarung werden Maßnahmen nach demBremischen Bildungsurlaubsgesetz. Mit Rückkehrern aus ruhenden Arbeitsver-hältnissen, zum Beispiel aus Elternzeitoder Wehr- beziehungsweise Zivildienst,wird dieses Gespräch unverzüglich nachArbeitsbeginn geführt.Über das Gespräch werden einvernehmlichInhalte und Ergebnisse dokumentiert. Diesewerden bis zum nächsten Mitarbeiterge-spräch in der Personalakte abgelegt undim Anschluss vernichtet werden.Sollte auf Wunsch des Mitarbeiters die Teil-nahme der Mitarbeitervertretung nachge-sucht werden, so kann auch der Abteilungs-verantwortliche eine weitere Person ausdem Leitungsbereich oder der Geschäfts-führung zu diesem Gespräch hinzuziehen.Bei übergeordneter Interessenlage kann ein

§ 3 MitarbeitergesprächeBewertung

In diesem Abschnitt wird das Instrument zurFeststellung des Qualifizierungsbedarfs (näm-lich Mitarbeitergespräche) eingeführt und dieRegelungen für die Durchführung desGesprächs definiert.

1.

2.

3.

4.

fi Leider wird in § 3 Nummer 1 nicht genaudefiniert, was mit ›mindestens einmal jähr-lich‹ gemeint ist. Ist das Kalenderjahrgemeint oder geht es darum, dasGespräch innerhalb von zwölf Monaten,unabhängig vom Kalenderjahr, zu führen.Eine genauere Definition verhindert an die-ser Stelle Unklarheit.

fi Mitarbeitergespräche sollten nach Möglich-keit immer mit dem direkten Vorgesetztengeführt werden. Nur dieser kann in derRegel aus dem täglichen Erleben dieArbeitsleistung des Mitarbeiters und somitauch seinen Qualifizierungsbedarf ein-schätzen. In dieser Dienstvereinbarung istfestgehalten, dass der ›Verantwortlicheder Abteilung‹ das Mitarbeitergesprächführt. Dabei kann es sich unter Umständenaber auch um eine Hierarchieebene überdem direkten Vorgesetzten handeln, waswir aufgrund der oben dargelegten Gründefür nicht sinnvoll halten.

Œ In § 3 Nummer 1 ist klar und deutlich die Aufgabe des Mitarbeitergesprächs definiert,die Feststellung des Qualifizierungsbedarfs.

15

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Qualifizierungsgespräche16

Zielgespräch zur Fort- und Weiterbildungauch zwischen Geschäftsführung und Mit-arbeiter erfolgen. Der für die Abteilung Verantwortliche und die Mitarbeitervertre-tung werden entsprechend informiert.Die Mitarbeiter sind verpflichtet, bei derErmittlung des Qualifizierungsbedarfs mitzuwirken und an den vereinbarten Qualifi-zierungsmaßnahmen aktiv teilzunehmen.Der an der Fort- und Weiterbildung teilneh-mende Mitarbeiter berichtet im Rahmenseiner dienstlichen Tätigkeit über die Inhalte seiner Fort- und Weiterbildung.Zur Prüfung der Qualität der Fortbildungfüllt der an der Fort- und Weiterbildungteilnehmende Mitarbeiter einen, von derPersonalabteilung entwickelten, Fragebo-gen nach Abschluss der Maßnahme aus.

Œ Unter Punkt 2 findet sich eine Regelung für Mitarbeiter, die aus ruhenden Arbeitsver-hältnissen zurückkommen. Mit ihnen solldas Qualifizierungsgespräch sofort nachArbeitsbeginn stattfinden. Das ist einewichtige Regelung. Gerade bei Mitarbei-tern, die einige Zeit aus dem Arbeitsfeldheraus sind, existiert ein höherer Qualifizie-rungsbedarf, da sich in der heutigen Zeitdie Arbeitsbedingungen und Arbeitsmittelin immer kürzeren Abständen verändern.Auch, dass das Gespräch ›unverzüglichnach Arbeitsbeginn‹ stattfinden soll, ist einklares Signal: Wir kümmern uns sofort umrückkehrende Mitarbeiter und wir nehmenihre Qualifikation ernst. Häufig wird erstmal abgewartet, was ein Mitarbeiter ›nochdrauf hat‹, wenn er an den Arbeitsplatzzurückkehrt. Treten dann Defizite zutage,ist der Unmut bei Kollegen, Führungskräf-ten, aber auch die Unzufriedenheit beimRückkehrer eventuell schon da, bevor es indie Qualifizierung geht.

Œ Die Gesprächsergebnisse werden doku-mentiert und in der Personalakte abgelegt.

Œ Die Aufbewahrungsfrist ist kurz. Nach demnächsten Gespräch werden die Aufzeichnungenaus dem vorherigen Gespräch vernichtet, da

5.

6.

Bewertung Fortsetzung

immer die aktuellen Aufzeichnungen gelten. Aufdiese Weise entstehen keine Datenfriedhöfe.

fi Es findet sich in dieser Dienstvereinbarungkeine Regelung für konfliktträchtige odernicht einvernehmliche Gespräche. Wie wirddamit umgegangen, wenn zum Beispielder Mitarbeiter einen Fortbildungsbedarfformuliert, der Vorgesetzte diesen aberablehnt – oder auch umgekehrt. Für dieseFälle gibt es kein Prozedere.

Œ Sollte ein Mitarbeiter in das Qualifizierungs-gespräch mit Unterstützung der Mitarbeiter-vertretung gehen wollen, so kann sich auchdie zuständige Führungskraft ›Unterstützung‹holen. Bei dieser Regelung sind wir nichtsicher, ob sie gut oder nicht so gut ist. Wirkönnen uns vorstellen, dass es dazu führt,dass die Gesprächspartner eventuell Konflik-te erst mal versuchen miteinander zu lösen,bevor sie weitere Parteien hinzuziehen. Dieskann zu pragmatischen Lösungen führen.

fi Es kann aber auch sein, dass eine Art›Aufrüstung‹ stattfindet. Nach dem Motto,ziehst du die Mitarbeitervertretung hinzu,komme ich mit dem nächsthöheren Vorge-setzten. Ein Vorgehen, das nicht unbedingtzur Deeskalation beiträgt.

Œ Natürlich kann es im Interesse eines Unter-nehmens sein, einen Mitarbeiter für Aufgabenzu qualifizieren, die über seine momentaneTätigkeit in seiner jetzigen Abteilung hinaus-gehen. In diesem Fall ist es sinnvoll, dassdas Gespräch zwischen der Geschäftsfüh-rung und dem Mitarbeiter erfolgt. Wichtig istaber auch – wie hier geregelt –, dass der Vor-gesetzte und die MAV informiert werden, umdie interne Kommunikation sicherzustellen.

Œ Punkt 6 weist auf die Mitwirkungspflicht desMitarbeiters hin. Der Mitarbeiter soll über sei-ne Fort- beziehungsweise Weiterbildung seinenKollegen und Vorgesetzten berichten. Dies istsinnvoll, damit auch andere profitieren können.

Œ Ein Fragebogen zur Sicherung der Qualitätder besuchten Maßnahmen ist grundsätzlichzu begrüßen.

§ 3 Mitarbeitergespräche Fortsetzung

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17

In Abteilungen, in denen zur Qualitäts-sicherung und zur Sicherung des aktuellenfachlichen Wissensstandes eine innerbe-triebliche Fortbildung angeboten wird, ist diese für alle Mitarbeiter verbindlich.Von der Teilnahmeverpflichtung an der innerbetrieblichen Fortbildung ausgenom-

§ 4 Innerbetriebliche Fortbildung

men sind Mitarbeiter, die zum Zeitpunktder innerbetrieblichen Fortbildung wegenUrlaub, dienstfrei, Krankheit oder sons-tiger ärztlich verordneter Maßnahmensowie wegen Verfügung von hoher Hand 1

dienstabwesend sind.

1.

2.

Das Unternehmen übernimmt Kosten der Fort- und Weiterbildung unter der Vor-aussetzung, dass der Inhalt der Fort- undWeiterbildung nicht bereits mit der Stellen-ausschreibung vorausgesetzt wurde. Daraus folgt, dass Fortbildungen, die dazudienen das Wissen des Mitarbeiters in seinem Ausbildungsberuf zu rekapitulieren,nicht vom Arbeitgeber gefördert werden.Davon ausgenommen sind jedoch Fort- und Weiterbildungen, die durch die Verän-derung oder Erweiterung des Berufsbildesbedingt sind, sofern diese für das Unter-nehmen relevant sind.Die Kostenübernahme beinhaltet nebenKosten der Fort- und Weiterbildung, dieKosten bei einer Abwesenheit von mehr alsacht Stunden nach den gesetzlichen Tages-sätzen sowie Kosten der Unterkunft inangemessenem Umfang, wenn die Maßnah-me in einem Ort von mehr als 100 Kilome-tern und/oder mehr als einem Tag in Folgestattfindet oder Beginn und Ende der Fort-und Weiterbildung so liegen, dass der Fort-bildungsort mit öffentlichen Verkehrsmit-teln innerhalb eines Tages nicht rechtzeitigerreicht werden kann. Für die Fahrten zumFortbildungsort ist in erster Linie auf den

§ 5 Finanzierung

Bewertung

Œ In § 5 werden die finanziellen Regelungenfür Fort- und Weiterbildung dargelegt. Die Grundlage hierfür sind tarifliche Rege-lungen. Die Aufnahme in die Dienstverein-.barung macht diese Bestimmungen fürjeden Beschäftigten transparent und nach-vollziehbar.

1.

2.

Dienstwagen zurückzugreifen. Sollte diesnicht möglich sein, wird der Kostensatzder Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmittelnzum Tagungsort erstattet. Sollte in Aus-nahmefällen der Tagungsort mit öffentli-chen Verkehrsmitteln nicht oder nicht inangemessener Zeit erreichbar sein, wirdder derzeit gültige Entschädigungssatz fürdie Nutzung des Privat-Pkws erstattet.Bei Fort- und Weiterbildung, die nur teil-weise im betrieblichen Interesse angesie-delt sind, ist vonseiten des Arbeitgeberseine Bezuschussung in Absprache mit der Geschäftsführung möglich. Diese wirdzwischen dem Verantwortlichen der Abtei-lung und dem Mitarbeiter einzelvertraglichgeregelt.

In jedem Fall ist die Abrechnung der Fort-und Weiterbildung, aufgeteilt in Fortbildungs-kosten, Fahrtkosten und Verpflegungskosten,spätestens 14 Tage nach Ende der Fort- undWeiterbildung auf dem dafür vorgesehenenFormular der Personalabteilung vorzulegen.Die Abrechnung erfolgt ausschließlich überdie Gehaltsabrechnung, davon ausgenommensind Fort- und Weiterbildungskosten, diebereits im Voraus direkt an den Veranstalterzu leisten sind.

3.

1 Erfüllung allgemeiner staatsbürgerlicher Pflichten

fi § 5 Absatz 3 bedeutet, dass die Bedingungen für Fort- und Weiterbildung, die nur teilweise imbetrieblichen Interesse sind – in der Regel wirdes sich um Aufstiegsfortbildungen handeln – einzelvertraglich ausgehandelt werden. Das lässteine Tür offen für eventuelle Ungleichbehandlung.

Andererseits kann es für den einen oder andereneine günstigere Regelung geben, als die, die derArbeitgeber bereit wäre, in einer Dienstvereinbarungzu verhandeln.

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Qualifizierungsgespräche18

Fort- und Weiterbildungen gemäß § 5 Abs. 1 werden in vollem Umfang als Arbeitszeit gewertet.Fort- und Weiterbildungen gemäß § 5 Abs. 3 können ganz oder in Teilen alsArbeitszeit gewertet werden. Hierüber entscheidet ein Gespräch zwischen dem Verantwortlichen der Abteilung und dem Mitarbeiter.Fort- und Weiterbildungen gemäß § 5 Abs. 1, die auf Wochenfeiertage und Vor-festtage fallen sowie Samstag und Sonn-tag berühren, werden ausschließlich mitden vertraglich vereinbarten Zuschlägenabgegolten.

§ 6 ArbeitszeitBewertung

Œ Der § 6 regelt, inwieweit die Fort- und Weiterbildung als Arbeitszeit gewertet wird. Nummer 1 besagt, dass Fort- und Weiterbil-dung im dienstlichen Interesse Arbeitszeit ist.Alles andere kann man unserer Ansicht nachals Interessenvertretung nicht vereinbaren.Ist die Maßnahme dienstlich veranlasst undeindeutig im Interesse des Arbeitgebers,dann muss diese bezahlte Arbeitszeit seinund es müssen die Kosten vom Arbeitgebergetragen werden!

Œ Anders sieht es bei Aufstiegsqualifikationenaus, die oft für beide Seiten Vorteile bieten.Neben dem Interesse des Arbeitgebers aneinem höher qualifizierten Mitarbeiter hatauch der Arbeitnehmer ein Interesse daran,seine internen und externen Arbeitsmarkt-chancen durch Qualifikation zu erhöhen undgegebenenfalls ein höheres Einkommen zuerzielen. Für diese Variante sieht diese Dienst-vereinbarung die Verhandlung zwischen Be-schäftigtem und Vorgesetztem darüber vor,wie viel Qualifizierungszeit als Arbeitszeitgewertet wird. Wie schon bei der Kostenü-bernahme (siehe § 5 Nummer 3) lässt dieseRegelung einerseits Spielraum für Verhand-lungen,

fi andererseits kann es zu Ungleichbehandlungen führen.

1.

2.

3.

Die Vereinbarung wird zunächst mit Wirkung vom 01. Juni 2007 mit zwölf -monatiger Dauer geschlossen.Sollte dieser Vereinbarung keine verän-derte oder neue folgen, so gilt diese fort. Sie ist dann mit einer Frist von einemMonat zum jeweiligen Quartal kündbar.

§ 7 Geltungsdauer/Kündigungsfristen

1.

2.

Sollten Bestimmungen dieser Dienstver-einbarung ganz oder teilweise nicht rechtswirksam sein, bleiben die übrigen Bestimmungen davon unberührt.

§ 8 Salvatorische Klausel

1.

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Fall 3 Bilanz- und Qualifizierungsgespräche

19

Die folgende Betriebsvereinbarung wurde in einem Unternehmen mit

rund 500 Beschäftigten abgeschlossen. Der Verhandlungsprozess

dauerte ungefähr ein Jahr. Die Beschäftigten arbeiten sowohl in der

Produktion als auch im Dienstleistungsbereich. Der Betriebsrat hat

mehrere freigestellte Betriebsräte, die sich mit der Materie ›Mitarbeiter-

gespräche/Qualifizierung‹ zum ersten Mal auseinandersetzen mussten,

nachdem die Geschäftsführung die Einführung von Mitarbeiterge-

sprächen beschlossen hatte.

Der Betriebsrat hat seine bestehenden guten Kontakte zu anderen

Gremien innerhalb der Branche genutzt, um Ideen für die Gestaltung

der Vereinbarung zu sammeln. Einen äußeren Anlass für den Abschluss

der Betriebsvereinbarung gab es nicht. Bevor es in die Verhandlungen

ging, führte der Betriebsrat einen Workshop zur eigenen Positions-

findung durch. Auf diesem wurden Chancen und Risiken sowie die

rechtliche Situation erörtert.

Die Verhandlungen wurden ausschließlich vom Betriebsrat und der

Geschäftsführung geführt. Die externen Berater beider Seiten blieben

im Hintergrund. Die Grundzüge der Vereinbarungen wurden zügig

ausgehandelt, während die Klärung der Detailfragen deutlich mehr Zeit

beanspruchte.

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Bilanz- und Qualifizierungsgespräche20

Die Mitarbeitergespräche dienen einer konstruktiven Kommunikation zwischen Mitarbeitern und dem direkten Vorgesetzten.Sie sollen die Verständigung über Aufgabenund Bereichsziele hervorbringen. Damit ver-bunden soll der Bedarf an Qualifizierungs-maßnahmen, Schulungen und Fördermaßnah-men ermittelt und besprochen werden, diedem Mitarbeiter die Möglichkeit geben, sichberuflich weiterzuentwickeln.

PräambelBewertung

Œ In der Präambel werden deutlich die Ziele der Mitarbeitergespräche benannt, nämlichdie Verständigung über Aufgaben und Zielesowie die Ermittlung des Qualifizierungsbe-darfs des Mitarbeiters.

§ 1 GeltungsbereichBewertung

fi In § 1 kann man die Formulierung so verstehen, dass mit neu eingestelltenMitarbeitern erst nach sechs Monaten einGespräch geführt wird, was selbstver-ständlich viel zu spät wäre. Gerade mitneuen Mitarbeitern müssen Aufgaben, Zie-le und gegebenenfalls auch notwendigeFortbildungen und Qualifizierungen sofortnach Arbeitsbeginn besprochen werden,um Orientierung und Klarheit zu schaffenund um die Einarbeitung zu gewährleisten.Wir gehen aber davon aus, dass dieseGespräche stattfinden und das Verfahrenhierfür an anderer Stelle geregelt ist.

Die Vereinbarung gilt für alle Mitarbeiter, ausgenommen Auszubildende. Für neu einge-stellte Mitarbeiter gilt diese Vereinbarungnach sechs Monaten.

§ 2 Grundsätze und ZieleBewertung

fi Der § 2 Grundsätze und Ziele ist zu langgeraten. Hier werden zu viele wichtigeRegelungen in einem Punkt abgehakt. Daserschwert das Verstehen der Vereinbarungund des Verfahrens für die Kollegen undKolleginnen. In Verhandlungen zu Betriebs-und Dienstvereinbarungen erleben wirimmer wieder, dass die Verhandlungspar-teien über dem – teilweise erbitterten –Feilschen um die richtigen Formulierungenvergessen, dass die Vereinbarungen fürdie Belegschaft nachvollziehbar

Wesentlicher Zweck des Mitarbeiterge-sprächs ist die gemeinsame reflektierendeBestandsaufnahme durch den Mitarbeiter undVorgesetzten über die bestehenden Arbeits-aufgaben und die Zufriedenheit mit den der-zeitigen Tätigkeiten.

Durch einen fairen und offenen Austauschsoll die Zusammenarbeit und Arbeitszufrie-denheit verbessert sowie das beiderseitigeVertrauensverhältnis gefestigt werden.

Ziel des Mitarbeitergesprächs ist darüberhinaus die Entwicklungsmöglichkeit und

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21

und verständlich sein müssen. Außenste-hende sind ja nicht an dem mitunter mona-telangen Verhandlungsprozess beteiligtund somit nicht in die tiefsten Tiefen derMaterie Mitarbeitergespräche vorgedrun-gen (wie das mitunter Betriebsräte undGeschäftsführungen tun müssen). Umsowichtiger ist es, dass das Ergebnis derVerhandlungen in Form der Vereinbarungfür alle verständlich und nachvollziehbarformuliert wird!

Œ Ansonsten sind an dieser Stelle die Ziele der Mitarbeitergespräche detailliert aufge-zählt. Neben der bereits in der Präambelerwähnten Feststellung des Qualifizierungsbe-darfs werden die Gestaltung des Arbeitsplat-zes und die Umsetzung des Gesundheits-schutzes genannt. Die beiden letzterwähntenThemen werden nach unserer Kenntnis eherselten als Ziele von Mitarbeitergesprächenbenannt. Umso erfreulicher ist die verbind-liche Aufnahme dieser Themen in das Mitarbeitergespräch.

Œ Dass arbeitsrechtliche Konsequenzen in Vereinbarungen zu Mitarbeitergesprächenausgeschlossen werden müssen, haben wirbereits mehrfach erwähnt. Aufgrund derWichtigkeit heben wir auch in dieser Verein-barung lobend hervor, dass diese in dieserVariante ebenfalls ausdrücklich ausgeschlos-sen sind.

Œ Die Wichtigkeit von verbindlichen Trainingsfür Führungskräfte zum Führen von Mitarbei-tergesprächen haben wir auch bereits aus-führlich kommentiert. Doch auch hier wollenwir diese vorbildliche Regelung noch einmallobend erwähnen.

fi Eine unklare Formulierung haben wir noch zu bemängeln. Es wird im Zusam-menhang mit den Trainings für Führungs-kräfte über einen abgestimmten Leitfadengesprochen. Es ist an dieser Stelle nichtersichtlich, auf was sich dieser Leitfadenbezieht. Ist es ein Leitfaden für den Ablaufder Trainings (was wahrscheinlich ist) oder

Förderung des Mitarbeiters sowie die Festle-gung von beruflichen Qualifizierungsmaßnah-men, die Gestaltung des Arbeitsplatzes unddie Umsetzung des Gesundheitsschutzes.

Die Ergebnisse der Mitarbeitergesprächebegründen weder disziplinarische Maßnahmen(z. B. Abmahnungen) noch ziehen sie einevom Mitarbeiter nicht akzeptierte Versetzungoder Abgruppierung oder eine Kündigungnach sich.

Für alle Führungskräfte wird es einheitlicheTrainings zum Thema ›Führen von Mitarbeiter-gesprächen‹ geben. Ein darauf abgestimmterLeitfaden steht der Führungskraft und demBetriebsrat zur Verfügung. Für sämtliche Mitarbeiter werden Workshops zum ThemaMitarbeitergespräche durchgeführt.

Inhalte und Umfang werden dem Betriebs-rat gemäß § 8 Abs. 2 der Betriebsverein-barung Schulungswesen vom 17. Dezember1996 vor Beginn der Trainings und Works-hops gemäß § 98 BetrVG zur Beratung zurVerfügung gestellt.

Die Teilnahme an den Trainings für Vorgesetzte sowie an den Workshops für betroffene Mitarbeiter ist obligatorisch.

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Bilanz- und Qualifizierungsgespräche22

ist der Leitfaden Œ Eine weitere Rarität in Vereinbarungen zu

Mitarbeitergesprächen sind Trainings oder –wie hier geplant – Workshops für Mitarbeiter,mit denen Mitarbeitergespräche durchgeführtwerden. Oft ist es in Verhandlungen schonsehr schwierig, die unserer Meinung nachunverzichtbaren Schulungen für Führungskräf-te zu vereinbaren. Das ›Totschlagargument‹der Arbeitgeberseite ist häufig, dass dieKosten für die Trainings nicht zu finanzierenseien. Umso erfreulicher ist es, dass hierTrainings und Workshops für beide Seitenmöglich sind und sich nicht damit begnügtwird, den Beschäftigten eine Informations-broschüre in die Hand zu drücken. Mit demDurchführen dieser Workshops für die Kolle-gen und Kolleginnen bietet man ihnen dieGelegenheit, sich mit dem Instrument ausein-anderzusetzen und kann eventuell Befürchtun-gen oder Unsicherheiten begegnen.

Bewertung Fortsetzung

zum Führen des Mitarbeitergesprächsgemeint? Hier kommt wieder die Kritik von Punkt 2 zum Tragen, dass die verhan-delnden Parteien manchmal die Lesbarkeitder Vereinbarungen für Menschen, dienicht unmittelbar an den Verhandlungenbeteiligt waren, aus den Augen verlieren.

! Tipp dazu: Vor dem endgültigen Ab-schluss der Vereinbarungen einfach maleinen nicht direkt an den Verhandlungenbeteiligten Kollegen aus dem Betriebs-rat zum Lesen geben und um Rück -meldung bitten.

§ 3 Zeitpunkt und DauerBewertung

Œ In § 3 ist die Zeitschiene für die Durch-führung des Gesprächs klar definiert. Außer-dem ist geregelt, dass die Verantwortung fürden Rahmen (Einladungsfrist, Atmosphäreetc.) und die Durchführung des Gesprächsbeim Vorgesetzten liegen.

Œ Zusätzlich ist hier die Möglichkeit eingebaut,für den Fall eines Wechsels der Tätigkeit desMitarbeiters oder eines Wechsels derFührungskraft, das Gespräch außerplanmäßigstattfinden zu lassen. Der Wunsch dazu kannvon beiden Seiten kommen.

Jeder Mitarbeiter hat ein Mitarbeitergesprächpro Kalenderjahr. Die Führungskräfte verein-baren die Termine mit ihren Mitarbeitern nacheinem festen Zeitplan über das Jahr. Der Mit-arbeiter hat sein Gespräch immer in einembestimmten Zeitraum (z. B. im Mai). Für dieDauer des Gesprächs ist ein Richtwert von45 Minuten vorgesehen.

Der Mitarbeiter erhält rechtzeitig minde-stens zwei Wochen vor dem geplanten Mitar-beitergespräch von dem Vorgesetzten eineEinladung, die den Gesprächsbogen enthält.Das Mitarbeitergespräch findet während derArbeitszeit an einem arbeitsplatznahenGesprächsort statt.

Der Vorgesetzte hat für einen ungestörtenAblauf des Mitarbeitergesprächs zu sorgen.

Bei einem Wechsel der Tätigkeit oder desVorgesetzten kann auf Wunsch des Mitarbei-ters und/oder auf Wunsch des Vorgesetztenein Termin außerplanmäßig stattfinden.

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Œ In § 5 wird der Ablauf des Gesprächs genaubeschrieben: Wer nimmt zuerst Stellung?Wozu? Was wird dokumentiert und was ist auf gar keinen Fall Thema des Gesprächs(Arbeitsanweisungen, Tagesgeschäft, Kolle-gen etc.)? Diese klare Struktur gibt beidenSeiten Orientierung und Sicherheit für dasGespräch.

Œ Für unterschiedliche Arbeitsbereiche gibt esunterschiedliche Gesprächsbögen, je nachAnforderungen.

Œ Wenn der Mitarbeiter eine andere Sichtweiseals die Führungskraft hat, kann er dieseAnsicht im Gesprächsbogen dokumentieren.

Die Mitarbeitergespräche finden in der Regelals Einzelgespräche zwischen Mitarbeiter unddirektem Vorgesetzten statt.

Der Mitarbeiter hat das Recht, einBetriebsratsmitglied hinzuzuziehen.

§ 4 DurchführungBewertung

Œ § 4 regelt, dass der direkte Vorgesetzte dasGespräch führt.

Œ Dem Mitarbeiter wird das Recht eingeräumt,ein Mitglied des Betriebsrates zum Mitarbei-tergespräch hinzuzuziehen.

bögen gemäß Anlagen. Auf diesen Bögennotieren beide Gesprächspartner ihre Ein-schätzung zum Mitarbeiter, gegebenenfallszu planende Schulungsmaßnahmen undEntwicklungsmöglichkeiten für den Mitar-beiter. Der Mitarbeiter hat am Ende desGesprächs die Möglichkeit, in einem dafürvorgesehenen Feld ergänzende Bemerkun-gen zu machen. Hier kann zum Beispieldokumentiert werden, dass der Mitarbeitermit der Einschätzung der Führungskraftnicht einverstanden ist.

Bewertung

Der Mitarbeiter nimmt zu seiner Aufgabe,dem Arbeitsumfang und dem ArbeitsumfeldStellung. Dazu gehört auch die Beurteilungvon Materialien, Geräten, Programmen unddes Gesundheitsschutzes. Verbesserungsvorschläge werden doku-mentiert und an das Vorschlagswesen wei-tergeleitet. Der Mitarbeiter schätzt dieQualität seiner Arbeit ein. Eventuell vorhan-dene Wünsche zu Entwicklungsmöglichkei-ten und Perspektiven im Unternehmen wer-den besprochen. Der Vorgesetzte schätztaus seiner Sicht die Arbeit des Mitarbei-ters ein. Eventueller Schulungsbedarf undFördermaßnahmen werden besprochen und im Gesprächsbogen dokumentiert.Auf keinen Fall sollen Arbeitsanweisungen,reguläre Vorgänge zum Tagesgeschäftoder aktuelle Projektstände. Inhalt desGesprächs sein. Auch ist das Gesprächnicht für die Besprechung von fachlichenFehlern des letzten Jahres vorgesehen, diese sind immer zeitnah außerhalb desMitarbeitergespräches mit dem Mitarbeiteranzusprechen. Es wird nicht über andere Mitarbeiter geredet.Themen, die nicht in einer Betriebsverein-barung geregelt sind, aber die Mitbestim-mungsrechte des Betriebsrates berühren(z. B. Zielvereinbarungen), werden im Mitarbeitergespräch nicht behandelt.Für die unterschiedlichen Arbeitsbereicheund Positionen gibt es den jeweiligenAnforderungen entsprechende Gesprächs-

§ 5 Inhalte des Gesprächs

1.

2.

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§ 6 DokumentationBewertung

Der Gesprächsbogen (Anlage 1) ist von der Führungskraft und dem Mitarbeiter zuunterschreiben. Durch die Unterschrift wirdbestätigt, dass das Gespräch mit den imGesprächsbogen festgehaltenen Inhaltenstattgefunden hat. Der Gesprächsbogen wirdin einem separaten Ordner in der Personal-abteilung archiviert. Der Mitarbeiter kann aufWunsch eine Kopie erhalten.

Entwicklungs- und Qualifizierungsbedarfs-bogen (Anlage 2)

Der separate Bogen wird am Ende desMitarbeitergesprächs von den Beteiligtengemeinsam formuliert und unterzeichnet undan die/den nächsthöhere/n Vorgesetzte/nzur Abzeichnung weitergeleitet.

Œ Beide Gesprächspartner unterzeichnen den Gesprächsbogen und erklären damit,dass das Gespräch mit den im Dokumen-tationsbogen festgehaltenen Inhalten stattgefunden hat.

Œ Der Gesprächsbogen wird in einem separatenOrdner in der Personalabteilung aufbewahrt.Zum Ort der Aufbewahrung von Gesprächs-bögen ist zu sagen, dass der einzige richtigeOrt dafür die Personalakte ist. Nur hier istgeregelt, dass der Zugang dazu nurbestimmten Personen möglich ist und dassjedes ›Öffnen‹ der Akte dokumentiert werdenmuss. Natürlich kann man, wenn man will,auch gegen diese gesetzlichen Regeln ver-stoßen. Aber die Hürde für ein unerlaubtesHineinsehen in das Gesprächsergebnis odergar für einen Missbrauch, ist um ein Vielfacheshöher, als wenn die Dokumentation bloß imSchreibtisch der Führungskraft oder in einemnormalen Aktenschrank aufbewahrt wird.

Œ Daher ist in dieser Vereinbarung auch sehrgut gelöst, dass der festgestellte Qualifizie-rungsbedarf auf einem Extra-Bogen dokumen-tiert wird. Dieser Bogen muss natürlich auchDritten, zum Beispiel zwecks Organisationder Fortbildung, zugängig sein.

Œ Auch die unverzügliche Zustimmung oderAblehnung der vereinbarten Maßnahme durchFach- oder Personalabteilung ist zubegrüßen, da ansonsten schon mal schnellWochen oder Monate zwischen demGespräch und dem Antritt einer Fortbildungliegen können.

24 Bilanz- und Qualifizierungsgespräche

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fi Allerdings wäre es noch wünschenswerter,dass der direkte Vorgesetzte nicht nur denQualifizierungsbedarf feststellt, sondernihn auch genehmigen darf, anstatt Dritteum Zustimmung zu bitten. Hierfür müssteer ein Fortbildungsbudget zur Verfügunghaben. Erfahrungsgemäß scheuen vieleArbeitgeber aber die klare Definition einesFortbildungsbudgets. Die Hoffnung scheintzu sein, dass man ohne Budget günstigerfährt. Ob das allerdings der Qualifikationund der Personalentwicklung der Beleg-schaft förderlich ist, bleibt mehr als frag-lich.

ΠPositiv an den hier getroffenen Daten-schutzregelungen ist, dass keine elektroni-sche Erfassung der Daten vorgesehen ist.

fi Negativ daran ist, dass die Aufbewah-rungsfrist mit den hier festgelegten dreiJahren grundlos lang ist.

§ 7 Konflikte/BeschwerdenBewertung

Die Beteiligten haben das Recht, bei Meinungsverschiedenheiten oder Konfliktenim Zusammenhang mit den Mitarbeiterge-sprächen das Gespräch abzubrechen undsich an die/den nächsthöhere/n Vorgesetz-te/n im Sinne von § 84 BetrVG oder denBetriebsrat im Sinne von § 85 BetrVG zuwenden. Das Gespräch muss dann zeitnahwieder aufgenommen werden.

Œ Eine Regelung für den Umgang mit konflikthaften Gesprächen ist getroffen.

25

Fach- und Personalabteilung haben die vorgesehenen Maßnahmen unverzüglich zubeurteilen. Ablehnungen sind zu begründen.Die Rückmeldung erfolgt durch eine/ndirekte/n Vorgesetzte/n. Durch Genehmi-

gung erwirbt der/die Mitarbeiter/in einenAnspruch auf die vorgesehene Maßnahme,die baldmöglichst durchgeführt wird.

Jedwede elektronische Erfassung, Speicherung, Verarbeitung und Weiterleitungder gemäß Ziffer 6 dokumentierten Inhalte/Ergebnisse unterbleibt.

Gesprächs- sowie Entwicklungs- und Qualifizierungsbögen sind nach Ablauf vondrei Jahren zu vernichten.

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Bilanz- und Qualifizierungsgespräche26

§ 8 Schlussbestimmungen

Diese Betriebsvereinbarung tritt am01.10.2006 in Kraft.

Sie kann von beiden Seiten mit einer Fristvon drei Monaten zum Ende eines Kalender-jahres, erstmalig zum 31.12.2007, gekün-digt werden. Nach Ablauf der Kündigungsfristentfaltet die Betriebsvereinbarung keineNachwirkung.

Bremen, 18.10.2006

Protokoll-Notiz 1:

Protokoll-Notiz 2:

Bewertung

Notizen als Anhang von Betriebsvereinbarun-gen sind dann sinnvoll, wenn damit Sach-verhalte klargestellt werden können, die –aus welchen Gründen auch immer – in derBetriebsvereinbarung unklar formuliert sindbeziehungsweise die nicht in die Vereinba-rung ›hinein verhandelbar‹ waren.

Die Zuordnung der Gesprächspartner ergibtsich aus der jeweils aktuellen Aufbauorga-nisation (der Ist-Zustand der Aufbauorganisa-tion zum Zeitpunkt des Abschlusses derBetriebsvereinbarung liegt dieser Betriebs-vereinbarung beispielhaft bei). Sind Mitarbei-ter einem längerfristigen Projekt oder ver-schiedenen Vorgesetzten zugeordnet, führtder jeweilige Projektleiter beziehungsweiseüberwiegend zuständige Vorgesetzte das Mitarbeitergespräch.

Nach Abschluss der Betriebsvereinbarung›Mitarbeitergespräche‹ vergibt der Vorstandeinen Auftrag an einen Trainer zur Erstellungeines Leitfadens für einheitliche Trainings der Führungskräfte zum Thema ›Führen vonMitarbeitergesprächen‹. Bevor diese Trai-nings beginnen, wird dieser Leitfaden zwi-schen Vorstand und Betriebsrat abgestimmtund jeder Partei zur Verfügung gestellt.

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Fall 4 Mitarbeitergespräche zur Vereinbarung von Zielen mit Boni

27

In diesem Unternehmen mit rund 400 Mitarbeitern gab es ein schon

länger laufendes Verfahren mit dem die Boni für leitende Angestellte

errechnet worden sind. Dieses Verfahren wollte die Geschäftsführung

modernisieren und stellte daher dem Betriebsrat ein neues System

vor. Dieses System war für den Betriebsrat aus mehreren – an dieser

Stelle nicht näher ausgeführten – Gründen nicht akzeptabel. In diesem

frühen Stadium der Verhandlungen gab es dann einen Führungswechsel

innerhalb der Geschäftsführung. Mit der neuen maßgeblichen Führungs-

person kam auch ein neuer Vorschlag zum Zielvereinbarungssystem,

mit dem der Betriebsrat von vorneherein grundsätzlich einverstanden

war. Die Verhandlungen über die genauen Details des System – bis zum

Abschluss der hier vorgestellten Vereinbarung – liefen ungefähr über

den Zeitraum von einem Jahr.

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Mitarbeitergespräche zur Vereinbarung von Zielen mit Boni28

Mit dem neuen System soll erreicht werden,dass alle Beschäftigten die Möglichkeithaben, am Gewinn des Unternehmens betei-ligt zu werden. Die neuen Erfolgsprämien sol-len Anreize schaffen und eine Anerkennungdarstellen. Dabei sind sich Betriebsrat undUnternehmensleitung einig, dass mit den neu-en Erfolgsprämien eine Motivation zu besse-ren Leistungen erreicht werden soll. Erwartetwird ein Unternehmensergebnis, das besserist als der Wirtschaftsplan.

Die Finanzierung der Prämien erfolgt nichtüber einen Teil des Tarifgehalts. Die Prämienwerden bei der Erfüllung des Wirtschafts-planes oder bei Erreichung der Zielvereinba-rungen zusätzlich zum Tarifgehalt gezahlt.

Individuelle Prämien für besonders heraus-ragende Leistungen, die von den Führungs-kräften für ihre Mitarbeiter heute in Einzelfäl-len beantragt werden, haben auch zukünftigunabhängig von dieser Vereinbarung weiterBestand.

Präambel

1.

2.

3.

Bewertung

§ 1 Gegenstand und GeltungsbereichBewertung

In § 1 werden die in diesem Unternehmengleichzeitig laufenden und gültigen Systemezur Erreichung von Prämien dargestellt. Dassind zum einen die Prämien, die an Zielver-einbarungen geknüpft sind und zum anderendie sogenannten Erfolgsprämien.

Die Prämien mit Zielvereinbarungen sindfür übertariflich bezahlte Mitarbeiter obligato-risch. Alle anderen Beschäftigten können sichüberlegen, ob sie dieses System wählen oderdie Erfolgsprämie, die von vornherein auf350 Euro festgelegt ist. Bei der Zielvereinba-rungsprämie werden (dies nehmen wir an dieser Stelle schon mal vorweg) bei 100 Pro-zent Zielerreichung 5 Prozent der am 30.06.gültigen Jahresvergütung des jeweiligenGehaltes gezahlt.

Grundlage für diese Betriebsvereinbarung istdie zwischen der Unternehmensleitung unddem Betriebsrat am 21.12.2004 abgeschlos-sene Absichts- und Verpflichtungserklärungzur Regelung von Jahresprämien. Unterneh-mensleitung und Betriebsrat sehen dieUmsetzung der Absichts- und Verpflichtungs-erklärung mit dem Abschluss dieser Betriebs-vereinbarung als abgeschlossen an.

Die Jahresprämien gliedern sich in zweiSysteme. Für den Kreis der Angestellten, dienicht von den Gehaltsgruppen des Vergü-tungstarifes erfasst werden und keine leiten-den Angestellten im Sinne des § 5 Absatz 3des BetrVG sind, werden Prämien mit Ziel-vereinbarungen festgelegt. Darüber hinausbesteht auf schriftlichen Antrag bei den Vor-gesetzen für weitere Beschäftigte die Mög-

Œ In der Präambel werden klar und deutlich die Ziele des neuen Systems (Einführung vonZielvereinbarungsgesprächen) benannt:

alle Mitarbeiter am Unternehmens -gewinn zu beteiligeneine höhere Motivation der Mitarbeiter und die Übererfüllung des Wirtschaftsplans zu erreichen

ŒSehr wichtig ist die frühzeitige Klar stellungzu Beginn der Vereinbarung, dass die Prämien zusätzlich zum Tarifgehalt gezahltwerden und nicht Teil des Gehaltes sind.

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29

lichkeit zur freiwilligen Teilnahme an den Prämien mit Zielvereinbarungen, sofern diessinnvoll ist und der Arbeitsplatz dies zulässt.

Erfolgsprämien erhalten alle Beschäftig-ten, die nicht an dem Prämiensystem mitZielvereinbarungen teilnehmen.

Von dieser Prämienregelung ausgenommen sind:

Auszubildende,Aushilfen,Werkstudenten,Praktikanten,Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis ruht (Elternzeit, Wehrdienst),Beschäftigte in der Freistellungs -phase bei Altersteilzeit,Mitarbeiter, die freigestellt sind, weil sie ihr Lebensarbeitszeitkonto abbauen,Angestellte mit Befristungen unter einem Jahr

Sollten die vorgenannten Ausschlusskriteriennur für Teiljahre zutreffen, werden die Prämi-en analog § 8 Ziffer 6 Manteltarifvertraggezwölftelt.

ŒEs ist eher ungewöhnlich zwei verschiedenePrämiensysteme nebeneinander im Unter-nehmen zu haben. Aus unserer Sicht ist diesaber eine interessante Variante, die zumeinen den Arbeitnehmern mit höherer Verant-wortung und größerem Gestaltungsspielraumin ihrem Arbeitsfeld gerecht wird (diese sinddie klassische Zielgruppe für Zielvereinbarun-gen mit Entgeltcharakter). Zum anderen wer-den die anderen Beschäftigten nicht von die-sem Instrument ausgeschlossen. Sie könnensich überlegen, ob sie die ›risikoreichere›Variante der Zielvereinbarungen wählen (undob ihre Gestaltungsmöglichkeiten in ihremArbeitsumfeld dies überhaupt zulassen) odersich auf die sichere Seite – sicher insoweit,als die Höhe der Prämie von vornherein fest-steht – der Erfolgsprämien begeben. DieseMöglichkeit wird sicher den ein oder anderenMitarbeiter motivieren, Zielvereinbarungeneinmal auszuprobieren.

fi Unklar ist, ob sich die Beschäftigten jedesJahr neu für eines der Systeme entschei-den können, oder ob es eine Entschei-dung für ein ganzes Arbeitsleben ist. Letz-teres würde die Experimentierfreude derMitarbeiter sicher in Grenzen halten.

Œ Außerdem wird an dieser Stelle genannt, welche Zielgruppen komplett von den Prämi-envereinbarungen ausgeschlossen sind (Auszubildende, Aushilfen, Praktikanten etc.).

fi Allerdings ist die sprachliche Formulierungan dieser Stelle etwas ungenau. Hier wirdvon Prämienregelungen im Allgemeinengesprochen und wahrscheinlich sind auchbeide Systeme gemeint. Deutlicher wäreallerdings beide Systeme beim Namen zunennen, also einerseits die Prämien mitZielvereinbarungen und andererseits dieErfolgsprämien.

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§ 3 Prämien für ZielvereinbarungenBewertung

Mitarbeitergespräche zur Vereinbarung von Zielen mit Boni30

Erfolgsprämien erhalten alle Beschäftigten, die nicht an dem Prämiensystem mit Zielver-einbarungen teilnehmen.

Vorgabe ist die Erfüllung des Wirtschafts-planes, daher das Erreichen der geplantenbetriebswirtschaftlichen Kennzahl ›BereinigtesEBITDA‹ (Ertrag vor Zinsen, Steuern,Abschreibungen auf Sachanlagen undAbschreibungen auf immaterielle Vermögens-gegenstände). Die Kennzahl ›Bereinigtes EBIT-DA‹ ist in der Anlage 4 näher erläutert. Dasgeplante ›Bereinigte EBITDA‹ wird im Januarvon der Unternehmensleitung bekannt gege-ben. Der Be triebsrat erhält die Berechnungdes ›Bereinigten EBITDA‹ auf der Grundlageder Anlage 4 dieser Betriebsvereinbarung.Der Betriebsrat ist berechtigt, interessiertenKolleginnen und Kollegen Einblick in diegenannten Unterlagen zu gewähren.

Wenn das Ziel erreicht wird, erhält der/die jeweilige Mitarbeiter/-in eine Prämie von

Œ In diesem Paragrafen wird das Verfahren für den Erhalt der Erfolgsprämien ganz deut-lich beschrieben: Voraussetzung der Prämie(Erfüllung des Wirtschaftsplans), Höhe derPrämie, Zeitpunkt der Auszahlung. Es bleibtkeine Frage offen. Die Mitarbeiter sind klarund deutlich informiert.

350 Euro zur freien persönlichen Verfügung.Die Erfolgsprämien werden regelmäßig durchden Vorstand und den Betriebsrat auf Grund-lage der wirtschaftlichen Entwicklung (…) und der Entwicklung im Tarifbereich im Hinblick auf eine Erhöhung überprüft.

Die Auszahlung der Prämien erfolgt zu sammen mit der Auszahlung der Prämienfür Zielvereinbarungen zeitnah, möglichst imMai des Folgejahres, nach der Vorlage desJahresabschlusses.

Zielvereinbarungen sind ein Führungsinstru-ment. Für den Kreis der Angestellten, dienicht von den Gehaltsgruppen des Vergü-tungstarifes erfasst werden und keine leitenden Angestellten im Sinne des § 5Absatz 3 des BetrVG sind, werden daher Prä-mien mit Zielvereinbarungen festgelegt. Dar-über hinaus besteht auf schriftlichen Antragbei den Vorgesetzten für weitere Beschäftig-te die Möglichkeit zur freiwilligen Teilnahmean den Prämien mit Zielvereinbarungen,sofern dies sinnvoll ist und der Arbeitsplatzdies zulässt. Wird der Antrag abgelehnt,besteht die Möglichkeit, die Clearingstelleeinzuschalten. Die bisherigen OT-Prämien aufder Grundlage des Vermerkes vom01.07.1998 werden abgeschafft.

Für die Zielvereinbarungen werden indivi-duell maximal vier voneinander unabhängigeZiele vereinbart. Alle Ziele haben die gleicheGewichtung.

Œ Der erste Satz ›Zielvereinbarungen sind einFührungsinstrument‹ lässt erkennen, dassdas System der Zielvereinbarungen nichtaus-schließlich als monetäre Belohnung ver-standen wird, sondern als ein Instrument mitdem Mitarbeiter zu mehr Leistung geführtwerden können.

fi Es wird erneut die Möglichkeit erwähnt,dass auch tariflich Beschäftigte an demPrämiensystem mit Zielvereinbarung teil-nehmen können. Allerdings wird hier dieEinschränkung formuliert ›sofern diessinnvoll‹ ist. Wer stellt fest, ob diese Teil-nahme sinnvoll ist und woran dieser Sinnfestgemacht wird? Hier fehlt eine konkre-tere Formulierung. Diese ›wachsweiche‹Formulierung kann Tür und Tor öffnen fürEntscheidungen nach dem ›Nasenfaktor-prinzip‹.

§ 2 Erfolgsprämien

Bewertung

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Das erste Ziel ist – als Vorgabe – die Erfül-lung des Wirtschaftsplanes, daher das Errei-chen der geplanten betriebswirtschaftlichenKennzahl ›Bereinigtes EBITDA‹ (Ertrag vorZinsen, Steuern, Abschreibungen auf Sachan-lagen und Abschreibungen auf immaterielleVermögensgegenstände). Siehe zum ›Berei-nigten EBITDA‹ auch Anlage 4.

Die weiteren Ziele müssen einvernehmlicheVereinbarungen – keine einseitigen Vorgaben– sein. Das zweite Ziel ist zwingend ein persönliches Entwicklungsziel, das sich aufVerhalten, Führungsqualitäten, Schlüsselquali-fikationen oder Präsentationsfähigkeitenetc. beziehen muss. Die zwei übrigen Zielekönnen wirtschaftliche Unternehmensziele,Abteilungsziele oder persönliche Ziele ausallen Aspekten des Arbeitsprozesses (z. B.Umsatzziele, Reduzierung von Leerständen,Verminderung von Beschwerden, Verbesse-rung von Standardaufgaben oder Projekt-ziele) sein.

Für die Festlegung der Ziele gilt die Smart-Regel. Das heißt, die Ziele müssen schriftlichund spezifisch, messbar und anspruchsvollrealistisch/realisierbar und terminiert sein.Sofern ein Ziel nicht messbar ist, sollte der Zustand beschrieben werden, der durchdie Aktivitäten erreicht werden soll.

Bei der Festlegung der Ziele sind indivi-duelle Einschränkungen, z. B. eine Anerken-nung gemäß Schwerbehindertengesetz, angemessen zu berücksichtigen. Die verein-barten Ziele müssen realistisch im Rahmender Regelarbeitszeit zu leisten sein. Nicht die Ausdehnung der Arbeitszeit, sondern einpositives Ergebnis ist erwünscht.

Für die Gesamt-Zielerreichung gelten folgende Stufen:

Ziel nicht erreicht 0 %Ziel teilweise erreicht 50 %Ziel weitgehend erreicht 75 %Ziel erreicht 100 %

Die Ziele sind untereinander kompensierbar.Dabei können Ziele auch unterjährig ge-tauscht werden. Ersatzziele sind dann miteiner schriftlichen Begründung darzulegen.Bei der Vielzahl der zu vereinbarenden Ziele

Œ Positiv ist jedoch wieder die Einrichtung einerClearingstelle, an die sich bei abgelehntenAnträgen gewendet werden kann. Solch eineEinrichtung reduziert das eben erwähnte Risi-ko einer ›Nasenfaktorentscheidung‹ wieder.

Œ Im Folgenden wird mustergültig das Verfah-ren der Zielfestlegung beschrieben.

Œ Zunächst wird in Absatz II die Anzahl der Ziele (hier 4) festgelegt und die Gewichtungder Ziele (hier gleichwertig). Das erste Zielist festgelegt (Erfüllung des Wirtschaftsplans).�fi Streng genommen handelt es sich dabei

gar nicht um ein Ziel im Sinne von Ziel-vereinbarungsgesprächen, da es nicht per-sönlich vom Einzelnen beeinflussbar ist.Allerdings schätzen wir das in diesem Fallals nicht so gravierend ein (auch wenn es von der reinen Lehre abweicht), da dieübrigen drei Ziele sich im persönlichenGestaltungsspektrum des jeweiligen Mitarbeiters befinden.

Œ In Absatz 4 wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Ziele einvernehmlichzu vereinbaren sind (also zwischen Mitarbei-ter und Führungskraft. Dieser Hinweis fehltallerdings in der Vereinbarung, wird aberwohl die betriebliche Praxis sein). Wohlge-merkt: Es geht um Vereinbarungen nicht umZielvorgaben, auch wenn das in manchenUnternehmen in der Praxis immer wieder mit-einander verwechselt wird. Die Ziele werdenim Gespräch zwischen Mitarbeiter undFührungskraft miteinander abgesprochen undnicht von der Führungskraft vorgegeben.

Œ Die übrigen drei Ziele werden frei vereinbart.Dabei ist es kein Widerspruch, dass daszweite Ziel ein persönliches Entwicklungszielsein muss, denn wie dieses persönliche Entwicklungsziel aussieht (Verhaltensände-rung, Erwerb von zusätzlichen Qualifikatio-nen, Führungsverhalten etc.) ist wiederumfrei verhandelbar.

Œ Die Betriebsvereinbarung führt außerdem diesogenannte Smart-Regel ein, wonach ein ver-einbartes Ziel immer folgenden Ansprüchengerecht werden muss: es muss spezifischsein, es muss messbar, anspruchsvoll, realistisch und terminiert sein.

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Mitarbeitergespräche zur Vereinbarung von Zielen mit Boni32

ist es erforderlich, im Unternehmen sicher-zustellen, dass alle Ziele miteinander verein-bar sind. Die vereinbarten Ziele dürfen sichnicht widersprechen. Zu diesem Zweckerfolgt eine Vorprüfung der Ziele durch dieProkuristen/Hauptabteilungsleiter und an-schließend eine Plausibilitätsprüfung durchdie Personalabteilung.

Als Prämienhöhe werden bei 100 ProzentZielerreichung jeweils 5 Prozent der am30.6.2008 gültigen Jahresvergütung desjeweiligen Gehaltes vereinbart. Die Prämienwerden regelmäßig durch den Vorstand undden Betriebsrat auf Grundlage der wirtschaft-lichen Entwicklung (…) und der Entwicklungim Tarifbereich im Hinblick auf eine Erhöhungüberprüft.

Individuelle zusätzliche Prämien für beson-ders herausragende Leistungen, die für dieMitarbeiter beantragt werden, sind auchzukünftig weiter möglich und sind mit Begrün-dung zusätzlich im Gesprächsbogen zur Zielvereinbarung (Anlage 2) zu beantragen.

Die Auszahlung der Prämien für Zielverein-barungen erfolgt zusammen mit der Auszah-lung der Erfolgsprämien zeitnah, möglichstim Mai des Folgejahres, nach der Vorlagedes Jahresabschlusses und Ermittlung des›Bereinigten EBITDA‹.

Œ Gleichzeitig wird auch noch eine Hilfe für den Fall gegeben, dass das Ziel nicht mes-sbar ist (was bei Zielen der Fall ist, die nichtquantifizierbar sind). In diesem Fall muss derZustand beschrieben werden, der mit demZiel erreicht werden soll.

Œ In Absatz 6 möchten wir besonders den Hinweis darauf hervorheben, dass die verein-barten Ziele realistisch in der Arbeitszeit zu leisten sein müssen. Dieses macht denBeteiligten deutlich, dass es nicht darumgeht die Mitarbeiter so zu pushen, dass fürdie Erreichung der Ziele die Arbeitszeitenausgedehnt werden. Damit würden dann dieZiele im übrigen auch nicht mehr der SmartRegel entsprechen.�

Œ Positiv ist ebenfalls, dass die volle Prämiegezahlt wird, sobald das Ziel zu 100 Prozenterreicht ist. Leider gibt es genügend Beispie-le, bei denen die komplette Summe erst beiZielübererfüllung (z. B. 120 Prozent) fälligwird. Diese Systeme führen aus unsererSicht in der Regel nicht zu motivierten Mitar-beitern, die gern ihre vereinbarten Zieleumsetzen, sondern zu Mitarbeitern, die unterDruck und Stress leiden (mit allen hinlänglichbekannten Auswirkungen wie Burnout, langeAusfallzeiten etc.)

Œ Ziele auch innerhalb des Vereinbarungszeit-raums tauschen zu können (weil sich etwasverändert hat, was bei Abschluss der Verein-barung noch nicht erkennbar war) trägt ebenfalls dazu bei, dass das Instrument derZielvereinbarungen kein Druck- sondern einMotivationsinstrument ist.

Œ Die Absicht, wie sie in § 3 Absatz 7 genanntwird, alle vereinbarten Ziele im Unternehmenauf ihre Vereinbarkeit miteinander zu über-prüfen ist ein hoher Anspruch, dessen reali-stische Umsetzung wir uns in der Wirklichkeitkaum vorstellen können.

Œ Im weiteren behandelt dieser Paragraf vorbildhaft die Möglichkeit, besonders herausragende Leistungen über die Zielver-einbarungsprämie hinaus zu belohnen. Auchdie Auszahlungsregeln werden ausführlichund klar benannt.

§ 3 Prämien für Zielvereinbarungen FortsetzungBewertung Fortsetzung

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Das Zielvereinbarungsgespräch ist ein formali-siertes standardisiertes dialogorientiertesGespräch. Es findet in einer störungsfreienAtmosphäre statt. Grundlage des Gesprächesist der in Anlage 1 beigefügte Leitfaden.

Das Zielvereinbarungsgespräch ist einVier-Augen-Gespräch zwischen Mitarbeiterund Vorgesetztem. Die Gesprächpartner vereinbaren auf gleicher Augenhöhe Zieleund Bewertungskriterien für das kommendeJahr und bewerten die Ergebnisse für dasvergangene Jahr. Die Ergebnisse desGespräches sind in dem Formular – Anlage 2– zu dokumentieren. Die Mitarbeiterin/derMitarbeiter hat bei zu erwartenden Meinungs-verschiedenheiten das Recht, den Betriebs-rat zu dem Gespräch dazuzubitten.

Das Zielvereinbarungsgespräch behandeltausschließlich den Soll/Ist-Vergleich nachdem festgelegten Zeitraum (vom 01.01. bis31.12.), die Bewertung des Zielerreichungs-grades und die Abweichungsanalyse und dieeinvernehmliche Festlegung der neuen Ziele.

§ 4 Durchführung des ZielvereinbarungsgesprächsBewertung

An dieser Stelle geht es nun um dasGespräch, in dem die Zielvereinbarungen zwischen Führungskraft und Mitarbeiter abge-schlossen werden: Wo und unter welchenBedingungen findet es statt? Was sind dieInhalte?

Œ Gleich zu Beginn wird darauf aufmerksamgemacht, dass das Gespräch formalisiertund standardisiert ist. Das heißt, es gibt kla-re Vorgaben (in diesem Fall einen Gesprächs-leitfaden) dafür, wie das Gespräch abläuft,welche Themen behandelt werden und in welcher Reihenfolge. Damit ist der Charakterdes Gesprächs als reines Arbeitsgesprächdeutlich gekennzeichnet. Gleichzeitig wirddas Gespräch als dialogorientiert gekenn-zeichnet. Dies unterstreicht den Vereinba-rungsaspekt des Gesprächs. Die Ziele wer-den vereinbart nicht vorgegeben, was auchdurch die Formulierung ›auf gleicher Augen-höhe‹ unterstrichen wird.

ΠPositiv hervorzuheben ist ebenfalls, dass diePartner nicht nur Ziele vereinbaren, sondernauch gleichzeitig die Kriterien, mit denen dasErreichte bewertet wird. Die Zielerreichungwird also nicht von Dritten bewertet, sondernvon den Verhandlungspartnern selbst.

Œ Auch in dieser Vereinbarung wird dem Mitar-beiter das Recht eingeräumt, den Betriebsratzum Gespräch hinzuzubitten.

fi Allerdings soll dies laut Formulierung nur bei ›zu erwartenden Meinungsverschie-denheiten‹ sein. Diese Formulierung stehtim Widerspruch zum Betriebsverfassungs-gesetz, nach dem jeder Beschäftigte dasRecht hat den Betriebsrat zu Gesprächenhinzuzuziehen (§ 82 Absatz 2 BetrVG).

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Mitarbeitergespräche zur Vereinbarung von Zielen mit Boni34

Grundlage für die Ausschüttung der Prämieist ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis. FürBeschäftigte, die unterjährig eingestellt wer-den, die in Rente oder Altersteilzeit gehen,die unterjährig versetzt werden, wird die Prämie anteilig (gezwölftelt) verteilt. Für Be-schäftigte, die durch längere Krankheitszeitenausfallen, dürfen keine Nachteile entstehen.

Grundsätzlich gilt auch bei den genanntenFällen, dass die vereinbarten Ziele kompen-sierbar sein müssen. Dabei können Ziele auchunterjährig getauscht werden.

Ersatzziele sind mit einer schriftlichenBegründung darzulegen. Darüber hinaus sindindividuelle Regelungen gegebenenfalls inAbsprache mit dem Betriebsrat zu treffen.Wird keine einvernehmliche Einigung erzielt,muss die Clearingstelle entscheiden.

Durch die Teilnahme am Prämiensystem dürfen den Beschäftigten keine Nachteile entstehen. Es wird festgelegt, dass dieErgebnisse aus den Zielvereinbarungen keinearbeitsrechtlichen Konsequenzen, insbeson-dere keinen Einfluss auf Zeugnisse haben.

Können Meinungsverschiedenheiten gege-benenfalls unter Hinzuziehung eines Betriebs-ratsmitglieds nicht im Zielvereinbarungsge-spräch geklärt werden und kommt daher keine Lösung zustande, kann die Clearing-stelle angehört werden.

Die Clearingstelle wird paritätisch besetzt.Das heißt, sie setzt sich zusammen aus zwei von der Unternehmensleitung benannten Personen und zwei vom Betriebsrat benann-ten Personen. Die Clearingstelle tritt nur bei Bedarf zusammen. Jede Partei hat dasRecht, die Clearingstelle einzuberufen. DieClearingstelle entscheidet einvernehmlich.

§ 5 GrundvorgabenBewertung

§ 6 Arbeitsrechtliche Konsequenzen

§ 7 Clearingstelle

fi Wir halten die Regelung, dass Arbeitneh-mer, die gekündigt haben, keine anteiligePrämie erhalten (Zwölfteilung) für nichtgerecht. Das kann im Extremfall bedeuten,dass ein Mitarbeiter 11 Monate 100 Pro-zent seiner Ziele erreicht hat (ggf. sogarmehr als das) und dafür keine Prämiebekommt. Da die Prämie für erbrachte Leistung steht und es sich nicht um eine›Treueprämie‹ handelt, wäre eine anteiligeAusschüttung angemessen.

Œ Für Beschäftigte, die in Altersteilzeit oderRente gehen oder die längere Zeit krank sind,wurde dies auch so geregelt.

Œ Wir haben bereits erwähnt, dass es eineGrundvoraussetzung für die Akzeptanz vonMitarbeitergesprächen aller Art ist, dass sie keine arbeitsrechtlichen Konsequenzennach sich ziehen dürfen. Hier finden wir denzusätzlichen Hinweis beachtenswert, dass die Zielvereinbarungen keinen Einfluss aufArbeitszeugnisse haben dürfen.

Œ Eine paritätische Clearingstelle für dieKlärung von Konflikten ist sehr sinnvoll. Ebenso die Regelung, dass diese nur beiBedarf zusammentritt. In der Praxis wird es,nach unserer Erfahrung, wenige Fälle geben,in denen die Zusammenkunft dieser Stellenotwendig ist.

Bewertung

Bewertung

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Unternehmensleitung und Betriebsrat sindgemeinsam der Auffassung, dass es imZusammenhang mit der Einführung und derweiteren Umsetzung/Durchführung der neuenErfolgsprämien notwendig ist, die Qualitätder Führung zu sichern und die soziale Kom-petenz nachhaltig, regelmäßig und dauerhaftzu stärken.

Bevor Zielvereinbarungsgespräche gemäßdieser Betriebsvereinbarung erstmaliggeführt werden, nehmen alle Führungskräfteeinschließlich der leitenden Angestellten (im Sinne des § 5 Absatz 3 des BetrVG), alleMitglieder des Betriebsrates und der Schwer-behindertenvertreter an einer Schulung teil.Die Personalabteilung und die Mitglieder desBetriebsrates stehen für Auskünfte, Hinweiseund Beratung zur Verfügung.

Angemessene ausführliche praxisnaheInformationen der Beschäftigten sind zugewährleisten.

Um die in der Präambel formulierten Ziele zusichern, ist es erforderlich, die getroffenenVereinbarungen regelmäßig zu überprüfen. Zu diesem Zweck erstellt die Unternehmens-leitung einen jährlichen Bericht. Der Berichtist dem Betriebsrat zusammen mit dem Bildungsbericht zu übergeben. Die Inhalte des Berichtes sind in der Anlage 3 geregelt.

§ 8 Schulung und QualifizierungBewertung

§ 9 Qualitätssicherung/EvaluierungBewertung

Œ Wir haben schon bei den anderen Vereinba-rungen ausführlich kommentiert, wie wichtigSchulungen für Führungskräfte vor der Durch-führung von Mitarbeitergesprächen sind.(Verweis siehe auch Seite 7/8)

Œ Besonders hervorheben möchten wir an dieser Stelle noch die Regelung, dass auchder Betriebsrat und der Schwerbehinderten-vertreter an diesen Schulungen teilnehmen,damit sie anschließend den Kolleginnen undKollegen für Fragen und Informationen zumThema zur Seite stehen können.

Œ Es ist gut, dass in der Vereinbarung aus-drücklich die Information an die Beschäftigtenerwähnt wird. Die eigene Belegschaft recht-zeitig und umfassend über das neu einge-führte Instrument zu informieren, ist für dieAkzeptanz der Zielvereinbarungen unabding-bar.

fi Gerade deshalb ist die Formulierung andieser Stelle etwas zu schwammig gera-ten. Was ist mit ›angemessener‹ Informa-tion gemeint? Besser wäre an dieser Stellekonkreter zu formulieren, wie zum Beispiel›in zweistündigen Informationsveranstaltun-gen oder im Rahmen einer Betriebsver-sammlung wird die Belegschaft über dasInstrument Zielvereinbarungen vonGeschäftsführung und Betriebsrat infor-miert‹.

Œ Unserer Meinung nach sollte jedes neu ein-geführte Instrument auf seine Wirksamkeitüberprüft werden. Daher finden wir es gutund richtig, die Evaluierung gleich mit zu vereinbaren. Gerade weil es sich um ein wichtiges Führungsinstrument handelt, vondem Gehaltsbestandteile abhängig sind.

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Mitarbeitergespräche zur Vereinbarung von Zielen mit Boni36

Der Mitarbeiter und der Vorgesetzte erhaltenje ein unterschriebenes Exemplar des For-mulars gemäß Anlage 2. Dieses Exemplarmuss nach dem nächsten Zielvereinbarungs-gespräch vernichtet werden. Eine Kopie erhal-ten der Hauptabteilungsleiter und später diePersonalabteilung zur Überprüfung der Verein-barkeit der gesamten Ziele. Nach dieser Prüfung muss die Kopie vernichtet werden.Weitere Exemplare dürfen nicht angefertigtwerden. In die Datenbank dürfen die notwen-digen Daten eingestellt werden. Die Bestim-mungen des Datenschutzes sind zu beachten.

Alle Anlagen sind Bestandteil dieser Betriebs-vereinbarung und können im gegenseitigenEinvernehmen geändert werden, ohne dasses der Kündigung dieser Betriebsvereinba-rung bedarf.

Diese Betriebsvereinbarung tritt rückwir-kend zum 01.01.2008 mit ihrer Unterzeich-nung in Kraft. Sie ist umgehend nach ihrerUnterzeichnung an alle Beschäftigten zu verteilen.

Die bereits für das Kalenderjahr 2008 fürden OT-Bereich vereinbarten Ziele gelten alsZielvereinbarungen im Sinne dieser Betriebs-vereinbarung. Die Festlegung der Prämien-höhe erfolgt auf Grundlage der Bestimmun-gen in § 3 dieser Vereinbarung.

Die Betriebsvereinbarung kann mit einerFrist von drei Monaten zum Jahresendegekündigt werden.

Bremen, Juni 2008

§ 10 DatenschutzBewertung

§ 11 Schlussbestimmungen, Laufzeit, Kündigung

In diesem Regelwerk ist der Datenschutz vorbildlich berücksichtigt. Die Dokumentewerden nicht länger als unbedingt notwendigaufbewahrt. (Siehe auch Seite 11)

Œ Die Anlagen (Gesprächsleitfaden, Dokumenta-tionsbogen etc.), die wir in dieser Broschürenicht extra besprechen, sind Bestandteil dieser Betriebsvereinbarung. Diese könnengesondert gekündigt werden, ohne dassdafür die komplette Betriebsvereinbarunggekündigt werden muss. Dies ist eine deutli-che Arbeitserleichterung. Sollte bei der Eva-luation herauskommen, dass beispielsweiseder Gesprächsleitfaden in dem ein oder ande-ren Punkt unklar ist und überarbeitet werdenmuss, dann muss nur dieser gekündigt undverändert und nicht die ganze Vereinbarungerneut ›angefasst‹ werden.

Bewertung

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Kolumnentitel rechts 37

Mitbestimmung der Betriebsräte bei der Einführung von Mitarbeiter-Vorgesetzten-Gesprächen

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Mitbestimmung der Betriebsräte bei der Einführung von Mitarbeiter-Vorgesetzten-Gesprächen38

Personalfragebogen

BeurteilungsrichtlinienBeurteilungsgrundsätze

Fragen der Ordnung des Betriebs und desVerhaltens der Arbeitnehmer

technische Überwachungseinrichtung

betriebliche Lohngestaltung, Akkord- undPrämiensätze sowie vergleichbare Entgelte

betriebliche Bildungsmaßnahmen

§ 94 Abs.1

§ 94 Abs.2

§ 87 Abs. 1 Nr.1

§ 87 Abs. 1 Nr.6

§ 87 Abs. 1 Nr. 10 und Nr. 11

§§ 96–98

Der Betriebsrat hat bei der Aufstellung vonBeurteilungsgrundsätzen ein Zustimmungs-verweigerungsrecht (§ 94 Absatz 2 Betriebs-verfassungsgesetz).

Beurteilungsgrundsätze sind Richtlinien,mit deren Hilfe die Leistung und das Verhal-ten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-mern beurteilt werden sollen. Die Beurteilungmuss der Vergleichbarkeit dienen. Einzelfall-bewertungen fallen nicht unter diese Vorschrift.Zielvereinbarungen und formalisierte Mitarbei-tergespräche werden von der Rechtspre-chung wie Beurteilungsgrundsätze behandelt.

Der Betriebsrat kann die Einführung derGrundsätze nicht erzwingen. Sollen dieseaber eingeführt werden, kann er mitbestim-men, ob und wenn ja, wie diese inhaltlich undformal ausgestaltet sind. Hierunter fallen dieEinführung, die Verwendung und die Kriteriender Beurteilung.

Bei Nichteinigung mit dem Arbeitgeberkann der Betriebsrat ein Einigungsstellen-verfahren einleiten. Gleiches gilt bei der Einführung oder Veränderung eines Personal-fragebogens (§ 94 Absatz 1 BetrVG).

Hierzu zählt jede formalisierte, standardi-sierte Informationsbeschaffung von Arbeitneh-merdaten, die nicht ausschließlich arbeits-platzbezogen sind.

Sollen keine Beurteilungen erstellt werden,fallen Mitarbeitergespräche, egal ob ihrGegenstand eine Zielvereinbarung, eine Qualifizierung oder eine Krankenrückkehr ist,unter die Mitbestimmung aufgrund des § 87Absatz 1 Nr. 1 BetrVG (Fragen der Ordnungund des Verhaltens des Arbeitnehmers imBetrieb). Bei Zielvereinbarungen mit Entgel-tanteil kommt der § 87 Absatz 1 Nr. 10 und11 zum Zuge. Auch hier kann bei Nichteini-gung die Einigungsstelle eingeschaltet werden.

Werden in den Gesprächen Qualifizierun-gen vereinbart, kommen die §§ 96 bis 98BetrVG zum Einsatz. Nach der Informationüber die Qualifizierung kann der Betriebsratunter anderem mitbestimmen über die Artder Maßnahme, den Zeitpunkt, die Dauer, die Auswahl der Teilnehmer und des Trainers.Bei Nichteinigung kann ebenfalls die Einigungsstelle entscheiden.

Mitbestimmung bei Betriebsräten

Mitarbeitervertretungen und Personalräte sind ebenfalls im Grundsatz in der Mitbestim-mung bei der Ein- und Durchführung von Mitarbeitergesprächen. Da es spezielle Rege-lungen für diese Interessenvertretungen

gibt, kann das Verfahren in dieser Broschürenicht abschließend erläutert werden. Bitte wenden Sie sich bei Fragen direkt andie Arbeitnehmerkammer.

Mitbestimmung bei Mitarbeitervertretungen und Personalräten

Mitbestimmung Gegenstand Betriebsverfassungsgesetz

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Regelungspunkte einer Vereinbarung

Präambel:

Was ist der Regelungsanlass?Welche Ziele sollen erreicht werden?

Geltungsbereich:

Für wen gilt diese Vereinbarung räumlichund persönlich?Welche Regelungen gelten für neu einge-tretene Arbeitnehmer und Arbeitnehmerin-nen und befristetet Beschäftigte?

zentrale regelungsmaterie:

Wer hat wann und wie oft Anspruch auf ein Gespräch?Was ist der Inhalt des Gesprächs?Wie soll das Gespräch vorbereitet, durchgeführt und nachbereitet werden?Welche Formulare (z. B. Gesprächsleit-faden, Protokoll) und sonstigen Papieresind Bestandteil der Gespräche?Wie erfolgt die Dokumentation?Ausschluss von arbeitsrechtlichen Konsequenzen.

verhaltensfragen:

Wie erfolgt die Konfliktregelung?Wie wird der Datenschutz gewährleistet?Wo und wie lange werden die Ergebnisse aufbewahrt?Wer kann zusätzlich unter welchen Vor-aussetzungen am Gespräch teilnehmen?Wie wird das Gespräch eingeführt?Wer erhält von wem welche Schulungen?Wie lange dauert die Erprobungsphase?Wie werden die Ergebnisse ausgewertet?

Mitbestimmung bedeutet:

der Arbeitgeber darf eine Maßnahme nicht ohne Beteiligung des Betriebsrats einseitig durchführen

Verhandlungen mit dem Arbeitgeber führen

bei Nichteinigung Einschalten einer Einigungsstelle !

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MitarbeitergesprächeDie Gestaltung von Betriebsvereinbarungen am Beispiel von vier Betrieben

Arbeitnehmerkammer > Mitbestimmung und Technologieberatung

Eine Kammer für Arbeitnehmerinnenund Arbeitnehmer im Lande Bremen

ArbeitnehmerkammerBremen

ArbeitnehmerkammerBremen

Die Arbeitnehmerkammer Bremen vertritt als Körperschaft

des öffentlichen Rechts die Interessen der Beschäftigten.

Mitglieder der Arbeitnehmerkammer sind – so bestimmt es das

›Gesetz über die Arbeitnehmerkammer im Lande Bremen‹ –

alle im Bundesland Bremen abhängig Beschäftigten (mit Aus-

nahme der Beamten). Zurzeit sind dies rund 285.000 sozial-

versicherungspflichtig Beschäftigte und knapp 50.000 Mini-

jobber. Auch Arbeitslose, die zuletzt ihren Arbeitsplatz im Land

Bremen hatten, sind Mitglieder der Arbeitnehmerkammer.

Neben einer umfassenden Rechtsberatung bietet die

Arbeitnehmerkammer ihren Mitgliedern zahlreiche Informatio-

nen zu den Themen Wirtschaft, Arbeit, Bildung und Kultur.

Darüber hinaus berät sie Betriebs- und Personalräte sowie

die Politik und öffentliche Verwaltung im Land Bremen.

Die berufliche Weiterbildung übernimmt die Wirtschafts- und

Sozialakademie (wisoak).

Zusätzlichen Service und Vergünstigungen gibt es mit der

KammerCard, die jedes Mitglied auf Wunsch kostenlos erhält.

www.arbeitnehmerkammer.de